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Sötern
(Gemeinde Nohfelden, Kreis St. Wendel)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
(bitte besuchen Sie auch die Website
"Jüdisches Leben in der Gemeinde Nohfelden" https://juedischeslebennohfelden.wordpress.com/)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Sötern bestand eine im 19. Jahrhundert relativ große jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück
(der Friedhof
wurde um 1650 angelegt). 1716 wurden 15 jüdische Familien am Ort gezählt. Die
"Söterner Gemeinderechnung" von 1756 nennt folgende steuerpflichtige
Juden: Aaron, Benjamin, Sander, Abraham, Mordgen, Gerschel, Mausche. 1791 lebten 44 jüdische Einwohner in Sötern.
Von ihnen stammten einige aus Hunsrückgemeinden, wo sie ausgewiesen worden
waren. 1799 hatte Sötern 400 Einwohner, die sich aus 54 evangelischen, 10
katholischen und 15 jüdischen Familien zusammensetzten.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1808 95, 1817 107 jüdische Einwohner, 1846 233, 1849
225, 1890 99 jüdische Einwohner, 1900 107.
1817 werden folgende Familienvorstände mit bereits neuen Familiennamen
genannt: David Feis jun., Jacob Feis, Emanuel Feis, David Feis, David Sender und
Schaut Sander (diese sechs waren Viehhändler), Samuel Stern (Krämer), Germann
Wolf (Kleinhändler), Löb Sander (Kleinhändler), Isaak Kahn (Kleinhändler),
Aron Kahn (Kleinhändler), Lion Baum (Seifensieder), Levy Sender (Viehtreiber),
Seligmann Sender (Viehtreiber), Mattes Löb (Viehtreiber), Daniel Sender, Löb
Kahn, Moses Sender, Jacob Löb, Hertz Raffael (die letztgenannten sechs waren
ohne Gewerbe), Elias Stern (Seifensieder).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (von 1831 bis 1910 zunächst private, dann öffentliche jüdische
Volksschule; zur Auflösung siehe Bericht unten, danach private jüdische
Volksschule, zuletzt noch Religionsschule;
Schulhaus Weiherdamm 11), ein rituelles Bad (blieb erhalten im Haus Hauptstraße
13, wurde 1989 unter Denkmalschutz gestellt, doch trotzdem 2005 abgebrochen) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. In besonderer
Erinnerung blieb aus dem 19. Jahrhundert Lehrer Michel Kohn, der 1882
nach einer 54-jährigen Tätigkeit am Ort in den Ruhestand trat (siehe Berichte
unten). Nachfolger war Lehrer J. Bauer, der bis zur Auflösung der jüdischen
Volksschule im Jahr 1910 - also 29 Jahre - in Sötern blieb (siehe Bericht
unten). Die Gemeinde gehörte zum Landrabbinat Birkenfeld mit Sitz in Hoppstädten.
Im jüdischen Landesgemeinderat Birkenfeld (gegründet 1831) saß auch
ein Vertreter der jüdischen Gemeinde Sötern (1924 Hermann Sender).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Isidor Kahn (geb.
8.8.1888 in Sötern, gef. 26.10.1914), Gefreiter Samuel Kahn (geb. 9.7.1881 in Sötern,
gef. 15.7.1915), Julius Lion (geb. 13.5.1871 in Sötern, gef. 13.6.1918) und
Gustav Wolf (geb. 28.11.1894 in Sötern, gef. 29.4.1916).
Um 1924, als zur Gemeinde noch 105 Personen gehörten (8 % von insgesamt
etwa 1.300 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Hermann Sender, Gustav Wolf
und Julius Lion. Den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen erteilte für
19 Kinder der Gemeinde Rabbiner Dr. Lewin (Hoppstädten). An jüdischen Vereinen
bestanden ein Wohltätigkeitsverein (Männer-Chevra, 1924 unter
Leitung von Max Baum mit 21 Mitgliedern, Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung
Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen), ein Israelitischer Frauenverein
(Frauen-Chevra, 1932 unter Leitung von Berta Lion; Zweck und
Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen), ein Verein
zur Unterstützung der Wanderarmen (1924 unter Leitung von B. Weil - Kirn)
und ein Jugendverein (1924 unter Leitung von L. Sender). 1932
waren die Gemeindevorsteher Ludwig Sender (1. Vors.)), Moritz Lion (2. Vors.)
und Julius Lion (3. Vors.). Als Kantor war Gustav Wolf tätig. Im Schuljahr
1931/32 erhielten 12 Kinder der Gemeinde Religionsunterricht.
