Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Edelfingen (Stadt Bad Mergentheim, Main-Tauber-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
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Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Weitere Dokumente    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
  
In dem jahrhundertelang zwischen mehreren Ortsherrschaften geteilten Ort Edelfingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/41. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück, als der Deutsche Orden Juden am Ort aufgenommen hat. Erstmals werden 1538 Juden in dessen Ortsteil von Edelfingen genannt.     
    
Das jüdische Wohngebiet konzentrierte sich bis ins 19. Jahrhundert hinein auf die "Judengasse" (heute "Alte Frankenstraße").     
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl jüdischer Einwohner wie folgt: 1812 108 jüdische Einwohner, 1834 116 (12,3 % von insgesamt 944 Einwohnern), 1854 172, höchste Zahl um 1858 mit 198 Personen, 1880 154 (13,0 % von 1.181), 1895 170 (14,8 % von 1.151), 1900 156, 1910 98 (9,7 % von 1.008). 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (mit Lehrerwohnung im Vordergebäude zur Synagoge untergebracht) und ein rituelles Bad (etwas unterhalb der Synagoge, nichts erhalten). Bei der Schule handelte es sich von den 1830er-Jahren bis nach dem Ende des Ersten Weltkrieges um eine israelitische Volksschule. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern werden genannt: bis November 1839 Hermann Hirsch Levi aus Rexingen (danach in Mühlen am Neckar, ab 1847 in Ernsbach), 1839 bis 1869 Isaak Levisohn aus Mühringen (lebte danach in Mergentheim, wo er 1884 starb), 1869 bis 1886 Moses Fröhlich aus Ödheim (gest. 1886 in Edelfingen, siehe unten Bericht zu seinem Tod), Hirsch Kahn (siehe Berichte unten), Sally Ottensoser (siehe Berichte unten). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Unterbalbach beigesetzt. Die Gemeinde gehörte seit 1832 zum Rabbinatsbezirk Mergentheim
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde die Brüder Gabriel Adler (geb. 26.3.1895 in Edelfingen, gef. 10.8.1918) und Salomon Adler (geb. 16.9.1890 in Edelfingen, gef. 9.8.1915), Samuel Siegbert Bierig (geb. 18.12.1898 in Edelfingen, gef. 22.5.1918) und Sigmund Frank (geb. 15.5.1889 in Edelfingen, vor 1914 in Straubing wohnhaft, gef. 2.2.1915). Auf dem Gefallenendenkmal der Gemeinde Edelfingen im Friedhof sind auch die Namen dieser vier jüdischen Gefallenen eingetragen (siehe Fotos unten). Außerdem ist gefallen: Jakob Frank (geb. 15.12.1887 in Edelfingen, vor 1914 in Ansbach wohnhaft, gef. 27.12.1915).       
 
1925, als noch 75 jüdische Einwohner gezählt wurden (7,7 % von 972 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Elias Schorsch, Moses Franck, Benjamin Schloß, Bernhard Heß und Samuel Bierig.  Adolf Adler I war Gemeindepfleger, Bertha Markus Synagogendienerin. Hauptlehrer Hirsch Kahn hatte im Schuljahr 1924/25 nur einem jüdischen Kind aus der Gemeinde den Religionsunterricht zu erteilen. An jüdischen Vereinen gab es die Wohltätigkeitsvereine Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von David Adler) und Chewro Gemilus Chassodim (1924 unter Leitung von Salomon Frank), den Israelitischen Frauenverein (1924 unter Leitung von Bertha Adler) und den Verein Jeschurun (1924 unter Leitung von Simon Schorsch). 1932 war der Gemeindevorsteher Jonas Adler. Im Schuljahr 1931/32 waren sechs jüdische Kinder in Religion zu unterrichten.        
  
Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Handel mit Vieh, Landesprodukten und Kolonialwaren. Auch gab es jüdische Metzgereien (vor allem eine Großschlächterei) und eine jüdische Gastwirtschaft am Ort. Bis nach 1933 waren die folgenden Gewerbebetriebe in jüdischem Besitz (bei Anschrift ohne Haus-Nummer: das Gebäude wurde 1945 zerstört beziehungsweise später abgebrochen): Mehlhandlung Adolf Adler (Alte Frankenstr., vgl. Presseartikel unten zur Geschichte seines Sohnes Julius Adler), Viehhandlung Adolf Adler (Theobaldstraße), Viehhandlung Aron Adler (Ratstraße 13), Metzgerei Julius Adler (Ratstraße), Viehhandlung Moses Adler (Theobaldstraße), Viehhandlung Samuel Adler (Alte Frankenstraße), Händler Jakob Bamberger (Alte Frankenstraße), Gastwirtschaft Max Bamberger (Alte Frankenstraße), Spezerei Lina Bierig (Mittlere Straße), Viehhandlung Isaak Bierig (Mittlere Straße 1), Viehhandlung Siegmund Bierig (Alte Frankenstraße), Metzger Salomon Bravmann (Alte Frankenstraße), Gemischtwarengeschäft Jette David (Alte Frankenstraße), Viehhandlung Hermann Frank (Ratstraße), Viehhandlung Leopold Frank (Theobaldstraße 13), Viehhandlung Moses Frank (Theobaldstraße 12), Viehhandlung Salomon Frank (Theobaldstraße), Eisenwarenhandlung Samuel Frank (Alte Frankenstraße), Metzgerei Bernhard Heß (Alte Frankenstraße 8), Fam. Wendel Markus (Theobaldstraße 10), Aussteuer- und Bettengeschäft Seligmann Rosenheimer (Alte Frankenstraße 9), Großschlächterei Benjamin Schloß (Alte Frankenstraße, vgl. Foto unten), Fam. Henrie Schloß (Alte Frankenstraße 26), Spezerei Elias Schorsch (Alte Frankenstraße). 
Vor 1933 gehörte ein jüdischer Bürger dem bürgerlichen Gemeinderat an, mehrere Juden waren Mitglieder des Sportverein.   
     
1933 lebten noch 86 jüdische Personen in Edelfingen (9,0 % von insgesamt 955 Einwohnern). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien ist ein Teil von ihnen in den folgenden Jahren ausgewandert oder in andere Orte verzogen. In Edelfingen selbst bewirkte allerdings erst nach einiger Zeit die antijüdische Hasspropaganda eine Zerstörung des guten Verhältnisses zwischen christlicher und jüdischer Bevölkerung. Nachdem die jüdischen Kinder nicht mehr die allgemeinen Schulen besuchen durften, musste im April 1935 die israelitische Gemeinde Mergentheim für die jüdischen Kinder aus Mergentheim und Edelfingen eine "Israelitische Privatschule" eröffnen, die bis 1940 bestand. Es handelte sich um eine zwei-, ab April 1938 einklassige Schule. Beim Novemberpogrom 1938 wurden von Parteidienststellen einige Ausschreitungen inszeniert. Die Synagoge wurde geschändet, das Gebäude selbst nicht zerstört (s.u.). 1939 wurden noch 42 jüdische Einwohner am Ort gezählt. Bis Sommer 1941 sind acht der 1933 hier lebenden jüdischen Einwohner noch in Edelfingen verstorben. Die letzten 15 jüdischen Einwohner wurden deportiert.   
  
Von den in Edelfingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berta (Bella) Adler geb. Sulzbacher (1863), Elsa (Else) Adler (1895), Hedwig Adler (1897), Zilli Adler (1895), Fanny Badmann geb. Kahn (1894), Barbara (Babette) Bamberger (1875), Ferdinand (Feidel) Bamberger (1878), Jacob Bamberger (1882), Ida Bierig geb. Weil (1873), Isaak Bierig (1869), Salomon Bierig (1888), Karolina Blömendal geb. Frank (1894), Jette (Jetta) David geb. Ehrenberg (1861), Getta Decker geb. Frank (1893), Rosa Dick geb. Marx (1880), Hanna Ehrlich (1871), Immanuel Ehrlich (1873), Jette Ehrlich (1867), Amalie Frank geb. Sahm (1862) Amalie Frank geb. Levite (1871), Berta Frank geb. Grünfeld (1900), Gertrud Frank (1926), Ruth Frank (1928), Salomon Frank (1936), Getta Freimark geb. Bierig (1879), Paula Goldstein geb. Bierig (1874), Gretchen Grünfeld geb. Sulzbacher (1867), Recha Hellmann geb. Frank (1883), Emanuel Hess (1891), Lydia Hess geb. Rosenheimer (1911), Elly Hirsch (1918), Ricka Hirsch geb. Adler (1882), Rosa Lilienstrauß (1893), Lui Löw (1868), Bassa Markus geb. Gunter (1869), Sofie Oppenheim geb. Frank (1884), Rosa Rothschild geb. Bierig (1877), Berta Schorsch geb. Schloß (1854), Simon Schorsch (1898), Hanni Sieber geb. Michel (1906), Mathilde Steinhäuser geb. Fröhlich (1879), Zerline Stern geb. Ehrlich (1869), Friederike Strauß (1880), Emil Vorchheimer (1895), Manfred Vorchheimer (1935), Sara Vorchheimer geb. Adler (1896), Paula Wolf (1891).
  
