Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Schornsheim mit Gabsheim (VG Wörrstadt, Landkreis Alzey-Worms)
und Undenheim (VG Nierstein-Oppenheim, Landkreis Mainz-Bingen) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Kennkarten aus der NS-Zeit   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

      

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In Schornsheim lebten Juden spätestens seit dem 18. Jahrhundert. Zwischen 1713 und 1738 wohnten neun jüdische Familien am Ort. Jede Familie hatte 3 Gulden Schutzgeld an die Ortsherrschaft zu bezahlen. Eine jüdische Gemeinde begann sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu organisieren. 
     
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 7 jüdische Familien, 1828 67 jüdische Einwohner, 1861 103 (8,4 % von insgesamt 1.219 Einwohnern), 1880 103 (9,3 % von 1.170), 1900 62 (5,5 % von 1.128), 1910 42 (3,7 % von 1.122). Zur jüdischen Gemeinde Schornsheim gehörten auch die in Gabsheim und Undenheim lebenden jüdischen Personen.      
   
1900 waren die Gemeindevorsteher Jakob Löwenstein (bereits mindestens seit 1877), Julius Michel (Michl) und Joseph Baum. 
      
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Die Stelle war häufig neu zu besetzen (siehe Ausschreibungen unten). Unter den Lehrern sind bekannt: Jacob Gottschall (spätestens seit Ende der 1850er-Jahre, siehe Berichte unten), Lehrer Eisenberger (der sich um 1890 unter Vorstand Jakob Löwenstein für die Renovierung der Mikwe und der Synagoge engagierte, siehe Bericht unten), Lehrer Jacob (unterrichtete 1893 auch die Kinder in Niedersaulheim), um 1895 Lehrer Levin (unterrichtete 1895 auch die Kinder in Niedersaulheim), um 1897 D. Freytag (unterrichtete auch die Kinder in Niedersaulheim) und Otto Grünebaum aus Partenheim, der es freilich nur wenige Monate am Ort aushielt (siehe Anzeigen unten). Die Gemeinde war dem Bezirksrabbinat in Alzey zugeteilt.      
     
Eine besondere Rolle spielten in der jüdischen Gemeinde und am Ort Mitglieder der Familie Löwenstein. Jakob Löwenstein wurde bereits als langjähriger Gemeindevorsteher in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts genannt. Seine Brüder stifteten bei ihrer Auswanderung (in den 1880er-Jahren ?) nach den USA (Tennessee) einen größeren Betrag für die Renovierung der Synagoge (siehe Bericht unten), aber auch für die Glocken der evangelischen Kirche. Nach dem Ersten Weltkrieg war Eugen Löwenstein stellvertretender Bürgermeister, sein Vater Hermann Löwenstein III. war damals Leiter des Versorgungsamtes. Eugen Löwenstein ermöglichte durch Sammlungen, Konzerte usw. die Errichtung eines Kriegerdenkmals. Er selbst war mit 17 Jahren Kriegsfreiwilliger, wurde schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.  
 
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Emil Michel (geb. 23.9.1887 in Schornsheim, gef. 23.10.1918) und Hermann Strauß (geb. 24.6.1899 in Schornsheim, gef. 28.5.1918). Außerdem ist gefallen: Adolf Michel (geb. 27.6.1887 in Schornsheim, vor 1914 in Albersweiler wohnhaft, gef. 17.3.1915).  
   
1919 war Bruno Michel Mitglied des Gemeinderates.  
   
Um 1924, als noch 36 jüdische Personen in Schornsheim lebten (3,0 % von insgesamt 1.210 Einwohnern, dazu drei Personen aus Gabsheim), war Gemeindevorsteher Leopold Strauß. Als Schochet war Martin Löwenstein tätig.    
     
1933 wurden noch 28 jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren sind die meisten von Ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien von Ort verzogen oder ausgewandert. Die jüdische Gemeinde selbst ist bereits Anfang 1933 unter ihrem letzten Gemeindevorsteher Hermann Löwenstein aufgelöst worden. Dieser konnte im Jahr 1938 noch nach Amerika auswandern. 1939 wurden noch zwei jüdische Einwohner gezählt, Ende 1940 noch eine Person. 
      
