Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Karbach
(Landkreis Main-Spessart) 
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Seite erstellt unter Mitarbeit von Leonhard Scherg, Marktheidenfeld)

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
  
In Karbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1699 waren bereits sieben jüdische Familien mit zusammen 42 Personen am Ort, davon vier Familien (26 Personen) als Würzburger Schutzjuden und zwei Familien (12 Personen) als adelige Schutzjuden, dazu die Familie eines Rabbiners (vier Personen). Sie bewohnten mehrere Häuser auf den Ort verteilt. 
    
Ihre Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als über 100 Einwohner der jüdischen Gemeinde angehörten. Bei der Erstellung der Matrikellisten 1820 werden für Karbach 23 Matrikelstellen für die folgenden Familienvorstände festgeschrieben (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Salomon Bernay (Nothandel mit Ellenwaren), Joseph Bernay (dito), Seligmann Bernay (dito), Feist Bernay (dito), Mayer Löb Braunold (Spezerei- und Eisenhandel, Vorsteher), Isaak Braunold (Nothandel, Makler), Faibel Tannewald (Nothandel, Makler), Isaac Tannewald (Nothandel mit Ellenwaren), Jacob Tannewald (Nothandel mit Ellenwaren), Sußmann Trepp (Nothandel, Makler), Samuel Gutmann (Nothandel mit Vieh), Abraham Gutmann (Metzgermeister), Isaac Grünewald (Nothandel mit Ellenwaren), Moses Grünewald (Nothandel mit Ellenwaren, Makler), Juda Heippert (Nothandel mit Ellenwaren, Seifensiederei), Jacob Mandelbaum (Nothandel mit Vieh), Oscher Rosenband (Nothandel mit Vieh), Juda Rosenband (Nothandel mit Ellenwaren), Feiber Samuel (Nothandel mit Ellenwaren), Juda Scheuermann (Nothandel mit Vieh), Feiber Sternhard (Nothandel, Makler, Nathan Weinberg (Nothandel mit Ellenwaren).   
    
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück: 1867 wurden 98 jüdische Einwohner gezählt (7,7 % von insgesamt 1.275 Personen), 1900 83 (7,0 % von insgesamt 1.191), 1910 57 (4,7 % von 1.212).
   
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter (Schochet) tätig war. 1820 wird als "Ortsrabbiner und Judenschullehrer" Lazarus Rosenbusch genannt. In besonderer Erinnerung blieb Lehrer Hirsch Eschwege, der 1896 nach 31jähriger Wirksamkeit verstarb (siehe Artikel unten). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Würzburg, zuletzt seit Frühjahr 1938 zum Bezirksrabbinat Aschaffenburg. 1910 lebten 57 jüdische Einwohner in Karbach (4,7 % der Gesamteinwohnerschaft von 1.212 Personen).  
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der Gemeinde Jakob Adler (geb. 28.4.1894 in Karbach, vor 1914 in Straubing wohnhaft, gef. 22.6.1915), Leutnant Hermann Samuel (geb. 24.2.1892 in Karbach, vor 1914 in Fürth wohnhaft, gef. 27.11.1914) und Gefreiter Siegmund Samuel (geb. 17.2.1893 in Karbach, vor 1914 in Urspringen wohnhaft, gef. 18.8.1918).      
       
Um 1925
, als in Karbach noch 36 jüdische Einwohner gezählt wurden (3,0 % von insgesamt 1.188 Einwohnern), waren die Vorsteher der Kultusgemeinde die Herren Julius Guttmann und Samuel Berney. Damals unterrichtete Hauptlehrer Simon Kissinger aus Urspringen auch die vier schulpflichtigen jüdischen Kinder aus Karbach. Im Schuljahr 1932/33 erhielten noch acht Kinder Religionsunterricht, vermutlich weiterhin durch den Lehrer aus Urspringen. An Stiftungen war in der Gemeinde die 1890 genehmigte Löb und Schifa Adlersche Brautaussteuerstiftung vorhanden. Regelmäßig wurde in den überregionalen jüdischen Zeitschriften eine Ausschreibung der der Stiftung gemacht (siehe Texte von Ausschreibungen unten).     
   
1933 lebten noch 45 jüdische Personen in Karbach (4,0 % von insgesamt 1.115 Einwohnern). In den folgenden vier Jahren verzogen 20 von ihnen vom Ort oder wanderten aus (1937 25 jüdische Einwohner). Durch den wirtschaftlichen Boykott verarmten die Familien schnell: 1937 war ein Drittel der Gemeindemitglieder unterstützungsbedürftig. Beim Novemberpogrom 1938 drangen SS-Leute aus Marktheidenfeld und anderen Orten zusammen mit HJ-Angehörigen in die jüdischen Häuser ein und demolierten diese. 1939 wurden nochmals 30 jüdische Einwohner gezählt, die überwiegend am Ort geblieben sind (7. Februar 1942: 29 jüdische Einwohner). Mit dem 23. April 1942 kam das Ende der jüdischen Gemeinde. Damals wurden die letzten 27 am Ort lebenden Juden nach Würzburg verbracht und von dort zwei Tage später in das Vernichtungslager Izbica bei Lublin. 
       
Von den in Karbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alfred Aron (1873), Flora Aron geb. Thalheimer (1892), Bär Berney (1865), Berta Berney geb. Grünbaum (1881), Berta Berney geb. Kahn (1893), Berthold Berney (1925), David Berney (1891), Dina Berney (1881), Eliahu Berney (1886), Elsa Berney geb. Wolf (1889), Felix Berney (1883, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Getta Berney (1911), Hans Berney (1931), Karolina Berney (1879), Max Berney (1883), Moses Berney (1875), Salomon Berney (1877), Samuel Berney (1875), Suse Berney (1925), Siegfried Berney (1881), Sophie Berney (1881), Dina Friedmann geb. Berney (1881), Sabina Gottlieb geb. Schild (1859, vgl. Dokument aus dem Ghetto Theresienstadt über ihren Tod 1942), Helene Grünebaum geb. Samuel (1881), Ida Guttmann (1887), Inge(borg) Guttmann (1926), Josef Guttmann (1889), Margot Guttmann (1927), Mathilde Guttmann (1891), Meta Guttmann geb. Hirsch (1891), Hermann Guttmann (?), Julius Guttmann (1883), Ida Heimann (1873), Abraham Heippert (1883), Jenny Heippert geb. Schulmann (1894), Martha Heippert (1928), Hermann Heippert (1884), Hannchen Heippert geb. Gottlieb (1889), Senta Heippert (1925), Siegmund Heippert (1888), Emma Heippert geb. Berney (1889), Selma Heippert (1928), Ilse Lustgarten geb. Berney (1907), Karola Mirsberger geb. Adler (1899, vgl. biographisches Blatt), Mina Ottensoser geb. Heippert (1897), Resi Rauner (1902), Mathilde Schuster (1864), Zwi Schnitzer (1885), Fanny Stein geb. Samuel (1876). 
Anmerkung: Ein großer Teil dieser Personen lebte schon einige Zeit bis lange vor 1933 nicht mehr in Karbach.  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1902

Karbach Israelit 27021902.jpg (49467 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1902: "Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle, ist mit einem seminaristisch gebildeten Lehrer sofort zu besetzen. Die fixen Erträgnisse belaufen sich auf Mark 700 exklusive Schechitoh und sonstigen Nebengefällen. Meldungen mit Zeugnisabschriften, die nicht zurückgeschickt werden, wollen bis längstens 10. März an Unterzeichneten eingereicht werden. 
Karbach bei Marktheidenfeld, Unterfranken, 21. Februar (1902). 
Abraham Guttmann, Kultusvorstand."

