Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Biebrich mit Mosbach (Stadt Wiesbaden)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletAus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeine Gemeindebeschreibung (1937)  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer        
     -  Artikel zum Masoreten/Bibelforscher Dr. Seligmann Baer  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
     -  Verschiedene Personen 
     -  Artikel zur Geschichte der Familie Sender   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen 
Kennkarte aus der NS-Zeit    
bulletZur Geschichte der Synagoge  
bulletFotos  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur  

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In Biebrich bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42, zu der auch die im benachbarten Mosbach lebenden jüdischen Einwohner gehörten. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1714 waren erst zwei jüdische Familien am Ort, bis 1780 nahm ihre Zahl auf 13 Familien zu. 1730 wird eine Stiftung des Jessel von Mosbach erwähnt für den Unterricht armer Kinder. 1810 wird ein Fouragehändler Jud Löv und 1912 ein Schmied Charles Blumenthal genannt. 
  
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie folgt: 1836 109 jüdische Einwohner, 1840 29 jüdische Familien; 1843 141 (4,9 % von insgesamt 2.855 Einwohnern), 1871 137 (2,1 % von 6.644), 1885 139 (1,4 % von 9.669), 1895 147 (1,2 % von 12.292), 1905 153 (0,8 % von 18.962). 
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden bis 1885 in Wiesbaden, seitdem auf einem eigenen Friedhof in Biebrich beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter fungierte. Herausragender Lehrer der Gemeinde war Dr. Seligmann Baer, der von 1856 bis zu seiner Pensionierung 1895 (gestorben 1897) Lehrer und Vorsänger in Biebrich war (mehr dazu s.u.). Von 1895 bis nach 1933 war jüdischer Lehrer in Biebrich Simon Sulzbacher (zuvor Lehrer in Simmern im Hunsrück).    
   
Im Ersten Weltkrieg gab es 22 jüdische Kriegsteilnehmer aus Biebrich; der erste Kriegstote am Ort war ein jüdischer Mann. Er starb beim Verladen von Geschützen auf dem Bahnhof und wurde im jüdischen Friedhof begraben. Aus Biebrich sind gefallen: Julius Baum (geb. 13.4.1883 in Wallertheim, gef. 2.1.1916), Arthur Sender (geb. 19.6.1896 in Biebrich, gef. 19.4.1917), Gefreiter Salomon Sender (9.6.1894 in Biebrich, gef. 30.5.1917).   
   
Um 1924, als etwa 120 jüdische Personen in Biebrich lebten (0,6 % von insgesamt etwa 20.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Isaac Kahn, Jakob Fink und Meier Halberstadt. Als Lehrer, Kantor und Schochet wirkte der bereits genannte Simon Sulzbacher. Er erteilte an der Religionsschule der Gemeinde damals acht Kindern den Religionsunterricht (1932 sieben Kinder). An jüdischen Vereinen bestanden der Israelitische Männer-Kranken-Verein Biebrich-Schierstein und Frauenstein e.V. unter Leitung von Isaac Kahn, Jakob Fink und S. Simon (gegründet 1839 anlässlich einer Typhusepidemie, mit 1924 28 Mitgliedern, 1932 unter Leitung von Julius Oppenheim, damals 29 Mitglieder, Zweck: Krankenunterstützung, Bestattungswesen) sowie der Israelitische Frauen-Krankenverein e.V. unter Leitung von Emma Reifenberg und J. Sulzbacher (gegründet 1854, 1924 21 Mitglieder, 1932 unter Leitung von Jenny Oppenheim, damals 23 Mitglieder. Zweck und Arbeitsgebiet: Erkrankte Mitglieder werden 26 Wochen mit einem Krankengeld von 5 Mark wöchentlich unterstützt). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden. 1932 wird als Vorsteher der Gemeinde Jakob Fink genannt. 
   
1933 lebten noch etwa 150 jüdische Personen in Biebrich und Mosbach. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die letzten Gemeindevorsitzenden waren: 1933 Jakob Oppenheim (Getreidehändler), 1933-38 Viehkaufmann Josef Levi, 1938-39 Siegfried Simon. Er wanderte 1939 aus.  
     
Von den in Biebrich geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Henriette Ackermann geb. Marx (1863), Jenny Birlenbach geb. Marx (1878), Josef Blumenthal (1866), Helene Desser geb. Marx (1899), Julia (Jittel) Dreyfus geb. Allmayer (1874 oder 1875), Minna Friedländer geb. Mayer (1877), Meier Goldschmidt (1882), Sali Goldschmidt (1886), Klara Gutmann geb. Felsenthal (1848), Jenny Kahn geb. Marx (1879), Karl Kehrmann (1890, "Stolperstein" in Rudolstadt-Schwarza), Martha Leonhardt geb. Löwenberg (1902), Elise Löb (1882), Emilie Löb (1874), Julius Löb (1873), Sally Löb (1879), Alfred Marx (1898 ?), Bettina Marx (geb. ?), Emilie Marx geb. Ackermann (1877), Franziska Marx geb. Stahl (1872), Leo Marx (1882), Lilly Marx geb. Marum (1890), Max Marx (1879), Moritz Marx (1875), Otto Marx (1922), Samuel (Sali) Marx (1877), Siegmund Marx (1874, "Stolperstein" in Eichstätt, Luitpoldstr. 16), Julie Oppenheimer geb. Silberschmidt (geb. ?), Sara Rückländer geb. Bär (1874), Ida Weill geb. Marx (1879).   
   
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde       
      
Allgemeine Gemeindebeschreibung (von 1936!)  

Biebrich GblIsrGF Juli1936.jpg (215125 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom 20. Juli 1936: "Wer Wiesbaden schon kennt oder die Großstadt meiden will, wandert von Wiesbaden-Erbenheim südwestlich zum Waschbach, überquere ihn und halte sich auf seiner rechten (nördlichen) Seite, gehe an der Südwestecke des Friedhofs nach rechts bis zum Mühlweg, weiter die Bernhard-May-Straße und Höchster Strauße, insgesamt 6 km (1 ½ Stunden), zum Biebricher Schlosspark, einer der schönsten, leider nicht gepflegtesten Parkanlagen Westdeutschlands, dem Großherzoglich luxemburgischen Herrscherhaus gehörig. Mitten im Park: Milchkuranstalt; Miniaturburg als Heimatmuseum. Der Ortsteil Wiesbaden-Biebrich gehört schon 992 als 'Bibrick' dem Grafen Drutwin, Stammvater der Nassauischen Herzöge, und war 1744-1840 deren Residenz; wurde um das nordwärts liegende alte Mosbach erweitert und schließlich Wiesbaden einverleibt, mit dem es durch die schnurgerade vierreihige Hindenburgallee – 2 ½ km lang – verbunden ist. – Eine jüdische Familie wohnte schon Ende des 17. Jahrhunderts in Biebrich und Mosbach. Schon 1730 eine Stiftung des Jessel von Mosbach, deren Zinsen zum Unterricht armer Kinder verwendet werden sollen. Bis 1829 hatten Biebrich und Mosbach je 1 Synagoge. Die gemeinschaftliche konnte erst errichtet werden, als sich der regierende Herzog von Nassau über die nassauische Judenordnung von 1732 hinweggesetzt hatte, wonach jüdische Betstätten nicht mehr errichtet werden durften! Die jetzige Synagoge steht seit 1860 in der Rathausstraße 37. Bei der Einweihung amtierte schon der junge 'eingeborene' Lehrer der Gemeinde, Seligmann Baer, der jahrzehntelang ein Jahresgehalt von 800 Mark bezog, aber 1876 Ehrendoktor der Universität Leipzig, darauf Mitglied der Deutsch-Morgenländischen Gesellschaft, dann Ehrenbürger der einstigen Residenz Biebrich wurde und von den deutschen Kaisern eine Jahres-'Bonifikation' von 1.000 Mark erhielt. Der bescheidene Religionslehrer war nämlich in seiner Zeit der größte Kenner der Massorah (und … 'ein außerordentlich verdienstvoller Forscher im Fache der jüdisch rituellen Literatur' … Prof. Franz Delitzsch). Baers Geburtshaus Wiesbadener Straße 90, trug bis 1933 die Inschrift: In diesem Hause wurde der große Sprachgelehrte und Bibelforscher Dr. Seligmann Baer, Ehrenbürger der Stadt Biebrich, am 18. September 1825 geboren. Sein Grab in der jüdischen Abteilung des allgemeinen Friedhofs (s. oben) in der 2. Reihe mit Inschrift von prof. Dr. Berliner, Berlin, dem großen, 1915 verstorbenen Talmudisten und Orientalisten. – In der Synagoge: Tafel mit Gebet für den Herzog von Nassau, in goldenem Rahmen vom Vorsteher Wolf Moses 1829 (siehe oben) gestiftet. Sonstige Sehenswürdigkeiten: Das ehemalige nassauische Residenzschloss, 1699-1744 erbaut, heute Unteroffizierschule. Von hier aus soll Cäsar seinen 2. Rheinübergang ausgeführt haben. Im Eckhause Rheingauerstraße und Rheinufer schrieb Richard Wagner die Meistersinger (Gedenktafel). Wiesbadener Straße 95, schräg gegenüber dem Geburtshause Baers, wurde der berühmte Philosoph und Historiker Wilhelm Dilthey geboren. Von der Rheinpromenade wundervolle Ausblicke auf den Taunus, die hessischen Höhenzüge, auf die prächtigen Rheinbrücken, den lebhaften Schiffsverkehr. Auf guter, aber verkehrsreicher Straße in ½ Stunde, mit der Straßenbahn in wenigen Minuten, nach Wiesbaden-Schierstein." 
Autor des Beitrages (nach Angaben von Dorothee Lottmann-Kaeseler, Wiesbaden): Lehrer und Kantor Saul Lilienthal, Wiesbaden.    

    
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer     
Artikel zum Masoreten/Bibelforscher
Dr. Seligmann (Seckel) Baer (1825-1897)

Biebrich Baer 02.jpg (45711 Byte)
Seligmann Baer war einer der bedeutendsten jüdischen Bibeltextforscher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er ist 1825 als Sohn des Löb Baer in Biebrich-Mosbach geboren, wo er zunächst die Schule besuchte, anschließend das Privatinstitut von Prof. Schopper in Walluf. Nach Besuch der Talmudschule von Rabbiner Igstädter in Wiesbaden und seiner Ausbildung zum Religionslehrer bei Prediger Hochstädter in Wiesbaden mit Hilfe eines Stipendiums des Herzogs von Nassau (Lehrerexamen 1843) wurde er 1844 Lehrer in Niederhofheim und Soden im Taunus, 1850 bis 1856 in Heddesheim, 1856 Lehrer in Biebrich. Hier blieb er bis zu seiner Zurruhesetzung 1894 bzw. seinem Tod 1897. 1876 wurde er auf Anregung von Franz Delitzsch von der philosophischen Fakultät Leipzig zum Ehrendoktor ernannt*, 1882 zum Ehrenbürger der Stadt Biebrich. Seine Bibeledition, die Ausgaben des Gebetbuches sowie andere liturgische Werke gelten als Meisterstücke der jüdischen Bibelforschung.
 
