Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 

Übersicht:  

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bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletLinks und Literatur   

        

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Bretten bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter und in der Neuzeit bis 1938. Im Mittelalter werden erstmals erstmals 1264 Juden genannt. Die Judenverfolgung während der Pestzeit 1349 zerstörte die Gemeinde. 1380 bis 1391 waren wieder einige Juden in der Stadt. 
   
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zurück. 
  
Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner in der Stadt zu: 1722 sieben jüdische Familien, 1743 13, 1797 28 Familien. 
 
Der alte Name von Bretten - Brettheim - hat sich in einem jüdischen Familiennamen "Brettenheim" erhalten: seit 1799 war in Frankfurt ein Lehrer Julius Brettenheim angestellt, der sich 1813 dort verheiraten wollte und mangels jüdischer Geburtsbücher stadträtlich bezeugt erhielt, dass er in Bretten ehelich geboren sei und den Namen Jesaias gehabt habe.      
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1803 150 jüdische Einwohner (5,2 % von insgesamt 2.903 Einwohnern), 1825 189 (6,5 % von 2.922), 1845 165 (5,1 % von 3.226), 1875 199 (5,5 % von 3.606), 1885 233 (5,9 % von 3.032), Höchstzahl um 1895 mit 265 Personen, 1900 263 (5,5 % von 4.781), 1910 204 (32,8 % von 5.323).  
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (jüdische Konfessionsschule von 1835 bis 1876), ein rituelles Bad (in einem Badehaus unweit der Synagoge, 1893 neu erbaut) und - seit 1883/84 - einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle auf der Textseite). Für das rituelle Schlachten stand für den Schochet beziehungsweise die jüdischen Metzger bis 1933 ein besonderer Schlachtraum im städtischen Schlachthof zur Verfügung.     
  
1827 wurde Bretten bei der Neueinteilung der badischen Rabbinatsbezirke Sitz eines Bezirksrabbinates, nachdem die jüdische Gemeinde der Stadt in den Jahrzehnten zuvor teilweise vom Rabbiner in Flehingen oder auch vom Rabbiner in Bruchsal betreut worden war. Zum Rabbinatsbezirk Bretten gehörten nach 1827 die jüdischen Gemeinden in Bauerbach, Berwangen, Bretten, Diedelsheim, Eppingen, Flehingen, Gemmingen, Gochsheim, Gondelsheim, Grötzingen, Ittlingen, Jöhlingen, Königsbach, Menzingen, Mühlbach, Münzesheim, Richen, Schluchtern, Stebbach und Stein.  
Als Rabbiner waren in Bretten tätig:
Rabbiner Veit Flehinger (geb. 1769 in Flehingen, gest. 1854 in Bretten): Sohn des Rabbiners Isak Flehinger in Flehingen; studierte in Mainz und Mannheim; seit 1807 inoffiziell, seit Dezember 1821 offiziell als Bezirksrabbiner in Bretten angestellt.
Rabbiner Siegmund Weil (geb. 1814 in Eichstetten, gest. 1886 in Mosbach): 1843 bis 1855 als Rabbiner in Eichstetten, Februar bis Juli 1855 Rabbinatsverweser in Bretten, danach bis zu seinem Tod 1886 Bezirksrabbiner in Mosbach .     
Rabbiner Moses Elieser Liberles (geb. 1824 in Kirchen, gest. 1872 in Bretten): studierte seit 1848 in Würzburg; seit 1855 Bezirksrabbiner in Bretten. 
Rabbiner Lazarus Schlessinger (geb. 1842/43 in Flehingen, gest. Juli 1924): 1875/77 bis 1920 Bezirksrabbiner in Bretten, vorher Rabbiner in Bruchsal; sein Grab ist auf dem Friedhof in Bretten (mit Name Elieser Zvi b. Elieser).   
      
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Ernst Baum (geb. 29.10.1880 in Nonnenweier, gef. 31.8.1915), Gefreiter Ludwig Herzberger (geb. 18.9.1886 in Bretten, gef. 12.8.1916), Jakob Koppel (geb. 20.4.1896, gef. 10.10.1917), Vizefeldwebel Arthur Lämle (geb. 18.8.1892 in Bretten, gef. 17.7.1915), Isidor Lämle (geb. 22.2.1895 in Bretten, gef. 22.4.194), Manfred Lämle (geb. 11.4.1888 in Bretten, gef. 17.11.195), Sally Lämle (geb. 14.9.1896 in Bretten, gef. 18.4.1917), Vizefeldwebel Julius Lichtenberger (geb. 22.4.1887 in Bretten, gef. 26.9.1917), Vizefeldweber Adolf Wertheimer (geb. 21.7.1888 in Bretten, gef. 23.4.1917), Rudolf Wertheimer (geb. 1.6.1879 in Bretten, gef. 23.6.1918), Siegbert Wertheimer (geb. 11.2.1896 in Bretten, gef. 4.12.1916). Die Namen der jüdischen Gefallenen stehen auf einem Gefallenendenkmal im jüdischen Friedhof der Stadt.   
  
