Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Markelsheim (Stadt Bad Mergentheim, Main-Tauber-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge  

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
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bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version
(Abschnitt erstellt unter Mitarbeit von Hartwig Behr, Bad Mergentheim)   
       
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts dem Deutschen Orden gehörenden Markelsheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in das 16./17. Jahrhundert zurück. Erstmals werden 1590 Juden am Ort genannt. 1626 wird ein Jud Mayer aus Markelsheim genannt. 1704 waren vier, 1755 drei jüdische Familien am Ort. 
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1812 18 jüdische Einwohner, 1824 26 (2,2 % von insgesamt 1.178 Einwohnern), 1831 40, 1843 52, 1854 52, 1869 50, höchste Zahl um 1880 mit 70 jüdischen Einwohnern, 1900 53 (4,2 % von 1.259), 1910 39. Die jüdischen Familien lebten vor allem vom Handel mit Vieh und Landesprodukten. 
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Unterbalbach beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. In besonderer Erinnerung blieb der Gemeinde zuletzt Lehrer Sally Ottensoser, der seit 1903 in Markelsheim unterrichtete und 1927 bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. Nach 1927 unterrichtete der jüdische Lehrer aus Edelfingen die nur noch wenigen jüdischen Kinder in Markelsheim. Die Gemeinde war dem Rabbinatsbezirk Mergentheim zugeteilt.    
 
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Nathan Strauß (geb. 12.2.1879 in Markelsheim, gef. 11.7.1916). Außerdem sind gefallen: Ferdinand Adler (geb. 29.11.1887 in Markelsheim, vor 1914 in Stuttgart wohnhaft, gef. 5.4.1917) und Heinrich Strauß (geb. 26.5.1878 in Markelsheim, vor 1914 in Karlsruhe wohnhaft, gef. 21.6.1915). 
  
Um 1924, als noch 44 jüdische Personen gezählt wurden (4 % von insgesamt etwa 1.100 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Erwin Ottensoser, Hermann Strauß und David Strauß. Als Lehrer und Vorbeter war (seit 1903) der bereits genannte Sally Ottensoser tätig. Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde acht Kinder. An jüdischen Vereinen gab es einen Wohltätigkeitsverein Chewraus (Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit und Bestattungswesen) sowie einen  Israelitischen Frauenverein (1924 unter Leitung von Malchen Adler). 1932 war Gemeindevorsteher David Strauß, sein Stellvertreter S. Hartheimer. Als Lehrer für die damals noch zwei schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde kam Lehrer Jonas Adler aus Edelfingen regelmäßig nach Markelsheim.     
    
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben im Besitz jüdischer Familien / Personen sind bekannt. Metzgerei und Viehhandlung Aaron Adler (Scheuerntorstraße 1), Metzgerei und Viehhandlung Josua, Ludwig und Nathan Adler (Schulberg 2), Viehhandlung Leopold Adler (Kitzlesweg 5), Manufakturwarengeschäft Erwin Ottensoßer (Kitzlesweg 1), Stoffe, Kolonialwaren, Getreidehandlung David Strauß (Scheuerntorstraße 2, abgebrochen), Viehhandlung Julius Strauß (Kitzlesweg 3).
    
1933 lebten noch 20 jüdischen Personen in Markelsheim. Auf Grund der zunehmenden Repressalien, der Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen mehrere von ihnen in den folgenden Jahren Markelsheim beziehungsweise sind ins Ausland emigriert. Beim Novemberpogrom 1938 richteten Jugendliche Verwüstungen in der Wohnung von Rebekka Ottensoser (Kitzlesweg 1) an, warfen Kleider und Gebrauchsgegenstände in den Dorfbach. Mehrere jüdische Männer wurden verhaftet und in das Konzentrationslager nach Dachau verschleppt. 1939 wurden noch neun jüdische Einwohner am Ort gezählt. Im August 1942 wurden die letzten fünf jüdischen Einwohner in das Ghetto Theresienstadt deportiert.        
        
Von den in Markelsheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sophie Elkan geb. Hahn (1852), Martha Schlossberger geb. Strauß (1904), David Strauß (1871), Jacob Strauß (1901), Julius Strauß (1873), Julius Strauß (1875), Lora (Lienora) Strauß geb. Elkan (1879), Mathilde Strauß (1884), Ruth Strauß (1909), Sigmund Strauß (1882). 
Anmerkung: mehrere Namen aus den genannten Verzeichnissen sind nicht aufgenommen. Es liegen möglicherweise Verwechslungen zwischen Markelsheim und "Markenhof" u.a. vor.   
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1886 / 1890 / 1894 / 1900 / 1901 / 1902    

Markelsheim Israelit 06051886.jpg (49461 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1886: "Die hiesige Religionsschule, verbunden mit dem Vorsänger- und Schächterdienst, soll bald möglichst durch einen seminaristisch gebildeten ledigen Lehrer besetzt werden. Fester Gehalt 600 Mark. Nebenverdienst ungefähr 3-400 Mark und freie Wohnung. Reflektanten wollen sich an den unterzeichneten Vorstand wenden. 
Markelsheim bei Mergentheim. Vorsteheramt: Strauß. Adler."  
  
Markelsheim Israelit 12061890.jpg (41452 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juni 1890: "Wir suchen bis zum 1. August einen seminaristisch gebildeten Religionslehrer, der zugleich Vorsänger und Schochet sein muss. Der Gehalt beträgt fix 600 Mark nebst ca. 3-400 Mark Nebeneinkommen und freie Wohnung. Nur deutsche Bewerber wollen sich wenden an die Vorsteher 
Strauß. Emanuel Is. Adler. Markelsheim bei Mergentheim (Württemberg)."  
   