Von den in Schornsheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Johanna Aron geb. Löwenstein (1867), Bruno Baum (1883), Emma Baum (1875), Henriette (Henny) Baum (1878), Julius Baum (1887), Otto Baum (1879), Pauline Baum (1872), Rosalie Hirsch geb. Löwenstein (geb. 1865), Lotte Magdalena Koch (1927), Rosa Koch geb. Straus (1896), Ruth Koch (1926), Irene Löwenstein (), Irene Mayer geb. Löwenstein (1919), Nelly Mayer geb. Michel (1886), Albert Michel (1876), Benno (Bruno) Michel (1886), Bruno Michel (1879),  Emilie Michel geb. Mayer (1891), Julius Michel (1914), Nelly Mayer geb. Michel (1886), Karoline (Lina, Leonie) Rheinstein geb. Braun (1877), Sara Straus geb. Löwenstein (1866), Selma Straus* (1901), Erna Welker geb. Kahn (1898), Frieda (Friedericke) Wolff geb. Michel (1890). 
*) Gedenkblatt des Aktiven Museums Spiegelgasse Wiesbaden für Selma Straus und ihre Kinder Hermann und Inge (pdf-Datei).  
  
Aus Gabsheim ist umgekommen: Elisabetha Kahn (geb. 1876 in Gabsheim, später in Mainz).  
Über die aus Undenheim umgekommenen Personen siehe auf der Seite zu Undenheim.  
 
Im Gedenkbuch des Bundesarchivs wird auch eine in Udenheim geborene Person aufgeführt, die nach der Deportation umgekommen ist: Katharina Edinger geb. Kahn (geb. 1874 in Udenheim, später in Mainz). Weitere Informationen zu einer in Udenheim lebenden Familie Kahn liegen noch nicht vor.    
  
  
 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet  

Schornsheim Israelit 27101875.jpg (31829 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1875: In der Israelitischen Gemeinde zu Schornsheim (Rheinhessen) ist die Stelle eines Religionslehrers, Chasan (Vorsänger) und Schochet zu besetzen. Fixer Gehalt 600 Reichs-Mark; Nebeneinkünfte. Schöne, freie Wohnung. Meldungen sind zu richten an den Vorstand
  
Schornsheim Israelit 07031877.jpg (32860 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1877: "In der Israelitischen Gemeinde zu Schornsheim bei Mainz ist die Stelle eines Religionslehrers, der zugleich als Chasan und Schochet fungieren soll, zu besetzen. Gehalt 700 Mark, Nebeneinkünfte 300 Mark, freie Wohnung. Eintritt sobald als möglich. Meldungen an Jakob Löwenstein."  
 
Schornsheim Israelit 04031889.jpg (33753 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1889: "Die Stelle eines tüchtigen Lehrers, Chasan und Schochet ist sofort zu besetzen. 
Gehalt 5-600 Mark nebst freier Wohnung. Nebenverdienste ca. 300 Mark. 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde in Schornsheim bei Mainz: Jakob Löwenstein."   
 
Schornsheim Israelit 28101891.jpg (43696 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1891: "Ein deutscher, seminaristisch gebildeter Lehrer, Chasan und Schochet per 1. November oder 1. Januar gesucht. Gehalt 600-700 Mark nebst freier Wohnung mit Garten. Nebenverdienst 200-300 Mark. Zeugnisse sind zu richten an Herrn Jacob Löwenstein, Vorsteher der Gemeinde Schornsheim bei Mainz."    
 
Schornsheim Israelit 01021892.jpg (44324 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1892: "Chasan, Schochet und Lehrer per sofort gesucht. Gehalt 600-700 Mark bei freier Wohnung und Heizung. Nebenverdienste ca. 200-250 Mark. Verheiratete und Ausländer werden berücksichtigt. 
Der bereits Engagierte konnte wegen Militärdienst die Stelle nicht antreten. 
Vorstand Jakob Löwenstein, Schornsheim bei Mainz."   
 