Gedenken 1997: Zum 100. Todestag von Dr. Seligmann Baer gab es am 26.2.1997 in Biebrich einen Vortragsabend mit Lesung: Anke Joisten-Pruschke und Peter Kratz: "Dr. Seligmann Baer - gelehrter Weltbürger und Biebricher Ehrenbürger"; am 27.2.1997 fand ein Gedenken am Grab für Seligmann Baer statt, veranstaltet vom Förderkreis Aktives Museum und der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden (Kaddisch: Kantor A. Zucker). 
   
*Anmerkung von Dorothee Lottmann-Kaeseler, Wiesbaden vom 19.7.2010: Inzwischen wurde nachgewiesen, dass Seligmann Baer als externer Wissenschaftler seinen 'echten' Doktorgrad erlangt hatte (vgl. Publikation von Rolf Faber, s.Lit.); 
weitere Links zu Seligmann Baer (Angaben von D. Lottmann-Kaeseler): 
Seite bei opensiddur.org  über die Baer's Publikation Seder Avodat Yisroel (1868)   
Übersicht über die bei "Google Books" von Seligmann Baer eingestellten Bücher    
Internet Archive Search zu den Werken zu Seligmann Baer   
Digitalisierte Werke von Seligmann Baer  
weitere Literatur:  
-  Rolf Faber: Seligmann Baer (1825-1897): neue Erkenntnisse zu Leben und Werk des jüdischen Gelehrten aus Wiesbaden-Biebrich. 2001. 
-  Andreas Lehnardt: Qaddish: Untersuchungen zur Entstehung und Rezeption des rabbinischen Gebetes. Tübingen 2002.     
   
   
 Seligmann Baer berichtet über seine Arbeit an der Masoreth (1861)      

Biebrich AZJ 05111861.jpg (308658 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. November 1861:  Literarischer Wochenbericht.  
Biebrich
am Rhein, im Oktober. Eine fehlerlose und vollständige Maroreth...   
Zum Lesen des Artikels bitte Text-Abbildung anklicken     

 
Ehrengabe des Kaisers an Dr. Seligmann Baer (1882) 

Biebrich Israelit 19041882.jpg (21211 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1882: "Biebrich, 10. April (1982). Unserem weithin bekannten Mit- und Ehrenbürger, dem Gelehrten Dr. S. Baer, hat der deutsche Kaiser wiederholt eine Ehrengabe von 1.200 Mark überweisen lassen."    

   
Zum 50. Lehrerjubiläum von Dr. Seligmann Baer - Verleihung des Kronenordens IV. Klasse (1894)  

Biebrich Israelit 22011894.jpg (38341 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar 1894: "Mainz, 21. Januar (1894). Morgen feiert der in weiten Kreisen bekannte jüdische, auf dem Gebiete der Massorah bedeutendste jetzt lebende Gelehrte Herr Dr. S. Baer in Biebrich sein 50-jähriges Lehrerjubiläum. Auf Wunsch der Jubilars findet die Feier nur im engsten Kreise statt. Wir senden ihm die herzlichsten Glückwünsche. Möge ihm ein angenehmer Lebensabend beschieden sein! Herr Baer erhielt von Kaiser Wilhelm I. in Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft mehrfach sehr wertvolle Geschenke."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Februar 1894: "Dem verdienstvollen jüdischen Gelehrten Dr. S. Baer in Biebrich ist anlässlich seines fünfzigjährigen Amtsjubiläums der Kronenorden IV. Klasse verliehen worden".        

   
Zum 70. Geburtstag von Dr. Seligmann Baer (1895)    

Biebrich AZJ 27091895.gif (127520 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. September 1895: "Literarische Mitteilungen. Am 7. Tischri (25. September) wird Dr. Seligmann Baer in Biebrich am Rhein das Alter von 70 Jahren erreicht haben. Wenn seine Gemeinde ihn als ihren Lehrer beglückwünschen wird, so haben dies auch in den weitesten Kreisen, in denen die jüdische Wissenschaft noch ihre Vertreter findet, auch alle diejenigen zu tun, welche in Dr. Baer die erste zeitgenössische Autorität auf dem Gebiete der Masorah anerkennen. Allerdings ist gerade dieses jüdische Wissensgebiet am meisten unangebaut geblieben - und nicht allein in der Gegenwart, sondern auch in früherer Zeit. Diese Vernachlässigung der Masorah hat sich bitter gerächt. Die allererste Zusammenstellung für den Druck ihres Materials haben wir aus den Händen eines Apostaten entgegen nehmen müssen. Jacob ben Chajim, der um 1520 aus Tunis nach Venedig kam, besorgte die Korrektur der rabbinischen Bibel vom Jahre 1525, für welche er seine nach handschriftlichen Aufzeichnungen bearbeitete Masorah nebst einer Einleitung lieferte. Bei der Herausgabe des Talmuds beschäftigte ihn noch Bromberg mit der Korrektur; aber schon in der Justinianischen Ausgabe des Talmuds am Ende der Ordnung Toharoth wird er als Christ erwähnt, und diese Angabe wird von Elia Bachur in der zweiten Vorrede zu seinem Masorat HaMasorat bestätigt, indem er von ihm schreibt: 'früher, in Israel, hieß er Jakob.'. In meinen Vorlesungen habe ich auf einige Stellen hingewiesen, in denen Jacob b. Chajim von seiner Christologie beeinflusst war. Nach ihm erstanden noch bedeutende Kenner der Masorah, wie der bereits genannte Elia Bachur, ferner Salomo Norzi, Verfasser des klassischen Werke Minchat Schai, welche englisch Christen, Freunde des überlieferten Schrifttextes, übersetzen wollen, und Lonsano, Verfasser des bereits selten gewordenen Or Tora. In unserem Jahrhundert, das auf diesem Gebiete Wolf Heidenheim und Sal. Frensdorff - dessen Handbuch der Masorah leider ein Torso geblieben ist - als Autoritäten aufzuweisen hat, war es wieder ein von Juden herstammenden christlicher Gelehrter, der die Schrift-Masorah nach Handschriften neu herausgab. Dieses aus drei Bänden in groß Folio bestehende Riesenwerk ist von Dr. Christian Ginsburg hergestellt und in der kleinen Auflage von 250 Exemplaren (jedes für den Preis von 15 Pfund Sterling käuflich) gedruckt worden. In der Tat konnte nur in England ein solches Werk, für das Beaconsfield allein viele Tausende beisteuerte, geschaffen werden. Und wir sollen auch dieses Mal ruhig mit ansehen können , wie gerade in unserer Zeit, in der man nach langem Anstürmen gegen den überlieferten Schrifttext, wieder besonnener wird, zu diesem zurückzukehren, zum zweiten Male von nichtjüdischer Hand die Schütze der Masorah ans Tageslicht gezogen werden, und zudem noch zu einem Preise, der die allgemeine Anschaffung ganz unmöglich macht! Nun, der Jubilar, von dem diese Zeilen sprechen, ist die einzige jüdische Autorität der Gegenwart, welche die masoretische Wissenschaft beherrscht. Was er bereits hierfür geleistet hat, zum Teil in Gemeinschaft mit Franz Delitzsch, ist den Fachmännern rühmlichst bekannt. Noch aber ist sein Werk der Masorah, dem er seine ganze Geisteskraft gewidmet, ungedruckt, weil die Kosten des Druckes, die etwa 2.000 Mark betragen würden, fehlen. Ich sprach bereits oben von Schätzen der Masorah; allerdings es sind solche, die nicht messbar und nicht wägbar, aber von hohem Werte sind. Die Masorah bildet, wie bereits jener Weise der Mischnah lehrt, einen Zaun um die Thora. Daher wohlan, ehren wir den Meister, ehren wir sein Werk. Sollte sich nicht unter den Reichen und Begüterten eine genügende Anzahl von Männern finden, welche die erforderliche Summe durch einzelne Beiträge aufzubringen geneigt wären? Gewiss, man hat doch für so viele Zwecke Gelder bereit und sie werden für das Hochheiligste in unserer Wissenschaft sicher nicht gehlen. Hoffentlich bedarf es nur dieser Anregung, welche umso eher in die Wirklichkeit umgesetzt werden dürfte, wenn ich hinzufüge, dass der von mir geleitete Verein Mekize-Nirdanim die Drucklegung besorgen würde. Hierdurch könnte der zweifache Zweck erreicht werden: das Masorah-Werk zu einem billigen Preise abgegeben und so weiteren Kreisen zugeführt werden; zugleich aber dürfte sich noch ein Fond ergeben, um dem Jubilar zu seinem Lebensabend eine Freunde zu bereiten.   
Berlin, 16. September (1895). Dr. A. Berliner."         
Anmerkung: Der Artikel wurde verfasst von dem hoch bedeutenden Literaturhistoriker Prof. Abraham (Adolf) Berliner (1833-1915), der seit 1873 als Dozent für jüdische Geschichte und Literatur an dem von Esriel Hildesheimer begründeten Rabbinerseminar in Berlin wirkte. Er war Mitbegründer der Adass Jisroel in Berlin. Der genannte Verein Mekize nirdanim ließ unrer seiner Leitung zahlreiche Werke aus der alten hebräischen Literatur erscheinen.

    
Zum Tod von Dr. Seligmann Baer (1897) 

