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Dieburg
(Kreis Darmstadt -
Dieburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Dieburg, das von ca. 1300 bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum Erzstift Mainz
gehörte, lebten Juden bereits im Mittelalter. Erstmals sind sie in der ersten
Hälfte des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Gemeinsam mit den Juden in Aschaffenburg
und Seligenstadt
zahlten sie ihre Steuern an den Erzbischof von Mainz. An Einzelpersonen wird der
Jude Vivis (= Fivelin), Sohn Heydorns aus Dieburg genannt, der 1328 in Frankfurt
aufgenommen wurde. Sein Schwiegersohn Samuel lebte vermutlich auch in Frankfurt.
1346-48 werden Bela (Belta) und Gumpert von Dieburg genannt. Durch die
Judenverfolgung während der Pestzeit 1348/49 wurde auch in Dieburg jüdisches
Leben ausgelöscht.
Nach der Pestzeitverfolgung wird erstmals 1369 wieder ein Jude in
Dieburg genannt. Seitdem lebten vermutlich ununterbrochen bis 1452 Juden in der
Stadt. 1401 und 1429 dürften es sieben bis zehn Familien gewesen sein, sodass
es zur Bildung einer Gemeinde mit einen Einrichtungen kommen konnte. Im 15.
Jahrhundert erscheinen in Frankfurt, Babenhausen,
Heidelberg,
Bingen, Pfeddersheim,
Worms und
einigen anderen Orten Juden, die aus Dieburg zugezogen waren. Eine "Judengasse"
wird erstmals 1376 genannt (1451 platea iudaeorium). Diese lag zwischen dem
Steinweg (Hauptachse der Stadt) und der östlichen Stadtmauer (heute Teil der
Klosterstraße innerhalb der Altstadt). Hier wohnten jedoch auch christliche
Familien. 1514 erhielten Juden die Erlaubnis, auch außerhalb der Judengasse zu
wohnen. Die jüdischen Familien lebten großenteils vom Geldverleih. Oberhaupt
der Gemeinde war ein vom Erzbischof eingesetzter "Judenmeister". 1429
wurden die Juden des Oberstifts gefangen genommen und ihre Güter beschlagnahmt.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in Dieburg auf das 17./18.
Jahrhundert zurück. Um 1800 war die Zahl der jüdischen Einwohner noch
klein (1802: 36 Personen, um danach schnell anzusteigen (1828: 107 Personen,
d.h. 3,6 % der Gesamteinwohnerschaft) und von etwa 1850 bis ins 20. Jahrhundert
hinein insgesamt stabil zu bleiben (1849: 139, 1880: 169, 1900 und 1905: 133).
Die jüdischen Familien lebten bis ins 19. Jahrhundert hinein vom Handel mit
Vieh und Waren aller Art. Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die jüdischen
Haushaltsvorstände Inhaber von zahlreichen für das wirtschaftliche Leben der
Stadt wichtigen Handels- und Gewerbebetrieben.
Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (s.u.), ein
rituelles Bad (im Gebäude der Synagoge), eine Religionsschule und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle
unten). Als Lehrer werden genannt: Mordechai Kunreuther (1847 bis 1879, gest.
1882), Rosenberg (1879 bis 1882), David Kaufmann (1882 bis nach 1932, gestorben
1935 s.u.), Joseph Zucker (nach 1930).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Josef Bender
(geb. 13.4.1884 in Seligenstadt, vor 1914 in Dieburg wohnhaft, gef. 6.8.1916),
Oberjäger Abraham Kahn (geb. 6.4.1886 in Hergershausen, vor 1914 in Dieburg
wohnhaft, gef. 10.10.1914) und Gefreiter Leopold Lorch (geb. 5.1.1886, gef.
3.10.1918). Außerdem fiel Jakob Heinrich Heil (geb. 23.1.1878 in Dieburg,
vor 1914 in Saarbrücken wohnhaft, gef. 24.6.1915).
Um 1925, als 169 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (2,6 % von
ca. 6.500 Einwohnern), gehörten dem Gemeindevorstand an: Abraham Loeb, Max Baer
und Jakob Fuchs. Als Lehrer, Kantor und Schochet war David Kaufmann tätig. An jüdischen
Vereinen gab es eine Männerchewra (Israelitischer Männerverein,
gegründet 1873; Ziele: Krankenwache, Unterstützung Hilfsbedürftiger) und eine
Frauenchewra (Israelitischer Frauenverein, gegründet 1873, Ziele:
Krankenwache, Unterstützung Hilfsbedürftiger; 56 Jahre war Frau Henriette Loeb
Vorsteherin, siehe Berichte zu deren 80. Geburtstag unten) sowie eine Ortsgruppe
des Centralvereins. Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Rabbinat Darmstadt
II. 1932 wurden 271 Gemeindeglieder gezählt (von insgesamt ca. 6.600
Einwohnern). Gemeindevorsteher waren inzwischen Max Bär, M. Hain und S. Lorch.
Als Lehrer wird weiterhin David Kaufmann genannt, als Kantor, Lehrer und
Schochet Joseph Zucker. Damals gab es 16 schulpflichtige jüdische Kinder, denen
der Lehrer Religionsunterricht erteilte.
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 159
Personen) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden
Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1937
lebten noch 65 jüdische Personen in der Stadt, darunter acht Kinder. Über die
Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 gegen die Synagoge s.u.. Noch während
der Pogromnacht und dem darauffolgenden Tag (10. November) wurden in der Stadt
durch SA-Leute und weitere Nationalsozialisten zahlreiche jüdische Wohnungen überfallen
und geplündert, jüdische Einwohner misshandelt und neun jüdische Männer
verhaftet und für einige Wochen in das KZ Buchenwald verschleppt: Julius
Freudenreich, Siegfried Lorch, Ludwig Katz, Siegbert Lorch, Max Krämer, Julius
Strauss, Simon Lorch II, Samuel Lorch und Simon Lorch III. Letzterer wurde im KZ
Buchenwald am 19. November 1938 im Alter von 57 Jahren ermordet. Bis Mai 1939
war die Zahl jüdischer Einwohner auf 29 zurückgegangen. Die letzten 14 wurden
1942 aus Dieburg in die Vernichtungslager deportiert.
Von den in Dieburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julius Adler (1883),
Betty Altheimer (1867), Johanna Altheimer geb. Mayer (1891), Jettchen Arnsberg
geb. Westheimer (1877), Julius Baer (1918), Rosa (Rosalie) Bär geb. Kahn
(1888), Ricka Bender geb. Grünebaum (1887), Martha Birnbaum geb. Loeb (1892),
Albert Blum (1917), Johanna Blum geb. Heil (ca. 1880), Moritz Blum (1864), Toni
Blum (1909), Zacharias Frohmann (1873), Heinrich Goldschmidt (1863), Isaak Heil
(geb. ?), Babette Kahn geb. Neustädter (1889), Bertha Kahn geb. Strauss (1892),
David Kahn (1883), Jakob Kahn (1922), Johanna Kahn geb. Lorch (1897), Lotte Kahn
(1928), Arthur Katz (1901), Hermann Katz (1876), Ludwig Katz (1902), Sara Katz
geb. Liebmann (1874), Josef Kaufmann (1885), Berta Keller geb. Fuchs (1906), Max
Krämer (1873), Rudolf Krämer (1898), Adolf Lehmann (1878), Julie Lehmann geb.
Karlebach (1883), Mathilde Löwenstein (1875), Ida Lorch geb. Wolf (1884), Ilse
Lorch (1919), Lina Lili Lorch (1908), Mathilde Lorch (1892), Max Lorch (1883),
Meta Lorch geb. Amram (1902), Recha Lorch geb. Wartenberg (), Rosa Lorch geb.
Simon (1876), Selma Lorch (1906), Sigrid Lorch (1923), Siegfried Lorch (1896),
Simon Lorch (1875), Simon Lorch (1881), Beate Marx geb. Lehmann (1891),
Henriette Mayer geb. Lehmann (1874), Erna Morgenstern (1908), Isaak Morgenstern
(1874), Cäcilia (Cilly) Morgenstern geb. Friedmann (1881), Lina Rothschild geb.
Lorch (1884), Minna Rothschild geb. Kaufmann (1885), Else (Elsa) Stein geb.
Siegel (1901), Frieda Vogel geb. Schiff (1885), Regina Wiesenfelder geb. Löb
(1878), Selig Wiesenfelder (1877).
Zum Gedenken an die jüdische Gemeinde besteht seit Oktober 2016 ein Gedenkstein
vor dem Landratsamt (siehe Bericht unten).
Da die Stadtverwaltung Dieburg die Verlegung von "Stolpersteinen"
ablehnt, konnten bislang nur drei "Stolpersteine" auf privatem Grund
verlegt werden für Angehörige der Familie Lorch vor dem Haus Frankfurter
Straße 15: für Max Lorch, Ida Lorch geb. Wolf und Sigrid Lorch (siehe Bericht
unten).
Nach 1945: Über das große Lager mit jüdischen "Displaced Persons" in
Dieburg (1946-1950) siehe Beitrag von Holger Köhn. Zweierlei Raum,
zweierlei Wirkung - Displaced Persons-Lager in Babenhausen und Dieburg
1946-1950. Magisterarbeit TU Darmstadt.
Online lesbar.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorbeters /
Schächters 1878 / 1927
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1878: "Die Stelle eines
Religionslehrers für die hiesige Gemeinde ist mit einem jährlichen
Gehalt vom 900 bis 1.000 Mark samt Nebenverdienste zu besetzen. (Russen
und Polen werden nicht berücksichtigt.). Dieburg, 12. Mai 1878. Der
Vorstand: Joseph Lorch, Abraham Heil, H. Goldschmidt." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November 1927:
"Ausschreiben. Wir suchen eine tüchtige Kraft als Lehrer, Vorbeter
und Schochet. Das Einkommen regelt sich nach zuständiger Gehaltsgruppe.
Gesetzestreue Bewerber belieben ihre Mitteilung unter Beifügung von
Zeugnissen usw. dem Unterzeichneten einsenden zu wollen. Die Gemeinde
besteht aus ca. 50 Familien. Die Stelle ist eine angenehme und
einträgliche, es wirkten hier seit 95 Jahren im Ganzen nur zwei Lehrer.
Dieburg [Hessen], 22. November 1928. Der Vorstand der Israelitischen
Religionsgemeinde Abraham Löb." |
Zum 25-jährigen Ortsjubiläums von Lehrer David Kaufmann
(1907)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1907: "Aus Hessen, 7.
April (1907). Vergangene Woche waren es 25 Jahre, dass Herr Lehrer
Kaufmann in Dieburg sein Amt daselbst angetreten hat. Aus diesem Anlass
veranstaltete die Gemeinde am 2. Tag von Pessach im Anschluss an den
Gottesdienst eine Feier, der der nach einigen hübschen Chorgesängen Herr
Abraham Löb dem Jubilar die Glückwünsche der Gemeinde aussprach. Der 2.
Vorsteher, Herr Bachrach, überreichte in Vertretung des erkrankten 1.
Vorstehers einen silbernen Pokal als Ehrengabe der Gemeinde. Auch der
Frauenverein und die Schulkinder erfreuten Herrn Kaufmann durch Geschenke.
Herr Schulrat Gunderloch sprach Herrn Kaufmann die Anerkennung der
Schulbehörde für seine fruchtbare Lehrtätigkeit aus. Tief bewegt dankte
derselbe für die ihm erwiesene Ehrung. Herr Rabbiner Dr. Marx, der wegen
der Feiertage nicht persönlich anwesend sein konnte, hatte seine Glückwünsche
brieflich übermittelt. Nach dem Gottesdienst erschien in der Wohnung des
Herrn Kaufmann eine Deputation des Stadtrats mit dem Herrn Bürgermeister
an der Spitze, um ebenfalls dem Jubilar herzlichst zu gratulieren. Möge
es Herrn Kaufmann vergönnt sein, auch das goldene Amtsjubiläum in
gleicher Frische und Rüstigkeit zu begehen." |
40-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Kaufmann (1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1922: "Dieburg,
26. März (1922). Am 1. April sind es 40 Jahre, dass Herr Kaufmann in
Dieburg seines Amtes waltet. Die Gemeinde rüstet sich, das Jubiläum des
allgemein geschätzten und beliebten Mannes gebührend zu feiern. Am
Sonntag, den 2. April, nachmittags 4 Uhr, findet ein Festakt in der
Synagoge statt, wozu Herr Landesrabbiner Dr. Marx sich einfinden wird und
eine zahlreiche Beteiligung von Nah und Fern zu erwarten ist. Wir werden
über den Verlauf der Feier näher berichten." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 30. März 1922: "Dieburg. Am 1. April sind es 40
Jahre, dass Lehrer Kaufmann in Dieburg seines Amtes waltet. Aus
diesem Grunde wird dem geschätzten und beliebten Manne Sonntag, den 2.
April, eine Ehrung zuteil, die in der Synagoge stattfindet und wozu der Landesrabbiner
Dr. Marx sein Erscheinen zugesagt hat. - Herr K. zählt zu jenen, die
stets für Emuno mit aller Kraft eintraten." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1922: "Dieburg,
4. April (1922). Am 1. April waren es 40 Jahre, dass Herr David Kaufmann
in Dieburg als Lehrer und Kantor seines Amtes waltet. Aus diesem Grunde
wurden dem allverehrten Manne Ehrungen in großer Zahl zuteil. Schon am
Freitag erschien der Gesamtvorstand der Gemeinde, um die von Freunden und
Schülern des Jubilars gestiftete Ehrengabe zu überreichen, wofür Herr
Kaufmann tief gerührt in herzlichen Worten dankte. Am Schabbat ließen es
sich die Gemeindemitglieder nicht nehmen, in edlem Wetteifer Mizwaus zu
erstehen und ihrem treuen Lehrer durch Mischeberach aufmerksam zu sein.
Herr Lehrer Möller aus Fulda -
Schwager des Jubilars - vertrat die Stelle
des Herrn Kaufmann und der erste Vorsteher, Herr A.M. Löb, hielt eine dem
Tag entsprechende, auf den Inhalt der Sidro sich stützende Ansprache, die
ihre Wirkung auch nicht verfehlte. Herr Landesrabbiner Dr. Marx war aus
dienstlichen Gründen verhindert, zu dem am Sonntag Nachmittag
stattgehabten Festakt zu erscheinen. Er ließ es sich aber nicht nehmen,
Sonntag in aller Frühe herüberzukommen und hielt am Schlusse des
Morgengebetes in bekannter Meisterschaft eine Rede, in der er seine
herzlichsten Glückwünsche zum Ausdruck brachte und ein getreues Bild des
musterhaften Lehrers entwerfend, bezeichnete er Herrn Kaufmann als Vorbild
für den jüdischen Lehrer, der dem ganzen Stande zur Ehre und Zierde
gereiche.
