Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
Zurück zur Seite über die
Jüdische Geschichte/Synagoge in Sulzburg
Sulzburg
(Kreis Breisgau-Hochschwarzwald)
Einzelne Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Sulzburg wurden in jüdischen Periodika
gefunden. Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Übersicht:
Aus der
Geschichte des Rabbinates
Beitrag von Bezirksrabbiner Emanuel Dreyfuß "Über die Amtstracht des
Rabbinen" (1846)
Hinweis: Genealogische Informationen bei
geni.com: zu Rabbiner Emanuel Dreyfus (geb. 1805 in
Rixheim, gest. 1886 in Sulzburg)
https://www.geni.com/people/Rabbi-Emanuel-Dreyfuss/6000000031581231064
von dort Links zu den verwandten Familienmitgliedern.
Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter"
vom 1. September 1846: "Über die Amtstracht des Rabbinen nach
Anleitung von Schass (Talmud), Midraschim (Auslegungen) und Posekim
(= halachische Autoritäten). Archäologische Skizze von Bezirksrabbiner
Dreyfuß zu Sulzburg.
Eine Amtstracht im Allgemeinen hat einen doppelten Zweck; ist ist ein
äußeres Merkmal, ein Erinnerungsmittel: Erstens nach außen, damit man
die Rücksichten, die man einem Geistlichen vermöge seines Standes
schuldig, nicht außer Augen lassen, zweitens nach Innen, für den Beamten
selbst, dass er sich fortwährend erinnere, welches Amt er bekleide, und
wie nach Stand und Würde er sich zu betragen. Beide Rücksichten finden
ihre Anwendung auch auf den Rabbinen, und insofern wird auch für diesen
eine Amtstracht zweckmäßig sein.
Es sind daher auch, je nach Neigung, Geschmack und Mittel des Einzelnen,
verschiedene Amtstrachten bereits bei den Rabbinen eingeführt; eine jede
von diesen Trachten ist auszeichnend, und entspricht also den
vorgeschriebenen allgemeinen Zwecken. Aber es frägt sich, welche
Amtstracht nach den angestammten Begriffen für den Rabbinen die
geeignetste sei?
Der Abschnitt wird nicht weiter abgeschrieben, da er keinen direkten
Bezug zur jüdischen Geschichte Sulzburgs enthält. Zum Lesen bitte die
Textabbildungen anklicken. |
|
Publikationen
von Rabbiner Emanuel Dreyfuß (1860 / 1879)
Aus der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 7. November 1860: Vorstellung der "Sammlung
religiöser Vorschriften aus schriftlicher und mündlicher Lehre",
gesammelt von Rabbiner Emanuel Dreifuß zu Sulzburg in Baden.
Mühlhausen 5618 (1860) |
|
|
Die
Trauerfeier für Bezirksrabbiner Emanuel Dreyfuß ("Reb Mendel") am 18.
November 1886
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1886: "Sulzburg
(18. November 1886). Dienstag den 16. dieses Monats verschied nach fast
siebenwöchentlichem Krankenlager der auch weit über unser badisches
Vaterland hinaus rühmlichst bekannte Herr Bezirksrabbiner E. Dreyfuß im
82. Lebensjahre. Das heute stattgehabte Leichenbegängnis legte den Beweis
ab in welch hohem Ansehen dieser teure Verblichene stand, sowohl bei den
Israeliten als Nichtisraeliten; und gestaltete sich die Leichenfeier zu
einer wahrhaft imposanten. Von auswärtigen Rabbinen waren erschienen die
Herren Bamberger, Niederhagental, Wormser,
Tann,
Mock, Mühlhausen, J.
Cohn, Basel, Dr. Lewin – im
Auftrage des Oberrates – Freiburg,
Dr. Rawitsch, Schmieheim. Außerdem kamen Deputationen von
Karlsruhe, Freiburg,
Müllheim, Lörrach,
Kirchen, Eichstetten und von
vielen anderen Orten.
Um 1 Uhr Nachmittags wurde die Leiche in die zu diesem Zwecke
feierlichst erleuchtete und dekorierte Synagoge getragen.
Hier sprach zuerst Herr Rabbiner Bamberger in meisterhaft wohldurchdachter
Rede, anknüpfend an den dieswöchentlichen Toraabschnitt
Chaje
Sara ('und es war die
Lebenszeit Sara's...' 1. Mose 23,1) wies er nach, dass die Sara die wir hier beklagen und beweinen, die Sara der Tora sei in Bezug auf die großen Eigenschaften und
Leistungen des Verblichenen.
Sodann sprach Herr Rabbiner Wormser aus Tann, Herr Dr. Lewin aus
Freiburg
namens des Oberrates der Israeliten und seiner Gemeinde über den großen
Verlust, den nicht nur die Familie, die Rabbinatsangehörigen, sondern
ganz Israel erlitten. Ferner sprach Herr Lehrer Bruchsaler von hier namens
der Lehrer des Bezirkes und der hiesigen Gemeinde.
Nachdem einige Psalmen rezitiert wurden, bewegte sich der Zug zum
Friedhofe, wo die Herren Rabbiner Dr. Rawitsch und Dr. Cohn in beredten
Worten die großen Verdienste des Verblichenen schilderten, die Gemeinde
aufforderten, im Sinne dieses großen Lehrers und Meisters, der 52 Jahre
im hiesigen Bezirke wirkte, nachzuahmen und den ausgestreuten Samen
fortzupflanzen.
Trotzdem der Verblichene sich jeden Hesped
(Gedächtnisrede im Blick auf den Verstorbenen)
verbeten, ließen sich die Herren Rabbiner nicht nehmen,
zur Ehre des Verschiedenen und um der Wahrheit die Ehre zu
geben und, wenn auch nur in bescheidener Weise, die große
Verdienste dieses gerechten Verschiedenen zu schildern. So schloss
diese erhebende Feier; möge baldigst in Erfüllung gehen: Er macht
verschwinden den Tod für immer (Jesaja 25,8)". |
Überlegungen
eines Gemeindegliedes nach dem Tod von "Reb Mendel" (1886)
Artikel
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1886:
"Sulzburg (Baden). Die Trauer in der Gemeinde um den Verlust
unseres verewigten Rabbiners, Rabbi Mendel Dreyfuß – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen – ist um so größer als man
vielfach fürchtet, der Rabbinatssitz werde nicht wieder besetzt, sondern
der Sulzburger Bezirk an das Freiburger Rabbinat angeschlossen werden. Die
allgemeine Stimmung
ist nun entschieden gegen einen solchen Anschluss und mit vollem Recht.
Wir brauchen einen Rabbiner ganz und können uns nicht damit zufrieden
geben, wenn ein Rabbiner, dem schon die Verwaltung eines Bezirks
anvertraut ist, ein- oder zweimal im Jahre zu uns kommt, und kaum dass er
einen Einblick in unser Verhältnis getan, uns wieder verlässt. Wir haben
aber auch einen Rabbiner sehr notwendig. Den verhältnismäßig günstigen
Stand unserer Religiosität verdanken wir nur der Tatkraft unseres
bisherigen Rabbiners und der großen Ehrfurcht, die er Allen einflößte.
Das Fehlen des Rabbiners würde sich nur allzu bald fühlbar machen und
was Reb Mendel mit so vieler Mühe erhalten, würde schneller zerstört
sein als man glaubt. Gerade bei uns, wo in den meisten Familien noch die
Frömmigkeit hochgehalten wird, könnte ein frommer und tüchtiger
Rabbiner sehr viel Gutes wirken; durch Belehrung der Erwachsenen, durch Überwachung
der Schulen, in denen ‚unsere Zukunft’ heranwächst, könnte er Vieles
und Treffliches leisten; am meisten würde aber sein Vorbild wirken. Ja,
ich kann es wohl sagen, schon das Bewusstsein, dass ein frommer Rabbiner
unter uns weilt, würde zur Hebung der Religiosität außerordentlich viel
beitragen. Ein zweiter Haupt-Nachteil beim Anschluss der Landgemeinden an
die Israeliten der Stadt besteht darin, dass die letzteren meistes
unfromm, die ersteren meistens noch fromm sind. Und das trifft auch in
diesem Falle zu. Die Freiburger Gemeinde ist streng - unfromm. Eine Orgel
spielt dort am Sabbat und Feiertage: gesinnungstüchtigen,
prinzipientreuen Rabbinern war also die Bewerbung unmöglich gemacht. Nun,
wie es ein altes Sprichwort ist, dass wie die Gemeinde, so der Rabbiner,
so hat auch die Freiburger Gemeinde einen Rabbiner bekommen, der seiner
‚Richtung’ nach vollkommen für sie geeignet ist. Und wir sind
tolerant genug, den Freiburgern ihren Rabbiner zu gönnen; nur eines wünschen
wir, dass er uns nicht aufgedrängt werde. Er passt der ganzen Stellung
nach, die er zu unsern Religionsgesetzen nimmt, durchaus nicht für uns.