Markelsheim Israelit 30071894.jpg (52012 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1894: "Die hiesige israelitische Religionslehrer-Stelle, verbunden mit Vorbeter und Schochet, soll bis 1. September neu besetzt werden. Fester Gehalt 600 Mark nebst freier Wohnung.
Nebenverdienst 3-600 Mark, ledige seminaristisch gebildete Bewerber werden bevorzugt. Bewerben wollen sich an unterzeichnete Stelle wenden. 
Markelsheim bei Mergentheim. 
M. Strauß,
Vorsteher."   
   
Markelsheim Israelit 28061900.jpg (53322 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1900: "Die Gemeinde Markelsheim sucht möglichst sofort einen Vorbeter, Lehrer und Schochet. Der Gehalt beträgt Mark 800 und ca. Mark 300 Nebenverdienst nebst freier Wohnung. Der Lehrer muss ein Deutscher sein und werden seminaristisch Gebildete (ledige) bevorzugt. Offerten mit Zeugnissen sind an den unterzeichneten Vorstand zu sehen. Israelitischer Kirchenvorstand Markelsheim. M. Strauß."  
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1901: "Die Gemeinde Markelsheim sucht bis 1. August einen Vorbeter, Lehrer und Schochet. Der Gehalt beträgt 800 Mark, ca. 300 Mark Nebenverdienst nebst freier Wohnung. Ledige, seminaristische Gebildete werden bevorzugt. Offerten mit Zeugnissen sind an unterzeichneten Vorsteher zu richten. 
Markelsheim bei Mergentheim, Württemberg. 
Israelitisches Kirchenvorsteheramt

M. Strauß."   
    
Markelsheim Israelit 07081902.jpg (59779 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1902: "In unserer Gemeinde ist die Stelle als Kantor, Schächter und Religionslehrer bis 1. September zu besetzen. Gehalt 875 Mark fixum und ca. 3-400 Mark Nebeneinkommen nebst freier Wohnung und Heizung. Seminaristisch gebildete Lehrer erhalten den Vorzug. Offerten mit Zeugnissen sind zu richten an 
Israelitisches Kirchenvorsteher-Amt: Strauß, Markelsheim. Bezirk Mergentheim, Württemberg."  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1902
"Die Gemeinde Markelsheim sucht womöglichst sofort einen 
Lehrer, 
Kantor
und Schochet. Gehalt Mark 870 Fixum und 3-400 Nebeneinkommen, nebst Wohnung, Heizung und lichtfrei. Bewerber wollen ihre Zeugnisse an das Vorsteheramt einsenden. 
Markelsheim
, Württemberg 7. Dezember 1902. 
Israelitisches Kirchenvorsteher-Amt: M. Strauß."
     

     
Lehrer Ludwig Stern - zeitweise Lehrer in Markelsheim - wird 1. Lehrer / Direktor an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg an (1864)  

Anmerkung: Ludwig Stern ist am 9. März 1824 in Bieringen als (unehelicher) Sohn der Jentle Hirsch Stern (Tochter des Handelsmannes Hirsch Baruch Stern) geboren (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440598-2). Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Lehrer dürfte Unterdeufstetten seine erste Stelle gewesen sein (um 1842/1850?). Nach dem Beitrag unten war Stern nach Unterdeufstetten Lehrer in Markelsheim, wo er 1854 Bärbel/Babette geb. Adler aus Markelsheim heiratete (geb. 28. Juli 1831). Von 1853 bis 1860 war er Lehrer in Creglingen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442332-96), danach in Freudental und ab 1864 Direktor an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Er starb am 15. August 1890 in Würzburg, seine Frau Babette am 31. Januar 1902 ebd. 
Von den zehn Kindern des Ehepaares sind die ersten vier in Creglingen geboren (Abraham Hartwig 1855, Jacob 1856, Gustav Gedalja 1858, Ida 1860), die nächsten zwei in Freudental (Josua 1863, gest. 1863, Mirjam 1864), die übrigen vier in Würzburg (Baruch 1866, Nathan 1868, Julia 1873 und Lina 1875).       

