Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Künzelsau (Kreisstadt, Hohenlohekreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Über den Unterricht jüdischer Studierender am Königlichen Schullehrerseminar  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
bulletZur Geschichte der Betsäle / der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
     
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts unterschiedlichen Ortsherrschaften (Ganerbenort) gehörigen Künzelsau lebten Juden zunächst im Mittelalter. Bei der Judenverfolgung durch die Banden des Ritters Rindfleisch 1298 wurden auch hier Juden ermordet. 
  
Um 1550 wurden von einem der Ortsherren (Herren von Stetten) Juden aufgenommen. Die anderen Ortsherrschaften waren damit nicht einverstanden und versuchten, die Juden möglichst bald wieder fortzuschaffen. Sie hatten Erfolg: 1580/81 wurden die Juden aus Künzelsau vertrieben.
  
Zu einer neuen Niederlassung kam es erst seit 1853 durch Zuzug aus umliegenden "Judendörfern", insbesondere aus Nagelsberg, Hohebach, Braunsbach, Ernsbach und Berlichingen. 1869 lebten in Künzelsau 30 jüdische Einwohner. Die höchste Zahl wurde bereits um 1880 mit 119 Personen erreicht (4,2 % der Gesamteinwohnerschaft von 2.862 Personen), um danach langsam zurückzugehen: 1890 103 jüdische Einwohner (3,6 % von 2.895), 1900 114 (3,7 % von 3.067), 1910 92, 1925 78 (2,5 % von 3.174). Zunächst war Künzelsau (seit 1876) Filialgemeinde zu Nagelsberg, danach war es umgekehrt ("Jüdische Gemeinde Künzelsau-Nagelsberg"). Beide Gemeinden gehörten zum Rabbinatsbezirk Braunsbach, dessen Sitz nach 1900 in Schwäbisch Hall verlegt wurde. 
 
Im wirtschaftlichen und politischen Leben der Stadt nahmen die zugezogenen jüdischen Familien alsbald einen wichtigen Platz ein. Mehrmals wurden jüdische Bürger in den Gemeinderat gewählt (Lazarus Baer, Max Löwenthal, Selig Wissmann). Am Lehrerseminar in Künzelsau wurden im 19. Jahrhundert zeitweise auch jüdische Lehramtskandidaten ausgebildet: 1876 waren es fünf jüdische Seminaristen, die neben den Hauptfächern am Seminar in Judaica durch den pensionierten Lehrer Veit Kahn Unterricht erhielten. 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal, seit 1907 eine Synagoge (s.u.) sowie eine Religionsschule. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Berlichingen beigesetzt, teilweise auch in den Orten der Herkunft der verstorbenen Personen (z.B. wurde David Furchheimer 1933 in Hohebach beigesetzt, s.u.; ).  Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.   
 
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: David Neumann (geb. 2.1.1885 in Künzelsau, vor 1914 in Oberaltertheim wohnhaft, gef. 13.10.1915), Eduard Stern (geb. 31.3.1885 in Künzelsau, gef. 30.9.1915) und Isaak Stern (geb. 20.11.1892 in Nagelsberg, gef. 18.8.1916). Ihre Namen stehen auf dem Gefallenendenkmal des städtischen Friedhofes. Außerdem ist gefallen: Leopold Rosenthal (geb. 16.11.1897 in Künzelsau, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef. 8.5.1917).     
  
Um 1925
waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde Selig Wissmann, Lazarus Baer und Max Ledermann. Wissmann war (bereits seit 1892) Religionslehrer der Gemeinde und erteilte auch Religionsunterricht an den höheren Schulen der Stadt. An jüdischen Vereinen bestanden der Israelitische Frauenverein (1924 Leitung durch Ida Gottlieb, Sophie Furchheimer und Ida Wissmann), und der Israelitische Männerverein (Chewra Kadischa, 1924 Leitung durch Seligmann Wißmann). 1927/28 war Lehrer und Vorbeter Julius Schapiro, seit 1928 Julius Goldstein. Er unterrichtete im Schuljahr 1931/32 neun Kinder; er wohnte in der Burggasse 15, später Schlossplatz 11 (im Haus des Viehhändlers Alexander Neumann).  
   
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben sind bekannt: Bäckerei und Wirtschaft "Zur Kanne", Eugen Adler (Kannengäßle 3 und 9), Getreide- und Mehlgroßhandlung Jakob Baer, Teilh. Sigbert und Siegfried Baer (Lager am Bahngleis; Wohnhäuser Langenburger Straße 5 und Oberamteistraße 25), Lazarus Baer (Oberamteistraße 16), Handelsmann Siegfried Berney (Oberer Bach 5), Bekleidungshaus David Furchheimer (Keltergasse 54), Handelsmann Jakob Gottlieb (Schnurgasse 3), Viehhandlung Immanuel Hanauer (Hauptstraße 74, abgebrochen), Viehhandlung Sally Kirchheimer (Hirtengasse 10), Viehhandlung Gustav und Julius Kusiel (Keltergasse 33), Kaufmann Max Ledermann (Keltergasse 47), Großkaufmann Moses gen. Max Löwenthal (Stuttgarter Straße 17), Viehhandlung Samuel Morgenroth (Scharfengasse 20), Viehhandlung Alexander Neumann (Schlossplatz 11), Aussteuergeschäft Jakob Neumann, Beizen- und Politurengeschäft Leo Neumann und Fam. Salomo Neumann (die Geschäfts- und Wohnhäuser Neumann verteilen sich auf An der Stadtmauer 3, Oberamteistraße 9/1, Stuttgarter Straße 8), Handelsmann Hermann Neumann (Schnurgasse 6), Stoffe- und Schuhgeschäft Rosa Neumann (Hauptstraße 60), Metzgerei und Wirtschaft Adolf Stern (Hauptstraße 9, abgebrochen), Fleischer David Stern (Hauptstraße 23 oder 27), Handelsmann Heinrich Stern (Zollstockweg 4), Handelsmann Emanuel Würzburger (Keltergasse 17).  
   
1933 lebten noch 65 jüdische Personen in der Stadt. Bereits im März 1933 kam es zu antijüdischen Ausschreitungen in der Stadt. Am 20. März 1933 führten SA-Leute unter Führung des SA-Standartenführers Klein aus Heilbronn und Schutzpolizei eine "Waffensuchaktion" bei jüdischen Personen und bei Gegner des NS-Regimes durch. Der jüdische Lehrer Julius Goldstein (1939 mit Frau und den beiden Kindern in die USA emigriert) wurde von SA-Leuten auf das Rathaus geschleppt und derart misshandelt, dass der eiserne Synagogenschlüssel, den er in seiner Hosentasche trug, in zwei Stücke zersprang. Vor Aufregung über diesen Vorfall starb der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Kaufmann Max Ledermann an einem Herzschlag, als er Lehrer Goldstein besuchte. Ein anderes Gemeindeglied, David Furchheimer nahm sich auf den Vorfall hin das Leben (siehe Bericht zu ihrem Tod in der Zeitschrift "Der Israelit" unten). In den Jahren nach 1933 ist auf Grund der Folgen der zunehmenden Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts ein Teil der jüdischen Einwohner emigriert oder aus Künzelsau verzogen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). Die letzten der jüdische Geschäfte wurden in dieser Zeit aufgelöst beziehungsweise von nichtjüdischen Personen übernommen. Bis zu den Deportationen 1941/42 mussten die noch in der Stadt lebenden jüdischen Personen in wenigen "Judenhäusern" zusammenziehen und wurden zur Zwangsarbeit herangezogen (u.a. im städtischen Steinbruch). Die jüdische Gemeinde wurde am 12. Juli 1939 aufgelöst.     
      
Von den in Künzelsau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Gedenkbuch Baden-Württemberg): Hedwig Berney geb. Stern (1887), Siegfried Berney (1881), David Furchheimer (1882), Berta Hanauer geb. Neumann (1877), Emanuel (Menachem) Hanauer (1870), Samuel Hanauer (1870), Abraham Hecht (1881), Arthur Sally Hirsch (1908), Gustav Hirsch (1912), Nanni Holländer geb. Rosenthal (1884), Betty Kirchheimer geb. Stern (1898), Hans Kirchheimer (1925), Sally Kirchheimer (1884), Gustav Kusiel (1907), Max Ledermann (1868), Rosa Ledermann geb. Katzenberger (1877), Berta Mayer geb. Kusiel (1872), Selma Morgenroth (1903), Jacob Neumann (1869), Klara Neumann (1884), Leopold Neumann (1905), Malchen Neumann geb. Hahn (1870), Rita Neumann (1910), Salomon Neumann (1900), Adolf Rosenthal (1888), Karl Rosenthal (1872), Max Rosenthal (1882), Therese Rubel geb. Rosenthal (1881), Bertha Sahm geb. Neumann (1880), Meta Salomon geb. Wertheimer (1883), Frieda Schlachter (1880), Meta Schlachter (1885), Gertrud Sonder (1886), Berta Stern (1881), Irma Stern (), Isaak Stern (1896), Minna Stern geb. Schlachter (1878), Hedwig Weinmann geb. Stern (1894), Berta Weinsberger (1874), Alfred Werner (1893), Emanuel Würzburger (1866).   
       