Biebrich Israelit 08031897.jpg (107340 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1897: Ein Masoret. Mainz, 4. Februar (1897). Die deutsche Judenheit hat einen großen Verlust erlitten. Einer der hervorragendsten Vertreter der jüdischen Wissenschaft, der bedeutendste Gelehrte, den wir auf dem Gebiet der Masorah besaßen, Herr Dr. phil. h.c. Seligmann Baer in Biebrich-Mosbach hat am 27. Februar in einem Alter von 72 Jahren das Zeitliche gesegnet. Wem unter der großen Zunft der jüdischen Forscher, der sich nur im Entferntesten für den masoretischen Bibeltext interessiert, war der Name Baer nicht bekannt? Aber auch jedes Kind, das das Titelblatt seiner Rödelheimer Tefilla betrachtete, wusste von Baer, der seit dem Tode Heidenheims die Herausgabe unserer am Meisten gebrachten heiligen Bücher im Auftrage des berühmten Lehrberger'schen Verlags übernommen hatte. Baers Leben floss nicht, wie das so vieler seiner Berufsgenossen, in glattem, ruhigem Strome dahin. Was er erreichte, das musste er sich schwer erkämpfen und was er geleistet, das verdanken wir in erster Linie seiner eigenen Energie. 
Am 18. September 1825 geboren, wollte der gut beanlagte Knabe sich zuerst dem Studium widmen, allein die Mittellosigkeit seiner Eltern nötigte ihn von diesem Plane zu lassen und so musste er in einem kleinen Gebirgsstädtchen im Taunus, in Niederhofheim, in Jahre 1844 die Stelle eines jüdischen Lehrers annehmen. Aber die Sorge um die gemeine Notdurft des Lebens konnte die einmal rege gewordene Liebe zur Wissenschaft in dem armen Dorfschullehrer nicht ertöten und sein Freund und Studiengenosse Delitzsch, mit dem er während seines ganzen Lebens in eifriger Korrespondenz stand, sorgte dafür, dass Baer von den Fortschritten auf dem Gebiete seines Lieblingsfaches stets auf dem 
Biebrich Israelit 08031897a.jpg (225931 Byte)Laufenden gehalten wurde. Im Jahre 1856 finden wir Baer in Heddernheim bei Frankfurt am Main und hier mag es wohl gewesen sein, wo er in dem nahe gelegenen Rödelheim den jüdischen Verleger Lehrberger kennen lernte, der ihm nach dem Tode Heidenheims die Textrevisionen der von ihm herauszugebenden jüdischen Werke übertrug, indem er die Bedeutung Baers auf dem Gebiete der Masorah bald erkannte.
Die Werke und Schriften, die Baer nunmehr herausgab, sind von überaus großer Zahl, doch bildet sein Hauptwerk, die textkritische und masoretische Bearbeitung der Bibel, die er im Verein mit seinem Freunde, dem obengenannten Leipziger Professor Franz Delitzsch, edierte; hierbei wurden die beiden Forscher von der Tauchnitz'schen Buchhandlung, die ohne Aussicht auf Absatz, wie es Delitzsch in seinen lateinischen Vorreden öfters hervorhebt, nur im Interesse der Wissenschaft den Verlag übernahm, sehr unterstützt. Als diese Bibel erschien, erregte sie in den jüdischen Gelehrtenkreisen das größte Aufsehen, früher gedruckte Ausgaben waren vielfach höchst unvollkommen, so entbehrte ein Teil der Propheten die Bezeichnung der Petichot und Setimot, die von den Verfassern durch das üblich P und S eingefügt wurde. Durch die Benutzung vorzüglicher, teils uralter, höchst seltener Ausgaben, sowie neu aufgefundener alter Manuskripte, von denen viele aus spanisch-maurischer Zeit und aus dem Orient stammten, gelang es ihnen, Fehler, die sich im Laufe der Zeit in die heiligen Text eingeschlichen hatten, auszumerzen und die ursprünglich richtige Lesart wieder herzustellen, ganz besonders hatte Baer auf dem Gebiete der Neginot große Erfolge zu verzeichnen, wo er durch seine Korrekturen oftmals überraschende Aufhellung der durch alte Notationen nur äußerst schwer verständlichen Stellen erzielt. Dass Baer sich auch manchmal irrte und richtige Stellen durch fehlerhafte ersetzte, wer wollte ihm das nachtragen? Bleibt doch jegliches menschliche Werk unvollkommen und auch die ungeheure Sorgfalt und der außerordentliche Fleiß, mit welchem Baer arbeitet, konnte ihn vor solchen Irrtümern nicht bewahren.
Noch im Jahre 1856 trat Baer seine Stelle in Biebrich-Mosbach an, die er bis zu seiner vor drei Jahren erfolgten Pensionierung innehatte. Hier war es ihm vergönnt, mancherlei Freude zu erleben und die Früchte seiner schweren Mühen zu genießen. Kaiser Wilhelm I. verlieh ihm den Kronenorden IV. Klasse, indem er ihm gleichzeitig einen Jahresgehalt aussetzte, den auch die erhabenen Nachfolger des großen Monarchen ihm nicht entzogen. Am 15. November 1876 ernannte ihn die philosophische Fakultät der Stadt Leipzig zum Ehrendoktor.  Die Deutsch-Morgenländische Gesellschaft kreierte ihn zu ihrem ordentlichen Mitgliede und die Stadt Biebrich zu ihrem Ehrebürger (Juni 1882). 1894 feierte Baer sein 50jähriges Dienstjubiläum. Die sehr wertvolle Bibliothek Baers enthält u.a. eine Reihe seltener Drucke, so eine Bibel ed. Soncino 1486, sowie einige noch nicht gedruckte Schriften aus seiner Feder, wie über die zurückweichende Neginoh, die den Titel trägt: ..., eine aramäisch-ägyptische Grammatik etc. 
Der teuere Entschlafene kam am 2. März, Nachmittags 2 Uhr, zur letzten Ruhe. Am Grabe sprachen die Rabbiner Silberstein - Wiesbaden, Plaut - Frankfurt, Lehrer Sulzbacher - Biebrich, Bürgermeister Vogt - Biebrich, Lehrberger - Rödelheim, Allmayer - Mosbach. Über den Inhalt der einzelnen Reden werden wir in nächster Nummer, da es uns heute an Raum mangelt, ausführlich berichten. In dem Dahingeschiedenen verlieren wir einen treuen Freund und Mitarbeiter. Möge dessen Andenken zum Segen gereichen."

Ein Bericht über die Trauerfeier erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" am 11. März 1897.
Das Grab von Seligmann Baer befindet sich in der zweiten Reihe auf dem jüdischen Friedhof in Biebrich
   
  
Anbringung einer Gedenktafel am Geburtshaus Dr. Baers zu dessen 100. Geburtstag (1925)

Biebrich JuedlibZtg 02101925.jpg (32814 Byte)Artikel in der "Jüdischen liberalen Zeitung" vom 2. Oktober 1925: "Biebrich (Ehrung eines jüdischen Lehrers). An dem Geburtshause des israelitischen Lehrers Dr. h.c. Seligmann Baer, des Ehrenbürgers Biebrichs, wurde eine Gedenktafel angebracht. Baer war ein hervorragender Kenner der biblischen Wissenschaft, ein bedeutender Schriftstellen im Fache der liturgischen rituellen Literatur und ein bekannter Forscher auf dem Gebiet der hebräischen Grammatik. Er ist hier 1897 gestorben. An der Feier beteiligten sich auch Vertreter der evangelischen und katholischen Geistlichkeit und der Stadt."
    
Biebrich Israelit 05111925.gif (163452 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1925: "Biebrich am Rhein, 23. Oktober (1925). Die Enthüllung einer Gedenktafel anlässlich der Wiederkehr des 100. Geburtstages des berühmten Hebraisten und Bibelforschers Dr. Seligmann Bär gestaltete sich zu einer imposanten Kundgebung und Ehrung für den großen Gelehrten, woran sich alle Schichten der Bevölkerung Biebrichs, sowie Anverwandte und Freunde des Verstorbenen von nah und fern zahlreich beteiligten. Der Hof vor dem Geburtshause Bärs und die daran anstoßende Straße waren dicht von Menschen gefüllt. Der Kultusvorstand der jüdischen Gemeinde, Herr Is. Kahn, begrüßte namens derselben alle Erschienenen, insbesondere die Vertreter des Magistrats und des Stadtverordnetenkollegiums. Sodann ergriff das Wort Herr Lehrer Sulzbacher, der in ausführlicher Rede die unsterblichen Verdienste Bärs auf dem Gebiete der Bibelforschung und der Synagogenliturgie schilderte. Des weiteren schilderte Redner die unbegrenzte Bescheidenheit des Großen, der jeder Ehrung aus dem Wege ging und den man hier nur als den bescheidenen Religionslehrer und Vorbeter seiner Gemeinde kannte. Heute wisse man aber, wer und was Bär war und so habe es sich die Stadt- und Kultusgemeinde nicht nehmen lassen, an seinem 100. Geburtstage eine Gedenktafel zu enthüllen, die jedem sagen soll: 'Hier wurde einst ein Großer geboren, dessen Andenken nie untergehen wird!' Hierauf hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Lazarus eine sinnvolle Ansprache. Herr Dr. med. Bär, Sohn des Verstorbenen, sprach namens der Familie der Versammlung Dank aus für die erhebende Feier. Herr Bürgermeister Scheffler versprach sodann namens der Stadtverwaltung, der Tafel den Schutz der Stadt angedeihen zu lassen. Mit Worten des Dankes schloss hierauf Herr Is. Kahn die schön verlaufene Enthüllungsfeier."  
   
Biebrich Baer 01.jpg (66845 Byte)Links: Gedenktafel an Dr. Seligmann Baer mit der Inschrift "In diesem Hause wurde der große Sprach-Gelehrte und Bibelforscher Dr. Seligmann Baer, Ehrenbürger der Stadt Biebrich am 18. September 1825 geboren". Das Geburtshaus von Dr. Baer bat die Adresse: Am Schlosspark 90 (früher: Wiesbadener Str. 90). Nach 1933 wurde die Tafel mit einer Hakenkreuzfahne verdeckt, erst 1946 wurde sie wieder enthüllt. Foto aus Arnsberg Bilder s.Lit. S. 23. 
  
Weiterer Bericht über Dr. Seligmann Baer, erschienen im September 1925, von Lehrer Simon Sulzbacher (Biebrich)   
Biebrich Israelit 17091925.jpg (486565 Byte) Biebrich Israelit 24091925.jpg (247274 Byte) Biebrich Israelit 24091925a.jpg (148759 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. und 24. September 1925: Bitte bei Interesse den Bericht zum Lesen anklicken, da auf dieser Seite zu Biebrich nicht alle Artikel zu Dr. Seligmann Baer ausgeschrieben werden können.

  
Über Dr. Seligmann Bär zum 40. Todestag (Artikel von 1937)  