Am Sonntag Nachmittag 4 Uhr war der offizielle Festakt in der Synagoge,
die bis zum letzten Platz überfüllt war. Der Jubilar wurde bei seinem
Eintritt in das Gotteshaus, in dem plötzlich alle Lichter aufflammten und
das mit Blumen und Blattpflanzen reich geschmückt war, durch das von
Herrn Möller herrlich vorgetragene Boruch Habo begrüßt. Alsdann ergriff
der erste Vorsteher, Herr A.M. Löb, das Wort und schilderte in herzlichen
und zutreffenden Worten der Werdegang des Jubilars, sein Wirken als Lehrer
und freund jedes Einzelnen, in der Gemeinde und überbrachte die Grüße
der Gemeinde, Herrn Kaufmann einen sonnigen, glücklichen Lebensabend im
Kreise der Seinen wünschend. Hierauf überbrachte der Vertreter der
Schulbehörde, Herr Schulrat Gunderloch, die Glückwünsche der
vorgesetzten Behörde. Auch dieser Redner rühmte die vorbildliche
Pflichttreue, Wesen des Jubilars und seine wahrhaft herzlichen Worte
machten auf die Versammlung tiefen Eindruck. Im Namen der Stadt Dieburg
gratulierte Herr Beigeordneter Coy und betonte besonders, in welch' hohem
Ansehen Herr Kaufmann in allen Schichten der Bevölkerung sich erfreue.
Herr Oberlehrer Josef Kaufmann aus Frankfurt am Main überbrachte als
Neffe mit Ernst und Humor den Glückwunsch der Familie. Ein Solovortrag
des Herrn Möller, sowie ein Knaben-Chor schloss sich an, man verrichtete
dann das Minchogebet und ein von der Gemeinde gesungener Jisgadal
beschloss die würdig verlaufene Feier, die allen Teilnehmern noch lange
in Erinnerung bleiben wird, (Alles Gute) bis 120." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 20. April 1922: "Dieburg: Die Jubiläumsfeier des Lehrers
Kaufmann gestaltete sich zu einer eindrucksvollen Kundgebung. Freitag
überreichte der Vorstand der Gemeinde dem Jubilar eine Ehrengabe. Samstag
wurde der Gottesdienst von Lehrer Möller - Fulda,
dem Schwager des Jubilars, abgehalten. A. M. Loeb, der 1. Vorsteher, hielt
eine der Sidro sich anpassende Ansprache. Sonntag morgen hielt nach dem
Morgengebet Landesrabbiner Dr. Marx - Darmstadt eine
Ansprache.
Um 4 Uhr nachmittags fand in der überfüllten Synagoge der eigentliche
Festakt statt. Bei seinem Eintritt in das Gotteshaus wurde der Jubilar
durch Lehrer Möller mit einem Boruch habo begrüßt. A. M. Loeb
überbrachte sodann die Glückwünsche der Gemeinde. Schulrat
Gunderloch gratulierte im Namen der vorgesetzten Schulbehörde. Für
die Stadt Dieburg überbrachte Beigeordneter Coy deren Gratulation.
Er betonte und hob hervor, welch hohen Ansehens Herr Kaufmann sich in der
ganzen Stadt erfreue und wie sehr er geschätzt werde. Oberlehrer
Kaufmann - Frankfurt sprach als Neffe für die Familie des
Jubilars." |
Zum 70. Geburtstag des Lehrers David Kaufmann (1929)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1929: "Dieburg, 6.
Februar (1929). Die Feier des 70. Geburtstages des Herrn Lehrer Kaufmann
gestaltete sich zu einer Ovation, die den lebhaften Beweis erbrachte,
welcher großen Beliebtheit der alte Herr sich in allen Kreisen der Bevölkerung
erfreut. Schabbos Jethro
(Schabbat mit der Toralesung Jethro) war das Sefer
(Torarolle) hübsch geschmückt und die Gemeindemitglieder ließen alle
Herr Kaufmann Mischeberach
machen. Nach dem Einheben gratulierte in herzlichen Worten der Vorsteher
Abraham Loeb. Während des Tages ward die Wohnung der Herrn Kaufmann von
Gratulanten nicht leer. Während ein Wetteifer im Übersenden von
Geschenken schon Tage vorher eingesetzt hatte. Sonntagvormittag ward Herr
Kaufmann nebst Familie zu den Räumen des Cafes Goldschmidt geleitet, die
zur Feier des Tages besonders geschmückt waren. Dort empfing ihn beim
Eintritt ein von Herrn Möller - Fulda (Schwager des Gefeierten) wunderschön
vorgetragener Boruch habo. Marta Lorch – als Schülerin – sprach hierauf einen
von Herrn Loeb verfassten Prolog in ansprechender Weise, worauf Herr
Abraham Loeb im Namen der Gemeinde in einer zu Herzen gehenden, dabei mit
Humor durchsetzten Rede die Glückwünsche derselben zum Ausdruck brachte.
– Er überreichte die Hagada von Lehmann und eine von Schülerinnen, Schülern
und anderen Freunden gestiftete Summe.
Herr Kaufmann, sichtbarlich ergriffen, dankte in tief empfundenen Worten für
alle Liebe, die man ihm entgegengebracht habe. Lebhaften Beifall erntete
Herr Möller, dessen herrlich gesungenes Lied Zadik
katamar jifrach (der Gerechte sprosst wie eine Palme) die Feier
beschloss.
Viel Verwandte und Freunde versammelten sich nachmittags zu einem
Festessen in der Wohnung des Herrn Kaufmann; während dessen Verlauf der
hochwürdige Dekan Ebersmann erschien und in seinem und der katholischen Gemeinde
Namen Glückwünsche zum Ausdruck zu bringen; ebenso die
Vertreterinnen vom St. Rochus-Krankenhaus.
Die kulinarischen Genüsse, die geboten waren, machten Küche und Keller
des Hauses Kaufmann alle Ehre und allzu rasch verflossen die schönen
Stunden. Möge es Herrn Kaufmann vergönnt sein, sich eines zufriedenen
und glücklichen Lebensabends an der Seite seiner Gattin und im Kreise
seiner Familie zu erfreuen. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
|
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1929:
"Dieburg, 20. Januar (1929). Am 2. Februar Schabbat Jitro begeht
Herr
Lehrer Kaufmann, hier, seinen 70. Geburtstag. Dem allbeliebten Manne wird
es an Aufmerksamkeiten und Gratulationen gewiss nicht fehlen, die er während
seiner 46-jährigen Dienstzeit in reichem Maße verdiente
hat." |
|
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 15. Februar 1929: "Dieburg
(Hessen). (70. Geburtstag). Der seit 47 Jahren hier amtierende
Religionslehrer D. Kaufmann feierte kürzlich seinen 70. Geburtstag und
wurde von den Gemeindemitgliedern und anderen Freunden durch mancherlei
Aufmerksamkeiten geehrt". |
|
Zum Tod von Frau
Selma Kaufmann siehe Bericht unten (1932) |
75. Geburtstag von Lehrer David Kaufmann (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1934: "Dieburg,
30. Januar (1934). Herr Lehrer David Kaufmann feiert am kommenden Schabbat
seinen 75. Geburtstag. Wir wünschen dem verdienten Manne weiteren
heiteren Lebensabend im Dienste seines Gottes und seiner Gemeinde. (Alles
Gute) bis 120 Jahre." |
Zum Tod von Lehrer David Kaufmann (1935)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. April 1935:
"Unsere Gemeinde hat durch das Hinscheiden unseres allverehrten
Herrn Lehrer David Kaufmann
einen schmerzlichen Verlust erlitten. Wir trauern um einen wahrhaft
Frommen, einen gütigen Lehrer, einen lieben, väterlichen Freund, einen
jederzeit treuen und pflichtbewussten Beamten. das Andenken an seine
Person, sein Wirken wird immer in uns lebendig bleiben.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Dieburg.
Gedenkfeier: Sonntag, 5. Mai, nachmittags 4 Uhr, in der Synagoge zu
Dieburg." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Mai 1935: "Lehrer
David Kaufmann - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen. Dieburg, 6. Mai. Einen schweren Verlust erlitt die
Gemeinde Dieburg durch den Heimgang ihres Lehrers, der über fünfzig
Jahre ihr geistiger Führer war. Lehrer David Kaufmann verließ seine
Gemeinde zu Pessach, am 7. Nissan, da ihr infolge des Festmonats auch der
Trost der Träne versagt blieb. So kam die ganze Liebe, Verehrung und
Dankbarkeit der Gemeinde in der Gedenkfeier, die am Sonntag, den 5. Mai,
in der hiesigen Synagoge stattfand, zum spontanen und ergreifenden
Ausdruck.
Schon vor der festgesetzten Zeit war die feierlich beleuchtete Synagoge
oben und unten voll gefüllt von den Gemeindemitgliedern und vielen
auswärtigen Gästen. Nach dem feierlichen Minchohgebet ergriff der erste
Vorsitzende, Herr Lehmann, das Wort, um die Hauptphasen der
zweiundfünfzigjährigen Wirksamkeit des ehrwürdigen Lehrers und
Vorbeters von den ersten Kämpfen und Erfolgen bis zum stimmen Gruße, mit
dem ihn die Gemeinde am 9. Nissan zur letzten Ruhe hinausgeleitete, in
prägnanten Worten zu zeichnen.
Nachdem Herr Lehrer Zucker das Zadick KeTamar (der Gerechte, wie
eine Palme... nach Psalm 92,13) vorgetragen hatte, bestieg Herr
Rabbiner Dr. Merzbach, Darmstadt, die Kanzel, um in einer geistvollen
Gedenkrede den Menschen, den Jehudi und den treuen Beamten David Kaufmann
zu schildern. Ein wahrer Gerechter, wie eine Palme entfaltete er
seine ganze Kraft, um Schutz und Schatten und Früchte den Anderen, seinen
kleinen und großen Jüngern in der Gemeinde zu spenden, ohne für sich
etwas zu beanspruchen. Er war einer, der sich genau an die religiösen
Vorschriften hielt, dem alles im religiösen Pflichtenleben gleich wichtig
und heilig war. Er schritt mit seiner Frömmigkeit, seiner Toraliebe und
seiner Gastfreundschaft seiner Gemeinde beispielgebend voran und die von
ihm ausgestreuten Saaten werden reiche Früchte für die Gemeinde
tragen.
Herr Lehrer Zucker dankte in bewegten Worten für alle Belehrung und
Unterweisung und kollegiale Freundschaft, die er beim heimgegangenen
Vorgänger genossen hat. Darauf überbrachte Herr Lehrer Kahn, Höchst,
letzte Grüße des Bundes jüdischer Lehrer in Hessen und des Lehrerbundes
Chisuk Emuna (Befestigung des Glaubens).
Herr Hermann Seckbach entbot die warmen Grüße der Insassen des
Gumpertz'schen Siechenhauses in Frankfurt am Main, deren warmer Freund der
Heimgegangene war. Darauf ergriff Herr Studienrat Josef Kaufmann,
Frankfurt am Main, das Wort, um als Neffe im Namen der gesamten Familie
dem verewigten Dank für alle Liebe und Treue, die er für jedes Mitglied
der Familie hatte, zu sagen. Er werde in der Familie als Verkörperung und
Vorbild eines friedliebenden Menschen weiterleben.
Zum Schluss dankte noch Herr Heinz dem ehemaligen Lehrer im Namen auch der
früheren Schüler für alle seine liebevolle Arbeit, die junge Generation
in der Tora zu verwurzeln. Erst vor vierzehn Tagen habe sich hier eine
Aguda-Jugendgruppe gebildet, die im Sinne des heimgegangenen Lehrers zu
wirken und ihm so das sinnigste Denkmal zu erreichten gedenke.
Es war eine ergreifende Feierstunde, in der eine Gemeinde ihren verdienten
Führer gefeiert und neue Anregungen für das Gemeindeleben in der Zukunft
erhalten hat. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juni 1935 (leicht
abgekürzt zitiert): "David Kaufmann - er ruhe in Frieden.
Bei der am 2. Ijar (5. Mai 1935) in der Synagoge zu Dieburg veranstalteten
Trauerfeier sprach der Vorsitzende der 'Vereinigung gesetzestreuer Lehrer
Hessens' Herr Kahn, Höchst i.O. folgende Worte.
'In den weiten Kreis der Trauernden um den Heimgang des lieben
Verklärten, des langjährigen religiösen Führers der Gemeinde Dieburg,
des treuen Freundes und Kollegen tritt auch die 'Vereinigung
gesetzestreuer Lehrer Hessens' sowie der 'Bund gesetzestreuer Lehrer
Deutschlands', in deren Namen ich in tiefer Ergriffenheit dem
Heimgegangenen die letzten Abschiedsgrüße widme, den letzten Dank bringe
für alles, was er all denen, die ihm im Leben nahe gestanden, gewesen.
Was wir an einem Menschen besaßen, kommt uns erst voll zum Bewusstsein,
wenn wir ihn verloren haben. Und so empfinden wir erst heute den großen
Verlust, den das Scheiden David Kaufmanns für uns bedeutet, sehen wir
erst heute die ungeheure Lücke, die sein Weggang in unserem Lebensbau
hinterlassen. War doch seine Persönlichkeit eine seltene Vereinigung all
der hohen Lebenswerte, von denen einst die Schüler Rabbi Jochanans ben
Sakkai ihrem Meister kündeten; eine herzgewinnende, liebenswürdige Persönlichkeit,
die keinen Feind besaß. Ihm war jenes gute Auge zu eigen, das der
erste Schüler als erstrebenswerte Tugend bezeichnete, jenes gute Auge,
das ihn alle Dinge und Menschen im besten Lichte sehen ließ, eine
Eigenschaft, die ... es ihm ermöglichte, als ein Friedensliebender und
dem Frieden Nachstrebenden lange Jahre seiner Gemeinde in Frieden
zu dienen und sie in wahrer Menschenliebe aus der Mitte zur Tora zu
sein. Uns Lehrern aber ward er über den Kreis der Gemeinde hinaus ein guter
Freund, jene vom zweiten Schüler gerühmte Tugend, der von allen als
gerade, schlichter, echter, bescheidener und aufrichtiger Freund und
vorbildlicher Kollege geliebt, geschätzt und verehrt wurde. Bis zu seinem
höchsten Lebensalter ein eifriger Besucher aller Konferenzen, an denen er
regen Anteil nahm, gedenken wir mit besonderer Genugtuung, verbunden mit Wehmut
der letzten Tagung des Vereins und Bundes, zu der er sich, schon zitternd
und altersschwach, noch führen ließ, um nur wieder einige Stunden im
kreise der Kollegen weilen zu können. Uns Kollegen aus der näheren
Umgebung Dieburgs aber war ein ein guter Nachbar, der sich herzlich
freuen konnte, wenn Kollegen in seinem stets gastfreundlichen Hause
einkehrten, um Stunden froher Geselligkeit mit ihm zu verbringen, ... auch
um Worte der Tora mit ihm zu besprechen. Dort konnten wir
feststellen, dass er auch jemand war, der in kluger Voraussicht keine
Handlung, sei es in dienstlicher, kollegialer oder menschlicher Hinsicht
unternahm, ohne sich deren Auswirkungen vorher gründlich überlegt zu
haben, um ja seinem Gottes, seinen Kollegen, seiner Gemeinde und der
Menschheit im allgemeinen keinen vermeidbaren Schmerz zu bereiten. Und so
vollendet sich sein Lebensbild in dem großen, gütigen liebevollen
Herzen, dem guten Herzen, dem Herzen voll Menschenliebe, das er sein Eigen
nennen konnte. So leuchtet sein Bild ... wie ein heller Stern vor uns auf
und so soll es weiter leuchten und uns leiten für uns für, bis auch wir
den Weg zu Ewigkeit gehen, den er durch sein Verdienst uns ebnete. Amen." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
50-jähriges Jubiläum der Frauen- und Männer-Chevro
(1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1922:
"Dieburg, 3. September (1922). Vor wenigen Wochen waren es 50 Jahre,
dass Frauen- und Männer-Chevro hier gegründet wurden. - Der Gedenktag
wurde in einfacher und würdiger Weise begangen. Die Chevro fastete am Vortag
zum 1. Elul, ging zum Jom Kippur Katan und am darauffolgenden
Sonntag vereinigten sich beide Chevros mit noch anderen
Gemeindemitgliedern und Gästen im 'Weißen Ross', um bei Kaffee und
Kuchen einige Stunden gemütlich zu verbringen.