Freudental Israelit 16111864.jpg (233255 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1864: "Aus Württemberg. Dem inneren Berufe folgend, hat am Anfang dieses Monats ein Mann das Schwabenland verlassen, dessen Verlust nicht nur die Gemeinden, in deren Mitte er als Lehrer und Vorsänger gewirkt hat, sondern nahezu das ganze Württemberg empfinden dürfte, für das er besonders in jüngster Zeit in edelster Weise, ersprießlich und wacker gewirkt und gekämpft hat. Ludwig Stern, bisher in Freudental angestellt, hat die Lehrer- und Hausmeister-Stelle an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg angenommen, welche von den dortigen hochherzigen Rabbinen unter Protektion der bayerischen Regierung ins Leben gerufen worden ist. Wie unser Stammvater folgte auch er der inneren Himmelsstimme und zog weg aus seinem Land und aus seiner Heimat wie aus dem Haus seines Vaters, verließ Vaterland, Heimat, Verwandte und Freunde, um zu wirken für das Ideal, das er auch bei uns zu erstreben bemüht gewesen, um vereint zu sein mit den Verwandten des Geistes, die seinem Edelmute mehr gelten als irdische Beziehungen. Rastlos wie seine pflichttreue Tätigkeit stieg auch er in seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe und bewährte sich an ihm jeder göttliche Segen, der solchen Männern verheißen ist 'und ich will groß machen deinen Namen und er wird ein Segen sein’. Von der kleinen Filialgemeinde Unterdeufstetten aus, für die er ein Faktotum war, wie von Markelsheim und Creglingen, wo die Gemeinden zu jedem Opfer bereit waren, um ihn länger besitzen zu dürfen, wie durch die größere Kehilla (Gemeinde) Freudental, wo sein hervorragendes Wissen und Wirken, obschon neben einem Rabbinen, doch in der ehrenvollsten Weise Anerkennung gefunden hat, verbreitete sich sein Name immer weiter in den Gauen Württembergs. Sein rednerisches Talent und seine theologischen und pädagogischen Kenntnissee fanden ihren besten Lobredner in seinen Predigten, seinen Vorträgen und seinen schriftstellerischen und publizistischen Werken und Aufsätzen, welche auf der Kanzel vernommen worden, oder durch die Presse in Büchern, Zeitschriften und Broschüren an das Licht der Öffentlichkeit getreten sind. An der Spitze steht hierin das von ihm erschienene 'Deutsche Lesbuch für israelitische Schulen in 5 Abteilungen’ (Stuttgart 1862), das im Auslande fleißig gebraucht wird, obgleich unsere israelitische Oberkirchenbehörde, deren meisten Mitglieder nicht wohl die wahren Freunde eines solchen Strebens sein können, es nicht offiziell in den württembergischen Schule eingeführt hat. Mit einem wahren Eliasmute aber ist er als wackerer Kämpe in die Schranken getreten, um eine Revision des israelitischen Kirchenwesens in Württemberg zu erstreben, um die jetzt das ganze Land in allen seinen Parteien einstimmig und sehnlich petitioniert. So hat sich sein Verdienst über das Weichbild der Gemeinden hinaus durchs ganze Land nicht nur ausgebreitet und unvergesslich gemacht, sondern auch – gestützt auf 1. Samuel 12,23 – die Hoffnung erzeigt, dass die politische Grenze, die ihn nun von uns trennt, keine Scheidewand zwischen uns sein werde in den religiösen Bestrebungen, die wir bis jetzt gemeinschaftlich unternommen haben, und bald zum segensreichen Ziele führen werden. 
Möge er in Würzburg die Liebe und Achtung finden, die er unter uns besitzt, seine Aufnahme dort so herzlich sein, wie sein Abschied von hier und sein Wirken immer allgemeiner und segensreicher sich enthalten! Im Namen der Freunde im Neckartale, im Taubergrunde und am Donaustrome. S. Levy in Stuttgart."

  

  
Nachruf auf den tödlich verunglückten Lehrer Sally Ottensoser (seit 1903 Lehrer in Markelsheim, später auch Weikersheim und Edelfingen, gest. 1927)  

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Oktober 1927:"Edelfingen. Am 10.Oktober ist in der Nähe von Markelsheim Lehrer und Amtsverweser S. Ottensoser durch einen Unfall auf dem Motorrad an der Edelfingerstr. tödlich verunglückt. Die württembergische Religionsgemeinschaft verliert mit ihm einen ihrer besten und treuesten Beamten. Der so jäh aus dem Leben Gerissene war am 22. Januar 1883 in Burgpreppach geboren. Nachdem er die Präparandie in seinem Heimatorte und das jüdische Lehrerseminar in Würzburg absolviert, trat er im Juli 1902 sein Lehramt in Neustadt a.d. Saale an. Schon im Jahre darauf kam er als Amtsverweser und Vorsänger nach Markelsheim und hierauf 1906 nach Nordstetten. Von 1907 an war er wieder in Markelsheim tätig, bis er 1927 von der israelitischen Gemeinde in Edelfingen als Vorsänger angestellt wurde. Seine Bestattung fand am Mittwoch unter sehr großer ehrender Beteiligung in Edelfingen statt."      
 