Es wäre doch ein zu großer Abstand und ein zu krasser Gegensatz, wenn
wir nach unserem seligen Reb Mendel – das Gedenken an den Gerechten ist
zum Segen – den Freiburger Rabbiner als ‚religiösen Führer’
erhielten, der vielleicht auch uns wie die Freiburger mit seinen letzten
Heldentaten, Abschaffung respektive Kürzung der Gebete an den heiligen
Feiertagen, und dafür Einführung von Pausen am Jom Kippur beglücken würde.
Schreiber dieser Zeilen ist zwar nur ein einfacher Mann, aber als er die
sichtliche Ergriffenheit bei dem Begräbnis unseres verstorbenen Rabbiners
wahrnahm, so konnte er sich des Gedankens nicht entschlagen, wenn diese
Trauer wirklich eine aufrichtige ist, so sollte sie sich darin am ehesten
kundgeben, dass die Gemeinden von Sulzburg, Müllheim, Lörrach, Kirchen
usw. sich zusammentun, auch ein Geldopfer nicht scheuen und mit
Genehmigung des Oberrates, die wir gewiss, wenn wir ernstlich wollen,
erlangen werden, einen eigenen Rabbiner hier oder in Müllheim
anzustellen, einen Rabbiner nach unserem Sinne und einen würdigen
Nachfolger unseres verstorbenen Rabbiners". |
|
Hinweis: Résumé of the articles
in the "Israelit" 1886-87 by Sibylle Hoeschele: A
window on the Freiburg Jewish community from Sulzburg and Muellheim (pdf-file). |
Weiterer
Artikel im Blick auf die Besetzung des Rabbinates in Sulzburg (1887)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Mai 1887: "Sulzburg, im April
(1887). Als vor einiger Zeit die Trauernachricht durch die jüdischen Blätter
ging, dass Reb Mendel, der mehr als ein halbes Jahrhundert in seinen
Bezirksgemeinden mit Hingebung und Tatkraft und mit segensreichem Erfolge
gewirkt und als ein mutiger und unerschrockener Vorkämpfer des wahren
Judentums unermüdlich tätig gewesen, aus diesem Leben abberufen worden
sei, las ich in Ihrem geschätzten Blatte den Aufsatz eines Mitglieds der
Gemeinde Sulzburg, in welchem er in einfachen, aber, wie man viel merkte,
aus dem Herzen kommenden Worten der Hoffnung Ausdruck gab, dass die
allgemein tiefe Trauer um den Verstorbenen, über den man wie über einen
Vater klagte, sich darin zeigen werde, dass man ihm einen seiner würdigen
Nachfolger geben, und dass der Bezirk von Sulzburg-Müllheim sich nicht an
das Freiburger Rabbinat anschließen lassen, sondern einen eigenen
Rabbiner, nach seinem Herzen und nach eigener Wahl berufen werde. Dieser
Bericht interessierte mich seiner Zeit umso mehr als ich die Verhältnisse
des Bezirkes genau kenne und mich naturgemäß über den frischen Hauch
religiösen Lebens, der aus jenem Artikel hervorwehte, freuen musste.
Letzthin hatte ich nun Gelegenheit die Zustände in Müllheim-Sulzburg
selbst in Augenschein zu nehmen, und so gebe ich mich denn im Interesse
des Rechtes und der Wahrheit gern zum Sprachrohr der Gemeinde her, in
welcher sich viele gute Gesinnung, aber leider bis vor kurzem nicht genug
Initiative und Tatkraft zeigte. |
Man kann
wohl sagen, dass die Ansichten, welche in jenem ersten Artikel
ausgesprochen wurden, nahezu von allen Israeliten des Bezirkes geteilt
werden; abgesehen freilich von einem durch seine – Sonderbarkeit längst
bekannten Vorstehers eines kleinen Städtchens und dem strebsamen Lehrer
desselben, die durch die Ungeschicklichkeit einer Entgegnung ihrer Sache
viel mehr geschadet als genützt haben, sodass wir ihnen für ihre Mühe
in unserem Interesse aufrichtig dankbar zu sein Grund haben.
Die Frommen in den Gemeinden von Sulzburg, Müllheim und Lörrach – und
ihre Anzahl ist nicht gering, wünschen natürlich die Anstellung eines
eigenen Rabbiners und zwar eines Mannes, der ein würdiger Nachfolger des
Reb Mendel – das Gedenken an den gerechten ist zum Segen – ist, der
ganz in seine Fußstapfen tritt und nicht zerstört, was jener mit Mühe
erbaut und erhalten, niederreißt, was jener errichtet. Aber selbst die
wenigen Frommen sehen mit Schrecken der Zukunft entgegen. Was soll aus
unsern Kindern werden, wenn ihnen nicht eine gediegene, von einem
gewissenhaften, pflichtgetreuen Rabbiner überwachte und geleitete religiöse
Erziehung zuteil wird. Wenn man bedenkt, wie tief die jetzige Generation
in religiöser Beziehung von dem religiösen Standpunkt herabgesunken ist,
den noch unsere in Gott ruhenden Eltern einnahmen, so muss jeder, der noch
ein Herz hat für seine Religion, bei dem Gedanken erschrecken, was soll
aus unserem Glauben werden, wenn unsere Kinder, nicht eine fest religiösen
Basis gewinnen, die auch durch die Stürme des Lebens nicht erschüttert
werden. Kann. Einen Rabbiner, der selbst nicht streng fromm ist, wollen
selbst die Unfrommen nicht. ‚Ein unfrommer Rabbiner’, so hörte ich
sie sagen, ‚hat gar keine Existenzberechtigung.’ Wenn im kalten Winter
Wärme verbreitet werden soll, so kann dies nur durch ein loderndes,
starkes Feuer geschehen, nicht durch ein mattes Flämmchen, welches im
Windzuge hin- und herflackert. Wir brauchen hier einen Wegweiser, der uns
selbst durch seinen Lebenswandel den rechten Weg zeigt, nicht ein
Irrlicht, welches hin- und herschwankt, und den Wanderer in den
verderblichen Sumpf lockt. |
Und
herrscht diese Ansicht im Allgemeinen, so ist im ganzen Bezirke die Überzeugung
eine einstimmige, dass der Freiburger Rabbiner, der ja zugleich Sulzburg
‚mit verwaltet’, nicht der geeignete Mann für die hiesige Gemeinde
sei. Zwar kennen die einfachen Männer des Bezirks die tief greifenden
Unterschiede der Parteien nicht, aber instinktmäßig haben sie sofort
herausgefühlt, dass der Rabbiner von Freiburg, in Freiburg mit allen
dortigen Reformen einverstanden ist, für uns, die wir an einen Mann wie
Reb Mendel gewöhnt sind, nicht passt. Gibt es hier auch sehr Viele, die
aus dem Tragen am Sabbat sich nichts machen, so hat es doch überall ein
unangenehmes Erstaunen hervorgerufen, als der Herr Rabbiner bei seinem
hiesigen Aufenthalte sich über den Eruw lustig machte! Wenn das der Hirte tut, so sagt man mit Recht,
was muss dann der Herde erlaubt sein! Noch viel mehr böses Blut machte
aber und mit Recht die schwankende Behandlung der Schechita-Frage
in Sulzburg seitens des Freiburger Rabbiners; wenn irgendwo, so erwartete,
in einer außerordentlich wichtigen Sache die Gemeinde von ihrem religiösen
Führer Konsequenz und Festigkeit, doch sie sah sich bitter getäuscht;
mit seinem schwankenden und zu Unzeit nachgiebigen Haltung in dieser Frage
hat sich der Freiburger Rabbiner, selbst für seine bisherigen Freunde
unleugbar gezeigt – dass gerade die Eigenschaften, die ihn für Freiburg
zu empfehlen seinen, ihn für uns unmöglich machen.