Es war eine stattliche Zahl von Teilnehmern erschienen und in dem
freundlich geschmückten 'großen Saal' entwickelte sich ein lebhaftes
Treiben. Der Vorsteher der Chevro H.A.M. Loeb begrüßte Mitglieder und
Gäste mit herzlichen Worten und erteilte alsdann Herrn Lehrer Kaufmann
das Wort zu einer Rede. - Herr Kaufmann verstand es in sehr zutreffenden,
zu Herzen gehenden Worten die Bedeutung der Feier zu schildern und
gedachte der entschlafenen Mitglieder. - Später ergriff Herr A.M. Loeb
das Wort, um über die vergangenen 50 Jahre einen Rückblick zu werfen und
auch des Mannes zu gedenken, durch dessen Initiative die Chevro gegründet
wurde, seines Vaters Kaufmann Loeb - er ruhe in Frieden. - Alsdann
sprach Frau Stadtrat Lehmann für die Frauenchevro und überreichte in
einer herzlichen Ansprache der Gründerin derselben, Frau Kaufmann Loeb
Witwe, die 50 Jahre im Vorstand wirkt, einen reizend geschmückten und
wohl gefüllten Delikatessenkorb. - Frau Loeb - tief ergriffen - dankte
für die erwiesene Aufmerksamkeit und versprach, soweit es ihre Kräfte
gestatten, sich nach wie vor der Chevro zu widmen. - Herr Lehrer Bär aus
Buer (Westfalen) als Gast anwesend, verlieh seiner Freude über die
würdig und gelungen verlaufene Feier, in herzlichen Worten, lebhaften
Ausdruck. - Die Zwischenpausen wurden durch ernste und heitere
Gesangvorträge und Rezitationen ausgefüllt und gab es ganz prachtvolle
Leistungen. - Es zeichneten sich besonders aus die Damen: Frau Josef Heil,
Frl. Martha Krämer, Bertel und Rösel Schilklaper. - Das Benschen wurden
amerikanisch versteigert und brachte 1.836 Mark ein, die der Palästina-Zentrale
überwiesen wurden. So vergingen in ungezwungenem, gemütlichen
Beisammensein die wenigen Stunden und bildeten nach 50 Jahren eine kurze
angenehme Unterbrechung der sonst so ernsten Tätigkeit der beiden
Vereine." |
Prozess gegen ehemalige SA-Leute aus Dieburg (August 1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1933: "Darmstadt.
Zehn ehemalige SA-Leute aus Dieburg, die wegen ihrer Vergehen aus
der SA ausgestoßen wurden, hatten sich vor der Großen Strafkammer
Darmstadt zu verantworten, weil sie versucht hatten, als Hilfspolizisten
bei Juden Autos zu beschlagnahmen. Der Hauptangeklagte hatte zuvor
Kreisamtssiegel entwendet und zusammen mit zwei anderen Angeklagten unter
Fälschung der Unterschrift des Kreisleiters ein Schreiben angefertigt,
das sie angeblich zu solchen Beschlagnahmungen ermächtigte. Das Gericht
verurteilte den Hauptangeklagten wegen Einbruchdiebstahls, einfachen
Diebstahls, Fälschung einer öffentlichen Urkunde, Amtsanmaßung und
Betrugsversuchs zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten
Gefängnis." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Goldene Hochzeit der Eheleute Josef Losch
(1916)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Dezember
1916: "Dieburg. Die Eheleute Josef Losch feierten das Fest
ihrer goldenen Hochzeit." |
Zum Tod von Ida Löb geb. Metzger (1921)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Oktober 1921: "Dieburg, 28.
September (1921). Am vergangenen Samstag verstarb in Frankfurt am Main an
den Folgen einer Operation Frau Ida Löb geb. Mainzer, die Gattin des weit
über seine Heimat allgeschätzten Herrn Abraham Löb, im Alter von erst
49 Jahren. Der Schmerz und die Teilnahme versetzte Gemeinde und Bevölkerung
in höchste Erregung und selten dürften die Straßen Dieburgs ein solches
Ehrengeleite gesehen haben wie am letzten Dienstag. Zu der Tragik dieses
frühen Todes kam die allgemeine Wertschätzung, die die Verstorbene wegen
ihres edlen Wesens, goldreinen Charakters und als treue Gefährtin und
Mitarbeiterin ihres auf gemeinnützigem Gebiete im Interesse der Stadt,
der jüdischen Gemeinde und des Judentums sehr verdienten Gatten allgemein
genoss, die den Verlust jeden so schwer empfinden ließ. Auf dem
Friedhofes zu Dieburg, wo neben der gesamten Gemeinde und auswärtigen
Trauergästen, die Spitzen der Stadt und eine große Schar aus allen
Teilen der nichtjüdischen Bevölkerung die Bahre umringten, entwarf Herr
Rabbiner Dr. M. Marx, Darmstadt, in großen markanten Zügen ein Bild der
edlen Frau und schilderte in beredten Worten die Größe des Verlustes,
dabei an Hand von Bibel- und Talmudstellen die Quellen des Trostes auch in
diesem Unglücke aufdeckend. Als Verwandter richtete dann Herr Redakteur
Schachnowitz, Frankfurt am Main, ein kurzes Wort des Trostes an den
gebeugten Gatten, der seine Aufrichtung finden möge auf dem Gebiete, wo
es kein Sterben und kein Vergehen gibt, auf dem Gebiete des geistigen
Schaffens und der ideellen Betätigung als Spender für Viele. Mit rührenden
Worten nahm darauf der Gatte selbst Abschied von der treuen Gefährtin
seines Lebens. Möge ihr Verdienst
dem Manne, ihren Töchtern und deren Häusern beistehen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Zerline Darmstädter (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1923: "Dieburg, 23.
Dezember (1922). Am 23. Kislew wurde hier Frau Zerline Darmstädter zu
Grabe getragen, unter großer Beteiligung der ganzen jüdischen und
christlichen Bevölkerung Dieburgs und vieler auswärtiger Freunde. Bei
dieser Frau konnte man nicht sagen: ‚Im engen Kreis verengert sich der
Sinn’, denn sie verkörperte den Typus des ‚Esches
Chail’ (wackere Frau) nach jeder Richtung. Sie war stark im Wollen
und groß im Können. Sie war immer versöhnend und den Frieden suchende.
Sie war geliebt und verehrt von Mann und Kindern und Schwiegerkindern, die
ihr in der Gottesfurcht nachstreben. Herr Lehrer Kaufmann und Herr Löb in
Dieburg, welche Frau Darmstädter in ihrem täglichen Wirken und in ihrem
vollendeten Sein schon immer erkannten, sprachen an ihrer Bahre
ergreifende und tief empfundene Worte und des Abschiedes. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 15. Dezember 1911: "Zerline Darmstädter seligen
Andenkens. Dieburg. Nach kurzer schwerer Krankheit verschied Montag, 21.
Kislew 5683 den 11. Dezember 1922 Frau Zerline Darmstädter, Dieburg.
Mit ihrem Heimgang verlieren Gatte und Kinder die aufopfernde und treu
besorgte Gattin und Mutter, die Freunde eine jederzeit tatkräftig bereite
Beraterin, die Armen die unermüdliche Helferin und auch die große Schar
der ihr Fernerstehenden trauern um den Verlust einer wahren wackeren
Frau, die wie wenige ihr Haus zu einem echten kleinen Heiligtum
zu gestalten verstand. und es gilt von ihr das Wort 'Sie arbeitet mit
munteren Händen' (Sprüche 31,13). Sie war der Fleiß und die
Tätigkeitslust selbst und sie suchte und fand ihre Lebensaufgabe und
Befriedigung in erster Linie darin, ihre Kinder zu wackeren frommen
Menschen zu erziehen, die die Lehren, die sie im Elternhaus empfangen
haben, in die Tat umzusetzen bemüht. Möge ihr Verdienst dem gebeugten
Gatten und den trauernden Kindern beistehen. Uns bleibt der Wunsch: 'es
sei ein solcher (Tod) mein Ende' (4.Mose 23,10). |
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Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Dezember
1922: "Heute verschied nach kurzer schwerer Krankheit meine liebe
Frau, unsere überaus gute Mutter, Schwester und
Großmutter
Frau Zerline Darmstädter geb. Rapp
in ihrem 70. Lebensjahre.
Dieburg, Groß-Umstadt, Frankfurt/Main
den 11. Dezember 1922.
Die trauernden Hinterbliebenen: Marx Darmstädter Albert Rapp
und Frau geb. Darmstädter
Zeno Darmstädter und Frau Max Wimpfheimer und Frau geb.
Darmstädter Ludwig Darmstädter und Frau
Fritz Darmstädter und Frau Karl Darmstädter und Frau
Karoline Aumann geb. Rapp und 12 Enkelkinder." |
Zum Tod von Marx Marx (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1923: "Dieburg,
25. Juni (1923). Im Alter von fast 94 Jahren starb hier Marx Marx, der vor
Jahresfrist aus seiner Heimat Königheim
in Baden hergezogen ist, um den letzten Teil seines heiteren Lebensabends
im Hause seiner Tochter, Witwe Goldschmidt, zu verleben. Ein rüstiger und
äußerst geistesfrischer Greis, so schritt er in unseren Reihen,
allbeliebt, anspornend und beispielgebend in seiner schlichten
Frömmigkeit, mit seinem Eifer für die Religion, seiner Freude an jeder
Mizwo-Tat. Zu den ersten gehörte er stets in der Synagoge, von der ihn
Wind und Wetter nicht abhielten, so wie ihn das hohe Alter nicht daran
hinderte, alle Fastentage gewissenhaft zu halten. Ein ehrwürdiger
Patriarch, der auf ein langes Leben reiches Tätigkeit und echter
Jüdischkeit zurückblickte, ist mit ihm von uns gegangen, und bei der
Überführung nach Königheim, die seinem
letzten Wunsche gemäß am Sonntag vor sich ging, fehlte keiner von der
hiesigen jüdischen Gemeinde, und auch die nichtjüdische Bevölkerung war
stark vertreten. Herr Lehrer Kaufmann, sowie der erste Gemeindevorsteher,
Herr Abraham Löb, sprachen ergreifende Worte des Abschiedes und der
Verehrung an den Heimziehenden, dessen Andenken uns unvergesslich bleibt.
Die Bestattung fand am Montag in Königheim, ebenfalls unter großes
Beteiligung statt." |
Zum Tod von Settchen Löb geb. Darmstädter
(1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1925: "Birkenau
bei Weinheim, 3. Mai (1925). Vergangene Woche kam hier Frau Settchen
Löb geb. Darmstädter, zur Beerdigung, nachdem sie das letzte Jahr
ihres Lebens bei ihren Angehörigen in Dieburg - ihrer Heimat -
geweilt hatte. Zu früh für ihre Kinder und Verwandten war das Ende ihrer
Tage, für sie selbst eine Erlösung von schweren Leiden. Nun kehrte sie
an den Ort zurück, der ihr zur zweiten Heimat geworden war. In
glücklicher Ehe, und auch, nachdem ihr der Gatte viel zu früh entrissen
worden war, lebte sie ein stilles Witwenleben, das nur der Erziehung ihrer
Töchter galt, ein leben, getragen von Gottesfurcht und umsonnt von
Menschenliebe. Am Grabe gedachte Herr Lehrer Friedmann - Heppenheim - der
Verstorbenen und ließ das freud- und leidvolle Dasein der Toten noch
einmal vor den trauernden Kindern, Angehörigen und Freunden
vorüberziehen. 'Das Andenken der auch für unsere kleine Gemeinde allzu
früh Dahingeschiedenen wird unter uns lebendig bleiben.
Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Max Baer wird in die Industrie- und Handelskammer
Offenbach gewählt (1928)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1928: "Dieburg,
16. Januar (1928). Die Wahl des Herrn Max Baer in Firma Kahn und Baer,
hier, in die Industrie- und Handelskammer, Offenbach am Main, ist vom
Ministerium bestätigt worden." |
Zum 80. Geburtstag von Henriette Löb (Jettchen, 1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1929: "Dieburg,
18. April (1929). Frau Henriette Löb begeht am 7. Tag von Pessach
(= 1. Mai 1929) ihren 80. Geburtstag in seltener körperlicher Rüstigkeit
und geistiger Frische. Eine Frau von großen geistigen Interessen und
wahrem Herzensadel, ein Muster tiefer schlichter Frömmigkeit, war sie die
treue Lebensbegleiterin des unvergesslichen Kaufmann Lob - das Andenken
an den Gerechten ist zum Segen. Mit großer Verehrung sehen Verwandte
und Freunde zu der Altersjubilarin hinauf und wünschen ihr einen weiteren
frohen Lebensabend." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1929:
"Dieburg, 27. Mai (1929). Wie man ein verdienstvolles Mitglied zu
ehren versteht, hat die Frauen-Chevro (Israelitischer Frauenverein)
Sonntag Abend bewiesen. Frau Henriette Loeb Witwe beging vor mehreren
Wochen ihren 80. Geburtstag, zu welchem die Chevro damals einen
gemütlichen Abend projektiert hatte, der aber durch bei Grau Loeb
eingetretene Familientrauer nicht stattfinden konnte und nun gestern Abend
in ruhiger, würdiger Weise begangen wurde. Sie ehrte Frau Loeb in
sinnigster Weise durch Errichtung einer 'Henriette Loeb-Stiftung', deren
Zinsen guten Zwecken dienen soll. Frau Loeb hat die ihr gewordenen
Ehrungen reichlich verdient, denn was sie in der langen Zeit geleistet
hat, geht über das Maß des Gewöhnlichen weit hinaus. Sie hatte vor 56
Jahren die Chevro gegründet und war Vorstand bis vor wenigen
Wochen; sie war es, deren echt jüdischer Geist bei jeder Gelegenheit
durchdrang und die in selbstloser Weise stets und überall zur Verfügung
war, wenn es galt zu helfen. Dass man dies würdigt, bewies die gestrige
Feier, zu der sich die ganze Gemeinde im oberen Saal des 'Weißen Ross'
eingefunden hatte. Frau Lehrer Kaufmann und Frau Martin Lehmann hatten
sich der Mühe unterzogen und der Jugend Vorträge eingeübt, die alle in
vorzüglicher Weise durchgeführt wurden. Herr Lehrer Kaufmann hielt eine
der Feier entsprechende tief empfundene Ansprache, gratulierte und
wünschte der Jubilarin ein glückliches Leben ad meo weesrim Schono
(bis 120 Jahren). Herr Abraham Loeb, als Vorsteher und als Sohn, wusste in
einer folgenden Ansprache beiden Eigenschaften gerecht zu werden und
dankte schließlich im Namen seiner Mutter für alle Liebe und Güte und
Aufmerksamkeit, die man ihr heute erwiesen hat. Frau Loeb war zu
ergriffen, um selbst dies zu tun und Herr Loeb verstand es, dieser Aufgabe
in humorvoller Weise gerecht zu werden. Von den Gründern leben noch zwei
Damen: Frau Karoline Lorch Witwe und Frau Loeb Witwe. Frau Lorch
erhielt einen reizenden Delikatesskorb überbracht, denn auch sie ist seit
56 Jahren vorbildliches Mitglied und im Vorstand. So verlief in würdiger
Weise dieser Abend, der allen Teilnehmern in angenehmer Erinnerung bleiben
wird und auf den ganz besonders die beiden Damen Frau Loeb und Frau Lorch
mit Befriedigung zurückblicken können. Den dichterischen Teil des Abends
hatten Frau Darmstädter, Frankfurt am Main und Herr Abraham Loeb
bestritten." |
Zum Tod von Sara Koch
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1929: "Dieburg,
15. Mai (1929). Sanft wie ihr ganzes Wesen war, hat eine der ältesten
Frauen der Religionsgesellschaft Mainz, Frau Sara Koch, ihre Augen für
immer geschlossen. Schmerzlos schlummerte sie hinüber in jene Gefilde, in
denen ewiger Frieden Herren. ... (hebräisch unklare Angabe) trug
man sie zu Grabe. - Abhold allen geräuschvollen Ehrungen, lebte sie auch
im höchsten Alter nur der Pflichterfüllung und in ihrer Eigenschaft als
Vorsteherin der Chewra Kadischa erwarb sie sich, die 85-jährige
Greisin, unsterbliche Verdienste! Aus einem vorbildlich frommen, echt
jüdischen Hause stammend, in dem man Großspurigkeit und
Selbstüberhebung nicht kannte, hat sie Anspruchslosigkeit und
Bescheidenheit von da mit ins Leben genommen und Wohltätigkeit und
Gastfreundschaft allzeit vorbildlich betätigt.
