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in Mainz
Mainz (Landeshauptstadt
von Rheinland-Pfalz)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt im 19./20. Jahrhundert
Hier: Berichte zu den Rabbinern, Lehrer
und weiteren Kultusbeamten der Gemeinde (bis zur NS-Zeit)
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Mainz wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Die Texte wurden dankenswerterweise von Susanne Reber, Mannheim,
abgeschrieben.
Übersicht:
Übersicht: Rabbiner in Mainz
im 19./20. Jahrhundert:
Anmerkung: nicht ausführlicher genannt werden die nach 1800 noch einige Zeit tätigen
Dajanim, Unter- und Lehrhausrabbiner (= Talmudlehrer an der Jeschiwa) wie Leser
Lonnerstadt (gest. 1802 als Lehrhausrabbiner), Nathan-Neta Ellinger (um 1808 in Mainz genannt), Moses Kanstadt (um 1808, gest.
nach 1811), Hirsch Kanstadt (gest. 1823 in Mainz), Mendele Kastel (um 1820/30,
stammte aus Kastel). Um 1808 sollen fünf Rabbiner in Mainz tätig gewesen
sein.
 | 1783 bis 1800: Rabbiner Noah-Haium Hirsch (Noach
Chaim Zwi) Berlin (geb. 1734 in Fürth, gest. 1902 in Altona): war
seit 1764 Dajan in Fürth, seit 1772 Landesrabbiner des Fürstentums
Bayreuth in Baiersdorf; seit 1783
Landesrabbiner in Mainz und von 1800 bis zu seinem Tod 1902 Oberrabbiner von
Altona, Hamburg und Wandsbek. |
 | 1799 bis 1810 / 1822: Rabbiner Herz Scheuer (Abraham-Naftali
Herz ben David; geb. 1753, gest. 1822 in Mainz): war in Mainz zunächst als
Unterrabbiner und Lehrer tätig; seit 1799 Oberrabbiner in Mainz; 1810
Amtsniederlegung auf Grund der Reformen des Konsistoriums; 1814 in das Amt
zurückgekehrt; war Leiter der Jeschiwa in Mainz. |
 | 1809 bis 1813: Rabbiner Samuel Levi (geb. 1751 in
Pfersee bei Augsburg, gest. 1813 in Mainz): war seit 1783 Rabbiner in Worms;
wurde am 1. Mai 1809 eingesetzt als Konsistorial-Oberrabbiner für das
Departement Donnersberg mit Sitz in Main ("Grand Rabbin du Consistoire
du Département du Mont-Tonnerre"). Zur Biographie vgl.
https://www.lagis-hessen.de/pnd/1041787413 |
 | 1822 bis 1830: Rabbiner Abraham Moch (geb. 1746
vermutl. in Haguenau, gest. 1830 in Mainz): war seit 1822
"provisorischer Rabbiner" in Mainz gemeinsam mit Rabbiner Leo Ellinger. |
 | 1822 bis 1847: Rabbiner Leo Ellinger (genannt Löb
Schnadig [Schnaittach], geb. 1772 in Mainz, gest. 1847 in Mainz): war seit
1808 Dajan in Mainz und Talmudlehrer an der Jeschiwa; nach dem Tod des
Mainzer Oberrabbiners Herz Scheuer übernimmt er dessen Amt, zunächst
gemeinsam mit dem o.g. Rabbiner Abraham Moch als
"provisorischer Rabbiner" beziehungsweise Rabbinatsverweser. Bis
1830 teilte er das Amt mit Abraham Moch. Nach 1841 wird ihm ein Prediger zur
Seite gestellt. |
 | 1852 bis 1866: Rabbiner Dr. Joseph Aub (geb. 1804 in
Baiersdorf, gest. 1880 in Berlin):
studierte an der Fürther Jeschiwa, seit 1822 in Erlangen und München; war
von 1829 bis 1852 Rabbiner in Bayreuth, seit Dezember 1852 in Mainz
(Einweihung der neuen Synagoge mit Orgel 1853); von 1866 bis 1879 Rabbiner
in Berlin, zugleich Dozent an der Veitel-Heine-Ephraimschen Lehranstalt und
Religionslehrer an der Lehrerbildungsanstalt (1866 Einweihungspredigt in der
Neuen Synagogen Oranienburger Straße). |
 | 1846 / 1851 / 1866 bis 1880: Rabbiner Dr. Elias Cahn
(geb. 1808 in Mainz, gest. 1888 in Mainz): studierte an der Jeschiwa in
Mannheim, seit 1833 in Gießen und Bonn; ab 1838 Religionslehrer in Mainz,
Reformanhänger (am 11. Juli 1840 die erste Konfirmation), seit 1843 auch
Prediger; 1846 Rabbinatsverweser in Mainz, 1851 zweiter Rabbiner in Mainz,
behält nach dem Amtsantritt von Joseph Aub die Rabbinatswürde für die
Gemeinde Kastel; 1866 bis 1880 erster
Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde. |
 | 1880 bis 1918: Rabbiner Prof. Dr. Sigmund Salfeld
(geb. 1843 in Stadthagen, gest. 1926 in Mainz): studierte in Berlin und
Breslau; seit 1870 Rabbiner in Dessau, seit 1880 Rabbiner in Mainz; trat
1918 in den Ruhestand. |
 | 1918 bis 1941: Rabbiner Dr. Sali Levi (geb. 1883 in
Walldorf, gest. 1941 in Berlin): studierte in Breslau; 1910 bis 1914 zweiter
liberaler Rabbiner in Breslau, 1915 bis 1918 Feldrabbiner in Wilna; 1918 bis
März 1941 Rabbiner in Mainz; war Vorsitzender des 1925 gegründeten Vereins
zur Pflege jüdischer Altertümer in Mainz; ging im März 1941 nach Berlin,
um in die USA zu emigrieren, verstarb jedoch zuvor. |
 | 1941: Rabbiner Bernhard Baer (geb. 1917 in Berlin,
1942 verschollen bei Riga): studierte 1938 bis 1941 in Berlin; war von der
jüdischen Gemeinde Mainz zum Rabbiner gewählt, doch wurde ihm die
Zuzugsgenehmigung verweigert; deportiert nach Riga am 19. Januar 1942. |
Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft waren:
 | Rabbiner Samuel Bondi (geb. 1794 in Mainz als
Sohn von Rabbiner Moses-Jona Bondi, der an der Jeschiwa von Herz Scheuer in
Mainz unterrichtete; gest. 1877 in Mainz): war als Kaufmann tätig;
begründete die Israelitische Religionsgesellschaft als Prediger und
Talmudlehrer an der Jeschiwa von Rabbiner Markus Lehmann.
Auch sein Enkel Rabbiner Jonas Bondi (geb. 1862, gest. 1929) übte in
Mainz rabbinische Tätigkeiten aus. |
 | 1854 bis 1890: Rabbiner Dr. Markus Lehmann (geb.
1831 in Verden, gest. 1890 in Mainz): studierte in Prag, Berlin und Halle;
war seit 1854 Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft in Mainz,
heiratete eine Tochter des o.g. Rabbiners Samuel Bondi; gründete im Mai
1860 die Zeitschrift "Der Israelit". |
 | 1890 bis 1929: Rabbiner Dr. Jonas Marcus Bondi (geb.
1862 in Mainz als Sohn von Markus Bondi und Enkel von Samuel Bondi, gest.
1929 ebd.): studierte in Berlin und Halle; war seit 1890 Rabbiner der
Israelitischen Religionsgesellschaft. |
 | 1929 bis 1938: Rabbiner Dr. Moses Löb Bamberger
(geb. 1902 in Bad Kissingen, gest. 1960 in Gateshead GB), studierte in
Würzburg, Berlin und Gießen; war seit 1929 Rabbiner der Israelitischen
Religionsgesellschaft in Mainz; November 1938 in das KZ Dachau verschleppt;
1939 nach England emigriert: Rabbiner in Nottingham; 1944 Gründer und
Leiter der Jewish Boarding School (Jeschiwa) in Gateshead. |
Aus der Geschichte der Rabbiner in Mainz (später der
Israelitischen Religionsgemeinde)
Zum 100. Todestag von Rabbiner Noach Chaim Zwi Berlin
(1734-1802, Artikel von 1902)
Hinweis: Inschrift des Grabsteins für Noach Chajim Zwi ben Awraham Meir
Berlin mit Erläuterungen siehe http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=hha-1252
Foto des Grabsteines mit Inschrift:
https://www.wo-sie-ruhen.de/friedhoefe?stadt=5&friedhof=22
Weitere Informationen englisch:
https://www.encyclopedia.com/religion/encyclopedias-almanacs-transcripts-and-maps/berlin-noah-hayyim-zevi-hirsch
Der Verfasser des Artikels ist Eduard Ezechiel Duckeß (Duckesz), geb. 1868 in
Szeleocsény, Ungarn, ermordet 6. März 1944 im Z Auschwitz.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. März 1902: "Rabbi Noach Chaim Zwi Berlin,
Rabbiner in Mainz und zuletzt in den drei Gemeinden A.H.W. (Altona, Hamburg,
Wandsbeck) - Gedenkblatt zu seinem 100. Todestage 4. Adar Scheni 1802 (nach
jüdischer Zählung: 5562).
Wenn im Allgemeinen der Grundsatz lautet, ein Volk, dass seine Großen ehrt,
ehrt sich selbst, so ist dies im Judentum eine besondere Pflicht, der großen
Männer, die zum Wohle und zur geistigen Hebung unseres Volkes beigetragen
haben, an besonderen Gedenktagen pietätvoll zu erwähnen. - Ein solch Großer
in Israel war Noach Chaim Zwi, der Verfasser der Werke Ma'yan
ha-Chochmah [Lehrgedicht über die 613 Gebote], Aze Beschamim, Azei
Almuggim, Azei Arasim.
Er wurde im Jahr (5494) 1734 in
Fürth
geboren. Sein Vater Maier Berlin war Privatgelehrter, dessen Vater
Samuel Sanwil war Rabbinatsassessor in Berlin. Mütterlicherseits stammte
er von R. Jehoschua Heschel in Krakau, dessen Tochter der Ersteren
Mutter war. (Siehe Fürst, gemeint wohl ein Werk von Rabbiner Dr. Salomon
Fürst oder Rabbiner Dr. Julius Fürst). Er erhielt gemeinsam mit seinem
einzigen Bruder Löb Berlin, der Rabbiner in
Bamberg
und zuletzt in
Kassel
war, eine sorgfältige Erziehung. Sein Vater, der sehr reich war und keinem
Broterwerb nachzugehen brauchte, widmete sich ausschließlich der Erziehung
seiner beiden Söhne und war ihr Lehrer im Talmud. Chaim Zwi besaß eine
seltene Auffassungsgabe, die gepaart war mit immensem Fleiße, was ihm
frühzeitig großes Ansehen verschaffte. Er verheiratete sich nach damaliger
Sitte mit 18 Jahren mit Ela (Eli), der Tochter des Vorstehers
Elija Dow Schwabach, welcher ein Enkel des
Frankfurter Rabbiner Abraham Broda, wie auch ein Enkel der
ebenfalls berühmten Glückl Hammeln war. Nach seiner Hochzeit wurde er Dajan
in seiner Geburtsstadt Fürth, wo er die Fürther Ausgabe des Rambam Jad
hachasoko edierte. (Gedruckt 5525) 1765 Fürth). Später wurde er
Rabbiner in Breit (=
Bayreuth)
und Peiersdorf (= Baiersdorf). Dort
verfasste er sein erstes Werk Aze Almoigim (bzw. Azei Almuggim),
Erläuterungen zu oreach chajim auf Hilchaus ...