   
Zum Tod von Amalie Löwenthal (1928), Witwe des Lehrers J. Löwenthal (gest. um 1908)    
Anmerkung: es ist nicht klar wann J. Löwenthal als Lehrer in Karbach tätig war, sicher vor Lehrer Eschwege, der 1865 nach Karbach kam. 

Sommershausen Israelit 23081928.jpg (75780 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1928: (Frankfurt). "Frau Amalie Löwenthal - sie ruhe in Frieden. Im hohen Alter von fast 87 Jahren verschied plötzlich am ersten Tag der sieben Wochen des Trostes (erster Tag ist der 10. Aw = 27. Juli 1928) Frau Amalie Löwenthal, die Gattin des ihr um etwa zwei Jahrzehnte im Tode vorausgegangenen, als besonders gottesfürchtiger Mann allbekannten Lehrers und Schochets J. Löwenthal - seligen Andenkens. Unermüdlich war sie darauf bedacht, ihr Haus zu einem kleinen Heiligtum zu gestalten und die von ihr und ihrem Gatten gehegten Ideale zur Entfaltung zu bringen, was ihr auch gelungen ist. In den Gemeinden Karbach, Lohr und Sommerhausen in Bayern hatte sie reichlich Gelegenheit, mustergültig und beispielgebend zu wirken. Später zog sie mit ihrem Gatten hierher (= Frankfurt). Nach dem Heimgang ihres Gatten und der Verheiratung ihrer Kinder zog sie sich zurück, sich an dem Gedeihen ihrer Kinder und Enkel erfreuend. Möge ihnen allen der Verdienst der frommen Frau beistehen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

    
Unter Lehrer Hirsch Eschwege - Besuch seines Sohnes in Karbach (1872)  
Anmerkung: Lehrer Hirsch Eschwege ist nach den Recherchen von Leonhard Scherg in Fulda als Sohn des Kaufmanns Simon Eschwege und seiner Frau Bertha geb. Lion geboren. Als er am 12. Mai 1896 in Karbach starb, war er 76 Jahre und 8 Monate alt. Vor seiner Zeit in Karbach war er in Bad Neuhaus als Lehrer tätig.     

Zeitlofs Israelit 31011872.jpg (112209 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1872: "Karbach. Vor einiger Zeit ward in Ihrer sehr geschätzten Zeitschrift die israelitische Lehrer-Bildungsanstalt Würzburg rühmlichst erwähnt. Im Interesse dieser Anstalt glaube ich zu handeln, wenn ich von einer Tatsache berichte, die genügend bezeugt, wie die in ihr gebildeten Lehrer in allen Beziehungen tüchtig ausgebildet werden.
Herr Lehrer Eschwege zu Zeitlofs, der in erwähnter Anstalt seine Ausbildung genoss, erfreute vor einigen Wochen seine Eltern dahier durch seinen Besuch und verweilte bei denselben über Schabbat Paraschat wajigasch (Schabbat mit der Toralesung wajigasch = 1. Mose 44,18 - 47,27, es war am Schabbat 23. Dezember 1871). Sein Herr Vater, Lehrer dahier, der jeden Sabbat zwei Vorträge im Beisein sämtlicher Gemeindemitglieder hält, war jenen Sabbat durch Katarrh verhindert, den Nachmittagsvortrag abzuhalten und forderte seinen würdigen Sohn auf, statt seiner einen solchen zu halten. Wiewohl unvorbereitet, genügte letzterer dieser Aufforderung, und gelang es ihm, durch einen freien, gediegenen Vortrag religiösen Inhalts die Zuhörer zu fesseln und den ungeteilten Beifall aller Anwesenden zu ernten.
Das nun sind die Früchte einer Anstalt, die stets bestrebt war und ist, Lehrer auszubilden, die vermögend sind durch Wort und Tat zu wirken, um unsere heilige Religion, die unverfälschte, zu kräftigen und zu heben.
Solche Tatsachen sind die besten Beweise und Zeugnisse, dass durch genannte Anstalt erzielt wird, was die Welt von ihr verlangen kann, dass der verehrliche Vorstand derselben, der ehrwürdige Herr Rabbiner Bamberger – sein Licht leuchte – gerade der Welt sendet, was fürs Judentum und die Jetztzeit so notwendig: ordentlich und tüchtig gebildete Lehrer; wir können ihm dafür nicht genug Danke zollen.  Gott lohne seine Arbeit."   

   
Enge christlich-jüdische Dorfgemeinschaft beim Tod von Lehrer Hirsch Eschwege im Mai 1896 

