In Bernkastel (seit 1280 zum Erzstift Trier
gehörig, Stadt seit 1291) bestand bereits im Mittelalter eine jüdische
Gemeinde. Mitte des 13. Jahrhunderts werden Juden in der Stadt genannt. Im Februar/März
1289 (jüdischer Monat Adar II 5049) wurden während eines Judenpogroms 14
Juden erschlagen. Im Laufe der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zogen
wiederum einige jüdische Familien zu, immerhin so zahlreich, dass es zur Gründung einer Gemeinde mit
einer eigenen Synagoge kam. Die jüdischen Einwohner lebten überwiegend vom
Geldverleih. Während der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 wurde die
Gemeinde vernichtet; der jüdische Besitz wie Häuser und die Synagoge kamen in
den Besitz des Erzbischofs.
Erst 1518 konnten sich Juden wieder in der
Stadt niederlassen.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 17./18.
Jahrhunderts zurück. 1738 wird in Karlsruhe der 25-jährige Samson Abraham
aufgenommen, der als Geburtsort Bernkastel angibt, wo er somit um 1713 geboren
ist (Juden in Karlsruhe 1988 S. 520). Zunächst durften nur drei bis vier Familien in der
Stadt wohnen. Erst in der Zeit der Französischen Herrschaft trat eine
Veränderung ein. 1808 wurden 62 jüdische Einwohner gezählt. Im 19. Jahrhundert
blieb die Zahl relativ klein; die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1866
mit 110 Personen erreicht (etwa 4 % der Gesamteinwohnerschaft). Danach ging sie durch Aus- und Abwanderung wieder
zurück (1887 72, 1895 54 bzw. 1896 65 in 15 Familien, 1898 54 in 17
Haushaltungen, von insgesamt 2396 Einwohnern, 1903 70 in 16 Haushaltungen, 1927 57
jüdische Einwohner).
Die offizielle Gründung der jüdischen Gemeinde Bernkastel erfolgte
Anfang 1853, da im Januar 1928 das 75-jährige Bestehen der jüdischen
Gemeinde gefeiert wurde (siehe Bericht unten).
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Schule (von 1850 bis 1866 bestand eine jüdische
Konfessionsschule für die damals bis zu 40 jüdischen Schüler, danach eine
Religionsschule), ein rituelles Bad sowie ein jüdischer Friedhof (alter und
neuer Friedhof). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern
ist ist bekannt: um 1887 Lehrer Rothler; um 1896/1903 Markus Kahn (unterrichtete
1896 fünf, 1898 zwei, 1903 acht Kinder der Gemeinde); Hugo Friedmann (geb. 1876 in
Neu-Ulm), der von 1909 bis 1929 in Bernkastel unterrichtete und auch für die jüdischen Gemeinden der
Bürgermeisterei Zeltingen (mit Lösnich, Rachtig,
Zeltingen) zuständig war.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1887/1889 G. Thal, H.
Gieser und S. Barme um 1896/1898 G. Thal, 1903 G. Thal, H. Lieser und V.
Königsberg.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Isidor
Baum (geb. 29.7.1888 in Bernkastel, gef. 1.4.1917).
Um 1925 waren die Vorsteher der jüdischen
Gemeinde Bernhard Königsberg, Salomon Thal und Julius Levy (auch 1932 bildeten
diese drei Personen den Gemeindevorstand). Als Lehrer und Kantor wirkte
der bereits genannte Hugo
Friedmann. Er erteilte damals acht schulpflichtigen jüdischen Kindern den
Religionsunterricht (1932 unterrichtete er noch zwei Kinder; auch in auswärtigen
Gemeinden erteilte Friedmann den Religionsunterricht der jüdischen Kinder, u.a.
in Zeltingen oder Traben-Trarbach). An jüdischen
Vereinen bestand eine Männerchewroh Gemiluth Chessed (Unterstützung
Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen), ein Israelitischer Frauenverein
(Unterstützung Hilfsbedürftiger), ein "Jüdischer Jugendbund der Mittelmosel"
und eine Ortsgruppe der "Centralvereins".
1933 gehörten noch 59 Personen der jüdischen
Gemeinde an. Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts ist ein größerer Teil der jüdischen Gemeindeglieder
in den folgenden fünf Jahren ausgewandert oder in andere Städte verzogen, sodass
1938 nur noch 15 jüdische Personen in
Bernkastel lebten. 1934 konnte Lehrer Hugo Friedmann am Ort noch sein
50-jähriges Berufsjubiläum feiern (siehe Bericht unten; er wurde 1941 in
das Ghetto Litzmannstadt - Lodz deportiert und ist umgekommen). Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge völlig verwüstet und
geplündert (s.u.).