Im Jahre (5542) 1782 wurde er in Mainz als Oberrabbiner erwählt. Dort
gründete er eine Jeschiwo; wo sich alsbald eine zahlreiche Jüngerschar um
ihn sammelte. Er fand dort, wie er in der Vorrede zu Aze Arosim
berichtet. Den geeigneten Wirkungskreis, zu lernen und zu lehren, und eine
wahre Pflanzstätte des Thorastudiums blühte unter seiner kundigen Leitung
empor. Er verfasste in Mainz sein scharfsinniges und berühmtes Werk Azei
Arasim (1789, 5549), gedruckt in Fürth. Als im Jahr 1799 (5559)
der hochbetagte Rafael Kohn s(eligen) A(ngedenkens), Rabbiner der drei
Gemeinden Altona, Hamburg und Wandsbeck, aus verschiedenen triftigen Gründen
freiwillig sein Amt unwiderruflich niederlegte, richtete er zuletzt noch
eine Bitte an den Vorstand der Drei-Gemeinden, dass derselbe den
hervorragendsten Rabbiner, der für diesen verantwortungsvollen Posten zu
gewinnen sei, als seinen Nachfolger erwählen möge. Auf der engeren Wahl
standen nun: Noach Chaim Zwi – Mainz, Zwi Hirsch Samuscht – Glogau, Salomon
Cohn – Fürth, Löb Berlin -
Kassel,
R. Esriel aus Lublin, Meschulam Tusminiz - Preßburg und R. Löb – Rotterdam.
Fast einstimmig wurde nun Chaim Zwi im Jahre 1800 (oder 1799?)
gewählt. Am 22. Cheschwan (20. November 1799) trat er sein Amt an. Mit
großen Ehrenbezeugungen wurde er hier empfangen. Seine größte Ehre und
Freude war es aber, als vormittags |
den
24. Cheschwan, der greise Rafael Cohn, der inzwischen nach Hamburg gezogen
war, zu ihm kam, um ihn zu begrüßen. Mit strahlendem Antlitz und inniger
Herzlichkeit begrüßte Rafael seinen Nachfolger, mit Tränen in den Augen
sprach er: 'Ich preise die gütige Vorsehung Gottes, die mich das Glück
schauen lässt, einen solch würdigen Vertreter und Lehrer der von mir so
geliebten Gemeinde als meinen Nachfolger sehen zu dürfen.' (S. sechor
lezadik = gedenke an den Gerechten).
Bald nach seinem Antritte bestätigte und hielt er aufrecht alle Tikunim
Anordnungen und Einrichtungen der Gemeinde, die er musterhaft vorfand. Mit
Eifer widmete er sich jetzt dem Studium der Choschen Hamischpot, da ja
damals das jüdische Bes din die Rechte und Autorität eines staatlichen
Gerichtshofes besaß, und von der ganzen Umgebung die Juden sich mit Vorliebe
an das jüdische Gericht zu Altona wandten, weil das Verfahren selbstredend
streng rechtlich, vereinfacht und rasch erledigt war. Durch seine
Gerechtigkeit, seine Gelehrsamkeit, zugleich aber seine Milde, war er bald
als Richter von Nah und Fern in Prozessen gesucht. In
Segeberg bei Lübeck war ein heftiger Streit wegen eines Lehrers Sußmann
ausgebrochen und der Zwiespalt teilte das Jischuw Segeberg (jüdische
Gemeinde Segeberg) in zwei feindliche Lager. Seiner Energie und Umsicht
gelang es bald, vollständigen Frieden und Ruhe dortselbst zu stiften. Er war
besonders dadurch beliebt, weil er es verstand, in den meisten Fällen die
streitenden Parteien auszugleichen. Oftmals ließ er den Verurteilten
Geldspenden zukommen, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommen konnten, er
handelte, wie es beim König David heißt er sorgte für Frieden und
Gerechtigkeit erklärt in Sanhedrin 6. ... Er verschaffte Recht dem
Kläger, und wenn der Angeklagte nicht bezahlen konnte, dann ... bezahlte
für ihn.
Noach Chaim Zwi war auch als Grammatiker bekannt, wie dies sein
Lieblingsschüler Wolf Heidenheim mehrfach in seinem Werke erwähnt. Hier in
Altona verfasste er das herrliche Werk Ma'yan ha-Chochma auf ...,
worin wir sein umfassendes Wissen auf jedem Gebiete der Halacha bewundern
müssen. Er schrieb auch viele Erklärungen auf Piutim, siehe in den
Rödelheimer
Machsorim, wo bei dem zweiten Abend Pesuch auf den Pssut Or Jom
Honef in seinem Namen die Erklärung beigedruckt. Da ihm Kindersegen versagt
war, pflanzte er, wie er in seiner Vorrede zu Aze Arosim bemerkt, fünf
Zedern in Israel, nämlich seine fünf Werke. In welch hohem Ansehen er stand,
dürfte aus folgendem Brief hervorgehen. Rabbi Chajim Malasim, der
hervorragendste Schüler des Gaon R. Elija Wilna, wandte sich in einer
Anfrage Schaala an Noach Chaim Zwi am 5. Tamus 5561. Er spricht in
diesem Schreiben seine Freude darüber aus, dass Friede und gutes
Einvernehmen zwischen ihnen und Rafael Kohn herrsche. 'Früher', schreibt er
ferner, 'wenn ich Fragen hatte, die ich mir nicht selbst beantworten konnte,
schrieb ich meinem Lehrer R. Elija Wilna. Jetzt aber, wo ihn das Zeitliche
gesegnet hat, habe ich keinen Lehrer mehr und zu wem der Großen und Heiligen
in Israel soll ich mich wenden? Da bist Du ja, mein Freund und Lehrer, der
hellleuchtende Stern des Wissens am Firmamente des Judentums. Daher richte
ich an dich in der weiten Ferne meine Frage. (Siehe Alias Elija, Seite 36).
Interessant dürfte auch sein, dass der Chacham Isaak Bernays , später
Rabbiner in Hamburg mit Noach Chaim Zwi in Mainz in Berührung kam. Als Isaak
Bernays sieben Jahre alt war, so erzählt seine Ehrwürden Dr. S.P. Nathan, in
Hamburg - sein Licht leuchte - wurde er in ... von ihm verhört, das
er so vorzüglich für sein Alter kannte und verstand, dass er ihm den
Chower-Titel dafür verlieh. Doch nur kurze Zeit war es ihm vergönnt, hier zu
wirken. Am 17. Schwat 5562 (1802) schrieb er noch ein Gutachten für die
großen Altonaer Machsorim (siehe dort abgedruckt). Er erkrankte und am 4.
Adar Scheni 5562 (8. März 1802) schloss er sein ruhmvolles und
arbeitsreiches Leben. Sein Werk Ma'yan ha-Chochmah war zu seinen
Lebzeiten schon zur Hälfte gedruckt, und hatte Wolf Heidenheim seinem
verehrten Lehrer die Druckbogen zur Korrektur bereits eingesandt. Der zweite
Teil wurde von seinem Bruder Arje Löb Berlin in
Kassel
herausgegeben. Gedruckt in Rödelheim
1804, unter besonderer Aufsicht Wolf Heidenheimers. Ein gut erhaltener
Grabstein in der Königstraße in Altona ziert sein Grab.
Zadikim maaseihem hem toldotam usecharinam. E. Duckeß,
Klausrabbiner in Altona."
Anmerkungen: - Halachah:
https://de.wikipedia.org/wiki/Halacha
- Adar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adar_(Monat)
- Israel: (Hier) jüdische Gemeinschaft
- Dajan:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dajan
- Glückl Hammeln:
https://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/glückel-von-hameln
- Rambam: Maimonides
https://de.wikipedia.org/wiki/Maimonides
- Jeschiwo:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jeschiwa
- Cheschwan:
https://de.wikipedia.org/wiki/Cheschwan
- Choschen Hamischpot:
https://de.wikipedia.org/wiki/Choschen
- Bes din:
https://de.wikipedia.org/wiki/Beth-Din
- Gaon:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gaon_von_Wilna
https://www.nzz.ch/feuilleton/eines-menschen-herrlichkeit-der-gaon-von-wilna
- Isaak Bernays:
https://de.wikipedia.org/wiki/Isaak_Bernays
- Jischuw:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jischuv
- Machsorim, Plural von Machsor:https://de.wikipedia.org/wiki/Machsor
- Tamus:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tammus
- Chacham Isaak Bernasis:
https://de.wikipedia.org./wiki/Isaak_Bernays. |
Aus
der Zeit von Rabbiner Leo Ellinger
- Siehe Bericht
über seine Predigt beim Geburtstagsfest für den Großherzog 1841 (interner
LInk)
Bewerbungen um das Rabbinat in Mainz - die neue Synagoge ist
alsbald fertig (1850)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 7. Oktober 1850: "Mainz, im September
(Privatmitteilung). Die Konkurrenz um das hiesige Rabbinat ist
eröffnet und sehr tüchtige Männer wie Dr. Aub zu
Bayreuth,
Dr. Adler zu
Alzey,
Dr. Adler zu
Kissingen,
Dr. Formstecher zu
Offenbach
und mehrere andere haben sich teils angemeldet, teils werden sie in der
Gemeinde gewünscht und die in baldiger Aussicht stehende Wahl beschäftigt
alle Gemüter. Es ist auch nicht zu leugnen, dass die Besetzung dieser Stelle
von großem Einflusse auf die Gestaltung der religiösen Verhältnisse hier und
in der Umgegend sein wird und ist von unserem Gemeindevorstande zu erwarten
, dass er umsichtig seine Wahl treffe, und im Interesse unserer Jugend, und
um der Zukunft des Judentums willen, einen Mann anstellen werde, welcher die
Anforderungen der Zeit begreift und den Mut hat, sie geltend zu machen. -
Auch unsere neue Synagoge schreitet rasch ihrer Vollendung entgegen
und wird in jeder Beziehung ein sehr herrliches Gotteshaus werden. Möchte
dieser würdige Tempel in die Hände eines recht würdigen Volkslehrers
kommen!"
Anmerkungen: - Dr. Aub:
https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Aub
- Dr. Adler, Alzey:
https://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Adler_(Rabbiner)
- Dr. Adler, Kissingen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lazarus_Adler
- Dr. Formstecher:
https://de.wikipedia.org/wiki/Salomon_Formstecher und
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?gnd=118988433 |
Dr. Adler soll erster Rabbiner in Mainz werden, der bisherige
Prediger und Religionslehrer Dr. Cohn zweiter Rabbiner ebd. (1852)
Anmerkung: es kam doch nicht so, wie hier gemeldet wurde, da Dr. Lazarus
Adler aus Bad Kissingen 1852 Rabbiner in Kassel geworden ist. Dafür kam Dr.
Joseph Aub nach Mainz. Über den genannten Dr. Cohn liegen dem Webmaster noch
keine weiteren Angaben vor.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 2. Februar 1852: "Schließlich benachrichtige ich Sie, dass im
benachbarten Mainz vor kurzem Herr Dr. Adler, bisher Rabbiner zu
Kissingen,
zum ersten und der bisherige Prediger und Religionslehrer Dr. Cohn in Mainz
zum zweiten Rabbiner von Mainz von Seiner königlichen Hoheit dem Großherzog
ernannt worden sind."
Anmerkung: - Dr. Adler:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lazarus_Adler |
Rabbiner Dr. Joseph Aub wechselt nach Berlin
(1866)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März
1866: "Mainz, den 25. März. Die israelitische Gemeinde zu
Berlin hat dem ersten Rabbiner der bisherigen (Reform-) Gemeinde, Herrn
Dr. Joseph Aub, die dort erledigte Predigerstelle übertragen.