Solche Gestalten sind selten und wenn eine aus der Mitte ihrer Familie,
aus ihrer Gemeinde herausgerissen wird, so bleibt die Lücke
unausfüllbar. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
A.L." |
Zum Tod von Abraham Löb (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1929:
"Trauer in der Dieburger Synagoge. Und wieder brannten die
Lichter im heiligen Raume. Alles wie damals, als wir uns vor etwa zehn
Wochen zur Einweihung versammelten. Unten im Männerraume und oben auf den
Frauengalerien Kopf an Kopf. Die Vertreter der Behörden, die Geistlichen
der beiden Konfessionen auf ihren Ehrenplätzen. Dazu noch die
Feuerwehrleute in ihren blinkenden Helmen und Vereine mit ihren Fahnen.
Unten aber vor den Stufen zur heiligen Lade die schwarzbedeckte Bahre,
darin der Mann ruhte, der vor zehn Wochen oben die ganze Feier leitete,
der die Synagoge mit Selbstaufopferung ohnegleichen seiner Gemeinde
gegeben, der seine Gemeinde durch Jahre geleitet. Ihm, Abraham Löb, halt
am Freitag die zweite erhebende Feier in diesem geweihten Raume.
Am Dienstagabend verließ er, wie immer, nach der Andacht als letzter das
Gotteshaus, schloss die Türen ab, ging nach Hause und erledigte noch
einige dringende Arbeiten für seine Gemeinde. Unterschrieb den Vertrag
mit dem neuen Lehrer, der nun verpflichtet wurde, schrieb dann noch eine
launige Karte an den Baumeister nach Friedberg, mit dem noch einiges
abzuwickeln war. Das letzte Wort, das aus seiner Feder kam, hieß: 'Wer
zuletzt lacht...'. Dann ging er zu Bett und schlief ein - für
immer.
Wer die Bedeutung Abraham Löbs in seiner Gemeinde, in seiner Heimatstadt
und weit darüber hinaus, noch nicht kannte, dem musste sie bei dieser
Feier aufgehen. Es sprach als erster Herr Provinzialrabbiner Dr. Merzbach,
Darmstadt. In seiner eigenen zu Herzen gehenden Art schilderte er, wie
jeder Stein und jede Säule dieses Baues Zeugnis ablegte für das Lebenswerk
des Mannes. Ein Satz aus dem Prophetenabschnitt fügte sich in das Bild,
als sei er eigens dazu geprägt. Abraham Löb wird eine Anklage sein für
alle, die meinen, man könne heute in der kritischen Zeit und in einer
kleinen Gemeinde nicht ganz seinem Judentum leben. Ging er doch keinen
Abend zu Bett, ohne einen Abschnitt aus dem Buche, aus dem schon der Vater
schöpfte, zu lernen. Treue und Liebe waren Hauptbestandteile seines
Wesens, sein Leben eine Heiligung des Gottesnamens. Sein Namen und sein
Andenken werden im Mittelpunkt seines Kreises leitend und belebend ewig
nachwirken.
Herr Lehrer Kaufmann, der ein Menschenalter mit Löb für das Gedeihen der
Gemeinde gearbeitet hat, sprach nun Worte herzlichen Gedenkens und
ehrender Würdigung. Der zweite Vorsteher, Herr Max Bär, dankte für
Vorstand und Gemeinde, und legte Gelöbnis ab, sein Werk fortzusetzen. Im
Namen der Starkenburgloge in Darmstadt entbot Herr Dr. Stern letzten
Brudergruß und Herr Mayer würdigte die Verdienste Löbs im
Gesetzestreuen Verbande der Hessischen Gemeinden. Vertreter des
Einzelhandels, des Turnvereins usw. kamen noch zu Worte.
Darauf sprach tief bewegt Herr Redakteur Schachnowitz, Frankfurt, Worte
des Abschieds vom Freunde und Verwandten. Abraham Löb war einer der Begnadeten,
die Sonne im Herzen tragen. In seinem Auge wohnte die Güte, auf seinen
Lippen das einnehmende Lächeln und im Munde hatte er stets das heitere
Wort, voll Witz und Geist, mit dem er sich und andere über die
schwierigsten Situationen hinwegsetzte. Aus Einzelzügen aus der erst vor
kurzem gemeinsam verlebten Ferienzeit formte Redner das Charakterbild. Wie
begnadet und auserwählt muss doch der Mann gewesen sein, dem es
beschieden war, mit solcher Lebenskrönung (Synagogenbau) von dannen zu
scheiden. Noch rauschte in seiner Seele die Siegesfreude ob des Gelingens
des Werkes, die Freude der unvergesslichen Einweihungsfeier, als sie,
getragen von diesem Gesange, hinüberschlummerte. Wie der große Führer
Moses, nach Midraschwort, mit Lied, Segenswort und Gebet
von seinem Volke scheidet, die in ihren Anfangsbuchstaben Schabbat
ergeben, so war Abraham Löbs Leben ein Schabbat. Eine Schira
(Lied): Harmonie und innere Ausgeglichenheit, Bracha: Segen für
Gemeinde und Gemeinschaft und zuletzt Tefila (Gebet): die
Errichtung dieser Heimstätte für die Andacht seiner Gemeinde. In den
ewigen Sabbat kehret die Sabbatseele, geleitet von Lecha Dodi in
seiner Synagoge, vom Boi Beschalom seiner Gemeinde.
Stille bewegte sich nun der endlose Zuge der Trauernden über den
Marktplatz und durch die Straßen des sauberen Städtchens, angeführt von
den Vereinen mit umflorten Fahnen, gefolgt von der ganzen Gemeinde, allen
Teilen der Bürger, der Geistlichkeit, der Behörden und Vertretern vieler
Organisationen und Institutionen auch in Frankfurt und Darmstadt. Auch der
Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens ehrte seinen
hoch verdienten Obmann durch Anwesenheit seines Syndikus für
Hessen-Nassau. Der Männergesangverein von Dieburg ließ es sich nicht
nehmen, nach altem Vereinsbrauch, vor dem Portale des Friedhofs (es ist
ein altehrwürdiger Sammelfriedhof für eine große Anzahl von Gemeinden
der Umgebung) ein Trauerlied zu singen. Dann brachte man die irdischen
Reste Abraham Löbs durch die Hallen des 'Lebenshauses' und in aller
Einfachheit, unter den vorgeschriebenen Gebeten, zur ewigen Ruhe. Still,
voller Wehmut, zerstreute sich die Menge.
Ein Mann von Führerqualitäten ist aus seinem Kreise geschieden. Möge Gott
neben den Töchtern und der greisen Mutter seine verwaiste Gemeinde
trösten." |
Zum Tod von Kusel Lorch (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. September 1930: "Dieburg,
1. September (1930): "Dieburg, 1. September (1930). Mit Frau Kusel
Lorch, die hier am 27. Aw zu Grabe betragen wurde, ist eine unserer Besten
von uns gegangen. Der Wohltätigkeitssinn dieser Frau kannte keine
Grenzen, sie konnte ihr Letztes für Arme und Bedürftige hergeben. So
lebte und wirkte sie in alter jüdischer Frömmigkeit mustergültig für
die neue Generation. Ihr Andenken wird im Kreise ihrer Familie, aber auch
in der ganzen Gemeinde zum Segen fortleben. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Max Darmstädter (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1931: "Dieburg,
4. Januar (1931). Als in der Woche von wajechi (Toralesung wajechi
= 1. Mose 47,28 - Ende, zum Schabbat Paraschat Wajechi am 3. Januar
1931) am 30. Dezember (1930) hier in Frankfurt Max Darmstädter aus
Dieburg als 83-jähriger Greis nach einem Leben unermüdlichen, emsigen
Schaffens verschied, da dachten wohl viele, die die Trauerkunde hörten,
an die Worte der Sidroh, wo von hohem Alter und mannigfachem
Lebensschicksal, von guten und schweren Tagen, von Kindersegen und
Enkelfreude, von Rückschau und Ausschau gesprochen wird. Und so war es naheliegend,
dass bei der Beisetzung, die auf dem heimatlichen Friedhof
unter überaus zahlreicher Beteiligung stattfand, auch die Sidroh
(Wochenabschnitt) den Ausgangspunkt bildete sowohl für den greisen Lehrer
der Gemeinde, Herrn Kaufmann, der mit dem Verstorbenen wieder ein Stück
seiner Gemeinde ins Grab sinken sah, als auch für Herrn Prof.
Freimann, der im Namen des Frankfurter Familien- und Freundeskreises in
ehrenden Worten dem Heimgegangenen einen letzten Gruß zurief. Verlor die
Landgemeinde ein treues altes Mitglied, so entschwindet auch aus Frankfurt
ein lieber und gern gesehener Gast, dessen Greisenjahre von Kinderliebe
hier umhegt waren, bis es notwendig wurde, die Wochen des Leidens zu
lindern und dem Greis die letzten Liebesdienste zu erweisen. Die größte
Liebestat dem Verstorbenen gegenüber ist aber die, die im Hause seiner
Kinder geübt wird: Dienst für Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit,
und diesen Dienst ausüben zu dürfen, das ist gewiss den Hinterbliebenen
ein sichtbares Zeichen, dass sie mit dem Verstorbenen verknüpft, und
zugleich ein Trost, der den Schmerz lindert und vom frischen Grab
zurückruft ins Leben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1931: "Für
die uns anlässlich des Ablebens unseres geliebten Vaters Herrn Max
Darmstädter aus Dieburg erwiesene wohltuende Teilnahme danken
herzlich.
Die trauernden Hinterbliebenen. Tewet 5691 - Januar 1931." |
Zum Geburtstag von Selma Kaufmann geb. Möller (1932)
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1932:
"Dieburg (Hessen), 25. Oktober (1932). In der Frühe des Jom
Kippur, etwa um die Zeit da man in der Synagoge die ergreifenden
Piutim von Ruach (Geist) und Näfasch (Körper) sprach,
hauchte Frau Selma Kaufmann, die Gattin des seit über 50 Jahren dort
weilenden und amtierenden Lehrers David Kaufmann, nach langem, schwerem,
in Geduld und Ergebenheit getragenem Leiden ihre reine Seele aus. Dem
bekannten Hause Möller in Hamburg entstammend, war sie eine aufrechte und
gute Jüdin im vollsten Sinne des Wortes, ihr ganzes Leben hingegeben der
Erfüllung von Geboten, der Ausübung von Awaudoh (Gottesdienst)
und G'milus Chesed (Wohltätigkeit). Es fiel ihr nicht schwer, sich
von der Weltstadt aus in dem viel kleineren, ganze andere Aufgaben an sie
stellenden Dieburg zurechtzufinden. Ihr mit so viel Güte ausgestattetes
Herz, der ihr eigene Takt und vor allem ihre eiserne Willenskraft wiesen
ihr den zu beschreitenden Weg und halfen ihr, in kürzester Frist das
verwaiste Haus ihres Mannes, das sie als wackere Frau mit ihrer
Liebe und Fürsorge beseelte, zum Mittelpunkte wahrhaft jüdischen Lebens
und weitreichender Gastlichkeit zu machen. Ob ihres gütigen Wesens, dank
ihrer steten Hilfsbereitschaft erfreute sie sich allgemeiner Beliebtheit
bei allen Teilen und Schichten der Einwohnerschaft, was sich nicht zum
wenigsten während ihres langen Krankseins, besonders aber bei ihrer am
Tage nach Jom Kippur erfolgten Beerdigung in erhebendster
Weise kundtat, als zahlreiche nichtjüdische Miteinwohner, darunter auch
die Geistlichkeit, ihr die letzte Ehre erwiesen. Das Andenken dieser Frommen
gereiche der Allgemeinheit zum Segen! Ihre Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Henriette (Jettchen) Loeb (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. April 1934:
"Dieburg bei Darmstadt, 3. April (1934). Noch kurz vor den
Feiertagen verließ uns Frau Jettchen Loeb, eine würdige Matrone,
eine Mutter in Israel in mancherlei Beziehung, im Alter von 85
Jahren. Frau Loeb war die Frau des schon vor mehreren Jahren
heimgegangenen Kaufmann Loeb - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen -, der zu den besten Männern der hessischen Judenheit gehörte,
und es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, dass die Frau, die ihn um
fast zwei Jahrzehnte überlebte und in diesen Jahrzehnten den Glanz des
Hauses nicht nur erhielt, sondern auch vermehrte, es war, die die Seele
und der gute Geist des Mannes bei seinem sozialen Aufstiege war. Das
Loeb'sche Haus blieb bis zuletzt ein Heiligtum der Jüdischkeit und der
Wohltätigkeit. Mit ihrem Sohne Abraham Loeb - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen -, der der erste Führer der Gemeinde Dieburg
und eine der prominentesten Persönlichkeiten der Stadt gewesen ist, dem
Manne, der früh von dannen gegangen ist, nachdem es ihm gelungen war,
sein Lebenswerk, das herrliche Gotteshaus, in seiner Gemeinde zu
errichten, verband sie ein so inniges mütterliches Verhältnis, dass es
der Außenstehende gar nicht ahnen konnte, dass er nicht Kind ihres
Blutes, sondern Sohn ihres Mannes aus erster Ehe war. Die Liebe, die diese
Frau beseelte, strahlt in die Gemeinde und in die Umgebung aus und machte
sich auf allen Gebieten der Wohlfahrt und Liebestätigkeit bemerkbar. Sie
war Begründerin und auch erste Leiterin der Frauenchewrah, sie,
die Greisin, war es, die noch bis zuletzt mit jugendlichem Eifer alle
Mitglieder zur Erfüllung der Frauenpflichten und Ausübung der
Liebestaten geradezu hinriss. Sie war Muster und Beispiel für alle, für
Alt und Jung, ein Wahrzeichen aus alter guter Zeit, an dem sich eine neue
Generation emporranken konnte. Zum zweiten Male nach dem Tode von Abraham
Loeb steht die Gemeinde an der Bahre ihrer Seniorin verwaist da. Mögen
die Töne des Trostes, die uns das Pessachfest brachte, nachhallen und
sich zur wahren Tröstung für die Familie und für uns alle
auswirken. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Lehrlingssuche des Manufakturwaren-, (Möbel-) und
Ausstattungsgeschäftes Loeb (1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1897:
"Für mein Manufakturwaren- und Ausstattungsgeschäft suche ich einen
Lehrling mit guter Schulbildung. Schabbat und Feiertag
geschlossen; Kost und Logis im Hause.