Biebrich Israelit 08041937.jpg (279930 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1937: "Die Verjüngung eines Siebzigjährigen. Vor siebzig Jahren hat der in Wolf Heidenheims Fußstapfen wandelnde Dr. Seligmann Bär in Biebrich die jüdische Welt mit seinem vorbildlichen Sidur Awodat Jisrael beschenkt, der während dieser sieben Jahrzehnte das Vorbeterpult unzähliger Gemeinden des deutschen Ritus geschmückt und Tausenden von interessierten Lernenden den Weg zur tieferen Erforschung des Gebetbuches und der Minhagim der Synagoge erschlossen hat. Der stattliche Band mit seinen 900 Seiten im Lexikon-Format war von vornherein nicht nur eine Fundgrube reichen jüdischen Wissensmaterials und ein Musterbild wissenschaftlicher Akribie, sondern auch eine Augenweide für den Bücherliebhaber, denn die Lehrberger'sche Offizin hatte ihre Ehre darein gesetzt, Satz und Druck mit einer derartigen Genauigkeit und leuchtenden Farbenschönheit durchzuführen, dass auch der kritisch geschulte Blick nirgends die leiseste Unregelmäßigkeit des Satzes oder irgend eine Nuance schwächerer Farbengebung entdecken konnte. Die satte, wuchtige Schönheit der großen hebräischen Quadratschrift wetteiferte mit der mysteriösen, ästhetisch nicht minder reizvollen Begleitmusik des Raschi-Schriftkommentars darunter, um auch in der Form den Eindruck der Vollkommenheit zu erzeugen.    
Selten hat sich diese Qualität eines Erstdruckes so gelohnt wie in diesem Falle – denn nun bot sich, nachdem das Werk viele Jahre vergriffen war, dem Schocken-Verlag in Berlin nach siebzig Jahren die Möglichkeit, durch Anwendung eines photographischen Vervielfältigungsverfahrens eine neue Ausgabe des klassischen Werkes zu erschwinglichem Preise herauszubringen, die – man konstatiert es mit Freude und Überraschung – alle typographischen Vorzüge der Erstausgabe aufweist, um ihr noch den Vorzug eines herrlichen Papiers und eines wetterfesten, mehr als gediegenen Ganzleinen-Einbands zuzugesellen: eine restlose Wonne für den Bücherfreund und zugleich ein Zeugnis der nimmer verlöschenden Ehre und Würdigung, die das jüdische Volk dem Schatz seiner Gebete, diesem ewig sprudelnden Quelle seiner Lebenserneuerung, entgegenbringt.    
Bärs 'Awaudos Isroel' ist schon im Manuskript von keinem Geringeren als dem Kolmarer Oberrabbiner – Rabbi Schlomo Klein – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - als eine wissenschaftliche Leistung allerersten Ranges und als religiöse Tat gewürdigt worden. Rabbi Schlomo Klein selbst hat zu der Ausarbeitung des schlichten, immer auf den einfachen Wortsinn hinzielenden Kommentars beigetragen. Nicht weniger als acht der besten, ältesten Handschriften und etwa 30 Frühdrucke liegen der Feststellung der wichtigen Lesarten zugrunde, die in den deutschen Gemeinden ja heute durchweg Bürgerrecht erlangt und zur Erziehung des hebräischen Sprachgefühls weit mehr beigetragen haben, als man sich gemeinhin bewusst ist.   
Darüber hinaus aber ist der Bär'sche Kommentar als Quellen-Nachweis von unerreichter Vollständigkeit, für jeden ein unentbehrlicher Wegweiser, der in die biblischen, talmudischen und midraschischen Quellen des Gedankeninhalts wie der Form unserer Gebete eindringen und sich auf diesem unumgänglichen Forschungswege der Tiefe, wie der Aktualität ihres Gehaltes voll bewusst werden will.   So darf man dem Schocken-Verlag für diese neue, wertvolle Gabe besonders warmen Dank wissen, grade weil sie zunächst nicht der großen Masse der jüdische Ungebildeten, sondern nur dem lernenden oder Wissenden zugute kommen kann.   
Weiteren Kreisen wird ein gleichzeitig erschienener Neudruck eines früher weit verbreiteten Buches willkommen sein, die Ausgabe der Wiener Chamischa Chumasch Tora vom Jahre 5619 mit Raschi, Raschbam, Ramban, Ibn Esra, Siporno und den Targumim, die der Schocken-Verlag mit ebensolcher technischer Vollkommenheit photographisch vervielfältigt hat wie den Bär'schen Siddur.   
In diesem Falle gehören allerdings recht gute junge Augen oder ein Vergrößerungsglas dazu – um trotz der Schärfe des Druckes – die kleinen Typen eines Teiles der Kommentar bequem lesen zu können. Vielleicht wäre es praktischer gewesen, lieber auf den Vorzug der Handlichkeit zu verzichten und ein etwas größeres Format zu wählen. Durch die Wahl eines erstklassigen Dünndruckpapiers ist es gelungen, die etwa 1.600 Seiten zu einem in der Tat handlichen – vornehm ausgestatteten – Bande von etwa 4 ½ cm Dicke zusammenzupressen, der sicherlich bald ein beliebtes Barmizwo-Geschenk sein wird. Möge er fleißig benutzt, das heißt: in Gründlichkeit gelernt werden."  

         
Artikel in der "Jewish Encyclopedia" über Dr. Seligmann Bär     
(Quelle: Website der Jewish Encyclopedia

Der Artikel wird nicht ausgeschrieben 
- bei Interesse bitte anklicken
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Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
  
  
Wer darf in Biebrich schächten - Klärung durch den Bezirksrabbiner (1890)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30.Oktober 1890: "Wiesbaden, im Oktober (1890). Wir erhalten folgende Zuschrift: In einer der jüngsten Nummern des 'Israelit und Jeschurun' findet sich ein Bericht über eine hier gepflogene schöffengerichtliche Verhandlung, die, da sie von irrtümlichen Voraussetzungen ausgeht, der Berichtigung bedarf, für die Sie, geehrter Herr Redakteur, mir einen bescheidenen Raum in Ihrer Zeitung gewähren werden. 
Zu diesem Zwecke gestatten Sie mir gütigst folgende Darlegung. 
Als die das Schächten regelnde Verordnung von 30. Oktober vorigen Jahres mir mit einem Erlasse der Königlichen Regierung zuging, in welchem ich ersucht wurde, im Falle der Rücknahme einer Approbation dem zuständigen Landrate hiervon Kenntnis zu geben, hielt ich es, im Interesse der gewissenhaften Verwaltung der Schechita, für meine Pflicht, zunächst einmal durch Vermittlung der Landratsämter festzustellen, ob diejenigen Individuen, die in meinem Bezirke die Schechita ausüben, auch hierzu berechtigt seien. Die betreffenden Landratsämter entsprachen selbstverständlich meinem Ersuchen aufs Bereitwilligste, indem sie mir Verzeichnisse sämtlicher Schochtim nebst deren Approbationen zugehen ließen. Nur von Biebrich wurde mir berichtet, dass daselbst neben Herrn M. Herr Jaffa von hier schächte, ohne jedoch, trotz an ihn ergangener Aufforderung eine Approbation vorgelegt zu haben. Ich gab dieser Mitteilung keine weitere Folge. Da empfing ich eines Tages eine Vorladung, um in Sachen Jaffa (wegen unbefugten Schächtens) vor dem Schöffengerichte als Zeuge vernommen zu werden. Die Erkundigung, die ich in Folge dessen beim hiesigen Landratsamte - BIebrich gehört zum Landkreise Wiesbaden - einzog, ergab, dass Herr Jaffa auf Weisung des Landratsamtes von dem Bürgermeister in Biebrich wegen unbefugten Schächtens in Strafe genommen und derselbe schöffengerichtliche Verhandlung beantragt habe. Für mich war es, wie ich mich auch offiziell wie privatim offen ausgesprochen, zweifellos, dass angesichts des Wortlauts der Verordnung Herr Jaffa freigesprochen werden müsse. Ist nun aber auch Herr Jaffa der Polizeiverordnung gegenüber straffrei, darf er auch vor dem Forum des Anstandes und der guten Sitte, ja auch des Religionsgesetzes als schuldlos angesehen werden? Denn diese, Anstand, Sitte, Din, können ihm doch wohl nicht gestatten, in einer fremden Gemeinde das Schächten ohne Genehmigung des zuständigen Rabbiners auszuüben.  
Dr. M. Silberstein, Stadt- und Bezirksrabbiner in Wiesbaden".       

 
Ausschreibung der Stelle eines Hilfsvorbeters (1903)      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1903:
 "Für die hohen Feiertage würdiger 
Hilfsvorbeter
gesucht. Offerten an 
Kultusvorsteher M. Reifenberg
, Biebrich am Rhein."         

  
70-jähriges Jubiläum des Israelitischen Männerkrankenvereins Biebrich, Schierstein und Frauenstein (1909)  

Biebrich Israelit 04031909.jpg (79467 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit von 4. März 1909: "Biebrich am Rhein, 20. Februar. Am 18. Februar, 27. Schewat, feierte der Israelitische Männerkrankenverein Biebrich, Schierstein und Frauenstein sein 70jähriges Jubiläum. Die Feier wurde durch einen besonderen Festgottesdienst durch Herrn Lehrer Sulzbacher - Biebrich eingeleitet. Alsdann folgte der alljährlich am Stiftungsfeste stattfindende Jom-Kippur-Katan-Gottesdienst. Gegen 3 Uhr versammelten sich die Mitglieder zur Generalversammlung und dem darauffolgenden Festmahle. Zunächst ergriff der Vorsitzende des Vereins, Herr Josef Kahn das Wort, um die fast vollzählig erschienenen Mitglieder willkommen zu heißen. Im weiteren Verlaufe seiner Rede gedachte Herr Kahn der Gründer des Vereins und bat, unter Hinweis auf die schon damals festgelegten wohltätigen Zwecke und Ziele, alle Anwesenden durch festes Zusammenhalten dafür Sorge zu tragen, dass das von den Vorfahren übernommene Erbe auf ewige Zeiten erhalten bleibe. Herr M. Reifenberg dankte für die erwiesene Ehrung in bewegten Worten. Weitere Ansprachen hielten die Herren Lehrer Sulzbacher - Biebrich und Katzenstein - Schierstein."

   
     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Verschiedene Personen    

Josef Sender wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (1918)  

Biebrich FrfIsrFambl 18011918.gif (11041 Byte)Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. Januar 1918: "Biebrich. Offizier-Stellvertreter Josef Sender (statt: Gender) erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse."   

  
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Moses Reifenberg (1918)
  

Biebrich Israelit 24101918.jpg (118811 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1918: "Biebrich am Rhein, 10. Oktober (1918). Vor einigen Wochen trugen wir unser ältestes Gemeindemitglied, Moses Reifenberg, im Alter von 89 Jahren zu Grabe. Mit ihm ist ein echter Jehudi und selten guter Mensch dahingegangen. Sein ehrlicher und redlicher Sinn als Kaufmann, sowie seine seltene Menschenliebe und Menschenfreundlichkeit machten ihn beliebt und geachtet bei allen, die ja mit ihm in irgendeine Berührung kamen. Besonders innig war die Liebe und Anhänglichkeit, mit der unser ganzes Kahal (= unsere ganze Gemeinde) an dem Verstorbenen hing, der 30 lange Jahre hindurch als Gemeindevorsteher die Geschäfte der Gemeinde in Händen hatte. Und er war ein Vorsteher in echt alt-jüdischem Sinne, der die öffentlichen Bedürfnisse mit Treue ausführte. Das Interesse seine Gemeinde stand dem eigenen allezeit voran. Die Pflege von Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit innerhalb der Gemeinde betrachtete er als seine Lebensaufgabe, wobei dem Gottesdienste im Gotteshause sein besondere Augenmerk zu jeder Zeit zugewandt war. Unersetzlich groß ist daher der Verlust unserer Gemeinde, dem Herr Lehrer Sulzbacher am Grabe Ausdruck verlieh und die Gemeindevorstände dabei ermahnte, im frommen Sinne des Dahingegangenen die Gemeindeinstitutionen weiter zu leiten und zu pflegen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. S." 