Herr Dr. Aub, der vor seinem Amtsantritte in Mainz bereits 23 Jahre in dem
bayerischen Städtchen
Bayreuth
fungiert hat, ist einer der ältesten Reformrabbinen. Schon im Jahre 1836
wollte er, wie ein in Altona herausgegebenes Blatt berichtete, bei
Gelegenheit einer Synode das Sabbatgesetz bedeutend modifiziert wissen, und
den Staatsangestellten erlauben, am Sabbat zu schreiben. In den wenigen von
ihm edierten Schriften und Aufsätzen, spielt die Verhöhnung und Verspottung
des Talmuds und der Talmudisten eine Hauptrolle." |
Zum Tod des früheren Mainzer Rabbiners Dr. Joseph Aub (1880 in Berlin)
Anmerkung: im Unterschied zu der oben aus dem konservativ-orthodoxen "Israelit"
zitierten Meldung mit einer grundsätzlichen Kritik an Rabbiner Dr. Aub, ist die
Mitteilung aus der liberal geprägten "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
freundlich gegenüber Rabbiner Dr. Aub geschrieben.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Juni 1880:
"Berlin, 25. Mai (1880). So ist abermals ein Veteran des
zeitgenössischen Rabbinismus heimgegangen! Am 22. verschied sanft
Rabbiner Dr. Joseph Aub im 76. Lebensjahre. Geboren 1805 in Baiersdorf
bei Erlangen, fungierte er zuerst als Rabbiner in Bayreuth
(1829-1852),
dann in Mainz und seit 1866 in Berlin, wo er vor einigen Jahren in den Ruhestand
trat. Seine literarischen Arbeiten sind nicht umfänglich, zeugen aber von
der Gesinnungstüchtigkeit und Sachkenntnis ihres Verfassers. Sie sind,
wie seine 'Betrachtungen und Widerlegungen', 2 Hefte (1839) und spätere
Broschüren polemischen Inhalts auf theologischem und staatsrechtlichem
Gebiete. Im Jahre 1846 gab er eine Wochenschrift 'Sinai' heraus, die er
jedoch bald wieder aufgab. Seine letzte Schrift, eine Religionslehre auf
wissenschaftlichem Grunde, hat Wert. Aub gehörte zu der Schule der
Reformer, welche bei aller Selbständigkeit doch die Reformen an das
Herkommen und an Aussprüche der Talmudisten anzuknüpfen suchen. Er nahm
an den Rabbinerversammelungen keinen Anteil, desto lebhafteren an den
beiden Synoden, wo er als Referent tätig war. Bei allem Ernst seines
Strebens hatte er einen humoristischen Zug, der ihm im geselligen Verkehre
sehr liebenswürdig machte. - Gestern Vormittag fand die Beerdigung statt.
In der großen Synagoge unter Teilnahme einer die weiten Räume dicht
füllenden Menge, des gesamten Gemeindevorstandes, Deputationen aus
Leipzig und Mainz sowie Mitglieder beider städtischen Behörden, hielt
Dr. Frankl die Leichenrede, während Dr. Ungerleider das Gebet auf dem
Friedhof vortrug." |
25-jähriges
Jubiläum von Rabbiner Dr. Sigmund Salfeld als Rabbiner der Mainzer
Religionsgemeinde (1905)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Mai 1905: "In Mainz feierte am 2. d. M. Herr
Rabbiner Dr. Salfeld unter allgemeiner Teilnahme weiter Kreise das
25jährige Jubiläum seiner Wirksamkeit als Rabbiner in Mainz und des Mainzer
Bezirks. Für den 5. d. J. ist ein Festgottesdienst und für den 6. ein
Bankett geplant. Bericht folgt." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Mai 1905: "Mainz, 11. Mai. Wie wir bereits
berichteten, feierte am 2. d. M. Herr Rabbiner Dr. Salfeld das
Jubiläum seiner 25jährigen Tätigkeit als Rabbiner der Mainzer
Religionsgemeinde. Die Beteiligung an der Feier war eine allgemeine. Dem
Jubilar wurden von allen Seiten, von Privaten, Behörden und Vereinen teils
mündliche, teils schriftlich zahlreiche Glückwünsche dargebracht. Den Reigen
der Gratulationen eröffnete der in corpore erschienene Vorstand der
israelitischen Religionsgemeinde. Ihr Präzes, Justizrat Dr. F. Ph. Mayer,
gab einen Rückblick auf das segensreiche Wirken des Jubilars und überreichte
ein Ehrengeschenk der Gemeinde. Es folgten dann die Ansprachen der
Deputationen von Vereinen. Für den großen Krankenpflegeverein d. ä. sprach
Herr Karl Heidenheimer, für die Rhenus-Loge Herr Martin Mayer-Ganz, für den
Verein zur Beschränkung des Wanderbettels und den Hospitalverein Herr Eduard
Simon. Herr Karl Marx aus
Alsheim,
der Rektor der hessischen Lehrerschaft, schilderte die Verdienste des
Jubilars um die Verbesserung der Lage der israelitischen Lehrer des Landes
und sein erfolgreiches Wirken als Vorstandsmitglied des Vereins zur
Heranbildung und Unterstützung jüdischer Seminaristen im Großherzogtum. Für
das Lehrerkollegium der Religionsschule gab Kantor Nußbaum der Verehrung und
Anhänglichkeit beredten Ausdruck. Nachdem noch mündlich und schriftlich von
den Behörden, den Direktoren der höheren Lehranstalten, der christlichen
Geistlichkeit, dem Kaufmännischen Verein, der Großloge für Deutschland, der
Nassauloge in
Wiesbaden
und andere, dem Journalisten- und Schriftstellerverein, dem Mainzer
Männergesangsverein, dem deutsch-israelitischen Gemeindebund, von
wissenschaftlichen Vereinigungen, dem Verband der Literaturverein und von
anderen Wünsche dargebracht und die Wohnung des Jubilars durch Geschenk und
Blumenspenden überreich geschmückt war, erschienen am Nachmittag die
Amtsbrüder Dr. Salfelds, in deren Namen Dr. Stein -
Worms eine
meisterhafte Ansprache hielt und ein kostbares Kunstwerk, eine silberne
Hawdalabüchse, deren Zweck er geistreich gedeutet hatte, dem Gefeierten
überreichte. Nach ihm sprach Dr. Lewit –
Alzey im
Namen des heutigen Rabbinerverbands. Auch die auswärtigen Religionsgemeinden
fehlten nicht unter den Gratulanten. Dass die Ehrungen wohlverdiente sind,
bezeugt folgendes Schreiben, aus dem wir einen Auszug mitteilen: 'Herr
Oberbürgermeister Dr. Gaßner schreibt:‘Am heutigen Tage sind es 25 Jahre,
daß Sie das Rabbinat der Mainzer israelitischen Religionsgemeinde inne
haben. Mit Stolz und Genugtuung dürfen Sie auf diese lange, stets der
ernsten Arbeit und treuesten Pflichterfüllung gewidmete Dienstzeit
zurückblicken, die zwar reich an Mühen und Sorgen gewesen, der aber auch der
Erfolg und die Anerkennung nicht gefehlt haben. Nicht allein haben Sie in
der Ausübung Ihres geistlichen Amtes die segensreiche Wirksamkeit entfaltet,
Ihr milder und versöhnlicher Sinn hat auch wesentlich zur Erhaltung von
Frieden und Eintracht unter den Bekennern der verschiedenen Konfessionen
beigetragen. Dem Bedrängten und Notleidenden waren Sie jederzeit ein warmer
Freund und Berater. Eine Reihe von Vereinen schätzten in Ihnen ihren Gründer
und werktätigen Mitarbeiter. Der städtischen Verwaltung haben Sie als
Mitglied des Schulvorstandes und Erziehungsbeirates besonders nahegestanden,
beide Körperschaften haben auf Ihre Mitarbeit jederzeit den größten Wert
gelegt und wir geben uns gern der Hoffnung hin, daß Sie uns mit Ihren
reichen Erfahrungen auf dem schwierigen Gebiete der Jugenderziehung und
Jugendfürsorge auch fernerhin zur Seite stehen werden.' Am Abend des
Jubiläumstages fand eine würdige, schliche Feier in der Rhenus-Loge und am
5. d(es) M.(onats), ein Festgottesdienst in der Synagoge statt.
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Salfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegmund_Salfeld
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=1537
- Justizrat Dr. F.Ph. Mayer:
Link zu Artikel zur Wahl Mayers zum Beigeordneten in Mainz
- Karl Heidenheimer:
Link zu
einem Bericht zum Tod von Karl Heidenheimer
- Großloge für Deutschland:
https://archives.cjh.org/repositories/5/resources/16181
- Dr. Stein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Stein_(Rabbiner)
- Rabbiner Dr. Sali Levi:
https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/levi-sali.html |
70.
Geburtstag von Rabbiner Prof. Dr. Sigmund Salfeld (1913)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21.
März 1913: "Herr Rabbiner Professor Dr. Salfeld in Mainz
begeht am 24. dieses Monats seinen siebzigsten Geburtstag. Der Jubeltag
wird, wie uns mitgeteilt wird, von der dankbaren Gemeinde in feierlicher
Weise begangen werden." |
Einführung von Rabbiner Dr.
Sali Levi als Nachfolger von Rabbiner
Prof. Dr. Salfeld (1918)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. August
1918: "Mainz, 26. Juli. Am vergangenen Freitagabend fand in
der Hauptsynagoge die feierliche Einführung des für den in Ruhe getretenen
Prof. Dr. Salfeld neugewählten Rabbiners Prof. Dr. Levy statt.
Nach dem feierlichen Einzug in das Gotteshaus gruppierte sich der
Gemeindevorstand und die Vorbeter um den Rabbiner. Der erste Vorsteher der
Gemeinde, Herr Kommerzienrat Bernh. Albert Mayer, begrüßte den neuen
Seelsorger im Namen des Vorstandes und der altehrwürdigen Gemeinde Mainz,
indem er auf ihre tausendjährige Geschichte und die berühmten Gelehrten
hinwies, die in der Gemeinde gewirkt haben. Er sprach die Hoffnung aus, dass
es dem neuen Rabbiner gelingen möge, sich die Liebe und Verehrung der
Gemeindemitglieder in demselben Maße zu erringen, wie dies bei seinem
Vorgänger, dem allgemein hochgeschätzten und verehrten Herrn Prof. Dr.