Schornsheim Israelit 11031895.jpg (47960 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1895: "Wir suchen per 1. April einen Religionslehrer, Chasan und Schochet. Fixes Gehalt 6-700 Mark. Nebenverdienste 2-300 Mark. Freie Wohnung nebst schönem Garten und Heizung. Meldungen sind zu richten an den 
Vorstand Jakob Löwenstein, Schornsheim bei Mainz."   
 
Schornsheim Israelit 05111900.jpg (41252 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1900: "Die israelitische Religionslehrerstelle ist sofort zu besetzen als Lehrer, Schochet und Chasan. Gehalt 700 Mark nebst freier Wohnung und Heizung. Nebenverdienst ca. 300 Mark. Reflektierende wollen sich an den 1. Vorsteher Herrn Jacob Löwenstein in Schornsheim bei Mainz wenden."    
 
Schornsheim Israelit 11031901.jpg (43222 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1901: "Die israelitische Religionslehrerstelle ist sofort zu besetzen als Lehrer Schochet und Chasan. Gehalt 700 Mark nebst freier Wohnung und Heizung. Nebenverdienst ca. 300 Mark. Reflektierende wollen sich an den 1. Vorsteher Herrn Jacob Löwenstein in Schornsheim bei Mainz wenden."  
 
Schornsheim Israelit 03071902.jpg (44082 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1902: "Die israelitische Gemeinde Schornsheim bei Mainz sucht sofort einen Religionslehrer, Kantor und Schochet. Gehalt Mark 650, nebst freier Wohnung und Heizung. Neben-Einkommen ca. Mark 250. Bewerber wollen sich wenden an den Vorstand 
Jakob Löwenstein
, Schornsheim."  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1902:  "Die israelitische Gemeinde Schornsheim bei Mainz sucht sofort einen Religionslehrer, Kantor und Schochet. Gehalt Mark 700, eventuell höher, nebst freier Wohnung und Heizung. Neben-Einkommen ca. Mark 250-300. Bewerber wollen sich wenden an den Vorstand 
Jakob Löwenstein,
Schornsheim."  
  
Schornsheim FrfIsrFambl 22011904.jpg (31493 Byte)Ausschreibung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Januar 1904: "Schornsheim (Rheinhessen). Religionslehrer, Vorbeter und Schochet per gleich oder 1. März. Gehalt 700 Mark sowie ca. 250 Mark Nebeneinkommen und freie Wohnungen. Meldungen möglichst verheirateter Bewerber an den Vorsteher Herrn Jacob Löwenstein zu richten."  
 
Ausschreibung im "Frankfurter Israelitischen Familieblatt" vom 7. April 1905: "Schornsheim bei Mainz. Religionslehrer, Vorbeter und Schächter per sofort. Mark 950 Einkommen und freie Wohnung."    

       
Lobende Erwähnung der Religionsschule in Schornsheim (1858)
    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Juli 1858: "Wenn in einer Korrespondenz aus Worms neulich (in No. 22 dieser Zeitung) von der Gleichgültigkeit mehrerer Landgemeinden des Kreises Worms gegen allen Religionsunterricht gesprochen wurde, so muss andererseits wieder hervorgehoben werden, dass in einem anderen Teile Rheinhessens gerade die bestgestellten Schulen des Großherzogtums sich befinden, dass zum Beispiel in Oppenheim, Guntersblum, Odernheim, Niederwiesen und Bechtheim gut dotierte Elementarschulen mit definitiv vom Großherzoge angestellten Lehrern sich befinden, die zumeist seit langen Jahren dort wirken, und dass außerdem die Lehrer in Schornsheim, Sprendlingen von ihren Gemeinden freiwillig als Religionslehrer etc. definitiv angestellt sind, außer anderen, die wir vielleicht nicht wissen; und dass aus all diesem zu schließen ist, dass es um das jüdische Schulwesen hierzulande nicht so schlecht bestellt ist."       