Kaufmann Loeb, Dieburg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: "Zum
1. Oktober suche für mein an Schabbat und Feiertag geschlossenes
Manufaktur-, Möbel- und Ausstattungs-Geschäft einen Lehrling, mit
guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause.
Kaufmann Loeb, Dieburg." |
Anzeige der Maschinen- und Mehlhandlung Strauß & Dernburg (1903)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1903:
"Wir suchen per sofort
1-2 Lehrlinge
aus achtbarer Familie, mit guter Schulbildung.
Strauß & Dernburg, Maschinen- und Mehlhandlung, Dieburg
(Hessen)." |
Anzeige des Metzgermeisters Kusel Lorch (1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1904: "Ein
braver Metzgerlehrling auf sofort gesucht.
Kusel Lorch, Dieburg." |
Anzeigen des Mehl-, Frucht- und Futterartikelgeschäftes Wilhelm Heil (1902 /1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. Dezember 1902:
"Lehrling,
mit guter Schulbildung, per sofort oder per Januar in meinem Mehl- und
Fruchtgeschäft gesucht. Samstags geschlossen. Kost und Logis
frei.
Wilhelm Heil, Dieburg, Hessen." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1904:
"Für mein Mehl-, Frucht- und Futterartikelgeschäft suche
einen tüchtigen jungen
Commis,
für Comptoir, Lager und Reise. Samstags und Feiertage geschlossen.
Branchekundige Bewerber bevorzugt.
Wilhelm Heil, Dieburg (Hessen)." |
Junger Mann für den Mehl- und Getreidegroßhandel Kahn
& Bär gesucht (1922)
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (des Central-Vereins) vom 23. November 1922:
"Für unseren Mehl- und Getreidegroßhandel suchen wir einen
durchaus tüchtigen, intelligenten jungen Mann, der den Chef in
seiner Abwesenheit vertreten kann, bei hohem Gehalt. Für diesen Posten
eignet sich auch berufwechselnder jüngerer Lehrer, der Lust und Liebe
fürs Geschäft hat.
Bewerbungen an Kahn & Bär, Dieburg (Hessen)." |
Anzeige von Metzgermeister Simon Lorch (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1928:
"Suche per sofort jüngeren
Metzgerburschen,
evtl. auch Lehrling, der seine Lehrzeit unterbrechen musste, nicht
ausgeschlossen.
Simon Lorch Dieburg/Hessen." |
Hochzeitsanzeige von Julius Freudenreich und Anni geb.
Wiesenfelder (1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1929: "Julius
Freudenreich - Anni Freudenreich geb. Wiesenfelder. Vermählte.
Dieburg (Hessen). Trauung am 25. September, 12.30 Uhr Synagoge zu
Dieburg". |
Nach der Emigration: Heiratsanzeige von Sol. Schwarz
und Hansi geb. Lorch (1942)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 16. Januar 1942:
"Statt Karten
Sol. Schwarz Hansi Schwarz geb. Lorch.
Vermählte. 10. Januar 1942.
1131 President Str. Brooklyn, N.Y.
(fr. Neunkirchen-Saar)
(fr. Dieburg)."
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Nach der Emigration: Todesanzeige für Mina Lorch geb.
Salomon (1945)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 20. Juli 1945:
"Tiefbetrübt geben wir unseren Freunden und Bekannten die traurige
Nachricht, dass unsere geliebte Mutter
Mina Lorch geb. Salomon (früher Dieburg)
im Alter von 83 Jahren am 10. Juli nach langem Leiden sanft entschlafen
ist.
Im Namen der trauernden Kinder:
Hugo Lorch
35-10 35th Street Astoria, L.I., N.Y." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Einige
Kennkarten
zu Personen,
die in Dieburg geboren sind |
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Kennkarte
(Leipzig) für Martha Birnbaum geb.
Loeb (geb. 23. August 1892 in Dieburg, später
wohnhaft in Leipzig): emigrierte im November
1939 nach Belgien; am 19. Mai 1944 ab Mechelen
(Malines) nach Auschwitz deportiert, ermordet. |
Kennkarte (Darmstadt)
für
Ludwig Dernburg (geb. 7. März 1895
in Dieburg), Kaufmann |
Kennkarte (Heidelberg)
für
Adolf Fuchs (geb. 18. Dezember 1886
in Dieburg), Kaufmann |
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Kennkarte (Frankfurt)
für
Dr. Friederike Fuchs (geb. 10. Januar 1893
in Dieburg), Lehrerin |
Kennkarte (Buchen)
für Heinrich Goldschmidt (geb.
2. Dezember 1863 in Dieburg, später wohnhaft in
Adelsheim und Buchen), wurde am 22. Oktober 1940
in das Internierungslager Gurs deportiert, am 21. Mai
1941 im Internierungslager Recebedou umgekommen |
Kennkarte (Darmstadt)
für
Siegfried Goldschmidt (geb.
30. Mai 1894 in Dieburg), Kaufmann |
Kennkarte (Leipzig) für
Julia Hirsch geb. Goldschmidt
(geb. 23. Februar 1898 in Dieburg) |
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Kennkarte
(Frankfurt) für Bertha Kahn geb.
Strauss (geb. 9. Januar 1892 in Dieburg, später
wohnhaft in Frankfurt), wurde am 20. Oktober 1941
ab Frankfurt in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz)
deportiert, umgekommen |
Kennkarte
(Dieburg) für Lotte Kahn
(geb. 16. April 1928 in Dieburg), wurde
am 25. März 1942 ab Mainz - Darmstadt in
das Ghetto Piaski deportiert, umgekommen.
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Kennkarte (Frankfurt)
für
Bertold Krämer (geb. 24. Juli 1901
in Dieburg), Kaufmann |
Kennkarte
(Frankfurt) für Rudolf Krämer (geb.
2. August 1898 in Dieburg, später wohnhaft in
Frankfurt), wurde ab Berlin am 17. März 1943 in
das Ghetto Theresienstadt deportiert, im Oktober
1944 in das Vernichtungslager Auschwitz, ermordet |
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Kennkarte (Dieburg) für
Adolf Lehmann
(geb. 9. Mai 1878 in Dieburg), Kaufmann,
deportiert am 25. März 1942 ab Mainz
über Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
Kennkarte (Frankfurt)
für Ilse Lorch (geb. 25. Mai
1919 in Dieburg, später in Dieburg und Frankfurt
wohnhaft), Schneiderin, deportiert am 25. März
1942 ab Mainz über Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
Kennkarte (Dieburg) für
Lina Lilli Lorch
(geb. 15. August 1908 in Dieburg) deportiert
am 25. März 1942 ab Mainz über Darmstadt
in das Ghetto Piaski, umgekommen
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Kennkarte (Dieburg) für Marx
Lorch (geb.
30. August 1883 in Dieburg), Metzger,
deportiert am 25. März 1942 ab Mainz über
Darmstadt in das Ghetto Piaski, später KZ
Majdanek, umgekommen. |
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Kennkarte
(Dieburg) für Mathilde Lorch (geb.
2. November 1892 in Dieburg, später in Dieburg
und Frankfurt wohnhaft), Hausangestellte,
deportiert am 20. Oktober 1941 ab Frankfurt in das
Ghetto Litzmannstadt (Lodz), umgekommen |
Kennkarte (Dieburg)
für
Max Lorch (geb. 22. Mai 1886
in Dieburg), Metzger |
Kennkarte (Dieburg)
für
Samuel Lorch (geb. 3. August 1883
in Dieburg), Metzger |
Kennkarte
(Darmstadt-Stadt 1939)
für Ludwig Dernburg
(geb. 7. März 1895 in Dieburg),
Kaufmann
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Kennkarte
(Frankfurt) für Selma Lena Lorch
(geb. 27. Oktober 1906 in Dieburg, später
wohnhaft in Frankfurt), Hausangestellte,
1942 deportiert und umgekommen.
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Kennkarte
(Dieburg) für Siegfried Lorch (geb.
3. März 1896 in Dieburg, später wohnhaft in
Dieburg und Frankfurt), Metzger, am 24./26.
September 1942 ab Frankfurt über Berlin deportiert
zur Tötungsstätte Raaasiku (b. Reval) |
Kennkarte (Dieburg) für
Siegrid Silvia Lorch (geb.
15. September 1923 in Darmstadt) |
Kennkarte
(Dieburg) für Simon Lorch II (geb.
11. November 1875 in Dieburg, später wohnhaft
in Dieburg und Frankfurt), Metzger und Viehhändler,
am 22. November 1941 ab Frankfurt nach Kowno
(Kauen) deportiert, umgekommen |
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Kennkarte
(Heidelberg) für Berta Marx geb.
Lehmann (geb. 6. Juli 1891 in Dieburg, später
wohnhaft in Heidelberg), deportiert am 22.
Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs,
im August 1942 in das Vernichtungslager
Auschwitz, ermordet |
Kennkarte
(Heppenheim) für Henriette Mayer
geb. Lehmann (geb. 24. Dezember 1874 in
Dieburg, später wohnhaft in Heppenheim,
Reichenbach und Darmstadt), deportiert am 27.
September 1942 in das Ghetto Theresienstadt,
dort im Januar 1942 umgekommen |
Kennkarte (Bad Homburg)
für
Adelheid Miltenberg geb. Lorch
(geb. 7. Juni 1879 in Dieburg) |
Kennkarte
(Dieburg) für Lina Rothschild
geb. Lorch (geb. 18. August 1884 in Dieburg),
deportiert am 25. März 1942 ab Mainz über
Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen.
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Kennkarte (Fulda) für Minna
Rothschild geb.
Kaufmann (geb. 5. Mai 1885 in Dieburg, später
wohnhaft in Fulda), deportiert am 9. Dezember
1941 ab Kassel in das Ghetto Riga, umgekommen. |
Kennkarte (Mannheim)
für
Klara Salomon geb. Lorch
(geb. 2. Februar 1888 in Dieburg)
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Kennkarte (Köln) für
Jeanette Simon geb. Lehmann
(Frau von Moses Simon)
(geb. 15. Oktober 1864 in Dieburg) |
Kennharte (Mannheim)
für
Rosa Spanier geb. Lorch
(geb. 21. März 1892 in Dieburg)
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Kennkarte (Herborn) für
Ida Sternberg geb. Fuchs
(geb. 28. Juni 1885 in Dieburg)
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Kennkarte (Heppenheim)
für
Rosa Strauß geb. Strauß
(geb. 25. März 1870 in Dieburg)
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Kennkarte (Heidelberg)
für Mina Wahl geb. Lorsch
(geb. 14. Juni 1873 in Dieburg, später wohnhaft
in Sandhausen, deportiert am 22. Oktober 1940 in
das Internierungslager Gurs, umgekommen) |
Kennkarte (Berlin) für
Mathilde Wertheimer geb. Goldschmidt
(geb. 20. Dezember 1886 in Dieburg)
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Weitere
Karten, Dieburg betreffend: siehe bei Arheilgen, zwei
Karten bei Diemerode,
je eine Karte bei Sulzbürg,
Darmstadt,
Schotten.
Sommerhausen, Untergrombach
und Kirch-Brombach
(nachstehend): |
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KK (Dieburg 1939)
für Babette Kahn geb. Neustädter
(geb. 29. Januar 1889 in Sulzbürg),
wohnhaft in
Dieburg, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz -
Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen
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KK (Dieburg 1939)
für Bertha Keller geb. Fuchs
(geb. 8. Juli 1906 in Darmstadt, wohnhaft in Dieburg,
im September 1943 deportiert in das
Vernichtungslager Auschwitz, ermordet
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Kennkarte (Dieburg 1939)
für Hermann Katz (geb.
6. September 1876 in Kirch-Brombach),
Kaufmann,
wohnhaft in Dieburg, am 27.
September 1942
deportiert ab Darmstadt in das Ghetto
Theresienstadt, wo er am 15. März 1943
umgekommen ist. |
Kennkarte
für David Kahn
(geb. 24.11.1883 in Babenhausen,
Kaufmann in Dieburg)
(deportiert 1942 ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, ermordet
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KK
(ausgestellt in Dieburg 1939) für Recha Lorch
geb. Wallenstein (geb. 13. Oktober 1880 in Schotten),
wohnhaft in Frankfurt und Dieburg; am 22. November 1941 deportiert
ab Frankfurt nach Kowno (Kauen),
Fort IX, umgekommen |
Kennkarte (Dieburg 1939) für Ernestine
Lichtenstein geb. Buchmann (geb. 26. August 1870 in Sommerhausen),
wohnhaft in Dieburg
und Frankfurt, am
22. November 1941 deportiert ab Frankfurt
nach Kowno (Kauen), Fort IX, umgekommen |
Kennkarte (Dieburg
1939) für Julie Lehmann
geb. Karlebach (geb. 25. April 1883 in
Untergrombach, wohnhaft in Dieburg,
am
25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, umgekommen |
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Zur Geschichte der
Synagoge(n)
Eine Synagoge gab es bereits im Mittelalter: 1389 wird erstmals eine
Synagoge ("Judenschule") erwähnt. Sie befand sich in der "Judengasse"
(heute Klosterstraße); bei ihr lag der sogenannte "Schulgarten" (1389
genannt). 1429 wird als Bediensteter der jüdischen Gemeinde ein "Schuleklopper" genannt, der die
jüdischen Familien auf die Gebets- und Gottesdienstzeiten aufmerksam
machte. Wie lange die mittelalterliche Synagoge benutzt wurde, ist nicht bekannt.
Wo bis Ende des 18. Jahrhunderts der Betsaal der jüdischen Gemeinde
war, ist nicht bekannt. 1803 richtete die jüdische Gemeinde im
Hinterhaus des Gebäudes Zuckerstraße 17/Ecke Badgasse einen Betsaal ein
(Zugang von der Badgasse), der allerdings im Laufe der Jahrzehnte für die
wachsende Gemeinde zu klein war.
Am 8. Juni
1868 kaufte die jüdische Gemeinde ein altes Patrizierhaus am Markt (Markt
22, später 17; gekauft wurde das gesamte Grundstücke: Hofreite 5,63 ar und
Garten 8,09 ar sowie ein Teil des Verbindungswege). Dieses
Gebäude war früher im Besitz des Freiherrn von Berberich ("Berberich-Schlösschen").
Das Gebäude wurde
1868/69 nach Plänen von Callmann Lehmann in eine Synagoge mit einer
Lehrerwohnung umgebaut. Die Einweihung war
am 5./6. Februar 1869. Der Bau war verbunden mit großen
finanziellen Opfern der Gemeinde. Noch jahrelang hatte sie die Schulden
abzutragen.
Mitte
der 1920er-Jahre war das zur Synagoge umgebaute ehemalige "Berberich-Schlösschen"
allerdings in einen stark baufälligen
Zustand geraten:
Die Zeitschrift "Der Israelit" meldete am 11. Februar
1926: "Dieburg, 5. Februar (1926). Wie wir erfahren, ist die hiesige Synagoge von der
Behörde als baufällig bezeichnet worden. Die schwere Aufgabe, einen Neubau
herstellen zu lassen, (Umbau ist nach fachmännischem Urteil unzweckmäßig) ist
die vornehmste Sorge der Gemeinde beziehungsweise ihres Vorstandes". |
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Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung vom 5. März 1926: "Dieburg.