Von den in
Bernkastel geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alfred Allmeier (1878),
Gertrude Bach geb. Herz (1890), Jürgen Bassfreund (1932),
Berta Baum geb. Samuel (1903), Johanna Baum (1883), Wilhelm Baum (1892),
Gerson Capell (1878), Otto Döblin (1874), Paul Döblin (1878), Eva Friedmann geb. Kahn (1877), Hugo
Friedmann (1876), Rosa Horn geb. Lieser (1877), Leo Kahn (1896),
Renate Kahn (1933), Selma Kahn geb. Schömann (1900), Rosa
Kaufmann (1865), Georges Levy (1880), Paula Lieser geb. Windmüller (1887),
Siegmund Lieser (1882), Hedwig Mayer geb. Kahn (1906), Hugo Mayer (1870),
Delphine Mayer geb. Hirsch (1884), Berta Mendels geb. Lieser (1878),
Martha Samuelsdorff geb. Wolf (1891), Fritz J. Schömann (1900), Sophie Schömann (1898), Clara Spits geb. Jacobi
(1859), Eva Wolf geb. Döblin (1870), Helene Wolf geb. Thal (1877), Moritz
Wolff (1876).
Links Gedenktafel: "Dem Gedenken unserer ehemaligen jüdischen
Mitbürger gewidmet. Stadt Bernkastel - Kues 08.11.1988".
Hinweis (nach Mitteilungen von
Dorothee Lottmann-Kaeseler 2010/2013): der in einigen
Listen
genannte Jürgen Bassfreund (Baßfreund, geb. 1923 in Bernkastel als Sohn des Arztes
Dr. Manfred Bassfreund) hat die NS-Zeit überlebt. Er lebte nach
dem Tod seines Vaters [1932] zunächst in Trier, dann Köln, Berlin
usw. In der Website "Voices
of Holocaust" kann man ein mit ihm 1946 erstelltes Interview
hören: Link
zur Seite über Jürgen Bassfreund;
2003 wurden weitere ausführliche Interviews erstellt, siehe bei http://collections.ushmm.org/search/catalog/irn514241.
Nach diesen Interviews nannte sich Jürgen Bassfreund in den USA Jack
Bass, wo er am 3. Mai 2010 in Adamsville (Alabama) verstorben
ist
(zu seinem Leben: http://www.bhamholocausteducation.org/bio-bass.htm).
Der genannte Arzt Dr. Manfred Bassfreund (gest. 1932 in Mülheim
oder in Trier und
auf dem Trierer jüdischen Friedhof
beigesetzt) war Sohn des Trierer Oberrabbiners Dr. Jakob Bassfreund (geb.
1850 in Kempen, gest. 1919 in Breslau). Dr. Manfred Bassfreund hatte
seine Praxis in Mülheim/Mosel, vgl. den Artikel von Ursula
Schmieder im "Trier Volksfreund" vom 20. Mai 2010:
"Erinnerung an jüdische Mitbürger" (sc. in Mülheim; Link;
als pdf-Datei).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1887:
"Wir suchen einen Religionslehrer, Chasan und Schochet per sofort.
Fixer Gehalt 600-650 Mark. Gesicherte Nebenrevenuen 150 Mark, bei freier
Wohnung. Reflektierende Unverheiratete wollen ihre Zeugnisse einsenden. Demjenigen,
mit welchem kontrahiert wird, werden Reisespesen vergütet. Meldungen
erbeten an
Gottfried Thal, Vorsteher der Israelitischen Gemeinde zu Bernkastel."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1887:
"Die israelitische Gemeinde in Bernkastel sucht einen
(unverheirateten) Religionslehrer, welcher zugleich Chasan und Schochet
sein muss. Fixer Gehalt 500 Mark. Gesicherte Nebenrevenuen 250 Mark bei
freier Wohnung. Qualifizierte Bewerber wollen sich baldigst wenden an den
israelitischen Gemeindevorsteher in Kues-Bernkastel. Gottfried Thal."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1901:
"In
hiesiger israelitischer Kultusgemeinde wird ein Religionslehrer,
Vorsänger und Schächter für sofort gesucht. Fixer
Gehalt 800 Mark nebst freier Wohnung und Nebeneinkünften. Qualifizierte
Bewerber wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse und Aufgaben
etwaiger Referenzen melden bei dem Vorsteher der israelitischen Gemeinde
G. Thal,
Bernkastel an der Mosel."
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 11. November 1901:
"Die Stelle eines Lehrers, Kantors und Schochets
am hiesigen Platze ist zu vergeben, verbunden mit einem Fixum von 800 Mark
und 250 bis 300 Mark gesicherte Nebeneinkünfte und freie Wohnung.
Reflektanten wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnissen wenden an Gottfried Thal,
Vorsteher des Synagogenvereins Bernkastel."
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1903:
"Die hiesige Vorbeter-, Schächter- und Religionslehrerstelle soll
per bald besetzt werden. Gehalt Mark 950. Nebeneinkünfte Mark 200.
Bernkastel, den 1. September. Der Synagogen-Verein.
Offerten an G. Thal,
Neu-Cues, (Mosel)."
Lehrer Hugo Friedmann als
Weltkriegsteilnehmer (1915)
Mitteilung
im "Israelitischen Familienblatt" vom 18. Februar 1915: "Unsere Kollegen
unter Waffen...