     
Während der Zeit von Lehrer Jacob Gottschall in Schornsheim: 3. Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens in Schornsheim (1859)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Juli 1859: "Aus Rheinhessen, Juni (1859). Am 12. dieses Monats, Pfingstsonntag, wurde in Schornsheim bei Wörrstadt die 3. Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens abgehalten. Sie war von 10 Lehrern besucht. Viele bewährte Mitglieder waren durch das schlimme Wetter, das die Wege fast ungangbar machte, abgehalten. Ein Abgeordneter der (oberhessischen) Büdinger Konferenz - Herr Lehrer Brandeis aus Staden - leitete die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die seinerzeit veröffentlichten Beschlüsse der Offenbacher Versammlung, und beantragte das Zusammenwirken beider Konferenzen, um deren Ausführung zu erstreben. Die Versammlung beauftragte in Folge dessen Herrn Lehrer Stettenheimer aus Oppenheim, sich mit einem Mitgliede der Büdinger Konferenz persönlich nach Darmstadt zu begeben, um das Tunlichste zu erwirken. Außerdem besprach die Versammlung das Thema 'über den Unterricht im Pentateuch-Übersetzen', das durch ein interessantes Referat des Herrn Lehrer Gottschall aus Schornsheim eingeleitet wurde. Die betreffenden Verhandlungen werden in der nächsten Konferenz, welche zu Oppenheim am Rhein wahrscheinlich am 2. Halbfeiertag von Sukkot (= Sonntag, 16. Oktober 1859) stattfinden wird, fortgesetzt werden, und werden wir seinerzeit hierüber Bericht erstatten.   
Dankend müssen wir erwähnten, dass von dem Herrn Rabbiner Leopold Stein in Frankfurt am Main und von Herrn Dr. S. Formstecher, Rabbiner in Offenbach, sowie von mehreren andern geehrten Herren wertvolle Bücher als Geschenke für unsere Bibliothek durch den Bibliothekar des Vereins Klingenstein von Odernheim uns zugekommen. Die Versammlung beauftragte ihr Büro, den freundlichen Gebern ihren Dank in geeigneter Weise auszusprechen."           

    
Bericht zu einem der Lehrer der Gemeinde: Jacob Gottschall (Lehrer in Schornsheim Anfang der 1860er-Jahre), Artikel zu seinem Tod 1904  

Michelstadt AZJ 22011904n.jpg (137036 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Januar 1904: "Michelstadt, im Januar (1904). Am 26. vorigen Monats stark plötzlich infolge eines Herzschlages der pensionierte Lehrer Jacob Gottschall im Alter von 78 Jahren. Er fungierte als Religionslehrer und Kantor in Schornsheim (Rheinhessen), Viernheim und Michelstadt i.O., in letzterer Gemeinde ca. 25 Jahre. Hier wurde er auch an der großherzoglichen Realschule sofort als israelitischer Religionslehrer angestellt. Die verschiedenen Dirigenten der Schule schätzten ihn hoch und anerkannten seine unterrichtlichen Erfolge. Vor ca. 2 Jahren, als er in Pension trat, legte er auch dieses Amt krankheitshalber nieder. Seine musikalische Befähigung wurde in Michelstadt bald bekannt, und der Gesangverein ‚Liederkranz’, dem die besseren Elemente der Stadt angehören, wählte ihn zu seinem Dirigenten. Er wurde mit der Zeit Freunde und Berater und Helfer vieler Familien der Stadt; er diente Arm wie Reich in gleicher Liebe und Hingebung. So kam es, dass er von allen wieder geliebt wurde, was sich deutlich bei seinem Leichenbegängnisse zeigte. Am Grabe entwarf Rabbiner Dr. Marx-Darmstadt ein getreues Lebensbild des verdienten Lehrers, des sorgenden Gatten und Vaters, des treuen Freundes und Kollegen, das Herzen rührte und vielen Tränen in die Augen lockte. Darnach ergriff Lehrer Wertheimer – Heldenbergen als Vorsitzender des israelitischen Lehrervereins im Großherzogtum Hessen das Wort, um dem Heimgegangenen, der seit Gründung des Vereines eines seiner eifrigsten Mitglieder war, warme Worte des Nachrufes zu widmen. Er betonte, dass er der Stolz des Vereines war, zu dem alle Mitglieder mit Hochachtung und Verehrung aufblickten. Er blieb bis zum Ende der treue, aufopfernde Lehrer. Nebst verschiedenen Remunerationen seitens der großherzoglichen Staatsregierung verlieh ihm der Großherzog das silberne Kreuz des Verdienstordens Philipps des Großmütigen."