Um 1925, als zur jüdischen Gemeinde 155 Personen gehörten (2,8 % von insgesamt 5,621 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Isak Wertheimer, Julius Gailinger, Samuel Eichtersheimer, Louis Ettlinger, Nathan Veis und Hermann Kaufmann. Als Kantor und Schochet war - seit seinem Zuzug 1919 von seiner bisherigen Stelle Gernsheim Leo Aach angestellt (geb. 29.12.1889 in Trier, gest. 31.7.1938 in Bretten im Alter von erst 49 Jahren und auf dem dortigen Friedhof beigesetzt). Synagogendienerin war Lina Federer. Den Religionsunterricht für sechs Kinder der Gemeinde erteilte Hauptlehrer Kaufmann. An jüdischen Vereinen gab es u.a. einen Literaturverein Bretten für jüdische Geschichte (1924 unter Leitung von Reallehrer Jos. Weiler mit 50 Mitgliedern). 1932 waren die Gemeindevorsteher Nathan Veis (1. Vorsitzender) und Jacob Erlebacher (Schriftführer) sowie weitere vier Gemeindeglieder. Vorsitzender des Friedhofsausschusses war Nathan Veis. Als Lehrer werden Hauptlehrer H. Kaufmann und der schon erwähnte Lehrer Leo Aach genannt. 
 
Seit den 1920er-Jahren gehörten zur jüdischen Gemeinde Bretten auch die noch in Diedelsheim (1932 10) und Gondelsheim (1932 13) lebenden jüdischen Einwohner, nachdem die dortigen jüdischen Gemeinden aufgelöst worden waren.          
   
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben in jüdischem Besitz sind u.a. bekannt: Häute- und Fellhandlung Elias Bodenheimer (Melanchthonstraße 90), Nähgeschäft Irma Bodenheimer (Melanchthonstraße 106), Metzgerei Sally Dreifuß (Weißhofer Straße 18), Zigarrenfabrik Max Eichtersheim (Wilhelmstraße 54), Tabakwarengroßhandlung Gustav und Julius Erlebacher OHG (Bahnhofstraße 14), Fell- und Manufakturwarenhandlung Jakob Erlebacher (Melanchthonstraße 57), Viehhandlung und Manufakturwaren Julius Erlebacher (Melanchthonstraße 49), Gasthaus "Zur Blume", Inh. Emil, dann Louis Ettlinger (Marktplatz 5), Textilhandlung Oskar Grabenheimer (Mönchhofgasse 6), Textilwaren Julius Graf (Melanchthonstraße 124), Manufakturwarenhandlung Julius Herrmann (Wilhelmstraße 10), Herdfabrik M.A.Lämle (Machul Aaron Lämle AG – MALAG; Wilhelmstraße 39), Pferde- und Viehhandlung Siegfried Lichtenberger (Pforzheimer Straße 51), Eisen-, Maschinen- und Glashandlung Leopold Löb (Melanchthonstraße 11), Ellenwarenhandlung Bernhard Veis Söhne (Oppenlochgasse 313), Polster- und Roßwarenhandlung Hugo und Jakob Veis OHG (Melanchthonstraße 59), Textil-Großhandelsfirma Gebr. Veis, Inh. Nathan und Karl Veis (Pforzheimer Straße 25), Manufakturwaren-, Weiß- und Wollwarengeschäft Emilie Wertheimer (Marktplatz 2), Manufakturwarengeschäft Isak Wertheimer (Melanchthonstraße 70), Eisen-, Maschinen- und Tafelglasgroßhandlung Sally Wertheimer (Wilhelmstraße 50).  
  
1933 wurden noch 114 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt (2,6 % von insgesamt 5.641 Einwohner). In den folgenden Jahren nahm die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder zunächst noch nicht ab, da aus Landgemeinden einige Familien zugezogen sind (1937 122 jüdische Einwohner). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung entschlossen sich nach 1937 und insbesondere nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 viele der jüdischen Einwohner zur Auswanderung. 1939 wurden noch 66 jüdische Einwohner gezählt. Die letzten 18 jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 in das südfranzösische KZ Gurs deportiert. In den letzten Monaten waren die jüdischen Einwohner in den folgenden "Judenhäusern" untergebracht: Bahnhofstraße 14, Melanchtonstraße 49, 70 und 80; Weisshofer Straße 42 und 96; Zähringer Straße 3.      
    