Karbach Israelit 04061896a.jpg (159578 Byte)Karbach. Ein schwerer Schlag traf die israelitische Gemeinde durch das Dahinscheiden ihres allgemein bekannten und verehrten Lehrers H. Eschwege. Derselbe hat fast 31 Jahre in derselben als geistiges Oberhaupt segensreich gewirkt. Nicht nur bei den jüdischen, sondern auch bei den nichtjüdischen Bürgern erfreute sich der Verblichene einer allgemeinen Beliebtheit. Diese verschafften ihm seine Leutseligkeit, seine Liebe zu jedem Nebenmenschen. Diese Beliebtheit erhielt ihren vollen Ausdruck bei dem Trauerzug, der am Donnerstag stattfand. Von Nah und Fern hatten sich Leute eingefunden, um dem Dahingeschiedenen die letzte Ehre zu erweisen. Um 3/4 11 Uhr fand der Trauerzug vom Leichenhaus aus statt. Vor dem Leichenhause war ohne Unterschied der Konfession die ganze Gemeinde Karbach und die übrigen Leute, welche aus der Ferne herbeigeeilt waren, versammelt. Vor dem Sarge sprach der älteste Sohn des Verblichenen, Herr Lehrer Eschwege aus Thüngen, der die Eigenschaften seines verstorbenen Vaters in ergreifendster Weise geschildert, wie es demselben namentlich am Herzen lag, wie es sich derselbe zur Hauptaufgabe seines Lebens machte, der Jugend die Religion einzupflanzen, damit sie später als würdige Glieder des Judentums und der Menschheit dastünden, wie er namentlich auch stets seine Gemeinde ermahnte, das Hauptgebot der Israeliten, die Nächstenliebe, nach Vorschrift zu beobachten und hat diese Mahnung auch in Wirklichkeit in der Gemeinde, die fast sämtlich Schüler des Verblichenen sind, reichliche Früchte getragen. Mit rednerischer Begabung wusste Herr Eschwege einige Momente aus dem leben seines allgemein verehrten Vaters hervorzuheben, die den Charakter des Dahingeschiedenen durchschauen ließen. Kein Auge der Anwesenden blieb unbenetzt, ein jeder fühlte so recht die Größe und Unausfüllbarkeit der Lücke, welche durch das Dahinscheiden des großen Mannes gerissen wurde. Nachdem Herr Eschwege geendet, dankte der Schwiegersohn des Verblichenen, Herr Rothschild aus Frankfurt im Namen der Hinterbliebenen sämtlichen Anwesenden für die liebevolle Beileidsbezeigung in herzlichen Worten. Sodann ergriff Herr Josef Fromm von Frankfurt a.M.. das Wort. Nach Beendigung seiner Rede stimmte der Gesangverein einen Choral an unter der vortrefflichen Leitung des Herrn Lehrers Apfelbacher. 
Karbach Israelit 04061896b.jpg (135301 Byte)Hierauf bewegte sich der Trauerzug, der fast die Straße des Dorfes ausfüllte. Wohl selten hat ein Trauerzug auf einem Dorfe mit einer solch' zahlreichen Beteiligung stattgefunden. Auf dem Friedhofe angelangt, ergriff zunächst Herr Rabbiner Bamberger von Würzburg das Wort und betonte in inhaltsreichen Worten die zahlreichen Eigenschaften, die der Verblichene in sich vereinigt hatte. Hierauf sprach abermals Herr Rothschild und hob hervor, wie seine Gattin, die Tochter des Verschiedenen, nur der verständigen Erziehung ihres Vaters es zu verdanken hat, dass ihre Brust ein eisernes Kreuz ziert, welches sie nebst einem Dankschreiben vom huldvollen Kaiser Wilhelm erhielt wegen den hervorragenden Leistungen bei der Krankenpflege des siegreichen 1870er-Krieges. Ihm reihte sich die vortreffliche Rede des Herrn Hauptlehrers Eschwege von Höchberg (= Nathan Eschwege), des zweiten Sohnes des Verblichenen an, Derselbe hob besonders hervor, dass sein Vater, um das Gebot der Nächstenliebe zu erfüllen, sein eigenes Leben der Todesgefahr aussetzte, dass derselbe nicht weniger denn drei Menschenleben vor dem Tode des Ertrinkens gerettet. Zwei Menschen rettete er aus den Mecklenburgischen Seen, da kein anderer hilfebereit war und einen aus der angeschwollenen Saale, wofür er vom König Ludwig durch Verleihung des bayerischen Heimatrechts, da der Verblichene von Fulda stammt, belohnt wurde. Ferner sprachen noch Herr Lehrer Blumenthal von Homburg im Namen der anwesenden Kollegen und Herr Simon Eschwege - Höchberg als ältester Enkel des Verschiedenen. Nach Beendigung der Reden folgte abermals ein ergreifender Trauerchoral von dem Karbacher Gesangverein. Hierauf, um 1 1/2 Uhr, wurden die sterblichen Überreste dem Schoße der Erde übergeben. Wenn wir es hier unterlassen, auf die Eigenschaften und Tugenden des Verblichenen näher einzugehen, so geschieht dies deshalb, weil die großartige wohl auf einem so kleinen Orte noch nie dagewesene Beteiligung am Trauerzug volles Zeugnis ablegt von der Trefflichkeit des Dahingegangenen. S.W.E."
  
Anmerkung: Lehrer Hirsch Eschwege dürfte identisch sein mit dem Lehrer Hirsch Eschwege, der 1864 in Bad Neuhaus genannt wird.

  
Neujahrsgrüße von Salomon Eschwege (1898, Lehrer in Karbach seit 1896) 
  
Anmerkung:   'Ein vom 6. 9. 1896 erstellter Schuldienstvertrag lautet: 'Dienstvertrag zwischen der israelitischen Cultusgemeinde dahier, vertreten durch die unterzeichneten Cultusverwaltungsmitglieder und Herrn Lehrer Eschwege aus Thüngen ist heute folgender Vertrag abgeschlossen worden: Die hiesige Cultusgemeinde nimmt den Herrn Lehrer Salomon Eschwege als Religionslehrer und Vorsänger auf und übernimmt derselbe auch die Schächterfunktion. 1. Herr Lehrer Eschwege hat die Stelle eines Lehrers und Vorsängers pflichtgemäß zu versehen mit der Bemerkung, dass am Neujahrs- und Versöhnungstage ein Gehilfe als Vorbeter beigegeben wird. 2. Die Gemeindeschreiberei und die einschlägigen Publikationen zu besorgen. 3. Die Beaufsichtigung des Friedhofs zu geeigneten Zeiten. 4. Einen passenden Vortrag an Sabbat und Feiertagen zu halten..."

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1898: "Allen Verwandten, Freunden und Bekannten wünscht herzlichst ein gutes Neues Jahr (wörtlich eine gute Einschreibung und Versiegelung)
Salomon Eschwege, Karbach, zur Zeit Lehrerkompanie Eichstätt."   

 
Zum Tod von Nathan Eschwege, Lehrer an der Präparandenschule in Höchberg, Sohn des Lehrers Hirsch Eschwege in Karbach  (1908)  

Karbach Israelit 14051908.jpg (606685 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1908: 
Artikel ist noch nicht ausgeschrieben, zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.

    
Hinweis auf Lehrer Samuel Silbermann (gest. 1912)   
Nach Angaben von L. Scherg starb in Karbach am 24. Januar 1912 der Lehrer Samuel Silbermann (geb. November 1853). Er war verheiratet mit Eva geb. Lion aus Westheim bei Haßfurt
         
Jüdischer Wanderlehrer gesucht (1926)  

Marktheidenfeld BayrGZ 07101926.jpg (93065 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7. Oktober 1926: "Der Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden beabsichtigt in Unterfranken für die Gemeinden Karbach, Marktheidenfeld und Homburg einen Wanderlehrer anzustellen, der den Religionsunterricht und die Schechita in diesen drei Gemeinden zu übernehmen und abwechselnd in jeder dieser Gemeinden als Vorbeter zu wirken hat. Seminaristische Vorbildung, wenn auch ohne Anstellungsprüfung, wird verlangt. Die Besoldung erfolgt nach den Leitsätzen des Verbandes in Anlehnung an die Reichsbesoldungsordnung. Die durch die Betreuung mehrerer Gemeinden erwachsenden Unkosten werden gesondert vergütet. Bewerbungen mit Lebenslauf und Zeugnissen an den Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden, München, Herzog-Max-Str. 7/I." 