Salfeld in so überaus reichem Maße der Fall gewesen wäre. Möchten sich
alle Hoffnungen erfüllen, die die Gemeinde auf ihn setze! Herr Dr. Levy
antwortete, er sei sich bewusst, welch schweres Amt er in einer Gemeinde
übernehme, in der vor ihm Geistliche gewirkt, deren Ruhm und Ansehen in der
ganzen Welt leuchteten. Wenn Gott ihm die Kraft verleihe, wolle er sie
anwenden zum Wohle dieser Gemeinde und ihrer Mitglieder. Das gelobe er an
dieser Stelle und in dieser Stunde in die Hand der Vorstandsmitglieder vor
versammelter Gemeinde. Hierauf hielt der neue Rabbiner seine erste Predigt,
die nach Form und Inhalt, wie in rhetorischer Beziehung gleich vollendet war
und die Gemeindemitglieder überaus befriedigte. Der neue Seelsorger der
'israelitischen Gemeinde' besitzt ein sehr sympathisches, volltönendes
Organ, ist von großer repräsentabler Erscheinung und besitzt alle
Eigenschaften, die eine ideale Führung seines Amtes voraussetzt."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Salfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegmund_Salfeld
- Rabbiner Dr. Sali Levi:
https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/levi-sali.html
- Bernhard Albert Mayer:
https://www.geni.com/people/Bernhard-Mayer/6000000031492887587 |
Goldene Hochzeit von Prof. Dr. S. Salfeld und seiner Frau
(1920)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. Januar
1920: "Mainz, 28. Januar. Wie bereits mitgeteilt, beginnen am
Sonntag, den 18. dieses Monats Herr und Frau Professor Dr. S. Salfeld das Fest der goldenen Hochzeit, nachdem am 4. bereits das goldene
Doktorjubiläum des Herrn Salfeld vorausgegangen war. Viele Ehrungen häuften
sich bei diesen Gelegenheiten auf das ehrwürdige Haupt des Jubilars sowie
der Jubilarin. Am Samstag, den 17. Januar, fand in der Synagoge eine
religiöse Feier statt. Unter dem Chorgesang 'Gesegnet sei, der da kommt'
wurde das Jubelpaar begrüßt und zu ihren mit Girlanden geschmückten Sitzen
geleitet. Nach dem Vortrag eines Psalms durch Herrn Kantor London,
sprach Herr Rabbiner Dr. Levi ein Gebet für das Paar und hielt darauf
eine Rede über den Namen Gottes. Anknüpfend an diese formvollendete und
tiefeindringliche Rede wandte er sich mit herzlichen Worten an das
Jubelpaar, das daraufhin näher trat und mit dem alten Priestersegen 'Der
Herr segne dich' eingesegnet wurde. Schon am Freitag und Samstag zeigte sich
die treue Anhänglichkeit der Gemeindemitglieder, die durch Besuche,
Blumenspenden und Geschenke aller Art ihrer unentwegten Treue Ausdruck
gaben. Ein ganz besonders feierlicher Akt stand am Sonntagnachmittag in der
Wohnung des Jubelpaares statt. Die Wohnung konnte die Gäste nicht fassen.
Seitens des Vorstandes der Israelitischen Religionsgemeinde begrüßte Herr
Kommerzienrat Bernhard Albert Mayer in herzlicher Weise die Jubilare,
worauf Herr Dr. Salfeld in längerer Rede erwiderte. Herr Rabbiner Dr. Levi,
begleitet von den Lehrern und Gemeindevorständen des Rabbinatsbezirkes Mainz
-
Oppenheim überreichte nach warmherziger Ansprache eine Urkunde über eine
reiche Siegmund-und-Zippora-Salfeld-Stiftung, die den Zweck hat, die Namen
des Jubelpaares dauernd ehrend zu erhalten. Die Zinsen dieser Stiftung,
welche den Betrag von 12.000 Mark bereits übersteigt, sollen alljährlich am
18. Januar zur Förderung des jüdischen Religionsunterrichts des
Lehrverstandes oder des geistigen Lebens im Rabbinatsbezirk Mainz-Oppenheim
Verwendung finden.Vertreter sämtlicher Vereine der Israelitischen
Religionsgemeinde gratulierten persönlich. Von auswärts kamen
Glückwunschschreiben von den großen Vereinen der deutschen Judenheit, des
Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, des Verbandes
Deutscher Juden, des Hilfsvereins, des Gemeindebundes, des
Rabbinerverbandes, des hessischen Lehrervereins, der
Wormser Gemeinde, der Großloge von
Deutschland, des Mainzer Journalisten- und Schriftstellervereins und vieler
anderer. Auch die Nachbargemeinden
Frankfurt und
Wiesbaden
u.a. sandten Glückwünsche. Die Zahl der Depeschen und brieflichen
Glückwünsche hat bereits die Zahl Tausend überschritten. Die überaus
reichlichen Ehrungen legen beredtes Zeugnis ab von der Verehrung, welche
sich das Jubelpaar im Verlaufe von nahezu 40 Jahren allerseits hier erworben
hat. Die Universität Tübingen bestätigte in einem überaus herzlichen
Schreiben die Doktorwürde des Jubilars. Herr Staatsrat |
Dr.
Hermann Cohn aus Dessau sandte ein Glückwunschschreiben, dem wir,
nach einer Einleitung über das Leben des jungen Ehepaares Salfeld, Folgendes
entnehmen: 'Keiner Ihrer Amtsnachfolger wurde wie Sie Stadtverordneter; die
Gemeinde verlor mit Ihnen die Verbindung mit dem öffentlichen, dem geistigen
Leben der Stadt, eine Lücke, die sich lange nicht schließen sollte. Denn
leider für uns, zum Glücke für Sie, bald nahm die altberühmte Mainzer
Gemeinde Sie aus unserem Kreise, und in Mainz nahm Ihre Tätigkeit in Praxis
und Wissenschaft, als Redner, Seelsorger, Religionslehrer, Historiker, den
Aufstieg, der Sie zu einer der bewundertsten und populärsten Kanzelgrößen
des deutschen Judentums gemacht hat. Unter den Geistesgrößen der alten
Dessauer 'Kehillah' steht Ihr Name auf eherner Tafel eingegraben, als Ihr
Vorsteher danke ich Ihnen für die Treue, die Sie uns jederzeit bewahrt
haben. Als Mensch und Freund danke ich Ihnen für all die Anregungen, die ich
in Ihrem Hause und bei Ihren Kindern finden durfte, für alle Beweise von
Anhänglichkeit und Freundschaft, die Sie und die Ihren mir stets
entgegengebracht haben. Gott verleihe Ihnen und Ihrer Gattin noch lange
Jahre der Gesundheit, des Glückes und der Ehre im Kreise der lieben Ihren,
das ist der meinen und mein innigster Wunsch!' Nicht minder herzlich und
ehrenvoll lautet das Schreiben, welches der Vorstand der Israelitischen
Religionsgemeinde zugehen ließ, und in welchem der großen Verdienste
aufgezählt werden, welche sich der Herr Dr. Salfeld um die Gemeinde erworben
hat. Wir schließen uns mit vollem Herzen dem Glückwunsch an den Hofrat
Professor A. Börckel zugleich im Namen seiner Gattin dem Jubelpaare
gewidmet hat:
'Wohl jeder, der wie wir Euch kennt,
Denn immer fiel in sie hinein,
Der Nächstenliebe goldner Schein,
Und stiegen manchmal Wolken auf,
Gleich schien die goldene Sonne drauf.
Und golden war, was Ihr erdacht
An edlen Werken und vollbracht.
Drum blieb Euch auch der Himmel hold.
Und wird Euch Lob und Dank gezollt,
An Eurem goldnen Jubeltage,
Denn 'golden' seid Ihr ohne Frage.'"
Anmerkung: - Prof. Dr. Salfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegmund_Salfeld
- Kantor London: Max London
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de918271
- Rabbiner Dr. Sali Levi:
https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/levi-sali.html
- Priestersegen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aaronitischer_Segen
- Bernhard Albert Mayer:
https://www.geni.com/people/Bernhard-Mayer/6000000031492887587
- Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens:
https://de.wikipedia.org/wiki/Verband_nationaldeutscher_Juden
- Verband Deutscher Juden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Verband_nationaldeutscher_Juden
- Professor A. Börckel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Börckel |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Februar
1920: "Mainz. Rabbiner a. D. Prof. Dr. Siegmund
Salfeld und Frau waren anlässlich ihrer goldenen Hochzeit der Gegenstand
überaus großer Ehrungen." |
Beitrag von Rabbiner Dr.
Sali Levi zum Heimatrecht der
deutschen Juden auf Grund zahlreicher Belege (1926)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Monatsschrift) vom Oktober
1926: "Die Steine reden.
Tausendjährige Belege für das Heimatrecht der deutschen Juden – Die
Grabinschriften der ituräischen Kohorten – Um 1000 schon jüdische Gelehrte
auf deutscher Erde – In Mainz die durch Unruhen in früheren Jahrhunderten
verlorenen Grabsteine aufgefunden – Am 3. Oktober auf dem 'Judensand' neu
aufgestellt – Zahlreiche Denkmäler von 1000 bis 1420 – Sarlin und Merlin –
Neue Zeugen für unser Recht
Urkunden sind die wichtigsten Quellen für geschichtliche Forschungen. Über
die Frühzeit jüdischer Siedlung auf deutschem Boden sind uns aber
urkundliche Belege kaum erhalten geblieben. Zwar verdienen die zahlreichen
Grabinschriften römischer Soldaten und Veteranen, welche in den ersten
nachchristlichen Jahrhunderten im römischen Kolonialgebiet Galliens und
Germaniens beigesetzt wurden, noch die Durchprüfung unter diesem
Gesichtspunkt und man fände hierbei vielleicht – besonders bei den
ituräischen Kohorten – manchen Träger eines jüdischen Namens.
Immerhin bleibt weit über ein halbes Jahrtausend nach dem Ende der
Römerherrschaft für die Geschichte der Juden in Deutschland vollkommen
dunkel und was wir über die Zeit des neunten und zehnten Jahrhunderts
erfahren, ist zum Teil als unhaltbar erwiesen oder doch zweifelhaft.
Um die Mitte des zehnten Jahrhunderts beginnt das Dunkel sich zu
lichten; in den Rheingegenden, wo das Deutschtum sich zuerst
herausgebildet hat, treten jüdische Gelehrte und Führer hervor, von deren
umfassendem Wissen und überragender Bedeutung die Tatsache Zeugnis ablegt,
dass man ihre Arbeiten und Entscheidungen in den folgenden Jahrhunderten
immer wieder zitiert und bis auf den heutigen Tag als maßgeblich betrachtet.
Namen, wie die der Kalonymiden, eines Rabbenu Gerschom, eines Simon ben
Isaak, eines Jacob bar Jakar, dieses Raschilehrers, um nur einige wenige zu
nennen braucht der Kenner nur zu hören, um sofort die ganze fruchtbare und
unabsehbar einflussreiche Zeit jüdischer Hochschulen auf deutschem Boden und
das Jahr 1000 vor Augen zu sehen. Diese Männer und ihre großen Zeitgenossen,
die wir hier nicht alle aufzählen können, strömten die Tiefe des Wissens und
die Kraft des Glaubens in die nahe und ferne Umgebung aus, sodass die
Heimsuchung der Kreuzzugszeit bei aller Vernichtung der Gemeinden am Rhein
die jüdische Gemeinschaft nicht wankend fand.
Die Schriften dieser ältesten, geschichtlichen jüdischen Persönlichkeiten
auf deutschem Boden kennen wir nur aus zitierten Bruchstücken, wie Häuser,
in welchen sie lehrten, die Synagogen, in welchen sie beteten, sind
verschwunden, aber die Grabsteine einer Anzahl dieser Größen sind uns
erhalten. Die Schwestergemeinde
Worms
zeigte schon immer den alten Friedhof, in dessen Erde große Führer Israels
schlummern; aber in unserer Gemeinde Mainz waren um die Mitte des 15.
Jahrhunderts bei einem Kampf um die Kurfürstenwürde zwischen Diether von
Isenburg und Adolf von Nassau nach der Ausweisung der Juden aus der Stadt
die uralten Grabsteine verschleppt und beim Bau von Festungswerken verwendet
wurden. In den letzten Jahrzehnten kamen sie bei der Niederlegung
verschiedener Bauten und bei Ausschachtungen wieder zum Vorschein und seit
dem denkwürdigen 3. Oktober dieses Jahres künden diese alten Steine, nachdem
wir sie von der Stadtverwaltung zurückerhalten und auf dem alten 'Judensand'
wieder aufgestellt hatten, in aller Öffentlichkeit von unseren alten Vätern
auf deutscher Erde.