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 90 Personen)
auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen
beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen
Gemeindeglieder gezwungen, die Einrichtung der Synagoge und auch den
Leichenwagen zu zerstören. die jüdischen Geschäft (u.a. das Einkaufsgeschäft
von Max Baum und die Textilhandlung Wolf) wurden verwüstet und geplündert. 12
der letzten jüdischen Einwohner wurden im April und Juli 1942 deportiert.
In Sötern blieb nur noch Ernst Michel Hirsch (geb. 1907 in Sötern) zurück,
der mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet war (sechs Kinder). Im Januar
1945 sollte er noch deportiert werden, doch wurde er gewarnt und konnte sich in
der Kanalisation verstecken, bis die Gefahr vorüber war (Quelle:
Landesarchiv des Saarlandes, Akten des Landesentschädigungsamtes LEA 11031,
Akte von E. Hirsch und LEA 12109, Akte von Luise Hirsch geb. Barth; Hinweis von
Dieter Raab, Landesarchiv, Saarbrücken vom 29.11.2017).
Von den in Sötern geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", überarbeitet und ergänzt
durch Reiner Schmitt): Emma Baum (?), Henriette Baum geb. Blum (1873), Hermann
Baum (1868), Jakob Baum (?), Johanna Baum (1904), Frieda Bloch geb. Lion
verw. Blau (1903), Margot Blau (1929), Delfine Ermann geb. Lion (1875), Sophie
Ermann geb. Lion (1880), Auguste Harf geb. Baum (1877), Isaak Heymann (1870),
Renate (Reni) Heymann (1930), Rosa Heymann geb. Loring (1904), Walter Heymann
(1903), Berta Hirsch (1863), Flora Vera Hirsch (1882), Hermann Hirsch (1870),
Ludwig Hirsch (1903), Max Hirsch (1900), Raimund Hirsch (1934), Sara Hirsch geb.
Wolf (1873), Sophie Hirsch (1881), Charlotte Kahn geb. Bach (1877), Else Kahn
geb. Lion (1905), Josef Kahn (1870), Mathilde Kahn geb. Hirsch (1871), Johanna
Hedwig Koschelnik geb. Kahn (1892), Friedrich Koschelnik (1928), Leonore
Koschelnik (1925), Lotte Koschelnik (1929), Rosalie Levi geb. Hirsch (1873),
Hermine (Helmine) Levy geb. Sender (1870), Sender Ruben Levy (1853), Bella Lion
(1939), Berta Lion geb. Moses (1876), Berthold Lion (1892), Delphine Lion
(1875), Emil Lion (1884), Felix Lion (1879), Hugo Hermann Lion (1902), Irma Lion
geb. Simon (1899), Isidor Lion (1879), Josef Lion (1873), Moritz Lion (1873),
Nanette (Nanetta) Lion geb. Thal (1877), Sara Lion (?), Sophie Lion (1880),
Thekla Lion (1882), Wilhelm Erich Lion (1935), Gisela Mendel (1932), Luzia
Mendel geb. Sender (1905), Adele Meyer geb. Kahn (1863), Johanna Meyer geb. Lion
(1895), Barbara Oppenheimer geb. Baum (1873), Moritz (Moses) Rosenberg (1880),
Delphine Schwarz geb. Wolf (1892), Arthur Sender (1885), Lina Sender (1864),
Rosette Sender geb. Grunewald (1881), Betty Simon geb. Lion (1909), Ida Stern
(1899), Rosa Stern (1889), Lina Weil geb. Sender (1864), Arthur Wolf (1894),
Berta Wolf geb. Steinberger (1886), Emma Wolf geb. Baum (1879), Gustav Wolf
(1871), Gustav Wolf (1877), Heinz Wolf (1928), Herbert Wolf (1925), Jakob Werner
Wolf (1922), Johanna Wolf geb. Scholem (1857), Johanna Wolf geb. Baum (1904),
Ludwig Erwin Wolf (1923), Markus Wolf (1885), Paula Wolf geb. Wendel (1885),
Rosel Wolf (1920), Salomon Wolf (1884), Wilhelm (Willi) Wolf (1896).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1911
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1911: "Die
hiesige Lehrer- und Kantorstelle ist, da der jetzige Inhaber zum
Militärdienste angeschrieben, anfangs Oktober dieses Jahres neu zu besetzen.