Edelfingen Israelit 27091928.jpg (438041 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928: "Auf dem Wege der Pflicht in den Tod gefahren. Ein Nachruf. Es sind rund zwei Jahre her, ich verbrachte meine Ferien in Mergentheim und lernte den Mann kennen, den ich zunächst als Muster eines Vielbeschäftigten und Pflichteifrigen bewunderte, dann aber auch als Menschen und Juden erkannte, sodass ich ihn achten und lieben lernte. 
Sally Ottensooser hieß der Unentbehrlich, Unvermeidliche, Überallgesehene. Wo sein beständiges Domizil, wo er eigentlich wohnte und sich aufhielt, war schwer zu sagen. Tagsüber sah man ihn in Mergentheim, wo er, zumal in der starb besuchten Sommersaison, die Schechita ausübte und einen Stab von jungen Schochtim heranbildete. Schon in aller Morgenfrühe kam er von Edelfingen, wo er ebenfalls Heim und Bett hatte, hergeradelt, 'porschte' und sah nach den Rechten in den jüdischen Hotels, um weiter nach Markelsheim zu sausen, wo in der Religionsschule die Kinder seiner harrten. War die Arbeit im Mergentheimer Schlachthof zu Ende, so ging es nachmittags noch nach Weikersheim, das Schlachtmesser in der Tasche, Fiebel und Hefte für die Schule an das Rad geschnallt, und abends blieb noch eine Stunde übrig, um in Gesellschaft von Einheimischen und Kurgästen im Hotel zu Mergentheim beim Glase zu sitzen. Seine Familie wohnte, wie ich glaube, in Markelsheim. Aber am Sabbat leitete er den Gottesdienst in Edelfingen. Ich werde diesen einfachen, schlichten Gottesdienst in der kleinen Landgemeinde mit ihrer Scheunensynagoge, wie sie dort in der Gegend üblich sind, nie vergessen. Der von alten biederen Dorfjuden gefüllte Raum, die alten Gesänge unter lebhafter Mitwirkung der ganzen Gemeinde, das deutsche 'En kealakenu', 'Keiner ist wie unser Gott!' und 'Wer ist wie unser Gott!' von Lehrer und Gemeinde im schönen, kräftigen Chor vorgetragen. Die einzige Konzession, die die Großväter der Kleingemeinde beim Eindruck der Reform in Württemberg gemacht hatten. Dann der Gang durch das Dorf bei goldener Sabbatvormittagssonne. Der Sabbat war im Orte, das konnte man sogar dem vollbeladenen Heuwagen und dem geruhig darauf schlafenden braunen Bauernjungen ansehen. Wie da die Leute, alte Frauen tief bedeckt, auf den Stühlen und Bänken vor den Häusern saßen, in Erwartung der Bohnensuppe und Sabbatkugel, die alle aus dem gemeinsamen Bäckerofen Glockenschlag elf kamen. Aber vorher gab es noch für die Männer und Jünglinge ein Schiurlernen. Und überall der 'Herr Lehrer', Herr Lehrer da und Herr Lehrer dort. Ein Blick in das kleine jüdische Hotel, unter dessen sehr niederem, aber ebenso gastlichem Dache wir etwas von der köstlichen Sabbatspeise, die im gemeinsamen Bäckerofen die Nacht hindurch von lieben, kochkundigen Engeln betreut wurde, kosteten. Dort sahen wir die hundertjährige Urgroßmutter (hoffentlich ist sie noch am Leben), wie sie den zweiten Teller mit jugendlicher Freude absolvierte. Mergentheimer Wasser hatte sie nie in ihrem Leben getrunken...
Am Sonntag schon in aller Frühe sprach ich wieder Herr Ottensoser in Mergentheim. Bis zur Mittagsstunde hatte er so und so viel geschächtet, so und so viele Stunden in den verschiedenen Filialgemeinden unterrichtet, Schochtimjünger instruiert, Aufsicht im Auftrage des Rabbinates in Hotels und Pensionen ausgeübt, und am späteren Nachmittag schritt er in Talar und Barett, bei strömendem Regen, hinter einer Bahre einem Leichenzuge voran, stundenlang, von irgendwo in einem Dorf im Gebiete einer seiner vielen Filialgemeinden kommend, irgendwohin nach einem Dorfe, wo sich ein alter verlassener jüdischer Friedhof befindet. Am Ausgangspunkt sprach er die Gebete, am Grabe hielt er eine Rede, so sogar recht gut war. Auf dem Rückwege schlachtete er noch Hühner und Gänse in Mergentheim. Dann radelte er nach Hause. Wohin? Nach Markelsheim, nach Weikersheim oder nach Edelfingen?  Er hatte überall sein Heim, er gehörte zur Landschaft; wie der Apfelbaum am Wege, wie der Sprudel aus dem Boden, wie Feld und Wiese. Kein Kind in der ganzen Gegend, das nicht respektvoll den Hut zog vor dem 'Herrn Lehrer', kein Bauer auf dem Felde, an dem er nicht mit einem 'Grüß Gott' und 'Wie steht's heuer mit dem Korn?' vorüberradelte.    
Ich frage: 'Mein Lieber, woher nehmen Sie Zeit und die Kraft, das alles zu bewältigen?' Er zeigte lachend auf das nicht mehr neue Rad. Man sei rasch dahin und dorthin, besonders, wenn es bergab geht... 'Aber', fügte er mit einem Seufzer der Sehnsucht hinzu, 'besser wäre ein Motorrad, es würde mich rascher und sicherer vom Flecke kommen, und ich könnte mehr leisten'. Es war dies zur Zeit sein höchster und sehnlichster Wunsch, das Motorrad. Der Motor in ihm drängte zur Tat und er bedurfte der besten technischen Hilfsmittel. 
Ein Jahr war verflossen. In der Fülle der Tagesarbeit ertranken die Erinnerungen und Eindrücke an die Württembergischen Idylle nacheinander. Da las ich, es war am Sukkausfeste des vorigen Jahres, in einer Tageszeitung eine dreizeilige Notiz unter 'Vermischtes': 'Gestern verunglückte ein Mann in den besten Jahren mit einem Motorrad auf der Straße von Mergentheim nach Weikersheim tödlich. Er stieß mit dem Motorrad an einem Baum. Es handelt sich um den jüdischen Lehrer Sally Ottensooser, der auf dem Wege zu einer Gemeinde war, um dort am Feiertag den Gottesdienst zu leiten.'  
Eine Träne der Wehmut und der Erinnerung hielt auf die drei Zeilen unter 'Vermischten Notizen' auf der letzten Seite. Damals überkam es mich: Ob nicht auch sonst jede Zeile dieser 'Vermischten Rubrik', für die Allgemeinheit so belanglos, ein Schicksal darstellt?! 
Ich gewann damals nicht die Kraft, dem Freunde ein Denkmal in Worten zu setzen. Nun ist ein Jahr verflossen, und das Versäumte sei kurz nachgeholt. Der altberühmten bayerischen Familie Ottensooser entstammend, wurde Sally Ottensooser schon früh für den Lehrerberuf bestimmt. 1902 verließ er mit Auszeichnung das Würzburger Lehrerseminar und nahm die Lehrerstelle in Markelsheim an. Es kam bald Weikersheim dazu, und als beide Gemeinden nicht mehr ausreichten, noch Edelfingen als dritte in der Mitte. Wohnte er Werktags mit Familie in Markelsheim, so stand seine Sabbatstube in Edelfingen, wo er den Gottesdienst mit Wort und Gesang leitete. Er galt als der beste Schochet und Schochtimbildner der ganzen Gegend. Eine große Anzahl von Schochtim in Süddeutschland sind aus seiner Schule hervorgegangen. Er sorgte zumeist auch für ihre Unterkunft. 
Mit dem Lulow (Feststrauß) in der Hand fuhr er am Rüsttage zum Laubhüttenfeste in den Tod. In Edelfingen schmückten die Kinder die Sukkoh (Laubhütte) mit Blumen und Ketten und harrten es Vaters. Er kam spät, auf der Tragbahre. Am zweiten Festtage wurde er still in die Gruft gesenkt. Der Mund, der an diesem Tage die Dankeslieder zu singen pflegte, war verstummt. Er zog, so wollte es eine unerforschliche Gotteswaltung, aus dem 'vorübergehenden Hause' des Lebens in die feste Wohnung ein.   
Am ersten Festtage. de, erstem Jahrzeitstage, wird der zweite Sohn in der Gemeinde des Vaters zum ersten Male als 'Sohn der Pflicht' (Bar Mizwa) zur Tora gerufen werden. 
Seine Gemeinden, aber nicht minder Schreiber dieses, werden eine stille Träne in den Kelch der Festesfreude fließen lassen, gewidmet dem Manne der Pflicht und Arbeit.    Schachnowitz."       
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. November 1928: 
Derselbe Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit" siehe oben   
Markelsheim GemZeitung Wue 01111928a.jpg (184888 Byte)