Die ältesten Steindokumente über deutsche Juden befinden sich
darunter, Dokumente, die bis in die Zeit vor dem ersten Kreuzzug
zurückreichen. Stark in ihrer Schlichtheit sprechen diese Felsstücke mit
kurzen Worten zu uns; so heißt es auf dem Stein jenes Enkels des Mose
Hasaken: 'Hier ward begraben unser Meister, der Lehrer Meschullam, der Sohn
unseres Meisters, der Lehrer Kalonymos, seine Seele sei eingeflochten in den
Bund des Lebens.' Und auf dem gedrungenen Steine, den ich als Denkstein für
Rabbenu Gerschom bar Jehudah ansehen möchte, finden sich die Worte. 'Ein
Fels wurde gebrochen zum Gedenken an Rabbi Gerschom, Sohn des … (die Leuchte
des Exils?)'. 'Dies ist das Grab unseres Meisters, des Lehrers Simon bar
Isak, seine Seele gehört dem ewigen Leben', so lesen wir auf dem dritten
Steine. Meschullam lebte wohl vor dem Jahre 1000. Die erste
Judenverfolgung in Deutschland im Jahr 1012. Rabbi Simon beschwichtigte
durch seinen Einfluss die furchtbare seelische und körperliche Not seiner
Leidensgenossen, Rabbenu Gerschoms Sohn ward geraubt und zwangsweise
getauft. Erschütternde Klagelieder dieser beiden Männer über diese Zeit sind
uns erhalten.
So reiht sich Stein an Stein aus der Zeit von etwa 1000 bis 1420.
Durch ihre kurzen hebräischen Inschriften sind sie wuchtige, zu jedem Herzen
sprechende Zeugen alter Zeit. Die ältesten Steine stammen aus der Zeit, wo
man begann, den alten Mainzer Dom zu bauen und sind so auch Denkmäler
allgemein deutschen Kulturlebens für eine Zeit, aus der uns nicht viele
Originale erhalten geblieben sind. In diesen hebräischen Inschriften steckt
tiefes jüdisches Empfinden, das in deutschen Formen Ausdruck
sucht. Wenn wir da, besonders im dreizehnten Jahrhundert, Frauennamen wie
Sarlin und Merlin, das ist Saralein und Mirjamlein, das
letztere vielleicht auch vom mittelhochdeutschen 'Merl '= Amsel oder
Amselein) finden, so sehen wir, jedenfalls aus den Koseendungen, wie die
deutsche Sprache in den jüdischen Häusern lebte und die innige Verbundenheit
zwischen Mann und Weib und zwischen Eltern und Kindern zum Ausdruck brachte.
Namen wie Bruna (die Braune) oder Schona (die Schöne), wie
Meitin (die Maid, Jungfrau) und Edlin (die Edle) sind
mittelhochdeutsche Frauennamen, die – obwohl noch das Judentum seinen Mangel
an schönen biblischen und nachbiblischen Eigennamen hatte- aus eigenem
Entschluss, von jüdischen Eltern für ihre Kinder gewählt waren und so die
Verbundenheit des deutschen Juden im frühen Mittelalter mit dem Deutschtum
dokumentieren. Denn Juden war das Namengeben nie eine leere Formsache, in
dne Namen, welche jüdische Eltern ihren Kindern gaben, legten sie von den
ältesten Zeiten an ihr ganzes Empfinden, Glauben, Hoffen und Sehnen.
Wenn sich während des Krieges tief in Litauen drin noch Familien
fanden, welche Namen wie 'Magenza' (alte Form von Moguntia = Mainz)
und 'Bacharach' trugen, so war dies nicht etwa eine willkürliche
Namensgebung oder eine Namenserhaltung aus stumpfer Trägheit, sondern diese
Familien wussten und bekannten, dass ihre Vorfahren in schwerer
Verfolgungszeit aus den rheinischen Gegenden hatten flüchten müssen und
erhielten in ihren Namen das treue Gedenken an die alte Heimat.
'Saxa loquuntur', 'diese Steine reden' können wir darum von den in
der Öffentlichkeit wieder aufgestellten Grabsteinen sagen. Sie redeten nicht
nur vom Tode der Männer und Frauen, deren Namen sie enthalten, sie reden
auch von ihrem Leben. Neue Zeugen sind uns erstanden für unser Recht in
unserem beklagenswerten Kampf, in unserem Kampf um unser Recht auf unsere
deutsche Heimat. Rabbiner Dr. S. Levi (Mainz).
Anmerkungen: - Ituräische Kohorten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ituräa
- Arabische Auxiliareinheiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Itura
- Kalonymiden:https://de.wikipedia.org/wiki/Kalonymiden
- Rabbenu Gerschom:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerschom_ben_Jehuda
https://schumstaedte.de/entdecken/memorstein-fuer-gerschom-ben-jehuda/
- Jacob bar Jakar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_ben_Jakar
- Raschi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Raschi
- Diether von Isenburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Diether_von_Isenburg
- Adolf von Nassau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_II._von_Nassau
- Meschullam:https://de.wikipedia.org/wiki/Meschullam_ben_Kalonymos
- Kalonymos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kalonymos_ben_Meschullam
- über den Verfasser des Artikels: Sali Levi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sali_Levi
https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/levi-sali.html
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=2350
https://www.lbi.org/griffinger/record/242021 |
Aus der Geschichte der Rabbiner der Israelitischen
Religionsgesellschaft
Zum Tod von Sophie Bondi geb. Epstein, Gattin von Rabbiner
Samuel Bondi (1871)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai
1871: "Nekrolog
Mainz, 21. April. Mit tiefbewegtem Herzen sind wir heute in die
traurige Lage versetzt, den geehrten Lesern eine höchst schmerzliche
Nachricht mitzuteilen. Frau Sophie Bondi, die Gattin des weitberühmten Rabbi
Samuel Bondi sein Licht leuchte, die Schwiegermutter des Herausgebers
dieser Blätter ist nicht mehr; wir haben sie gestern zur letzten Ruhestätte
geleitet. Was namentlich unsere Familie in dieser edlen, frommen Frau, einer
wahrhaften Eschet Chajil (sc. 'wackere Frau' nach Sprüche 31)
verloren, weiß ein Jeder zu beurteilen, der die Dahingeschieden kannte.
Frau Sophie Bondi sie ruhe in Frieden, die Tochter des in seiner Zeit
rühmlichst bekannten Rabbi Meyer Epstein das Gedenken an den Gerechten
sei zum Segen von
Fulda
wurde schon als achtzehnjähriges Mädchen mit ihrem um wenige Jahre älteren,
edlen Gatten vermählt, mit dem sie fünfundfünfzig Jahre in ungetrübtem
ehelichen Glücke, in aufopferungsvoller, hingebender Liebe gelebt hat. Wie
sie im Vereine mit ihrem unvergleichlichen Gatten G'tt vermehre seine
Tage und seine Jahre ihre Söhne und Töchter erzogen, wie sie mit der
größten Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, den Pflichten unserer heiligen
Religion nachgekommen, in wie hohem Maße sie die großen Tugenden von
Wohltätigkeit, Gastfreundschaft usw. übte, das entzieht sich jeder
Schilderung, jeder Beschreibung.
Auf die Trauerstunde hin waren Söhne, Töchter, Schwiegersöhne, Enkel und
Enkelinnen, sowie zahlreiche andere Verwandte aus der Nähe und Ferne
herbeigeeilt, um der so Tiefbetrauerten das Geleit zum letzten Gange zu
geben und so wurde sie denn, selbstverständlich auch unter Beteiligung fast
der ganzen hiesigen Gemeinde, unter heißen Tränen zur Ruhe bestattet.
Der Schmerz der Hinterbliebenen ist um so größer, da eine vor wenige Wochen
von der Hand des Allgütigen geschlagene Wunde noch nicht vernarbt ist;
Sonntag, den 26. März, verschied nämlich die Gattin unseres Schwagers
Bertram Bondi, Frau Rosalie Bondi seligen Andenkens geborene
Hechinger, aus Harburg in Bayern nach nur
kurzem Krankenlager an einem typhösen Fieber. Die Tiefbetrauerte wurde nach
nur sechsjähriger, überaus glücklicher Ehe in noch jugendlichem Alter, man
kann sagen, in der Fülle der Gesundheit und Kraft, dahingerafft. Drei kleine
Kinder, von denen das jüngste erst wenige Monate zählt, haben in ihr die
zärtliche Mutter verloren, auch sie war eine Eschet Chajil, die
Freude und das Glück ihrer erst vor Jahresfrist verwitweten Mutter.
Möge der allgütige Gott - gepriesen sei er - alle Betrübten trösten
und die Tränen trocknen von jeglicher Wange. Ihre Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Rabbi Samuel Bondi
(1877)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November
1877: "Mainz, 25. Nov. Wir haben heute eine höchst betrübende
Mitteilung zu machen. Rabbi Samuel Bondi sein Licht leuchte, durch
seine tiefe und ausgebreitete talmudische Gelehrsamkeit wie durch seine
innige Frömmigkeit in den weitesten Kreisen rühmlichst bekannt, ist nicht
mehr. Gestern Abend 9 Uhr, am Ausgang des Schabbat mit der Paraschah
wajischlach, hauchte er seine reine Seele aus, in einem Alter von 83
Jahren und 8 Monate. Seine Kinder, Enkel und Urenkel beweinen den Verlust
ihres unvergesslichen geliebten Vaters, der Herausgeber dieser Blätter, den
Heimgang ihres teuren Schwiegervaters und verehrten Lehrers, die
israelitische Religionsgesellschaft zu Mainz den Tod ihres Begründers und
ersten Vorstehers, der mit wahrhafter Aufopferung und unermüdlicher
Hingebung seit einem Vierteljahrhundert ihre Interessen vertreten, die Stadt
Mainz den Heimgang eines ihres geachteten Bürger, und ganz Israel den
Verlust eines Mannes, welcher der Gesamtheit zur Zierde gereichte.
(hebräisch und deutsch:) wehe, es ist gefallen, die Krone unseres Hauptes!
Es ist uns nicht möglich, heute mehr zu schreiben. Wir werden in den
nächsten Nummern ausführlich von dem reichen Leben des teuren Verblichenen
erzählen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
Anmerkung: - Rabbi Samuel Bondi:
https://www.geni.com/people/Samuel-Bondi/6000000003639961105 |
Beisetzung von Rabbi Samuel Bondi (1877)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November
1877: "Mainz, 26. November. Heute fand unter überaus
zahlreicher Beteiligung das Leichenbegängnis unseres verehrten,
unvergesslichen Schwiegervaters - seine Seele leuchte - statt – es
war ein Conduct, wie er hier noch nicht gesehen worden; circa 2.000 Menschen
aus allen Ständen und Konfessionen folgten der Leiche. Die vornehmsten
Bürger unserer Stadt, der Bürgermeister an der Spitze, die Rabbinen und
Vorsteher der Gemeinde sowohl wie auch der Religionsgesellschaft, die Lehrer
und Schüler des Gymnasiums und der Realschule, die Israeliten von Mainz fast
ohne Ausnahme, sowie zahlreiche Fremde: Von Berlin,
Frankfurt a. M.,
Karlsruhe,
Halberstadt,
Darmstadt,
Wiesbaden,
Bingen,
Fulda,
Marburg,
Biebrich,
Biblis,
Mosbach
sowie von den in der Nähe befindlichen kleineren Ortschaften bildeten das
zahlreiche Gefolge, welches dem allverehrten Manne die letzte Ehre erweisen
wollte. Heute Vormittag eröffnete Herr Rabbiner Dr. Hildesheimer aus
Berlin die traurige Feier mit tief ergreifendem Hesped (Traueransprache).
Im Trauerhause sprachen noch Herr Moritz Lewin aus Frankfurt a. M., Herr Leo
Leser von hier und ein Sohn des Betrauerten, Herr Hugo Bondi.