     
70. Geburtstag von Lehrer Markus Kahn (in Hechtsheim 1931) 
Anmerkung: Markus Kahn ist am 18. Januar 1861 in Westerburg geboren, besuchte 1874 bis 1876 die Präparandenschule in Höchberg, dann bis 1879 das israelitische Lehrerseminar in Würzburg. Nach Abschluss der Ausbildung war er von 1879 bis 1882 Lehrer in Schornsheim (mit Niedersaulheim und Udenheim), 1882 Lehrer in Flonheim, anschließend Lehrer in Rimbach, dann Külsheim; von 1899 bis 1911 Lehrer in Bernkastel, und von 1911 bis 1931 Lehrer in Hechtsheim
Markus Kahn war zum einen 1879 bis 1882 Lehrer in Schornsheim und nochmals zwischen 1911 bis 1931 von Hechtsheim aus Lehrer u.a. in Schornsheim.   

Artikel im "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Religionsgemeinden in Hessen" Nr. 1 1931: "Hechtsheim (in Rheinhessen). Am 18. Januar 1931 kann Herr Lehrer M. Kahn, der seit 20 Jahren in der hiesigen Gemeinde als Lehrer, Vorbeter und Schochet tätig ist, seinen 70. Geburtstag feiern. Herr Kahn ist am 18. Januar 1861 in Westerburg, Provinz Hessen Nassau, geboren, fand als dreizehnjähriger Jüngling Aufnahme in der israelitischen Präparandenschule zu Höchberg bei Würzburg und trat nach zweieinhalbjähriger Vorbildung in dieser Präparandie in das Israelitische Lehrerseminar in Würzburg ein. Als er im Jahre 1879 diese Lehrerbildungsanstalt verließ, fand er sofort Anstellung in der damals starken israelitischen Gemeinde Schornsheim, Rabbinatsbezirk Alzey. Von hier aus erteilte er auch den Religionsunterricht in Nieder-Saulheim und Udenheim. Nach drei Jahren siedelte er nach Flonheim bei Alzey über und fand dann eine umfangreiche Tätigkeit in Rimbach im Odenwald. Nach sechsjähriger Tätigkeit in dieser Gemeinde fand er eine Anstellung in Külsheim, Rabbinat Mosbach in Baden. Nach einer weiteren Amtstätigkeit von zwölfeinhalb Jahren in Bernkastel an der Mosel wurde Herr Kahn, wie oben erwähnt nach Hechtsheim berufen. Neben seinen Hechtsheimer Obliegenheiten versieht Herr Kahn auch die Unterrichts- und Schächter-Tätigkeit in Ebersheim-Harxheim, Hahnheim, Bodenheim, Undenheim und Schornsheim. Seit über 50 Jahren ist so Herr Lehrer Kahn im Dienste jüdische Gemeinden tätig, hat hunderte von jüdischen Kindern in den Lehren des Judentums unterwiesen, hat manche Gemeinde als Sch'liach Zibbur (Vorbeter) im Gebet vereint und als gewissenhafter Schächter der Erfüllung dieser heiligen Aufgabe gedient. Er hat sich in seinen alten Tagen auch noch unserem Landesverband der israelitischen Religionsgemeinen Hessens zur Verfügung gestellt und hat die beschwerlichsten Wege in Nachbargemeinden zwecks Ausübung seiner Berufstätigkeit nicht gescheut. Wir sprechen Herrn Kahn unsere Glückwünsche zu seinem Jubeltage aus und wünschen ihm in Gesundheit und weiterer rüstiger Schaffenskraft: ad meoh weesrimm schonoh." (= alles Gute bis 120 Jahre).    