Gehalt 1.200 Mark und ca. 150 Mark Nebeneinkünfte. Seminaristisch
gebildete Bewerber wollen sich baldigst melden bei dem Synagogen-Vorsteher
Isaak Sender
Sötern, Fürstentum Birkenfeld." |
Lehrer Michel Kohn tritt in den Ruhestand (Lehrer in Sötern 1836 bis 1882)
(Anmerkung: die orthographischen Fehler im nachfolgenden
Abschnitt wurden korrigiert)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Januar 1882:
"Bonn, 25. Dezember (1882). Man schreibt uns aus dem
Fürstentum Birkenfeld: Ein seltenes und schönes Fest wurde am 7. dieses
Monats im Dorfe Sötern gefeiert. Dort war der israelitische Lehrer
Kohn nach einer 54-jährigen Tätigkeit - er hatte in Sötern selbst
46 Jahre lang gewirkt - in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Seinen
76. Geburtstag nahmen seine zahlreichen früheren Schüler als
Veranlassung, um ihrem Lehrer Dankbarkeit und Anerkennung zu beweisen. Am
Vormittage des 7. dieses Monats versammelten sich im Schulhause die
Schuljugend, die Festteilnehmer, der Ortspfarrer, die evangelischen
Lehrer, der Ortsvorstand und die angesehensten Bürger. Vom Schulhause zog
man zum Wohnhause des Jubilars, woselbst man den Gefeierten durch Lied und
Wort begrüßte. Der Gemeindevorstand drückte die Gefühle der
Dankbarkeit aus, die sich hier Kohn bei den Gemeindegliedern erworben, der
derzeitige Lehrer Herr Bauer beleuchtete das Wirken des Emeriten in
der Schule, ein früherer Schüler desselben, Herr Lehrer Sender aus
Tholey sprach im Namen der früheren Schüler und überreichte die von
denselben gestifteten wertvollen Geschenke: silbernen Pokal, Sessel, Stock,
Album mit den Photographien der Geber - und schließlich sprach der
evangelische Pfarrer des Ortes Worte der Anerkennung für das Leben und
Wirken des Jubilars als Mensch und Mitbürger. - Ein Festessen, gewürzt
mit Toasten auf Herrn Kohn und seine würdige Gattin, vereinigte die
Gesellschaft bis zur späten Abendstunde. Möge der Jubilar sich noch
recht lange der wohlverdienten Ruhe erfreuen! Zum Schluss sei bemerkt,
dass Herr Kohn aus der Staatskasse einen Ruhegehalt von über 1.140 Mark
bezieht. Wann wir aus unserem großen Nachbarstaate Ähnliches berichtet
werden können." |
Auszeichnung für Lehrer Michel Kohn (1882)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. März 1882:
Aus dem Fürstentum Birkenfeld, im Februar (1882). Dem Lehrer Kohn zu
Sötern wurde von unserem Großherzog (von Oldenburg) das Allgemeine
Ehrenzeichen II. Klasse verliehen, und heißt es u.a. in dem desfallsigen
Diplom:
'Wir Nicolaus Friedrich Peter von Gottes Gnaden Großherzog von
Oldenburg, Erbe von Norwegen, Herzog von Schleswig-Holstein, Stormaare,
der Dithmarschen und Oldenburg, Fürst von Lübeck und Birkenfeld, Herr
von Jever und Kniphausen etc. Wir usw. haben uns bewogen
gefunden, dem israelitischen Lehrer außer Dienst Michel Kohn von Sötern
ein Zeichen Unserer Anerkennung seiner langjährigen musterhaften und
segensreichen Lehrtätigkeit in der Gemeinde Sötern zu geben, und
verleihen ihm daher das mit Unserm Haus- und Verdienst-Orden verbundene
Allgemeine Ehrenzeichen II. Klasse.'
Das Ehrenzeichen trägt die Inschrift: Ein Gott, ein Recht, eine Wahrheit.
Treu diesem Wahlspruche wird in unserem Lande gehandelt und haben wir
Juden in keiner Hinsicht Ursache, zu klagen. Wir sind in jeder Hinsicht
den übrigen Bürgern gleichgestellt. Unser Landrabbiner, der seinen Sitz
in Birkenfeld hat, hat in jeder Beziehung die gleiche Stellung, wie jeder
andere Geistliche. Unsere Schulen sind da, wo die gesetzliche Kinderzahl
ist, öffentliche und sind die Lehrer an denselben vom Staate angestellt.
Die israelitischen Lehrer haben dieselben Rechte, wie jeder andere Lehrer.