  
Zum Tod von Samuel Marx (1920)

Biebrich Israelit 12021920.jpg (70202 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1920: "Biebrich, 3. Februar. Am 21. Tewet (= 12. Januar 1920) verschied dahier Herr Samuel Marx. Mit ihm ist ein äußerst schlichtes, aber wackeres Mitglied unserer Gemeinde von hinnen gegangen. Aus einer einfachen, echt frommen Familie stammend - deren tief-jüdischer Sinn sein ganzes Leben hindurch sein Vorbild war - hatte sich Marx - das Gedenken an der Gerechten ist zum Segen -, durch unermüdlichen Fleiß und durch ehrlich-redliches Streben zu Wohlstand und Ansehen emporgearbeitet. Diesen seinen Wohlstand nützte er in seiner Anspruchslosigkeit nicht für sich, sondern fand Befriedigung und Freude darin, Wohltätigkeit im jüdischen Sinne zu üben. Am Grabe schilderte Lehrer Sulzbacher mit tiefempfundenen Worten die Größe des Verlustes für die Hinterbliebenen, für die jüdische Gemeinde und besonders auch für die Armen. Das Andenken dieses bescheidenen Mannes und echten Jehudi wird in unserer Gemeinde immer weiter leben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens".  

    
      
Artikel zur Geschichte der Familie Sender
("eine der edelsten, besten, frömmsten Familien der deutschen Judenheit")

Die Familie Sender in Biebrich war im Judentum des 19./20. Jahrhunderts in der weiten Umgebung bekannt. Herausragende Vertreter waren der herzogliche Hoflieferant Joseph Sender und der Mohel (Beschneider) Hayum Sender, über die in nachfolgenden Artikeln aus der Zeitschrift "Der Israelit" berichtet wird. Weitere Vertreter waren der Kaufmann Moritz (Moses) Sender, der Anfang des 20. Jahrhunderts einige Jahre Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Biebrich war. 
Biebrich TSender 01.jpg (34611 Byte) Seine Tochter Toni Sender (geb. 1888 in Biebrich als Sidonie Zippora Sender, gest. 1964 in New York) wohnte seit 1901 in Frankfurt, engagierte sich zunächst als Kommunistin, später in der USDP und war von 1919 bis 1933 als eine der ersten Frauen Reichstagsabgeordnete im Berliner Reichstag (1933 in die USA geflohen; 1940 veröffentlichte sie 'Autobiography of a German Rebel', deutsch 1981).    
Web-LinksWikipedia-Artikel zu Toni Sender    Weitere Seite zu Toni Sender (Uni Ulm)    Seite der Stadt Frankfurt 
An Toni Sender erinnert in Biebrich heute u.a. das "Toni-Sender-Haus" (Kindertagesstätte sowie Alten- und Pflegeheim, Rudolf-Dyckerhoff-Str. 30); die Stadt Frankfurt vergibt seit 1992 für frauenpolitisches Engagement an bedeutende Frauen den "Toni-Sender-Preis"; in Frankfurt-Sossenheim gibt es eine "Toni-Sender-Straße". Am 26. Juni 2014 wurde am Geburtshaus von Toni Sender in der Stettiner Straße 6 eine Gedenktafel angebracht mit der Inschrift: "Geburtshaus von Toni Sender. Geboren am 29.11.1888 in Biebrich am Rhein. Verstorben am 26.6.1964 in New York. Politikerin und Gewerkschafterlin. Mitglied des Deutschen Reichstages. Kämpferin gegen Nationalsozialismus und Stalinismus. Zur Erinnerung an ihren 50. Todestag".    
   
Biebrich Familie Sender 020.jpg (121389 Byte) Neuere Presseartikel: 
 
(Foto links: Familie Sender in Biebrich, erhalten von Dorothee Lottmann-Kaeseler)   
Das solidarische Leben der Biebricherin Toni Sender in der Fusion von Verstand und Leidenschaft (Wiesbadener Tagblatt, 12.01.2008)   
Ergänzende Informationen zum o.g. Artikel von Dorothee Lottmann-Kaeseler (Wieesbadener Tagblatt, 14.01.2008)    
Vor 125 Jahren wurde die Sozialdemokratin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin Toni Sender in Biebrich geboren (Wiesbadener Kurier, 29.11.2013)   
Toni-Sender-Haus: Jubiläum mit Sorgen (Wiesbadener Tagblatt, 02.12.2013)  
Sie war ihrer Zeit weit voraus (Wiesbadener Kurier, 27.06.2014)   
  
  

Zum Tod des herzoglichen Hoflieferanten Joseph Sender und seines Sohnes Hermann Sender im September 1879  

Biebrich Israelit 17091879.jpg (224679 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1879: "Mainz, 15. September (1879). Eine der edelsten, besten, frömmsten Familien der deutschen Judenheit hat herbe Prüfungen erfahren, schmerzliche Verluste erlitten! Herr Joseph Sender in Biebrich und dessen ältester Sohn, Herr Hermann Sender, sind im Verlaufe von sechs Tagen aus diesem Leben abberufen worden. Wie einst der königliche Sänger in Bezug auf den Tod eines vortrefflichen Vaters und eines vorzüglichen Sohnes klagend rief: 'Die geliebten in ihrem Leben, auch in ihrem Tode waren sie nicht getrennt' (2. Samuel 1,23) so erheben auch wir weinend unsere Stimme: diese beiden, edlen, frommen, vortrefflichen Menschen, die im Leben die innigste Liebe verband, sie bleiben auch im Tod ungetrennt!
Der herzogliche Hoflieferant Herr Joseph Sender - seine Ruhe sei Wonne - war ein Jehudi, wie es nicht viele gibt. Von Jugend auf zur Tora und zum Gottesdienst erzogen, gründete er ein Haus in Israel, das durch Wohltätigkeit, Gastfreundschaft und echte, wahre Frömmigkeit weithin berühmt wurde. So erzog er auch seine Söhne und Töchter, und die heiligen Grundsätze des Judentums waren ihm maßgebend bei der Wahl seiner Schwiegersöhne und der Schwiegertochter. Seine Liebe zur Gotteslehre war grenzenlos; alle seine Muße widmete er ihr; Raschi, Ramban, Midraschim und Sifre Mussor bildeten ständig seine Lektüre. Im Verkehre mit den Mitmenschen war seine strenge Rechtlichkeit, seine große Gewissenhaftigkeit, seine unerschöpfliche Wohltätigkeit fast sprichwörtlich geworden. Bis kurz vor seinem Tode noch recht rüstig, war er am Erew Schabbat Paraschat Ki Tawo (= Freitag, 31. August 1879), wie seit 25 Jahren fast an jedem Erew Schabbat (Freitag), beim Herausgeber dieser Blätter zum Besuche hier in Mainz gewesen. In der Sabbat-Nacht erkrankte er; als mir das durch einen Expressboten am Sonntag früh berichtet wurde, eilte ich an sein Krankenlager. Im vollen Bewusstsein des herannahenden Todes traf er noch einige Anordnungen in Bezug auf sein Leichenbegängnis; am Montag Abend wurde er zu seinen Vätern versammelt. Während der ganzen Zeit der Krankheit war sein Sohn Hermann nicht von dem Bette des Vaters gewichen und hatte sich wohl zu sehr beim lauten Sprechen - der Vater hörte etwas schwer - angestrengt. Zwei Stunden nach dem Tode des Vaters bekam der dreiunddreißigjährige, erst seit einem Jahr verheiratete Mann einen Blutsturz und gestern folgte der Sohn dem Vater in eine andere Welt. 
Wie soll ich meiner Klage um Dich, Du mein teurer Freund und Schüler, Ausdruck verleihen! Als ich vor einem Vierteljahrhundert nach Mainz kam, brachte mir der Vater den achtjährigen Knaben, und seitdem war dieser mit ein lieber Schüler geblieben, ein treuer Freund geworden. 
Hermann Sender - seine Ruhe sei Wonne - war ein seltener Mensch, ein echter Jehudi; die Herzensgüte, die ihn auszeichnete, ist unbeschreiblich; stets eifrig, Gutes zu tun und zu wirken, glühte sein Herz für das Judentum; dabei war er sehr genau in der Beachtung der Gebote; obgleich viel auf Reisen, hatte er wohl niemals eine Bestimmung übergetreten, niemals in einer jüdischen Restauration von zweifelhaftem Kascherut gespeist. - Um ihn trauern seine junge Gattin, seine Geschwister und Alle, die ihn kannten. Sein, erst fünf Wochen altes Kind - Gott möge es beschützen -, wird erst später erfahren, welch einen Vater es verloren. Und der Ewige wird heilen unsere Gebrechen....    Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens."   

  
Zum Tod des Mohel (Beschneiders) Hayum Sender im Oktober (1879)  

Biebrich Israelit 29101879.jpg (95349 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1879: "Mainz, 20. Oktober (1879). Es ist ein trauriger Gang, von dem wir soeben zurückkehren. Die im weiten Kreisen rühmlichst bekannte Familie Sender in Biebrich-Mosbach hat wiederum einen schmerzlichen Verlust erlitten. Herr Hayum Sender war ein Jehudi, wie man sie zu allen Zeiten nur selten fand; um so schmerzlicher wird der Verlust in unserer Zeit empfunden. Von Kindheit an in unserer heiligen Gotteslehre. dem Gottesdienste und der Ausübung von Wohltaten. Namentlich war es die Einführung der Kinder in den Bund unseres Vaters Abraham, der er mit Aufopferung oblag. Da war ihm kein Weg zu weit und zu beschwerlich. Oftmals wanderte er, im Winter bei Schnee und Eis, in entlegene, einsame Gebirgsdörfer, wohin weder Eisenbahn noch Postverbindung führte, sodass es manchmal mit Lebensgefahr verbunden war. Oft musste er die Sabbate und die heiligsten Feiertage in solchen Dörfern verbringen, und da er es mit der Beobachtung der göttlichen Gesetze streng nahm, so hatte er vielfach nichts Anderes zu essen, als die Vorräte, die er selbst mitgebracht hatte. Bei wenig bemittelten Leuten unterstützte er Wöchnerin und Kind aus eigenen Mitteln oft sehr reichlich. Er ließ auch die Kinder, die er in Abrahams Bund eingeführt hatte, nicht aus den Augen, sorgte dafür, dass sie jüdischen Unterricht erhielten, schenkte ihnen die Bücher der heiligen Schrift und unterrichtete sie vielfach selbst darin. 
Biebrich Israelit 29101879a.jpg (183406 Byte) Er war ein Menschenfreund im edelsten Sinne des Wortes, liebevoll und gefällig gegen Juden, wohltätig gegen die Armen, geliebt und geachtet von Allen. Er war ein aufrichtiger, ernst meinender Jehudi und stets bereit, für das wahre, echte, unverfälschte und unverkürzte Judentum mit feuriger Energie einzutreten. Auch die Armen des heiligen Landes haben in ihm einen Freund und Wohltäter und fleißigen Gabensammler verloren. 
Trotz des strömenden Regens hatte sich zum Leichenbegängnis eine zahlreiche Menschenmenge eingefunden. Wir bemerkten unter den Anwesenden die Herr Rabbiner M. Weiskopf aus Paris, Rabbiner Dr. Carlebach aus Lübeck, Rabbinats-Assessor S. Bamberger aus Frankfurt am Main, Dr. med. Theodor Klein aus Paris, Benjamin Niederhofheim aus Frankfurt am Main, Jonas Bondi aus Mainz und viele, viele andere. 
Im Trauerhause sprach zuerst der Herausgeber dieser Blätter, anlehnend an den schönen Ausspruch unserer Weisen im Traktat Berachot: Da Rabbi Jochanan das Buch Hiob zu Ende gelesen hatte, sagte er: das Ende des Menschen ist zu sterben, und das des Tieres geschlachtet zu werden, und Alle gehen dem Tod entgegen. Heil Dem, der herangewachsen ist in der Tora und sich bemüht hat um die Tora, und Gott wohlgefällig gelebt hat; Heil Dem, der herangewachsen in einem guten Namen und von dieser Welt scheidet mit einem guten Namen, und so hat auch Salomo gesprochen in seiner Weisheit: Besser ist ein guter Name denn wohlriechend Öl.
Hierauf sprach Herr Rabbiner Weiskopf aus Paris, ein naher Verwandter des Heimgegangenen. Derselbe hob in ergreifender Weise die schmerzlichen Verluste hervor, welche die durch Tugend und Frömmigkeit ausgezeichnete Familie Sender nacheinander getroffen. Er verglich diese schweren Ereignisse mit den Prüfungen, die unser Vater Abraham zu bestehen gehabt, und wie dieser aus allen Prüfungen mit nur umso größerem Gottvertrauen hervorgegangen, so mögen auch die Mitglieder dieser Familie festhalten an ihrem Vater im Himmel. 
Die Leiche wurde auf dem neuen Friedhofe der orthodoxen israelitischen Gemeinde zu Wiesbaden bestattet. Am Friedhofe sprach Herr Rabbiner Dr. Kahn aus Wiesbaden in ergreifender Weise, ein treues Lebensbild des edlen Verblichenen entrollen, zugleich hervorhebend, wie sehr der Heimgegangene die Zwecke und Bestrebungen der orthodoxen israelitischen Gemeinde zu Wiesbaden gefördert habe.  
In der israelitischen Gemeinde zu Biebrich-Mosbach hat der Tod in den jüngst verflossenen Wochen eine große Lüche gerissen. Mögen die Männer und Jünglinge daselbst sich bemühen, diese Lücke auszufüllen, damit der genannten Gemeinde ihr allbewährter Ruhm der Frömmigkeit und Liebe zur Gotteslehre erhalten bleibe.
Das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen!"    