Von den in Bretten geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Helene Baum geb. Wertheimer (1885), Klara Brettheimer geb. Lämle (1892), Rosalie Dampf geb. Ettlinger (1869), Sophie Dreifus geb. Herzer (1875), Else Erlebacher (1886), Gustav Erlebacher (1865), Hedwig Erlebacher (1883), Irma Erlebacher geb. Stammhalter (1902), Julius Erlebacher (1888), Sofie Erlebacher geb. Flegenheimer (1868), Alfred Ettlinger (1876), Bernhard Ettlinger (1866), Hugo Ettlinger (1877), Julius Ettlinger (1882), Lina Federer (1881), Berta Fetterer (1880), Berta Frank geb. Weissenburger (1873), Max Gailinger (1882), Emilie Gidern geb. Bernheim (1870), Karola Grzymisch geb. Schlessinger (1891), Telly Guggenheim geb. Lichtenberger (1889), Aron Haag (1885), Frieda Hecht geb. Ettlinger (1880), Johanna Heli (1891), Else Henle geb. Wertheimer (1894), Bertha (Berty) Kahn geb. Lichtenberger (1888), Hannchen Kaufmann geb. Lämle (1868), Nelly Kaufmann geb. Eichtersheimer (1886), Selma Kaufmann geb. Eichtersheimer (1891), Selma Kaufmann geb. Bodenheimer (1906), Alfred Koppel (1898), Adolf Lämle (1880), Lisette Lämmle (1881), Albert Ledermann (1880), Irma Leiter (1901), Helena Leyde geb. Wertheimer (1879), Helena Lichtenberger geb. Veis (1862), Moritz Lichtenberger (1865), Moses Lichtenberger (1865), Auguste Löwenthal geb. Erlebacher (1870), Fani Löwenthal geb. Schwanthaler (1882), Flora Mayer geb. Rothschild (1861), Edgar Oppenheimer (1892), Leo Oppenheimer (1891), Ernst David Reis (1875), Margarete Reis geb. Ettlinger (1906), David Rothschild (1862), Salomon Rothschild (1859), Siegmund Rothschild (1888), Gottschalk Schlessinger (1852), Lina Schmulewitz geb. Helbarth (1891), Meta Schmulewitz (1918), Edith Sigall (1926), Rosa Sigall (1924), Rosa Strauss geb. Lämle (1881), Berta Veis geb. Blum (1898), Jakob Veis (1892), Sophie Weil geb. Ettlinger (1889), Gala Wertheimer geb. Lämle (1857), Isaak Wertheimer (1867), Johanna Wertheimer (1879), Josef Wertheimer (1878), Pauline Wertheimer (1877), Recha Wertheimer (1896).                     
     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge   
   
Über mittelalterliche Einrichtungen ist nichts bekannt. 
      
Seit dem 17. Jahrhundert fanden die Gottesdienste jeweils in einem Betsaal eines jüdischen Privathauses statt, am Anfang des 19. Jahrhunderts im Haus des Jacob Marx. 1803 hatte sich die israelitische Gemeinde verpflichtet, innerhalb von drei Jahren eine Synagoge zu errichten und den Betsaal an Familie Marx zurückzugeben. Es dauerte jedoch noch fast zwei Jahrzehnte,  bis die Gemeinde in der Lage war, die Mittel für den Synagogenbau aufzubringen. Jacob Marx hatte den Betsaal zunächst unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Nachdem bis September 1806 die Gemeinde ihrer Selbstverpflichtung nicht nachgekommen war, wurde ein Mietzins für die Haltung der Gottesdienste im Marx’schen Haus in Höhe von 50 Gulden jährlich vereinbart. Nachdem Jacob Marx gestorben war, wurde die Miete an seine Witwe bezahlt, die 1822 in Gernsbach wohnte.  
     
Am 20. Februar 1822 wurde in einer Gemeindeversammlung beschlossen, den Synagogenbau durchzuführen. Landbaumeister Schwarz aus Bruchsal beriet die Gemeinde. Die Arbeiten zu der auf 5.040 Gulden veranschlagten Synagoge wurden noch im Februar 1822 an die Werkmeister Auchter und Kohler von Eppingen versteigert. Bei der am Engelsberg erbauten Synagoge handelte es sich insgesamt um äußerlich sehr schlichten Bau, der nur durch seinen Eingang und die hohen Fenster als ein besonderes Bauwerk erkennbar war. Das Gebäude fügte sich in die Bauweise der Umgebung ein. Lediglich das große Walmdach überragte die umliegenden Häuser.  Seit Frühjahr 1827 lebte die Gemeinde einige Zeit in großer Sorge, da bereits mehrfach – auch einmal während eines Gottesdienstes – Steine und Erdschollen durch die Fenster geworfen wurden. Vorsteher Moses Weingärtner gab am 27. April 1827 einen diesbezüglichen Bericht an das Bezirksamt ab. Es sei an den großen Fenster wie auch an dem auf der Ostseite befindlichen Halbmondfester ein Schaden in Höhe von 3 Gulden 12 Kreuzern entstanden. Auch im August 1829 wurden während des Gottesdienstes mehrere Fenster in der Synagoge eingeworfen. Diesmal konnten die Täter aufgegriffen werden. Es handelte sich um vier sieben- und achtjährige Jungen, die für ihre Taten nach einer Verhandlung vor dem Bezirksamt bestraft wurden. Vor der versammelten Schuljugend erhielt jeder von ihnen vom evangelischen Schullehrer vier Rutenstreiche. Auch hatte ihre Eltern für den angerichteten Schaden 4 Gulden 36 Kreuzer zu bezahlen.
      