Punkt 11 Uhr setzte sich der imposante Zug in Bewegung. Auf dem Friedhofe
entrollte der Herausgeber dieser Blätter ein Lebensbild des Betrauerten
oftmals von dem lauten Schluchzen der zahlreichen Menge unterbrochen. Dann
sprach Herr Dr. M. Hirsch aus Frankfurt, der Sohn des Rabbiner Hirsch, der
leider durch Unwohlsein verhindert war, selbst zu kommen, verhindert war.
Darauf sprach Herr Rabbiner Dr. Auerbach aus Halberstadt. Noch viele der
Anwesenden hätten gerne ihrem Schmerze Ausdruck gegeben, wenn nicht die Zeit
zu weit wäre vorgerückt gewese. Außer den Genannten waren noch folgende
Rabbinen und Rabbinatassessoren anwesend: Dr. Cahn –
Wiesbaden, Dr. Fromm –
Frankfurt a. M., Dr. Sänger –
Bingen, Dr. Munk –
Marburg, Dr. Cahn –
Fulda, Bamberger –
Frankfurt a. M., Weil und Thalmann
– Karlsruhe, Sulzbach –
Darmstadt; auch waren fast sämtliche
Vorsteher der israelitischen Religionsgesellschaften zu Frankfurt a. M.,
Darmstadt, Wiesbaden und
Bingen erschienen. Heute Abend brachten
alle hier erscheinenden Zeitungen Nekrologe, welche der allgemeinen
Wertschätzung Ausdruck verliehen. Wir behalten uns vor, eine ausführliche
Biographie des teuren Heimgegangenen in den nächsten Nummern zu
veröffentlichen."
Anmerkungen: - Religionsgesellschaft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Orthodoxe_Synagoge_Mainz
Rabbiner Dr. Hildesheimer:
https://de.wikipedia.org/wiki/Esriel_Hildesheimer
Hugo Bondi: https://www.geni.com/people/Hugo-Bondi/6000000002954027226
Rabbiner Dr. Fromm:
https://www.lagis-hessen.de/pnd/1140052071
Rabbiner Dr. Sänger: Rabbiner Dr. Hirsch Naphthtali Zwi Sänger, 1843
Buttenwiesen – 1909
Mergentheim
Rabbiner Dr. Munk:
https://www.alemannia-judaica.de/marburg_texte.htm#Nachruf zum Tod von
Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)
Rabbiner Dr. Auerbach: Rabbiner Dr. Siegmund Auerbach, 1840 - 1901. |
Zum Tod von Rabbi Samuel Bondi (I, 1877)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. Dezember 1877: "Rabbi Samuel Bondi - er ruhe in Frieden.
Mainz, 27. November
Der große und bedeutende Mann, den unsre Überschrift nennt, wurde am
Purimfeste des Jahres 5554 (d.h. 14. Adar II 5554 = 16. März 1794),
geboren. Sein Vater, Rabbi Jonah Bondi, war aus Dresden, wohin dessen Vater,
Rabbi Wolf Bondi, von Prag gezogen war. Rabbi Jonah war ein geborener
Prager, ein hervorragender Schüler des berühmten Rabbi Jecheskel Landau;
noch ist in unserem Besitze der erste Teil des Noda bi-Jehuda, den
der Verfasser seinem Lieblingsschüler verehrt und mit einer eigenhändigen
Widmung versehen hat. Rabbi Jonah war nicht nur ein großer Lamdan, sondern
im wahrhaftesten Sinn des Wortes ein großer Heiliger; zu seinen Ahnen
zählte er die hervorragendsten Männer unserer Nation. Den Verfasser des
kikion diunah (???), den Maharschal (Rabbi Schelomo Lurja),
Raschi (Rabbi Schelomo Jizchaki) und eine Familientradition führt den
Stammbaum der Familie auf König David zurück. Die Mutter der teuren
Dahingeschiedenen, Bella, war eine Tochter des weltberühmten Mainzer
Oberrabbinen Rabbi Herz Scheuer, dessen Vater Rabbi Tewele Scheuer,
ebenfalls daselbst Oberrabbiner gewesen. Rabbi Tewele war ein geborener
Frankfurter, einer der bedeutendsten Schüler des Maharich (???);
er wurde später als der große Verfasser des Penei Jehoschua
Frankfurter Rabbiner war, Dajan in seiner Vaterstadt und ward dann zum
Nachfolger seines Schwiegervaters, Rabbi Nathan Utitz, als Rabbiner nach
Bamberg
berufen. Von Rabbi Nathan Utitz möge hier ein Charakterzug erzählt werden.
Derselbe hatte außer seiner, später mit Rabbi Tewele vermählten Tochter,
einen einzigen Sohn, einen hoffnungsvollen Knaben von acht Jahren. Als
dieser einst mit seinem Lehrer spazieren ging, begegnete ihm ein Priester,
welcher die Embleme der katholischen Religion trug. Die den Priester
begleitende Menge wollte die beiden Juden zwingen, niederzuknien. Der Lehrer
gehorchte, der Knabe erlitt lieber den Tod. Als man die |
Leiche
des Kindes nach Hause brachte, saß der Rabbiner in seinem Studierzimmer, in
dem sich auch ein heiliger Schrein mit einer Torarolle befand. Als der Vater
die verstümmelte Leiche seines einzigen Sohnes erblickte, riss er die Türe
des Aron hakodesch auf und rief: 'Allmächtiger Gott, ich danke Dir, dass Du
mich so hoch beglückst, dass mein Sohn hat hingegeben sein Leben zur
Heiligung Deines großen Namens.'
Rabbi Tewele hatte in
Bamberg
einen großen und schönen Wirkungskreis; Bamberg war damals eine namentlich
durch Torakenntnis ausgezeichnete Gemeinde, allein die Verfolgungen eines
Apostaten (Meschumar - getaufter Jude) verbitterten ihm das Leben.
Der Apostat wurde nicht müde, bei der fürstbischöflichen Regierung den
Rabbiner zu verleumden, damals ereignete sich die weltberühmt gewordene
Geschichte, dass der Apostat es als ein Verbrechen dargestellt hatte, dass
der Rabbiner am Weihnachtsabend mit seinen Schülern Karten spiele. Die
heilige Hermandad überfiel wirklich den Rabbiner, aber es war gerade eine
religiöse Anfrage (Sche'ela) gekommen, der Rabbiner und seine Schüler
waren in der Erörterung der Sche'ela vertieft; die Karten waren vom
Tisch verschwunden und Gemara, Alphaßi, Rambam, Tur und Schulchan Aruch
lagen aufgeschlagen auf demselben.
Wir haben diese einzelnen Züge nur erwähnt, um zu zeigen, in welchen
Familientraditionen Rabbi Samuel Bondi - er ruhe in Frieden -
heranwuchs. Es war eine stürmische Zeit, in welcher er geboren wurde, Mainz
hatte soeben (1793) jene schreckliche Belagerung überstanden, die Mainz von
der Republik Frankreich lostrennte, und den entflohenen Kurfürsten wieder
zurückrief. Allein schon 1795 wurde Mainz wieder französisch und beinahe
hätte Rabbi Samuel in die Armee eintreten müssen. Er war schon eingekleidet
als der Sturz des Imperators erfolgte.
Als zwölfjähriger Knabe verlor Rabbi Samuel seinen ebenso gerechten wie
frommen Vater; seine Mutter, eine noch jugendliche Witwe, verschmähte es,
einen zweiten Ehebund einzugehen und wies die glänzenden Anträge zurück; sie
lebte nur der Erziehung ihrer drei Kinder, einer Tochter, die sich nach
Bingen https://www.alemannia-judaica.de/bingen_synagoge.htm verheiratete und
zweier Söhne, von denen der jüngere, der durch seine Gelehrsamkeit und
Frömmigkeit rühmlichst bekannte Rabbi Tewele Bondi - sein Licht leuchte
- seit mehr als sechzig Jahren in
Frankfurt wohnt.
Der eigentliche Erzieher unseres Samuel war sein Großvater Herz Scheuer.
Unter den zahlreichen bedeutenden Schülern der damals in Mainz blühenden
Jeschibah – ich nenne nur Rabbi Mendel Karge, Rabbi Mosche Merzig, Rabbi
Mosche Reis, Rabbi Bär Scheuer – war Rabbi Samuel Bondi der hervorragendste,
der Lieblingsschüler seines Großvaters. - Als zwanzigjähriger Jüngling
schloss er den Ehebund mit seiner edlen, frommen Gattin Sophie*), einer
geborenen Epstein aus
Fulda, mit
der er 56 Jahre lang in glücklichster Ehe gelebt hat. Als sein Großvater im
Jahre 5583 (1822) starb, übernahm Rabbi Samuel eine Zeit lang die Leitung
der Jeschibah; aber die Ungunst der Zeiten versprengte die Schüler und so
widmete er sich Rabbi Samuel den Geschäften – er gründete eine Weinhandlung
– , aber immerwährend das Geschäft als Nebensache, das Talmudstudium als
Hauptsache betrachtend. Sein öffentliches Wirken begann erst im Anfange der
dreißiger Jahre. Es war im Jahre 5591 (1830), als am Versöhnungstage während
des Neilah-Gebetes in der großen, alten Synagoge die Sifrei Kodesch
(= Torarollen) aus dem heiligen Schreine, dessen Türen geöffnet
waren, heraus auf die Erde fielen. Welcher Schrecken, welche Angst sich der
Gemüter bemächtigte, kann man sich leicht vorstellen. In demselben Jahre
wurde von der Regierung, die den sogenannten Fortschritt begünstigte, der
damalige Gemeindevorstand seines Amtes entsetzt, statt seiner wurden Männer
in die Verwaltung berufen, die genügsam charakterisiert sind, wenn wir
mitteilen, dass der Präses des neuen Vorstandes später zum Christentum
übertrat. 'Reform' auf allen Gebieten war nun das Losungswort, der alte
Rabbiner, Rabbi Löb Ellinger, sollte als 'Lungenbesichtiger' beibehalten
werden; dagegen sollte das Rabbineramt einem Jünger der damals aufstrebenden
'Reform' übertragen werden. Dagegen trat Rabbi Samuel Bondi mit aller Kraft
und Energie auf, und seine Bemühungen waren von Erfolg gekrönt, der neue
Vorstand musste abtreten, und er selbst wurde mit seinen Freunden Rabbi
Mosche Reis und Rabbi Jakob Levi, an die Spitze der Gemeinde berufen.
Fünfzehn Jahre lang vermochte er mit seinen Freunden die Gemeinde in ihrem
alten Bestande erhalten. Da traten neue Momente ein, die das unmöglich
machten.
Der Rabbiner Löb Ellinger starb, und es sollte ein moderner Rabbiner berufen
werden, die alte Synagoge war baufällig geworden und sollte durch einen
Reform-Tempel ersetzt werden. Sieben Jahre währten die Kämpfe; da wurde im
Jahre 1853 der mit Orgel etc. versehene Tempel eingeweiht und Dr. Aub von
Bayreuth
(jetzt in Berlin) als Rabbiner berufen. Als Rabbi Samuel sah,
*) Sie hieß eigentlich Süßchen, musste aber nach hierländischen Gesetzen
ihren Namen ändern.
|
dass
all seine Kämpfe vergeblich gewesen, da tat er wie unser Vater Jakob getan
(hebräisch und deutsch aus 1. Mose 32,8-9): 'Und er teilte das Volk in zwei
Lager und sprach: 'Wenn der religionsfeindliche, herrschende Zeitgeist das
eine Lager vernichten sollte, so möge wenigstens das übriggebliebene Lager
errettet werden.'