Deswegen entspann sich allmählich eine immer kräftiger sich entwickelnde
Bewegung, auf alle Fälle einen eigenen Rabbiner, aus eigenen Mitteln
anzustellen, dessen Händen man ruhig die Verwaltung der religiösen
Angelegenheiten anvertrauen könnte. Doch da die Gleichgültigkeit in
religiösen Angelegenheiten hier wie fast überall eine ziemlich große
ist, so hatte die Agitation zuerst nur geringe Erfolge. Da goss ein
Ereignis Öl in das Feuer. Aus Sulzburg stammt ein Rabbiner, der nicht nur
in orthodoxen Kreisen, sondern überall hoch geachtet und wegen seiner
unbestechlichen Rechtlichkeit und wegen seiner Geradheit überall verehrt
wird, Dr. Cahn in Wiesbaden. Die Gemeinde von Sulzburg ist natürlich
stolz auf ihn und auch dieses Jahr, als er zum Besuche der Gräber der
Seinigen nach Sulzburg kam, wurde er aufgefordert, in der Synagoge zu
predigen.
Kurz darauf erhielt der Vorstand vom Oberrat in Karlsruhe amtlich eine
Zustellung, in der er aufgefordert wurde, sich zu verantworten, warum er
– man höre und staube – warum er einen Unberufenen (!) in der
Synagoge habe predigen lassen. Wer hier den Angeber gemacht hat, darüber
kann man nur Vermutungen aufstellen, die jedoch wahrscheinlich das
Richtige treffen. Die Erregung in der Gemeinde war natürlich eine außerordentlich
große. Wer ist berufener, auf dem Platze des Reb Mendel – das
Gedenken an den Gerechten ist zum Segen – zu predigen, ein Mann, der
seine Gesetzestreue und Charakterfestigkeit oft genug durch die Tat
bewiesen, oder ein Rabbiner, von dessen religiösen Prinzipien man nur weiß,
dass sie recht dehnbar und schwankend sind, und den Ansichten wie man sie
hier gewohnt ist, entschieden zuwiderlaufen?
Die nächste Folge des Karlsruher Ukases (Erlasses) war daher, dass sich
eine feste Vereinigung bildete, welche auf 10 Jahre sich verpflichtete,
eine bestimmte Summe jährlich zur Anstellung eines Rabbiners zu zahlen.
Die Summe ist zwar nicht zu groß, dürfte aber mit den Zinsen eines
vorhandenen Kapitals etc. genügen, die Berufung eines Rabbiners zu ermöglichen.
Bereits ist ein außerordentlich tüchtiger, vielseitig gebildeter, als
Prediger wie als Lehrer gleich hervorragender junger Rabbiner für die
Stelle in Aussicht genommen.
Schreiber dieser Zeilen ist ein Mensch, der den Frieden über alles liebt.
Aber hier kann von Nachgiebigkeit nun und nimmer die Rede sein. Es handelt
sich um das höchste Gut des menschlichen Lebens, um die Religion. Sie ist
gefährdet, wenn nicht an der Spitze der Gemeinde ein gesetzestreuer,
prinzipienfester Rabbiner steht. Und einen solchen zu gewinnen, dafür möge
der Sulzburger Gemeinde kein Opfer zu groß sein. Das ist eine Saat, die
reichlich lohnet. |
Im
Anschluss an den obigen bericht, teilen wir aus einem, uns aus Mühlheim
(in Baden) zugegangenen Privatbrief die folgende Stelle mit:
Müllheim, 8. Mai (1887). In dem benachbarten Sulzburg regt es sich
eifrig, man beabsichtigt dort, einen eigenen Rabbiner anzustellen.
Freilich glaube ich, dass, wenn die Gemeinden des Bezirks Sulzburg
energisch vorgingen, - wie z.B. erst kürzlich die Gemeinde von Gailingen,
welche durch ihre Drohung aus dem israelitischen Verbande auszutreten, den
Oberrat gezwungen hat, den Rabbinatssitz, der nach dem durch eine Orgel
ausgezeichneten Konstanz verlegt werden sollte, in Gailingen zu belassen
– sie auch jetzt den Oberrat veranlassen könnten, ihren gerechten
Anforderungen Genüge zu leisten. So aber, ist immerhin der Beschluss der
Sulzburger Gemeinde, einen eigenen Rabbiner zu engagieren, ein außerordentlich
lobenswerter, und es ist nicht ehrenwert für die bedeutend größere und
reichere Gemeinde von Müllheim, dass hier nicht der gleiche Eifer zutage
tritt. In beiden Gemeinden herrscht leider in dieser so überaus wichtigen
und für die religiöse Zukunft des Bezirks geradezu entscheidenden Frage
viel zu viel kleinliche Eifersüchtelei.
Jede der beiden Gemeinden, Sulzburg wie Müllheim, will nämlich den
Rabbiner ganz oder doch vorwiegend für sich haben. Nun ist dies Streben
ja ein rühmliches Zeugnis für den religiösen Sinn in der Gemeinde und
zugleich ein beweis dafür, ein wie dringendes Bedürfnis ein Rabbiner in
dieser Gemeinde ist. Es wäre aber noch viel schöner und besser, wenn Müllheim
und Sulzburg sich vereinigten, ihre Beträge und besonders die Zinsen aus
den beiderseitigen bedeutenden Stiftungsgeldern zusammenlegen würden;
dann könnten sie eine tüchtige Kraft für das Rabbinat gewinnen, einen
Rabbiner, der abwechselnd in Müllheim und in Sulzburg seinen Sitz haben
und in beiden Gemeinden segensreich wirken könnte. Auch die wahrhaft
Frommen in Lörrach würden sich gewiss einer solchen Vereinigung anschließen.
Wenn nur die religiösen Männer in Müllheim sich jetzt, da Sulzburg mit
dem guten Beispiel vorangegangen, sich zusammentun und für die Anstellung
eines Rabbiner tätig sein wollten, in der Überzeugung, dass es sich
jetzt, um die Zukunft unserer Kinder und um die religiöse Führung
unserer Gemeinde handelt!" |
|
Hinweis: Résumé of the articles
in the "Israelit" 1886-87 by Sibylle Hoeschele: A
window on the Freiburg Jewish community from Sulzburg and Muellheim (pdf-file). |
Zum
Weggang des Rabbinatskandidaten und Stiftsrabbiners Salomo (Schlomo) Bamberger (1872)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1872:
"Sulzburg,
7. Oktober (1872). Nach beinahe 10jähriger ersprießlicher Dienstführung,
ist der hiesige Stiftsrabbiner, Herr Rabbinatskandidat S. Bamberger, heute
von hier abgereist, um einem anderweitigen, ehrenhaften Rufe, nach Lengnau, in der Schweiz, zu folgen. Seine Anspruchslosigkeit und Verträglichkeit,
seine echte, strenge Frömmigkeit, seine gründlichen und umfassenden
rabbinischen Kenntnisse, und seine Pünktlichkeit und Treue in Erfüllung
seiner Berufspflichten, haben ihm hier und in der Umgegend Vertrauen und
Hochachtung erworben, und die besten Wünsche begleiten ihn in seinen
jetzigen Bestimmungsort. Diese Gefühle der Ehrerbietung und der Liebe,
haben auch in den Ehrengeschenken, welche ihm, vor seinem Wegzuge überreicht
wurden, ihren Ausdruck gefunden.