Wie schon in Nr. 1 dieser Zeitung gemeldet, bezieht der pensionierte
Lehrer Kohn 1140 Mark Pension aus der Staatskasse. Zwei israelitische Lehrer-Witwen
beziehen aus der Staats- und Lehrer-Witwen-Kasse ihr Witwengehalt. Um so
recht zu zeigen, dass man dem Wahlspruche: 'Ein Gott, ein Recht etc.' nach
handelt, muss ich noch Folgendes anführen. Es besteht für das
Fürstenfeld Birkenfeld eine Stiftung der weiland Großherzogin Cäcilie
aus dem Jahre 1844, aus welcher laut § 2 die Zinsen des Kapitals an
bedürftige Lehrer-Witwen beider Konfessionen zu verteilen sind. Trotz §
erhalten auch jetzt zwei jüdische Witwen diese Unterstützung. Zu
Synagogenbauten erhalten die israelitischen Gemeinden von der Regierung
dieselbe Unterstützung, wie jede andere Konfession. So erhielt die
israelitische Gemeinde Oberstein vor einigen Jahren zum Synagogenbau eine
Unterstützung von 2.400 Mark und die Gemeinde Bosen
hat vor wenigen Wochen als Unterstützung zu ihrer nun unter Dach
stehenden neuen Synagoge 750 Mark ausgezahlt erhalten. Zahlen beweisen und
Tatsachen sprechen." |
Auflösung der öffentlichen jüdischen Schule
(Elementarschule, 1910)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Mai 1910:
"Die einzige öffentliche jüdische Schule im Fürstentum Birkenfeld,
in dem Dorfe Sötern, wurde mit Schluss des Schuljahres von der
Großherzoglichen Regierung aufgehoben und der Lehrer J. Bauer nach
29-jähriger Dienstzeit zur Disposition gestellt." |
Staatlicher Zuschuss für die private israelitische
Volksschule in Sötern (1912)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Februar 1912: "Hoppstädten an der Nahe, 7. Februar
(1911). Wie das Herzogtum Oldenburg, so wurde auch unser Fürstentum bei
der letzten Landtagssitzung mit einer Unterstützung der jüdischen
Institutionen bedacht. Während bisher der Staat 1600 Mark nur gewährte,
erhält das Fürstentum nun als Beitrag zu dem Rabbinatsgehalt und als
Unterstützung der im Fürstentum bestehenden israelitischen
Privatvolksschulen 2230 Mark. Es wurde dies umso mehr begrüßt, als
gerade durch Gründung der israelitischen Privatvolksschulen den einzelnen
Gemeinden bedeutenden Kultuslasten aufgeladen waren. Bis zum 1. Januar
1909 bestand in Hoppstädten, bis
zum 1. April 1910 auch in Sötern eine öffentliche israelitische
Volksschule. Diese Schulen, die bis dahin von den bürgerlichen Gemeinden
unterhalten wurden, sind aufgehoben, weil die Schülerzahl dauernd unter
25 betrug. Dadurch haben wir im Fürstentum Kultuslasten, wie sie sonst
kaum irgendwo zu finden sind. Zurzeit muss Sötern 101 Prozent, Hoppstädten
98 Prozent, Bosen 152 Prozent der
Gesamtsteuern an Kultuslasten aufbringen. Die Verhältnisse der jüdischen
Gemeinden im Fürstentum sind recht befriedigende. In drei Orten haben wir
Privatvolksschulen, an zwei Orten wird Religionsunterricht erteilt, sodass
im ganzen Fürstentum jedes israelitische Kind seinen geregelten Religionsunterricht
erhält und auch von keiner Seite dagegen je Einsprache erhoben wurde,
trotzdem ein Zwang zum Religionsunterricht von Seiten des Gesetzes nicht
besteht. - Ein Beweis für das intensiv-jüdische Leben im Fürstentum
sind die Literaturvereine, die sich allgemeiner Sympathie
erfreuen." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Emanuel Sender (1899)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1899: "Haushälterin.
Zur selbstständigen Führung meines kleinen Haushalts, auf dem
Lande, dem die Hausfrau fehlt, suche geeignete Persönlichkeit
- Dienstmädchen vorhanden.
Offerten mit Bild, Gehaltsansprüchen und wann Eintritt erfolgen kann,
nebst Zeugnisabschriften erbeten.
Emanuel Sender,
Sötern, Fürstentum Birkenfeld". |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
1822 wird eine - vermutlich aus dem 18.