Eine größere Umbaumaßnahme stand 1862 in der Synagoge an. Bis dahin waren Betpulte vorhanden, die man auf Grund eines Gemeindebeschlusses vom 19. Juni 1862 durch feste Bankreihen (Subsellien) ersetzen wollte. Der damalige Brettener Rabbiner Elieser Liberles sah in dieser Anschaffung "nicht allein ein Bedürfnis zur besseren Handhabung der Synagogenordnung, sondern vom religiösen Standpunkt her [sei es auch] sehr wünschenswert und zweckmäßig, zumal an hohen Festtagen, an welchen wir nach Religionsvorschrift öfters nach Osten stehen müssen, was bei der dermaligen Einrichtung oft große Störung verursachte durch das Herumrücken der Ständer von ihren Plätzen". Neben dieser Begründung schrieb Rabbiner Liberles Ende Juli 1862 an das Bezirksamt noch einzelne Bestimmungen über die Ausführung der Subsellien. Unter anderem war ihm wichtig, dass die Sitze zurückgeschlagen werden können und "gehöriger Raum vorhanden bleibe", um den Umgang mit den Torarollen zu ihrer Verlesung machen zu können.  
     
Von Januar bis Juli 1929 wurde die Synagoge vollständig renoviert. Die Gemeinde beschloss, trotz der beschränkten Mittel, die ihr zur Verfügung standen, vor allem das Innere des Gotteshauses künstlerisch zu gestalten. Für die Durchführung des Planes engagierte sich insbesondere Karl Veis. Durch eine großangelegte Werbetätigkeit brachte er einen beträchtlichen Teil der Bausumme auf. Auch der Oberrat der Badischen Israeliten machte eine namhafte Schenkung. Der Rest des erforderlichen Betrages wurde mit Hilfe eines Darlehens bestritten. Im ganzen waren 18.000 Mark notwendig. Die Bauleitung wurde Stadtbaumeister Gumbel übertragen. Die Vorschläge für die Deckenbemalung stammten von Bezirksrabbiner Dr. Siegfried Grzymisch. Die Entwürfe - sie versinnbildlichten Schabbat und Festtage - zeichnete Kunstmaler Kitschger, Karlsruhe. Da er kurz nach Fertigstellung der Entwürfe starb, führte Kunstmaler Bickel aus Bretten die Deckenbemalung nach den Entwürfen aus. Ortsansässige Handwerker hatten die Bauarbeiten übernommen. Noch im Juli 1929 wurde die Synagoge wieder eingeweiht, was zu einem Festtag für die ganze Stadt wurde. 

Nachstehende Berichte zur Renovierung 1929 aus Unterlagen von Nathan Veis und Carl Veis sowie aus Zeitungsausschnitten (Quelle: Mitteilungsblatt der Stadt Bretten vom 25. Oktober 1979):       

Synagogenrenovierung 1929. "Im Laufe der Jahre hatte der bauliche Zustand notgelitten und eine Neuherrichtung war notwendig geworden. Trotz der beschränkten Mittel, die der Gemeinde zur Verfügung standen, beschloss man, dem Inneren des Gotteshauses ein Gewand zu verleihen, wie es der Heiligkeit des Ortes entsprach. Daneben sollte auch künstlerischen Gesichtspunkten Rechnung getragen werden. 
  
Die Einweihungsfeier der Synagoge Juli 1929 (aus "Brettener Zeitung"):
"In Anwesenheit einer großen Zahl geladener Gäste, unter denen man die Vertreter aller weltlichen und geistlichen Behörden bemerkte, beging unsere jüdische Gemeinde am gestrigen Sonntag die Einweihung ihres neu hergerichteten Gotteshauses. Eine wirklich gediegene Auswahl musikalischer Darbietungen verlieh der ganzen Feier einen würdigen und stimmungsvollen Rahmen. Nach einem kurzen Vorspiel sang Herr Oberkantor Metzger das Bouruch habah". Hier wie in der späteren "Arie aus Elias" kam die strahlende, in allen Lagen ausgeglichene Stimme des Solisten voll zur Geltung, aufs beste unterstützt von der geradezu idealen Akustik des Raumes. Am Harmonium war ihm Herr Musikdirektor Munz, wie immer, ein trefflicher Begleiter. Nur schade, dass in unserer Stadt ein so edler Kunstgenuss allzu selten ist. Auch der Chor unter Leitung von Herrn Robert Ganter überraschte durchweg, obwohl zahlenmäßig klein, mit recht beachtlichem Können. Nach dem feierlichen Ausheben und Umzug der Tora hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Grzymisch die Festpredigt. Er gedachte eingangs des segensreichen Wirkens des verstorbenen Rabbiners Schlessinger und sprach dann in eindringlichen Worten über das Wesen und die Bedeutung des jüdischen Gotteshauses. Des weiteren umriss er noch den erziehlichen Gedanken, der dem Judentum schon Jahrtausende hindurch lebendig innewohnt und am Werk ist, seine Anhänger zum höchsten und reinsten Menschentum emporzuführen. Mit dem Dank an den Bauleiter Herr Stadtbaumeister Gumbel und seine treuen Helfer, einem Gebet, dem ein Nachspiel auf dem Harmonium folgt, klang die schöne Feier aus. Hierauf hatte man Gelegenheit, den in allen Teilen fein abgestimmten Raum zu besichtigen. Sowohl die Abstufung der einzelnen Farbtöne, wie auch die Wirkung der geschmackvollen Lichtspender, sind zu vollem Einklang gebracht. Die gesamte Raumgestaltung macht ihrem Schöpfer alle Ehre. Zum Schluss erklärte sich Herr Dr. Grzymisch in dankenswerter Weise bereit, die an der Decke angebrachten symbolischen Darstellungen der jüdischen Wochen mit den alljährlichen Feiertagen sowie die hübschen Schriftzeichen des Frieses zu deuten. Er ist ja selbst, wie Herr N. Veis lobend hervorhob, der geistige Urheber all dieser Dinge. Die malerischen Entwürfe dazu stammen von dem bekannten, erst vor kurzem verstorbenen Kirchenmaler M. Kitschger und sind von unserem heimischen Kunstmaler Bickel farbenfroh und gediegen ausgeführt worden. Alles in allem darf man unsere jüdische Gemeinde zu diesem herrlichen Gotteshaus wirklich beglückwünschen. Aber auch für unsere Heimatstadt bedeutet dieser Bau einen weiteren Anziehungspunkt.     