Möge Herr Bamberger in seinem jetzigen neuen Wirkungskreise gleiche
Anerkennung und Wertschützung finden, wie solche ihm dahier verdientermaßen
allgemein und in hohem Grade geworden sind. |
Hinweise auf Veröffentlichungen von Rabbiner
Salomo Bamberger (1866 / 1872)
Es geht um die in der
Sulzburger Zeit verfassten Publikationen Limmud 'Aruch - Lexikographische
Glossen zum Talmudtraktat Sabbat. Fürth 1867 bzw. zum Talmudtraktat
Berachot Frankfurt 1872. |
|
|
|
|
Anzeige von
Rabbiner Salomon
Bamberger in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom
5. Dezember 1866 |
Artikel aus der
Zeitschrift "Der Israelit"
vom 30. Oktober 1872 |
|
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen
der Lehrer-/Vorbeterstellen 1882, 1890, 1899, 1918 (Vertretung), 1924, 1927 und
1929
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. November 1882: "Vakanz. In der
hiesigen israelitischen Gemeinde ist die Stelle
eines Vorsängers und Schächters zu besetzen. Der fixe Gehalt ohne
Nebeneinkommen und Schächtergebühren ist auf Mark 1.200 festgesetzt. Bei
Bewerbungen sind Zeugnisse über seitherige Tätigkeit und den
sittlich-religiösen Lebenswandel einzureichen. Reisespesen werden nach
Abschluss des Vertrags vergütet.
Sulzburg in Baden, 5. November 1882. Der Synagogenrat. A.H. Dreyfuß". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1890: "Vakanz.
In der hiesigen Gemeinde ist die Stelle eines Vorsängers und Schächters
bis 15. Oktober (1890) zu besetzen. Der fixe Gehalt ohne
Schächtergebühren und Nebenverdienste ist auch Mark 1.000 festgesetzt.
Reisespesen werden nur demjenigen, der angestellt wird, vergütet. Bei
Bewerbungen sind Zeugnisse über seitherige Tätigkeit und
sittlich-religiösen Lebenswandel einzureichen.
Sulzburg, den 20. August 1890. Der Synagogenrat Samuel Bloch."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1899:
"Vakanz.
In der hiesigen israelitischen Gemeinde ist die Stelle eines Vorsängers
und Schächters bis 1. Januar 1900 zu besetzen. Neben dem fixen
Gehalt, welcher auf Mark 800 festgesetzt ist, besteht noch ein
Schächteinkommen von ca. Mark 500 bis 600. Bei Bewerbungen sind Zeugnisse
über die seitherigen Tätigkeit und den sittlich religiösen Lebenswandel
einzureichen. Reisespesen werden nur demjenigen, welcher angestellt wird,
vergütet.
Sulzburg, den 15. Oktober (1899).
Der Synagogenrat:
Moritz Dukas." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. September 1918:
"Unser Lehrer und Kantor hat demnächst seine Einberufung zum Heere
zu erwarten und suchen wir daher für die Zeit seiner Dienstleistung einen
geeigneten
Vertreter.
Bewerber, die sich über ihre Befähigung als geprüfter Religionslehrer
ausweisen und Zeugnisse über bisherige Tätigkeit als Kantor und
Schächter vorlegen können, wollen sich unter Angabe ihrer
Gehaltsansprüche an den unterzeichneten Synagogenrat wenden.
Sulzburg in Baden.
Der Synagogenrat." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1924:
"Gesucht zum alsbaldigen Eintritt:
Kantor, Schochet und
Religionslehrer.
Reichsdeutsche, womöglich seminaristisch gebildete religiöse Bewerber
wollen sich unter Beifügung diesbezüglicher Zeugnisse baldigst melden.
Schöne Dienstwohnung vorhanden. Festeinkommen gemäß Besoldungsordnung
des badischen Oberrates. Ledige Bewerber bevorzugt.
Der Synagogenrat
der Israelitischen Gemeinde Sulzburg (Baden)
Gustav Bloch." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1927: "In der Gemeinde Sulzburg
(Baden) ist die Stelle des Kantors,
Schochets und Religionslehrers zum 1. Juli 1927 neu zu besetzen.
Gehalt nach der Besoldungsordnung des Oberrats der Israeliten Badens. Außerdem
schöne freie Dienstwohnung. Bewerbungen mit Lebenslauf und
Zeugnisabschriften sind zu richten an die Bezirkssynagoge Freiburg i.Br.". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1929:
"Die Religionslehrer-, Kantor- und Schochetstelle
in Sulzburg bei Freiburg im Breisgau ist möglichst sofort zu
besetzen. Gehalt nach der Besoldungsordnung des Oberrats der Israeliten
Badens. Freie Dienstwohnung und Nebenbezüge. Meldungen seminaristisch
gebildeter Bewerber unter Angabe des Bildungsgangs mit Lebenslauf und
Familienstand sowie unter Beifügung von Zeugnisabschriften umgehend an
die unterzeichnete Stelle.
Bezirkssynagoge Freiburg in Baden." |
Lehrer
Gombrich wechselt von Sulzburg nach Ihringen, Lehrer Ladenburger von Ihringen
wechselt nach Sulzburg (1838)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1838 S. 864 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Karlsruhe [Dienstnachricht]. Dem israelitischen Schullehrer
Gombrich in Sulzburg wurde die israelitische Schulstelle in Ihringen,
und dem israelitischen Schullehrer Ladenburger in letzterem Orte jene zu Sulzburg
übertragen.
Karlsruhe den 8. November 1838. Oberrat der Israeliten.
Schulkonferenz." |
Kantor Simon Metzger wechselt von Sulzburg nach Bretten - Samuel Strauß von
Berlichingen kommt nach Sulzburg (1905)
Anmerkung: Lehrer Samuel Strauß (1874-1937) war bis 1908 Lehrer in Sulzburg,
danach bis zu seinem Tod 1937 in Freiburg.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember
1905: "Karlsruhe: "Das neueste Verordnungsblatt des
Großherzoglichen Oberrates der Israeliten meldet folgende Veränderungen
in der Besetzung der Religionsschullehrerstellen: Jakob Lewin seither in Lorsch
nach Randegg, Sally Rosenfelder in Eubigheim
nach Buchen, Nathan Adler von Külsheim
nach Eubigheim, Kantor Simon
Metzger von Sulzburg nach Bretten,
Samuel Strauß von Berlichingen
nach Sulzburg, Jakob Schloß von Talheim
nach Malsch bei Ettlingen. Auf
Ansuchen wurden von ihren Stellen enthoben: Kantor Weiß in Gailingen
und Religionslehrer Jakob Lorch in Untergrombach,
letzterer behufs Übernahme der Verwalterstelle der M.A. d.
Rothschild'schen Lungenheilstätte in Nordrach." |
Karte an Marie Bruchsaler zu Händen von Lehrer Josef Bruchsaler
(1904)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries)
Tod des Hauptlehrers Josef
Bruchsaler (1911)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. Juli 1911: "Sulzburg.
Hauptlehrer Josef Bruchsaler ist verschieden." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. August 1911: In Sulzburg (Baden) starb, 61 Jahre alt,
Lehrer Josef Bruchsaler. Der Entschlafene wirkte 34 Jahre an
der simultanen Volksschule in Sulzburg, war ein tätiges Mitglied des
Landesvereins israelitischer Religionslehrer im Großherzogtum Baden und
Herausgeber einer hebräischen Lesefibel, die eine gute Aufnahme gefunden
hat. Erst vor zwei Jahren wurde ihm das Verdienstkreuz des Zähringer
Löwen verliehen." |
Stiftungen
Eine
ganz besondere Stiftung - Brezeln für die Kinder bei Schulprüfungen (1897)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 28. Mai 1897: "Vom badischen
Oberlande, 16. Mai (1897). Von einem Herrn Jakob Kahn aus Sulzburg wurde
dieses Frühjahr eine kleine Stiftung errichtet, die es verdient, in
weiten Kreisen bekannt zu werden. Aus den Zinsen genannter Stiftung werden
jedes Jahr anlässlich der Religionsschulprüfung an alle israelitischen
Kinder, ob schulpflichtig oder nicht, Brezeln ausgeteilt. Infolgedessen
gestaltet sich die Schulprüfung zu einem Feste für die Jugend. In
Ansehung dessen, dass zu einer solchen Stiftung schon ein bescheidenes
Kapital hinreicht und alljährlich so manches Kinderherz glücklich
gemacht werden kann, wäre zu wünschen, dass diese Einrichtung auch
anderwärts recht baldige und vielfache Nachahmung finden möge." |
Über
das Beth
HaMidrasch - "David Weil'sche Stiftungsschule" - die Talmud Hochschule
in Sulzburg in den 1860er-Jahren
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. April 1867 über die Prüfungen
am Beth HaMidrasch.