H. Friedmann aus Bernkastel; Landwehrmann, 1. Landsturm-Kompanie,
1. Bataillon, Brückenwache Bernkastel."
70. Geburtstag von Lehrer Markus
Kahn (in Hechtsheim 1931) Anmerkung: Markus Kahn ist am 18.
Januar 1861 in Westerburg geboren,
besuchte 1874 bis 1876 die Präparandenschule in
Höchberg, dann bis 1879 das
israelitische Lehrerseminar in Würzburg. Nach
Abschluss der Ausbildung war er von 1879 bis 1882 Lehrer in
Schornsheim (mit Niedersaulheim und
Udenheim), 1882 Lehrer in Flonheim,
anschließend Lehrer in Rimbach, dann
Külsheim; von ca. 1896 bis 1911 Lehrer in
Bernkastel, und von 1911 bis 1931 Lehrer in
Hechtsheim.
Artikel
im "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen
Religionsgemeinden in Hessen" Nr. 1 1931: "Hechtsheim
(in Rheinhessen). Am 18. Januar 1931 kann Herr Lehrer M. Kahn, der seit 20
Jahren in der hiesigen Gemeinde als Lehrer, Vorbeter und Schochet tätig ist,
seinen 70. Geburtstag feiern. Herr Kahn ist am 18. Januar 1861 in
Westerburg, Provinz Hessen Nassau,
geboren, fand als dreizehnjähriger Jüngling Aufnahme in der israelitischen
Präparandenschule zu Höchberg bei
Würzburg und trat nach zweieinhalbjähriger Vorbildung in dieser
Präparandie in das Israelitische Lehrerseminar
in Würzburg ein. Als er im Jahre 1879 diese Lehrerbildungsanstalt
verließ, fand er sofort Anstellung in der damals starken israelitischen
Gemeinde Schornsheim, Rabbinatsbezirk
Alzey. Von hier aus erteilte er auch den Religionsunterricht in
Nieder-Saulheim und Udenheim.
Nach drei Jahren siedelte er nach Flonheim
bei Alzey über und fand dann eine umfangreiche Tätigkeit in
Rimbach im Odenwald. Nach sechsjähriger
Tätigkeit in dieser Gemeinde fand er eine Anstellung in
Külsheim, Rabbinat Mosbach in Baden.
Nach einer weiteren Amtstätigkeit von zwölfeinhalb Jahren in Bernkastel
an der Mosel wurde Herr Kahn, wie oben erwähnt nach
Hechtsheim berufen. Neben seinen
Hechtsheimer Obliegenheiten versieht Herr Kahn auch die Unterrichts- und
Schächter-Tätigkeit in Ebersheim-Harxheim,
Hahnheim,
Bodenheim,
Undenheim und
Schornsheim. Seit über 50 Jahren ist
so Herr Lehrer Kahn im Dienste jüdische Gemeinden tätig, hat hunderte von
jüdischen Kindern in den Lehren des Judentums unterwiesen, hat manche
Gemeinde als Sch'liach Zibbur (Vorbeter) im Gebet vereint und als
gewissenhafter Schächter der Erfüllung dieser heiligen Aufgabe gedient. Er
hat sich in seinen alten Tagen auch noch unserem Landesverband der
israelitischen Religionsgemeinen Hessens zur Verfügung gestellt und hat die
beschwerlichsten Wege in Nachbargemeinden zwecks Ausübung seiner
Berufstätigkeit nicht gescheut. Wir sprechen Herrn Kahn unsere Glückwünsche
zu seinem Jubeltage aus und wünschen ihm in Gesundheit und weiterer rüstiger
Schaffenskraft: ad meoh weesrimm schonoh." (= alles Gute bis 120
Jahre).
Begräbnislisten von Lehrer Hugo Friedmann (1929)
Anzeige
in der "Geschichte der Juden in Deutschland" 1929 Nr. 1 S. 74:
"Lehrer Hugo Friedmann in Bernkastel-Kues hat auf Grund
amtlicher und privater Urkunden 'Verstorbenenlisten der jüdischen Gemeinden
der Mittelmosel von Wintrich bis Enkirch aufgestellt und in 50 Exemplaren
vervielfältig."
50-jähriges Berufsjubiläum von Lehrer und Kantor
Hugo Friedmann (1934)
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins") vom
29. März 1934: "Lehrer und Kantor Hugo Friedmann (Bernkastel-Kues)
begeht am 1. April sein 50-jähriges Berufsjubiläum. Der Jubilar ist
langjähriges Mitglied des
Central-Vereins".
Aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Brandkatastrophe in Bernkastel 1857 - Firma des langjährigen
Gemeindevorstehers Simon Marx besonders betroffen
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Dezember
1857: "Von der Mosel. Die verheerenden Brände, von welchen
bekanntlich unsere Moselgegend in diesem Sommer heimgesucht worden, haben
auch unter den israelitischen Glaubensgenossen ihre Opfer erheischt, ganz
besonders hat eine Familie schrecklich dabei gelitten. Am Nachmittag des
22. Juli brach nämlich in dem Kreisstädtchen Bernkastel Feuer aus,
welches in wenigen Stunden über 30 Gebäude zerstört. Unter diesen
Abgebrannten war auch das israelitische Handlungshaus der Firma S.
und L. Marx, welches durch sonderbare unglückliche Fügung gerade in dem
Momente, als das Feuer ausbrach, nicht versichert war, was sonst immer bei
demselben der Fall gewesen, und zwar in den letzten Jahren für 17.000
Taler bei der Stettiner Feuer-Versicherungs-Gesellschaft. Es war nämlich
unversehens deren Police abgelaufen, aber auch wieder zur neuen
Versicherung der Antrag gestellt, als der schreckliche Brand ausbrach,
welche deren Haus, Ladengeschäft und Habseligkeiten in Asche legte,
wodurch deren Vermögensverhältnisse sehr zerrüttet wurden. Dieses
traurige Ereignis erregte das allgemeinste Bedauern, da diese Familie Marx
in allen Beziehungen in größter Achtung steht, vorzüglich aber das
Familienhaupt Simon Marx im Verein mit dessen Gattin, im Ausüben von
Wohltaten und Tugendhandlungen, im weitesten Sinne des Wortes unermüdlich
waren. Auch hat derselbe es häufig schon dahin zu bringen gewusst,
sowohl, durch gute Anleitung, als auch durch tatkräftige Unterstützung
Verwandten und anderen jungen Leuten zu anständiger und nützlicher
Existenz zu verhelfen. Außerdem wirkte derselbe als Notabel des
Konsistorialbezirks Trier, und als langjähriger Gemeindevorsteher sehr
vorteilhaft für seine Gemeinde und Umgebung und so hatte denn Bernkastel
hauptsächlich durch seine Tätigkeit fast ununterbrochen eine gute
israelitische Elementar- und Religionsschule. Auch bei dem Neubau einer
schönen Synagoge hat er unermüdlich mitgewirkt, große Geldopfer
gebracht, und in derselben einen geregelten Gottesdienst mit sehr schönem
Chorgesang eingeführt, welche Anordnung manchen anderen Gemeinden als
Muster und Nachahmung diente. Dass aber auch die hohen Behörden dessen
Charakter und Bestrebungen achten und anerkennen, geht daraus hervor, dass
bei einer Eingabe, welche die genannte Firma S. und L. Marx an die
Feuer-Versicherungs-Gesellschaft nach Stettin richtete, um allenfalls noch
eine teilweise Entschädigung zu erreichen, der hochgeachtete Landrat des
Kreises Bernkastel, Herr Regierungsrat Wiethaus, dieses Gesuch aufs
Kräftigste unterstützte und unter Anderem sich also äußerte:
'Ich füge aber auch noch hinzu, dass der Herr Marx in dem besten Rufe, in
dem Rufe eines edeldenkenden Mannes steht, der sich überdies um den
aufblühenden Wohlstand der hiesigen Gegend mannigfache Verdienst erworben
hat. Darum ist es auch zunächst, dass das ihn betroffene Unglück und
seine Beziehungen zur gedachten Versicherungsgesellschaft in weiten
Kreisen ein so ganz ungewöhnliches Aufsehen, und das Mitgefühl in hohem
Grade rege gemacht habe.'
In
diesem Sinne wurde auch dieses Gesuch noch von dem früheren Bernkastler
Landrat, dem jetzigen Ober-Regierungsrat und Vizepräsidenten, sowie von
dem Chefpräsidenten der Königlichen Regierung zu Trier befürwortet;
leider blieb aber gegen Erwarten dieses Alles ohne Erfolg, da die
Gesellschaft sich zu einer Entschädigung nicht verpflichtet hielt. So
schwer auch dieses die Familie getroffen, so besitzt sie doch religiöse
Kraft und inniges Gottvertrauen genug, um die Hoffnung auf eine bessere
Zukunft, die auch diese Wunde wieder heilen wird, dennoch nicht
aufzugeben. Berichterstatter, sowie alle, die diese Familie kennen, hegen
auch dieselbe Hoffnung und wünschen, dass dieses ehrenwerte Haus wieder
er- und aufgebaut, und wie bisher ein offenes, mildes und wohltätiges
wieder werden könne, den Armen, Notleidenden und allen, die Rat, Schutz
und Hilfe bei ihm suchen.
(Wir können unsererseits nur unser tiefes Bedauern über das Unglück,
das die Familie Marx betroffen, aussprechen, da auch uns Herr S. Marx seit
vielen Jahren als edler und gesinnungstüchtiger Mensch und Israelit
bekannt ist. Möge ihm Gott durch großmütige Menschen kräftige Hilfe
senden! Die Redaktion."
75-jähriges Bestehen der jüdischen Gemeinde (1928)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
27. Januar 1928: "Bernkastel. (75-jähriges Bestehen). Die
jüdische Gemeinde unseres Städtchens kann in diesen Tagen auf ein
75-jähriges Bestehen zurückblicken".