    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde     
Zum Tod von Jakob Adler (1891)  

Markelsheim Israelit 07101891.jpg (141112 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Oktober 1891: "Markelsheim in Württemberg. Am 3. August dieses Jahres vollendete Herr Jakob Adler, Kaufmann hier, sein irdisches Dasein im Alter von 73 Jahren. Mit ihm schied von uns das einflussreichste Mitglied unserer Gemeinde, ein Jehudi in des Wortes bester Bedeutung. Er hielt fest an den Satzungen der Väter und zeichnete sich aus durch Frömmigkeit, Friedliebe und Gastfreundschaft. Ein langwieriges, schweres Gichtleiden ertrug er mit Geduld und Ergebenheit in den Willen Gottes.  
Einen großen Teil seiner hinterlassenen, irdischen Güter verwendete er zu wohltätigen Zwecken, und bedachte dabei seine Heimatgemeinde in der freigiebigsten Weise. Außer dreitausend Mark, - welche seinem Seelenheil gewidmet sind für Abhalten von 30 Schiurim, das Brennen von Jahrzeitkerzen an seinem, und seiner vor einigen Jahren verstorbenen Gattin, Todestage, sowie eines ewigen Lichtes in hiesiger Synagoge, - bestimmte er zehntausend Mark teils zur Unterhaltung eines Religionslehrers in unserer kleinen Gemeinde, teils auch zur Heranbildung von armen Jünglingen und zur Ausstattung wohlgesitteter Jungfrauen, welche das 22. Lebensjahr zurückgelegt haben. Weitere Stiftungen erhielten: vierhundert Mark, das neu errichtete jüdische Spital in Würzburg, fünfhundert Mark die Lehrerpräparandenanstalt in Höchberg zu Stipendien für dürftige Zöglinge, zweihundert Mark das israelitische Waisenhaus in Fürth und hundertundfünfzig Mark die israelitische Wilhelmspflege in Esslingen
Möge der Verblichene die Früchte seiner edlen Gaben im Jenseits genießen! Wir werden ihm ein gesegnetes Andenken bewahren!" 

    
Über den Seesoldaten Bernhard Strauß aus Markelsheim (1904) 
Anmerkung: Bernhard Strauß war ein am 18. Dezember 1882 geborener Sohn von Moses Strauß (geb. 12. April 1843) und seiner Frau Sofie geb. Adler (geb. 2. August 1845, siehe unten zum 80./84. Geburtstag). Er hatte neun Geschwister: Mathilde (1868), Rosalie (1870), David (1871), Regina (1873), Julius (1875), Jonas (1876), Hermann (1878, gefallen 1915), Adolf (1880-1884), Adolf (1880), Bernhard (1882) und Ricka (1884). David und Julius sind in der NS-Zeit umgekommen.     

Markelsheim AZJ 19021841.jpg (20360 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Februar 1904: "Von Markelsheim hat sich ein jüdischer Seesoldat des II. Seebataillons in Wilhelmshaven, Bernhard Strauß, freiwillig der militärischen Expedition gegen die Hereros angeschlossen."    

 
Zum Tod von Hermann Strauß (1925)  
Anmerkung: Hermann Strauß war ein am 19.Juni 1879 geborener Sohn von Veis Strauß (geb. 16. Juli 1847) und seiner Frau Babette geb. Klein (geb. 7. Februar 1849). Er hatte neun Geschwister: Julius (1876-1877), Zilly (1878), David (1880-1880), Sigmund (1882), Mathilde (1884), Adolf (1886), Mina (1888), Hannchen (1890) und Julius (1898). Mathilde und Sigmund sind in der NS-Zeit umgekommen.   