"Sulzburg
(Baden), 8. April. Unserem hiesigen Beth Hamidrasch taten Sie, Hochgeehrter
Herr Redakteur! Schon mehrmals rühmlichst Erwähnung, weshalb ich mir
erlaube, Ihnen über die gestern darin stattgehabte Prüfung Bericht zu
erstatten. Die Prüfung – geleitet von unserem allverehrten Herrn
Bezirksrabbiner und Schulvorstand Dreyfuß
fand unter reger Teilnahme seitens des löblichen Synagogen- und
Schulrates statt. Und lieferte ein sehr befriedigendes Resultat. Bei der
unteren (ersten) Klasse erstrechte sich die Prüfung hauptsächlich auf
einige Sderot (Ordnungen) im ersten Buch Moses mit dem Kommentar von
Raschi, sowie auf die Einübung sämtlicher Benediktionen; bei der höheren
(zweiten) Klasse hingegen auf den größten Teil des zweiten Buch Moses
mit dem Kommentar Raschis und auf die Kenntnis des Ritualgesetzes und
wurde diesmal … geprüft nach dem höchst praktischen Büchlein
‚Gedenket an die Tora Moses’. Alle Anwesenden waren von Freude erfüllt,
eine so gründliche Kenntnis der Heiligen Schrift bei den Kindern
wahrzunehmen, sowie ferner zu sehen, wie herrlich die zarte Jugend sich
auf die Erfüllung der heiligen Vorschriften versteht: und wurde dieser
Freude der schönste Ausdruck verliehen, durch die Anerkennung seitens des
ehrwürdigen Schulvorstandes am Schlusse der Prüfung. Volle Anerkennung
gebührt aber auch der hiesigen Gemeinde und deren würdigen Vertreter,
die es nicht an pekuniären Opfern fehlen lassen, um diese Pflanzstätte für
wahre Religiosität und Religionskenntnis immer mehr und mehr ihrer
Entfaltung entgegenzuführen. Der Segen des himmlischen Vaters wird sicher
nicht ausbleiben. Möge denn die hiesige Gemeinde ein Muster vieler
anderen badischen Gemeinden werden, in denen leider der Bibelunterricht
noch sehr im Argen liegt, indem ihm nur kärglich Zeit und Muße zugewandt
wird. Dass auf diese Weise unserer hochheiligen Pflicht - deinen
Kindern schärfe sie – die heilige Tora – deinen Kindern ein:
nicht entsprochen wird, wer wollte das bezweifeln?! Mögen doch unsere
ehrwürdigen Herren Rabbinen diese hochheilige Sache in die Hand nehmen, mögen
sie mit allen Kräften dahin wirken, dass dieser wichtigste
Unterrichtsgegenstand fortan keine Verkümmerung mehr erleide: das wäre
ein Wirken für die Ewigkeit, dessen Folgen unberechenbar sind.
(Bemerkung der Redaktion: Der Vorsteher und Hauptlehrer der in Rede
stehenden Schule ist der gelehrte Herr Salomon Bamberger, von dessen
Bearbeitung des Aruch in diesen
Blättern bereits mehrfach die Rede gewesen.). |
|
|
|
|
Oben Bericht aus
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1865 -
noch
nicht abgeschrieben, aber einsehbar... |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Seligmann Bloch (1876)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1876
(leicht abgekürzt zitiert): "Sulzburg
in Baden, am 1. Schewat (= 27. Januar 1876). Unsere Gemeinde hat heute durch das
Hinscheiden des Herrn Seligmann Bloch einen herben Verlust erlitten. Der
brave Seligmann, ein stiller, einfacher, schlichter Mann, hat durch sein
Leben auch denen, die von Natur mit geistigen Vorzügen weniger begabt
sind, bewiesen, wie man Großes wirken und ein gesegnetes Andenken
zurücklassen kann.
Von einer unbegrenzten Liebe zu unserer heiligen Tora beseelt, hat
der Dahingeschiedene sich bestrebt, seine Kinder zur Tora hin zu
erziehen, seine Töchter an Toragelehrte zu verheiraten, auf jede
Weise die Toragelehrten sich nahe stehen zu lassen und seine
Ehrfurcht ihrer Tora zu beweisen. Der Vater des Verstorbenen - er ruhe in
Frieden - hatte hauptsächlich dazu beigetragen, dass in hiesiger
Gemeinde ein Beth HaMidrasch (Talmudschule) gegründet worden. Zur
Erhaltung dieses höchst wichtigen Instituts hat Seligmann direkt, und
hauptsächlich indirekt großes geleistet, wodurch er sich einen unerschöpflichen
Verdienst erworben hat.
Auch der Raschi-Verein, welche unser verehrter Herr Rabbiner in
anerkennenswertem Eifer vor Jahren ins Leben gerufen, hatte der Verstorbene
mit wahrem Seelvergnügen sein Haus geöffnet. Ez Chaiim usw. war
seine Devise. Aber nicht bloß den Toragelehrten, auch den Armen
war er ein Freund. Sein Haus stand jedem Dürftigen offen. Wer da hungrig
hineinging, ging gesättigt heraus. Er gab Spenden über seine
Verhältnisse und übte Wohltätigkeit bei jeder Gelegenheit...
Sein andächtiges Beten Wort für Wort ist hier sprichwörtlich geworden.
'Er ort (= betet) wie der Seligmann', heißt hier soviel als: er betet
lange und lässt sich in seiner Andacht durch nichts stören.
Es wurde Einsender versichert, dass S., wenn er auf einem Markt, der 3-4
Stunden von hier entfernt abgehalten wird, zu gehen hatte, wobei es ihm
unmöglich war, zu Schacharit in die Synagoge zu gehen, er
zu Hause anfing zu beten und wenn er den Bestimmungsort so ziemlich
erreicht hatte, so stand er am Schlusse seines Gebetes... Obgleich
Seligmann so viele Zeit aufs Gebet und weniger aufs Geschäft verwendete,
so hat er es doch zu großem Vermögen gebracht. Er hatte wohl den
größten Beitrag geleistet in die Gemeindekasse. Diese wenigen Züge
erklären schon die große Trauer, welche nicht bloß in der Familie des
Verstorbenen, sondern auch in der ganzen Gemeinde und besonders unter den
Armen über den Verluste des braven Mannes herrscht. - Möge sein Verdienst
auch seinen Hinterlassenen beistehen. - Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
A.
H. Dreyfuß wird zum dritten Mal wieder als Gemeinderat gewählt (1882)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 26. Juli 1882: "Sulzburg, 17. Juli (1882). Bei der heutigen
Gemeinderatswahl wurde Herr A. H. Dreyfuß, Sohn des hiesigen Herrn
Bezirksrabbiners, zum 3. Male wieder als Gemeinderat gewählt. In der
gegenwärtigen Zeit, die sich keineswegs durch religiöse Duldsamkeit
auszeichnet, ist das ERgebnis der Wahl für die Wähler und den Gewählten
umso ehrenvoller, da 2/3 der auf diesen abgegebenen Stimmzettel von
christlichen Mitbürgern unseres Städtchens herrühren." |
Zum Tod von Beile Kahn, Mutter von Rabbiner Dr. Kahn in Wiesbaden (1886)
Anmerkung: Beile Kahn = Pauline Kahn geb. Levy, die
Mutter von Rabbiner Dr. Leo Lipman Kahn (siehe unten).
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. April 1886: "Sulzburg in
Baden, 9.
April (1886). Erew Schabbat
HaKodesch
Tazria (am Freitag vor dem Schabbat mit der Toralesung Tazria = 3.
Mose 12,1 - 13,59; d.i. Freitag, 3. April 1886) fand dahier unter großer
Beteiligung das Leichenbegängnis der im 75. Lebensjahre verstorbenen Frau
Beile Kahn - ihre Ruhe sei Wonne - statt. Galt doch diese letzte
Ehre einem echt jüdischen Weibe, das mit Israels schönsten Tugenden
geschmückt war. Während einer 51-jährigen, musterhaften Ehe durch
seltene Frömmigkeit und Wohltätigkeit sich auszeichnend, war es
insbesondere ihre beispiellose Selbstlosigkeit und Bescheidenheit, durch
welche sie in unserer Zeit des Egoismus und der Überschätzung des
eigenen Ichs in ungewöhnlichem Maße hervorragte. Ihr ganzes Leben war
der Familie und den Not leidenden und bekümmerten Mitmenschen gewidmet.