Dr. med. Friedrich Wilhelm Moritz Doeblin
(1833-1907) stammte aus Glogau in Niederschlesien. Nach seiner Heirat mit Eleonore
geb. Isaak (1845-1893) ließ er sich in Bernkastel als Arzt nieder
(1869, zuvor war er zehn Jahre Arzt in Schweich). Von 1877 bis 1904 war er
Kreisphysikus der Kreises Bernkastel. Nach seiner Verabschiedung aus
diesem Dienst war er - inzwischen zum Geheimen Sanitätsrat ernannt - Arzt
in Bernkastel. Das Ehepaar hatte acht Kinder.
Salomon Doeblin (1864-1945) war der
älteste Sohn des Ehepaares. Er studierte von 1885 bis 1888 Medizin in
Berlin und wurde zum Doktor der Medizin promoviert. Seit 1889 war er als
Arzt in der königlich-preußischen Armee tätig, zuletzt bis 1908 als
Regimentsarzt des 3. lothringischen Feldartillerie-Regiments. 1908
übernahm er in Bernkastel die ärztliche Praxis seines im Jahr zuvor
verstorbenen Vaters. Im Ersten Weltkrieg war wiederum als Arzt seines
alten Truppenteiles an der Westfront, zuletzt Chefarzt des
Reservelazarettes in Trier. 1919 wurde er im Rang eines Generaloberarztes
a.D. verabschiedet und wirkte wiederum in der Arztpraxis in Bernkastel.
Salomon Doeblin war seit 1915 verheiratet mit Angelika geb. Stöckl (nichtjüdisch;
1878-1945), eine Tochter des Bernkasteler Apothekers Anton Stöckl. In der
NS-Zeit musste Döblin 1935 seine Praxis aufgeben. Er wohnte seit 1938 mit
seiner Frau in Köln und blieb von der Deportation verschont. Im Januar
1945 kam das Ehepaar bei einem Bombenangriff auf die Bullayer
Eisenbahnbrücke mit 14 weiteren Menschen ums Leben. Das Ehepaar wurde in
einem Sammelgrab auf dem Ehrenfriedhof Prinzenkopf nahe der Marienburg
(Ortsgemeinde Pünderich) beigesetzt. Für Dr. Salomon Döblin und seine Frau Angelika wurden in Bernkastel
"Stolpersteine" verlegt (Burgstraße); für ihn liegt
gleichfalls ein "Stolperstein" in Trier, Jesuitenstraße 13 (Schulort).
Oben: Fotos der
Gräberstätte (Sammelgrab) auf dem Ehrenfriedhof Prinzenkopf nahe der
Marienburg (Ortsgemeinde Pünderich). Auf dem Gedenkstein rechts der Mitte
mit dem Hinweis "Am 14.1.1945 fielen durch Fliegerangriff" auch
der Name Salli (= Salomon) Doeblin. Fotos von Otmar
Frühauf.
Ein jüngerer Bruder von Salomon - Albert
Doeblin (1869-1922) - wurde nach dem Studium in Berlin gleichfalls
Arzt (Promotion 1894) und war als Sanitätsoffizier, 1910 bis 1914 als
Garnisonsarzt des 16. Armeekorps in Diedenhofen, Lothringen tätig. Nach
dem Krieg wurde er als Generaloberarzt verabschiedet.
Drei weitere Geschwister, Eva Wolf geb.
Döblin (geb. 1870, umgekommen 1942 im Ghetto Theresienstadt), Otto Döblin
(geb. 1874, gest. 1944 in Köln) und Paul
Döblin (geb. 1878; deportiert mit Frau und den Söhnen nach Gurs,
später Auschwitz, alle umgekommen) wurden gleichfalls Opfer der NS-Zeit. Der jüngere Bruder Fritz
Döblin überlebte als einziger der Familie im Ghetto
Theresienstadt.
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Juni 1905:
"Für mein Manufakturwaren- und Damen-Konfektions-Geschäft suche zum
sofortigen Eintritt einen Lehrling mit guter Schulbildung bei
freier Stadt im Hause. M. Fränkel, Bernkastel a.d. Mosel."
Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden. Es handelte sich
um einen Betraum im Haus des Juden Josemann. Nach der Judenverfolgung in der
Pestzeit (1348/49) kam sie in den Besitz des Erzbischofs von Trier, der 1351
seinen Burgmann zu Bernkastel Johann von Schwarzenberg mit der Synagoge
belehnte. Bei dem Haus mit dem Betsaal handelt es sich um das Gebäude
Schwanenstraße 9.
Haus des mittelalterlichen
Betsaales (2006) (Fotos: Hahn: Aufnahmedatum 18.4.2006)
Das Gebäude
Schwanenstraße 9
Fotos der
Schwanengasse (2017) (Fotos: Klara Strompf, Aufnahmedatum 17.1.2017)
Das linke
Foto zeigt den Eingang in die Schwanenstraße mit dem Haus des ehemaligen
mittelalterlichen Betsaals hinten in der Mitte des Bildes (Schwanenstraße
9); das rechte Foto zeigt das Gebäude am linken Bildrand. Im Gebäude ist
heute das Restaurant & Café Thiesen. Die beiden Fotos geben einen guten
Gesamteindruck von der eng bebauten mittelalterlichen Schwanenstraße.