       
       
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 / 1891 / 1928  

Kuenzelsau Israelit 14051879.jpg (39726 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1879: "In hiesiger Gemeinde wird ein seminaristische geprüfter Religionslehrer, Vorsänger und Schochet gesucht. Einkommen mit Nebenverdienst ca. Mark 1.400. - 
Ledige Bewerber werden bevorzugt. Künzelsau und Nagelsberg, Württemberg. 
Israelitisches Kirchen-Vorsteher-Amt: Feist Straus, Henle Neuman.
 
Kuenzelsau Israelit 26111891.jpg (50626 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1891: "Die Religionslehrer-, Vorsänger und Schächter-Stelle in Künzelsau ist per 1. Januar 1892 neu zu besetzen. Die Stelle trägt ein: Fixer Gehalt 810 Mark, Schechita ca. 400 Mark, Nebenverdienste ca. 250 Mark, zusammen 1460 - 1500 Mark, sowie Wohnungsentschädigung. Bewerber wollen ihre Zeugnisse, verbunden mit Kabbala-Brief von orthodoxen Rabbinen ausgestellt, einsenden an Eisig Neumann, Vorsteher in Künzelsau." 
  
Kuenzelsau Israelit 28061928.jpg (104852 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1928: "Durch die Ernennung des bisherigen Beamten auf eine andere Stelle* ist die Religionslehrerstelle in Künzelsau wieder durch einen lebenslänglich zu ernennenden Religionslehrer zu besetzen. Bewerber, die die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen und beide Volksschullehrerdienstprüfungen bestanden haben, wollen sich bis zum 16. Juli 1928 bei der unterzeichneten Stelle melden. Die Besoldung richtet sich nach Gruppe 8a der Württembergischen Besoldungsordnung (RBO.4c), zuzüglich Wohnungsgeld, Ortsklasse C und eventuelle Kinderzuschläge) und wird durch die Israelitische Zentralkasse ausbezahlt. Sämtlich außerhalb Württemberg zugebrachten Dienstjahre werden in Anrechnung gebracht. Nebeneinnahmen durch Ausübung der Schechita und Übernahme der Gemeindepflege stehen in Aussicht. Die Gemeinde reflektiert auf einen Lehrer der orthodoxen Richtung. Wohnung ist vorhanden. Umzugs- und Reisekosten werden vergütet.   
Der Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Stuttgart. Reinsburgstraße 19/2."   
 
Kuenzelsau Dok 170.jpg (45785 Byte)* Anmerkung: mit dem auf eine andere Stelle 1928 ernannten Beamten war der Lehrer Julius Schapiro (Foto links mit Familie) gemeint, der nach dem Tod von Selig Wißmann für ein Jahr Lehrer in Künzelsau war. Julius Schapiro (geb. 1895 in Burghaslach) besuchte 1912 bis 1915 die Israelitische Präparandenschule in Höchberg, nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte er an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (1919 Examen). Seit 1921 war er verheiratet mit Eleonora geb. Hahn (geb. 1896 in Kirchschönbach/Unterfranken). Die beiden hatten zwei Töchter: Judith (geb. 1922 in Bechhofen) und Ruth (geb. 1925 in Leipzig). Er war an verschiedenen Stellen als Lehrer tätig, nach seiner Zeit in Künzelsau war er Religionslehrer und Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg. Nach dem Novemberpogrom 1938 war er im KZ Dachau inhaftiert. Die Tochter Judith konnte noch im September 1938 nach Palästina emigrieren. Von 1939 bis 1941 leitete Julius Schapiro die private jüdische Volksschule in Bamberg. Julius, Eleonora und Ruth Schapiro wurden am 27. November 1941 nach Riga deportiert; über das weitere Schicksal von Eleonora und Ruth und die Umstände ihrer Ermordung ist nichts bekannt; Julius Schapiro war in verschiedenen Konzentrationslagern und ist am 26. Januar 1945 im KZ-Außenkommando von Buchenwald in Tröglitz umgekommen.
Quelle der Informationen: Gedenkbuch jüdische Bürger Bamberg.                
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1928:       

  
Zum Tod von Lehrer Selig Wißmann (1892 bis 1927 Lehrer in Künzelsau (1927) 

Kuenzelsau GZ Wue 16021927.JPG (258978 Byte)Artikel in der "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1927: "Künzelsau. In Künzelsau verstarb am 28. Januar unerwartet an einem Hirnschlag Religionslehrer Selig Wißmann im Alter von nur 57 Jahren. 35 Jahre hat Lehrer Wißmann in Künzelsau im Dienste seines heiligen Amtes gewaltet und außer Künzelsau auch den Gemeinden Braunsbach und Hohebach seine Kraft gewidmet. Wer mit ihm in Künzelsau durch die Straßen ging, konnte sehen, welche Liebe und Achtung er überall genoss. Seine Beerdigung war eine imposante Kundgebung der Treue und Freundschaft, die er sich erworben hatte. Die ganze Stadt Künzelsau beteiligte sich an der Trauerfeier; Vertreter aller Behörden und der gesamte Gemeinderat waren zur Feier erschienen. In Künzelsau hielt vor dem Trauerhause Bezirksrabbiner Dr. Kahn - Mergentheim die Gedächtnisrede. Nach ihm sprach Flegenheimer - Heilbronn im Namen des Oberrats, Stadtschultheiß Pflüger für die Stadt Künzelsau, deren Gemeinderat der Verstorbene lange Zeit angehörte. Studienrat Waldmann sprach für das Lehrerkollegium der Realschule, Oberlehrer Gutöhrle für den Bezirksschullehrerverein Künzelsau, Vorsteher Marx - Hohebach für die Synagogengemeinde Hohebach und Sigmund Gottlieb - Stuttgart für die Schüler. In der Synagoge, wohin die Gemeinde ihren heimgegangenen Führer vor seinem letzten Wege noch einmal geleitete, gab Religionslehrer Kulb - Öhringen in einem erhebenden, von Herzen kommenden Nachruf ergreifend Ausdruck, welch unersetzliches Vorbild an selbstloser Bescheidenheit und Pflichterfüllung von uns genommen wurde. Sein letzter Weg führte durch sein geliebtes Braunsbach nach Schwäbisch Hall. In Braunsbach wie in Hall hatte sich ein großes Trauergefolge angesammelt, welches vor der Stadt den Zug erwartete. Auf dem alten Steinbacher Friedhof war es Bezirksrabbiner Dr. Berlinger, welcher als Freund und Vorgesetzter ihm den letzten Gruß entbot. Nach den Vertretern der Gemeinden Künzelsau und Braunsbach sprachen noch Oberlehrer Rothschild  - Esslingen für den Israelitischen Lehrerverein und den Lehrerstand, als Nachbarkollege und Freunde Oberlehrer Oberndörfer - Niederstetten und der Schwiegersohn des Entschlafenen Dr. Lorch - Nürnberg. Selig Wißmann war am 1. Mai 1869 als Sohn des Rabbi Salomon Wißmann in Georgensgmünd geboren. Da der sechsjährige Knabe die Eltern verloren, wurde er von seinem Onkel Rabbiner Lob Wißmann in Schwabach, dem Führer der dortigen Talmud Tora-Lehranstalt, erzogen. Nachdem er das Seminar Würzburg 1888 absolviert, erhielt er mit 21 Jahren den Chowertitel. Seine erste Tätigkeit übte er von 1888-89 als Hilfslehrer an der Volksschule Thüngen und hierauf von 1889-92 als Lehrer in Alzenau aus. Vom Februar 1892 bis zu seinem Tode, also 35 Jahre, wirkte er in Künzelsau. Die Gemeinde dankte ihm den Bau ihrer Synagoge, deren Einweihung 1907 stattfand und die Schaffung eines Ritualbades (1914). Viele Jahre war er ein geachtetes Mitglied des Gemeinderats und zugleich der Schriftführer und Kassier der Demokratischen Partei. Sein von seiner Gattin und seinen sieben Kindern tief betrauerter Tod trat am 28. Januar 1927 ein. Seine Beisetzung erfolgte am 30. in Hall. Das Andenken des ausgezeichneten Lehrers und vorbildlichen Juden bleibt gesegnet!"       
    
Weiterer Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Februar 1927:    
Hinweis des Webmasters: Ein Grabstein von Selig Wißmann auf dem jüdischen Friedhof in Schwäbisch Hall-Steinbach ist nach der Dokumentation des Friedhofes von Heinrich Kohring auf Grund der schweren Zerstörungen dieses Friedhofes in der NS-Zeit nicht mehr vorhanden; auch ist die Lage des Grabes nicht mehr bekannt.   