Ihre Freude suchte sie nicht in weltlichen Vergnügungen, sondern in der
Ausübung von Geboten und in ihrem für alles Gute erglühenden Herzen
bewahrte sie einen Edelmut, der das widerfahrene Böse stets mit Gutem zu
vergelten suchte. Inmitten des Pessacharbeit, die sie trotz der Gebrechen
des Alters keinem Anderen überlassen möchte, wurde sie in ein besseres
Jenseits abberufen, mit der seltenen Genugtuung, nur Freunde auf Erden zurückgelassen
zu haben. Den Gefühlen berechtigter Trauer gaben der hiesige Herr
Rabbiner Dreyfuß, sowie ihr aus Wiesbaden herbeigeeilter Sohn, Herr
Rabbiner Dr. Kahn, in ergreifenden Worten beredten Ausdruck. Das Andenken
der teuren Verschiedenen wird in unserer Gemeinde stets unvergesslich
bleiben." |
Zum Tod von
Isaak (Leopold) Kahn, Vater von Rabbiner Dr. Kahn in Wiesbaden (1900)
Anmerkung: Der genannte Wiesbadener Rabbiner war Dr. Leo Lipman Kahn
(geb. 1842 in Sulzburg als Sohn von Isaak Kahn und der Pauline geb. Levy, gest.
1936 in Wiesbaden): studierte in Berlin und Würzburg; zunächst
Rabbinatsassistent in Berlin; 1869 Gründer der Altisraelitischen Kultusgemeinde
Adass Jeschurun in Wiesbaden, als deren Rabbiner und Religionslehrer er bis 1925
wirkte; war verheiratet seit 1871 (in Sulzburg) mit seiner Cousine Sara Dukas;
1925 Ruhestand.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 5. Juli 1900: "Sulzburg in Baden, 4. Juli (1900). Heute
starb dahier in hohem Alter Herr Leopold Kahn, Vater des Herrn
Rabbiner Dr. Kahn - Wiesbaden. Die Beerdigung findet morgen
Donnerstag 2 Uhr statt. Ausführlicher Nachruf folgt". |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 12. Juli 1900: "Sulzburg, 9. Juli (1900). Wenn ein
Gerechter stirbt, soll ganz Israel um ihn klagen. Vom Hinscheiden eines
Frommen zu berichten, ist darum der Zweck dieser Zeilen. Im Alter von 89
Jahren starb hier am 6. Tamus (3. Juni 1900) Herr Isaak Kahn, der
Vater des allverehrten Herrn Rabbiner Dr. Kahn in Wiesbaden. Der
Heimgegangene darf, obschon ein einfacher, schlichter Mann, zu den Besten
unseres Volkes gezählt werden, weil er die Eigenschaften in sich
vereinigte, die den wahren Juden ausmachen. Reine, lautere Furcht des
Herrn, aufrichtige Menschenliebe, unermüdlicher Fleiß, verbunden mit der
peinlichsten Rechtlichkeit, prägten seinen Charakter und gestalteten
seinen ganzen Lebenswandel zu einem leuchtenden Vorbilde für alle, die
ihn kannten. Er hatte selbst nicht das Glück, mit dem Studium unserer
heiligen Lehre sich beschäftigen zu können, aber mit grenzenloser Liebe
hing sein Herz an der Tora und denen, die in ihr forschten. Ein kernhafter
jüdischer Mann ist aus unserer Mitte geschieden, erhebend war denn auch
die große Beteiligung an seine Lewajo (Beerdigung), die am 8. Tamus (5.
Juni 1900) stattfand.
Die vielen Verwandten, die herbeigeeilt waren, und die Mitglieder unserer
Gemeinde, wir fühlten es alle, dass wir uns selbst ehrten, indem wir das
Andenken dieses Mannes ehrten. Am Sarge sprach zunächst Herr Rabbiner
Bamberger aus Sennheim, der als
früherer Stiftsrabbiner hier den Verstorbenen kennen und schätzen
gelernt hatte und durch Verwandtschaftsbande Herrn Rabbiner Dr. Kahn nahe steht.
Ein Schüler Ahrons, nannte der Redner den Heimgegangenen, der den Frieden
liebte, aber nur den Frieden, der auf Wahrheit und Pflicht aufgebaut ist,
der für diesen Frieden kämpfte und seine ganze Kraft einsetzte, der die
Menschen liebte und durch sein harmonisches Leben für die Tora
gewann.
Tief erschüttert weihte Herr Rabbiner Dr. Kahn seinem Vater letzte
Worte des Abschiedes. Wie die Himmelskörper treu und nie weichend ihre
Bahn wandeln und freudig die Gesetze erfüllen, die der Allmächtige ihnen
vorgezeichnet, so wich der teure Heimgegangene nie von dem Posten, den ihm
sein Schöpfer angewiesen. Weder der garte Kampf ums Dasein, noch die
Verlockungen des modernen Abfalles mit seinen glatten, gleisnerischen
Worten, konnten ihn je in seiner Pflicht irre machen. Als sein Lebensziel
betrachtete er aber, seine Kinder zu Juden zu erziehen und darum verdanke
auch er (der Redner) seinem Vater, der aufopferungsvoll für ihn gesorgt,
das Glück, den Lehrern in Israel anzugehören.
Die goldenen, lauteren Eigenschaften des Entschlafenen hob auch Herr Rabbiner
Dr. Bamberger aus Sulz u.
Wald, der Schwiegersohn des Herr Rabbiner Dr. Kahn, in seinem Nachrufe
hervor, der den Verblichenen jenen Vätern großer Männer, Amram und Isai,
zur Seite stellte, die, wie es im Talmud heißt, so rein und fleckenlos
ihre Seele bewahrten, dass sie würdig gewesen, ewig zu leben, und nur
darum starben, weil einmal das Erbteil der Menschheit der Tod ist. Seine
treue Pflichterfüllung hat auch ihn die Krone des Greisenalters erringen
lassen, wie R. Jochanan von den Greisen Babels gestand, dass ihr inniges,
gemeinsames Gebet ihnen das Leben verlängert.
Möge es uns beschieden sein, die Lücke, die sein Tod gerissen, durch
würdigen Ersatz auszufüllen, seine Seele aber weile im Bunde des Lebens!
Amen. S.B." |
Moses Bloch bewahrt Sulzburg vor einer möglichen Brandkatastrophe (1905)
Anmerkung: zur Herbstschen Mühle vgl. http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-4586314:
der Müller Johann Martin Herbst möchte um 1800 seine Gipsmühle auch als
Hanfreibe nützen.
Artikel
in der "Badischen Presse" vom 11. Juli 1905: "Am 18. April dieses Jahres
morgens nach 4 Uhr wollte Moses Bloch in Sulzburg nach der von ihm
gepachteten, zur Herbstschen Mühle gehörigen Scheuer gehen, da schlug ihm
ein Feuerschein entgegen, er eilte hinzu, sah einen Reisighaufen brennen und
erblickte vor diesem einen Menschen, wie er noch einen funkensprühenden
Strohwisch unter das Reisig schob, Balthasar Ries war es, der das Feuer
angelegt hatte. Dem Moses Bloch gelang es, das Feuer zu tilgen und damit ein
größeres Brandunglück zu verhüten, denn die Herbstsche Mühle in der
Mühlengasse war nicht allein in Gefahr, sondern die daran stoßenden engen
Häuserreihen wären auch gefährdet gewesen. Ries wurde am gleichen Morgen
verhaftet, gestand aber nichts, spielte den Geistesschwachen, der von nichts
wusste, eine ganze Anzahl Vorgänge aus den letzten Jahren straften sein
Leugnen aber Lügen. Auch der medizinische Sachverständige, Herr Medizinalrat
Dr. Warth von Müllheim, hatte während seiner Beobachtung und Untersuchung
des Ries keine Anhaltspunkte gefunden, welche als entlastende Geistesdefekte
gelten könnten. Die Geschworenen bejahten die einzige Schuldfrage wegen
versuchter Brandstiftung und der Gerichtshof sprach zwei Jahre Zuchthaus und
fünf Jahre Ehrverlust aus.. |
Zum
Tod der Frau des Kaufmanns Maier Mayer aus Schopfheim (1913)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. Februar 1913: "Sulzburg
(Baden). Ein ansehnlicher Leichenzug bewegte sich am letzten Sonntag durch
unser Städtchen. Es galt die sterbliche Hülle der Gattin des von hier
stammenden Kaufmanns Maier Mayer aus Schopfheim zur Erde zu bestatten. Im
blühenden Alter von 35 Jahren nach 12jähriger Ehe, musste sie ihre schöne
Heimat, ihren lieben Gatten, ihr hoffnungsvolles Söhnchen verlassen, um
auf Gottes Ratschluss in eine bessere Welt einzugehen. In gut gewählten
Worten schilderte auf dem Friedhofe Bezirksrabbiner Dr.