Seit dem 17. Jahrhundert lassen sich wiederum Betstuben nachweisen. Vor
1688 hatte Jakob, Sohn des Juda, eine Betstube in seinem Haus eingerichtet.
Von 1688 an befand sich eine Betstube im Haus des Simche, Sohn von Jakob. 1718
richtete Abraham, Sohn des Moses Meier eine Stube in seinem Haus ein. Bis zum
Bau der Synagoge 1851/52 traf sich die Gemeinde zu Gebet und Gottesdienst in
zwei angemieteten Dachkammern im Gebäude Burgstraße 41.
Haus der Synagoge
bis 1851/52 (Foto: Hahn, Aufnahmedatum 18.4.2006)
In zwei Dachkammern des Hauses
Burgstraße 41 (Mitte)
war der Betsaal bis 1851/52
Um 1840 plante man den Bau einer Synagoge. Die beiden Vorsteher der
Gemeinde konnten im November 1843 ein Wohnhaus mit dazugehörigem
Grundstück in der Burgstraße 7 erwerben. Dieses ging am 24. Februar 1845
in den Besitz der jüdischen Gemeinde über. Im Juni 1850 begannen die
Bauarbeiten für die Synagoge im rückwärtigen Teil des Abwesens Burgstraße 7.
Insbesondere scheint sich der Trierer Oberrabbiner J. Kahn für den Bau der
Synagoge eingesetzt haben. Während seiner Amtszeit wurden in vielen Orten
seines Rabbinatsbezirkes Synagogen erstellt. In der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" findet sich (Ausgabe vom 5. Januar 1852) ein Bericht vom 29.
Dezember 1851, in dem man Näheres zu den Aktivitäten der jüdischen Gemeinden
und ihres Oberrabbiners J. Kahn erfährt. In diesem Bericht wird auch auf den
damals stattfindenden Bau der Synagoge in Bernkastel eingegangen:
Von der Mosel, 29. Dezember (1851). Unser Ländchen
wird den Lesern dieses Blattes in diesem Jahre wohl keinen guten Wein schicken;
der früh eingetretene Frost ließ die Trauben nicht reifen. Als kleinen Ersatz
dafür will ich Ihnen einige erfreuliche Mitteilungen über die Zustände der
hiesigen jüdischen Gemeinden und deren Kultus zukommen lassen, die unter dem
wärmenden Strahle des Zeitgeistes und einer reinen Religiosität erblühen und
einer schonen Reife entgegensehen. Noch vor wenigen Jahren fand man im
Konsistorialsprengel Trier die Landgemeinden verwahrlost, ohne Synagoge, ohne
Religionsschule, überhaupt ohne jede, einer Religionsgemeinde nötige
Einrichtung, und daher kam es, dass viele Gemeinden in einen derart
verwahrlosten Zustand gerieten, dass man es für sehr schwierig, wenn nicht
unmöglich halten mochte, aus diesem Chaos etwas Schönes, Geordnetes zu
schaffen. Seit dem Amtsantritt des Oberrabbiners, Herrn Cahn, ist das Alles
anders geworden. Überall in den Gemeinden seines Sprengels regt sich ein
frischer religiöser Geist, überall erwacht der Gemeinsinn und die Liebe zum
Schönen und Guten und ermuntert zu großen Opfern für den Bau von schönen
Synagogen, Religionsschulen und für zeitgemäße Einrichtungen derselben.
Und mit wahrer kindlicher Anhänglichkeit folgen die Bewohner unseres Tales dem
Wege, den ihr Seelsorge ihnen vorzeichnet, und freuen sich, zur Erkenntnis des
Guten gekommen zu sein. Seit fünf bis sechs Jahren sind in hiesiger Gegend
nicht weniger als 18 neue Synagogen gebaut worden; mit jedem Jahre reihen sich
dieser Zahl neue an, und es ist wohl selbstredend, dass beim Auszuge aus den
alten, morschen Gebäuden der alte Staub von den Kleidern geschüttelt wird, und
die überall eingeschlichenen Missbräuche sich nach und nach verlieren. So ist
man zum Beispiel in Bernkastel mit dem Bau eines neuen, schönen
Gotteshauses begriffen und hat die kleine Gemeinde mit dem größten Eifer viele
Opfer gebracht, um einen schönen Gottesdienst mit Chor etc. etc. einzuführen.
Auch für die Religionsschulen sorgt Herr Cahn eifrig und bleibt in dieser
Beziehung auch noch viel zu tun übrig, so hegen wir doch für deren Zukunft die
schönste Hoffnung.