      
Zum 1. Jahrzeittag des Lehrers Selig Wißmann    

Kuenzelsau Israelit 09021928.jpg (165769 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Künzelsau, 5. Februar (1928). Am 16. Februar jährt sich zum ersten Male der jüdische Todestag des am 25. Schewat 5687 verschiedenen Religionslehrers Selig Wißmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Künzelsau
Da im vorigen Jahre an dieser Stelle eine ausführliche Schilderung seiner Persönlichkeit und seines Wirkens unterblieb, sei dies jetzt nachgeholt. 
Selig Wißmann wurde am 1. Main 1869 als Sohn des Rabbiners Salomon Wißmann ( das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Georgensgmünd (Bayern) geboren. Schon mit dem sechsten Jahre war er Vollwaise geworden, sodass er bei seinem Onkel, Rabbiner Löb Wißmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - Schwabach, erzogen wurde. Mit großem Eifer widmete er sich an der dortigen Talmud-Tora-Schule dem Studium unserer heiligen Schrift und nichts bereitete ihm mehr Freude als Tag und Nacht forschen zu können. Nach dreijährigem Besuch des Israelitischen Lehrerseminars Würzburg trat er in noch jugendlichem Alter eine Hilfslehrerstelle in der Gemeinde Thüngen an, wo er seine Kenntnisse im Jüdischen bei Hauptlehrer Eschwege - (Alles Gute) bis 120 Jahre - der jetzt in Frankfurt weilt, erweiterte. Dort lernte er auch seine künftige Gattin kennen, die ihm auf allen seinen Wegen in seinem Beruf eine treue Begleiterin war. Drei Jahre war er dann Lehrer in Alzenau (Unterfranken) und hierauf wählte ihn die Gemeinde Künzelsau im Jahre 1892 zu ihrem Lehrer und Führer. Bis zu seinem so plötzlichen und unerwarteten Tode war es sein Streben, die Gemeinde zu Thauro (Tora), Awaudo (Gottesdienst) und Gemilus Chasodim (Wohltätigkeit) zu erziehen, gerade so wie es sein Streben war, seinen sieben Kindern die gleich innige Liebe zu Gott und seinen Geboten einzupflanzen, die ihn beherrschte. Sein stetes Streben war auf Frieden gerichtet. Dadurch verstand er es auch, sich bei Juden und Nichtjuden gleich große Achtung und bei seiner vorgesetzten Behörde die allergrößte Wertschätzung zu erwerben. Das zeigte sich bei seiner Beerdigung, bei welcher nicht weniger als dreizehn Nachrufe gehalten wurden. Die Gemeinde hatte nach 35 Jahren ihren treuen Führer, das Land Württemberg einen seiner besten Lehrer, das Judentum einen seiner treuesten Anhänger, der mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und ganzem Vermögen seinem Gotte diente, verloren. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
    
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Am Tag des 25. Schewat*: Der erste Jahrzeitstag für Lehrer Selig Wissmann - das Andenken an den Gerechten sei zum Segen und für das Leben der zukünftigen Welt (Donnerstag 16. Februar 1928). (hebräisch und deutsch:) Für Kollegen und Freunde, welche einen 'Schiur' lernen wollen, sei der 'Schem Kaudesch' (religiöse Name des Verstorbenen) angegeben: Pinchas Sohn des Rabbiners Schlomo und der Name seiner Mutter Beierle."
*Hebräisches Datum nach Textangabe 25. Schewat zu korrigieren!

   
Lehrer Julius Goldstein wechselt von Reichelsheim nach Künzelsau (1928)      

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. September 1928: "Stuttgart. Der Israelitische Oberrat hat die Stelle eines Religionslehrers in Künzelsau dem Lehrer Julius Goldstein, bisher in Reichelsheim im Odenwald übertragen."         

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben      
Am Schabbat und Feiertag sollte man keine Pferde ausleihen... (1886)  

Kuenzelsau Israelit 22111886.jpg (40487 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1886: "Künzelsau (Württemberg). Am vergangenen Schabbat - Halbfeiertag von Sukkot (sc. dies war am 16. Oktober 1886) - lieh ein hiesiger Handelsmann seine Pferde seinem Nachbarn. Kaum 10 Minuten von der Stadt entfernt, hörte das edle Pferd zu schnaufen auf und verendete. Die jüdischen Kollegen des Herleihers, welche schon manchmal Ähnliches verübt, haben sich vorgenommen, nie mehr ein Stück Vieh am Feiertag und am Schabbat zu geben, was, wenn es sich bewährt, sehr zu loben wäre."  

    
Opferbereitschaft der Gemeinde für verfolgte russische Juden (1891)  

Kuenzelsau Israelit 01061891.jpg (79644 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1891: "Künzelsau (Württemberg). Infolge Anregung in Nummer 39 und 40 des 'Israelit und Jeschurun' haben sich die hiesigen Gemeindemitglieder zusammengefunden, um wegen des russischen Unterstützungsprojektes zu beraten. Die Anwesenden haben je einen Beitrag von 2-5 Mark gezeichnet und sich verbindlich gemacht, diesen Beitrag monatlich, auf die Dauer von 6 Monaten zu spenden. Die erste Sammlung ergab 72 Mark. Da von einer dem Mittelstande angehörenden Gemeinde mit etlichen 20 Familien dieses geleistet wurde, so könnte, wenn diesem Beispiele in der ganzen jüdischen Diaspora nachgeahmt würde und besonders die Leistungsfähigen nicht zurückstehen, Großes und Ersprießliches erreicht werden. (Auch von der kleinen Gemeinde in Aufhausen bei Bopfingen wird uns von der großen Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder berichtet, welche auf eine Predigt des Herrn Lehrer Adler 68 Mark spendeten. Red.)."  

        
Jahresversammlungen des Israelitischen Frauenvereins (1926 / 1928 / 1929 / 1935)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. April 1926:       
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1928:     
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Februar 1929:  
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. April 1935:    

      
Jahresversammlung der Wohltätigkeitsvereine und weitere Mitteilungen (1933)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1933:      

       
       
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    
Zum Tod von Meta Neumann, langjährige Vorsteherin des Frauenvereins (1902)  

Kuenzelsau Israelit 05051902.jpg (91496 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1902: "Künzelsau (Württemberg). Am Erew Schabbat Kodesch (am Freitag vor Schabbat Hagadol, d.i. letzter Schabbat vor Pessach, das war am 19. April 1902, damit ist sie am 18. April 1902 gestorben) wurde die hiesige Gemeinde in tiefe Wehmut versetzt, indem Frau Meta Neumann, eie durch Frömmigkeit, Lebensklugheit und sonstige guten Eigenschaften ausgezeichnete Frau, nach schwerer Leidenszeit in ein besseres Jenseits abberufen wurde. War sie ihrem Gatten eine treu besorgte Lebensgefährtin, ihren Kindern eine liebe- und hingebungsvolle Erzieherin, so verstand sie es auch durch ihre Menschenfreundlichkeit und stetes Entgegenkommen, sich in weiten Kreisen beliebt zu machen, wovon auch die Beerdigung, die am Sonntag 13. Nissan (20. April 1902) stattfand und an welcher sich auch viele Nichtjuden beteiligten, beredtes Zeugnis angelegt. Frau Neumann - gepriesen sei ER (Gott) - war viele Jahre hindurch Vorsteherin des hiesigen Frauenvereins und bekundete auch eine besondere Liebe für die Armen des Heiligen Landes dadurch, indem sie selbst gerne hierfür spendete und auch andere durch regelmäßiges Sammeln des Challo-Geldes (sc. aus der im Haus aufgestellten Challa-Büchse) für diesen edlen Zweck zu gewinnen wusste. Ihr Andenken wird stets in unserer Mitte ein gesegnetes sein. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
  
Kuenzelsau Israelit 12051902.jpg (86717 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1902. Der Artikel zum Tod von Frau Neumann erschien zweimal in der Zeitschrift "Der Israelit": am 5. Mai 1902 (oben) innerhalb der Anzeigen des Zeitung, am 12. Mai unter den Mitteilungen.


Zum Tod von Pauline Neumann geb. Rosenfeld (1908)  

Kuenzelsau Israelit 24121908.jpg (69440 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1908: "Künzelsau (Württemberg), 20. Dezember. Am Sonntag, 19. Kislew (= 13. Dezember 1908), haben wir eine Frau zu Grabe getragen, welcher auch in diesem Blatte in Ehren gedacht werden soll. Frau Pauline Neumann geb. Rosenfeld, starb nach kurzem, schwerem Krankenlager im Alter von 53 Jahren. Ihre Religiosität, gepaart mit Bescheidenheit und Zurückgezogenheit und dem rühmenswerten Streben, stets in Frieden und Eintracht mit ihren Nebenmenschen zu leben, erwarb ihr allseitige Liebe und Verehrung, was sich sowohl bei ihrem Kranksein, als auch bei ihrer Beerdigung zeigte. Auf dem Friedhofe in Berlichingen schilderte Lehrer Wißmann in tief empfundenen Worten die Verdienste und Tugenden der Verstorbenen, den Verlust, die die Familie erlitten und die Lücke, die die Verstorbene in unserer Gemeinde hinterlässt. Möge ihr tugendhaftes Leben recht viel Nachahmerinnen finden. Ihre Seele sie eingebunden in den Bund des Lebens."  

   
Zum Tod von Gustav Ledermann (1914)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. März 1914: "In Künzelsau (Württemberg) verschied Herr Gustav Ledermann. Derselbe wurde im Jahre 1901 zum Kirchenvorsteher gewählt. In dieser Eigenschaft regte er im Jahre 1903 den Bau einer neuen Synagoge an und förderte denselben nach besten Kräften."          

   
Silberne Hochzeit von Samuel Morgenroth und Frau (1927)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Juni 1927:       

 
70. Geburtstag von Samuel Stern (1927)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1927:      

  
84. Geburtstag von Hirsch Schlachter (1928)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1928:      

 
Zum Tod von Samuel Stern (1928)  
Hinweis: Auf einem Foto in der Seite zum jüdischen Friedhof Braunsbach ist der Grabstein für Samuel Stern zu sehen.  