 
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am Morgen des 10. November von SA- und SS-Angehörigen durch Brandstiftung vollständig zerstört. Mit mehreren Kanistern Benzin, die bei einer örtlichen Tankstelle besorgt wurden, ist der Brand gelegt worden. Dabei wurden alle kultischen Gegenstände zerstört, unter anderem 25 wertvolle Torarollen und der Tora-Silberschmuck. Obwohl Nachbargebäude gefährdet und durch den Brand auch beschädigt worden waren, erlaubten die örtlichen Naziführer zunächst nicht, dass die Feuerwehr eingriff. Am Nachmittag gegen 14 Uhr wurden alle inzwischen verhafteten jüdischen Männer unter Bewachung von SA und SS vor dem Rathaus aufgestellt und vom Bezirkspropagandaleiter mit Musik durch die Stadt geführt. Auf dem Rückweg über den Promenadenweg mussten sie an der bereits ganz zerstörten Synagoge Halt machen, wo der Bezirkspropagandaleiter eine Hetzrede gegen den jüdischen Glauben hielt. Das israelitische Gemeindehaus Engelsberg 6 wurde am 10. November 1938 demoliert.  
    
Aus der NS- Presse: antijüdischer Hetzartikel über die Ereignisse am 10. November 1938
    

Artikel in "Der Führer" vom 12. November 1938:  Volksgericht ist Gottesgericht. Demonstration gegen Juden in Bretten
Bretten, 11. November. Als in den Abendstunden des 9. November die Nachricht vom Ableben des von jüdischer Mörderhand niedergeschossenen Gesandtschaftsrats vom Rath durch unsere Stadt eilte, bemächtigte sich der Einwohnerschaft eine große Erregung. Noch niemals wurde auch nur einem einzigen der vielen Brettener Juden ein Haar gekrümmt, obwohl gerade die Brettener Juden in der Vernichtung von Existenzen in der Kampfzeit der nationalsozialistischen Bewegung wahre Meisterstücke vollbrachten. Von den 'Prachtexemplaren' von Rassenschändern ganz zu schweigen.
Jetzt war das Maß voll. Am Donnerstagvormittag wuchs und wuchs die Empörung, bis sich dann gegen 10 Uhr die kochende Volksseele in einer beispiellosen Demonstration Luft machte. Die Brutstätte jüdischen Hasses gegen alles Nichtjüdische, die Synagoge, wurde demoliert und die Schaufenster jüdischer Ramschläden gingen in Trümmern.
Propagandaleiter Riegler sprach zu der empörten Menge vom Gottes Gericht, dass nun über die Juden, die in aller Welt gegen alles Deutsche ihren Hass ausgießen, gekommen ist."    

      
1948 fand vor der Karlsruher Strafkammer ein Prozess zu den Ereignissen in der Pogromnacht in Bretten statt. Dabei waren allerdings nur zwei Männer der Stadt, u.a. ein früherer SS-Oberscharführer, angeklagt. Verschiedene Zeugen, die bei früheren Vernehmungen sehr belastende Aussagen gemacht hatten, machten im Zusammenhang des Prozesses nur noch Angaben, mit denen das Gericht nichts anfangen konnte. Nur ein Zeuge blieb bei seinen Beschuldigungen, sodass einer der Angeklagten wegen Landfriedensbruch zu fünf Monaten, der andere zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt wurden. Beide bestritten die Tat und legten Berufung ein.
   
Das Synagogengrundstück wurde nach 1945 mit einem Geschäftshaus neu überbaut. An dem hierzu angelegten Parkplatz erinnerte seit November 1979 ein Gedenkstein an die Synagoge und die jüdische Gemeinde. 1988 wurde ein neuer Gedenkstein aufgestellt (Standort: direkt an der Straße Engelsberg).  
     
Um die Synagoge befanden sich auch die übrigen - bereits oben genannten - Einrichtungen der Gemeinde: die Schule (jüdische Konfessionsschule 1835 bis 1876), das Rabbinat (Engelsberg 6) und das rituelle Bad (Badhaus 1893 als Hintergebäude dieser Häuser erbaut). In einem der beiden Wohngebäude Engelsberg 6 (Rabbinat?) befand sich ein Betsaal, der im Winter für die Gottesdienste benutzt wurde
.  
    