Anmerkung: der in einigen Listen genannte Max Marx (geb. 1887 in Edelfingen) ist nach den Recherchen von E. Böhrer (zur jüdischen Geschichte in Schweinfurt) nicht umgekommen, sondern konnte emigrieren und ist 1950 in New York gestorben.
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1928 / 1931   
sowie Ausschreibung der Stelle des Hilfsvorbeters zu den Hohen Feiertagen 1902  

Edelfingen Israelit 04041928.jpg (80296 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1928: "Die Stelle eines unständigen Religionslehrers für die israelitische Religionsgemeinde Edelfingen soll wieder besetzt werden. Die Stelle wird mit einem Bewerber besetzt, der die deutsche Reichsangehörigkeit besitzt und die erste Volksschullehrerdienstprüfung erstanden hat. Die Besoldung wird nach den Grundsätzen für staatliche Lehrer berechnet und aus der Israelitischen Zentralkasse bezahlt. Dienstwohnung ist vorhanden. Bewerber, die bereit sind, die Schechitah auszuüben, wollen sich unter Darstellung ihres Lebenslaufs und Anschluss ihrer Zeugnisse bis zum 25. April 1938 melden beim Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, Stuttgart, Reinsburgstraße 19". 
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. April 1928 Text wie oben        
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Januar 1931:        
 
Edelfingen Israelit 04091902.jpg (40623 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. September 1902: "Die israelitische Gemeinde Edelfingen sucht einen Hilfsvorbeter an Rosch-Hachono und Jom-Kippur. 
Meldungen wollen in Bälde dem Israelitischen Kirchenvorsteheramt Edelfingen vorgelegt werden." 

         
Zum Tod des Lehrers Moses Fröhlich (1886)      
Anmerkung: Lehrer Moses Fröhlich ist 1844 in Ödheim geboren. Er studierte von 1862 bis 1864 im Lehrerseminar in Esslingen. Von 1866 bis 1869 war er Lehrer in Archshofen, von 1869 bis zu seinem Tod in Edelfingen.  

Edelfingen Israelit 12081886.jpg (172779 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. August 1886: "Von der Tauber.  9. August (1886). Die Gemeinde Edelfingen hat einen schweren Verlust erlitten, indem am 3. dieses Monats dortselbst der Lehrer und Vorsänger Fröhlich, der 17 Jahre dort fungiert hat, nach kurzem Krankenlager seinem Wirkungskreise im 43. Lebensjahre, mit Hinterlassung einer Frau und fünf unmündigen Kindern, entrissen worden ist. Die Teilnahme an diesem Trauerfall war eine allgemeine und es eilten seine Kollegen von Nah und Fern zu dem am 4. stattgefundenen Leichenbegängnis herbei, dem sich der evangelische Ortsgeistliche mit dem Gemeinderat anschloss. Am Grabe in Unterbalbach hob der Bezirksrabbinat von Mergentheim die Tüchtigkeit, religiöse Gewissenhaftigkeit und die aufopfernde Berufstreue des früh Vollendeten hervor; aber auch der Pfarrer von Edelfingen, als Lokal-Schulinspektor, widmete dem wackeren Lehrer einen wohlwollenden Nachruf, was, wie das Kondolenzschreiben des Bezirksschulinspektors, des Dekans von Weikersheim, an die Witwe als ein erfreuliches Zeugnis von Toleranz und wohltuender Eintracht unter den Konfessionen verzeichnet zu werden verdient.  Es steht zu erwarten, dass die Gemeinde in gleicher Würdigung der Verdienste ihres verstorbenen Lehrers und der ihm allseitig gewordenen Anerkennung, falsch angebrachte Sparsamkeit bei Seite setzend, die Stelle nicht auflösen, sondern Bedacht darauf nehmen werde, dass dieselbe durch eine ebenso gut geschulte Kraft wieder besetzt werde, wie sie sie in M. Fröhlich - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - hatte, damit die Jugend in dessen Sinn weiter gebildet werde."     

     
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Hirsch Kahn (1911) 
Anmerkung: Lehrer Hirsch Kahn (geb. 22. Mai 1863 in Niederstetten als Sohn von Moses Kahn und Fanny geb. Sicherer) kam Mitte der 1880er-Jahre als Lehrer nach Edelfingen, wo es sich 1888 mit Karoline geb. Frank (geb. 8. Juli 1862 in Edelfingen als Tochter von David Frank und Gilda geb. Bär) verheiratete. Das Paar hatte neun Kinder, die zwischen 1888 und 1905 geboren sind. Hirsch Kahn ist am 25. Juni 1927 in Wiesbaden gestorben. Von seinen Kindern wurde die 1894 geborene Tochter Fanny verheiratete Badmann 1941 von Frankfurt in das Ghetto Lodz (Litzmannstadt) deportiert wurden; sie ist umgekommen.       

Edelfingen Israelit 27071911.jpg (13085 Byte)Mitteilung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1911: "Edelfingen, 23. Juli (1911). Im nächsten Monat begeht Herr Lehrer H. Kahn dahier sein 25-jähriges Dienstjubiläum".    

  
Zum Tod von Lehrer Hirsch Kahn (1927 in Wiesbaden)       

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1927: "Edelfingen. Am 25. Juni starb in Wiesbaden, wo er im Ruhestand lebte, der um unsere Gemeinde hochverdiente Volksschullehrer Hirsch Kahn. Kahn war am 22. Mai 1863 in Niederstetten geboren. Nach dem Besuch der dortigen Realschule hatte er die Präparandenanstalt und dann das Seminar in Künzelsau besucht. Nachdem er 1881 die erste Volksschullehrer- und Vorsängerprüfung bestanden, kam er zunächst als Amtsverweser nach Archshofen, wo er bis zum August 1886 wirkte. Von da an war er bis zu seiner Zurruhesetzung am 1. Oktober 1923 als Lehrer und Vorsänger in Edelfingen tätig. Nach der Aufhebung der dortigen Stelle verzog er nach Wiesbaden. An seinem Grabe überbrachte Vorsänger Ottensoser die letzten Grüße der Gemeinde Edelfingen dem Dahingeschiedenen. Das Andenken an den vorzüglichen Lehrer und vorbildlichen Seelsorger der Gemeinde sei gesegnet."       

   

 Beileidskarte von Lehrer Isak Oberndörfer an die 
Lehrerwitwe Kahn in Wiesbaden (1927)
    
 Niederstetten Dok 115.jpg (116756 Byte)  Niederstetten Dok 115a.jpg (82854 Byte)

Die Beileidskarte zum Tod von Hauptlehrer Hirsch Kahn wurde am 28. Juni 1927 von Niederstetten an seine Witwe in Wiesbaden geschickt. Absender war die Lehrerfamilie Oberndörfer aus Niederstetten. Lehrer Isak Oberndörfer schrieb als früherer Kollege von Lehrer Kahn: " Stets wird das Gedenken an den guten Menschen, den lieben Kollegen, den tüchtigen Pädagogen in Ehren gehalten werden ". Am Schluss der Karte findet sich der jüdisch-hebräische Beileidswunsch " Hamokam yenachem eschem b'soch sh'ar aveilei Tzion vYrushalayim", d.h. " Möge der Allmächtige Euch trösten unter den anderen Trauernden von Zion und Jerusalem". 
Hirsch Kahn selbst war (s.o.) gebürtig aus Niederstetten.   

   
Nachruf auf den tödlich verunglückten Sally Ottensoser (seit 1902 Lehrer in Markelsheim, später auch Weikersheim und Edelfingen, gest. 1927)  

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Oktober 1927:"Edelfingen. Am 10.Oktober ist in der Nähe von Markelsheim Lehrer und Amtsverweser S. Ottensoser durch einen Unfall auf dem Motorrad an der Edelfingerstr. tödlich verunglückt. Die württembergische Religionsgemeinschaft verliert mit ihm einen ihrer besten und treuesten Beamten. Der so jäh aus dem Leben Gerissene war am 22. Januar 1883 in Burgpreppach geboren. Nachdem er die Präparandie in seinem Heimatorte und das jüdische Lehrerseminar in Würzburg absolviert, trat er im Juli 1902 sein Lehramt in Neustadt a.d. Saale an. Schon im Jahre darauf kam er als Amtsverweser und Vorsänger nach Markelsheim und hierauf 1906 nach Nordstetten. Von 1907 an war er wieder in Markelsheim tätig, bis er 1927 von der israelitischen Gemeinde in Edelfingen als Vorsänger angestellt wurde. Seine Bestattung fand am Mittwoch unter sehr großer ehrender Beteiligung in Edelfingen statt."      
 