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1928: "Künzelsau. Noch vor wenigen Wochen konnten wir an dieser Stätte von der Feier des 70. Geburtstages des überall geachteten Samuel Stern berichten. am Samstag, den 14. Januar, aber wurde er, nachdem er vorher noch im Gotteshaus geweilt hatte, durch einen plötzlichen Tod von uns genommen. Für die Gemeinde Künzelsau ist dies ein großer Verlust, gehörte doch Stern noch zu den am gesetzestreuen Judentum festhaltenden Gemeindemitgliedern, das bei keinem Gottesdienst fehlte. besondere Verdienste erwarb er sich aber durch seine große Wohltätigkeit, die er zu jeder Stunde übte. Der Verstorbene hat während des Krieges einen hoffnungsvollen Sohn verloren. Nur mit großer Mühe konnte er diesen Schmerz überstehen. Ein beredtes Zeugnis von der Achtung, die er sich während seines Lebens erworben hatte, legte die große Teilnahme an seiner Beerdigung ab. Die Leiche selbst wurde auf dem Friedhof in Braunsbach beigesetzt, wo Rabbiner Dr. Berlinger in beredten Worten dem Verluste der Gemeinde Künzelsau Ausdruck gab. Ihm schloss sich im Auftrag der Gemeinde Lehrer Schapiro an. Außerdem widmete Obersekretär Wißmann-Stuttgart als Freund der Familie dem Verstorbenen einen Nachruf."         

 
Silberne Hochzeit von Adolf Stern und seiner Frau (1928)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1928:      

 
Goldene Hochzeit von Jakob Gottlieb und Ida geb. Stern (1928)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. September 1928:      

  
65. Geburtstag von Regina Baer (1928)   

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1928:      


80. Geburtstag von Alexander Neumann (1929)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Januar 1929:       

 
Kaufmann Max Löwenthal wurde in den Gemeinderat der Stadt gewählt (1929) 

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Februar 1929: "Künzelsau. vor kurzem wurde Kaufmann Max Löwenthal, der auch Mitglied des Israelitischen Vorsteheramts ist, mit zweithöchster Stimmenzahl in den Gemeinderat gewählt."       

 
Zum Tod von Sofie Stern geb. Sahm (1929)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. November 1929:      

  
70. Geburtstag von Lazarus Baer (1929)  

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1929:       


Max Ledermann wurde in das Israelitische Vorsteheramt wiedergewählt (1930)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Januar 1930:          

   
 
80. Geburtstag von Jakob Gottlieb (1930) 

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. März 1930:      

  
Zum Tod von Sofie Neumann und Jakob Gottlieb (1930)   

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. September 1930:        

  
Zum Tod von Alexander Neumann (1931)      

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Januar 1931:      

  
Zum Tod der Vorsitzenden des Israelitischen Frauenvereins Sofie Furchheimer (1931)        

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 11. Februar 1931: "Künzelsau. (Persönliches). Die langjährige Vorsitzende des Israelitischen Frauenvereins, Frau Sofie Furchheimer, ist verschieden und unter starker Beteiligung der Ortseingesessenen zu Grabe getragen worden. Die Verblichene hat 25 Jahre gemeinnützig gewirkt und sich dadurch die Sympathie aller erworben. Lehrer Goldstein dankte in seiner Ansprache, die er an der Bahre hielt, für die soziale Arbeit, die von der Verstorbenen geleistet worden war."    
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. März 1931:    

    
75. Geburtstag von Ida Gottlieb (1931)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1931:       

    
Zum Tod von Max Ledermann und David Furchheimer (1933) - erste Opfer der NS-Zeit
  
Kaufmann Max Ledermann - erstes Opfer der NS-Zeit in Künzelsau - starb vor Aufregung über die durch SA-Leute und die Schutzpolizei durchgeführten antijüdischen Maßnahmen am 20. März 1933. Jüdische Häuser waren als reine Schikane nach Waffen durchsucht worden. Der jüdische Lehrer Julius Goldstein wurde auf das Rathaus gebracht und dort schwer misshandelt. Kaufmann Max Ledermann erlitt beim Anblick des halbtot geschlagenen Lehrers einen Herzschlag, an dem er starb.
Kaufmann David Furchheimer (geb. 1882, wohnte Keltergasse 54) starb am 28. März 1933 an Suizid.
Im nachfolgenden Bericht wird auf die Ursache der beiden Todesfälle - vermutlich aus Sorge über mögliche Konsequenzen gegenüber der Zeitschrift "Der Israelit" - mit keinem Wort eingegangen.

Kuenzelsau Israelit 07041933.jpg (134758 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. April 1933: "Künzelsau, 1. April (1933). Max Ledermann wurde uns am Dienstag, den 20. (statt: 21.) März plötzlich entrissen. Er war das Herz der Gemeinde. In der Lehrerfamilie zu Oberlauringen, der er entstammte, war ihm die Liebe zur Väterreligion eingeimpft und sie verließ ihn nie. Sabbat hielt er streng. Er war der erste beim Gottesdienst und der erste bei jeglicher guten Sache. Unzählige Tränen hat er getrocknet, vielen Witwen und Waisen war er ein getreuer und selbstloser Sachverwalter und Berater. Dass er ein großer Freund und Vertrauter der Lehrer war, dass er das Lehramt im Judentum schätzte, wie keiner in der Gemeinde, dafür sei ihm an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt. 17 Jahre gehörte er dem Vorsteheramt an und hatte in dieser Zeit durch sein abgeklärtes Urteil, seine strenge Gerechtigkeit und seine seltene Friedensliebe stets großen Einfluss auf dessen Beratungen, sodass man ihn zum Stellvertreter des Vorsitzenden wählte. Die neu renovierte Synagoge, ein Schmuck unseres Städtchens, ist sein Werk. Als Geschäftsmann war er vorbildlich. Die große Beteiligung an seiner Bestattung brachte zum letzten male die Liebe und die Achtung, welche man ihm entgegenbrachte, zum Ausdruck. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
Noch während der Trauerwoche verschied Herr David Furchheimer, Kriegsteilnehmer 1914-18 am 28. März und fand am nächsten Tage seine Ruhestätte unweit seiner Mutter auf dem Bet Olam (Friedhof) zu Hohebach. Auch er war ein treues, nie versagendes Gemeindemitglied. Seine strenge Reellität in Verbindung mit seinem ruhigen, vornehmen Wesen ließen ihn zahlreiche Freunde gewinnen, was auch bei der Bestattung zum Ausdruck kam. - Bei beiden Trauerfeierlichkeiten sprach in Vertretung des erkrankten Ortskollegen Oberlehrer Kulb, Öhringen, tief empfundene Worte des Nachrufes.
Sein (bzw. ihr) Verdienst möge uns schützen. Amen."   
  
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. April 1933:     
 
Hohebach Friedhof 834.jpg (148702 Byte)Aus der Dokumentation von Naftali Bar-Biora Bamberger: Memor-Buch. Die jüdischen Friedhöfe im Hohenlohekreis. Bd. 2. 2002 S. 784: Grabstein auf dem jüdischen Friedhof Hohebach und Grabsteininschrift für Max Ledermann von Künzelsau (1868-1933).  
Zusätzlicher Hinweis: nach den Recherchen von Elisabeth Böhrer im Stadtarchiv Künzelsau ist Max Ledermann 1868 in Berolzheim geboren. Sein Vater war ab 1870 Lehrer in Oberlauringen.    

     
Zum Tod von Ida Gottlieb (1933)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. September 1933:       

   
Getti Ledermann ist nach Öhringen verzogen (1933)    

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1933:        


90. Geburtstag von Hirsch Schlachter (1934)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Februar 1934:       

   
 75. Geburtstag von Lazarus Baer (1935)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Januar 1935:       

 
Ida Wißmann - Frau von Lehrer Seelig Wißmann - verzieht zu ihren Kindern nach Stuttgart (1935)  

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 15. November 1935:       

  
Zum Tod von Hannchen Würzburger (1936)     

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Februar 1936:      

 
Zum Tod von Lazarus Baer, früher Mitinhaber der Firma Jacob Baer (1936) 

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1936: "Künzelsau. Am 2. Februar wurde Lazarus Baer, früher Mitinhaber der bekannten Firma Jacob Baer, zur letzten Ruhe gebettet, tiefbetrauert von Gattin, Kindern sowie einem großen Verwandten- und Freundeskreis. Dem hohen Ansehen und der allgemeinen Hochachtung, deren sich Lazarus Baer erfreuen durfte, verlieh die überaus große Trauergemeinde beredten Ausdruck. Rabbiner Dr. Kahn (Bad Mergentheim) schilderte vor dem Trauerhause die vorbildliche Pflichttreue und Schaffensfreude des verblichenen. auf dem Friedhof in Hohebach, dem Geburtsort der Verstorbenen, entwarf Lehrer Berlinger (Hall) ein schönes Bild von den hohen Tugenden Lazarus Baers, dem ein ehrendes Andenken gesichert ist.        