Rabbi Samuel Bondi gründete nunmehr in Verbindung mit seinen Freunden Rabbi
Mosche Reis und Rabbi Jizchak Fulda*) die israelitische
Religionsgesellschaft.
(Fortsetzung folgt)
Anmerkungen: - Lamdan:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lamdan
- Rabbi Herz Scheuer:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herz_Scheuer: Rabbi Herz Scheuer war
Vorgänger und Nachfolger von Rabbi Samuel Levi, dem Großvater des Dirigenten
Hermann Levi (1839 -1900). Vgl. in der Seite zu den Rabbinern und Lehrern in
Worms einen
Artikel von 1900 und einen
Artikel von 1912 sowie einen
Artikel von 1933.
- Rabbi Tewele Scheuer:
https://en.wikipedia.org/wiki/David_Tebele_Scheuer
- Dajan: Richter am Beth Din
https://de.wikipedia.org/wiki/Beth_Din
- Aron hakodesch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Toraschrein
- Hermandad:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermandad
- Gemara:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemara
- Alphaßi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Isaak_Alfasi
- Rambam:https://de.wikipedia.org/wiki/Maimonides
- Tur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Naftali_Herz_Tur-Sinai
- Schulchan Aruch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schulchan_Aruch
- Jeschibah:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jeschiwa
- Rabbi Mosche Merzig:
https://www.merzig.de/tourismus-kultur/erinnerungskultur/reb-mosche-merzig/
- Rabbi Mosche Reis:
https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Rei%C3%9F
- Versöhnungstag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jom_Kippur
- Rabbi Löb Ellinger: Lebte von 1772 bis 1847. |
Zum Tod von Rabbi Samuel Bondi (II,
1877)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12.
Dezember 1877: "Rabbi Samuel Bondi - er ruhe in Frieden - II.
Die Gründung der israel(itischen) Religionsgesellschaft zu Mainz war mit den
allergrößten Schwierigkeiten, sowohl äußern wie inneren, verknüpft. Zwar war
Frankfurt a. M. mit gutem Beispiele vorangegangen; allein dort lagen die
Verhältnisse wesentlich günstiger. Zunächst hatte sich der Senat der damals
freien Stadt zu der Gründung der Religionsgesellschaft entgegenkommend
verhalten, während die Großherzoglich Hessische Regierung sich vollständig
ablehnend verhielt. Der Ministerialrat W., der damals das Referat in
judaicis hatte, wollte nicht einmal die Erlaubnis zur Abhaltung eines 'Minjan'
außer der Orgel-Synagoge gestatten. Da galt es nun mit Energie, mit
Klugheit, mit Ausdauer vorzugehen. Damals gab es noch keine direkte
Eisenbahnverbindung zwischen Mainz und Darmstadt, die Reise in die Residenz
war eine sehr umständliche. Nichtdestoweniger reisten Rabbi Samuel Bondi und
Rabbi Jakob Levi allwöchentlich einige Male dahin und hörten nicht auf, bei
den einflussreichsten Persönlichkeiten so lange zu petitionieren, bis ihnen
die Erlaubnis zur Errichtung eines besonderen Gottesdienstes erteilt wurde –
aber auch nichts als das; die Erlaubnis, einen Rabbiner anzustellen und von
diesem die rabbinischen Funktionen vollziehen zu lassen, musste erst noch –
schrittweise – erlangt werden.
Nicht minder groß waren die Schwierigkeiten im Innern der
Religionsgesellschaft. Anfangs waren es nur sechzehn Familien und unter
diesen nur wenig Begüterte. Es fehlte geradezu an Allem, namentlich an Geld.
Trotzdem gelang es dem rastlosen, unermüdlichen Eifer der beiden oben
genannten Männer, eine Synagoge zu erbauen, die circa 36.000 fl. kostete.
Am Rüsttage des Hüttenfestes des Jahres 5615 (1854) trat der Herausgeber
dieser Blätter seiner Stellung an der israel(itischen) Religionsgesellschaft
an. Das Synagogengebäude war fertig, aber zur Vollendung der innern
Ausstattung fehlte das Geld; so währte es noch zwei Jahre bis zur
Einweihung. Wir wollen von dem Zustande, wie wir hier angetroffen,
schweigen. Liegt es uns ja heute nicht ob, eine Geschichte der
israel(itischen) Religions-Gesellschaft zu Mainz zu schreiben, sondern nur
den hervorragenden Anteil hervorzuheben, den der Edle, welchen unsre
Überschrift nennt, an der Bessergestaltung der religiösen Zustände in
unserer Stadt genommen. Er war der geistige Mittelpunkt des Ganzen. Sein
religiöser Ernst, sein Feuereifer, seine große talmudische Gelehrsamkeit,
seine Strenge gegen sich selbst und seine Milde gegen andere, seine
grenzenlose Bescheidenheit – all’ diese erhabenen Eigenschaften des Geistes
und Charakters verliehen der Religionsgesellschaft einen ideale Höhe, die
über die Kleinlichkeit der materiellen Zustände hinweghalf, Rabbi Samuel
Bondi verstand es, die Begeisterung, die sein edles Herz durchleuchtete,
seiner ganzen Umgebung mitzuteilen. So ruhte denn Gottes Segen sichtlich auf |
seinem
Werke. Die im Jahre 5616 (1856) eingeweihte Synagoge, anfangs viel zu groß,
ward bald zu klein Im Jahre 5619 (1859) gelang es uns, eine
Unterrichtsanstalt zu gründen, die mit 53 Kindern eröffnet wurde, und die
jetzt über 150 Schüler und Schülerinnen zählt. Im Jahre 5618 (1858) hatte
die Religionsgesellschaft nach vielen Mühen und Kämpfen Korporationsrechte
erlangt. Im Jahre 5633 (1873) gelang es, eine Haus nebst Garten neben der
Synagoge zu erwerben, um die notwendige Vergrößerung vorzunehmen, die denn
auch im verflossenen Frühjahre in Angriff genommen wurde. Unsere neue
Synagoge wird mehr als noch einmal so groß als die vorige werden. Ach, Rabbi
Samuel Bondi sollte die Vollendung derselben nicht erleben!
Nachdem wir nun in Kürze den Lebenslauf und einen Teil der Wirksamkeit des
verehrten Mannes den Lesern vorgeführt, wollen wir zu einer Charakteristik
seiner Persönlichkeit schreiten, damit sie beispielgebend weiter wirke.
Der Lebensnerv, der Lebensquell des teuren Dahingeschiedenen war unsre
heilige Gotteslehre. Vom Allgütigen mit großen geistigen Fähigkeiten
ausgestattet, hatte er von frühester Jugend an seine ganze Kraft dem Studium
der Tora gewidmet. Inmitten einer blühenden Jeschiba, in Verbindung mit
Genossen, von denen einige später hochberühmte Männer wurden – wir nennen
nur Rabbi Mendel Karge, den Verfasser des Gidulei Taharah, dem er ein
Talmid Chawer war, wurde er der Talmid muwhak seines
Großvaters Rabbi Herz Scheuer. Dass all diese Faktoren ein großes Resultat
hervorbrachten, braucht nicht erst gesagt zu werden. Rabbi Samuel Bondi ward
nicht nur ein großer Charif, er war auch Baki bechol Chidrei
HaSchass (Kundiger in allen Ordnungen der Tora), sein Wissen war ein
ausgebreitetes, sein 'Lernen' von einer ungewöhnlichen Tiefe und
Gründlichkeit. Seit mehr als dreißig Jahren von allen weltlichen Geschäften
zurückgezogen, war außer seinem Wirken für die Religionsgesellschaft die
Tora seine einzige Beschäftigung bei Tag und Nacht. Selten suchte er vor 12
Uhr nachts sein Lager auf, das er nach wenigen Stunden der Ruhe wieder
verließ, um aufs Neue in der Tora zu forschen. Er 'lernte' mit jedem, der es
wünschte. Seine Liebe zum Tora-Studium, sein Verlangen nach demselben war
unbegrenzt. Als in den letzten Wochen seines Lebens seine Augen schwach
wurden, da lernte er 'auswendig' bis zu seinem letzten Atemzug. Täglich
hielt er Vorträge in der Chebra Gemiluth Chassadim über Tenach
und Menorath Hamaor. Jährlich zweimal, am Rosch Chodesch Schebath und
am Simchat Thora, hielt er pilpulistische Vorträge, am letzteren Tage
in der |
Synagoge.
Seine Festreden bei Beschneidungen – er war Mohel – waren außerordentlich
anregend und begeisterten stets die Hörer.
Wie er nun die Gottesgebote, deren Studium er seine große, geistige Kraft
widmete, praktisch ausführte, das zu schildern ist unsere Feder zu schwach.
Seine simchah schäl mizwah (deutsch:), seine Freude an der Erfüllung der
göttlichen Gebote, war unbeschreiblich. Mit dieser herzinnigen Freude an
der Erfüllung der göttlichen Gebote wusste er auch seine Umgebung, seine
Kinder und Enkel zu erfüllen. Man musste ihn an einem Sabbate oder an einem
Festtage sehen! Die ganze Woche hindurch führte er ein asketisches Leben; er
aß kein Fleisch, trank weder Wein noch Bier, noch andere derartige Getränke,
fastete sehr viel; nicht allein an jedem Erew Rosch Chodesch (=
Vorabend zum ersten Tag des Monats) und andern derartigen Tagen, sondern
auch in den acht Wochen von Paraschath Schemoth bis Paraschath
Ki-tissa an jedem Montag und Donnerstag, - an den Sabbaten und Festtagen
aber, da freute er sich mit jeder Mahlzeit. Wie streng er es mit der
Beobachtung jeder einzelnen Mitzwa nahm, ist gar nicht darzustellen. Zum
Pessach-Feste mahlte er den Schemurah-Weizen für seine Mazzot vermittels
einer Handmühle; auch buk er die Mazzot, er selbst, am Ereb Pessach mit der
minuziösesten Sorgfalt. Am Seder-Abend glich er einem alkim malach.
In der liebenswürdigsten Weise suchte er die Hagadah den an seinem Tische
anwesenden Frauen und Kindern verständlich zu machen, daran die schönsten
Erzählungen und Erklärungen aus Talmud und Midrasch knüpfend. Während des
Essens aber sprach er an diesen Abenden nur Hebräisch, damit kein unheiliges
Wort die Heiligkeit des Festes störte. (Schluß folgt.)