Edelfingen Israelit 27091928.jpg (438041 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928: "Auf dem Wege der Pflicht in den Tod gefahren. Ein Nachruf. Es sind rund zwei Jahre her, ich verbrachte meine Ferien in Mergentheim und lernte den Mann kennen, den ich zunächst als Muster eines Vielbeschäftigten und Pflichteifrigen bewunderte, dann aber auch als Menschen und Juden erkannte, sodass ich ihn achten und lieben lernte. 
Sally Ottensooser hieß der Unentbehrlich, Unvermeidliche, Überallgesehene. Wo sein beständiges Domizil, wo er eigentlich wohnte und sich aufhielt, war schwer zu sagen. Tagsüber sah man ihn in Mergentheim, wo er, zumal in der starb besuchten Sommersaison, die Schechita ausübte und einen Stab von jungen Schochtim heranbildete. Schon in aller Morgenfrühe kam er von Edelfingen, wo er ebenfalls Heim und Bett hatte, hergeradelt, 'porschte' und sah nach den Rechten in den jüdischen Hotels, um weiter nach Markelsheim zu sausen, wo in der Religionsschule die Kinder seiner harrten. War die Arbeit im Mergentheimer Schlachthof zu Ende, so ging es nachmittags noch nach Weikersheim, das Schlachtmesser in der Tasche, Fiebel und Hefte für die Schule an das Rad geschnallt, und abends blieb noch eine Stunde übrig, um in Gesellschaft von Einheimischen und Kurgästen im Hotel zu Mergentheim beim Glase zu sitzen. Seine Familie wohnte, wie ich glaube, in Markelsheim. Aber am Sabbat leitete er den Gottesdienst in Edelfingen. Ich werde diesen einfachen, schlichten Gottesdienst in der kleinen Landgemeinde mit ihrer Scheunensynagoge, wie sie dort in der Gegend üblich sind, nie vergessen. Der von alten biederen Dorfjuden gefüllte Raum, die alten Gesänge unter lebhafter Mitwirkung der ganzen Gemeinde, das deutsche 'En kealakenu', 'Keiner ist wie unser Gott!' und 'Wer ist wie unser Gott!' von Lehrer und Gemeinde im schönen, kräftigen Chor vorgetragen. Die einzige Konzession, die die Großväter der Kleingemeinde beim Eindruck der Reform in Württemberg gemacht hatten. Dann der Gang durch das Dorf bei goldener Sabbatvormittagssonne. Der Sabbat war im Orte, das konnte man sogar dem vollbeladenen Heuwagen und dem geruhig darauf schlafenden braunen Bauernjungen ansehen. Wie da die Leute, alte Frauen tief bedeckt, auf den Stühlen und Bänken vor den Häusern saßen, in Erwartung der Bohnensuppe und Sabbatkugel, die alle aus dem gemeinsamen Bäckerofen Glockenschlag elf kamen. Aber vorher gab es noch für die Männer und Jünglinge ein Schiurlernen. Und überall der 'Herr Lehrer', Herr Lehrer da und Herr Lehrer dort. Ein Blick in das kleine jüdische Hotel, unter dessen sehr niederem, aber ebenso gastlichem Dache wir etwas von der köstlichen Sabbatspeise, die im gemeinsamen Bäckerofen die Nacht hindurch von lieben, kochkundigen Engeln betreut wurde, kosteten. Dort sahen wir die hundertjährige Urgroßmutter (hoffentlich ist sie noch am Leben), wie sie den zweiten Teller mit jugendlicher Freude absolvierte. Mergentheimer Wasser hatte sie nie in ihrem Leben getrunken...
Am Sonntag schon in aller Frühe sprach ich wieder Herr Ottensoser in Mergentheim. Bis zur Mittagsstunde hatte er so und so viel geschächtet, so und so viele Stunden in den verschiedenen Filialgemeinden unterrichtet, Schochtimjünger instruiert, Aufsicht im Auftrage des Rabbinates in Hotels und Pensionen ausgeübt, und am späteren Nachmittag schritt er in Talar und Barett, bei strömendem Regen, hinter einer Bahre einem Leichenzuge voran, stundenlang, von irgendwo in einem Dorf im Gebiete einer seiner vielen Filialgemeinden kommend, irgendwohin nach einem Dorfe, wo sich ein alter verlassener jüdischer Friedhof befindet. Am Ausgangspunkt sprach er die Gebete, am Grabe hielt er eine Rede, so sogar recht gut war. Auf dem Rückwege schlachtete er noch Hühner und Gänse in Mergentheim. Dann radelte er nach Hause. Wohin? Nach Markelsheim, nach Weikersheim oder nach Edelfingen?  Er hatte überall sein Heim, er gehörte zur Landschaft; wie der Apfelbaum am Wege, wie der Sprudel aus dem Boden, wie Feld und Wiese. Kein Kind in der ganzen Gegend, das nicht respektvoll den Hut zog vor dem 'Herrn Lehrer', kein Bauer auf dem Felde, an dem er nicht mit einem 'Grüß Gott' und 'Wie steht's heuer mit dem Korn?' vorüberradelte.    
Ich frage: 'Mein Lieber, woher nehmen Sie Zeit und die Kraft, das alles zu bewältigen?' Er zeigte lachend auf das nicht mehr neue Rad. Man sei rasch dahin und dorthin, besonders, wenn es bergab geht... 'Aber', fügte er mit einem Seufzer der Sehnsucht hinzu, 'besser wäre ein Motorrad, es würde mich rascher und sicherer vom Flecke kommen, und ich könnte mehr leisten'. Es war dies zur Zeit sein höchster und sehnlichster Wunsch, das Motorrad. Der Motor in ihm drängte zur Tat und er bedurfte der besten technischen Hilfsmittel. 
Ein Jahr war verflossen. In der Fülle der Tagesarbeit ertranken die Erinnerungen und Eindrücke an die Württembergischen Idylle nacheinander. Da las ich, es war am Sukkausfeste des vorigen Jahres, in einer Tageszeitung eine dreizeilige Notiz unter 'Vermischtes': 'Gestern verunglückte ein Mann in den besten Jahren mit einem Motorrad auf der Straße von Mergentheim nach Weikersheim tödlich. Er stieß mit dem Motorrad an einem Baum. Es handelt sich um den jüdischen Lehrer Sally Ottensooser, der auf dem Wege zu einer Gemeinde war, um dort am Feiertag den Gottesdienst zu leiten.'  
Eine Träne der Wehmut und der Erinnerung hielt auf die drei Zeilen unter 'Vermischten Notizen' auf der letzten Seite. Damals überkam es mich: Ob nicht auch sonst jede Zeile dieser 'Vermischten Rubrik', für die Allgemeinheit so belanglos, ein Schicksal darstellt?! 
Ich gewann damals nicht die Kraft, dem Freunde ein Denkmal in Worten zu setzen. Nun ist ein Jahr verflossen, und das Versäumte sei kurz nachgeholt. Der altberühmten bayerischen Familie Ottensooser entstammend, wurde Sally Ottensooser schon früh für den Lehrerberuf bestimmt. 1902 verließ er mit Auszeichnung das Würzburger Lehrerseminar und nahm die Lehrerstelle in Markelsheim an. Es kam bald Weikersheim dazu, und als beide Gemeinden nicht mehr ausreichten, noch Edelfingen als dritte in der Mitte. Wohnte er Werktags mit Familie in Markelsheim, so stand seine Sabbatstube in Edelfingen, wo er den Gottesdienst mit Wort und Gesang leitete. Er galt als der beste Schochet und Schochtimbildner der ganzen Gegend. Eine große Anzahl von Schochtim in Süddeutschland sind aus seiner Schule hervorgegangen. Er sorgte zumeist auch für ihre Unterkunft. 
Mit dem Lulow (Feststrauß) in der Hand fuhr er am Rüsttage zum Laubhüttenfeste in den Tod. In Edelfingen schmückten die Kinder die Sukkoh (Laubhütte) mit Blumen und Ketten und harrten es Vaters. Er kam spät, auf der Tragbahre. Am zweiten Festtage wurde er still in die Gruft gesenkt. Der Mund, der an diesem Tage die Dankeslieder zu singen pflegte, war verstummt. Er zog, so wollte es eine unerforschliche Gotteswaltung, aus dem 'vorübergehenden Hause' des Lebens in die feste Wohnung ein.   
Am ersten Festtage. de, erstem Jahrzeitstage, wird der zweite Sohn in der Gemeinde des Vaters zum ersten Male als 'Sohn der Pflicht' (Bar Mizwa) zur Tora gerufen werden. 
Seine Gemeinden, aber nicht minder Schreiber dieses, werden eine stille Träne in den Kelch der Festesfreude fließen lassen, gewidmet dem Manne der Pflicht und Arbeit.    Schachnowitz."       

     
Hinweis auf den aus Edelfingen stammenden Lehrer Immanuel Ehrlich (1873 in Edelfingen - 1942 Ghetto Theresienstadt)      

Links: "Todesfallanzeige" des Ghetto Theresienstadt vom 22. November 1942, wonach der Religionslehrer Immanuel Ehrlich an einer "Lungenentzündung" verstorben ist.
Immanuel Ehrlich
ist am 12. März 1873 in Edelfingen geboren als Sohn des Handelsmannes Leopold (Löw) Ehrlich (geb. 28. Juli 1840 in Edelfingen, gest. 25. Februar 1912 in Mergentheim) und seiner Frau Rosalie Würzburger (geb. 29. September 1838 in Bieringen, gest. 24. März 1924 in Mergentheim). Das Ehepaar hatte sechs Kinder, von denen die ersten fünf in Edelfingen, Dina vermutlich in Mergentheim geboren ist (ihr Name steht nur im Mergentheimer Familienregister): Jette (geb. 31. Oktober 1867, gehörte mit ihrer Schwester Hanna zu den letzten aus Bad Mergentheim deportierten jüdischen Personen; umgekommen nach der Deportation 1942 im Ghetto Theresienstadt), Zerline (geb. 23. Februar 1869, verheiratet mit Moses Stern in Olnhausen; sie ist umgekommen nach Deportation 1942 im Ghetto Theresienstadt; Moses Stern ist bereits 1930 verstorben, siehe  http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20398/Olnhausen%20GemZeitung%20Wue%2016051930.jpg), Hanna (geb. 17. Januar 1871, gehörte mit ihrer Schwester Jette zu den letzten aus Mergentheim deportierten jüdischen Personen; umgekommen nach Deportation 1942 im Ghetto Theresienstadt), Immanuel (1873), Babette (geb. 4. August 1875, gest. 20. September 1875) und Dina (geb. 26. Juli 1876, gest. 18. Dezember 1897).
Immanuel Ehrlich ließ sich in Burgpreppach und anschließend vermutlich an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (oder auch am jüdischen Lehrerseminar in Köln) zum Lehrer ausbilden und war nach Abschluss der Ausbildung (ab ca. 1895, erster Nachweis im Adressbuch Schwelm) bis 1938 Lehrer und Schochet in der jüdischen Gemeinde in Schwelm. Er blieb unverheiratet. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde er inhaftiert und am 28. November 1938 in das KZ Sachsenhausen verbracht. Zuletzt wohnte er - nach der Todesfallanzeige des Ghettos Theresienstadt - in Schelm (Bahnhofstraße 37; im Todesnachweis Theresienstadt ist "Filehne" ein Abschreibfehler statt "Schwelm"). Am 29. Juli 1942 wurde er ab Dortmund in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 22. November 1942 umgekommen ist.  
Literatur: In Schwelm erschien 1987 ein Beitrag  in "Ut dä Nohberschaft" 1987: "Mahnmal enthüllt - Erinnerungen an den Rabbiner Immanuel Ehrlich".
     