Jahrhundert stammende - Synagoge genannt, die in einem früheren Wohnhaus
eingerichtet worden war.
In den 1830er-Jahren wurde der Neubau einer Synagoge am Ort geplant. Dazu nahm
die Gemeinde Regierungsanleihen auf. Zum Bau kam es jedoch nicht. 1841 und 1851
ist von Instandsetzungs- und Umbauarbeiten an der alten Synagoge die Rede. Auch
1906 stand eine große Renovierung an.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Gemeindeglieder gezwungen,
die Inneneinrichtung der Synagoge zu zerstören. Sie mussten alles auf die
Straße werfen und anzünden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude als
Unterkunft für Fremdarbeiter und als Pferdestall zweckentfremdet.
Nach 1945 wurde das Gebäude zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut (in
den 1960er-Jahren Tankstelle, jetzt Volksbankfiliale und Wohnhaus).
Standort der Synagoge: Hauptstraße
30
Fotos
(Quelle: Publikation von M. Landau s.u. S. 193)
Historisches |
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Skizze über die
Einteilung der Plätze in der
Männer-Synagoge zu Sötern (1888) -
Original
im LHA Koblenz Best. 393A
Nr. 2738 fol.19 |
Beim Novemberpogrom 1938
zerstört:
die Kriegergedenktafel in der Synagoge
Sötern mit der Nennung
der drei
jüdischen Gefallenen |
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Das Gebäude der Synagoge
nach 1945
(Quelle: Website
"Jüdisches Leben in der Gemeinde Nohfelden") |
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In den 1960er-Jahren wurde die
ehemalige Synagoge
als Tankstelle verwendet |
Das Synagogengebäude Sötern
in der Gegenwart:
Bankgebäude und Wohnhaus |
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Andernorts entdeckt:
im jüdischen Friedhof in Luxemburg |
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Grabstein für
Minna Levy geb. Sender
(geb. in Sötern am 12. Februar 1859, gest. in Mersch am 13. März
1940) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 1993:
Presseartikel zur jüdischen Geschichte in
Sötern, Bosen und Gonnesweiler |
Der
Artikel von F. Glutting erschien im November 1993 in der
"Saarbrücker Zeitung" (erhalten von Reiner Schmitt); abgebildet
ist das Haus der früheren Mikwe in Sötern.
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken. |
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November 2012:
In Nohfelden werden "Stolpersteine" verlegt |
Artikel in der "Saarbrücker
Zeitung" vom 17. November 2012 (auszugsweise zitiert): "Steine wider das
Vergessen. Schüler unterstützen das Kunstprojekt
Nohfelden. Am Montag, 19. November, ab 15.30 Uhr verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig in
Bosen, Gonnesweiler und Sötern die ersten Stolpersteine in Gedenken an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Auftakt erfolgt vor dem ehemaligen Haus
Lion, Nohfelden-Bosen, Bostalstraße 62. Mit der Aktion "Stolpersteine" möchten die Veranstalter, die Gemeinde Nohfelden, die Gesamtschule/Gemeinschaftsschule Türkismühle und das Adolf-Bender-Zentrum St. Wendel, ein Zeichen wider das Vergessen setzen...
Eine 14-köpfige Schülergruppe der Gesamtschule/Gemeinschaftsschule Türkismühle recherchierte gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe im Adolf-Bender-Zentrum jüdische Schicksale aus ihren Heimatorten, die während der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden. Besonders bewegt hat die Gruppe die Geschichte der Kinder, zum Beispiel die der Lotte
Koschelnik. Ihrer Nachbarin gab sie vor der Deportation eine Puppe in Obhut. Dies war das letzte Mal, dass sie ihre Freundin gesehen hat. Lotte, damals 13 Jahre alt, wurde mit ihrer Mutter Johanna Hedwig Koschelnik und ihrem Bruder Friedrich 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet. Die Spur ihrer Schwester Leonore verlor sich bereits ein Jahr zuvor im Konzentrationslager Riga. Insgesamt werden für vier Familien in
Bosen, Gonnesweiler und Sötern Stolpersteine in den Gehweg eingelassen.
Um 17.30 Uhr ist Gedenkfeier mit Vorstellung des Projektes durch die Schülergruppe, Lesung und Theaterstück in der Gesamtschule/Gemeinschaftsschule Türkismühle. Die Bevölkerung ist eingeladen, an der Verlegung der Stolpersteine in der Gemeinde Nohfelden teilzunehmen. red
Informationen beim Adolf-Bender-Zentrum, Telefon (0 68 51) 8 08 27 90...