  
Ausschreibung der Lehrerstelle in Urspringen mit Betreuung der Gemeinde Karbach (1929)   

Urspringen Israelit 13061929.jpg (66475 Byte)Zeitschrift "Der Israelit" am 13. Juni 1929: "Die Israelitische Kultusgemeinde Urspringen (Unterfranken) beabsichtigt möglichst sofort ihre frei gewordene Lehrerstelle wieder zu besetzen. Bewerber, die der gesetzestreuen Richtung angehören, die Schlussprüfung an einem staatlichen anerkannten Lehrerseminar abgelegt haben und das Kantorat sowie den Schächtdienst zu übernehmen in der Lage sind, werden ersucht Bewerbungen unter Vorlage von Zeugnissen bei dem unterfertigten Vorstand einzureichen. Der Gehalt bemisst sich nach der Besoldungsordnung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Dem Beamten obliegt neben dienstlichen Verpflichtungen in der Gemeinde Urspringen auch der Religionsunterricht, die Schechita sowie die religiöse Betreuung der Gemeinden Karbach und Marktheidenfeld nach Maßgabe näherer Vereinbarung. 
Urspringen, den 7. Juni 1929. Der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Urspringen. Bernhard Dillenberger.
  
Urspringen BayrGZ 15061929.jpg (83046 Byte)Dieselbe Ausschreibung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1929. 

     
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 

Schwierigkeiten im christlich-jüdischen Miteinander im Sommer 1860  

Karbach Israelit 01101862.jpg (70190 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Oktober 1862: "Aus Unterfranken. In dem Orte Karbach in Unterfranken, wo die israelitische Jugend die katholische Elementarschule besucht, ereignete sich jüngstens Folgendes: Am 12. August suchte der Lehrer Dorsch ein jüdisches sechsjähriges Knäbchen zu bewegen, seine Hände während des Gebetes nach christlicher Sitte zusammen zu legen, als aber dieses nicht Folge leistete, so misshandelte derselbe das zart gebaute Kind derart, dass es 11 Tage weder sitzen noch liegen konnte, ja auch jetzt noch sich übel befindet. In den nächsten Tagen schon wird diese Tyrannei, wie die dabei geäußerten intoleranten Invektiven vor den Schranken des Königlichen Bezirksgerichts Lohr zur öffentlichen Verhandlung kommen."

  
Ausschreibung der Löb und Schifa Adler'schen Brautaussteuerstiftung 1920
Über viele Jahrzehnte war die Löb und Schifa Adlersche Brautaussteuerstiftung eine für arme jüdische Bräute in Bayern eine großartige Möglichkeit der Unterstützung. 

Karbach Israelit 12021920.jpg (90793 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1920: "Bekanntmachung. Aus der Löb und Schifa Adler'schen Brautaussteuerstiftung in Karbach sind pro 1920 die Rentenanfälle im Betrage von ungefähr Mk. 800-900 an eine israelitische Braut, welche in Bayern ihnen Wohnsitz hat und deren sittliches und religiöses Verhalten ein gutes ist, zu vergeben. Unter den Stiftungsberechtigten haben Doppelwaisen, nach diesen einfache Waisen den Vorzug.
Bewerberinnen haben ihr schriftliches Gesuch bis zum 31. Mai dieses Jahres bei der unterfertigten Kultusverwaltung einzureichen. Dem Gesuche sind beizufügen: 1. ein Geburtszeugnis, 2. eine Bescheinigung über die Zugehörigkeit zur israelitischen Religionsgemeinschaft, 3. der Nachweis über rechtskräftige Verlobung unter Angabe der Personalien des Verlobten und des Zeitpunktes der in Aussicht genommenen Verehelichung, 4. ein Nachweis über den Wohnsitz in Bayern, 5. ein vom Kultusvorstand ausgestelltes und von dem zuständigen Distrikts-Rabbiner beglaubigtes Zeugnis über sittliche und religiöse Führung, 6. der Nachweis, ob die Eltern noch leben, verneinendenfalls die Sterbeurkunden, 7. ein Geldbetrag von 1 Mark. 
Gesuche, welche später als am 31. Mai dieses Jahres einlaufen, werden nur dann berücksichtigt, wenn sie vollständig sind, oder wenn ihre Vervollständigung bis zur Beleihung des Rentenanspruchs tunlich ist. Die Rentenverleihung erfolgt nur unter der Voraussetzung der vollzogenen Eheschließung im Kalenderjahr der Gesuchstellung. Es wird ferner darauf aufmerksam gemacht, dass nur diejenige Bewerberin einen Anspruch auf eine Rente machen kann, deren Verehelichung erst nach Ablauf des Monats Juni stattfindet. 
Karbach, Bezirksamt Marktheidenfeld (Unterfranken), 4. Februar 1920. Die Israelitische Kultusverwaltung J.A.Jul. Guttmann"
   
Weitere Ausschreibungen der Löb und Schifa Adler'schen Brautaussteuerstiftungen aus den Jahren 1890 / 1915 / 1927 / 1928 / 1919 / 1930 / 1936 / 1937 (!) sowie Titelblatt der Satzungen der Stiftung von 1901:
Karbach Israelit 17071890.jpg (55281 Byte) Karbach Israelit 18021915.jpg (123853 Byte) Karbach Israelit 10031927.jpg (101760 Byte)
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 17. Juli 1890
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 18. Februar 1915
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 10. März 1927
     
Karbach Israelit 22031928.jpg (118035 Byte) Karbach Israelit 14031929.jpg (134831 Byte) Karbach Israelit 13031930.jpg (157761 Byte)
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 22. März 1928
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 14. März 1929 
Aus der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 13. März 1930
     
  Karbach BayrGZ 01051937.jpg (45462 Byte) Karbach Satzung 110.jpg (64440 Byte) 
 Aus der "Bayerischen Israelitischen
 Gemeindezeitung" vom 15. August 1936
Aus der "Bayerischen Israelitischen
 Gemeindezeitung" vom 1. Mai 1937
Titelblatt der "Satzungen der
 Braut-Aussteuer-Stiftung der Eheleute Löb und
 Schifa Adler von Karbach. Druck von B. Dürr in
 Marktheidenfeld, 1891" (erhalten von L. Scherg)
   

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
  
Zum Tod von Amalia Grünewald (1907)   

Karbach Israelit 21031907.jpg (45953 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1907: "Karbach, 23. März (1907). Am 10. Adar schied hier Frau Amalia Grünewald im Alter von 80 Jahren aus dem Leben. Sie war eine edle Frau im wahren Sinne des Wortes. Ihr ganzer Lebenswandel war ausgezeichnet durch echte, innige Frömmigkeit und unerschütterliches Gottvertrauen. Wo sich ihr die Möglichkeit bot, suchte sie sich an Werken der Liebe anregend und beispielgebend zu beteiligen. Am Grabe gab ihr Sohn, Lehrer Grünewald aus Neumagen an der Mosel, seinem und seiner Geschwister Verlust in schmerzbewegten Worten Ausdruck.  Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 