Bis zum Sommer 1852 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. Am 27. und 28. August 1852
konnte die neue Synagoge in Bernkastel durch Oberrabbiner J. Kahn eingeweiht werden. Über die Einweihung liegt ein
Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. November
1852 vor:
Aus dem Regierungsbezirk Trier, 8. Oktober (1852). Die
"Allgemeine Zeitung des Judentums" brachte in neuerer Zeit wieder
manche Berichte über Einweihungen von neuen Synagogen, und mit Recht öffnen
Sie denselben die Spalten der Zeitung des Judentums, da solche Berichte doch
beweisen, wie in unserer Zeit wieder neues Streben und Leben in den jüdischen
Gemeinden zum Vorscheine kommt, wie man solches seit den letzten Jahren sich so
schnell nicht erwartet hat. Durch solche und ähnliche Berichte werden auch
andere Gemeinden zur Nachahmung angefeuert, und in dieser Absicht teile ich
Ihnen den gegenwärtigen Bericht über zwei Synagogeneinweihungen zu Bernkastel
und Schweich durch den Oberrabbiner Herrn Kahn zu Trier mit. Die
Feierlichkeiten bei beiden fanden unter großer Beteiligung vieler Israeliten
von nah und fern und vieler Christen statt. Es wird Sie freuen, aus dem Programm
zu ersehen, dass dasselbe die Hauptbestandteile der Einweihungsfeier bei Ihrer
Synagoge zu Magdeburg in sich fasste, wie dies in der Allgemeinen Zeitung des
Judentums No. 40 vorigen Jahres mitgeteilt worden ist, und kann ich Sie
versichern, dass die beiden Einweihungen nach diesem Programm sehr gelungen
waren und den allgemeinsten Beifall fanden. Besonders gut machte sich das stete
Abwechseln bei der Feierlichkeit zwischen dem Geistlichen und dem Chor.
Beide Synagogen sind schöne, geräumige Gebäude und lässt die zu Schweich
nichts zu wünschen übrig. Beide Gemeinden - Bernkastel zählt circa 12 und
Schweich
20 Mitglieder - mussten große Opfer für diese heilige Sache darbringen, und
sie brachten sie auch mit gutem Herzen. Einzelne Gemeindeglieder haben sich
besonders durch ihre unermüdete Tätigkeit und Aufopferung ausgezeichnet. So
viel nur noch, dass diese Feierlichkeiten im Allgemeinen und die Predigten des
Oberrabbiners Kahn auf Juden und Nicht-Juden den besten Einfluss ausüben,
hierdurch Juden und Judentum gehoben wurden und einen Kiddusch HaSchem
("Heiligung des göttlichen Namens") verursachten. Der Gottesdienst
wurde seitdem in Bernkastel mit einem sehr guten Chor abgehalten und auch in
Schweich
war der Gottesdienst ein geordneter und geregelter, so wie man sich dort
bestrebt, auch einen Chor einzuführen.
Im Allgemeinen nimmt man im hiesigen Regierungsbezirk einen regen Geist wahr für
die Verbesserung des Kultus und des Schulwesens, und findet das eifrige
Bestreben des Herrn Oberrabbinen Kahn allgemeine Anerkennung.
Anmerkung: Zu dem bei Bernkastel nicht im Einzelnen geschilderten Ablauf
vergleiche die Darstellung der Einweihung der
Synagoge in Merzig unter Oberrabbiner J. Kahn aus Trier im Jahr 1842. Einige
weitere Einzelheiten, vor allem über das Engagement der Kaufleute Marx und
Schews und die musikalischen Beiträge der Gebrüder Hirsch ist nachstehendem
Bericht zu entnehmen, der drei Jahre später erschienen ist:
Über die Einweihung der Synagogen in Zeltingen, Bernkastel
und Müstert-Emmel (1855)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. April 1855:
"Regierungsbezirk Trier, 15. März (1855). Mit Recht erkennt man in
den vielen, in neuerer Zeit erbauten Synagogen den Beweis für die wieder
neu erwachte Liebe und Begeisterung für unsere Religion und deren
Institutionen. Aus welchen anderen Motiven sonst würden die Gemeinden die
so großen Opfer darbringen, wenn nicht der religiöse Drang sie hierzu
antreiben sollte? Aus unserem Regierungsbezirke wäre in jedem Jahre über
eine oder mehrere neu erbaute Synagogen und deren feierliche Einweihung zu
berichten und zwar meistens in kleinen und unbemittelten Gemeinden. So
haben denn auch drei kleine Gemeinden im Kreise Bernkastel, nämlich Bernkastel,
Zeltingen in neuerer Zeit und am verflossenen Sabbat Ki tissa
(Schabbat mit der Toralesung Ki tissa = 2. Mose 30,11 - 34,35, das
war Samstag, 10. März 1855) Müstert-Emmel recht hübsche Synagogen durch
unseren Oberrabbiner, Herrn Kahn aus Trier, auf die feierlichste Weise
eingeweiht. Letzterer Gemeinde muss dieses noch umso mehr anerkannt
werden, als sie aus nur zehn unbemittelten Familien besteht, welche alle
durch mehrjährige Sammlungen über 1.000 Taler aufbrachten und mit gutem
und frohem Herzen Alles aufboten, um auch die Einweihung auf schöne und
erhabene Weise zu feiern. Besonders Anerkennung und Dank verdienen die
intelligenten und religiösen Kaufleute, die Herren A. Marx und Schews aus
Bernkastel, die dort den Gottesdienst durch Leitung eines hübschen
Chores verherrlichen, auch bei dieser Gelegenheit wieder wie früher bei
den Einweihungen zu Bernkastel und Zeltingen in Gemeinschaft mit den
Musikern, den Herren Gebrüdern Hirsch aus Bernkastel, ohne Zeit-
und Geldopfer zu scheuen - erschienen und zur Hebung der Feierlichkeit
sehr viel beitrugen. Durch dieses ihr gottgefälliges Wirken verursachen
sie nicht nur eine Heiligung des Gottesnamens bei dem bei solchen
Gelegenheiten anwesenden zahlreichen christlichen Publikum, da es hierdurch
eine bessere Ansicht über Judentum und jüdischen Gottesdienst bekommt, -
regen vielmehr auch die jüdischen Gemeinden an und bestimmen sie, einen
geregelteren und anständigeren Gottesdienst in der Zukunft einzuführen.