Links: Immanuel Ehrlich, Quelle: https://www.vfh-schwelm.de/.
Dazu Mitteilung vom 26. Juni 2020:  "Stadtrat beschließt Antrag einstimmig: "Rabbi-Ehrlich-Platz"
Einstimmig entschied sich der Rat der Stadt Schwelm in seiner Sitzung am 25. Juni 2020 für den Antrag des Vereins für Heimatkunde Schwelm e.V., den Platz in der Kirchstraße vor den Häusern Nr. 10, 12, 13 und 15 in "Rabbi-Ehrlich-Platz" umzubenennen. Mit dieser Widmung wird an die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Schwelms und an deren Auslöschung während der Nazizeit erinnert. Die Anregung zu einer Benennung eines innerstädtischen Ortes zur Erinnerung an das einstige, durch den Holocaust vernichtete jüdische Leben, kam von Vereinsmitglied und Heimatforscher Marc Albano Müller. Ihm schlug Marion Kollbach, gebürtige Schwelmerin und Urenkelin von Josef Wassertrüdinger, den Namen Rabbi Immanuel Ehrlich vor. Immanuel Ehrlich war Religionslehrer und Kultusbeamter. Er starb 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt. Sein Name steht stellvertretend für alle einst in Schwelm lebenden, verbannten oder ermordeten Mitbürger jüdischen Glaubens. Der Rat der Stadt Schwem sprach Marc Albano-Müller ausdrücklichen Dank für seine intensive Recherchearbeit und seiner Befassung mit der Geschichte jüdischer Familien in Schwelm aus. Im Jahr 2019 bot Marc Albano-Müller Führungen über den Jüdischen Friedhof an der Delle an, die auf große Resonanz bei den Bürgerinnen und Bürgern stießen. Im Herbst 2019 folgte ein Lichtbildervortrag zum gleichen Thema. Aus den Ergebnissen seiner Recherchen ergab sich im Oktober 2019 der Bürgerantrag des Vereins für Heimatkunde Schwelm e.V., der nun positiv von allen Ratsfraktionen entschieden wurde.    
Aktualisierung: In  seiner Sitzung am 1. Oktober 2020 hat der Rat der Stadt Schwelm beschlossen, den "Rabbi-Ehrlich-Platz" in "Immanuel-Ehrlich-Platz" umzubenennen. Dazu links Artikel in der "Schwelmer Zeitung" vom 8. April 2021: "Erinnerung an das jüdische Leben" (zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken).
Pressebericht zur Einweihung des "Immanuel-Ehrlich-Platzes" im September 2021 - Artikel in der "Westfalen-Post" vom 13.9.2021: "Jüdisches Leben in Schwelm sichtbar gemacht" Link zum Artikel sowie Artikel in der "Westfalen-Post" (Lokalausgabe) vom 14.9.2021: "Immanuel-Ehrlich-Platz feierlich eingeweiht" (Artikel als jpg-Datei eingestellt).       
Neue Beschilderung und Informationstafeln vor dem Haus Kirchstraße 13 in Schwelm (Foto: Marc Albano-Müller).  Wohnhaus von Immanuel Ehrlich in Schwelm an der Bahnhofstraße. Ehrlich wohnte im Dachgeschoss.

    
      
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Antijüdischer Vorfall (1846)  

Edelfingen AZJ 20041846.JPG (162594 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. April 1846: "Vor Kurzem wurde zu Mergentheim eine Uhr gestohlen. Die Gerichte nahmen einen dortigen 12-jährigen Knaben fest. Derselbe gestand den Diebstahl bald zu und erklärte dabei, die Uhr an einen Juden aus Edelfingen (Bei Mergentheim) um 24 Kreuzer verkauft zu haben. An einen Juden - da war Alles voll heiligen Eifers: man wollte schon denselben genau bezeichnen können. Um nun den fraglichen Käufer umso gewisser zu erwischen, verfügte sch, wie als zuverlässig versichtert wird, der Oberamtsrichter in eigener Person mit dem Inkulpaten am Tannith Esther (Fastentag) nach Edelfingen. Dort wartete man die Zeit ab, wo sämtliche Juden in der Synagoge versammelt waren, und ließ dann durch zwei Gemeinderäte und den Polizeidiener den Buben in die Synagoge führen, um den Käufer gewiss zu erhaschen. Der Gottesdienst hatte bereits begonnen und der Vorsänger verlas eben die Megillah; allein das hindert die Kommission nicht, den Angeklagten im Gotteshaus herumzuführen, ihn alle Betenden ansehen zu lassen, selbst den Kantor vor dem Altare; den Jungen zu fragen, ob er seinen Mann gefunden, ob es der oder der nicht sei etc., zuletzt aber war es Keiner von Allen. Tags darauf soll der Knabe seinen Richter anderswohin in den April geschickt haben. Nun findet man sich zwar getäuscht und umso bitterer getäuscht, weil man sich von einem Knaben zum Besten haben ließ. Man ist aber sehr gespannt zu vernehmen, was von Seiten des Oberamtsgerichtes geschehen, um die amtliche Störung eines vom Staat anerkannten Kultus wieder auszugleichen."    

     
Bericht über das jüdische Gemeindeleben in Edelfingen (1926) 
Ausgesprochen anschaulicher Bericht über das jüdische Leben in dieser Landgemeinde 