Erklärung des Gemeindevorstands zum Weggang des jüdischen Lehrers Otto Grünebaum aus Partenheim (1900)  

Schornsheim Israelit 22111900.jpg (106901 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1900: "Der Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Schornsheim sieht sich zu folgender Erklärung veranlasst und zwar: Herr Otto Grünebaum, Sohn des Herrn Grünebaum, Vorsteher in Partenheim, war in hiesiger Gemeinde als Religionslehrer und Kantor in Anstellung und hat nach Verlauf von 5 Monaten diese Stellung plötzlich aus hier nicht näher zu erörternden Gründen aufgegeben und Schornsheim verlasse. Diese Kündigung und Abreise von hier wäre mit Stillschweigen übergangen worden, wenn nicht der oben genannte Vater und Vorstand in Partenheim in Beilage 89 des löblichen 'Israelit' in einer Annonce* bekannt gegeben, dass ferner Bewerber um die Stelle in Schornsheim an ihn sich um Auskunft zu wenden hätten. Herr Grünebaum verfolgt zweifellos mit seinem Inserat nur einen edlen Zweck, nach dem Vorausgegangenen dürfte derselbe indes kaum als unparteiischer Auskunfterteiler erscheinen. 
Schornsheim, 20. November. Der Vorstand der israelitischen Gemeinde Schornsheim. Jakob Löwenstein, Julius Michl, Joseph Baum.   
  
Schornsheim Israelit 08111900.jpg (42964 Byte)*Die Anzeige des Gemeindevorstehers Grünebaum, auf die sich die obige Erklärung des Vorstandes in Schornsheim bezog, hatte den Text - aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1900: "Bewerber um die ausgeschriebene Lehrerstelle zu Schornsheim, bitte ich höflichst an den Unterzeichneten sich zu wenden, indem derselbe in der Lage, genügende Auskunft wegen dieser Stelle geben zu können.   Partenheim, Rheinhessen, 6. November. Grünebaum, Vorstand I."    

   
  

Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige eines "jungen Mädchens aus guter Familie" (1902) 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1902: "Ein junges Mädchen aus guter Familie sucht in einem besseren Hause Stellung als Zimmermädchen oder Köchin. Offerten unter B.M. 4563 post. lagernd. Schornsheim bei Mainz."    

     

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten zu Personen, 
die in Schornsheim geboren sind
 
 Schornsheim KK MZ Baum Markus.jpg (88379 Byte)  Schornsheim KK MZ Michel Bruno.jpg (91523 Byte)  
  KK (Mainz 1939) für Markus Baum 
(geb. 7. Dezember 1873 in Schornsheim), 
Händler    
KK (Mainz 1939) für Bruno Michel (geb. 16. März 1979 in Schornsheim), 
Kaufmann, wohnhaft in Mainz, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
 in das Ghetto Piaski, umgekommen    
 

     
     
    
Zur Geschichte der Synagoge     
   
Eine Synagoge wurde um 1807 errichtet; 1844 und 1890 wurde das Gebäude renoviert. Der Gottesdienst wurde mit deutscher Predigt, Gesang usw. durchgeführt. Über die Renovierung von Synagoge im Jahr 1890, die auf Grund einer großzügigen Spende der nach Amerika ausgewanderten Brüder Löwenstein möglich war, sowie der Mikwe liegt der folgende Bericht vor:  
   
Synagoge und Mikwe werden renoviert (1890)