Dank, innigen Dank daher diesen Biedermännern! Die genannten Gebrüder
Hirsch, die gewöhnlich auch die bei solchen Festen stattfindenden Bälle
leiten, können wir für derartige Feierlichkeiten allen Gemeinden bestens
empfehlen; wie sie denn auch wegen ihrer Tüchtigkeit, Anspruchslosigkeit
und, obgleich sie sich und ihre zahlreichen Familien von ihrer Musik
ernähren müssen - Uneigennützigkeit in unserer ganzen Gegend bekannt
und beliebt sind und seit vielen Jahren von unserem Herrn Oberrabbiner den
betreffenden Gemeinden auch anempfohlen werden."
Die neue Synagoge kostete die Gemeinde insgesamt 1.885 Taler. Es
handelte sich um einen zweckmäßigen Bau, ausgeführt als unverputzter
Bruchsteinbau mit Rundbogenfenstern. Der Eingang lag an der Nordseite.
Ein großes Unglück traf die Gemeinde am 9. Juli 1880, als in einer
benachbarten Scheune Feuer gelegt wurde und die Synagoge sowie das daneben
stehende Wohnhaus fast vollständig niederbrannte. Teile der Inneneinrichtung
konnten immerhin gerettet werden. 1881/82 erfolgte der Wiederaufbau von Synagoge
und Wohnhaus. Am Pessachfest 1882 konnte die Synagoge wieder eingeweiht werden.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von einem
SA-Sturmtrupp und Bernkasteler Nationalsozialisten völlig verwüstet und
geplündert. Wegen der engen Lage in der großenteils aus Fachwerkhäusern
bestehenden Altstadt Bernkastel wurde von einer Inbrandsetzung abgesehen. Im April 1939 wurde das Synagogengebäude an Privatleute verkaufte.
In den folgenden Jahren wechselte das Anwesen noch zweimal den Besitzer. Bis 1965
war eine Schreinerei mit Sarglager in dem Gebäude. Danach stand das Gebäude
einige Jahre leer und drohte zu verfallen. 1975 wurden Dachstuhl,
Zwischendecken und ein Treppenturm neu errichtet. Heute befinden sich eine Raum
für kulturelle Veranstaltungen und Räume für Übernachtungsmöglichkeiten in
der ehemaligen Synagoge.
Hugo Friedmann: 1852 - 1927. Festschrift zur Feier
des 75jährigen Bestehens der Synagoge in Berncastel-Cues. Die jüdische
Gemeinde in Berncastel-Cues. Ein geschichtlicher Rückblick.
Online eingestellt (pdf-Datei).
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 103-104 (mit weiteren Literaturangaben).
Willi Körtels: Die jüdische Schule in der Region
Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online
zugänglich (pdf-Datei).
Elmar P. Ittenbach: Wohltäter in der Neuen Welt.
Camilla und Edmund Scheuer aus Bernkastel. In: Kreisjahrbuch
Bernkastel-Wittlich 2022 S. 125-130.
Online zugänglich (pdf-Datei).
Bernkastel-KuesRhineland. Jews are
first mentioned in the late 13th century. Fourteen were murdered in 1289
following the Oberwesel blood libel and most left in the persecutions later in
the century. Jews are again mentioned in 1344 but were subjected to a number of
subsequent expulsions (1418, 1589). Only from the early 17th century did the
Jews permanently inhabit the town, though under an official quota of just three
families until the late 18th century. Residence restrictions were lifted under
French rule and the Jewish population grew to over 60 in 1808 and a peak of 110
(about 4 % of the total) in 1866. Most engaged in petty trade, cattle dealing,
or moneylending. A synagogue was consecrated in 1852 and rebuilt in 1882 after a
fire. A Jewish elementary school for 30-40 children was started in 1850 but
closed in 1866, reopening as a private school for religious instruction in 1885.
In 1926, the community was united with neigboring Kues. Together they had a
population of 59 in 1933. Most Jews operated commercial establishments. By
November 1938, just 15 Jews and three Jewish businesses remained. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was wrecked. In all, 32 Jews emigrated from
Germany, including 20 to the United States, while in 1937-40, 15 moved to other
places in Germany. The last four Jews in Bernkastel-Kues were deported to Lodz
via Trier on 16 October 1940.
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