 
Austritt von Handelsmann Jakob Neumann aus der Israelitischen Religionsgemeinschaft (1936)  

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1936:        

 
Nach 1945 in den USA: Todesanzeige für Max Newman (1949)
  
Anmerkung: Max Neumann ist am 24. Mai 1878 in Künzelsau geboren. Er zog 1923 von Künzelsau nach Heidingsfeld und ist vermutlich Ende des 1930er-Jahre in die USA emigriert. Er war verheiratet mit Rosa geb. Hilder, die am 21. Oktober 1881 in Heidingsfeld geboren ist. Die beiden hatten zwei noch in Künzelsau geborene Söhne: Herbert (geb. 1910, gest. Juli 1985) und Julius (geb. 1912, gest. Mai 1957). Angaben nach Strätz Biographisches Handbuch und Social Security Death Index.  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 22. April 1949: 
"Am 15. April 1949 verschied nach kurzem Leiden im 71. Lebensjahr mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Grossvater, Bruder und Onkel 
Max Newman  
früher Würzburg Heidingsfeld. 
Im Namen der Hinterbliebenen: Rosa Newman geb. Hilder, 274 Seymour Ave., Newark 8, N.J."    

   
   
Über den Unterricht jüdischer Studierender am Königlichen Schullehrerseminar 
Unterrichtsstoff für die israelitischen Seminaristen - Anweisung an der jüdischen Lehrer (1876)  

Kuenzelsau Israelit 13121876.JPG (219177 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1876: "Künzelsau (Württemberg). Das hiesige Königliche Schullehrer-Seminar wird von fünf israelitischen Jünglingen besucht. Der Unterricht im Hebräischen, in der Religion und in den dazu gehörigen Fächern wird denselben von dem pensionierten Schullehrer und Vorsänger Kahn erteilt. Derselbe hat durch das Königliche Oberamt bei der Königlichen Israelitischen Oberkirchenbehörde nachgesucht, man wolle ihm genau die Fächer bezeichnen, in welchen die israelitischen Seminaristen und Präparanden zu unterrichten sind, und zugleich das Ziel angeben, wie weit dieselben in jedem einzelnen Fache zu bringen sind. Dem Bittsteller wurde durch das Königliche Oberamt folgender hoher Erlass zugestellt: 
Die Königliche Israelitische Oberkirchenbehörde an das Königliche Oberamt Künzelsau.  
Die mit Bericht vom 19. vorigen Monats vorgelegte Eingabe des pensionierten Lehrers und Vorsängers Veit Kahn in Künzelsau, betreffend den Unterricht der israelitischen Seminaristen und Präparanden daselbst in der Religion und den damit zusammenhängenden Fächern hat man eingesehen und bezeichnet der darin vorgetragenen Bitte entsprechend in Folgendem die Fächer, in welchen die israelitischen Schul- und Vorsängeramtszöglinge zu unterrichten, sowie das Ziel, bis zu welchem sie in jedem einzelnen Fache zu bringen sind. Der für seinen doppelten Beruf gehörig vorbereitete israelitische Schul- und Vorsängeramts-Kandidat soll besitzen solche Kenntnisse: 
1) der hebräischen Sprache, dass er die 5 Bücher Moses, die sabbatlichen und festtägigen Haftoroth, das Gebetbuch Seder Hatefila richtig und geläufig übersetzen kann, und von ihrem geschichtlichen, dogmatischen und moralischen Inhalt vollkommen Verständnis hat; 
2)  des Rabbinischen, dass er einen eingeübten Abschnitt der Mischna und einer in leicht fasslicher Sprache geschriebenen Schrift religiös-sittlichen Inhalts vortragen kann; und 
3) der wichtigsten auf die Liturgie bezüglichen Vorschriften des Schulchan aruch, dass er die sowohl bei dem öffentlichen Gottesdienst, als der Hausandacht zu verrichtenden Gebete und Benediktionen genau und sicher anzugeben vermag. Seine Unterweisung hat sich also in dieser Richtung zu erstrecken auf: 1) den Pentateuch, 2) die Haftoroth Seder Haftorot, 3) das Gebetbuch Seder Hatefila, 
4) einige Masechot der Mischna (etwa Brachot, Megila), 
5) eine leicht fassliche rabbinische Schrift, und 
6) einige Abschnitte des Schulchan Aruch, Hilchut Tefila (Gebetordnungen), Keriat Sch'ma (Rezitieren des Sch'ma), Keriat HaTora (Vorlesen der Tora), uBrachot (Segensworte). 
Neben diese Unterweisung im Hebräischen und in Verbindung mit derselben ist ihm 
7) Unterricht in der mosaischen Glaubens- und Sittenlehre zu erteilen und er soll darin dahin gebracht werden, dass er dieselbe mit Erfolg zu lehren und einen populären Vortrag darüber in deutscher Sprache zu halten imstande ist. 
Wo Gelegenheit dazu geboten ist, ist derselbe auch im Vortrage der Hebräischen Gebet- und Toraabschnitt nach den herkömmlichen Melodien und Akzenten Chassanut einzuüben. Stuttgart, den 24. Juli 1876."

     
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Verkäufer für das Konfektionsgeschäft von Leopold Selz gesucht (1872)  

Kuenzelsau Israelit 21021872.jpg (32012 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1872: 
"Für mein Konfektionsgeschäft, Samstag und Feiertage geschlossen, suche ich zum sofortigen Eintritt oder bis nächste Ostern einen gewandten Verkäufer, welcher auch öfters kleinere Reisen zu besorgen hat. 
Leopold Selz, Künzelsau
in Württemberg."  

  
Neujahrswünsche 1897 und 1898  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1897: 
"Allen Kollegen, Bekannten und Freunden wünschen herzlichst 
'Einschreibung und gute Besiegelung'  .... 
Lehrer S. Wißmann und Frau, 
Eisig Neumann & Frau, 
Frl. Julie Sulzbacher,
alle Künzelsau".   
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1898: 
"Allen Kollegen, Freunden und Bekannten herzlich innige 
'Einschreibung und gute Besiegelung'. 
Lehrer S. Wißmann und Frau, Künzelsau
 
dasselbe wünscht Eisig Neumann und Frau, Künzelsau."       

  
Anzeige der Fa. Gebr. Ledermann, Inh. J. Wertheimer (1901)
 
vgl. unten Anzeige von 1928.      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1901: 
"Für einen jungen Mann, der die Kurzwarenbranche erlernte und beste Zeugnisse besitzt, suche ich passende Stelle als Commis. Anspräche bescheiden. Eintritt kann sofort erfolgen. 
J. Wertheimer,
 
Inh.: Gebr. Ledermann, Künzelsau, Württemberg."     

  
Verlobungsanzeige für Dr. Hannah Wißmann und Dr. Max Lorch (1922)  

Kuenzelsau Israelit 28091922.jpg (24331 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1922: "Statt Karten: 
Dr. phil. Hannah Wißmann - Dr. jur. Max Lorch. Verlobte. 
Künzelsau - Nürnberg. Tischri 5683."  

  
Verlobungsanzeige von Klärle Kulb und Julius Wissmann (1925)
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1925: 
"Klärle Kulb - Julius Wissmann. Verlobte. 
Stuttgart Gymnasiumstrasse 23 - Stuttgart / Künzelsau.  
14. Oktober 1925. 26. Tischri 5686.   

   
Lehrlingssuche des Manufakturwarengeschäftes Gebr. Ledermann (1928)  

Kuenzelsau Israelit 05101928.jpg (30930 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1928: 
"In meinem Schabbat und Feiertag geschlossenen Manufakturwarengeschäfte ist die Stelle eines Lehrlings sofort zu besetzen. Kost und Logis gegen mäßige Vergütung im Hause. 
J. Wertheimer,
Inh. Gebr. Ledermann, Künzelsau (Württemberg)."  

     
Verlobungsanzeige von Judith Wechsler und Leo Wissmann (1931)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1931: "Gott sei gepriesen.  
Judith Wechsler - Leo Wissmann.  Verlobte.  
Nürnberg, Zufuhrstraße 25 - Künzelsau. Empfang: 26. und 27. Dezember."   

     
     
     
Zur Geschichte der Betsäle / der Synagoge        
   
Über mittelalterliche Einrichtungen ist nichts bekannt, möglicherweise kam es auch nicht zur Gründung einer Gemeinde. 
 
Die jüdischen Bewohner des 16. Jahrhundert wohnten vermutlich alle in der Scharfengasse, wo sich auch eine Synagoge (Betsaal) befand. Noch um 1700 gab es hier ein Gebäude mit hebräischen Inschriften (Standort unklar).  
  
Die im 19. Jahrhundert zugezogenen Bewohner besuchten bis 1907 am Schabbat und an Feiertagen die Synagoge in Nagelsberg. Mit Erlass vom 27. Mai 1876 gestattete die Israelitische Oberkirchenbehörde, dass auch in Künzelsau ein Filialgottesdienst abgehalten werden durfte. Ein Betsaal wurde zunächst in einer Wohnung in der Schnurgasse gegenüber dem Gasthaus zum Hirsch eingerichtet, danach im Linke’schen Haus am Morsbacher Tor, später im Hintergebäude des Auerbach’schen Hauses in der Hauptstraße, schließlich im Haus des S. Weinsberger. Der Sitz des Religionslehrers und Vorsängers blieb weiterhin in Nagelsberg, den Filialgottesdienst leitete an den Werktagen ein pensionierter Lehrer, während am Schabbat und an den Feiertagen die Künzelsauer Juden nach Nagelsberg mussten, um am dortigen Gottesdienst teilzunehmen. Dieser Zustand dauerte an, obwohl im Laufe der Jahre in Künzelsau bedeutend mehr Juden wohnten als in Nagelsberg. Erst als 1903 die Zahl der Nagelsberger jüdischen Gemeindeglieder auf zwei bis drei herabsank, bestand für das Kirchenvorsteheramt in Künzelsau keine moralische oder rechtliche Verpflichtung mehr, den Gottesdienst in Nagelsberg für die Zukunft aufrecht zu erhalten.  
      