     
Zum Tod von Salomon Sender (1901)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1901: "Biebrich, 17. Dezember 1901). Hier verschied am heiligen Sabbat ein Zaddik Tomim, Herr Salomon Sender, im Alter von 51 Jahren. Der Entschlafene war von überaus schwächlicher Körperkonstitution - er war auf einer Seite gelähmt - besaß dagegen eine Kraft des Geistes und eine Seelenstärke, wie sie nur wenigen Männern von vollkommener physischer Kraft zu besitzen vergönnt ist. Salomon Sender war seit dem Tode seiner ihm in noch jungen Jahren vorausgegangenen Brüder - es lebt heute nur noch Einer von ihnen, der aber in Darmstadt wohnt, Herr Leopold Sender, der Chef und tatsächliche Leiter der angesehenen Getreidefirma Gebr. Sender, und trotz seiner körperlichen Beschwerden besuchte derselbe allwöchentlich die Nachbarstädte behufs Erledigung seiner Geschäfte. Seine Frömmigkeit, seine Gottesfurcht und seine Wohltätigkeit waren von hohem Grade und dieserhalb erfreute er sich in allen Kreisen der hiesigen Bevölkerung eines großen Ansehens.   
Am Grabe gaben die Verwandten des Heimgegangenen, die Herren Rabbiner Dr. Weiskopf - Paris und Rabbiner Dr. Kottek - Homburg, (ihrer Trauer) beredten Ausdruck. Dem Herrn Dr. Kahn, Rabbiner der altisraelitischen Kultusgemeinde in Wiesbaden und dem Herrn Lehrer Sulzberger - Biebrich, ebenso dem bei der Beerdigung anwesenden Distrikts-Rabbiner von Hanau, Herrn Dr. S. Bamberger, wurde von dem zuständigen Rabbiner, Herrn Dr. Silberstein - Wiesbaden, nicht gestattet, eine Leichenrede zu halten.   
Man kann nicht gerade behaupten, dass dieses Verbot ausschließlich aus Intoleranz gegen die Orthodoxie erfolgt ist, denn vor einiger Zeit untersagte der Herr Rabbiner sogar seinem eigenen Vorstande, dem hier in allen Kreisen sehr angesehenen Herrn Heimerdinger, am Grabe eines Logenbruders, in seiner Eigenschaft als Logenpräsident, einen Nachruf zu widmen. Dass dieses Vorgehen des Herrn 'Protest-Rabbiners' sehr zur Steigerung seiner Beliebtheit beiträgt, wird niemand zu behaupten wagen und die von ihm sehnlichst nicht herbeigewünschte Pensionierung wohl nicht mehr lange aufhalten."        

  
Zum 40. Jahrestages des Todes von Moritz Sender (1929)  

Biebrich Israelit 19091929.jpg (199624 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1929: "Biebrich am Rhein, 17. September. Am 1. Rosch Chodesch Elul verschied unerwartet rasch der im 76. Lebensjahre stehende Moritz Sender von hier. Die Kunde von dem schnellen Hinscheiden erfüllte die Stadt und besonders unsere Gemeinde mit tiefem Schmerz und herber Trauer. Ist doch mit dem Dahingeschiedenen – seligen Andenkens – der Eckpfeiler – auf den die ganze Gemeinde stolz war und sich stützen konnte – zu frühe aus unserer Mitte gerissen worden und wehmutsvoll entrinnen (?) die Worte sich unseren Lippen. 'Weh uns, dass gefallen die Krone unseres Hauptes'. Dem weithin bekannten Hause Sender entstammend, das echte und unverfälschte Jüdischkeit allezeit hegte und pflegte, förderte und verteidigte, hatte der Vater Salomon Sender – seligen Andenkens – dafür Sorge getragen, dass der Verstorbene gemäß den Segnungen der Tora erzogen wurde und gab ihn in die damals aufblühende Lehmann'sche Schule nach Mainz, von wo aus er nach Paris in ein Bankhaus kam und neben seiner kaufmännischen Ausbildung im der Talmudschule (Beit Midrasch) des allverehrten Rabbiners Weiskopf – sein Licht leuchte – dem Lernen der Tora oblag. Als der Vater ihm frühzeitig entrissen ward, kehrte er hierher zurück, gründete ein Geschäft, das auf ausgezeichneter Reelität fußte und vertrat so den vielen noch unversorgten Geschwistern gegenüber die Vaterstelle, gründete alsdann mit einer ihm gleich gesinnten Gattin seinen eigenen Hausstand, in dem Tora und Mizwot (Gebote)allezeit herrschte und den Kindern eingepflanzt wurde. Als langjähriger Vorstand unserer Gemeinde war er stets bemüht, die Institutionen innerhalb derselben in gesetzestreuer Weise zu hegen und zu erhalten, versah Jahrzehnte das Amt eines Chasan (Vorbeters) und Baal Tokea (Schofarbläsers) an den ehrfurchtgebietenden Tagen mit großer Andacht und seltener Hingabe und war so einer, der für alle Gemeindebelange sich in Treue und Liebe hingewendet. So kurz auch die Zeit zwischen dem Verscheiden und der Beerdigung war, so folgte doch eine große Trauerschar aus allen Kreisen ohne Unterschied der Konfessionen von hier und nächster Umgebung der Bahre – ein Zeichen der Beliebtheit des Verstorbenen. Die letztwillige Verfügung des Dahingegangenen, dass weder am Grabe noch im Hause eine Trauerrede gehalten werden dürfte, konnte und musste schon des Monatsanfangs und des nahenden Schabbos wegen erfüllt werden. Die still klagende und tief bewegte Trauergemeinde, die vom frisch ausgeworfenen Grabeshügel sich trennte, sagte mehr, wie Worte es vermögen, wer der Dahingegangene war. Möge sein Verdienst der trauernden Gattin und den Kindern, sowie besonders auch unserer Gemeinde beistehen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

   
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen    
Anzeige des Manufakturwaren-Geschäftes S. Ackermann (1891) 
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1891: "Verkäufer. Für mein Manufakturwaren-Geschäft und kleinere Touren suche einen durchaus tüchtigen, zuverlässigen, jungen Mann. Solche, die in der Gegend bekannt, erhalten den Vorzug. Samstags und Feiertage geschlossen. S. Ackermann, Biebrich am Rhein."    

   
Anzeige von M. Katz für seinen Sohn (1901)  

Biebrich Israelit 18071901.jpg (45150 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1901: "Suche für meinen Sohn, 14 Jahre alten kräftigen und arbeitswilligen Jungen, passende Stelle als Lehrling in einem frequenten Manufaktur- und gemischten Warengeschäft. Familienanschluss erwünscht. 
M. Katz, Biebrich – Mosbach am Rhein."

    
Anzeige von Siegmund Max (1902)  

Biebrich Israelit 11081902.jpg (23181 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. August 1902: "Ein junger Metzgerbursche gesucht.  
Siegmund Marx,
Biebrich am Rhein".  

     
Anzeigen der Viehhandlung und Metzgerei Isaac Kahn (1903 / 1904)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1903:
 "Zum sofortigen Eintritt suche für mein Viehgeschäft und Metzgerei einen 
Gehülfen.
Isaac Kahn, Biebrich am Rhein
."    
 
Biebrich Israelit 03091903.jpg (24102 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1903: 
"Zum sofortigen Eintritt suche einen ehrlichen, braven Gehülfen  
für meine Metzgerei und Viehhandel. 
Isaac Kahn
, Biebrich am Rhein."   
 
Biebrich Israelit 11021904.gif (84041 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1904: 
"Zum sofortigen Eintritt suche ich einen starken Gehilfen
der selbständig schlachten kann und im Viehhandel behilflich ist. 
Isaac Kahn, Viehhandlung und Metzgerei, Biebrich am Rhein."    

   
Anzeige des Metzgermeisters Moritz Marx (1904)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1904: 
"Suche sofort einen tüchtigen, jüngeren Metzgergesellen
Moritz Marx.
Biebrich am Rhein".   

     
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes S. Ackermann (1904)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1904: 
"Gewandte, tüchtige 
Verkäuferin
gesucht. 
S. Ackermann, Manufakturwaren, Biebrich am Rhein".      

 
Anzeige der Frau von Julius Kehrmann (1906)       

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 21. Dezember 1906: 
"Suche per 1. Januar Mädchen, welches gut bürgerlich kochen kann. 
Frau Julius Kehrmann, Biebrich am Rhein."          

   
Heiratsanzeige von Joseph B. Sender und Valerie geb. Bollag (1921)  

Biebrich Israelit 23061921.jpg (34816 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1921: 
"Joseph B. Sender – Valerie Sender geb. Bollag. 
Vermählte. Biebrich am Rhein – Basel. 
Trauung: Montag, 27. Juni 1927 mittags 1 Uhr  'Frankfurt-Loge', Frankfurt am Main."
 