Die Stolpersteine in der Gemeinde Nohfelden werden am Montag verlegt und zwar: 15.30 Uhr, Bostalstraße 62,
Bosen, vier Stolpersteine für die Familie Lion; 15.55 Uhr, Nahetalstraße 31 bis 32,
Gonnesweiler, fünf Stolpersteine für die Familien Hirsch/Kahn; 16.20 Uhr, Hauptstraße 47,
Sötern, sechs Stolpersteine für die Familie Wolf; 16.45 Uhr, Hauptstraße 55,
Sötern, vier Stolpersteine für die Familie Koschelnik. Anschließend findet gegen 17.30 Uhr eine Gedenkfeier in der Gesamtschule
statt."
Link
zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Michael
Landau (Hg.): Damit es nicht vergessen wird. Beiträge zur Geschichte
der Synagogengemeinden des Kreises St. Wendel. Veröffentlichungen des
Adolf-Bender-Zentrums e.V., St. Wendel 1988.
darin u.a.: Hans Eckert: Bericht über die Juden in Sötern S.
168-175. |
 | Eva Tigmann: "Was geschah am 9. November
1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen
Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des
Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. |
 | Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 461-462 (mit weiteren Literaturangaben). |
 | Axel Redmer: Staatenlos und vogelfrei. Widerstand,
Verweigerung und Verfolgung von Menschen aus dem Bereich der oberen Nahe
1933 bis 1945. 1. Teil. Die Ausgebürgerten. 132 S. Birkenfeld
1993.
|
 | Eva Tigmann / Michael Landau:
Unsere vergessenen Nachbarn. Jüdisches Gemeindeleben auf dem Land. Familien
und ihre Schicksale am Beispiel der Synagogengemeinden der Gemeinde
Nohfelden (Sötern und Bosen). 2010. Gebunden 408 S., zahlr. Abb. ISBN
978-86110-477-3. 38.- €.
Reihe: Geschichte, Politik & Gesellschaft. Schriftenreihe der Stiftung
Demokratie Saarland Band 12.
Informationen
auf einer Seite des Röhrig Universitätsverlages
Weitere
Informationen siehe eingestellte pdf-Datei. |
 |
Reiner Schmitt: Die Synagoge in Sötern. 1817-1938. 79 S.
2012. |
 | ders.: Gedenkbuch - Die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung aus den Orten des Birkenfelder Landes 1933-1945 (Abentheuer,
Baumholder, Birkenfeld, Bosen, Gonnesweiler, Grumbach, Hoppstädten,
Hottenbach, Idar-Oberstein, Nahbollenbach, Niedereisenbach, Oberreidenbach,
Offenbach, Rhaunen, Ruthweiler, Sensweiler, Sien, Sötern, Stipshausen,
Thallichtenberg, Weierbach). 332 S. 2011.
Hinweis: die genannten Beiträge von Reiner Schmitt sind in der
Stadtbibliothek Trier und im Landeshauptarchiv Koblenz zugänglich. Sie sind
nicht im Druck erschienen. Über Fernleihe können die Publikation aus der
Stadtbibliothek Trier ausgeliehen werden. |
 | Edgar Schwer: Den jüdischen Gefallenen des
Saarlandes 1914-1918 zum Gedenken. In: Saarländische Familienkunde Band
12/4. Jahrgang XLVIII 2015 S. 559-600. Online
zugänglich: eingestellt als pdf-Datei. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Soetern,
Oldenburg. The Jewish community in Soetern, which existed prior to the Thirty
Years War (1618-48), numbered only 44 in 1791. In 1846, the Jewish population
was 233 but dropped to 107 in 1900. The community maintained a synagogue from
1838, a school (1831-1909), and a cemetery dating back to 1650. In 1933, there
were 90 Jews living in Soetern. A Jew waa arrested in March 1933 for 'Communist
agitation', and, as a Polish citizen, deported to Poland. In Kristallnacht
(9-10 November 1938), the Nazis smashed the synagogue windows, then assembled
the Jews of Soetern and forced them to wreck the synagogue. The cemetery was
desecrated and both Jewish businesses and homes were looted and wrecked. Some
Jews were maltreated and a least one was taken to the Dachau concentration camp,
were he probably perished. By 1939, 36 Jews from Soetern had moved elsewhere in
Germany. Although 27 managed to emigrate, some fell into Nazi hands in the
localities were they had hoped to find shelter. The remaining Jews, at least 12,
were deported in April and July 1942.

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