Edelfingen Israelit 05081926.jpg (82744 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1926: "Vom deutschen Karlsbad (gemeint Bad Mergentheim). II. Edelfingen.  Ausflüge aus Mergentheim bedeuten auch eine Exkursion ins Geistige und noch mehr ist Historische. Mergentheim ist von einem Kranz guter, alter Gemeinden umgeben, in Dörfern, die sich zu beiden Seiten der Tauber lang und sauber um Turm und Brunnen dehnen. Zu einer Zeit, da allenthalben so elegisch über den Niedergang der Landgemeinden geklagt wird, war es mir eine freudige Überraschung, so viel jüdisches Leben in diesen Dorfgemeinden zu finden. Was ich in Edelfingen, eine halbe Stunde von Mergentheim entfernt und durch einen Eruw auch am Sabbat mit ihm verbunden, sah und erlebte, ist typisch für ein Dutzend anderer Landgemeinden im Umkreise und im volkreichen württembergischen Unterfranken.  
Die Gemeinde Edelfingen zählt einige und dreißig Familien und wird geistig von einem Lehrer geführt, der der meistbeschäftigte Beamte im deutschen Reiche sein dürfte. Er betet in Edelfingen, predigt in Weikersheim, schächtet in Mergentheim, unterrichtet in Igersheim, Markelsheim und drei weiteren Filialgemeinden.  
Edelfingen Israelit 05081926a.jpg (403911 Byte)Ist ein Todesfall in einer der vielen Gemeinden seines Bereiches eingetreten, hält er vor dem Hause die 'wohlgesetzte ergreifende Rede' und folgt dann in feierlichem Talare dem Leichenwagen über Städte und Dörfer, weite Stunden lang, nach Unter-Balbach, dem vierhundertjährigen, gut erhaltenen, fest ummauerten - im Badischen gelegenen - gemeinsamen Friedhofe für den ganzen Bezirk Mergentheim. In der Zwischenzeit sieht er in verschiedenen Metzgereien und Restaurationen nach dem Rechten, entwirft Grabinschriften, malt Wimpeln, übt mit Barmizwohjungen. Sonst hat er nichts zu tun. Seine Tätigkeit reicht weit bis ins Bayrische, Badische und Preußische hinein; eine lebendige wandelnde, richtiger radelnde Vierländersynode. Und die Hauptsache: er sieht bei alldem so wohl aus, wie all die Ämter in den vielen Gemeinden bestens bestellt sind!  
Der Spaziergang in den ersten Morgenstunden des Sabbat zwischen den blühenden, weinbebauten Hängen auf der einen und der breiten Silberader der Tauber auf der anderen Seite, längs der taugewachsenen Pappeln und Apfelbäume, die das triefende Wiesenland einsäumen, ist erlebtes 'Borachi nafschi'  ('Preise meine Seele... Psalm 103,1 u.ö.) zur Einleitung des Sabbatgebetes. 
Wie wir die Dorfstraße hinunterkommen, zwei Schwarzröcke in der ersten Sonnenfrühe des Samstagmorgens, schläft im ersten Hofe ein Hund an und gibt das Zeichen zu einer kleinen Revolution. Andere Hunde stimmen kameradschaftlich ein, Hühner scharren und gackern. Auf dem Dunghausen der Hahn hebt ein hochgestimmtes Kikeriki! an, Käfer in der Luft summen, Kühe im Stalle brummen. Barfüßige Bauernjungen sehen uns, den Daumen im Munde, groß an. Zwei Kühe, an einen leeren Leiterwagen gespannt, neigen störrig zur Seite und ziehen sich eine saftige handgreifliche Rüge ihres Lenkers zu. Hinter gardinenlosen, kleingeviertelten Fenstern auf Steingrund hochgestülpter Bauernhäuser wird es lebendig. Der des Weges kommende alte Bauer tut die Pfeife aus dem Munde und sagt ungefragt: 'Gehen Sie rechts um d'Eck, am Brunnen vorbei und wieder die Gasse hinunter, do ist die Judekirch.' 
Der Auskunft hätte es kaum bedurft. Von allen Seiten gehen jetzt Türen auf und die steilen Holzstufen hinunter trippeln ältere und jüngere Frauen, schwarzbekleidet bis zum Halse und zu den Fingerspitzen. Männer, ältere und jüngere, kommen in sabbatlicher Gemächlichkeit aus allen Ecken und holperig gepflasterten Gässchen. Ihnen können wir nachgehen, sie haben alle einen Weg. 
Der Gottesdienst hatte bereits begonnen. Wie überall hierzulande sieht man dem Hause von außen seinen Heiligkeitscharakter nicht an. Die Gemeinden sind alt, die Synagogen so alt wie diese und für Baustil und äußeren Putz hatten die Alten keinen Sinn noch Geld. Es blieb außen und innen alles wie es war, bis auf die Tafel über der Türe, die kündet, dass die Synagoge 5531 gebaut ist - die ist neu... Einige und vierzig Männer füllen die gelbverblassten Bänke vollkommen aus. Ältere Dorftypen zumeist mit Stoppelbärten in Gebetmänteln, die fast so gelbgrau sind, wie die Bänke und ein paar Jüngere, glatt, gebügelt, mit neueren Talessim (Gebetsschälen), die aber nur um den Hals hängen... Oben die Galerie bis zur Mannshöhe mit Brettern zugenagelt und darüber noch ein dichtes Gitter bis zur Decke, sodass von den alten Damen nichts und von den jungen nur die Hutfederspitze zu sehen ist, wenn sie stehen. Im Pultbehälter liegt herrenlos eine alte 'Rödelheimer', altergraut, verbogen und abgegriffen und voller Runzeln wie die Altmänner hier. Auf dem Vorderblatte haben sich vier Generationen verewigt. Urgroßvater hat geschrieben: 'Diese Tefilloh gehört..., gekauft bei...' Vater, Enkel und Urenkel schrieben: (Prietät oder Sparsinn?) 'Diese Tefilloh geerbt von...' Und alle Vier schreiben Tefilloh mit 'Tes' am Anfang (sc. falscher 'T'-Buchstabe aus dem hebräischen Alphabet für Tefilloh) und 'Olef' am Schluss (hier müsste ein hebräisches 'H' stehen)... Auf den Vorderbänken, die für die Schuljugend sind, sitzen aber nur vier Knaben. Es ist die Tragik auch dieser besseren Landgemeinde, es fehlt an Nachwuchs!  
Der Gottesdienst wird bei offenen Fenstern unter starker Beteiligung der Gemeinde abgehalten. Im kräftigen Chore wird Aus- und Einheben und Anderes gesungen. Oben im gleichen Hause ist die christliche Volksschule untergebracht und der Herr Lehrer geigt, ebenfalls bei offenem Fenster, zu einem Volksliede aus dreißig gesungenen Kinderkehlen. Bauern mit Sensen oder auf hochgestapeltem Heuwagen ziehen mit Ochsen oder Pferden vorbei, bleiben eine Weile stehen und horchen nach oben und nach unten. Eine Minute Sammlung mitten in der Glut und Hast der zwischen Regen und Regen liegenden sonnigen Erntetagen. Ein Gebetwort aus der 'Judenkirch' ist hier ein gutes Omen für die Feldarbeit. Die Bauern warten mit der Aussaat im Frühling nicht auf die 'Eisheiligen', sondern bis dass die 'Flüche aus dem Doppelabschnitt' in der Synagoge verlesen sind, da die Erde nicht eher ihrer kalten schädlichen Dünste los wird, und sie sagen im Sommer dem 'Judenlehrer', wann es Zeit sei, dass man in der Synagoge die Psalmen bete für oder gegen den Regen... Für die Giftpflanze des Hasses, wie sie jenseits der bayerischen Grenzpfähle so üppig in die Halme schießt, sind die schönen Auen des Württemberger Taubertales kein ergiebiger Boden. 
Nach Schul lernt man einen Schiur und noch einen, da es selbstverständlich zwei Chewraus (hier: Wohltätigkeitsvereine) gibt. Für eine dritte reicht die Mitgliederzahl doch nicht aus... Sodann wird, so zwischen elf und zwölf, das 'Gesetzte' aus dem Sabbatofen geholt, und ich sag Achtzig- und Neunzigjährige, die ein biblisches Menschenalter lang      
Edelfingen Israelit 05081926b.jpg (110204 Byte)dem guten Edelfinger 'Gesetzen' zusprachen, ohne je eine Mergentheimer Kur gebraucht zu haben... Nach dem Schalfe sitzen die Alten auf der Bank vor der Türe mit der Tefilloh oder dem Kreisblatt in der Hand. Am Fenster sitzt die mehr oder weniger tief verhüllte Matrone vor ihrem 'Zeno Ureno' mit den alten Holzstichen wie vor Hunderte Hagren Männer kehren auf einen Sprung in das 'Hotel' ein, eine kleine graue eben zur Erde gelegene Bude, darüber mit verblasster Schrift auf ebenso verblasstem gelben Grunde geschrieben steht: 'Gasthaus zur Krone. Max Bamberger', Die Kronenwirtin, den schwarzen Scheitel bis zu den toten, kerngesunden Wangen gezogen, erzählt mit Stolz, welche illustren Gäste sie bereits unter ihrem niedrigen Dache beherbergt hatte, sogar einen richtigen frommen Professor auf Frankfurt. Ihre Küche, insbesondere ihr 'Gesetztes' ist weit und breit bis in die Rhön und den Spessart bekannt und heilbringender als alle Heilquellen von Mergentheim sind ihr selbstgemachten Obstsäfte und Schnäpse, die sie mir gleich anbietet. Die modernere Jugend geht aber etwas verächtlich an dem 'Kronen-Hotel' vorbei, sie trifft man am Sabbat Nachmittag vollzählig im Kurgarten zu Mergentheim. Aber immerhin, in Edelfingen - und so auch in allen Gemeinden des Umkreises - gibt es keinen, der den Sabbat irgendwie entweihte, der in Mußestunden nach den Karten griffe der in der Synagoge in seinem Stande neben seinem Gebetbuche nicht auch seinen Thillim liegen hätte...". 

  
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    

Zum Tod von Sprinz Bierig (1881)   

Edelfingen Israelit 22061881.jpg (192976 Byte)Artikel (Anzeige / Nachruf) in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1881: "NachrufEdelfingen. Erew Schabbat Kodesch, 28. Ijjar (= Freitag, 27. Mai 1881). Wenn des Frühlings laue Lüfte wehen und der Frühlingssonne erste Strahlen auf dem Erdboden neues Leben wecken und verkünden, dann ist die sehnsuchtsvolle Zeit herangenaht, wo sich der Schoß der Erde öffnet. Auch heute sah ich denselben aufgetan; aber acht! nicht um junge Pflanzchen und Knospen und Blüten uns hervorzubringen, sondern um die sterblichen Reste einer der besten und edelsten Frau in Israel aufzunehmen. Eine wackere Frau im wahrsten Sinne des Wortes - die angesehene, bescheidene und reine Frau, Frau Sprinz Bierig - hat ihre Augen für immer geschlossen. Es soll hier nicht meine Aufgabe sein, die edle und segensreiche Wirksamkeit dieser edlen Frauenseele auch nur annähernd zu schildern; wahrlich, dazu fühle ich mich zu gering. Nur Weniges soll von ihr hier mitgeteilt werden, denn Zeugnis möchte ich ablegen von dem, was meine Augen gesehen haben und die Gefühle meines Herzens ob des Hingangs der Verblichenen in einem Denkmal verwirklichen.  
Schon in der frühesten Jugend von ihren frommen Eltern in der Liebe zu Gott und Seinen heiligen Geboten erzogen, vereinigte die Dahingeschiedene eine Fülle von Tugenden und Vorzügen in sich, welche Alle, die sie näher kannten, zu würdigen verstanden. Schön war das Leben dieser liebenswürdigen, gottergebenen, die ganze Menschheit mit heißer Liebe umfassenden Frauenseele; denn im Wohl tun fand sie des Lebens schönste Freuden! Gleichwie Abraham war ihr Haus jederzeit eine Zufluchtsstätte für arme Wanderer, an denen sie die bewährte Gastfreundschaft in hochherziger Weise ausübte. Wer bewunderte nicht die edelmütige Weise, wie sie im Stillen fremdes Elend, verborgenes Leid - für die Bessergestaltung der Lage unserer Brüder im heiligen Land hatte sie ohnehin stets ein offenes Auge - zu lindern vermochte. Wo es in ihrem Leben in ihrer Nähe einen Kranken zu pflegen, einen Schwachen zu stärken, einen Gebeugten zu trösten, einen Toten zu bestatten gab, da war sie mit eifriger Dienstfertigkeit tätig, die Wohltätigkeit zu üben, die unsere Weise 'die rechte und wahre Wohltätigkeit' (hebräisch und deutsch) nennen. Mit diesem Wohltätigkeitssinn verband sie eine grenzenlose Bescheidenheit und eine seltene Friedensliebe. Ihre Geduld in den verschiedenen Lagen des Lebens und die Ergebung in den unerforschlichen Willen des Allgütigen - gesegnet sei sein Name - mussten allen ihren übrigen edlen Vorzügen die Krone aufsetzen. Unerwähnt darf nicht bleiben, dass sie eine lange Reihe von Jahren die Vorstandschaft des hiesigen israelitischen Frauenvereins führte und hat sie insbesondere den Frauenverein durch ihr unermüdliches Streben und Wohl tun zu einem lebenskräftigen gestaltet. Möge Sabbatruhe und Sabbatfeier, die im Gotteshause zu begrüßen wir jetzt bald gehen werden, jetzt in einer anderen Welt in ihren Geist eintreten, zu schauen die Freundlichkeit Gottes und einzukehren in Seinem Heiligtume (hebräisch und deutsch), das der Heilige - gepriesen sei sein Name - allen Frommen verheißen hat. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