Eschelbacher-Freiburg die Vorzüge der Verblichenen, welche Lücke die
Entschlafene hinterlassen hat. Sie war im wahren Sinne des Wortes eine Eisches
Chajil (tüchtige Frau)". |
Zum Tod von
Nanette Bloch (1926)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1926: "Sulzburg (Baden), 12.
Januar (1926). Am Erew Schabbat
(Freitagabend, gemeint 8. Januar 1926) verschied im hohen Alter von 90
Jahren die älteste Einwohnerin unserer Stadt, die seit acht Jahren
verwitwete Frau Neanette Bloch. Bewundernswerte geistige und körperliche
Frische ermöglichten es ihr, bis zum letzten Augenblick in ihrem echt jüdischen,
mustergültigen Haushalte als eine wahre ‚tüchtige Frau’ zu wirken.
Nur derjenige kann das ermessen, was sie ihrer Familie, ihrem mit allen
Fasern des Herzens geliebten Judentums und nicht zuletzt unserer Kehillah
(Gemeinde) war, der das Glück hatte, in der Nähe dieser edlen Zenuah
weilen zu dürfen. – Die Kewuroh
(Beerdigung) fand am Sonntag, den 10. Januar, unter außerordentlich großer
Anteilnahme von nah und fern statt. Herr Lehrer Baracker klagte bewegten
Herzens an der Bahre um den großen Verlust, den die altehrwürdige
Gemeinde und insbesondere das gesetzestreue Judentum erleiden. Derselbe
zeichnete unter Zugrundlegung des 31. Psalms: ‚In Deine Hand befehle ich
meinen Geist, Du erlösest mich, o Ewiger, Gott der Wahrheit’ ein
lebensgetreues Bild der Entschlafenen. Herr Lehrer Simon, Lörrach, dankte
am Grabe
der edlen Verblichenen für die ihm während des Krieges in so hohem Maße
erwiesene Gastfreundschaft. Nun ruht die verklärte Patriarchin an der
Seite ihres ihr vor 8 Jahren in den Tod vorangegangenen Gatten. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
89.
Geburtstag von Marie Kahn (1927)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 26. Mai 1927: "Sulzburg (Baden), 20. Mai (1927). Von einem
stattlichen Verwandten- und Bekanntenkreis umgeben, begeht die älteste
Frau unserer Synagogengemeinde, sowie hiesiger Stadt, Frau Marie Kahn,
am Dienstag, 31. Mai - so Gott will - ihren 89. Geburtstag. Der hohen
Jubilarin zu Ehren veranstaltet der jüdische Frauenverein eine kleine
Festlichkeit.
Auch unsere altehrwürdige Kehilloh blickt in Dankbarkeit zu dieser
Patriarchin empor; ist sie doch das Muster einer wahrhaft jüdischen Frau,
eine durch und durch religiös veranlagte Natur. Weder die Kälte im
Winter noch die Hitze im Sommer hindern sie am Besuche 'ihrer lieben
Synagoge', an der sie mit allen Fasern ihres jüdischen Herzens hängt. In
ihrer unerschütterlichen Glaubenstreue gleicht sie ihrem großen
Schwager, dem bekannten Rabbiner Dr. Cahn, Wiesbaden, Begründer
der orthodoxen Gemeinde in Wiesbaden.
So möge nun der Hochbetagten ein sonniger Lebensabend noch beschieden
sein." |
Zum Tod von
Marie Kahn (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 27. Juni 1929: "Sulzburg (Baden), 15. Juni (1929). Am 1.
Juni, nach ihrem gerade vollendeten 91. Lebensjahre, ist Frau Marie
Kahn geb. Meier aus dem Dasein geschieden. Friedfertig, wie sie war,
und friedlich wie ihr ganzes Leben, war auch ihr Tod. Still und
schmerzlos, verklärt von der Ruhe des Schabbat war sie, nachdem sie sich
kurz vorher noch anregend unterhalten hatte, zur (hebräisch und
deutsch) ewigen Ruhe hinübergeschlummert. Die Verblichene stammte
aus Lengnau und das Schweizer Heimatgefühl, von dem sie beseelt war,
erhielt sich bei ihr zeitlebens. Ausgestattet mit einem tief mitfühlenden
Herzen, erfüllt von aufrichtigster Menschenliebe und wahrer Gottesfurcht,
eine vorbildliche Frau, auf die sich sagen lässt (hebräisch und deutsch)
- gesegnet im Zelte - genoss die Entschlafene die uneingeschränkte
Liebe und Wertschätzung aller, die sie kannten. Das trat das letzte Jahr,
als sie, umgeben von ihren Kindern, Enkeln und Familienangehörigen in
bewunderungswürdiger Frische den 90. Geburtstag feierte, wieder so recht
zutage und zeigte sich auch bei der unter großer Beteiligung
stattgefundenen Beerdigung. Die von nah und fern erschienen Verwandten und
Freunde der Familie, die Mitglieder der Gemeinde und das zahlreiche
Trauergefolge aus dem Orte, sie alle fühlten, dass sie sich selbst
ehrten, indem sie das Andenken der Heimgegangenen ehrten.
Herr Bezirksrabbiner Dr. Ziemels aus Freiburg hielt der Verewigten
einen warm empfunden Nachruf. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. Juni 1929: "Am Schabbat BeChokatai (Schabbat mit
der Toralesung Bechukotai = 3. Mose 26,3 - 27,34, das war am 1.
Juni 1929) hat unsere über alles geliebte Mutter, Schwiegermutter und
Großmutter Frau Marie Kahn nach soeben vollendetem 91. Lebensjahre
das Zeitliche gesegnet.
Sulzburg i. Baden, Halberstadt, Dortmund, Mailand, 3. Mai
1929.
Die trauernden Hinterbliebenen." |
Zum
75. Geburtstag von Moses Bloch (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 16. Januar 1930: "Sulzburg (Baden), 13. Januar (1930).
Eine der markantesten Persönlichkeiten unserer altehrwürdigen Gemeinde, Herr
Moses Bloch, begeht so Gott will am Sonntag, 19. Januar, in
körperlicher und geistiger Rüstigkeit seinen 75. Geburtstag inmitten
eines großen Familienkreises. Der Jubilar ist seit Jahrzehnten
ehrenamtlicher Bal-Tefilloh an allen Feiertagen des Jahres und zeichnet
sich besonders durch seine wunderschöne lyrische Tenorstimme aus. Unser
Wunsch lautet: 'Ad meoh weesrim schonoh' (bis 120 Jahre)." |
Zum
Tod von Berthold Dukas (1932)
Artikel
in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1932: "Sulzburg, 5. Dezember
(1932). Im Alter von nur 52 Jahren ist Berthold Dukas, einer der Würdigsten
unserer Gemeinde, verschieden. Eine tückische Krankheit hat ihn, den
immer Arbeitsfrohen, trotz aufopferndster Pflege der Gattin, jäh
dahingerafft und eine unersetzliche Lücke geschaffen. Sein wunderbares
Familienleben war durchtränkt von tiefer und echter Frömmigkeit und sein
jüdisches Heim war jedem Armen weit geöffnet. Das Wohl der Gemeinde war
ihm heilig. Seine orthodoxe Einstellung (er war ein glühender und treuer
Verehrer von S. R. Hirsch – das
Gedenken sei zum Segen – und dessen Schriften), die er mit einer
Entschiedenheit vertrat, ging Hand in Hand mit aller gewinnenden Versöhnlichkeit
und Menschenliebe. Musikalisch und stimmbegabt, war er ein begeisterter
Freund des Vorbetens und beherrschte zahlreiche liturgische Melodien. Ergreifend war es, wie er an den Ehrfurchtgebietenden
Tagen vorbetete. In der Chewra
Kadischa (Heilige Bruderschaft) betätigte er sich an erster Stelle.