    
Zum Tod des aus Karbach stammenden Lehrer Moses Grünewald (1928 in Neumagen)  
Nach den Recherchen von Wolfgang Appell, Erlangen (Mitteilung vom 10.7.2012) ist Moses Grünewald ca. 1867 in Karbach geboren und am 6.5.1928 in Neumagen gestorben (seine Mutter Amalia geb. ? ist ca. 1827 geboren und am 24.2.1907 in Karbach gestorben). Moses Grünewald war in 1. Ehe verheiratet mit Götta geb. Sichel (geb. ca. 1870 in Kleinheubach, gest. 18.11.1905 in Neumagen), mit der er eine Tochter Maria (Mira) hatte (geb. 7.1.1889 in Neumagen); in 2. Ehe war er verheiratet mit Cerline geb. Grünfeld, über die noch keine weiteren Angaben vorliegen.   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Neumagen bei Trier, 1. Juli (1928). Vor kurzem starb hier, allgemein betrauert, Herr Lehrer Moses Grünewald - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Er entstammte einer frommen Familie aus Korbach (gemeint: Karbach) in Bayern. Alt und jung schauten zu dem selten frommen und menschenfreundlichen Manne mit Bewunderung und Verehrung empor. 35 Jahre lang oblag er in hiesiger Gemeinde mit vorbildlicher Pflichttreue und heiliger Begeisterung seinem Berufe als jüdischer Volksschullehrer; es war ihm, dem streng gesetzestreuen Manne nicht immer leicht, seinen Standpunkt bei der fast ausschließlich liberalen Gemeinde durchzusetzen. 'Mit Laban habe ich gewohnt und die 613 Gebote habe ich bewahrt' (sc. nach 1. Mose 32,5, nach Auslegung bei Raschi durch Gematria des garti).   
Seine wahre, tiefe Frömmigkeit zeigte sich erst im ganzen Umfange, als ihn eine langwierige Krankheit aus seinem Schaffen riss. Sechs Jahre ertrug er, gestützt durch die liebevolle, aufopfernde Pflege von Frau und Tochter, mit der Dulderkraft eines Hiob die ungemein schmerzvolle Krankheit, die er als Liebesqualen auffasste. Die Beerdigung war ein beredtes Zeugnis dafür, welche Achtung und Liebe diesem wahrhaft edlen Menschen entgegengebracht wurde. Die vier Schulen des Städtchens gingen voraus, es folgten die Geistlichkeit und Vertreter aller Behörden, zuletzt die Bürger aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine Trauerrede hatte sich zwar der Verstorbene in seiner bekannten Bescheidenheit verbeten. Aber die stille Trauer auf dem Angesicht aller Anwesenden zeigte besser als große Trauerreden den Schmerz um den Verlust dieses seltenen Mannes. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

      
      
   
  
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge           
      
Seit dem 18. Jahrhundert war in einem der jüdischen Häuser war ein Betsaal ("Judenschule") eingerichtet. Aus dem Jahr 1829 sind Dokumente vorhanden, die die Mitbenutzung der Synagoge durch die Juden aus dem benachbarten Bergrothenfels regeln.
     
1844
kaufte die Gemeinde ein Haus ("Stettener Adelshof"), das für 1.000 Gulden zu einer Synagoge mit Schulzimmer und Lehrerwohnung umgebaut wurde. Da die eigenen finanziellen Mittel der wenigen jüdischen Familien für diesen Umbau des Hauses zur Synagoge nicht ausreichten, wurde die Durchführung einer Kollekte bei der Regierung beantragt. Diese wurde im Juli 1844 genehmigt und in den folgenden Wochen durchgeführt. Zur Kollekte selbst liegen zwei Artikel aus dem "Intelligenzblatt von Unterfranken..." vor:    
   
 
Kollekte zum Bau der Synagoge in Karbach (1844/45)    

Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern vom 4. August 1844: "(31. Juli 1844). an die fürstlich Löwensteinische Regierungs- und Justiz-Kanzlei zu Kreuzwertheim und an sämtliche Distrikts-Polizei-Behörden von Unterfranken und Aschaffenburg.
(Die Bitte der Israeliten zu Karbach um Bewilligung einer Kollekte zum Zwecke ihres Synagogen-Baues betreffend). 
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Majestät haben zu Folge eines unterm 1. dieses Monats an die fürstlich Löwensteinische Regierungs- und Justizkanzlei in Kreuzwertheim erlassenen und unter demselben Datum in Abschrift zur Wissenschaft anher mitgeteilten höchsten Ministerial-Reskripts den Juden zu Karbach die Veranstaltung einer Kollekte unter ihren Glaubensgenossen im Königreiche zum Zwecke ihres Synagogen-Baues allergnädigst zu bewilligen geruht.
Die Distrikts-Polizei-Behörden des Regierungs-Bezirkes von Unterfranken und Aschaffenburg werden daher angewiesen, die Kollekte durch die israelitischen Kultusvorsteher vornehmen zu lassen und das Resultat binnen 4 Wochen anher anzuzeigen. 
Die eingehenden Beträge sind - mit Ausnahme der bei der fürstlich Löwensteinischen Regierungs- und Justizkanzlei Kreuzwertheim eingegangenen - an das Expeditions-Amt der unterfertigten Stelle einzusehen.
Würzburg den 26. Juli 1844. Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf Fugger.  Thaler."  
 
Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern vom 8. April 1845: "(3. April 1845) (Die Kollekte für den Synagogenbau zu Karbach betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs
.
Der den Juden zu Karbach zugekommene Gesamtertrag der denselben zu folge höchsten Ministerial-Reskriptes vom 1. Juli 1844 (Kr.-Intelligenzblatt S. 477) bewilligten Kollekte wird in der nachstehenden Übersicht zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
Würzburg den 28. März 1845. 
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf Fugger.      Thaler.
Übersicht des Ertrags der den Israeliten zu Karbach, Herrschaftsgerichts Rothenfels, bewilligten Kollekte zum Synagogenbau..." 
Aus der Übersicht gehen die Erträge der Sammlung der einzelnen Behörden/Ämter hervor.    
Hinweis: die oben gezeigten Dokumente beziehen sich nur auf die Sammlung in Unterfranken und Aschaffenburg. Weitere Erträge gab es aus den anderen Regierungsbezirken Bayerns und der Pfalz. 

Alsbald nach Abschluss der Kollekte (Frühjahr 1845) wurde der Umbau des gekauften Gebäudes zur Synagoge durchgeführt.     
  