(Synagogenneubau). Die hiesige Synagoge musste wegen Baufälligkeit
geschlossen werden. Die Gemeinde hat daher die Ausführung eines Neubaues
vorgesehen, weil die Renovierungsarbeiten sehr umfangreich sein würden
und außergewöhnlich hohe Kosten erfordern". |
Der Zustand der Synagoge brachte die jüdische Gemeinde in Dieburg allerdings
in größte Bedrängnis. Nochmalige Besichtigungen des Zustandes der Synagoge
durch die Behörden ergaben, dass eine Schließung des Gebäudes aus
baupolizeilichen Gründen nur eine Frage der Zeit war. Der Gemeindevorsteher
Abraham Löb bemühte sich sehr schnell und mit großem Engagement um eine
Spendensammlung zugunsten eines Neubaus. Davon berichtete er selbst in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1926.
"Wie bringt man es fertig, heutzutage eine Synagoge zu
bauen?" Der Zahn der Zeit hatte im Stillen seine Wühlarbeit
vollbracht und vor einigen Wochen ward der Unterzeichnete in seiner Eigenschaft
als Gemeindevorsteher in Dieburg, Hessen, von einer baupolizeilichen Mitteilung
überrascht: Die Synagoge ist baufällig!
Unerwartet war nach einer längeren Pause die Feuervisitationskommission wieder
erschienen und bei dieser Gelegenheit wurde obige Erscheinung festgestellt. ich
konnte mich bei dieser Erklärung nicht beruhigen, ging zu meiner vorgesetzten
Behörde, an das Kreisamt und die beauftragte das Bauamt, ein Gutachten
auszufertigen. Nachdem die Synagoge von Baurat und Inspektor gründlichst
geprüft war, erstattete das Bauamt folgendes Gutachten:
"Wenn auch nicht gerade augenblicklich die Schließung der Synagoge
erforderlich erscheint, war doch bei der erfolgten Besichtigung festzustellen,
dass das Gebäude baulich so vernachlässigt ist, dass in absehbarer Zeit mit
dem Eintritt der Notwendigkeit dieser Maßnahme gerechnet werden muss.
Jedenfalls bedarf das Gebäude fortwährender Beobachtung. Am Dachfuß über dem
Straßengiebel wäre eine besonders schadhafte Stelle jetzt schon zu sichern.
Eine durchgreifende Instandsetzung der Synagoge wird sich nach ihrem schlechten
Zustand nicht lohnen, sodass die Gemeinde sich mit dem Gedanken eines baldigen
Neubaus vertraut machen muss."
Das Kreisamt verfügte wie folgt: "Von dem durch den Bausachverständigen
des Regierungsbaurates bei der Kreisverwaltung Dieburg anlässlich der
Besichtigung der Synagoge festgestellten Befund geben wir Ihnen in Abschrift
nachstehend Kenntnis. Wir beauftragen Sie, die darin erwähnte schadhafte Stelle
am Dach über dem Straßengiebel alsbald sichern zu lassen. Da nach dem Ergebnis
der Besichtigung im Hinblick auf den baulichen Zustand der Synagoge mit einer
Schließung demnächst gerechnet werden muss, empfehlen wir Ihnen, wegen
Beschaffung einer Wohnung für den Lehrer sowie eines Saales für Abhaltung des
Gottesdienstes sich mit der Bürgermeisterei ins Benehmen zu setzen." |
Was tun? Die Synagoge kann nicht mehr repariert, sie kann nicht mehr umgebaut
werden; sie ist nur einzig und allein Bauplatz, auf dem eine neue errichtet
werden muss. Dies aber kostet Geld, vieles Geld! Wie dies üblich, gingen ich
und noch andere Gemeindemitglieder zu befreundeten Stellen, von denen Hilfe zu
erwarten war und erhielten zusammen ca. Mk. 12.000. War dies für die heutige
Zeit ein schöner Erfolg, so bleib immerhin noch ein mindestens vierfacher
Betrag, den wir zusammenbringen müssen, ohne die bedeutende Summe, die die
Gemeinde draufzulegen beziehungsweise selbst aufzubringen gezwungen ist.
Ich ging von dem Gedanken aus: Viele wenige geben ein Viel; vereinte Kräfte
führen zum Ziel! und bat in einem kurzen, aber überzeugenden Zirkularschreiben
versuchsweise über 300 Stellen (Einzelpersonen), die als ideal und
verständnisvoll anzusprechen waren; verständnisvoll und hilfreich schon durch
ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen jüdischen Korporationen, die auf besondere
Beachtung Anspruch erheben, appellierte an das Zusammengehörigkeitsbewusstein
und bat um eine bescheidende Spende. Das Resultat war mehr als kläglich: Von
300 Stellen schickten 6 Beiträge im ganzen Mk. 42.-. Wenn nur Jeder mir Mk 5.-
gesandt hätte, so wären ca. Mk. 1.500 eingegangen.
Wo, so frage ich, wo ist das jüdische Herz, das sonst so gepriesene? ... Kann
man kalt und unberührt bleiben, wenn man wahrheitsgetreu einen solchen Fall
vorgetragen erhält! Denkt jeder nur an sich selbst? Zuzugeben ist, dass
jeder Einzelne heute mehr Last hat als sonst; aber dessen ungeachtet lassen
Theater und Kinobesuch nicht nach, und die Vergnügungsplätze werden nach wie
vor frequentiert.
Wenn nur jeder Einzelne einen Theaterbesuch schwinden ließe und den Betrag
dafür meinem beziehungsweise unserem hervorragend guten und idealen Zweck
zuwenden würde, wäre uns geholfen? Die gesammelten Erfahrungen sind
tieftraurig und beschämend. Vielleicht öffnet diese kleine Betrachtung manchem
unserer Glaubensgenossen die Augen, greift an sein Herz und trägt dazu bei,
auch seine Börse zu öffnen. Die gefälligen Zuwendungen bitte an das
Postscheckkonto 61385 Synagogenbaufonds der Israelitischen Gemeinde Dieburg bei
dem Postscheckkonto Frankfurt am Main richten zu wollen.
Abraham Loeb. |
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In
den folgenden Monaten veranstaltete die Gemeinde weitere Sammlungen für einen
Synagogenneubau; man veröffentlichte Hilferufe in Zeitschriften. Auch bei
ehemaligen, nach Amerika ausgewanderten Gemeindegliedern bat man um Spenden. Die
orthodoxe Zeitschrift "Der Israelit" engagierte sich beim Sammeln von
Spenden, doch waren bis Oktober 1926 noch keine ausreichenden Mittel
vorhanden, um den Baubeschluss fassen zu können. Über den "Stand der
Dinge" wird in einem Artikel in der Zeitschrift der Israelit vom 8. Oktober
1926 berichtet: |
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Eine sterbende Synagoge. "Und für die Männer des
Saron betete er /der Hohepriester im Allerheiligsten am Versöhnungstage): Möge
es o Gott dein Wille sein, dass nicht ihre Häuser zu ihren Gräbern
werden". Wie lebendig und greifbar nahe muss ihm am letzten Jom Kippur bei
der Asodah (Gottesdienst) dieser Gebetsatz gewesen sein, dem Vorbeter der
Synagogengemeinde zu Dieburg in Hessen nämlich. Musste er doch dabei an seine
Synagoge, an seine Gemeinde denken, an seine eigene Behausung, die mit dem
Synagogenbau im Versinken begriffen ist.
Vor einigen Monaten erschien ein Aufruf im "Israelit", der Hilferuf einer
Gemeinde, der Notschrei einer Synagoge, die im Sterben ist, aber leben möchte
und es ohne Hilfe von Außen nicht kann. Ein Aufruf, wie viele andere. Man las
ihn und legte ihn zu den vielen anderen Akten der Not in dieser kritischen Zeit.
Worte in Druckerschwärze vermögen wenig zu besagen über die Tragik des
Gotteshauses in einer lebenskräftigen Gemeinde, das nicht leben kann und nicht
sterben mag. |
Nun war ich an einem der Halbfeiertage selbst dort und sah den siechen Steinbau,
aus dem eine wunde Seele um Hilfe, um Rettung fleht! Eine graue Fassade, wie das
trübe schmerzverzerrte Gesicht eines Todkranken, schaut zur Straße. Dahinter
im Hofe die Innenmauern brüchig und bröckelnd an allen Ecken. Dach und Decke
senken sich hilflos wie nach letztem Halt suchend. Überall Risse und Spalten,
vom Schornsteine bis zur Grundmauer. Das Siechtum hat alle Organe des ganzen
hundertjährigen Baues so erfasst, dass örtliche Heilprozesse zwecklos, eine
Renovierung unmöglich ist. Eine neue Synagoge muss an Stelle der alten
erstehen, soll nicht anders die noch pulskräftige Gemeinde, ohne Zentrum, ohne
Lebensnerv selbst in Verfall geraten. Die Baupolizei wacht bereits mit scharfem
Auge über die Gefahr und völlige Schließung ist nur eine Frage von Wochen
oder Tagen. Was soll geschehen? Die Gemeinde Dieburg zählt heute noch einige
und vierzig Familien, unter denen die Steuerzahler, oder gar die kräftigen
Steuerzahler gezählt sind. Diese wollen mit ihrer Opferleistung bis zum
Äußersten gehen. Sie wollen 25-30.000 Mark aus eigenen Mitteln für den
Synagogenbau aufbringen. Das ist ungefähr ein Drittel von den Gesamtkosten. Wer
leistet den großen Rest?
Es handelt sich, das sei besonders bemerkt, nicht etwa um eine Gemeinde, die
sich eine Synagoge zum Luxus auf Anderer Kosten errichten möchte. Es ist eine
Gemeinde, die mit täglichem Gottesdienst, mit gutem Religionsunterricht, mit
einer zuverlässigen Schechita, mit fast ungeteilter Sabbatheiligung, mit einem
Lehrer, der, aus der alten Würzburg-Höchberger Schule hervorgegangen, seit 35
Jahren im Sinne dieser Schule lehrt und wirkt, mit allen Einrichtungen und
Attributen einer frommem Gemeinde, ein Stützpunkt der orthodoxen Landbezirkes
von Darmstadt ist. Wie sollte aber der heute noch kräftige Körper weiter leben
und gesund bleiben, wenn mit seiner Synagoge das Herz zu schlagen aufhört?! |
Wir wissen, es gibt in der großen Stadt näherliegende Not zu lindern, es muss
vielfach mit dem Nötigsten ausgeholfen werden. Aber darum sollte uns der Schrei
einer guten, ihre Pflicht tuenden Gemeinde nach dem geistigen Brot des Tages
nicht unberührt lassen. Wir haben noch Bevorzugte, die von ihrer Zedokoreserven
(sc. Zedoko = Wohltätigkeit) ein Mehr für Bleibendes erübrigen. Hier wäre
für ein jüdisches Mäzenatentum Gelegenheit geboten, an einem jüdischen
Kulturdenkmal mitzuarbeiten, das nicht aus totem Erz und Stein besteht, sondern
von dem Leben ausgeht für Land und Stadt.
Es werden heute alte Synagogen ausgegraben, in Persien, in Kleinasien, sogar in
China, man lässt sich etwas dafür kosten. Es wäre am Ende eine ebenso edle
Tat, eine noch bestehende Synagoge in noch blühender Gemeinde vor der
Verschüttung zu retten. Auch wenn sie in Dieburg bei Darmstadt liegt und nicht
in Hongkong in China.
Aber es soll hier kein Vorwurf erhoben, sondern nur die Aufmerksamkeit aller,
die es können, auf diesen Punkt gelenkt werden. Es unterliegt keinem Zweifel,
dass es nur dieser Anregung bedurfte. In Dieburg hat ein tatkräftiger Vorstand,
an dessen Spitze auch ein in Frankfurt und anderswo wohlklingender Name steht,
die Sache in der Hand. Damit ist auch die Stelle gezeigt, an die materiell
begüterte und ideal veranlagte Interessenten zum Zwecke dieser
Wiederaufbauarbeit im schönsten Sinne sich wenden möchten. |
Die vielfältigen Bemühungen sollten Erfolg haben. Der mit
der Dieburger Gemeinde verbundene Konsul a.D. Basch unternahm eine Reise nach
Amerika, um persönlich Beiträge zu sammeln, die Stadtverwaltung sagte die
kostenlose Lieferung des Bauholzes zu, weitere Spenden ging ein, sodass 1928 mit
dem Bau begonnen und dieser 1929 abgeschlossen werden konnte. Ein
Architektenwettbewerb war ausgeschrieben worden. Der Entwurf des Architekten
Emanuel Josef Margold, der nicht verwirklicht wurde, ist 1929 in einem Artikel
in der Zeitschrift "Menorah" (Jahrgang 1929, S. 279) vorgestellt
worden:
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Links: Der nicht verwirklichte Entwurf des
Architekten Emanuel Josef Margold |
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Erläuternde Bemerkungen zu dem Entwurf der Synagoge in
Dieburg. Die Aufgabe, die diesem Projekt zugrunde
liegt, lag darin, auf dem jetzigen Platz der alten Synagoge in Dieburg, einer
kleinen Kreisstadt in Hessen, einen einfachen, aber immerhin repräsentativen
Neubau erstehen zu lassen. Der Grundriss gliedert sich in der Hauptsache um den
nach Osten gelegenen Großen Betraum, im Verfolg daran den Kleinen Betraum,
anschließend die Schul- und Amtsräume der israelitischen Gemeinde. Es ist
selbstverständlich, dass eine derartige Aufgabe nur nach dem Gesetz der
Sachlichkeit gelöst werden kann.
Der Große Betraum liegt vertieft, die Betreihen steigen emporenartig an. Der Almemor
(= Toraschrein) nach Osten gerichtet, auf Stufen erhöht, dahinter die Orgel
eingebaut, wodurch die Mystik gesteigert wird. Das Ganze in Gold mit roten und
tiefblauen Farbabstufungen, Betreihen ebenfalls rot, der Fußboden in großen
schwarz-weißen Marmorplatten, die teilweise durchbrochen sind für die
Zuführung der im Keller befindlichen Warmluftheizung. Die Decke glatt gestuckt,
mit Goldfolien belegt und schelllackiert. Garderoben und Waschräume sowie die
Eingänge zur Synagoge getrennt nach Geschlechtern, wobei für die Frauen
eine eigene Galerie vorgesehen ist, die vom Betraum durch eine goldene Grillage
abgetrennt ist.
Der große Betraum ist durch zwei Stockwerke durchgeführt und befindet sich
anschließend rechts der große Sitzungs- und Versammlungsraum der Gemeinde,
links davon der Trausaal. Anschließend daran der kleine Betraum für Wochentage
mit einer eigenen Abteilung für Frauen. In diesem Stockwerk befinden sich noch
die Amtszimmer des Rabbiners, im zweiten Stockwerk die Wohnung desselben. Das
Lehrzimmer befindet sich im Parterre.
Die Architektur spricht ebenfalls eine einfache und würdige Sprache, wobei
vorgeschlagen wurde, die Fassade Bockhorner Klinker, blau verfugt, auszuführen.
Die beiden Eingänge werden durch silberne Laternen im Zeichen des Magen David
besonders gekennzeichnet.