    
  
  
Fotos/Pläne 
Pläne:  

Bretten Synagoge Plan 01.jpg (48172 Byte)

Bretten Synagoge Plan 02.jpg (70369 Byte)

Die im Besitz der israelitischen Gemeinde Bretten neben der Synagoge 
(rechts eingezeichnet) befindlichen Gebäude Engelsberg 6
 (Einschätzungsverzeichnis von 1938): 
1: Wohnhaus mit Betsaal (zwei Geschosse), 2: Wohnhaus (zwei Geschosse), 
3: Badhaus (rituelles Bad, ein Geschoss), 4: Abortgebäude (ein Geschoss) 
   
Kartenausschnitt aus einem Stadtplan 1988
 (Dokumentation der Melanchthonschule s. Lit.):
 Eintragung des auf dem ehemaligen
 Synagogengrundstück erbauten Gebäudes der
 Sparkasse und Markierung des Standortes der
 ehemaligen Synagoge  
   

   
Historische Fotos: 
(Quelle: obere Fotos vom Stadtarchiv Bretten; darunter Foto in Stude s. Lit. S. 322)  

Bretten Synagoge 001.jpg (54834 Byte) Bretten Synagoge 003.jpg (64227 Byte) Bretten Synagoge 004.jpg (62311 Byte)
Die Synagoge in Bretten (Vergrößerung 
aus einer Luftaufnahme) 
 Deckenbeleuchtung im Betsaal 
nach der Renovierung (1929) 
Blick zum 
Toraschrein 
     
Bretten Synagoge 1310.jpg (35851 Byte)  Bretten Synagoge 270.jpg (90775 Byte) Bretten Synagoge 271.jpg (115063 Byte) 
Blick zum Toraschrein in der Synagoge Bretten
(Foto zugesandt von Heidi Leins; ) 
/
 Stadtarchiv Bretten) 
Das Foto in hoher Auflösung
Innenaufnahmen einer Synagoge und eines kleineren Betraumes aus der Sammlung der
Familie des Brettener Kantors Leo Aach; es könnte sich bei der Synagoge um die
Synagoge in Gernsheim handeln, wo Leo Aach bis 1919 - vor seiner Zeit in Bretten
- als Lehrer tätig war.     
    
     
Purim-Feier Bretten 1920
mit Lehrer Leo Aach
(aus der Sammlung der Familie des 
Lehrers Leo Aach; erhalten über 
Dorothee Lottmann-Kaeseler)
Bretten Purimfeier 1920a.jpg (115929 Byte)  
     
      
Aach Leo Dok 020.jpg (145166 Byte)

Aach Leo Dok 021.jpg (125352 Byte)Aach Leo Dok 022.jpg (78247 Byte)

Aach Leo Dok 023.jpg (77667 Byte)
Der Brettener jüdische Lehrer Leo Aach als Militärseelsorger im Ersten Weltkrieg
(aus der Sammlung der Familie des Lehrers Leo Aach) 
Lehrer Leo Aach mit Frau Irma geb. Blum 
und Sohn Hans Aach (geb. 1920, 
1937 in die USA emigriert) 
    

   

     

   
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) 
Bretten Synagoge 010.jpg (78470 Byte) Bretten Synagoge 011.jpg (110052 Byte)
  Der ehemalige 
Synagogenstandort 
Sehr versteckt am Rande des 
Parkplatzes: eine Gedenktafel 
       
Fotos 2003/04: 
(Fotos: Hahn; Foto in der 2. Reihe
 links ist vom 18.11.2004) 
Bretten Synagoge 153.jpg (55070 Byte) Bretten Synagoge 150.jpg (76065 Byte)
  Blick zum ehemaligen 
Synagogenstandort 
Standort von der Straße Engelsberg
 gesehen. Links der Gedenkstein 
     
  Bretten Synagoge 290.jpg (64238 Byte) Bretten Synagoge 151.jpg (69510 Byte)
  Der Gedenkstein für die 
ehemalige Synagoge Bretten 
Die Gedenktafel 
  
      

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

"Stolpersteine"-Verlegung in Bretten - Video, eingestellt bei youtube.com   
Anmerkung: In Bretten wurden bislang im November 2004 und November 2008 "Stolpersteine" verlegt. 
  
 
September 2019: Auf den Spuren der Familie Weingärtner in Bretten 
Artikel von Heidemarie Leins in "Kraichgau-news.de" vom September 2019: "Auf den Spuren der Weingärtners in Bretten
Foto: Weißhofer Str. 15, neben der Buchdruckerei Leitz, das Wohn- und Geschäftshaus (Schneiderei) der Familie Weingärtner