1903
wurde die Synagoge renoviert. Am 3. September 1903 wurde die Synagoge durch Distriktsrabbiner Nathan Bamberger aus Würzburg feierlich eingeweiht:

Karbach Israelit 14091903.jpg (100077 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1903: "Karbach. Am 3. September (1903) fand dahier die Einweihung der vollständig umgebauten Synagoge statt. Von der Heippertschen Wohnung bewegte sich ein Festzug durch das Dorf zur Synagoge, an welchem der Herr Distriktsrabbiner N. Bamberger aus Würzburg, der Herr Bezirksamtsassessor von Marktheidenfeld, die Ortsbehörde und ein zahlreiches, aus der Ferne herbeigeeiltes Publikum teilnahm. Vor der Synagoge hielt der Herr Bezirksamtsassessor eine Ansprache, die er mit einem Hoch auf den allwärts beliebten Regenten, Prinz Luitpold, schloss. Hierauf sprach die Schülerin Dora Adler einen Festprolog und überreichte den Schlüssel dem Herrn Rabbiner. Dieser öffnete das Gotteshaus und ein Chor sang mehrere jüdische Melodien. Der Herr Distriktsrabbiner sprach das Königsgebet und hielt eine Festrede. Ein Jigdal-Chor beendete die erhebende Feier. Am Schabbat den 5. dieses Monats fand ein Festgottesdienst statt, bei dem Herr Lehrer Silbermann die Festrede hielt. Last not least waren auch zwei Bankette auf dem Programm. 
Der 31jährigen Tätigkeit des in weiten Kreisen bekannten Lehrers Mauroh Haurooh Hirsch Eschwege an hiesigem Orte ist es zu verdanken, dass man dahier noch Tauroh (Tora), Awaudo (Gottesdienst) und Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) zu üben versteht und dass ein Chilul Schabbot (Entweihung des Schabbat) fast nicht vorkommt. Möge des genannten Zadik (Gerechten) Vorbild auch weiter der Gemeinde im Gedächtnis bleiben und jede Uneinigkeit in derselben bannen.   Ein Mann aus dem Hause Levi."  
   
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. September 1903: "Karbach. Die feierliche Einweihung der Synagoge fand bei herrlichem Wetter am Donnerstag, den 3. und Samstag, den 6. September unter Anwesenheit einer zahlreichen Bevölkerung von in- und auswärts in freudiger und gehobener Stimmung statt, Alles prangte in Festschmuck. Die Synagoge war prachtvoll mit Kränzen, Fahnen und Wappen dekoriert. Seine Ehrwürden, Herr Distriktsrabbiner Nathan Bamberger in Würzburg hielt die Festpredigt. Seitens der Königlichen Regierung war Königlicher Bezirks-Amts-Assessor Korn, Marktheidenfeld erschienen. Die Sologesänge, sowie das Dirigieren des geschulten Chores hatte Herr Lehrer Kissinger, Urspringen, in liebenswürdiger Weise übernommen. 
Bei dem sehr feierlichen Sabbatgottesdienst hielt Herr Lehrer Silbermann eine ergreifende und zu Herzen gehende Festrede, welche allgemeinen Beifall fand."   

Beim Novemberpogrom 1938 zerstörten die aus Marktheidenfeld und anderen Orten nach Karbach gekommenen SS-Leute die Inneneinrichtung der Synagoge. Das Gebäude blieb jedoch erhalten.
  
Die ehemalige Synagoge ist noch vorhanden und wird als Rathaus der Gemeinde Karbach verwendet (Umbau zum Rathaus bereits 1951). Eine Gedenktafel wurde an der Treppenseite des Rathauses im Frühjahr 2002 angebracht.
  
Neben der Synagoge befand sich das jüdische Ritualbad (Mikwe). Das 1826 errichtete Badehäuschen wurde in der Zeit des Zweiten Weltkrieges abgebrochen. Nach 1945 wurde nach Verfüllung des Zugangs und des Tauchbeckens auf den Fundamenten des Badehäuschens eine Milchsammelstelle erbaut. 2006 wurde das Milchhäuschen abgebrochen; die Zugangstreppe und das Tauchbecken wurden im Rahmen der Dorferneuerung (Neugestaltung des Marktplatzes) freigelegt und in Leichtbauweise ein Gebäude darüber errichtet, in dem nicht nur die Funktion des Tauchbads erläutert, sondern auch die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Karbach dargestellt wird.  
     
     
Standort der Synagoge: Marktplatz Nr. 1 (früher Marktplatz 181)  
   
   
Fotos
(Pläne erhalten über Leonhard Scherg - Quelle: StA Würzburg, LRA Marktheidenfeld, Baupläne, 1902/253; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006)  

Umbaupläne der Synagoge 
in Karbach von 1902 
Karbach Synagoge 341.jpg (124789 Byte) Karbach Synagoge 342.jpg (141122 Byte)
    West- und Südansicht des
Synagogengebäudes
Längen- und Querschnitt des
Synagogengebäudes
       
   Karbach Synagoge 344.jpg (166877 Byte) Karbach Synagoge 343.jpg (118695 Byte)
   Grundriss des Erdgeschoss mit dem
 Betraum der Männer (linke Seite) und 
dem "Lehrsaal" und einem weiteren Zimmer 
der jüdischen Schule (rechte Seite)
Grundriss der Ersten Stockes mit der
 Frauenempore (linke Seite) und der
 Lehrerwohnung (rechte Seite), dazwischen
 der Platz der Laubhütte
       
Planskizze der Mikwe 
(erhalten von Martin Harth) 
Karbach Mikwe-Plan.jpg (78477 Byte)
  Planskizze der Mikwe (rituelles Bad), erstellt von Baumeister Johannes Schönmann aus Pflochsbach 1826 (Quelle: Staatsarchiv Würzburg LRA Mar 2346)  
     
 Historische Aufnahmen 
(Scans erhalten von Martin Harth) 
 Karbach Synagoge 1900 020.jpg (80248 Byte)  
  Die Synagoge um 1900 
(Detail aus einer Mehrbild-Ansichtskarte)  
 
     
Karbach Gauleiter Hellmuth 020.jpg (84704 Byte) Karbach Synagoge 1933 020.jpg (140695 Byte) Karbach Synagoge 1933 020a.jpg (38918 Byte) Karbach Synagoge 1933 020b.jpg (98543 Byte)
Kundgebung mit NSDAP-Gauleiter Dr. Otto Hellmuth vor 
der Karbacher Synagoge (Quelle: Stadtarchiv Marktheidenfeld, 
Sammlung Förderkreis Synagoge Urspringen) 
Foto einer NS-Kundgebung (wahrscheinlich 1933) vor der Karbacher Synagoge mit nebenliegender Mikwe. 
(rechts Ausschnittvergrößerungen mit Gebäude der Mikwe und der Synagoge)   
  
     
     
 Das Gebäude der ehemaligen Synagoge im Oktober 2006 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.10.2006)  
 
Karbach Synagoge 120.jpg (63396 Byte) Karbach Synagoge 126.jpg (60816 Byte) Karbach Synagoge 124.jpg (52314 Byte)
Blick über den 2006 neu 
gestalteten Marktplatz
Die ehemalige Synagoge von Süden, 
jetzt Rathaus der Gemeinde
Ehemalige hohe 
Rundbogenfenster des Betsaales
     
Karbach Synagoge 125.jpg (66098 Byte) Karbach Synagoge 122.jpg (67305 Byte) Karbach Synagoge 121.jpg (73126 Byte) Karbach Synagoge 123.jpg (83194 Byte)
Die im Frühjahr 2002 angebrachte
 Gedenktafel an der Treppenseite
Blick auf die "Treppenseite" 
(Westseite) mit angebautem Aufgang
Ansicht der ehemaligen Synagoge 
von Osten
     