  
Zum Tod von Meier Adler und Bernhard Wertheimer (1901)  

Edelfingen Israelit 07021901.jpg (127026 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1901: "Edelfingen, 4. Februar (1901). Unsere Gemeinde hatte vorige Woche einen großen Verlust zu beklagen. Am Montag, den 28. Januar, verschied nach längerem Leiden, im Alter von 72 Jahren, Herr Meier Adler, ein Mann, dessen Frömmigkeit und Wohltätigkeit weithin bekannt waren. Bis in die kürzeste Zeit besuchte er jeden Gottesdienst, beobachtete strenge jeden Fasttag und machte zur Wahrheit, was die Weisen sagen: jehi escho posuach lorvocho vejihu aniim bene vescho. Die Armen waren seine Hausgenossen, er speiste sie an seinem Tische, beherbergte sie unter seinem Dache.  
Noch lag der Entschlafene unbeerdigt im Hause, als der Telegraph die Schreckensnachricht brachte: Bernhard Wertheimer sei in einem badischen Nachbardorfe vom Herzschlag getroffen worden. Derselbe stand im besten Mannesalter und war wegen seines offenen, biederen Charakters und seiner ungeheuchelten Frömmigkeit bei Jedermann sehr beliebt. Da der Entschlafene die Feldzüge 1866 und 1870 mitgemacht hatte, beteiligte sich bei seiner Beerdigung der hiesige Militärverein und viele Freunde aus der ganzen Umgegend. Bei beiden Beerdigungen entwarf der Ortslehrer ein Lebensbild der Heimgegangenen. Da wir schon den dritten Familienvater binnen dreißig Tagen zur Erde bestatten mussten, so hörte man aus aller Munde den innigen Wunsch aussprechen: rachem al pletas zohn jedocho, vesomar lemaloch herev jodecho'.  


Zum Tod von Samuel Adler  (1897)  

Edelfingen Israelit 09121897.jpg (104294 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1897: "Edelfingen, 6. Elul (3. September 1897). Unsere hiesige jüdische Gemeinde hat durch das Hinscheiden des Herrn Samuel Adler, des ältesten Mitglieds derselben, einen schweren Verlust erlitten. Im Jahre 1807 geboren, erreicht Raw Schmuel ein Alter von mehr als 90 Jahren. An seiner Bahre trauert eine weitverzweigte Familie, ein großes Freundes- und Bekanntenkreis, ja die ganze israelitische Gemeinde Edelfingen. Durch sein rechtschaffenes, gerades Wesen, durch seine Bürgertugenden der Arbeitsamkeit, Bescheidenheit und Selbstlosigkeit, durch ausgezeichnete Gelehrsamkeit und durch seine tiefgegründete Frömmigkeit hat sich der nunmehr Selige in außergewöhnlichem Maße die Liebe und Hochachtung seiner Mitbürger, der Israeliten wie Nichtisraeliten, erworben. Ein Enkel des Verstorbenen, Herr Lehrer Heß aus Nordstetten, gab diesen Gedanken am Grabe beredten Ausdruck. Herr Rabbiner Dr. Sänger hielt einen sinnigen Nachruf, worin er betonte, dass der Entschlafene durch seine musterhafte Kindererziehung fortleben wird. Er wird fortleben im Gedächtnisse aller, die ihn gekannt, im Herzen der Armen, denen er stets geholfen und die an ihm stets einen Sachwalter gefunden, er wird fortleben in seiner Gemeinde, bei seinen Freunden und Bekannten, denn das Gedenken an den Frommen ist zum Segen."    

  
Zum Tod von Salomon Heß (1902)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1902: "Edelfingen (Württemberg). Ein selten großer Leichenzug bewegte sich am 15. vorigen Monats durch unseren Ort dem israelitischen Friedhof in Unterbalbach zu. Galt es doch dem angesehenen und beliebten Gemeindemitglied Salomon Heß die letzte Ehre zu erweisen. Freunde von nah und fern waren herbeigeeilt und legte Zeugnis davon ab, wie der nunmehr Selige als Bürger, als Israelit, als Freund der Armen und Bedrückten geschätzt und hochgehalten war. Herr Lehrer Kahn führte dies Alles in einer erhebenden Ansprache aus und tröstete die zahlreich trauernden Hinterbliebenen mit dem Hinweis darauf, dass der Verblichene durch sein selbstloses, edles Wirken dauernd fortleben wird in hiesiger Gemeinde. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."      

 
Zum Tod von Marianne Mannheimer (1904)   

Edelfingen Israelit 14091904.jpg (194871 Byte)Artikel (Nachruf) in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1904: "Edelfingen. Am 24. August ist in Crailsheim eine Frau gestorben, welche es verdient, dass ihr in den Spalten dieses Blattes ein ehrendes Denkmal gesetzt werde. Es ist dies Frau Marianne Mannheimer, welche seit dem Tode ihres Mannes bei ihrer in Crailsheim verheirateten Tochter wohnte. Wo man die Verklärte kannte, erfreute sie sich durch ihr freundliches Wesen, durch ihre aufrichtige Frömmigkeit, durch ihr herzliches Wohlwollen der größten Beliebtheit. Die Armen und Hilfslosen haben an ihr eine aufrichtige Freundin und Beraterin verloren. Wenn der Hilferuf der Notleidenden durch die Luft drang, dann erbebten die zarten Saiten ihres weichen und warmen Gemütes und gern öffnete sich ihre Hand, um Gaben der Liebe auf den Altar der Milde und Barmherzigkeit zu leben. So war sie eine wackere Frau in des Wortes edelster Bedeutung, gleich lobenswert als Gattin wie als Mutter und Großmutter. Ihrem verstorbenen Gatten war sie eine treue Ratgeberin, eine weise Freundin, die jede Freude ihm versüßte, jede Sorge ihm erleichterte. Ihrer einzigen Tochter und deren Familie aber brachte sie ein liebendes Mutterherz entgegen voll beispielloser Hingebung, voll Zärtlichkeit und treuer Sorgfalt. Auch uns, der unterzeichneten Familie, bist Du ein unersetzlicher Verlust. Du bist es ja gewesen, die an uns Mutterstelle versehen hat, als wir verlassen und verwaist dagestanden. Du bist uns eine treue Erzieherin und Freundin geblieben, solange Dein treues Herz schlug. Darum war auch unser Schmerz ein großer, als die unvermutete Trauerbotschaft von Deinem Hingang uns ereilte. Wer hätte das geahnt, als Du noch vor wenigen Wochen bei der Einweihung unserer neuen Sefer Thora (Torarolle, gemeint: Einweihungsfeier für eine neue Thorarolle in der Synagoge in Edelfingen) unser lieber Gast warst, dass wir zum letzten Mal Dein treues, liebes Angesicht gesehen? Du hast nun ausgerungen und ausgekämpft. Keine Sorge drückt ferner Dein Herz, keine Träne des Wehes quillt mehr aus Deinen Augen. So ruhe sanft und in Frieden mit allen wahrhaft Guten und Gerechten. Wir, die wir im Leben DIr so nahe standen, werden Dir stets ein treues Andenken bewahren. Familie Moses Bierig."          

   
Auszeichnung für Unteroffizier Max Marx (1915)  

Mergentheim Israelit 11031915.jpg (34272 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1915: "Mergentheim, 28. Februar (1915). Unteroffizier Max Marx bei der Etappen-Hilfsbäckerei-Kolonne im 2. bayrischen Armeekorps erhielt die bayrische Militärverdienstmedaille mit Schwertern und Krone. Derselbe ist der Sohn des Privatiers H. (= Haimann) Marx, der den Feldzug 1870 mitmachte und früher in Edelfingen wohnhaft war."        

  
Zum Tod von Haimann Marx, zeitweise Mitglied des Vorsteheramtes in Edelfingen (1915)  

Mergentheim Israelit 11111915.jpg (76383 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1915: "Mergentheim, 4. November (1915). Am Freitag, 29. Oktober (1915) bewegte sich ein Trauerzug vor die Stadt, wie selten einer zu sehen war. Galt es doch, die letzte Ehre dem verstorbenen Haimann Marx (nicht: Max) zu erweisen, der vor einigen Jahren hierher gezogen war. Der Verblichene war ein treubesorgter Gatte, liebevoller Vater, ein guter Jehudi. Wie gern weilte er im Gotteshause, wie erfüllte er seine religiösen Pflichten, welch großer Wohltäter war er gegen die Armen sowohl im Lande als in Palästina. In seiner früheren Gemeinde Edelfingen war er längere Zeit Mitglied des Vorsteheramtes. In herrlichen Worten schilderte Herr Bezirksrabbiner Dr. Kahn die edlen Eigenschaften und Verdienste des Verklärten. Da der Verstorbene auch Veteran aus dem Kriege 1870-71 war, so beteiligte sich auch der Militärverein Mergentheim an der Beerdigung. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."        