Spende eines Parochet (Toraschreinvorhang) für die Synagoge durch Henle Neumann und seiner Frau (1886)

Kuenzelsau Israelit 18111886.jpg (86830 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1886: "Künzelsau. Es ist ein Vorzug der jüdischen Orthodoxie, dass ihre Angehörigen sich freiwillig und gerne Opfer auferlegen, wenn sie der Religion zur Ehre gereichen. Wir haben ein sprechendes Zeugnis dafür zu verzeichnen, indem wir eines freudigen Ereignisses Erwähnung tun, welches am vergangenen .. in unserer Synagoge stattfand. Herr Henle Neumann nämlich, ein würdiges und frommes Mitglied unserer Gemeinde, hat uns eine angenehme Überraschung bereitet, indem er und seine Frau der Gemeinde ein wundervolles Parochet (Toravorhang) zum Geschenk machten. Dasselbe ist aus rotem Samt, reich mit Goldstickereien versehen und trägt eine Krone, sowie eine Inschrift von schwerem Golde. Neben der Dankbarkeit für den Spender war auch Gelegenheit geboten, die prächtige Ausstattung uns Kunststickerei zu bewundern, welche Herr A.J. Hofmann in Frankfurt a.M. dem Parochet gegeben hat."
    
Kuenzelsau Israelit 18111886b.jpg (43202 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1886: "Öffentliche Anerkennung. Das auf meine Bestellung für die hiesige Synagoge angefertigte Paroches (hebräisch Parochet) hat nicht allein bei mir, sondern allgemeinen Beifall gefunden. Es veranlasst mich dieses, dem Lieferanten Herrn A. J. Hofmann in Frankfurt am Main hierdurch meine vollste Anerkennung und Zufriedenheit öffentlich auszusprechen. Ich kann Herrn Hofmann nur warm empfehlen. 
Künzelsau, 15. November 1886. Henle Neumann."

Seit 1903 dachte man an den Bau einer Synagoge in Künzelsau (nach dem Bericht oben zum Tod des Gemeindevorstehers Gustav Ledermann gab dieser 1903 den Anstoß zum Bau). Der Plan fand rasche Zustimmung unter den Gemeindeglieder. Oberamtsbaumeister August Ganzenmüller zeichnete die Entwürfe für die neue Synagoge. Im Juni 1906 konnte mit ihrem Bau begonnen werden. Mit der Bauausführung wurde Baumeister Genk beauftragt, die Holzarbeiten besorgte Schreinermeister Gollwitz. Am 15. August 1907 meldete der Kocher- und Jagstbote: "Die Synagoge ist nunmehr im Bau vollendet und wird am 30. August feierlich eingeweiht. Der Bau macht seinem Schöpfer, Herrn Oberamtsbaumeister Ganzenmüller alle Ehre. Die Malerei, von Malermeister Rumm hier ausgeführt, ist sehr wirkungsvoll, auch die von Gipsermeister Laffsa geleistete Gipserarbeit ist als tüchtige Leistung zu bezeichnen". 
Bei der feierlichen Einweihung am Freitag, 30. August um 13.30 Uhr bewegte sich ein großer Festzug unter Böllersalven und Musik vom seitherigen Betsaal am Morsbacher Tor zur neuen Synagoge. Die Straßen waren unterwegs festlich beflaggt. Am Eingang des Gotteshauses wurde der Synagogenschlüssel an Lehrer Wissmann übergeben. Dieser begrüßte die Behörden und die zahlreichen Teilnehmer des Festzuges. Stadtschultheiß Röder überbrachte die Glückwünsche der Stadt, worauf der Einzug in die festlich beleuchtete Synagoge erfolgte. Den Gottesdienst leitete Bezirksrabbiner Dr. Jakob Berlinger. Der israelitische Oberkirchenrat Dr. Kroner aus Stuttgart überbrachte die Wünsche der Oberkirchenbehörde. Am Tag darauf fand ein Festbankett im Rappensaal statt. Von der Architektur her war die Künzelsauer Synagoge in einfachem maurischem Stil gehalten. Sie bot Platz für etwa 200 Gottesdienstbesucher. Die beiden Kuppeln waren mit Kupferplatten eingedeckt, die im Ersten Weltkrieg als "Metallspende" heruntergenommen wurden.
     
Kauf eines Bauplatzes für die neue Synagoge (1904)  

Kuenzelsau Israelit 05121904.jpg (22820 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember 1904: "Künzelsau, 28. November (1904). Die israelitische Gemeinde hier hat vor einigen Tagen am unteren Kelterweg einen Bauplatz um 1.500 Mark für eine zu erbauende Synagoge gekauft."  

Einweihung der Synagoge (1907)  

Kuenzelsau Art01.jpg (82678 Byte)Artikel aus der Lokalpresse - Ankündigung der Einweihung: "Aus Stadt und Land. Künzelsau, 28. August (1907). Am nächsten Freitag, nachmittags 1/2 2 Uhr findet die festliche Einweihung der neu erbauten Synagoge statt. Vom seitherigen Betsaal am Morsbacher Tor bewegt sich der Festzug zum neuen Gotteshause. Oberkirchenrat Dr. Kroner und Regierungsrat Dr. Schmal aus Stuttgart werden an der Feier teilnehmen. Die hiesige Einwohnerschaft freut sich, dass ihre israelitischen Mitbürger nunmehr ein würdiges Gotteshaus besitzen und werden ihre Teilnahme durch Beflaggen der Gebäude am festlichen Tage bezeugen." 
  
Kuenzelsau Israelit 12091907.jpg (121831 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1907: "Künzelsau, 2. September (1907). Die hiesige israelitische Gemeinde beging am 30. August die Einweihung ihrer neu erbauten Synagoge. Unter der Leitung von Oberamtsbaumeister Ganzenmüller wurde diese binnen Jahresfrist an der neu angelegten Kanzleistraße, umgeben von grünen Gärten, erstellt und bildet mit ihren beiden Kuppeltürmchen und ihrem geschmackvoll ausgeführten Portal eine Zierde dieses Stadtteils. An der Feier nahm die ganze Stadt regen Anteil, was durch die Beflaggung der Straßen, sowie durch die von Stadtschultheiß Röder bei der Übergabe der Synagoge gesprochenen Worte zum Ausdruck kam. Unter Böllerschießen und mit Musikbegleitung bewegte sich ein stattlicher Zug von dem bisherigen Mietlokal zum neuen Gotteshaus, wo nach einem von Frl. Neumann gesprochenen Prolog an Stelle des durch Krankheit verhinderten Oberamtsbaumeister Bauführer Böhlein den Schlüssel an den Kantor Lehrer Wißmann übergab, der dem Dank und der Freude der israelitischen Gemeinde Ausdruck verlieh. Nun betrat die Versammlung die festlich beleuchteten Räume, wo die eigentliche Weihe vor sich ging. Die Festpredigt hielt Bezirksrabbiner Dr. Berlinger. Kirchenrat Dr. Kroner überbrachte die Wünsche der Oberkirchenbehörde. Im Rappensaal fand ein gut besuchtes Festbankett statt. Dort sprachen: Lehrer Wißmann, Dr. Berlinger und Dr. Kroner."
   
Kuenzelsau ImdtReich 101907.jpg (81253 Byte)Artikel in der Zeitschrift des Centralvereins "Im deutschen Reich" Heft 10 1907 S. 590: "Künzelsau in Württemberg. Bei der hier am 30. August vollzogenen feierlichen Einweihung der neu erbauten Synagoge hat es sich deutlich gezeigt, dass hier der Antisemitismus keinen Boden gefunden hat. Die Stadt trug reichen Flaggenschmuck; der Stadtschulheiß Röder, die Stadtverordneten und die sämtlichen hiesigen Beamten beteiligten sich an dem Festzuge. Vor der Synagoge sprach die Tochter des Vorstehers, Fräulein Helene Neumann einen Prolog, und nachdem Herr Lehrer Wißmann die Gäste begrüßt hatte, übermittelte Herr Stadtschultheiß Röder der israelitischen Gemeinde die Wünsche der Stadt. In der Synagoge sprach Herr Kirchenrat Dr. Kroner aus Stuttgart als Vertreter der königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde, und dann hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Berlinger von Braunsbach die Festpredigt. Samstagabend fand im Rappensaal ein Festmahl statt, bei dem auch treffliche rednerische, dramatische und musikalische Leistungen die Teilnehmer erfreuten."
  