   
Verlobungs- und Hochzeitsanzeigen für Rosel Schächter und Bernhard Sulzbacher (1930)  

Biebrich Israelit 30011930.jpg (31707 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1930: "Statt Karten. Gott sei gepriesen.  
Rosel Schächter – Bernhard Sulzbacher. Verlobte. 
Fürth in Bayern Mathildenstraße 16 – Fürth in Bayern / Wiesbaden-Biebrich
Empfang in Biebrich: Samstag, 8. und Sonntag, 9. Februar."
  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1930: 
"Bernhard Sulzbacher - Rosel Sulzbacher geb. Schächter. Vermählte. 
Wiesbaden - Biebrich am Rhein - Fürth in Bayern
Trauung: Sonntag, 6. Juli - 10. Tamus  1 1/2 Uhr - Park-Hotel, Fürth in Bayern.  
Telegrammablösung für Keren Hatora erbeten".    

        
Verlobungsanzeige von Ilse Oppenheim und Benusch Levin (1936)      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1936: 
"Statt Karten - Gott sei gepriesen. 
Ilse Oppenheim - Benusch Levin.
Verlobte. 
Wiesbaden / Biebrich   -   Arosa / Schweiz - Hotel Metropol. September 1936".       

       

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte der in Biebrich-Mosbach geborenen Agathe Flora Götzel geb. Löwenherz    Biebrich-Mosbach KK MZ Goetzel Agathe.jpg (97958 Byte)   
  Kennkarte (ausgestellt in Köln 1939) für Agathe Flora Götzel geb. Löwenherz, 
Witwe von Oskar Götzel (geb. 5. Dezember 1869 in Biebrich-Mosbach,   
 

      
 
     
      
Zur Geschichte der Synagoge     
   
Zunächst war ein Anfang des 19. Jahrhunderts zu eng gewordener Betsaal vorhanden, den die jüdische Gemeinde gemietet hatte. 1829/30 wurde eine Synagoge erbaut und eingeweiht. Diese ist vermutlich um 1865 erweitert worden, da bis 1864 der Gottesdienst zeitweilig im Gasthof zum Wandersmann stattgefunden hat. Nach der Darstellung bei Arnsberg s. Lit. S. 71 wurde allerdings um 1865 eine neue Synagoge gebaut. Ein Landwirt namens Bernhard Reitz habe als Dank für die Errettung vom "Englischen Fieber" seinem jüdischen Arzt einen Acker mit Scheune genannt. Diese Scheune sei zur Synagoge ausgebaut worden. Bei der Einweihung habe Dr. Seligmann Baer amtiert. Mit der Darstellung bei Arnsberg lässt sich jedoch schwer die Hundertjahrfeier der Synagoge im Januar 1930 in Einklang bringen, sodass zu vermuten ist, dass es sich um 1865 um eine Renovierung beziehungsweise Vergrößerung der bestehenden Synagoge gehandelt hat. Über die Hundertjahrfeier der Synagoge am 4. Januar 1930 liegt folgender Bericht vor: 

Biebrich JuedlibZtg 15011930s.jpg (131465 Byte)Artikel in der Jüdisch-liberalen Zeitung vom 15. Januar 1930: "Biebrich am Rhein. (Hundertjahrfeier der Synagoge). Hier fand unter Beteiligung aller Gemeindemitglieder und zahlreicher Gäste aus den benachbarten Gemeinden Wiesbaden, Bierstadt, Schierstein, Flörsheim und Höchst am Main die Feier des 100jährigen Bestehens der Synagoge statt. Am Samstag, den 4. Januar 1930 wurde ein feierlicher Festgottesdienst abgehalten, bei dem Herr Bezirksrabbiner Dr. Lazarus - Wiesbaden die formvollendete Festrede hielt. Am Tage darauf fand der offizielle Festakt unter Teilnahme der staatlichen, weltlichen und geistlichen Behörden statt. Bei dieser Feier, die mit der Enthüllung einer Gedenktafel für die im Weltkrieg gefallenen Mitglieder der Biebricher Gemeinde verbunden war, hielt Herr Dr. Lazarus die offizielle Festrede. Nach ihm sprachen die Vertreter der verschiedenen Behörden und Organisationen, Herr Lehrer Lilienthal für die Ortsgruppe Wiesbaden der Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, Herr Rabbiner Dr. Ansbacher für die alt-israelitische Kultusgemeinde, die Geistlichen der beiden Konfessionen, die Vertreter der Stadt und Herr Lehrer Katzenstein für die Nachbargemeinden. Für die Gemeinde Biebrich selbst sprach in längeren Ausführungen Herr Lehrer Sulzbacher, der auch einen geschichtlichen Überblick gab und dankbar der heimgegangenen Führer der Gemeinde gedachte, vor allem der in letzter Zeit verstorbenen Kultusvorsteher Moritz Sender und Isaak Kahn und des Lehrers Dr. S. Baer, dessen überaus bedeutende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete der Massora und Bibelexegese in der ganzen wissenschaftlichen Welt anerkannt worden sind. - Am Abend beschloss ein Ball die Feierlichkeit."

Aus der Zeit der Geschichte der Synagoge liegt noch ein Bericht über die Spende eines Toramantels durch die Nachkommen des Hayum Sender vor (1883):  
    
Spende eines Toramantels für die Synagoge durch die Kinder von Herrn Sender (1883)   

Biebrich Jeschurun Aug 1883 S505.gif (40775 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Jeschurun" vom August 1883 S. 505: "Biebrich, 25. Juli (1883). Die Kinder des bereits vor längerer Zeit verstorbenen Herrn Sender spendeten der hiesigen Synagoge zum Andenken an ihre Eltern einen herrlichen Thoramantel, ein wahres Meisterwerk der Stickkunst aus dem Atelier der auf dem Gebiete der Goldstickerei berühmten Breslauer Firma Isidor und Rosalie Reiter."     

Die Synagoge in Biebrich blieb Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort bis 1938. Zu ersten antisemitischen Aktionen kam es 1931, als die Synagogentür mit Hakenkreuzen beschmiert wurde. Der Täter konnte gefasst werden und erhielt eine Gefängnisstrafe von einem Monat:

Biebrich Israelit 11061931.jpg (31549 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juni 1931: "Frankfurt am Main. Das Schöffengericht in Biebrich bei Wiesbaden verurteilte einen Arbeiter zu einem Monat Gefängnis, weil er die Synagogentür mit Hakenkreuzen in Ölfarbe bemalt hatte. Wegen ähnlicher Vergehen waren kürzlich schon einmal drei Arbeiter verurteilt worden". 

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge die Synagoge geschändet, ihre Inneneinrichtung zerstört. In wieweit es zu einer Brandstiftung kam und das Gebäude aus- oder abbrannte, ist unklar. Nach Angaben eines Nachbarn kam es zu keiner Niederbrennung des Gebäudes (siehe den Artikel unten vom 5. April 1979). Das Synagogengebäude wurde im Krieg durch eine Luftmine beziehungsweise Bomben zerstört. Die Ruine wurde abgebrochen. 

Nach 1945 wurde das Grundstück mit einem Wohn- und Geschäftshaus neu bebaut. 

Anfang 1979 wurde im Rathaus der Gemeinde (Ortsverwaltung) eine Gedenktafel zur Erinnerung an die jüdische Geschichte und die Synagoge Biebrichs angebracht, nachdem eine solche Anbringung an dem Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge nicht möglich war. Die Gedenktafel trägt die Inschrift: "Zum Gedenken an die Jüdische Gemeinde Biebrich, die sich nach 1800 gebildet hatte. 1865 erbaute sie sich in der Rathausstraße 37 eine eigene Synagoge, die am 9. November 1938 zerstört wurde. Die 130 Mitglieder der Gemeinde wurden aus ihrer Heimat vertrieben oder starben in Konzentrationslagern". 
Aus diesem Anlass erschien folgender Artikel zur jüdischen Geschichte Biebrichs:

Biebrich Synagoge A05.jpg (156827 Byte)Artikel im Wiesbadener Kurier vom 2. März 1979: "Nicht einmal im Bild erhalten: Synagoge der Biebricher Juden. In der Reichskristallnacht zerstört / Gedenktafel im Rathaus. W.-Biebrich. Im nächsten Jahr hätte das 150jährige Bestehen der Biebricher Synagoge gefeiert werden können. Wenn vor kurzem nicht eine Gedenktafel im Rathaus des Stadtbezirks angebracht worden wäre, gäbe es keinen äußeren Hinweis mehr auf das 1938 in der Reichskristallnacht zerstörte Gebäude. Die jüdische Gemeinde selbst hat einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung Biebrichs genommen und bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht. 
Einige von ihnen sind auf dem jüdischen Friedhof des größten Außenbezirks Wiesbadens begraben. Die Ruhestätte der Toten hat im Gegensatz zu vielen Mitgliedern der Gemeinde das Dritte Reich überstanden. Der dort beigesetzte Astrophysiker Erwin Freundlich* war nach dem Krieg in seine Heimat zurückgekehrt und hatte in Mainz als Professor gelehrt. 
Aus der jüdischen Gemeinde Biebrichs ragte vor der Vertreibung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten noch die Reichstagsabgeordnete Tony Sender heraus, die zuerst der SPD und später der USPD angehörte. Sie wirkte nach 1945 für die Unesco. Sehr populär war der Religionsforscher Seligmann Baer, der sogar zum Ehrenbürger ernannt wurde und den Doktortitel ehrenhalber erhielt. Er gab an der Schule in Biebrich Religionsunterricht. 
Vor dem Dritten Reich zählte die jüdische Gemeinde in Biebrich 150 Mitglieder. Ihnen stand in einem parkähnlichen Grundstück an der Rathausstraße 37 eine Synagoge zu Verfügung, die 1865 erbaut worden war. Das erste Gotteshaus der Juden in Biebrich war 1830 errichtet worden, doch ist unbekannt, wo es stand. Auch von dem zweiten Gebäude existiert, soweit bekannt ist, keine Ansicht mehr. 
Der Heimatforscher Rolf Faber hat die Geschichte der jüdischen Gemeinde Biebrichs, soweit sie erreichbar und zugängig ist, zusammengetragen. Daraus ergibt sich, dass drei Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialsten noch eine große Feier zum 100jährigen Bestehen der Synagoge stattfand. Daran nahm die Bevölkerung trotz der antisemitischen Propaganda großen Anteil. Im Sommer 1930 wurden allerdings schon die ersten Hakenkreuze auf die Synagoge in der Rathausstraße geschmiert, die Täter allerdings noch bestraft.
1938, in der Reichskristallnacht, wurde auch die Biebricher Synagoge angezündet und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Den Rest des Gebäudes zerstörten Kriegsbomben. Nunmehr kündet eine Gedenktafel im Aufgang des Biebricher Rathauses vom Schicksal der jüdischen Gemeinde und ihres Gotteshauses. Wie es heißt, konnte sie nicht an dem Neubau angerbacht werden, der auf dem Grundstück der früheren Synagoge stand. Der Verschönerungs- und Verkehrsverein Biebrich hat damit acht Tafeln angebracht, die auf bedeutende Gebäude hinweisen. Leider konnte diese Aktion nicht mit solche der Stadt und des Landes koordiniert werden, obwohl dies Geld erspart und in jedem Falle fundierte Inschriften erbracht hätte."  eg