Eine email aus Israel landete im Postfach und gleich darauf ein Anruf bei Heidi Leins. 'Ich bin Bruno Blum! Meine Urgroßmutter ist in Bretten geboren.' 'Woher meine Anschrift?' 'Bei Alemannia Judaica ist sie unter dem Brettener Friedhof vermerkt.' So viel zur Vorgeschichte, denn schon bald danach stand Bruno Blum mit seiner Frau Estelle und seinem Bruder Marc vor der Rathaustür. Bruno mit Kippa, in Bretten ein ungewöhnlicher Anblick. Sein Bruder trug eine Kappe. So war es gleich klar, dass wir gläubige Juden zu Gast haben. Zwischen Sukkot und Jom Kippur gehen sie immer auf die Friedhöfe und dieses Mal in Deutschland. Aber in welche Familie gehören Blums? Es gab in Bretten jüdische Mitbürger mit diesem Namen. Aber es stellte sich schnell heraus, dass die Stammeslinie eine andere war. Die Urgroßmutter hieß Frieda Weingärtner und war eine der Töchter von Jakob und Babette Weingärtner. Sie heiratete David Dreifuß aus Nonnenweier. Friedas Eltern hatten eine Mehlhandlung in der Weißhofer Str. 15. Dieses Haus war nach einem Empfang beim Oberbürgermeister Martin Wolff, wo in Windeseile die ganze Familiengeschichte ausgebreitet wurde, denn Bruno Blum kam gut vorbereitet, eines der Ziele. Martin Wolff freute sich über den Besuch, und die Gäste noch mehr, zumal sie als Erinnerung in der schönen Brettener Tasche das hübsche 'Bilderbuch' Brettens mit nach Hause nehmen konnten. Das Interesse an den Wurzeln war unglaublich, das noch gesteigert wurde, als im Archiv die Standesbücher mit Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden eingesehen werden konnte. Der große Bogen über die Eltern mit den sieben Kindern konnte so gespannt werden, denn der jüdische Friedhof war die nächste Station. Überhaupt nicht erwartet wurden Grabstätten der Familie, doch die Ururgroßeltern, gestorben 1894 und 1899, haben ein gemeinsames Grab. Die Grabsteine sind hebräisch beschriftet. Welche Freude bei den Brüdern! Auch der Bruder der Urgroßmutter Lehmann Weingärtner liegt zusammen mit seiner Frau Hedwig in Bretten.
Heidi Leins übergab den im Entwurf bestehenden Friedhofsplan mit den Verbindungslinien der einzelnen Familien. Angenehm überrascht war man vom guten Zustand des Friedhofs. Nachdem Gebete gesprochen waren, wusch man sich mit mitgebrachtem Wasser die Hände, weil man sich in unmittelbarer Nähe von Toten aufgehalten hatte. Nicht immer können Wohnhäuser gezeigt werden. Doch in diesem Fall ist es möglich. Das Haus Nr. 15 steht, wie es stand. Auch die Hausnummer blieb. Es war bis 1938 im Eigentum, schon lange nicht mehr als Mehlhandlung, denn die zog in die Pforzheimer Str. 3 um. In der Nr. 15 hatten zwei Schwestern eine gut gehende Schneiderei, die durch die Flucht nach London ein jähes Ende fand. Die Tochter von Frieda hieß Jenny. Sie wurde sogar zu den Schwestern geschickt, um in die Brettener Realschule zu gehen. Dr. Jenny Dreifuß‘ Leben in der Nazizeit war ein sehr trauriges. Aber das ist eine andere Geschichte. Zusammen mit Rüdiger und Heidi Leins ging es am nächsten Tag nach Nonnenweier, um auch dort Gräber zu besuchen und das Wohnhaus aufzufinden.'"  
 
Februar 2020: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" in Bretten und Flehingen   
Artikel von Havva Keskin in den Kraichgau-news.de vom 11. Februar 2020: "Stolperstein-Verlegung in Bretten und Flehingen. 'Verbeugung vor den Opfern'
Bretten
. Wer war Oskar Tretter aus Bretten? Und was passierte mit der Familie Schlessinger aus Flehingen? Der Leistungskurs Geschichte des Melanchthon-Gymnasium Bretten (MGB) unter der Leitung von Lehrer Dirk Lundberg hat den Lebensweg dieser Opfer des nationalsozialistischen Terrors nachverfolgt und Licht ins Dunkel dieser Zeit gebracht. Ihre bewegenden Schicksale wurden am Dienstag, 11. Februar, in Bretten und Flehingen verewigt. Das Programm mit Vorträgen gestalteten in der Aula des MGB unter anderem Elke Bender, Schulleiterin am MGB, Solange Rosenberg von der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe und der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff. Zur Gedenkfeier waren auch David Schlessinger, Enkel von Robert und Fanny Schlessinger aus Großbritannien angereist  [...]  
Drei Stolpersteine zum Gedenken an Familie Schlessinger. Bereits vor zehn Jahren wurden in Flehingen schon einmal Stolpersteine verlegt, aber 'leider nicht alle', so Thomas Nowitzki, Bürgermeister von Oberderdingen. 'Umso wichtiger ist es, dass wir heute die drei Stolpersteine zum Gedenken an Robert Schlessinger, Fanny Schlessinger und Gottschalk Schlessinger verlegen können', betonte der sichtlich gerührte Bürgermeister. Er sei sehr froh darüber, dass die heutige Generation der Eigentümer des Hauses in der Bahnhofstraße 3 in Flehingen ihre Zustimmung zur Verlegung der drei Stolpersteine vor dem Haus gegeben hätten. 'Mein Dank gilt aber vor allem euch, den Schülerinnen und Schülern des Leistungskurses Geschichte hier am Melanchthon-Gymnasium, die ihr zusammen mit Herrn Lundberg die Stolperstein-Aktion in unserem Ortsteil Flehingen heute abschließt.'
'Wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, tauchen die Stolpersteine auf“. Zum siebten Mal in Bretten zu Gast war an diesem Tag der Künstler Gunter Demnig, der die Idee zu den Stolpersteinen vor über 25 Jahren entwickelt und den 75.000 Stein am 29. Dezember 2019 in Memmingen verlegt hat. 'Das Projekt nimmt die Form an, die ich mir gewünscht habe: Überall in Europa, wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, Menschen ermordet haben, Menschen deportiert haben, tauchen die Stolpersteine symbolisch auf', sagte er. Die Stolpersteine könnten allerdings nicht Grabsteine ersetzen, wenn die Opfer des NS-Terrors in Rauch aufgelöst, die Asche verstreut und im Winter zum Streuen der Wege benutzt wurde.
Verbeugung vor den Opfern. Die Aussage von Kritikern, durch die Stolpersteine werde auf die Opfer getreten, wies der Künstler entschieden zurück und sagte: 'Du musst, wenn du die Inschrift lesen willst, eine kleine Verbeugung vor den Opfern machen.' Im Anschluss an die Gedenkfeier verlegte Demnig persönlich den Gedenkstein für Oskar Tretter in der Weißhoferstraße 29 in Bretten. Der Stein trägt die Inschrift: 'Hier wohnte Oskar Tretter, JG. 1901, Zeuge Jehovas, verhaftet 1936, Gefängnis Bruchsal, entlassen 1936, 1939 Neuengamme, ermordet 9.5.1940'. Auch die Stolpersteine für die Familie Schlessinger verlegte der Künstler in der Bahnhofstraße 3 in Flehingen selber."  
Link zum Artikel  
 