Architekt Emanuel Josef Margold. |
Ausgeführt wurde der Entwurf des Architekten Dipl.-Ing. Rudolf Joseph aus
Wiesbaden. Er hatte eine Synagoge in modernstem Stil erstellt. 124 Männer
und 80 Frauen sollten in dem Gebäude Sitzplätze haben. Der Architekt
begründete den Stil seines Gebäudes so:
"Formal
habe ich versucht, zeitlos und dennoch modern zu bauen. Jedes Ornament ist dem
Wechsel der Zeiten unterworfen, darum ließ ich's weg. Ein Bau hängt in seiner
Wirkung niemals vom Zierrat, sondern nur von anständigen Proportionen ab. Ob
dies gelungen ist, darüber müssen andere urteilen, das ist nicht meine
Sache".
(Weiteres zur Architektur und zur Diskussion bei Hammer-Schenk s.Lit.).
Vom 7. - 9. Juni 1929 konnte mit einem großen
Fest der ganzen Stadt die Einweihung der neuen Synagoge gefeiert werden.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1929: "Dieburg,
27. Mai (1929). Der Ehrentag der kleinen Gemeinde naht heran. Am Sonntag,
den 9. Juni, wird die unter vielen Opfer neu errichtete schöne Synagoge
eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben werden. Die Feierlichkeiten
beginnen schon am Freitag Nachmittag mit der Überführung der Torarollen
in das neue Gotteshaus und einer Weiherede des Herrn Rabbiner Dr. Merzbach
aus Darmstadt. Am Samstag ist Festgottesdienst und Predigt. Die
Akademische Feier, unter Mitwirkung des Synagogenchors der Frankfurter
Israelitischen Religionsgesellschaft, zu der auch viele Gäste von
auswärts erwartet werden, findet Sonntag, den 9. Juni, mittags 1 Uhr
statt. Für Samstag- und Sonntagabend sind gesellschaftliche
Zusammenkünfte vorgesehen." |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13.
Juni 1929: Einweihung der neuen Synagoge in Dieburg. Dieburg, 9. Juni
(1929). Das schöne, saubere Städtchen Dieburg feierte ein Fest, von dem noch
Generationen in der Gemeinde und Umgebung sprechen werden. Schon Freitag Mittag
ging die eigentliche Einweihung und Übergabe mit Festzug, Hakofaus und
Festpredigt des Herrn Rabbiner vor sich. Am Sonntag fand man sich zum
Akademischen Weiheakte.
Helle Sonne brach sich in den ersten Morgenstunden aus dem grauen Nebel. Der
Marktplatz prangte im Fahnenschmuck. Auch die nichtjüdischen Häuser in der
Nähe gaben auf diese Weise ihrer freudigen Teilnahme am Feste der Juden in
Fahnen und Farben Ausdruck. Die Straßen trugen festliches Antlitz. Jeder Zug
brachte neue Gäste und die Autos sausten in langen Reihen aus allen
Zufuhrstraßen. Alles strömte dem neuen Gotteshause zu.
Ein schöner, schmucker Bau, nach allen Gesetzen der strengen Sachlichkeit und
Zweckmäßigkeit von Herrn Architekten Rudolf Joseph ausgeführt. Über der
heiligen Lage vermitteln zehn steile, bunte Fensterstreifen das Sonnenlicht. Im
Raume selbst keine Säulen und keine Seitenfenster, nichts, was ablenkt, alles
ist auf Einheitlichkeit und Sammlung berechnet. Almemor in der Mitte, die
Frauengalerie in Nischen geteilt. Ewige Lampen zum Andenken an die Gefallenen,
prachtvoller Porauchesschmuck (= Toraschreinvorhänge) u.v.m. zeugen noch
besonders vom Opfersinn der Gemeinde und einzelner Mitglieder.
Punkt 3 Uhr setzte der Synagogenchor der Frankfurter Israelitischen
Religionsgesellschaft unter Leitung des Herrn Neumann mit einem brausenden Mah
towu (= "wie lieblich...") ein. Die Synagoge, die oben und unten
zusammen etwa 180 Plätze hat, ist bis zu den Ausgängen gesteckt voll. Die
hellen Knabenstimmen und die prächtigen Tenöre und Bässe, abgetönt und im
Schwunge gehalten vom Dirigentenstab, hüllen den ganzen Raum in eine Woge von
Gesang und Andacht. Ein Solopsalmgesang des Herrn Kantor Frankfurt folgt, und
weitere Chorgesänge des Aus- und Einhebens schließen den ersten Akt ab. |
Nun betritt Herr Provinzialrabbiner Dr. Merzbach, Darmstadt, die Kanzel zu einer
tief in die Herzen gehenden Weiherede. Die Bedeutung des Gotteshauses liege
darin, dass man Gott hier finde und ihn ins Leben hinaustrage. Das "da
lifnei mi ata omed" (= "erkenne, vor wem du stehst") sei ein
Motto des Alltags. Die Tora, die auf dem Tische in der Mitte des Raumes
vorgetragen werde, sei Mittelpunkt im Gottes- wie im Familienhause. Keine drei
Tage ohne Tora, und bei jedem freudigen oder traurigen Anlass gibt es eine
"Aliah", einen Aufstieg zur Torahöhe. Mit Hinweis auf die Bedeutung
des ersten Siwan klingt die Weiherede in Segenswünschen für Gemeinde und
Gemeinschaft aus.
Der hochverdiente Vorsitzende, Herr Abraham Löb, der für den Synagogenbau
Jahre hindurch seine beste Kraft einsetzte, hat das zweite Wort. Er dankt in
bewegenden Worten zunächst Gott, dann verlas er eine große Liste von Namen in-
und außerhalb der Gemeinde, (insbesondere auch den eines Herrn Konsul Basch,
der in Amerika für den guten Zweck Geld gesammelt), denen die Gemeinde tiefen
Dank schuldet. Er begrüßt die Ehrengäste, unter denen sich Vertreter der
Regierung, der Staats- und der Stadtbehörden, der Geistlichkeit beider Konfessionen,
der Lehrerschaft und vieler jüdischer Körperschaften befinden. Er denkt auch
der gefallenen Helden, von denen flackernde Lichtflämmchen zeugen und schließt
mit einem wirkungsvollen Appell zu Frieden und Eintracht innerhalb der Gemeinde
und darüber hinaus unter den Konfessionen.
In tiefer Dankbarkeit spricht der Lehrerveteran, Herr Kaufmann, der beinahe ein
halbes Jahrhundert in der alten Synagoge als Vorbeter gewirkt und die Gemeinde
geistig geführt hat. Der für die Gemeinde und den Synagogenbau ebenfalls sehr
verdiente zweite Vorsitzende, Herr Bär, zollt Herrn Abraham Löb Dank für
seine beispiellose Aufopferung und erwähnt auch in Verehrung dessen Mutter, die
ehrwürdige Matrone Henriette Löb, die vor kurzem ihren 80. Geburtstag gefeiert
hatte und eine Mutter der Gemeinde, ein wahres mütterliches Interesse der neuen
Synagoge zuwendet. Herr Baumeister Joseph dankte dem Vorstand und seinen
Mitarbeitern und preist das Interesse der ganzen Gemeinde am wachsenden Bau. Ist
doch ein Achtzigjähriger (Herr Löb Lorch), auf das Dach gestiegen, um dort
nach dem Rechten zu sehen. Er bittet die Behörden, der Gemeinde bei der Durchführung
der weiter geplanten Bauten behilflich zu sein, was der Regierungsvertreter
sofort in einer überaus herzlichen Ansprache verspricht. Ebenso herzlich
spricht der Herr Bürgermeister von Dieburg, aus dessen Mund man erfährt, dass
die Stadt Dieburg alles Holz für den Synagogenbau gratis geliefert hat. An dem
schönen Frieden, der in Dieburg unter den Konfessionen herrscht, sagt er
ferner, haben die Herren Abraham Löb und Lehrer Kaufmann den größten Anteil.
Nun erlebt man ein kleines Wunder. Auf der Kanzel steht ein katholischer
Geistlicher, der Dekan der katholischen Gemeinde, ein älterer Herr mit guten
Augen, den grauen Kopf mit einem Rabbikäppchen bedeckt, und spricht schlicht
und ungezwungen, aber mit ehrlicher Begeisterung vom "Festhalten der
jüdischen Gemeinde an der Tauroh" (er sagt nicht Tora, sondern
"Tauroh"), vom Bekenntnis zu Haschem" (= Gott), von der
symbolischen Bedeutung des "Jad" und des "Taß" an der
Torarolle. Die Frömmigkeit und Gläubigkeit der jüdischen Gemeinde sei als
Muster hervorzuheben usw. Und nach ihm, in Zylinder und Schwarzrock, der Pfarrer
der evangelischen Gemeinde, der Jakob-Israel nennt und dessen tiefes Erleben
nach dem Traume, da er ruht: "Es ist dies ein Gotteshaus, und hier die
Pforte des Himmels!", zum Erleben dieser Stunde macht. Als jetzt ein
Frankfurter Laienredner (S. Schachnowitz) auf die Kanzel trat, die Worte der
beiden Geistlichen auffing, sie zusammenfassend in ihrer allertiefsten Bedeutung
gar mit einer schönen Midraschparabel illustrierte, erschollen spontane
Beifallskundgebungen in den Ernst der Feierstunde.
Es sprachen noch ferner ein Vertreter des Kreisschulamtes, ein am Bau
beteiligter Handwerker, ein Delegierter der Starkenburg-Loge in Darmstadt und
der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgesellschaft in Darmstadt, zugleich
im Namen des Darmstädter Landesverbandes. Der Vorsitzende dankte noch Herrn
Neumann und dem Synagogenchore, der diesen Dank mit einem herrlichen
Jigdal-Gesang quittierte. Damit war der Weiheakt zu Ende.
Sonntag Abend fanden die Feierlichkeiten noch mit einer zweiten gesellschaftlichen
Veranstaltung ihr Ende. Nun hat die Gemeinde ihre Synagoge, die täglich,
morgens und abends, Sabbat für Sabbat, zu einem Feste läst. Möge die Gemeinde
unter diesem Zeichen und unter ihren tapferen Führern wachsen und
gedeihen!
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Weiterer Bericht zur Einweihung in der
Zeitung des "Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen
Glaubens e.V," |
Bericht
in der CV-Zeitung vom 14. Juni 1929: "Am Sonntag, 8. Juni, wurde in
Anwesenheit der staatlichen Behörden, der Vertreter der drei Konfessionen
und unter Anteilnahme der ganzen Bevölkerung die neue Synagoge in Dieburg
eingeweiht, zu der die Mittel durch die unermüdliche Tätigkeit des
Gemeindevorstehers, unseres langjährigen Ortsgruppenvorsitzenden Abraham
Löb, aufgebracht worden waren. In allen Ansprachen kam das
außerordentlich gute Einvernehmen zwischen der christlichen und
jüdischen Bevölkerung zum Ausdruck. Unser Landesverband Hessen-Nassau
war durch seinen Syndikus bei der Feier vertreten. Besonders angenehm
berührte der Hinweis des protestantischen Geistlichen, dass er die Nöte
und unberechtigten Kämpfe der deutschen Juden seit Jahren aus unserem
Organ kenne und verfolge." |
Da über die gesammelten Spenden zur die Hälfte der Baukosten eingegangen
war, musste die jüdische Gemeinde zur Finanzierung der Bauschuld verschiedene
Hypotheken aufnehmen; von der Hessischen Landesbank bekam sie ein
Darlehen. Da in der NS-Zeit die Restschulden nicht mehr zurückbezahlt
werden konnten, beantragte die Bezirkssparkasse Groß-Umstadt eine
Zwangsversteigerung der Synagoge. Die Stadt Dieburg ersteigerte das Gebäude
für 2.000 Reichsmark.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung
der Synagoge durch die Standarte 186 der SA-Brigade 50 (Starkenburg)
demoliert. Das Gebäude wurde auf Grund der Eigentumsverhältnisse (inzwischen
städtischer Besitz) nicht zerstört. Ein geringer Teil der Ritualien
(Toramäntel) konnte
sichergestellt und später in die USA gebracht werden. Im Februar 1939 wurde die
Fassade der Synagoge verändert. Die zum Marktplatz vorspringende Apsis des
Toraschreines wurde abgebrochen und an seiner Stelle Fenster eingefügt. Vor dem
Gebäude wurden Pappeln gepflanzt, um das Gebäude dahinter zurücktreten zu
lassen. Im
März 1940 wurde das Gebäude von der Stadt für monatlich 125 RM an den
Reichsarbeitsdienst vermietet. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde es als Magazin und für Werkstätten verwendet.
Nach 1945 wurde die Synagoge für die im Bereich der Stadt
Dieburg lebenden mehrere hundert jüdischen DPs (Displaced Persons) wiederum
hergerichtet. Am 29. Juli 1947 wurde das Gebäude nach 50.000 Mark
kostenden einer Renovierung wieder als Synagoge geweiht.
Die
Zeitung "Darmstädter Echo" berichtete am 2. August 1947 über die
erneute Einweihung, an der etwa 2.000 Personen teilnahmen: Neue Synagoge in
Dieburg. Dr. Newman und Prof. Bergsträßer bei der Einweihungsfeier. Die
vierte Synagoge in Hessen wurde am Dienstag in Dieburg durch den jüdischen
Armeegeistlichen W. Z. Dalin vom amerikanischen Luftwaffenhauptquartier in
Wiesbaden eingeweiht. Neben den jüdischen Mitgliedern der Gemeinde Dieburg
wohnten zahlreiche amerikanische und deutsche Ehrengäste der Feier bei. Der
Direktor der Militärregierung für Hessen, Dr. Newman sagte in seiner
Ansprache, die Mission der Amerikaner in Deutschland sei erfüllt, wenn alle
Menschen gelernt hätten, tolerant gegeneinander zu sein. Der Berater General
Clays in jüdischen Angelegenheiten, Richter Levintal, überbrachte die Grüße
der in den Vereinigten Staaten lebenden Juden und des amerikanischen Volkes. In
Vertretung des hessischen Ministerpräsidenten überbrachte Regierungspräsident
Prof. Dr. Bergsträßer die Grüße und Glückwünsche der hessischen Regierung.