Kuenzelsau AZJ 04101907.jpg (94530 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Oktober 1907: "Künzelsau (Württemberg), 22. September (1907). Ein Freudenfest seltener Art konnte die hiesige israelitische Gemeinde begehen durch die Einweihung ihrer neu erbauten Synagoge. An der Feier nahm die ganze Stadt regen Anteil, was durch die Beflaggung der Straßen, sowie durch die von Stadtschultheiß Röder bei der Übergabe der Synagoge gesprochenen Worte zum Ausdruck kam. Unter Böllerschießen und mit Musikbegleitung bewegte sich ein stattlicher Zug von dem bisherigen Mietlokal zum neuen Gotteshaus, wo nach einem von Fr. Neumann gesprochenen Prolog an Stelle des durch Krankheit verhinderten Oberamtsbaumeister Bauführer Böhlein den Schlüssel an Vorsänger Lehrer Wißmann übergab, der dem Dank und der Freude der israelitischen Gemeinde Ausdruck verlieh. Nun betrat die Versammlung die festlich beleuchteten Räume, wo die eigentliche Weihe vor sich ging: Chorgesang, dirigiert vom Seminar-Unterlehrer Pacius, Eingangsgebet und Festpredigt von Bezirksrabbiner Dr. Berlinger. Kirchenrat Dr. Kroner überreichte die Wünsche der Oberkirchenbehörde. Im Rappensaal fand ein gut besuchtes Festbankett statt. Als Redner ließen sich hören: Lehrer Wißmann, Dr. Berlinger und Dr. Kroner."

Am 24. September 1932 wurde im Schabbat-Morgengottesdienst in einer schlichten Feier der 25. Wiederkehr des Einweihungstages der Synagoge gedacht. Religionslehrer Goldstein erinnerte in seiner Ansprache an die damaligen Tage der großen Freude über das neue Gotteshaus. Mit einem Gebet für die Verstorbenen der Gemeinde wurde die Gedenkfeier beendet.  
        
25-jähriges Bestehen der Synagoge (1932)   

Kuenzelsau Israelit 06101932.jpg (52606 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Oktober 1932: "Künzelsau, 30. September (1932). Das Israelitische Vorsteheramt beging das 25jährige Jubiläum der Synagoge. Am Schabbat Nizabim (Schabbat mit der Toralesung Nizabim = 5. Mose 29,9 - 30,20, das war Schabbat, 24. September 1932) fand eine schlichte Feier im geschmückten Gotteshause statt. Herr Religionslehrer Goldstein ließ in seiner Ansprache die Geschichte des Synagogenbaues an dem geistigen Auge der Zuhörer vorüberziehen und mahnte zum Festhalten am altüberlieferten Gottesglauben und seiner Stätte, dem Gotteshause. Selengebet für die verstorbenen Vorsteher und die Toten der Gemeinde Nagelsberg - Künzelsau, sowie Gebet für Gemeinde und Staat beschlossen die würdig verlaufene Feier."  
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Oktober 1932:   

Am späten Abend des 10. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten in Zivil aus Künzelsau und Heilbronn und sonstigen NSDAP-Parteimitgliedern niedergebrannt. Sie hatten zur Brandstiftung Benzin in die Synagoge geschüttet. Gegen 22.30 Uhr war die Feuerwehr zur Stelle, die nach einigen Verzögerungen – ein Saugkorb war vergessen worden – zu löschen begann. Hierauf wurde dem Feuerwehrmann vom Künzelsauer SA-Standartenführer der Schlauch entrissen. Als der Feuerwehrkommandant selbst löschen wollte, wurde er von dem SA-Mann tätlich angegriffen und ins Gesicht geschlagen. 

Kuenzelsau Art02.jpg (72801 Byte) Lokalpresse am 11. November 1938: "Volkszorn gegen die Juden. Künzelsau, 11. November 1938. Nach Bekannt werden des Ablebens des durch feige jüdische Mörderhand niedergestreckten deutschen Diplomaten, Parteigenossen vom Rath, haben sich im ganzen Reich spontane judenfeindliche Kundgebungen entwickelt. Die tiefe Empörung des deutschen Volkes machte sich dabei auch vielfach in starken antijüdischen Aktionen Luft. Der Zorn des Volkes galt in erster Linie den Brutstätten des jüdischen Verbrechergeistes, den Synagogen. Diese wurden gestern in Künzelsau, Hohebach, Berlichingen und Braunsbach zerstört."

Die Synagoge brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Stadt ließ ab dem 14. November 1938 nicht nur den Brandschutt, sondern auch die ganze Synagogenruine abräumen. Die Arbeiten dauerten bis zum Januar 1939. Die Kosten für den Abbruch betrugen 1.910,05 RM und mussten von der israelitischen Gemeinde übernommen werden. Man verrechnete damit den Synagogenplatz, den die Stadt bereits am 5. Dezember zum Preis von 3,50 RM pro Quadratmeter gekauft hatte. Die Stadt brauchte das Grundstück angeblich für die Ober- und Kleinkinderschule. Tatsächlich wurde das Grundstück hierfür nie verwendet. 
      
Das Anwesen wurde nach 1945 teilweise neu überbaut (die Synagoge stand etwas nördlich der heutigen Tankstelle). Am 26. Juni 1986 wurde auf einem südlich des ehemaligen Synagogengrundstückes befindlichen Anwesen ein Gedenkstein zur Erinnerung an die Synagoge und das Schicksal der Künzelsauer Juden aufgestellt (Konsul-Uebele-Straße 20).
      
      
      
Fotos / Dokumente             
Historische Fotos / Dokumente
(Ansichtskarte zweite Fotozeile aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries;  Foto dritte Fotozeile rechts: abgebildet in Nachum T. Gidal: Die Juden in Deutschland. 1988 S. 251; dritte Fotozeile links: Buch von Frey/Kraut s.Lit.)

Die neue Synagoge    
   Kuenzelsau Synagoge 170.jpg (65579 Byte) Kuenzelsau Synagoge 171.jpg (29579 Byte)
   Historische Ansichtskarte von Künzelsau mit Synagoge (Ausschnittsvergrößerung rechts)
   
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Die Synagoge kurz vor ihrer 
Fertigstellung 1907  
  Festzug durch Künzelsau zur Einweihung der Synagoge im August 1907 mit der
 Überführung von zwei Torarollen in die neue Synagoge. Alle Häuser der Stadt sind
 beflaggt. Der Rabbiner und der Gemeindevorsteher halten die Torarollen in 
ihren Armen (Foto rechts).
  
   
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Die Synagoge 
um 1930  
Postkarte der Synagoge (Quelle: 
The Encyclopedia of Jewish Life II,688)
Oben und unten: Innenaufnahmen mit 
Blick über Almemor zum Toraschrein
     
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Planzeichnung des Architekten 
August Ganzenmüller 1906: 
Erdgeschoss der Synagoge
dass. Planzeichnung auf 
Höhe der Frauenempore 
  
  

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:

Fotos 1983 (rechts) 
und Enthüllung des Gedenksteines 
am 29. Juni 1986:
(Fotos: Hahn)
 Kuenzelsau Synagoge 006.jpg (58509 Byte)   
  Synagogenstandort 1983   
     
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Bürgermeister Herbert Frenz  Enthüllung des Gedenksteines 
   
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Ansprache von Landesrabbiner 
D. Joel Berger  
Rede von Leo Wissmann s.A., 
Ehrenbürger Jerusalems 
(geb. 1905 in Künzelsau, gest. 1989 in Jerusalem)
   
 
     
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003)
  
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Der Gedenkstein mit nur noch 
schwer lesbarer Inschrift  
Ansichten des Synagogengrundstückes  
   
     
Hinweis auf eine besondere 
Erinnerung an den in Künzelsau 
geborenen Leo Wissmann  
Wissmann Str Jer 1040.jpg (96882 Byte)  
    In Jerusalem ist seit 1994 eine Straße
 nach Leo Wissmann benannt
  