Markelsheim Israelit 28051925.jpg (86088 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1925: "Markelsheim bei Mergentheim, 20. Mai (1925). In tiefe Trauer wurde unsere kleine Gemeinde versetzt durch den Heimgang ihres allseits beliebten und angesehenen Gemeindemitgliedes Hermann Strauß, welcher nach nur zweitätigem Krankenlager einem tückischen Leiden erlag. Im ganzen Orte herrschte Trauer und Bestürzung, denn der erst 46-jährige Mann erfreute sich infolge seiner frommen Denkungsart, seiner Humanität, und besonders ob seiner peinlichsten Gewissenhaftigkeit und Reellität allgemeiner Hochachtung und Wertschätzung. Vor dem Trauerhause schilderte Herr Lehrer Ottensoser in ergreifenden Worten den schweren Verlust, welchen sowohl die Familie als auch die ganze Gemeinde durch den Tod dieses Ehrenmannes erlitten hat, und richtige herzliche Worte des Trostes an die schwer geprüfte, betagte Mutter, und an die tief trauernden Geschwister, deren Leben nach dem Worte des Psalmisten 'Siehe, wie schön und wie lieblich ist es, wenn Brüder zusammenwohnen (Psalm 133,1) sich in harmonischer Weise vollzog. Möge Gott den Hinterbliebenen baldigen Trost senden."    

   
80./84. Geburtstag von Sofie Strauß (1925/1929) 
Anmerkung: Sofie Strauß geb. Adler ist am 2. August 1845 in Edelfingen geboren als Tochter von Samuel Adler und der Ricke geb. Stern. Am 10. Dezember 1867 heiratete sie in Edelfingen Moses Strauß aus Markelsheim (geb. 12. April 1843 in Edelfingen als Sohn von Julius Strauß und der Mina geb. Astheimer). Kinder siehe oben.   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Markelsheim (Württemberg), 26. Juli (1925). Frau Sofie Strauß von hier, die Witwe des langjährigen Kirchenvorstehers Moses Strauß - er ruhe in Frieden - begeht am Sonntag, den 2. August, in völliger geistiger und körperlicher Frische ihren achtzigsten Geburtstag. Wir wünschen der Jubilarin ein gesegnetes, frohes Greisenalte. (Alles Gute) bis 100 Jahre."   
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. August 1929: "Markelsheim. Unsere Mitbürgerin Frau Sophie Strauß Witwe, feierte am 2. August bei bester Gesundheit ihren 84. Geburtstag. Mögen der würdigen Jubilarin noch viele glückliche Jahre beschieden sein!"     

  
Zum Tod von Laura Wolfsheimer geb. Friedsam (1925) 
Anmerkung: Laura Wolfsheimer geb. Friedsam ist am 25. Juli 1887 geboren als Tochter von Salomon Friedsam und seiner Frau Lina. Sie war verheiratet mit Max (Mordechai) Wolfheimer. Ihr Kinder waren John H. Wolfsheimer und Liselotte Stern geb. Wolfsheimer. Sie starb am 27. August 1925. Laura Wolfsheimer wurde am 27. August 1925 im jüdischen Friedhof in Weikersheim beigesetzt: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-2421606  und https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/H6WVBRWX2BLAOYBNUPPYEQOVRRUPUQBB 
Quelle zur Genealogie:  http://www.geni.com/people/Laura-Wolfsheimer/6000000031719980139  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1925: "Markelsheim 30. August (1925). Allgemeine tiefe Trauer löste im hiesigen Städtchen und weit darüber hinaus die schmerzliche Nachricht aus, dass Frau Laura Wolfsheimer geb. Friedsam nach nur 6-jähriger glücklicher Ehe einer schweren Erkrankung erlegen ist. Wer, wie Schreiber dieses, das Glück gehabt hatte, die seltene Herzensgüte und die anmutigen Charaktereigenschaften dieser Frau kennen zu lernen, wird den tiefen Schmerz ermessen können, der sich der hiesigen Gemeinde ermächtigt hat. Mildtätigkeit war ihr Pflicht und Lebensbedürfnis; kein Wunder, wenn ihr gastliches Haus der Zielpunkt für so manches beklommene Herz war; fand es doch bei ihr stets eine offene Hand und ein freundliches Wort. Demgemäss sie sich auch einer wirklich großen Beliebtheit und Hochachtung bei jedermann (erfreute), von welcher das überaus zahlreiche Trauergeleite ein glänzendes Zeugnis abgelegt hat. In schmerzbewegten Worten schilderte Herr Lehrer Ottensooser am Trauerhause, wie durch den plötzlichen Tod der treuen Verblichenen ein inniges Familienleben jäh zerstört wurde, sprach dem tief gebeugten Gatten sowie den trauernden Geschwistern wirklichen Trost zu. Möge es ihnen allen ein Trost sein, dass ihr Andenken weiter lebt in den Herzen vieler. Ihre Seele sei eingebunden in den Mund des Lebens."    

    
70. Geburtstag von Amalie (Malchen) Adler geb. Weikersheimer sowie 75. Geburtstag des ehrenamtlichen Vorbeters Aron Adler (1932)    
Anmerkung: zur Person siehe nächster Artikel.   

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. März 1932: "Markelsheim. Frau Malchen Adler geb. Weikersheimer und konnte am 8. März in beglückender körperlicher und geistiger Rüstigkeit ihren 70. Geburtstag feiern, beglückwünscht und geehrt von allen, welche die tief religiöse und schlichte Frau kennen. Ihr Gatte, Aron Adler, vollendet nun am 28. März seinen 75. Lebensjahr. Seit 46 Jahren ist er mit der Jubilarin, die den Ehrentitel einer esches chajil (= "wackere Frau" im Sinne von Sprüche 31) verdient, in glücklichster Ehe verbunden. 
Trotz seines hohen Alters geht der Jubilar noch Tag für Tag seinem Geschäft nach. Durch sein lauteres Wesen hat er sich bei der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung hohe Beliebtheit und Wertschätzung erworben. Seit vielen Jahren lauscht die kleine Gemeinde andächtig, wenn Aron Adler an den hohen Festtagen die altehrwürdigen Gesänge anstimmt. Im Kreise seiner Kinder und Kindeskinder darf das würdige Ehepaar vom alten jüdischen Schlag nun auf ein langes, gesegnetes Leben zurückblicken. Möge sein Lebensabend auch weiterhin ein begnadeter sein!"       