     
Andernorts entdeckt     
   Grabstein für Kaufmann Isaak Grünewald im jüd. Friedhof Mühlhausen (ERH) (1849 Karbach - 1928 Mühlhausen)   

     
     

Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
   

Januar 2011: Bericht über die Entdeckungen beim Umbau der ehemaligen Synagoge / des Rathauses in Karbach    
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom 4. Januar 2011 (Artikel): 
"KARBACH - Bei Umbau Wandbemalung entdeckt. Sanierung des heutigen Rathauses offenbart die wechselvolle Geschichte des Gebäudes 
1951 erwarb die Marktgemeinde Karbach die ehemalige Judenschule und baute sie zu ihrem Rathaus um. Die zweigeschossige Synagoge mit Frauenempore im Obergeschoss und Thoraschrein auf der Ostseite im Untergeschoss wurde durch eine Zwischendecke getrennt. Das Gebäude wird derzeit energetisch saniert und umgebaut. Nach der Entkernung des Baus zeigten sich vor allem im Obergeschoss, der einstigen Synagoge, Wandmalereien, die aus der Zeit von 1903 stammen könnten und mit den damals üblichen Rollen aufgetragen wurden. An der Decke fanden sich zudem in schmalen Abschnitten, die durch Deckenbalken gesichert waren, Schablonen-Malereien, möglicherweise aus der Zeit von 1844.
Zwei Fenster zugemauert. Dies stellte Peter Müller, Chef der Löwen-Restaurierung in Erlenbach, bei einer kurzen, ehrenamtlichen Besichtigung mit Karbachs Bürgermeister Kurt Kneipp fest. 'Es wäre erfreulich, wenn wenige Teile der Decken- und Wandbemalung freigelegt und der Nachwelt erhalten werden könnten', so Müller und Bürgermeister Kneipp unisono. 'Sie sind auf jeden Fall erhaltenswert.'
Die zwei Fenster auf der Ost- und Westseite wurden beim Umbau, den Erfordernissen für die neuen Räume folgend, zum Teil zugemauert. Die aus rotem Sandstein gefertigten Wandungen aber blieben erhalten.
Der Verfasser des Artikels hatte mehrere Stunden versucht, in diffiziler Hand- und Feinarbeit weitere Erkenntnisse über die Schablonenmalerei zu Tage zu bringen. Schicht für Schicht wurde abgetragen und so eine größere Fläche freigelegt. Demnach dürfte die gesamte Decke, mit umlaufendem Fries, einheitlich mit Schablonenmalerei, ebenso wie die gesamte Ostseite, ausgestaltet gewesen sein.
Auf der Ostseite, genau unter dem wieder freigelegten Rundfenster, befand sich der Thoraschrein, in dem die wertvollen Thorarollen aufbewahrt wurden, und der nur über fünf Stufen zu erreichen war. Davor stand die sogenannte Bima, eine erhöhte kleine Kanzel. Das Untergeschoss wurde zeitweise als Schulsaal genutzt und heute als Sitzungssaal der Marktgemeinde. In den Räumen sollen nach der statischen Sanierung Archivräume eingerichtet werden. Tapetenfragmente im ehemaligen Wohnbereich des Rabbiners auf der Südseite des Gebäudes stammen aus der Entstehungszeit um 1822. Sie sind mit Natur-Leimfarben bedruckt und mit einer den Raum umrahmenden Bordüre verziert. Eine äußerste Seltenheit, wie Peter Müller beeindruckt feststellte.
Von Mäusen zerfressen. Im Rahmen der energetischen Sanierung wurden auch einige wenige Utensilien gefunden. Das Meiste war von Mäusen zerfressen. Einige wenige Fragmente konnten dennoch gesichert werden. Darunter ist eine Doppelseite einer hebräischen Schrift. Nachdem ein Bild auch nach Israel gesandt wurde, kam jetzt die Nachricht zurück, dass es sich bei den Fragmenten um ein Gebetbuch, eigens für den Sabbat (Schabbes), handelt.
Arie Freund, wohnhaft in Kevar Weradim (Israel/Wertheimer Siedlung) unweit der südwestlichen libanesischen Grenze, hat die in Karbach gefundenen Texte im so genannten 'Machsor', dem Gebetbuch für die 'Hohen Feiertage' gefunden. Arie Freund: 'Das ist genau dieser Text'. Das tägliche Gebetbuch hingegen wird 'Sidur' genannt.
Synagoge Karbach. Im Jahre 1580 wurde die ehemalige Karbacher Synagoge als Stettenberger Freihof erbaut. 1822 wurde das Anwesen für 1000 Gulden an die jüdische Kultusgemeinde veräußert.
1843 wurde das Gebetshaus vergrößert, 1903 erfolgte ein weiterer Umbau. Die Pläne fertigte Zimmerermeister Maurus Leichtenschlag. Nach dem Umbau erstreckte sich die Synagoge über eine Höhe von 5,50 Metern mit einem Betsaal im Erdgeschoss und der Frauenempore im ersten Stock. Außerdem gab es eine Laubhütte und den Wohnbereich des Rabbiners. Der Neubau wurde am 3. September 1903 eingeweiht.
Das Gebäude im Dorf und die Blickachse zur St.-Vitus-Pfarrkirche zeugen vom guten Miteinander von Christen und Juden in der Gemeinschaft, bis zur Zeit des Nationalsozialismus."     
Karbach PA 201101a.jpg (43028 Byte) Karbach PA 201101b.jpg (27825 Byte) Karbach PA 201101c.jpg (27274 Byte) Fotos von Josef Laudenbach 
Hebräische Schrift: Zwei Seiten aus einem 
Sabbat-Gebetbuch, gefunden beim Umbau   
Mühsam ein kleines Stück freigelegt: 
Wandbemalung in der ehemaligen Synagoge  
Begutachtung auf der Baustelle: Bürgermeister 
Kurt Kneipp und Peter Müller (Löwen-Restaurierung)
  