Zu seiner Beisetzung fanden sich zahlreiche Freunde von Nah und Fern ein,
auch die gesamte nichtjüdische Einwohnerschaft erwies dem beliebten Manne
die letzte Ehre. An der Bahre schilderten Kantor Strauß, Freiburg, der
Schwager des Verstorbenen, sowie Kantor Alperowitz, Sulzburg, das
segensreiche Leben des Verewigten und den schweren Verlust, den seine
Familie und Gemeinde erlitten. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige
von Salomon Kahn - Zimmer an jüdische Kurgäste zu vermieten (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25.
Mai 1904: "Sulzburg bei Badenweiler. Ein Schlafzimmer mit 2
Betten, Wohnzimmer, mit oder ohne Küche an Kurgäste zu vermieten.
Salomon Kahn." |
Anzeige
des Gasthofes zum Wilden Mann (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Juni 1904:
"Koscher Sulzburg bei Badenweiler (Luftkurort). Koscher.
Gasthof zum Wilden Mann. Inh.: Frau Levi Witwe.
Derselbe ist mit dichten Tannenwäldern umgeben und ist daher zur
schnellsten Genesung für Brustleidende, Nervenkranke etc. etc. sehr
geeignet. Näheres durch die Obige." |
Anzeige
der Bäckerei Berthold Bloch (1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. März 1929: "Bäcker- und Konditor-Lehrstelle-Gesuch.
Suche für meinen 14-jährigen Sohn Lehrstelle, in rituellem Hause, wo
Schabbos und Jomtef (Feiertag) nicht gearbeitet wird. Süddeutschland
bevorzugt.
Berthold Bloch, Bäckerei, Sulzburg in Baden." |
Weitere Dokumente
(aus der Sammlung von Hansjörg Schwer, Waldshut-Tiengen; das Dokument von 1884
aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Brief
an Bürgermeister Sexauer betr.
einer Gerichtssache gegen den Vorsteher
der israelitischen Gemeinde Kahn (1835) |
|
|
|
Umschlag:
Herrn/ Bürgermeister Sexauer / in / Sulzburg / Amts Müllheim
brifbot 1 cr
Inhalt: Herrn Bürgermeister Sexauer in / Sulzburg Amts Müllheim
/
Indem ich Sie benachrichtige, daß I.S. der Ge-
meinde Sulzburg gegen den Judenvorsteher Kahn
das Großh. Oberhofgericht die eingewandte Oberbe-
rufung verworfen hat, übersende ich Ihnen in der
Anlage mein Kostenverzeichniß, deßen Betrag ich
baldigst zu berichtigen bitte, worauf ich Ihnen die Vortheils-
Ausfertigung nebst meiner Decretur zusenden werde.
Hochachtungsvoll
Mannheim d. 26 März 1835
Ihr ergebenster
Dr. Bertheau
Oberhofgerichts-Advokat |
|
|
|
Brief
an den Ortsvorstand in Sulzburg
betreffs der jüdischen Metzger
(1820-er Jahre?) |
|
|
Hinweis
von Hansjörg Schwer zur Datierung:
Der R1.Freyburg-Stempel wurde 1810
eingeführt und die Rayonstempel (R1xx, R2xx)
wurden allgemein bis Ende der 1820er-Jahre
verwendet. Allerdings wurden sie öfters auch
noch in späterer Zeit eingesetzt. Seltsam ist
die Bezeichnung MDS auf dem Brief, mit der
üblicherweise Militär-Dienst-Sachen
gekennzeichnet wurden. |
Umschlag:
An / den Orts Vorstand / zu / Sulzburg
M.D.S.
Inhalt: Stadt Sulzburg / Acta / die Mezger dahier betr.
/
1. Klage des Mezger Adlerwirth Sexauer
wegen beschuldigter Fleischauswägung
von den Juden
2. die Annahme der Mezger in Freyburg
und
3. das Schächten der Juden
4. Uebereinkunft der
christlichen und israelitischen
Metzger dahier mit- / einander. |
|
|
|
|
Schreiben
an den Synagogenrat in Kirchen
- Mitteilung der Erhöhung der Diäten des
Rabbiners in Sulzburg (1868) |
|
|
|
An
den Synagogenrath in Kirchen bei Efringen
Abschrift. Großherzoglicher Oberrath der Israeliten.
Karlsruhe, den 5ten Juni 1868
Die Erhöhung der Diäten der Rabbiner betr.
An das Bezirks Rabbinat Sulzburg
Gr. Ministerium des Inneren hat mittelst hoher Ver-
fügung vom 26ten v. Mts. No 6798 genehmigt daß den
Bezirks-Rabbinern bei auswärtigen Dienstver-
richtungen eine Diät von Vier Gulden und in der Zeit
vom 1. Oktbr bis zum letzten April ein Zuschlag von
10 Prozent berechnet werde.
Das dortige Rabbinat wird zu seiner Maßnahme
sowie zur Eröffnung an die betreffende Gemeinden
hiervon benachrichtigt.
Der Ministerial Commissär:
gez. W. Frey
Vermittelst Abschrift Nachricht hievon dem Srth Kirchen
Sulzburg 10. Juni 1868. Das Bez. Rabbinat
Dreyfuß. |
|
|
Briefumschlag
von A. H. Dreyfuss in Sulzburg,
versandt nach Weiler im Allgäu (1884)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries) |
|
Der Brief wurde verschickt von Abraham Hirsch
Dreyfuss (Dreyfuß), Sohn des Rabbiners Emanuel Dreyfuss (Dreyfuß) in
Sulzburg nach Weiler im Allgäu am 2. Juli 1884.
Abraham Hirsch Dreyfuss (geb. 15. Oktober 1835 in Sulzburg als Sohn von Rabbiner Emanuel Dreyfuss und Bella/Babette
geb. Meyer) war verheiratet mit Sara geb. Weil (geb. 1836). Das Ehepaar hatte
sechs Kinder: Behla (1861 - 1946), Paulina (1863 -
unbekannt), Babette/Brendel (1864 - 1865), Sophie (1866 -
unbekannt), Joseph (1868 - 1892; im jüdischen Friedhof Freiburg
beigesetzt: Grab Nr. 9 nach Dokumentation von Ruben Frankenstein), Isidor
(1870 - unbekannt).
Abraham Hirsch Dreyfuss war in Sulzburg als Lederhändler tätig und bis
zu seinem Wegzug nach Freiburg in der Zeit von 1876 bis 1888 Mitglied des
Gemeinderates. In der jüdischen Gemeinde war er auch als Mohel (Beschneider)
tätig. Abraham Hirsch Dreyfuss starb am 22. Oktober 1914 in Freiburg, Seine Frau Sara
geb. Weil starb 1920 im Alter von 84 Jahren gleichfalls in Freiburg. Beide
wurden im jüdischen Friedhof in Freiburg beigesetzt (nach Dokumentation
von Ruben Frankenstein Grab Nr. 10 bzw. Grab Nr. 11).
Quellen: http://www.alemannia-judaica.de/sulzburg_texte.htm
(siehe oben): A. H. Dreyfuß wird zum dritten Mal wieder als Gemeinderat gewählt (1882)
https://juden-in-sulzburg.de/person/dreyfuss-abraham-hirsch
http://www.alemannia-judaica.de/freiburg_personen.htm:
Zum Tod von Sara Dreyfuß geb. Weil, Witwe von Abraham Hirsch Dreyfuß (1920)
Zu Abraham Hirsch Dreyfuss siehe https://www.geni.com/people/Abraham-Dreyfuss/6000000031580491711
Zu Sara Dreyfuss geb. Weil siehe https://www.geni.com/people/Sara-Dreyfuss/6000000031580685577
Von dort weitere Informationen zu
Familienangehörigen |
|
|