    
Goldene Hochzeit von Aron Adler und Amalie geb. Weikersheimer (1935) sowie Todesanzeige für Amalie Adler geb. Weikersheimer (1944 USA)       
Anmerkung: Aron Adler ist am 28. März 1857 in Markelsheim geboren als Sohn von Jakob Adler und der Frummet geb. Thalheimer. Er war seit 13. Oktober 1885 verheiratet mit Malchen geb. Weikersheimer, eine am 8. März 1862 in Gaukönigshofen geborene Tochter von Jeremias Weikersheimer und der Lea geb. Pfeifer. Die beiden hatten neun Kinder, von denen vier früh verstorben sind: Emil Isak (1886-1889), Ferdinand (1887, gefallen 5. April 1917), Fanny (1889-1892), Max (1891-1892), Lea (1893), Klotilde (1895), Jakob (1897, verh. 1926), Alfred (1898), David (1900-1900). Aron Adler starb am 17. März 1938. Amalie Adler ist 1941 in die USA emigriert und dort 1944 gestorben.    
Quellen: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/VHG4YS5BUMAMURAG2Z7NYAAYVZLMQQSB   

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Oktober 1935: "Markelsheim. Am 13. Oktober dürfen Aron Adler und seine Frau Amalie geb. Weikersheimer in körperlicher und geistiger Rüstigkeit ihre Goldene Hochzeit feiern. Der Jubilar steht im 78., die Jubilarin im 73. Lebensjahre. Die Eheleute Adler erfreuen sich weit über ihre Gemeinde hinaus größter Wertschätzung. Frau Adler ist eine tief religiöse, schlichte Frau, die ihr Leben lang unermüdlich an der Seite ihres Gatten in echter jüdischer Hausfrauentugend gewirkt hat. Der Jubilar, der trotz seines hohen Alters noch Tag für Tag seinem Geschäft nachgeht, hat sich um die Gemeinde besonders große Verdienste erworben. Viele Jahre lauschten die Gemeindemitglieder andächtig, wenn Aron Adler an den hohen Festtagen unsere altehrwürdigen Gesänge anstimmte. So darf das Jubelpaar im Kreise seiner Kinder und Kindeskinder am Tage seiner goldenen Hochzeit auf ein langes glückliches Zusammenleben zurückblicken, auf einen Ehebund, der durch treue, religiöse Pflichterfüllung ausgezeichnet und gesegnet ist. Möge es den Eheleuten Adler vergönnt sein, noch viele frohe und gesunde Jahre zusammen zu verleben!"       
 
Markelsheim Aufbau Amalie Adler.jpg (72277 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 4. Februar 1944: "Am Mittwoch, den 26. Januar, verschied ganz plötzlich und unerwartet infolge eines Herzschlags, im Alter von nahezu 82 Jahren, unsere innigstgeliebte Mutter, Großmutter, Schwester und Tante 
Frau Amalie Adler geb. Weikersheimer (früher Markelsheim). 
Ihr aufopferndes und arbeitsreiches Leben war ihrer Familie gewidmet. Sie wird im Geiste immer bei uns bleiben. 
Die trauernden Hinterbliebenen: Jac Adler und Frau Bella geb. Hirschel, 2801 Sacramento St., San Francisco, Calif. 
Fred Adler und Frau Frieda geb. Katz, 620 W 171 St., New York  
Sigmund Levi und Frau Lea geb. Adler, 2754 Grand Concourse, New York  
Tilde Löwenthal geb. Adler 651 W 171 St., New York  
Moritz Weikersheimer, Aufenthalt unbekannt  
Max Weiker und Frau Martha geb. Metzger, Denver, Colorado. 
Erwin Levi - Fritz Loewenthal und Hans Adler: Enkelkinder"   

    
    
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben     
Ergebnis der Wahl zum Vorsteheramt (1930)         

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1930:  "Markelsheim. Bei der am 8. Juni vorgenommenen Wahl zum Vorsteheramt wurde David Strauß zum Vorsitzenden und S. Hartheimer zu seinem Stellvertreter gewählt."         

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Verlobungsanzeige von Sara Kahn und Ludwig Adler (1936)
        

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. September 1936:  
"Gott sei gepriesen.  
Sara Kahn - Ludwig Adler. Verlobte.  
Bad Mergentheim / Baisingen  -  Markelsheim bei Bad Mergentheim".       

     
     
     
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge      
      
Ein Betsaal war in einem der jüdischen Häuser bereits 1654 vorhanden. Im März dieses Jahres wurden vermutlich in diesem Haus die Fenster eingeworfen. Die Mergentheimer Deutschordensregierung veranlasste eine Untersuchung des Falles. Möglicherweise handelte es sich bei dem Gebäude um das Haus des Manasse und seines Sohnes Moyses. Diese hatten (nacheinander) im Auftrag der Deutschordensregierung die hohe Stellung eines Obervorgängers (Obervorstehers) der Ordensschutzjuden an der Tauber und am Neckar inne.  
       