* (Anmerkung des Webmasters): Erwin Freundlich kann nicht zu den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde ein Biebrich gezählt werden: nur seine Großmutter väterlicherseits war jüdisch. Dadurch fiel er allerdings unter § 3 des nationalsozialistischen Berufsbeamtengesetzes. 
Vgl. Wikipedia-Artikel zu Erwin Freundlich

Wenige Tage nach diesem Artikel erschien als ergänzende Information die Auskunft eines Nachbarn, nachdem die Synagoge offenbar nicht "bis auf die Grundmauern niedergebrannt" war: 

Biebrich Synagoge A04.jpg (85283 Byte)Artikel im "Wiesbadener Kurier" vom 5. April 1979: "Aufklärung zur Synagoge. 
Wiesbaden-Biebrich
. Bislang war verbreitete Meinung, die Synagoge in Biebrich sei bei der 'Kristallnacht' durch Feuer zerstört worden. Ohnehin gibt es wenig Überliefertes vom ehemaligen Gotteshaus der jüdischen Gemeinde, das auf einem rückwärtigen Grundstück an der Rathausstraße stand. Inzwischen meldete sich ein Nachbar des früheren Gebäudes beim KURIER und berichtete, er habe im November 1938 verhindert, dass die Synagoge angezündet wurde. Zwar sei dies von Nationalsozialisten geplant gewesen, doch habe vor allem der Hinweis auf die Gefährdung der umstehenden Häuser und einer Werkstatt der Brandstiftung entgegengewirkt. Dafür sei die Inneneinrichtung demoliert worden. Später hätten Bomben das verlassene Gotteshaus zerstört, das noch vor Kriegsende abgerissen worden sei."
 
Hinweis: auch nach dem Zeitzeugenbericht von Margot Hammerschlag geb. Marx (geb. 1921 in Biebrich, Juli 1939 nach England emigriert) brannte die Synagoge aus, das Gebäude blieb jedoch stehen: The synagogue "was not burned down to the ground but it was all black, a total mess. I could not go inside, and there was nobody from town around to talk to about it. I just walked down to look at it and it was all black". Zum Bericht von Margot Hammerschlag geb. Marx (pdf-Datei; zugesandt im März 2011 von ihrem Neffen Rafi Siano, Haifa, Israel).    

1998 konnte die bis dahin am Rathaus befindliche Gedenktafel für die Synagoge an dem Wohn- und Geschäftshaus auf dem ehemaligen Synagogengrundstück in der Rathausstraße 37 angebracht werden. Der Text der Tafel lautet: "Zum Gedenken an die jüdische Gemeinde Biebrich, die sich nach 1800 gebildet hatte. 1865 erbaute sie sich in der Rathausstraße 37 eine eigene Synagoge, die am 9. November 1938 zerstört wurde. Die 130 Mitglieder der Gemeinde wurden aus ihrer Heimat vertrieben oder starben in Konzentrationslagern." Am Holocaust-Gedenktag 2010 (27. Januar 2010) wurde eine Gedenkstele des Künstlers Karl-Martin Hartmann am Synagogengrundstück aufgestellt (siehe Bericht unten; Link: Website von Karl-Martin Hartmann). 
http://www.sehenswertes-biebrich.de/touren/tour4/stele_der_toleranz/stele_der_toleranz.html     
      
      
Adresse/Standort der SynagogeRathausstraße 37.  
     
     
Fotos
(neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 10.8.2008)  

Historische Fotos der ehemaligen Synagoge sind nicht vorhanden; über Hinweis oder Zusendungen 
freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite.
 
      
Biebrich Synagoge 170.jpg (73528 Byte) Biebrich Synagoge 173.jpg (73476 Byte) Biebrich Synagoge 171.jpg (83363 Byte)
Das auf dem Synagogengrundstück heute
 stehende Wohn- und Geschäftshaus
Im Eingangsbereich ist die 
Gedenktafel angebracht
Die Gedenktafel
   

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
Führung auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Biebrich im September 2008 

September 2008: Führung auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Biebrich im September 2008   
Artikel von Christine Dressler im Wiesbadener Tagblatt vom 15. September 2008 (Artikel):   Detaillierte Informationen - Dorothee Lottmann-Kaeseler zeigt Spuren jüdischen Lebens in Biebrich 
Auf den Spuren jüdischen Lebens führte Dorothee Lottmann-Kaeseler vier Damen und drei Herren durch Biebrich. Die Gruppe war erschüttert, wie schnell unter den Nazis die Stimmung gegen die Jahrhunderte lang integrierten Juden umschlug. "Man sieht nichts mehr davon, aber hier war früher die Synagoge", erklärte Dorothee Lottmann-Kaeseler den Treffpunkt Rathausstraße 37. Trotz strömenden Regens machte sich die Gruppe auf zu einer Drei-Stunden-Führung, mit der die neue Rundgangsreihe des evangelischen Dekanats begann. Das Spektrum der Gruppe reichte vom Neubiebricher, den das Thema interessierte, "weil ich die Tafel hier an der Synagoge gesehen habe und sonst nichts von jüdischem Leben in Biebrich weiß", bis zu Lottmann-Kaeseler-Fans. Die Juristin gründete 1988 das Aktive Museum Spiegelgasse mit, saß dem Verein bis 2006 vor und erforscht seit 20 Jahren die jüdische Geschichte in und um Wiesbaden. Detailliert waren ihre Informationen auf dem Weg. Er führte von der 1865 erbauten und am 9. November 1938 zerstörten Synagoge ums Eck in die Stettiner Straße 6 zum Geburtshaus von der "in den 30er Jahren rechtzeitig" nach Amerika geflohenen SPD-Politikerin Toni Sender", die 1964 in New York starb. Am 29. November 1888 geboren, wurde sie Sidonie getauft, "aber bald Toni gerufen". Als Reichstagsabgeordnete von 1920 bis 1933 war sie "sehr gefährdet", sagte Lottmann-Kaeseler. Weiter ging es zu Seligmann Baers Geburtshaus in die Straße Am Schlosspark. Mit dem 1825 geborenen Gelehrten endete der auch wegen Zahlungsnot der Gemeinde fast jährliche Wechsel der Lehrer in der Synagoge. Die Juristin nannte Namen, Bildung und Herkunft aller bis zurück ins Jahr 1820. "Sehr bildungsorientiert" übernahm Baer das Amt 1856 bis zu seinem Tod 1897 und übersetzte die hebräischen Texte auch ins Deutsche. Ihm folgte Simon Sulzbacher. "Er blieb bis in die 30er Jahre". Mit vielen Textbelegen berichtete Lottmann-Kaeseler auf dem Rundgang, dass "eine relativ große Zahl Juden wahrscheinlich schon seit der Römerzeit" am Rhein und in Biebrich lebte. Ausführlich schilderte sie die 100-Jahr-Feier der Synagoge mit Rabbinern, Polizeipräsident, Repräsentanten des Magistrats und der christlichen Kirche im Jahr 1930. Das beweise außer einer Vorgängersynagoge, wie angesehen die jüdische Gemeinde war. Die Gruppe erschütterte, "was nur acht Jahr später daraus wurde": Alle 130 Gemeindemitglieder wurden vertrieben oder in KZs ermordet.
 
Januar 2010: Einweihung einer Gedenkstele für die ehemalige Synagoge    
Artikel von Michael Grabenströer in der "Frankfurter Rundschau" (fr-onlne.de) vom 29. Januar 2010 (Artikel): 
"Stele in Biebrich - Platzhalter für verschwundene Synagoge. 
Die Stele steht am Rande des Bürgersteigs, zur Rathausstraße in Biebrich hin, direkt vor dem Gebäude des türkischen Jugend- und Kulturbundes. Hoch aufragend, sechs Meter. Sie sieht auf den ersten Blick aus wie der Träger einer Werbemaßnahme, an der nur noch die Leuchttafeln fehlen. Sie soll mit ihren roten Glaselementen und mehrsprachigen Inschriften Aufmerksamkeit schaffen und Fragen aufwerfen. Die Stele, die aus dem Gehweg wächst, steht schließlich an einem besonderen Ort der Erinnerung. Sie wurde dort errichtet, wo einst die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Biebrich stand. Die Stele behindert keinen beim Vorbeilaufen, will kein Anstoß sein, sondern Anstoß geben..."    
 
Oktober 2010: Peinliche Erkenntnisse - rechtsextreme Gruppe auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge    
Artikel von Wolfgang Degen im "Wiesbadener Kurier" vom 28. Oktober 2010 (Artikel): 
"Graue Wölfe auf Gelände der früheren Synagoge - peinliches Problem für Wiesbaden
BIEBRICH. Das Mahnmal für Toleranz und wider menschenverachtende Ideologien steht unübersehbar, sechs Meter hoch ragend, am authentischen Ort in der Rathaussstraße 37 in Biebrich. Hier stand die von den Nationalsozialisten zerstörte Synagoge der jüdischen Gemeinde Biebrich. Bei der feierlichen Enthüllung im Januar 2010 wird mit Vehemenz falsch verstandener Toleranz gegenüber verstecktem und offenem Antisemitismus eine klare Absage erteilt. Die Stele, so versteht es der Künstler Karl-Martin Hartmann, soll Anstoß geben. Fragen aufwerfen..."    
  

    


Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Wiesbaden 
bulletSeite über den jüdischen Friedhof in Biebrich (interner Link) 
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Biebrich   
bulletInformationen über die "Stele der Toleranz": http://www.sehenswertes-biebrich.de/touren/tour4/stele_der_toleranz/stele_der_toleranz.html     

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 70-73.
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 23.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 348-349.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 395-397. 
bulletRolf Faber: Seligmann Baer (1825-1897). Neue Erkenntnisse zu Leben und Werk des jüdischen Gelehrten aus Wiesbaden-Biebrich. In: Nassauische Annalen. Bd. 112. Wiesbaden 2001.  
bulletKerstin Zehmer: Traditionell, patriotisch und engagiert - Jüdische Gemeinde- und Familiengeschichten in Wiesbaden-Biebrich. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung während der Dialogtage 2009 im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Hrsg. Aktives Museum Spiegelgasse Wiesbaden 2009. 

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Biebrich am Rhein  Hesse-Nassau. Jews lived there and in nearby Mosbach from the 17th century. Their united community opened a new synagogue in Biebrich (1830), which soon gave way to a larger edifice (1865). Though affiliated with Wiesbaden's (Liberal) rabbinate, the community - numbering 147 (1 % of the total) in 1895 and 112 in 1925 - remained Orthodox. Dr. Seligmann Baer (1825-1897), its erudite, locally born teacher and hazzan, published Seder Avodat Yisra'el (1868), which became German Jewry's standard traditional prayer book. During Kristallnacht (9-10 November 1938), SS men burned down the synagogue; other Nazis looted Jewish homes and stores. Jews who remained were eventually deported. 
     
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020