Schornsheim Israelit 14081890.JPG (101103 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1890: "Schornsheim (Rheinhessen), 10. August (1890). Es dürfte die Leser Ihres geschätzten Blattes interessieren, zu erfahren, dass auch in der hiesigen Gegend, wo es mit den religiösen Zuständen wie Schechita, Mikwe und dergleichen mehr, leider sehr traurig aussieht, doch noch Jehudim sind, die für die religiösen Gebräuche Sinn haben, wenn sie zur dazu angeeifert werden. Schon seit einigen Jahren war unsere Mikwe ganz vernachlässigt, infolge dessen auch nicht gebraucht, aber auf Veranlassung unseres jetzigen Herrn Lehrer Eisenberger hat die Gemeinde die Mikwe nach Angabe eines religiösen Rabbiners wieder neu renovieren lassen.
Möge es unserem Lehrer gelingen (abgekürzt wiedergegeben), noch viel Gutes in unserer Gemeinde zu stiften. Auch unsere Synagoge ist ganz neu renoviert, und haben die Gebrüder Löwenstein aus New York, Brüder unseres Vorstehers, 2000 Mark dazu gegeben."  

Nachdem bis Anfang der 1930er-Jahre die Zahl der jüdischen Einwohner soweit zurückgegangen war, dass kein regelmäßiger Gottesdienst mehr abgehalten werden konnte, wurde das Synagogengebäude Anfang Februar 1933 durch den letzten Gemeindevorsitzenden Hermann Löwenstein an die Ortsgemeinde verkauft; die Gemeinde wurde aufgelöst.  
   
1965
wurde das Gebäude abgebrochen.  
  
  
Adresse/Standort der Synagoge   Hölzerstraße 3     (Information von Norbert Messinger, www.gemeinde-schornsheim.de)   
   
  
Fotos   

Historische Fotos sind noch nicht vorhanden; über Hinweise oder Zusendungen 
freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite
 
   
   
 Lage der ehemaligen Synagoge 
in Schornsheim 
 Schornsheim Synagoge 0200.jpg (105120 Byte) 

 Teilansicht von Schornsheim - erhalten von Norbert Messinger, www.gemeinde-schornsheim.de mit der Information: die Synagoge stand in der Hölzerstrasse 3: im vorderen Gebäude war einst die Schule, im Hinterhof war über mehrere Treppen die Synagoge zu erreichen (gelber Pfeil auf dem Bild). Beide Gebäude wurden abgerissen, da sie zerfallen waren, vorne wurde ein Wohnhaus errichtet, im Hinterhof einen Schuppen. Das Anwesen hat inzwischen mehrfach den Besitzer gewechselt. Eine Hinweis- oder Gedenktafel ist nicht vorhanden. Aus Erzählungen älterer Personen ist noch bekannt, dass in Schornsheim viele jüdische Geschäftsleute lebten, auf dem gleichen Bild ist im Vordergrund (blauer Pfeil) ein altes Gebäude zu sehen, darin wohnte beispielsweise ein jüdischer Viehhändler. Er ist nach Amerika emigriert. Das Haus war früher mit zwei gusseisernen Pferdeköpfen geschmückt. 

      

    
     

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der VG Wörrstadt   
bulletWebsite zur Gemeinde Schornsheim  

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 282-283.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 311.     
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 336 (mit weiteren Literaturangaben).
bullet
Walter Schwamb: Die jüdischen Bewohner der Selztalgemeinden: Hahnheim, Selzen, Friesenheim, Undenheim, Dahlheim, Mommenheim und ihrer Nachbardörfer Schornsheim und Udenheim. 2012. 
Zu bestellen bei Walter Schwamb, Oppenheimer Straße 32, 55278 Köngernheim, Tel. 06737-511.    
In diesem Buch wird über die jüdischen Bewohner in den Gemeinden und ihre Schicksale berichtet; ebenso ist eine komplette Namensliste und Ahnentafel enthalten. 

       

                   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Schornsheim   Hesse. Numbering 103 (9 % of the total) in 1880, the Jewish community disbanded in February 1933. Most of the remaining 28 Jews emigrated or left before Worldwar II.   
    
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020