Seit Anfang des 18. Jahrhunderts wurden auf Grund der zu geringen Zahl jüdischer Einwohner längere Zeit keine Gottesdienst mehr in Markelsheim gefeiert. Man besuchte die Gottesdienste in Igersheim. Ende März 1756 beklagte sich jedoch der Markelsheimer Pfarrer Johann Adam Anton Schreiber beim Amtmann von Neuhaus, dass der "Jud Kusel von Markelsheim [...] in seinem Boden eine neue Synagog" aufgerichtet habe. Die Markelsheimer Juden planten, hierin gemeinsam mit den Juden aus Elpersheim und anderen Orten die Gottesdienste beim bevorstehenden Passahfest zu feiern. Die Regierung untersagte die Gottesdienste, obgleich die Judenschaft darauf hinweisen konnte, dass ihr in früheren Schutzbriefen eine "Judenschul" in Markelsheim gestattet war. 
    
Nachdem die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunahm, entschloss sich die Gemeinde 1825, eine Synagoge zu bauen. Im Oktober dieses Jahres wurde ein Haus gekauft, um dieses zu einer Synagoge in Verbindung mit einem rituellen Bad umzubauen. Das Oberamt erteilte 1827 die Baugenehmigung; im folgenden Jahr konnten die Bauarbeiten abgeschlossen werden. Die Baukosten betrugen 3.600 Gulden, von denen 1832 noch 1.400 nicht bezahlt waren. Der Betsaal der Männer hatte eine Länge von 10,88 m, eine Breite von 7,73 m und eine Höhe von 5,15 m. Es waren Plätze für 68 Männer vorhanden. Eine Galerie für die Frauen war auf halber Höhe an drei Seiten eingebaut. Sie hatte 37 abgeteilte Frauenstände, doch konnten insgesamt etwa 50 Frauen Platz finden.  
   
Nachdem 1832 die Juden von Markelsheim und Igersheim zu einer Gemeinde vereint wurden, begann ein längerer Streit um die Frage nach dem Hauptort. Auf Grund der vorhandenen Synagogen sprach zunächst alles für die Markelsheimer Synagoge. Jedoch setzte sich im 19. Jahrhundert insgesamt Igersheim durch. 1843 wurde in der Synagoge wieder einmal die Scheiben eingeworfen. Ob der Fall näher untersucht wurde, ist nicht bekannt. 1870 bildeten die jüdischen Einwohner von Markelsheim und Igersheim eine gemeinsame Gemeinde, die bis in die 1930er-Jahre Bestand hatte. Seit 1900 kamen die Igersheimer Juden nach Markelsheim in die Synagoge.  
       
1938 blieb das Gebäude unversehrt und wurde 1954 zu einem Wohnhaus umgebaut (Standort: Kirchgängle 7). Im Kellerboden des Hauses wurde beim Umbau eine Bodenplatte mit Stern aus dem ehemaligen Betsaal eingesetzt. 
     
     
     

Fotos 
Historisches Foto 
(Quelle: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932. S. 98)     

Markelsheim Synagoge 001.jpg (82132 Byte)

Die Synagoge in Markelsheim


Fotos nach 1945/Gegenwart: 

Fotos um 1983/87:
(Fotos: Hahn)
Markelsheim Synagoge 101.jpg (106932 Byte) Markelsheim Synagoge 102.jpg (75630 Byte)
   Das ehemalige Synagogengebäude 
dient als Wohnhaus
Blick auf das Gebäude 
von der Straßenseite
     
  Markelsheim Synagoge 100.jpg (37505 Byte) Markelsheim Synagoge 103.jpg (58631 Byte)
  Stern im Keller der ehemaligen 
Synagoge, ursprünglich im Betsaal  
Eine der letzten Erinnerungen an 
die jüdische Geschichte war eine 
alte Palästina-Schulkarte  
  
  neuere Fotos werden noch ergänzt    
        
       
Gefallenendenkmal der 
Gemeinde Markelsheim 
(Fotos: Christoph Dittel)   
Markelsheim Gefallenendenkmal WWI 001.jpg (134095 Byte) Markelsheim Gefallenendenkmal WWI 002.jpg (326972 Byte)
 Markelsheim AK Denkmal.jpg (8753 Byte)  Das Gefallenendenkmal der Gemeinde Markelsheim - Namenstafel der Gefallenen, darunter der Name der jüdischen Gefallenen Nathan Strauß und Ferdinand Adler. Das ursprüngliche Denkmal an der Pfarrkirche St. Kilian (1972 abgebrochen, siehe kleine Abbildung links) wurde durch den Mergentheimer Bildhauer Peter Feile (1866-1927) und den Würzburger Bildhauer Josef Feile (1863-1932) erstellt und 1921/22 eingeweiht. Nach dem Abbruch der Pfarrkirche blieben nur die Soldatenfiguren und die Namenstafel erhalten, die in eine neue Anlage einbezogen wurden.  
      

   
    

Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Stadt Bad Mergentheim  
bulletWebsite des Stadtteils Markelsheim   
bulletÜbersicht über die in den "Central Archives for the History of the Jewish People" (CAHJP) in Jerusalem vorhandenen Archivalien der jüdischen Gemeinde Markelsheim: pdf-Datei   

Quellen:     

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Markelsheim 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Markelsheim sind nur vorhanden:    
J 386 Bü. 375 Markelsheim Trauungs-Dokumente 1858-1870   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445983 
J 386 Bü. 376 Markelsheim Familienbuch 1834-1907 Sterberegister 1900-1901 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445984    

Literatur:  

bulletPaul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S. 124-125. 
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 109-110.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.   

  
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Markelsheim  Wuerttemberg. In the 17th century maintained a small community, which was attached to neighboring Igersheim in 1832 and never grew to much more than 50. Twenty Jews remained in 1933 (total 1,199). On Kristallnacht (9-10 November 1938), a Jewish apartment was destroyed and Jews were taken to the Dachau concentration camp for a few weeks. Most emigrated by 1941; five were deported to the Theresienstadt ghetto in August 1942 along with three from Igersheim.
    
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020