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

März 2008:  Erinnerung an die antijüdischen Ausschreitungen am 20. März 1933  
Artikel von Barbara Griesinger in der "Heilbronner Stimme" vom 20. März 2008 (Artikel): 
Hohenloher waren die ersten Opfer 
NS-Verbrechen - Bald kommt wieder die Zeit, in der die jüdischen Hohenloher den Kindern in Künzelsau und Öhringen Matzenbrote geschenkt haben. Ungesäuerte Brote, die in jüdischen Familien am Pessachfest gegessen werden. Das ist lange vorbei. Hier leben keine jüdischen Mitbürger mehr. Heute auf den Tag genau vor 75 Jahren begann in Hohenlohe die Judenverfolgung. 
Der 20. März war 1933 ein Montag. 65 Künzelsauer jüdischen Glaubens lebten damals in der Kreisstadt. Max Ledermann, Tuchhändler und Synagogenvorstand, war einer von ihnen. An diesem Morgen hat er wohl wie immer seinen Laden im Mainzer Haus gleich beim Alten Rathaus geöffnet. Erst wenige Jahre zuvor hatte er es renoviert und war stolz auf das schöne Haus. Das erzählt der Künzelsauer Schriftsteller Hermann Lenz, der Max Ledermann bei einem Besuch in der Stadt 1932 zum letzten Mal gesehen hat. Er berichtet auch, dass der Kaufmann damals schon Sorge hatte: 'Herr Lenz, die Nazi schwätzen überall herum, die Bauern sollten nichts mehr bei den Juden kaufen.' Tränen habe der Händler dabei in den Augen gehabt. 
Am 20. März war Max Ledermann wohl voller Sorge und Angst. Die Künzelsauer Juden wussten, was am vergangenen Sabbat, am 18. März, am helllichten Tag in Öhringen geschehen war. Stuttgarter Schutz- und Hilfspolizei hatte in Öhringen Häuser nach Waffen und kommunistischer Propaganda durchsucht und Juden, Sozialdemokraten sowie Kommunisten verhaftet. Einige Öhringer jüdischen Glaubens wurden aus dem Gottesdienst in der Synagoge ins Rathaus verschleppt. Dort wurden sie von einem SA-Trupp unter Leitung von Sturmführer Fritz Klein aus Heilbronn verhört – besser gesagt, mit Knüppeln und Stahlruten brutal geschlagen, geprügelt, misshandelt. Am Nachmittag zerrte man die Männer aus den Zellen und trieb sie durch die Stadt – vorneweg eine SA-Kapelle. 
Demütigung Siegfried Herz, der am Kopf verletzt war, drückten sie eine Sowjetfahne in die Hand. Anderen Öhringer Juden hängten sie ein Schild um. 'Wir sind die Verbrecher des deutschen Volkes', stand darauf. Begleitet wurde der Zug von knüppelschwingender SA. Sogar ein Foto gibt es von dem demütigenden Akt. 17 Gefangene mussten sich dabei zum Gruppenfoto aufstellen. Drei Juden und zwei kommunistische Führer wurden nach Heilbronn gebracht. Die anderen, darunter auch eine Frau, kamen ins Gefängnis. Die meisten waren in der folgenden Woche wieder frei. 
Stahlruten Zwei Tage später, an jenem Montag, kam SA-Führer Klein mit seinen Schergen nach Künzelsau. Auch Künzelsauer SA-Männer, der Kreisleiter Thoma selbst, Landjägerbeamte und Stahlhelm-Mitglieder beteiligten sich. Wie viele Männer im Alten Rathaus zusammengetrieben wurden, weiß heute niemand mehr. Sicher ist, es waren wie in Öhringen Juden und Sozialdemokraten, wohl auch Kommunisten. Unter ihnen der jüdische Lehrer und Vorsänger Julius Goldstein, der Sozialdemokrat Vogelmann aus Niedernhall und der Künzelsauer Gemeinderat Friedrich Brözel. Auch wann die SA auftauchte, ist unbekannt. Bekannt ist indes, dass die Männer im Rathaus halbtot geschlagen wurden. Mit Stahlruten misshandelte die SA Julius Goldstein derart grausam, dass der eiserne Synagogenschlüssel in seiner Hosentasche zerbrach. 'Mehr tot als lebendig wurde er nach Hause getragen, an seinem Rücken kein Flecken Haut, der nicht blau aufgelaufen war', schreibt Heimatforscher Günther Dürr, der Zeitzeugen befragte. Nachts machte sich Max Ledermann, der Vorsteher der Synagogengemeinschaft, auf ins Haus seines Freundes Goldstein. Rose Levy, geborene Morgenroth aus Künzelsau, die mit ihrer Familie nach Amerika emigrierte, erzählte 1989 bei einem Besuch in Künzelsau: 'Max Ledermann war verraten worden, als er nachts zu Goldstein ging. Ich weiß auch, wer ihn verriet, doch möchte ich den Namen dieser Person, die heute noch in Künzelsau lebt, nicht nennen. Ledermann wurde vor dem Hause Goldsteins zusammengeschlagen und erlitt anschließend in dessen Wohnung einen Herzinfarkt.' Andere Quellen sagen, der Schlag habe den Synagogenvorstand getroffen, als er Julius Goldstein gesehen habe. Max Ledermann starb am 21. März. Er war der Erste, der dem Rassenwahn und dem Terror der Nazis zum Opfer fiel – nicht nur in Hohenlohe, sondern in ganz Württemberg. Acht Tage später erschoss sich der jüdische Kaufmann David Furchheimer, der in der Künzelsauer Keltergasse lebte. Mit der Armeepistole, mit der er als Soldat im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte."
 
Kuenzelsau Lenz Lit01.jpg (11515 Byte)Literaturhinweis: In dem 1968 erstmals erschienen Roman von Hermann Lenz (1913-1998): Andere Tage (suhrkamp taschenbuch 461. 260 S. ISBN 978-3-518-36961-6) geht Lenz auch auf die Künzelsauer Opfer vom März 1933 - Max Ledermann und David Furchheimer - ein (in der 1. Auflage, Köln 1968 S. 94 und 161).    
 
März 2020: Verlegung von weiteren "Stolpersteinen" in Künzelsau  
Anmerkung:  Am 9. Februar 2015 wurden auf Initiative des Geschichtslehrers Matthias Schneider und einer Schulklasse des Ganerben-Gymnasiums in Künzelsau erstmals 23 Stolpersteine verlegt. Weitere Verlegungen fanden am 17. September 2015 und am 3. März 2020 statt.  Zur Liste der "Stolpersteine" siehe:  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Künzelsau.  
Artikel in "meine.stimme.de" vom 9. März 2020: "Stolpersteinverlegung in Künzelsau
Schon seit Jahren verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig 'Stolpersteine' vor Häusern, in denen während der Zeit des Nationalsozialismus Juden wohnten, die vertrieben oder deportiert wurden. Auch in Künzelsau lagen schon einige dieser Steine. Am 3. März verlegte Herr Demnig nun noch etliche weitere Steine in Künzelsau, und auch dieses Mal war die Georg-Wagner-Schule wieder mit dabei. Die Klasse 6a hatte sich schon länger mit dem Thema 'Judenverfolgung und Holocaust' beschäftigt, und nun durften 6 Schüler/innen der Klasse die Verlegung der Stolpersteine begleiten. Die Aktion begann am Oberen Bach, wo früher Familie Berney lebte; die nächste Station war in der Hauptstraße, wo man an Familie Adler erinnerte. Die Schüler/innen trugen Texte vor und berichteten kurz über die beiden Familien. Auch andere Schulen unterstützten durch ihre Vorträge und Aktionen die Stolpersteinverlegung, so waren unsere Nachbarn von der Brüder-Grimm-Schule ebenfalls aktiv. Ein Dankeschön an alle teilnehmenden Schüler/innen, vor allem jedoch gebührt Herrn Demnig für sein unermüdliches Engagement größter Respekt."  
Link zum Artikel 
Eingestellt: Heinz-Wilhelm Koch: Dokumentation "Vierte Stolpersteinverlegung in Künzelsau - 3. März 2020" Künzelsau 2022 132 S. (pdf-Datei online zugänglich

    
     

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Stadt Künzelsau  
bullet Seite der Fachhochschule Heilbronn-Künzelsau zu Daten der Künzelsauer Geschichte: hier anklicken  

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Künzelsau 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Künzelsau  sind vorhanden:    
J 386 Bü. 329  Künzelsau Geburten 1898 - 1923 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445937   
J 386 Bü. 330  Künzelsau Sterbefälle 1894 - 1939 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445938    
J 386 Bü. 331  Künzelsau Familienbuch 1884 - 1939 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445939   
J 386 Bü. 332  Künzelsau Eheschließungen 1869 - 1870, Sterbefälle 1869 - 1864, Geburten 1868 - 1875 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445940    

Literatur:

bulletPaul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S. 111-112.
bulletGünther Dürr: Das Schicksal der Juden in Stadt und Kreis Künzelsau, in: Feiertagsschrift Rosch Haschana 5729 (1968) S.22-26.  
bulletJürgen Hermann Rauser: Künzelsauer Heimatbuch. Erstes Buch: Stadtgeschichte. Heimatbücherei Hohenlohekreis, Bd. 8) 1981. S.126, 130, 323, 492-493, 574-575. 
bulletders.: Künzelsauer Heimatbuch. Zweites Buch: Dörfergeschichte. (Heimatbücherei Hohenlohekreis, Bd. 15). 1984. S. 502, 535.  
bulletKuenzelsau Synagoge 112.jpg (81644 Byte)Martin Frey/Stefan Kraut: …und lebten unter uns. Juden in Künzelsau. 1993 (Erweiterter Sonderdruck aus dem Jahrbuch des Historischen Vereins für Württembergisch Franken. Bd. 77. 1993). 
bulletNaftali Bar-Giora Bamberger: Die jüdischen Friedhöfe im Hohenlohekreis. 2002. 
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007. 
bulletHeinz-Wilhelm Koch: Dokumentation "Vierte Stolpersteinverlegung in Künzelsau - 3. März 2020" Künzelsau 2022 132 S. (pdf-Datei online zugänglich). 

   
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kuenzelsau  Wuerttemberg.  Jews fell victim to the Rindfleisch massacres of 1298 and further disturbances in 1304 and were forced to leave Kuenzelsau in the late 16th century after being allowed to resettle in 1550. The community was reestablished after 1850 and numbered 114 in 1900 (total 3,067), living off the cattle trade, moneylending, peddling, and brokerage. In 1907, a synagogue was dedicated and the Nagelsberg community (dwindling from 167 Jews in 1854 to seven in 1910) was attached to Kuenzelsau. In 1933, 60 remained, subjected to increasing persecution. The synagogue was burned on Kristallnacht (9-10 November 1938) and at least ten men were taken to Dachau concentration camp. By 1941, 36 had emigrated while 19 were expelled to their deaths to the Riga, Izbica (Lublin district of Poland), and Theresienstadt ghettoes in December.   
  
   

                   
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Stand: 30. Juni 2020