Anmerkungen: - Minjan:
https://de.wikipedia.org/wiki/Minjan
- Orgel-Synagoge:
http://www.alemannia-judaica.de/mainz_synagoge.htm#In der Synagoge befindet
sich eine Orgel (1849)
- Rüsttag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rüsttag
- Hüttenfest:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sukkot
- Korporation:
https://de.wikipedia.org/wiki/Korporation
- Tenach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tanach
- Menorath Hamaor: 'Licht verbreitender Leuchter', Erbauungsbuch von
Rabbi Isaac Abuhab
- Mohel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mohel
- Rosch Chodesch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_Chodesch
- Simchat Thora:
https://de.wikipedia.org/wiki/Simchat_Tora
- Paraschath Schemoth:
https://judentum.online/unsere-grossen-anfuehrer-machten-sich-die-probleme-des-volkes-zu-eigen-parascha-schmot/
- Paraschath Ki-ßißa:
https://judentum.online/die-zwei-steinernen-tafeln-parascha-ki-tisa/
- Mitzwa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mitzwa
- Pessach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pessach
- Pilpulistische Vorträge: vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pilpul
- Schemurah:
https://de.chabad.org/holidays/passover/pesach_cdo/aid/1487011/jewish/Der-Unterschied-zwischen-Schmura-Mazza-und-gewhnlicher-Mazza.htm
- Mazzot: Matzen
https://de.wikipedia.org/wiki/Matze
- Ereb Pessach: Vorabend (Erev) von Pessach
- Hagadah:
https://de.wikipedia.org/wiki/Haggada . |
Zum Tod von Rabbi Samuel Bondi (III,
1877)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember
1877: |
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Zum Tod von Rabbiner Samuel Bondi und seine Beisetzung (50 Jahre danach: 1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November
1927: |
Rabbiner Dr. Markus Lehmann tritt sein Amt zum Sukkot-Fest an
(1854)
Artikel
in der Zeitschrift "Jeschurun" vom November
1854: |
Zum Tod von Rabbiner Dr. Markus Lehmann (zugleich Chefredakteur des
"Israelit", 1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April
1890: |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. April 1890: |
Beisetzung von Rabbiner Dr. Markus Lehmann
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April
1890: |
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Trauergottesdienst für Rabbiner Dr. Lehmann
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April
1890: |
Zum
Tod von Therese Lehmann geb. Bondi, Witwe von Rabbiner Dr. Markus Lehmann (1899)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. Januar 1899: |
Dr. Jonas Marcus Bondi wird zum Rabbiner der Religionsgesellschaft
gewählt (1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
5. Mai 1890: |
Rabbiner Dr. Jonas Marcus Bondi tritt seine Stelle als Rabbiner
der Religionsgesellschaft an (1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai
1890: |
Artikel von Rabbiner Dr. Lehmann: "War dem Rabbi Amnon
von Mainz das Gaslicht bekannt?" (Artikel von 1900)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 31. Mai 1900: |
Jahrzeitstag von Rabbiner Dr. Lehmann
(1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April
1904: |
25-jähriges Ortsjubiläum von Rabbiner Dr. Jonas Marcus Bondi bei
der Religionsgesellschaft (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April
1915: |
Todesanzeige für Rabbiner Dr. Jonas Marcus Bondi
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März
1929: |
Ausschreibung der Stelle des Rabbiners der Israelitischen Religionsgesellschaft
(1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Mai 1929: |
Rabbinerwahl der Israelitischen Religionsgesellschaft in Mainz (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
12. September 1929: |
Jahrestag des Todes von Rabbiner Dr. Jonas Bondi (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13.
März 1930: |
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Aus der Geschichte der Lehrer und Kantoren der
Religionsgemeinde
Ausschreibung
der Stelle eines Vorsängers und Schochet (1860)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. Februar 1860: |
Anzeige des Pensionates von Oberlehrer Fuld
(1869)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember
1869: |
Hinweis: zwischen 1873 und 1880 war der Rabbiner Dr. Julius Fürst (geb.
1826 in Mannheim, gest. 1899 in Mannheim) Prediger und Religionslehrer in Mainz.
Seit September 1880 war er Klausrabbiner in Mannheim.
Ausschreibung der Stelle des Kantors und
Religionslehrers der Religionsgemeinde (1887)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Januar
1887: |
25-jähriges Amtsjubiläum von E. Gutmann als Rabbi
und Kantor des "3. israelitischen Krankenpflegevereins"
(1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober
1889: |
Ausschreibung der Stelle eines Lehrers und
stellvertretenden Kantors der Religionsgemeinde (1890)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Februar 1890: |
25-jähriges Ortsjubiläum des Reallehrers Eschelbacher
(1917)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. April 1917: |
Aus der Geschichte der Lehrer und Kantoren der
Religionsgesellschaft
Ausschreibung
der Stelle einer Lehrerin in der Religionsgesellschaft (1859)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. September 1859: |
Ausschreibung der Stelle eines Lehrers der
Religionsgesellschaft (1866)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März
1866: |
Zum Tod des Kultusbeamten der Religionsgesellschaft Moses Marx
(1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar
1894: |
Religionslehrer
S. Eschelbacher wird Lehrer am Real-Gymnasium, Fräulein Weil wird Lehrerin an
der Volksschule (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1904: "Aus
dem Großherzogtum Hessen. Unser Justizminister hat endlich einmal den
Anfang mit der Anstellung eines stellvertretenden jüdischen Amtsrichters
gemacht. Unser Schulministerium fährt in der Anstellung jüdischer Lehrer
und Lehrerinnen ordentlich fort. Nachdem die Gymnasien in Offenbach und
Bingen jüdische Oberlehrer erhalten haben, wurde dieser Tage Herr Lehrer
S. Eschelbacher, bisher Religionslehrer in Mainz, als ordentlicher
Lehrer an das dortige Real-Gymnasium berufen und Fräulein Cahn aus
Alzey an die Volksschule nach Gießen,
ebenso Fräulein Weil aus Mainz an die Volksschule zu Mainz.
Hoffentlich folgte das Justizministerium in ähnlicher Weise
nach." |
25-jähriges Ortsjubiläum von Oberkantor und Lehrer der
Israelitischen Religionsgesellschaft Abraham Oppenheimer
(1911)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. Juli 1911: |
Zum Tod des Lehrers der Religionsgesellschaft Josef
Kahn (1918)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober
1918: |
40-jähriges Ortsjubiläum von Kantor und Lehrer Abraham
Oppenheimer (1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juli
1926: |
25-jähriges Ortsjubiläum von Jakob Tschorniki als
Kultusbeamter der Religionsgesellschaft (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. April
1931: |
Zum Tod von
Lehrer und Kantor Abraham Oppenheimer (1930)
Artikel
in "Der Israelit" vom 30. Januar 1930: "Lehrer Abraham Oppenheimer.
Mainz, 27. Januar.
Innerhalb Jahresfrist standen wir trauernd an der Bahre von drei führen und
Beamten unserer Gemeinde. Noch ist die Wunde, die der Heimgang unseres Raw
Dr. Bondi - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, uns
geschlagen, nicht vernarbt, noch ist der Grabhügel frisch, der sich über dem
Oraun (= Sarg) unseres Kultusbeamten Moses Krieger -
seligen Andenkens - schloss, der vorige Woche uns jäh entrissen wurde -
noch am Morgen hatte der 76-jährige in gewohnter Treue und Hingebung seinen
Dienst im Gotteshause versehen und am Mittag erlag er einem Schlaganfall und
nun trauern wir mit der schwer geprüften Familie um Abraham Oppenheimer,
den Dritten des ... , der die Awoda (Gottesdienst) unserer
Religionsgesellschaft zu einem Awoda HaKodesch (heiligen Gottesdienst)
machte.
Abraham Oppenheimer kam im Jahre 1886 als Lehrer und Kantor nach Mainz,
gewann gleich das Vertrauen von Rabbiner Dr. Markus Lehmann - das
Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - und suchte sich immer mehr in
dessen Ideenwelt hineinzufinden. In der Nähe Dr. Lehmanns reifte er zu der
Persönlichkeit heran, als welche er später so hoch geehrt wurde. Der
Schlüsselbewahrer des alten Mainzer Chasonus (Art und Weise des
Vorbetens) in seiner kräftigen Ursprünglichkeit war damals der 1896
heimgegangene Rabbi Jona Bondi - das Gedenken an den Gerechten ist
zum Segen -und an ihm hatte Oppenheimer den ersten und besten Anleitung
für sein Kantor Amt. Wie setzte er seinen Stolz darein, das übernommene Erbe
in Treue zu verwalten und zu mehren! Alle neuen Strömungen auf dem Gebiet
des Chasonus (Art und Weise des Vorbetens). denen er als ein Mann von
musikalischer Bildung zugänglich war, konnten dem überlieferten Nigun
(Melodie, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Niggun) keinen Abtrag tun. So wie auch
der alte Mainzer Minhag (Brauchtum
https://de.wikipedia.org/wiki/Minhag_(Judentum)) ihm hoch und heilig
blieb. Jahrzehnte wirkte er dann in Schule und Synagoge an der Seite von
Rabbiner Dr. Jonas Bondi - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen -,
mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Als Lehrer lehrte Oppenheimer
nicht nur durch die Lehre, sondern durch sein Leben. Er entstammte einer
frommen Familie aus Schmalnau und sein ganzes Leben war ein
Gottesdienst. Als im Frühjahr sein einziger Sohn, Rechtsanwalt Dr. Max
Oppenheimer - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen -
seiner Familie und seinen Freunden entrissen wurde, da bewährte er sich als
Kohen gleich Aaron HaKohen und (hebräisch und deutsch:)
er schwieg und ertrug mit seiner gleichgesinnten edlen Gattin und seinen
Kindern den schweren Schlag als aufrechter. echter Jehudi (frommer Jude).
Nun ist der so schwer geprüften Familie der Vater, der trauernden Gemeinde
der Schaliach Zibur (Abgesandter der Gemeinde) entrissen und im Sinne
des Wortes 'Der Bevollmächtigte eines Menschen ist wie dieser selbst' (Mischna
Berachot V,5 schlucho schel adam kemoto) empfinden wir alle den Verlust
im tiefsten Inneren, als ob ein Stück von uns selbst uns genommen wäre.
Unter überaus großem Ehrengeleite ging die Bestattung am Sonntag Vormittag
vor sich. Unser Rabbiner, Herr Dr. Bamberger, fand warme Töne zur
Würdigung des trefflichen Mannes und unseres herben Verlustes. Nach ihm
sprach für den Vorstand der Religionsgesellschaft Herr Dr. Schlessinger
in ergreifenden Worten den Dank der Gemeinde an ihren Schaliach Zibur
(Abgesandter der Gemeinde) aus. Möge der Heimgegangene uns allen ein
Fürsprecher sein Das Andenken an den gerechten sei zum Segen." |
Weitere Lehrer
Über
Moritz Lorge, von 1908 bis 1933 Oberlehrer und Studienrat an der Höheren
Töchterschule in Mainz
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
|
Kennkarte
des Oberlehrers an der
Höheren Töchterschule in Mainz
Rabbiner Dr. Moritz Lorge |
|
Kennkarte (Mainz) für Rabbiner Dr. phil.
Moritz Lorge (geb. 6. Oktober 1874 in Harmuthsachsen). Moritz Lorge
war nach dem Besuch der Schule in Harmuthsachsen Schüler an der Israelitischen
Präparandenschule in Burgpreppach. 1892 bis 1892 studierte er am
Lehrerseminar in Kassel. Er war zwischen 1900 und 1904 jeweils kürzere
Zeit Lehrer in Wolfenbüttel, dann Lehrer und Prediger in Petershagen
sowie Lehrer in Hamm in Westfalen. Ab 1904 studierte er in Berlin und
Tübingen (Promotion 1907). Von 1908 bis 1933 war er Oberlehrer und
Studienrat für Religion, Deutsch und Geschichte in Mainz an der Höheren
Töchterschule. 1935 Bezirksrabbiner in Sobernheim. 1939 in die USA
emigriert und in den folgenden Jahren in Cincinatti und New York Vortrags-
und Lehrtätigkeit zur Geschichte der Juden in Deutschland und den USA.
War verheiratet mit Hedwig geb. Steinweg (Sohn: der 1916 geborene Ernst Mordechai Lorge
wurde gleichfalls Rabbiner, siehe Artikel unten). Moritz Lorge starb 1948 in New
York.
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Hinweis auf den Artikel von Gabriele Hannah, Hans-Dieter Graf und Wolfgang
Bürkle in der "Allgemeinen Zeitung Mainz" vom 27. Mai 2016:
"Stets hoffnungsvoll und furchtlos.
Auswanderer. Ernst Mordecai Lorge flüchtete aus Mainz in die USA /
Seelsorger für KZ-Überlebende..."
Artikel zum 100. Geburtstag von Ernst Mordechai Lorge.
Der Artikel ist eingestellt als Bilddatei (links) und als pdf-Datei. |
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