  
Zum Tod von Elise Reif (stammte aus Edelfingen, gest. in Billigheim 1930)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1930: "Billigheim (Baden), 6. Juli (1930). Am Freitag, 4. Juli wird hier Frau Elise Reif unter großer Beteiligung zu Grabe getragen. Die Entschlafene erreichte ein Alter von 85 Jahren und war die zweitälteste Frau unserer sehr alten Gemeinde. Die Verewigte entstammte einer sehr streng religiösen Familie in Edelfingen in Württemberg, wo echte, alte Jüdischkeit noch heimisch ist. In diesem Sinne und Geiste wirkte und lebte sie hier über 40 Jahre lang.  
Herr Lehrer Baracker, Mosbach, schilderte in einer längeren Ansprache ihren Lebenslauf und würdigte ihren echt jüdischen Lebenswandel, den er als nachahmenswert bezeichnete. Möge Gott die edle Verklärte reichlich belohnen. Ihre Seele sei eingebunden im Bund des Lebens."   

  
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Verlobungsanzeige von Sophie Katz und Julius Frank I (1933)  

Babenhausen Israelit 31081933.jpg (19896 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1933: 
"Sophie Katz - Julius Frank I. Verlobte.  
Babenhausen in Hessen - Edelfingen".   

    
  
Weitere Dokumente  
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)    
Schreiben des Rabbinats Mergentheim an das Israelitische Kirchenvorsteheramt Edelfingen (1903)   

Edelfingen Dok 610a.jpg (109853 Byte) Edelfingen Dok 610.jpg (142817 Byte) Edelfingen Dok 610b.jpg (155516 Byte)
Die Postkarte des Rabbinats Mergentheim - unterschrieben von Rabbiner Dr. Hirsch Sänger mit Hinweis auf den Kirchenrat Dr. Kroner - 
wurde am 21. Januar 1903 an das Israelitische Kirchenvorsteheramt in Edelfingen geschickt. Die Ausschnittvergrößerung links zeigt 
den Stempel des Rabbinates Mergentheim. Rabbiner Dr. Sänger erkundigt sich nach den in der Gemeinde bestehenden 
Wohltätigkeitsvereinen und bittet um Zusendung von Statuten und Jahresbericht.     

     
Über die jüdischen Fußballspieler im SV Edelfingen   
Anmerkung: Der SV Edelfingen 1920 e.V. https://www.sv-edelfingen.com/ wurde 1920 gegründet. In der zum 100jährigen Bestehen des Vereins 2020 herausgegebenen Festschrift wird S. 23 auch über "jüdische Mitglieder" im Verein berichtet, vor allem über die beiden Fußballspieler
- Berthold (Bert) Schloß
(1908-1970; vgl. https://www.geni.com/people/Berthold-Schloss/6000000008817014591 und https://de.findagrave.com/memorial/70963742/bert-schloss) und
Hermann Frank
(1903-1956, Quellen https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/AUC5WRM5H5NPIQYTBYY6I6GIDNXPBPVO 
und https://de.findagrave.com/memorial/40090718/herman-frank, für seine Frau Ruth Frank geb. Lion  (https://de.findagrave.com/memorial/40090748/ruth-frank und den Sohn Heinz (später Harry Frank https://de.findagrave.com/memorial/125901086/harry-frank).  Hinweise und Dokumente/Fotos erhalten von Wilfried Hager. 

Aus der Festschrift "100 Jahre SV Edelfingen 1920 e.V." 2020 S. 23: "Jüdische Mitglieder. In Edelfingen wohnten jahrhundertelang jüdische Bürger einträchtig mit den übrigen Einwohnern zusammen. 1933 gab es noch 86 jüdische Mitbürger. Diese beteiligten sich wie alle anderen am gesellschaftlichen Leben des Ortes. So war es selbstverständlich, dass sie sich auch im Sportverein einbrachten. Durch einen Brief von Eugen Wolfart, der zur damaligen Zeit Schriftführer des Vereins war und später nach Amerika ausgewandert ist, weiß man, dass von 1930 bis 1933 der jüdische Bürger Berthold Schloß 1. Vorsitzender und aktiver Spieler des SV Edelfingen war. Er führte in Edelfingen ein Schlachthaus und konnte aufgrund seines Vermögens den Sportverein immer wieder finanziell unterstützen. Er ist 1938 wegen der Judenverfolgung durch das Nazi-Regime nach Amerika ausgewandert. Mit Hermann Frank gab es einen weiteren jüdischen Mitspieler in der Mannschaft des SVE. Er hatte wohl einen besonderen Ruf, denn man hatte ihm in den damaligen Fußballkreisen den Beinamen "Hermann Schieß" gegeben.         
 
Informationen zu Berthold Schloß und seiner Familie 
Anzeige in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift "Der Aufbau" vom 27. Februar 1970 zum Tod von Berthold Schloss am 19. Februar 1970.
Berthold Schloß
war ein Sohn der Metzgers Benjamin Schloß (geb. 21. November 1873 in Edelfingen als Sohn von Bär Schloß und Hannchen geb. Löwenberg, gest. 24. Dezember 1939 in Norfolk VA/USA) und seiner Frau (Heirat am 11. Juli 1900 in Heidelberg) Emilie geb. Weil (geb. 3. November 1875 in Steinsfurt als Tochter von Karl Weil und Babette geb. Götter https://www.geni.com/people/Karl-Weil/6000000008806179545, gest. 11. Dezember 1963 in Norfolk VA/USA). Berthold hatte einen älteren Bruder Hermann (Henry), der am 16. April 1901 in Edelfingen geboren ist und eine früh verstorbene Schwester Klara (geb. 17. Dezember 1904, gest. 6. Mai 1905). Am 16. Januar 1938 konnte Berthold Schloß mit seinen Eltern in die USA emigrieren (nach Norfolk zu Verwandtschaft). Quelle: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442490-38
Berthold und sein Bruder Heinrich (Henry) konnten eine Milchfarm kaufen, später eröffneten sie einen Schlachthof in Suffolk VA (Betrieb wurde erfolgreich geführt, später von den drei Söhnen Heinrichs (Bernard, Max und Benjamin, vgl. Traueranzeige unten; der Betrieb besteht inzwischen nicht mehr). Heinrich (Henry) Schloss starb am 11. Dezember 1981. Quelle https://www.geni.com/people/Henry-Schloss/6000000008816833262.
Berthold war verheiratet (vgl. Traueranzeige) mit Friedl geb. Eckmann. Die beiden hatten zwei Töchter: Hanna (später verheiratet mit Lawrence Goldfarb, Hanna war als Lehrerin tätig; Sohn Brad; Enkel Carolina und Sebastian) und Ann (später verheiratet mit Jerry Laderberg, Ann war als Krankenschwester tätig).       
 Foto und Dokumente
      Berthold Schloß vor der Metzgerei seines Vaters Benjamin Schloß in Edelfingen
in der Alten Frankenstraße. Rechts an Eingangstor erkennt man die an jüdischen
Häusern charakteristische "Mesusa"
(Foto aus Familienbesitz Brad Goldfarb, Enkel von Benjamin Schloß)  
  Anzeige in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift
 "Der Aufbau" vom 24. Dezember 1982 zum Tod von
Heinrich (Henry) Schloss
am 10. Dezember 1982.
   
 
Informationen zu Hermann Frank und seiner Familie   
  Links: "Declaration of Intention" von Hermann Frank zur Einwanderung in die USA für ihn (geb. 1. Juli 1903 in Edelfingen als Sohn von David Frank und Klothilde geb. Wilmersdörfer), seine Frau Ruth geb. Lion (geb. 4. November 1910 in Sötern als Tochter von Julius Lion und Clara geb. Heymann) und den Sohn Heinz (hier: Henry, später Harry, geb. 1. Januar 1937). Hermann und Ruth Frank hatten am 12. März 1934 in Sötern geheiratet. Laut Familienregister Edelfingen http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442490-58 ist die Familie am 23. Februar 1938 nach New York ausgewandert.  
         
     
     Hermann und Ruth Frank vor der
 Auswanderung noch in Deutschland
 Hermann, Ruth und Heinz Frank
bei der Ankunft in den USA
Am Strand um 1962: Mark Frank (Baby)
mit Eltern Betty Ann Richard und
Vater Henry "Harry" Frank
(Sohn von Hermann Frank)   
       
         

    
    
    
Zur Geschichte des Betsaales /der Synagoge      
    
1680 wurde ein erster Betsaal eingerichtet, wobei es sich um ein Zimmer in einem jüdischen Haus gehandelt haben wird (Standort unbekannt). 
        
Eine Synagoge wurde 1791 erbaut. Zur Baugeschichte der Synagoge konnten nur wenige Dokumente gefunden werden. 1798 wurde der Judenschaft in Edelfingen gestattet, einen ihr gehörenden Platz von 5 ½ Schuh an Michel Quenzer abtreten zu dürfen. Dieser wollte neben der Synagoge ein Haus erstellen, das der Synagoge zu viel Licht weggenommen hätte. Vermutlich konnte Quenzer seine Baupläne dadurch abändern und es war beiden Seiten geholfen.  
    
1862/63 wurde die Synagoge gründlich renoviert. Im Blick auf die Innenausstattung wünschte sich die Gemeinde damals einen schönen Kronleuchter.  Der Gemeindevorstand fragte beim württembergischen König an, ob bei der Schlossverwaltung gerade ein Kronleuchter entbehrlich sei. Die Gemeinde hatte Glück. Der König schickte zur Einweihung einen solchen nach Edelfingen. Die Danksagung aus Edelfingen an den König vom 18. Juli 1863 ist im Stil der Zeit formuliert: "Seine Königliche Majestät haben die neurestaurierte Synagoge zu Edelfingen mit einem Kronleuchter gnädigst zu beschenken geruht, wofür das israelitische Kirchenvorsteheramt im Namen der ganzen Kirchengemeinde den gerührtesten Dank in allertiefster Ehrfurcht ausspricht, und zugleich die dem Herzen aller Württemberger entquillende Bitte zu Gott dem Höchsten richtet: Erhalte uns unsern guten greisen König noch recht lange. Die Kirchenvorsteher: Vorsänger Levison, Adler, Frank, Bierig".  
        