    
Hinweis: Eine
Dokumentation des Friedhofes sowie ein Plan wurde von Heidemarie Leins (Bretten) erarbeitet. Die Familienregister des Stadtarchivs Bretten sowie weitere Dokumente bilden die Grundlage dieser Dokumentation. Die Arbeit wurde Ende 2013 abgeschlossen. Rückfragen und Informationen bei  Ruediger.Leins[et]t-online.de.   

   
     

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Bretten 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Bretten (interner Link)  

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bretten 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Bretten sind vorhanden:    
J 386 Bü. 110 Bretten  Gräberverzeichnis 1884 bis 1940 Kindergräber 1885 - 1923  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440625   
J 386 Bü. 111 Bretten  Geburten 1811 - 1872 / Eheschließungen 1813 - 1875 / Sterbefälle 1811 - 1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440626          

Literatur: 

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 53-54.  
bulletGermania Judaica III,1 S. 168. 
bulletGottfried Ginter: Chronik von Bretten. Aus der Geschichte der Stadt zur 1200-Jahr-Feier. 1967. 
bulletAlfons Schäfer: Urkunden, Rechtsquellen und Chroniken der Stadt Bretten. Reihe: Brettener stadtgeschichtliche Veröffentlichungen (Hg. Stadt Bretten) Bd. 1. Bretten 1967.
bulletders.: Geschichte der Stadt Bretten von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahr 1689. Reihe: Brettener stadtgeschichtliche Veröffentlichungen (Hg. Stadt Bretten) Bd. 2. Bretten 1977. S.102-105,304f   
bulletHansjörg Ebert: Die Machtergreifung des Nationalsozialismus in der badischen Kleinstadt Bretten. Strukturen - Ereignisse - Auswirkungen. Staatsexamensarbeit Universität Mannheim. 1984. S.133-152 (mschr.). 
bullet"Reichskristallnacht" am 10. November 1938 in Bretten. Ereignisse und Vorgeschichte. Dokumentation zur Ausstellung (hg. vom Melanchthon-Gymnasium Bretten) 2 Bände. 1988. 
bulletJürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe. 1990. 
bulletMaria Halbritter: Die jüdische Gemeinde in Bretten. Einblicke in ihre Geschichte. In: Brettener Jahrbuch für Kultur und Geschichte N.F. 1. 1999 S.112-140 (erstmals in: Badische Heimat 1990). 
bulletAlfred Straub: Geschichte der Stadt Bretten in neuerer Zeit. Reihe: Brettener stadtgeschichtliche Veröffentlichungen (Hg. von der Stadt Bretten) Bd. 3. Bretten 1990. 
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.   

      
       


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Bretten  Baden. Jews were present in the early 14th cent. Some lost their lives in the Armleder massacres of 1336-39 and all were slaughtered in the Black Death persecutions of 1348-49. A viable Jewish settlement was only reestablished after the Thirty Years War. In 1710 the Jews were granted a letter of protection. A synagogue was erected in 1822 and in 1827 Bretten became the seat of the district rabbinate with jurisdiction over 20 communities. A Jewish elementary school operated in 1835-62. In anti-Jewish riots during the 1848 revolution, Jewish homes were destroyed. The Jewish population reached a peak of 263 in 1900 (total 4,781). In the early 20th century, most Jews were cattle traders and shopkeepers, with the Jewish population falling to 114 by 1933 but augmented by new arrivals in the Nazi era. Community life expanded and the Zionist youth movements became active. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned down, Jewish stores destroyed, and Jewish men sent to the Dachau concentration camp. In all, 76 Jews emigrated in 1937-40, as did many of the 36 who moved to other German cities in the period. The last 18 were deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940. 
     
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020