Der Chef des Verschlepptenlagers Dieburg, Moritz Weinroth, dankte den deutschen
Behörden für die tatkräftige Unterstützung, die sie der jüdischen Gemeinde
beim Aufbau der Synagoge gewährten. |
Nach nur einem Jahr Wiederbenutzung wurde die Synagoge
1948
wieder geschlossen. Fast alle der Displaced Persons waren nach Gründung des
Staates Israel ausgewandert. Wenig später wurde die Synagoge als Möbellager
(nach 1952),
für Wohnungen und als Kino. 1965 wurde die ehemalige Synagoge abgebrochen. An
ihrer Stelle wurde ein Supermarkt erstellt. Die letzten Reste der ehemaligen
Synagoge verschwangen mit dem Abbruch dieses Supermarktes 1986. Auf
dem Synagogengrundstück wurde 1988 ein Gebäude der Sparkasse erstellt. An diesem
Gebäude wurde eine Hinweistafel zur Geschichte des Grundstückes und der
Synagogen angebracht (siehe Foto unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Südwestecke des Marktplatzes
(Markt 17)
Fotos
(Quellen: Die historischen Fotos sind veröffentlicht in: Arnsberg
Bilder - Dokumente S. 45 (A); Hammer-Schenk Synagogen Bd. II Abb. 486-489 (H);
Ehrhard usw. Internet mit Quellenangabe: Keim s. Lit. (K); die meisten
Darstellungen/Fotos finden sich im Original im Stadtarchiv Dieburg und im Leo
Baeck Institute New York; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 17.3.2009)
Gebäude mit
Betraum von 1803-1869 in der Zuckerstraße 17 |
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Das mittelalterliche Haus
Zuckerstraße 17,
in dessen Hinterhaus der Betsaal
eingerichtet war |
Gebäude mit
Hinterhaus und Hinweistafel mit Text: "Zuckerstraße 17,
erbaut um
1470... Während des 19. Jahrhunderts im Hinterhaus Stall,
Schlachthaus
und zwischen 1803 und 1869 jüdischer Betraum". |
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Die alte Synagoge von 1868/69 |
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Die Baupläne für die
Synagoge 1868 (K) |
Die im Juni 1869 eingeweihte
Synagoge
(A, K) - umgebautes ehemaliges
"Berberich-Schlösschen" |
Abbruch der alten Synagoge
1929, im
Hintergrund bereits der Neubau (K) |
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Bauplan und Modell
der neuen Synagoge |
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Grundriss der Synagoge, links
das
Obergeschoss mit der Frauenempore (H) |
Das von Architekt Rudolf
Joseph erstellte
erste Modell der neuen Synagoge (H, K) |
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Die 1928/29
erbaute Synagoge - Blick von Osten auf die Apsis mit dem Toraschrein
(rechts A, H, K, links Zeitschrift Israelit 13.6.1929) |
Einweihung der
Synagoge (K) |
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Innenansicht der
Synagoge - Blicke zum Toraschrein (rechts H, beide bei K) |
Modell der Synagoge der
Forschungsgemeinschaft
für jüdische Architektur Bet Tfila Modell |
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Modell der Synagoge: im Februar 2009
wurde ein Modell der Dieburger Synagoge von dem Modellbauer Bastet nach
Dieburg gebracht und dem Verein "Freunde und Förderer Museum Schloss
Fechenbach Dieburg e.V." übergeben. Zu der Sonderausstellung
"Jüdisches Leben in Dieburg" wird das Modell offiziell vom
Verein dem Museum als Geschenk übergeben werden und in einem der
Dauerausstellungsräume seinen Platz finden. Quelle: Website
des Vereins "Freunde und Förderer Museum Schloss Fechenbach Dieburg
e.V." |
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Ansicht des
Synagogenmodells (Synagoge von außen) |
Innenansicht |
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Blick zum
Toraschrein |
Im Betsaal der Männer |
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Nach 1945 (Quelle
für obere Zeile:
Digitales
Archiv des Hessischen Staatsarchives Darmstadt) |
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Die Synagoge 1946 |
Programm der
Einweihung der Synagoge in Dieburg am 29. Juli 1947 |
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Nach der endgültigen Schließung der
Synagoge
nach 1952 / nach 1965
(Quelle: Keim s.Lit.) |
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1952: Aus der Synagoge
wurde ein
Möbelgeschäft - die Mauern der
Synagoge sind noch sichtbar. |
Der nach 1965 erbaute Einkaufsmarkt
an Stelle der
Synagoge
(Foto um 1970). |
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Das ehemalige
Synagogengrundstück
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 17.3.2009) |
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Text der Tafel: "Dieburg, Markt
17 - Auszug aus der wechselvollen Geschichte dieses Platzes,
die über Jahrzehnte durch das religiöse Leben der ehemaligen jüdischen
Gemeinde geprägt wurde.
vor 1760 Barockhaus des Kurmainzer Rates Haberkorn.
bis 1793 Berberich-Schlösschen. Landsitz der kaiserlich-Taxisschen
Oberpostmeister Freiherren von Berberich
1868 Erwerb durch die Israelitische Gemeinde, Umbau zur
Synagoge.
9.6.1929 Einweihung des im Bauhausstil errichteten Synagogenneubaus.
Die jüdische Gemeinde umfasste damals 175 Personen.
Nach 1933 ging die Zahl unter dem Druck des Nationalsozialismus stark
zurück.
1937 Erwerb durch die Stadt Dieburg im Zwangsversteigerungsverfahren.
Vermietung als Verwaltungs- und Lagergebäude.
29.7.1947 Wiedereinweihung der Synagoge.
1951 Übertragung des Eigentums auf die Nachfolgeorganisation jüdischer
Gemeinden IRSO Inc. New York / Frankfurt
1952 Verkauf, Umgestaltung zum Möbelgeschäft.
1957 Weiterverkauf, Ausbau als Lichtspieltheater.
1965 Abbruch, Neubau eines Supermarktes.
1988 Neubau der Sparkasse Dieburg." |
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
März 2009:
Ein "Gedankenstein" soll im
Fechenbachpark als Erinnerung an die jüdischen Familien Dieburgs
aufgestellt werden. |
Artikel vom 7. März 2009 im "Dieburger Anzeiger" (www.da-imnetz.de;
Artikel)
Gedankenstein erinnert an die jüdischen Familien Dieburgs.
Dieburg - Eine Familie geht fort. Alle sind solide gekleidet, der Vater trägt Koffer und Regenmantel, die Mutter feste Schuhe und einen Rucksack.
Aber wohin geht die Reise der vier Personen, von denen nur das kleine Kind auf dem Arm der Frau zurückblickt - dem Betrachter ins Gesicht?..." |
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Juni 2009:
Vereinsgründung um Zusammenhang mit der
Verwirklichung des "Gedankensteines geplant. |
Artikel vom 18. Juni 2009 im "Dieburger Anzeiger" (www.da-imnetz.de;
Artikel)
Relief soll im Fechenbachpark an vertriebene jüdische Familien Dieburgs erinnern.
Schritte zum Gedankenstein.
Dieburg - (mj) "Unsere Vereinsgründung steht kurz bevor", sagt Michael Maschek und spricht damit die wichtigste Entwicklung der letzten Zeit an.
"Hätten wir uns anderen Vereinen oder Gruppen angeschlossen, gäbe es vielleicht steuerliche Restrisiken wegen der Spendeneinnahmen."..."
Wer sich am PC ein Bild machen will vom künftigen "Gedankenstein", hat dazu im Internet die Gelegenheit:
http://www.gedankenstein-dieburg.de |
|
August 2009:
Ausstellung "Jüdisches Leben in Dieburg"
wird am 2. September 2009 eröffnet |
Artikel im "Dieburger Anzeiger" (www.da-imnetz.de;
Artikel)
Jüdisches Leben lebt wieder.
Dieburg - Am Mittwoch, 2. September, eröffnet Bürgermeister Dr. Werner Thomas die Sonderausstellung
"Jüdisches Leben in Dieburg" im Museum Schloss Fechenbach. Die als Wanderausstellung konzipierte Schau, die auch an Schulen und weitere Institutionen entliehen wird, soll die Bedeutung von über 600 Jahren jüdischen Lebens in der Stadt Dieburg veranschaulichen..." |
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September 2009: Ausstellung
"Jüdisches Leben in Dieburg" ist eröffnet |
Artikel
vom 5. September 2009 von Laura Hombach in www.da-imnetz.de:
Im Lichtschein der Synagoge
Dieburg - Ein Grabstein mit hebräischer Inschrift zieht sich wie ein roter Faden - von der Einladung bis zu den Bildhintergründen der Texttafeln - durch die Ausstellung
"Jüdisches Leben in Dieburg", die am Mittwochabend im Museum Schloss Fechenbach eröffnet
wurde..." |
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Dezember 2009:
Filmdokumentation im Rahmen der Ausstellung
"Jüdisches Leben in Dieburg" |
Artikel in der "Frankfurter
Rundschau" (fr-online.de, Artikel):
"Dieburg. Damals im Café Goldschmitt.
Zur derzeitigen Ausstellung "Jüdisches Leben in Dieburg" im Schloss Fechenbach gibt es jetzt auch eine Filmdokumentation zu sehen. Sie besteht aus Interviews, die vor allem den letzten Abschnitt jüdischen Lebens in Dieburg bis zur Vertreibung und Ermordung der jüdischen Mitbürger nach der Machtergreifung Hitlers 1933 behandeln..." |
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Plakat
zur Ausstellung "Jüdisches Leben in Dieburg", die vom 3. September 2009 bis 6.
Januar 2010 im Museum Schloss Fechenbach stattfand.
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April 2016: Präsentation
von Architekturmodellen der Synagogen und anderer Gebäude in Dieburg |
Artikel von Reinhard Jörs in echo-online.de
vom 22. April 2016 (nur in Auszügen zitiert): "Einblick in
die Geschichte der Juden in Dieburg. DIEBURG - Dieburg ist eine Stadt mit langer Geschichte, zu der über sechs Jahrhunderte jüdische Mitbürger gehörten. Sie hatten mittendrin, am Markt, ihr beeindruckendes Gotteshaus. In Modellen und einem Vortrag werden die Dieburger Synagogen und Teile des früheren Marktplatzes nun von Delp-Schülern und ihrem Lehrer wieder hergestellt.
Am Mittwoch, 27. April, um 19 Uhr wird im Museum Schloss Fechenbach eine kleine Präsentation mit Architekturmodellen eröffnet, die von Schülern der Alfred-Delp-Schule in Dieburg im Kunstunterricht angefertigt wurden. Die Schüler haben sich mit dem Dieburger Marktplatz beschäftigt und die Situation ums Jahr 1928/29 rekonstruiert...
Zu sehen gibt es die alte Synagoge (gestaltet von Henrik Becker), die wegen Baufälligkeit 1928 abgerissen werden musste und die neue Synagoge (Jan Hendrik Krumbach und Leon Schnaut), die die NS-Gewaltherrschaft und den Krieg überstanden hatte, allerdings nicht die spätere Nachkriegszeit...
In der Ausstellung der Schüler sind zudem Fachwerkhäuser (erstellt von Jan Hölschke) an der Stelle der heutigen Volksbank zu sehen, ferner der Mainzer Hof (Barbara Chan), die alte Schmiede und der
'Kaufmann Loeb' (Kristina Splanemann und Marcel Hussain), wo die heutige Bücherinsel ist.
Fotos und Pläne aus Büchern zur Dieburger Geschichte, Recherchen im Dieburger Stadtarchiv mit hilfreicher Unterstützung durch Stadtarchivar Jona Ostheimer und im Internet waren die Grundlage für den Bau der Modelle aus drei Millimeter Finnpappe.
André Gensert entwickelte am Computer ein dreidimensionales Bild des ersten Entwurfs für die neue Synagoge, von dem nur ein Modellfoto erhalten ist, und gestaltete das Plakat zur Veranstaltung...
Kursleiter Rolf Peters wunderte sich bei den Recherchen, dass die Dieburger Synagogen ihren Platz direkt am Marktplatz hatten, wo doch Gotteshäuser anderer Religionen heutzutage oftmals eher in den Randzonen der Städte zu finden seien. Er ging dieser Frage nach und forschte auch über den Architekten der Neuen Synagoge Rudolf Joseph, der nahezu unbekannt ist.
Joseph wurde 1893 in Pforzheim geboren, lebte und arbeitete in Wiesbaden und emigrierte 1933 über Paris nach New York, wo er 1963 starb. Seine Schwester Mely Joseph stellte 1914 in Darmstadt bei der letzten großen Ausstellung auf der Mathildenhöhe aus und tötete sich 1920 in Berlin selbst.
Wann und wo Die Ausstellung im Schloss Fechenbach beginnt am Mittwoch, 27. April, um 19 Uhr. Zur Eröffnung wird Kunstlehrer Rolf Peters die Ergebnisse seiner Recherchen in einem Vortrag vorstellen. Der Eintritt ist frei."
Link
zum Artikel |
Vgl. Artikel von Michael Just in
op-online.de (DA-imNetz.de) vom 2. Mai 2016: "Alfred-Delp-Schule Dieburg.
Im Kunstunterricht ersteht die Synagoge neu..."
Link zum Artikel |
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Oktober 2016:
Bronze-Skulptur ("Gedankenstein") erinnert an die Deportation und
Ermordung von Juden |
(Fotos erhalten von Henning Lamb). Am Landratsamt in Dieburg wurde 75
Jahre nach der Deportation der letzten jüdischen Einwohner in Dieburg ein
Bronze-Relief enthüllt. Sieben Jahr brauchte die Verwirklichung des
Denkmals von der Idee bis zur Enthüllung durch ein ein "langes,
unwürdiges Hin und Her, wie auch zur Finanzierung und dem Anteil der
Stadt Dieburg...". . Auf der Rückseite des Mahnmales finden sich 39
Namen jüdischer Personen aus Dieburg, die in der NS-Zeit deportiert und
ermordet wurden.
Dazu Artikel von Reinhard Jörs in echo-online.de vom 9. Oktober 2016:
"Vor dem Landratsamt in Dieburg erinnert Bronze-Skulptur an
Vertreibung und Tod von Juden..."
Link: Vor dem Landratsamt in Dieburg erinnert Bronze-Skulptur an Vertreibung und Tod von Juden (Echo Online, 09.10.2016) |
Links:
Rückseite des "Gedankensteines" mit 26 Namen von aus Dieburg
deportierten und ermordeten jüdischen Personen. |
"Stolpersteine"
in der Frankfurter Straße 15
für Max Lorch (1883), Sigrid Lorch (1923) und
Ida Lorch geb. Wolf (1892),
alle drei nach der Deportation ermordet in Majdanek |
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Hinweis: Die Verlegung von
"Stolpersteinen" ist in Dieburg - im Gegensatz zu Städten der
Umgebung wie Darmstadt oder Groß-Umstadt - auf öffentlichem Gelände
bislang nicht zulässig. Nach Angaben der Stadtverwaltung hätten die
angefragten "Juden" eine Verlegung abgelehnt. Allerdings ergab eine
telefonische Umfrage beim Landesverband des jüdischen Gemeinden in Hessen
zu dieser Haltung der Stadtverwaltung allgemeines Unverständnis.
In Darmstadt war sollten vor einigen Jahren "Stolpersteine" für
die Dieburger Familie Lorch verlegt werden, das diese in Darmstadt in
einen "Judenhaus" vor der Deportation untergebracht waren.
Angehörige in den USA sprachen sich für eine Verlegung von
Stolpersteinen nicht am Darmstädter "Judenhaus" aus, sondern am
letzten "bürgerlichen" Wohnsitz der Familie in Dieburg. Die Eigentümer des Dieburger Hauses waren sofort einverstanden,
stießen jedoch auf eine Absage der Stadtverwaltung Dieburg. Sie haben daher die drei Stolpersteine in ihrer Hofeinfahrt, Frankfurter
Straße 15, 5 cm vom öffentlichen Trottoir entfernt, eingelassen (Fotos
oben). |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 163; III,1 S. 225-229. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 1 S. 134-137. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 45. |
| Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte
einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. Teil I S. 528-531;
Teil II Abb. 486-489. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 125-126. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 110. |
| Günther Keim: Beiträge zur Geschichte der Juden in
Dieburg. 1993. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 33-34. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 163-166. |
| Günter
Keim: Beiträge zur Geschichte der Juden in Dieburg. Hrsg. vom
Magistrat der Stadt Dieburg. Dieburg 1993. 340 S. mit zahlr. hist.
Photoaufnahmen. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Dieburg Hesse.
Established in the 14th century, the community numbered 175 (3 % of the total)
in 1910. Its new Orthodox synagogue (1929), registered as town council property,
was not destroyed on Kristallnacht (9-10 November 1938). Of the 159 Jews
living there in 1933, 90 had emigrated by May 1939; 16 others were eventually
deported. A 1.000-strong community of Polish Jews existed in Dieburg after
Wordwar II; most emigrated to Israel.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|