Die Edelfinger Synagoge blieb bis in die NS-Zeit Zentrum des jüdischen Gemeindelebens am Ort. Über die Synagoge und die Feier des Schabbats in Edelfingen erzählt 1928 S. Schachnowitz in einem Nachruf für den 1927 tödlich verunglückten jüdischen Lehrer Sally Ottensoser: "Aber am Schabbat leitete er den Gottesdienst in Edelfingen. Ich werde diesen einfachen, schlichten Gottesdienst in der kleinen Landgemeinde mit ihrer Scheunensynagoge, wie sie dort in der Gegend üblich sind, nie vergessen. Der von alten, biederen Dorfjuden gefüllte Raum, die alten Gesänge unter lebhafter Mitwirkung der ganzen Gemeinde, das deutsche ‚En keelokenu’, ‚keiner ist wie unser Gott!’ und ‚Wer ist wie unser Gott!’ von Lehrer und Gemeinde im schönen kräftigen Chor vorgetragen. Die einzige Konzession, die die Großväter der Kleingemeinde beim Einbruch der Reform in Württemberg gemacht hatten. Dann der Gang durch das Dorf bei goldener Schabbatvormittagsonne. Der Schabbat war im Orte, das konnte man sogar dem vollbeladenen Heuwagen und dem ruhig darauf schlafenden braunen Bauernjungen ansehen. Wie da die Leute, alte Frauen tief bedeckt, auf den Stühlen und Bänken vor den Häusern saßen, in Erwartung der Bohnensuppe und Schabbatkugel, die alle aus dem gemeinsamen Bäckerofen Glockenschlag elf kamen. Aber vorher gab es noch für die Männer und Jünglinge ein Schiurlernen..."  
        
Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Betsaal geschändet; das Synagogengebäude entging jedoch der Zerstörung. Im Frühjahr 1945 wurde es durch Kriegseinwirkung schwer beschädigt, später abgebrochen. Das Gelände wurde neu überbaut (Alte Frankenstraße 18). Der Chuppa-Stein (Hochzeitsstein) von der Außenmauer der Synagoge wurde bei der Trümmerbeseitigung gerettet und ins Pfarrhaus gebracht, wo er zunächst in der Pfarrscheune abgelegt wurde. Er ist in den 1980er-Jahren im ersten Stock des Rathauses im Sinne eines Gedenksteines an die jüdische Gemeinde angebracht worden.
    
    
    
Fotos 
Historisches Foto 
(Quellen: Foto links um 1930 aus: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg und Hohenzollern. 1932. S.72; Foto rechts aus: Bruno Stern: So war es...): 

Edelfingen Synagoge 001.jpg (91413 Byte) Edelfingen Synagoge 008.jpg (69990 Byte)
Die 1791 erbaute Synagoge; im Vordergebäude 
war die jüdische Schule 
mit Lehrerwohnung  
Jüdische Kinder in Edelfingen; links hinter ihnen 
der vordere Teil (Schule mit Lehrerwohnung) 
des Synagogengebäudes  

   
Fotos nach 1945/Gegenwart:

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)
 
 
Edelfingen Synagoge 100.jpg (74586 Byte) Edelfingen Judengasse 01.jpg (70415 Byte) Edelfingen Synagoge 101.jpg (49886 Byte)
Das auf dem Grundstück der 
ehemaligen Synagoge erbaute Wohn- 
und Geschäftshaus  
Blick in die ehemalige Judengasse 
(heute: Alte Frankenstraße) 
in Edelfingen  
Der Traustein der Synagoge Edelfingen 
dient im Rathaus der Gemeinde als
 Gedenkstein für die jüdische Gemeinde  
     
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 22.9.2003)  
Edelfingen Synagoge 150.jpg (47824 Byte) Edelfingen Synagoge 151.jpg (52477 Byte)
  Das auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge erbaute Wohn- und Geschäftshaus  
   
Edelfingen Stein 01.jpg (80403 Byte) Edelfingen Synagoge 152.jpg (54887 Byte) Edelfingen Synagoge 153.jpg (38722 Byte)
Grenzstein (?) aus Edelfingen, der mit
 Buchstaben und Symbolen in
 Zusammenhang mit einem jüdischen
 Besitzer stehen könnte (unklar)  
Der Hochzeitsstein im Rathaus von Edelfingen
  
   
      
     
Edelfingen Gefallenendenkmal WWI 001.jpg (180877 Byte) Edelfingen Gefallenendenkmal WWI 002.jpg (160863 Byte) Edelfingen Gefallenendenkmal WWI 003.jpg (130038 Byte)
Das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (Fotos: Christoph Bittel) aus Edelfingen mit den Namen von Sigmund Frank, Samuel Bierig, Gabriel Adler und Salomon Adler. Das Denkmal wurde von der Gemeinde Edelfingen in Auftrag gegeben und vom Stuttgarter Bildhauer Emil Hipp (1893-1965) ausgeführt. 1923 wurde es eingeweiht. Auf der Rückseite findet sich auf einem Podest die Skulptur einer Mutter mit ihrem Sohn. Nach 1945 wurde das Denkmal um zwei Seitenflügel erweitert für die Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.   
     
Andernorts entdeckt: 
im jüdischen Friedhof in Luxemburg  
Louxemburg Friedhof Edelfingen 12123.jpg (220321 Byte)
  Grabstein für Bertha Adler 
(geb. 6. Juli 1869 in Edelfingen, gest. 22. Januar 1940 in Luxemburg)  
     

 Hinweis: auf Gemarkung Edelfingen gibt es eine Gewannbezeichnung "Judenrain", siehe https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=50259&klassi=002.096&anzeigeKlassi=002.096.003  
   
   
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

April 2020: Erinnerung an den gebürtigen Edelfinger Prof. Julius Adler zu seinem 90. Geburtstag     
Anmerkung: Julius Adler ist ein hoch angesehener Biochemiker, war viele Jahre tätig an der University of Wisconsin-Madison; siehe Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Adler_(Biochemiker)  bzw. https://en.wikipedia.org/wiki/Julius_Adler_(biochemist) 
  
Artikel von Hartwig Behr in den "Fränkischen Nachrichten" vom 30. April 2020: "Bad Mergentheim. Geburtstag.  Gebürtiger Edelfinger Prof. Julius Adler feiert heute in den USA seinen Jubeltag / Sehr schmerzhafte, aber auch schöne Erinnerungen an das Taubertal
Professor Adler blickt auf bewegende 90 Jahre.
Die Zeit um 1935 war keine gute Zeit für jüdische Jungen, in Feld und Wald frei herumzulaufen. Doch dort begann Julius Adlers Weg als Forscher.
Edelfingen. Heute kann Prof. Julius Adler in Madison (Wisconsin/USA) auf ein 90-jähriges Leben zurückblicken, das am 30. April 1930 in Edelfingen begann. Sein Vater Adolf führte eine jüdische Metzgerei in der fünften Generation. Von 1933 an ging das Geschäft stark zurück - es wurde boykottiert..."  
Link zum Artikel  (oder zum Lesen Abbildung des Artikels anklicken) 
 
Oktober 2021: In Edelfingen werden "Stolpersteine" verlegt   
Am 7. Oktober wurden in Bad Mergentheim und Edelfingen weitere 23 "Stolpersteine" verlegt: In Bad Mergentheim in der Wettgasse 10 für Ferdinand Würzburger, Samuel Würzburger, Lina Würzburger, Rosa Würzburger, Ida Würzburger, Selma Würzburger und Bruno Würzburger; am Hans-Heinrich-Ehrler-Platz 24 für Aron Adler, Erna Adler, Frieda Adler, Louise Adler; in Edelfingen in der Ratstraße 13 für Hedwig Adler und Elsa Adler; in der Ratstraße 19 für Zilli Adler; in der Alte Frankenstraße 9 für Gretchen Grünfeld, Jakob Frank, Berta Frank, Gertrud Frank, Ruth Frank, Salomon Frank; in der Alte Frankenstraße 41 für Joseph Schorsch, Berta Schorsch und Simon Schorsch.
Weitere Informationen siehe https://stolpersteine-mgh.de/.   

    
      

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Stadt Bad Mergentheim     
bulletWebsite zu den "Stolpersteinen" in Bad Mergentheim:  https://stolpersteine-mgh.de/    

Quellen:   

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Edelfingen 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Edelfingen sind nur vorhanden:    
J 386 Bü. 164  Edelfingen Familienregister / Eheschließungen 1840 - 1934    http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442490 
J 386 Bü. 165  Edelfingen Eheschließungen 1819 - 1873    http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442491     

 Literatur:  

bulletPaul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S. 70-71.  
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 30-31.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.  
bulletWolfgang Goez: Einwohner- und Familienbuch Edelfingen bis 1876. Cardamina-Verlag Plaidt 2006.  30 €. 
Anmerkung: in diesem Buch sind auf den S. 397-432 die jüdischen Familien Edelfingens (genealogische Informationen) aufgeführt. Dazu finden sich in diesem Buch ausführliche Literatur- und Quellenhinweise.  

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Edelfingen  Wuerttemberg.  A small community was in existence in the late 16th century. Unlike other villages it maintained its population in the 19th century (170 of a total 1,151 in 1895). Many were butchers employed in a big slaughterhouse or smaller butcher shops. There was a kosher hostel. Relations with the local population deteriorated under Nazi rule, woth an outburst of violence on Kristallnacht (9-10 November 1938). Sixty-three of the town's Jews emigrated from Germany between 1933 and 1941; the remaining 20 were expelled.  
    
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020