   
Mai 2011: Karbach beteiligt sich am Gedenkmarsch in Würzburg   
Artikel von "maha" in der "Main-Post" vom 26. April 2011 (Artikel): 
"URSPRINGEN. Gedenkmarsch auf dem Weg der Opfer 
Förderkreis und Main-Spessart-Gemeinden unterstützen Aktion – Schilder erinnern an Deportierte
(maha) Am 10. Mai soll in Würzburg unter dem Titel 'Wir wollen uns erinnern' ein Gedenkmarsch auf dem Weg der größten Deportation von Juden aus Unterfranken am 25. April 1942 von der ehemaligen Gaststätte 'Platz'scher Garten' am Friedrich-Ebert-Ring zum früheren Güterbahnhof Aumühle stattfinden. Dabei soll auch der großen Anzahl von Opfern der nationalsozialistischen Rassenideologie aus dem heutigen Landkreis Main-Spessart gedacht werden. Der Förderkreis Synagoge Urspringen unterstützt diese Gedenkveranstaltung, wie dies der Vorsitzende Leonhard Scherg bei der Hauptversammlung des Vereins deutlich machte. Für die Aktion 'Wir wollen uns erinnern' wurden die Daten der Deportationsopfer vom 25. April 1942 aus einigen jüdischen Gemeinden überprüft und zusammengestellt. Über den Stand der Vorbereitungen für den Gedenkmarsch 'Wir wollen uns erinnern' am 10. Mai in Würzburg wurde bei der Hauptversammlung berichtet. So haben sich die Stadt Marktheidenfeld und die Gemeinde Karbach bereits um Teilnehmer bemüht, welche die Namenstafeln der neun, beziehungsweise 27 Opfer aus den Gemeinden beim Gedenkmarsch tragen werden. Auch Triefenstein wird sicher mit fünf Vertretern für die Opfer aus Homburg dabei sein. Für Urspringen will Bürgermeister Heinz Nätscher Verbindung mit den Schulen in Marktheidenfeld aufnehmen, um Vertreter für die 42 Opfer aus seiner Gemeinde nach Würzburg schicken zu können. Georg Schnabel berichtete über den Stand der Vorbereitungen in Laudenbach. Bürgermeister Kurt Kneipp aus Karbach will sich um zwei Busse bemühen, die für Vertreter aus dem ehemaligen Landkreis Marktheidenfeld eingesetzt werden, um die Aktion, die von 14 bis etwa 19 Uhr dauern könnte, gemeinsam abzuwickeln. Josef Laudenbacher (Karbach) holt die Namensschilder für die vier Gemeinden vorher in Würzburg ab und verteilt sie in den Bussen. Bemerkenswert ist, dass im Fall von Karbach auch Nachkommen jüdischer Opfer zu dem Gedenkmarsch aus Israel nach Deutschland kommen wollen."     . 
 
September 2012: Regierungspräsident Beinhofer besucht Mikwe und Friedhof in Karbach   
Urspringen  Lohrer Echo 07092012.jpg (423503 Byte)Artikel von Bianca Löbbert im "Lohrer Echo" vom 7. September 2012: "Jüdisches Erbe bewahren. 
Geschichte: Regierungspräsident Paul Beinhofer besichtigt Synagoge in Urspringen sowie Mikwe und Friedhof in Karbach.   
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
 
 
November 2014: Exkursion auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Karbach und Umgebung  
Artikel von Josef Laudenbacher in der "Main-Post" vom 14. November 2014: "KARBACH. Synagoge als Gedenkstätte
Die siebte Exkursion des Kooperationsprojekts 'Landjudentum in Unterfranken' führte eine Gruppe von 50 Teilnehmern in den Landkreis Main-Spessart. Besucht wurden Laudenbach, Urspringen und Karbach. Nach einer Pause in Laudenbach galt der ehemaligen Synagoge in Urspringen das Interesse. Hier übernahm der Historiker Dr. Leonhard Scherg aus Marktheidenfeld die Führung. Wie in Laudenbach auch reicht in Urspringen die Entstehungsgeschichte der jüdischen Gemeinde bis ins 16. Jahrhundert zurück. Eine erste Synagoge wurde im 17. Jahrhundert als kleiner Fachwerkbau errichtet, an dessen Stelle um das Jahr 1803 eine neue Synagoge im frühklassizistischen Stil trat. Diese blieb bis zum Novemberpogrom 1938 Zentrum des jüdischen Gemeindelebens im Ort. Die Eingangstür war ursprünglich kleiner, nach der Pogromnacht wurden allerdings hier landwirtschaftliche Geräte untergebracht und ein größerer Eingang eingebaut. Trotz der Zweckentfremdung wirkt die Synagoge verhältnismäßig intakt. In den Jahren von 1989 bis 1991 wurden Renovierungen durchgeführt und das unpassende Tor gegen eine durch den Darmstädter Künstler Cornelis F. Hageboom gestaltete Tür ausgetauscht, welche an die Deportationswege der Urspringer Juden erinnert. 42 Juden wurden damals aus Urspringen deportiert. Die Funktion der Synagoge ist deutlich: Sie ist eine Gedenkstätte. Zugleich dient sie auch als Museum, welches die Geschichte des unterfränkischen Landjudentums am Beispiel Urspringen erläutert und (auf der Frauenempore) Genisa-Funde präsentiert. Hierbei handelt es sich um gut verwahrte liturgische Schriften und weitere sakrale Gegenstände, die bei der Reichspogromnacht übersehen wurden. Damals stürmten Nationalsozialisten auch die Urspringer Synagoge, zerstörten ihr Inneres und verbrannten die heiligen Schriften.
Die jüdische Geschichte in Karbach beginnt im 17. Jahrhundert mit der Entstehung einer jüdischen Gemeinde, die dort bis zur Deportation von 27 jüdischen Mitbürgern 1942 existierte. Bürgermeister Bertram Werrlein begrüßte die Gruppe am Marktplatz und gab eine Einführung in die Geschichte des Ortes. Anschließend übernahm Josef Laudenbacher die Führung. Auf dem Karbacher Marktplatz befinden sich zwei Zeugen lokaler jüdischer Geschichte: Das Rathaus war früher die Synagoge – erbaut als Stettenberger Freihof 1580. Heute erinnert eine Gedenktafel an das jüdische Erbe. Direkt daneben stand die Mikwe, das rituelle Bad, 1826 erbaut. Über ihren sichtbaren Fundamenten wurde ein Informationspavillon errichtet, der den geschichtlichen Hintergrund liefert. Abschließend besichtigte die Gruppe den jüdischen Friedhof von Karbach, der sehr versteckt im Wald gelegen ist. Ein eigener Friedhof wurde hier spätestens seit dem Jahr 1812 angestrebt, war aber umstritten. Errichtet wurde er 1819. Zuvor wurden die Karbacher Juden traditionell in Laudenbach beigesetzt. Von 1803 bis 1819, als Karbach zum Amt Steinfeld und dadurch zum Großherzogtum Baden gehörte, in Külsheim. Die erste Beisetzung in Karbach ist im März 1819 verzeichnet; die letzte Belegung fand im Jahr 1938 mit Max Guttmann statt. Von den etwa 340 vorhandenen Gräbern sind einige Grabsteine besonders schön verziert. Hier finden sich auch klassische Motive, wie die Levitenkanne oder die segnenden Priesterhände. Beide stehen für je einen bedeutenden jüdischen Stamm: Die Kanne für den Stamm der Leviten, die Priesterhände für den der Kohanim.
Einmal mehr diente auch diese Exkursion dazu, Interessierten die Möglichkeit zu bieten, die sichtbaren Spuren jüdischer Geschichte im Raum Unterfranken kennen zu lernen. Bislang wurden Ausflüge in die Landkreise Haßberge, Würzburg und Main-Spessart sowie in die Stadt Aschaffenburg und den Raum Schweinfurt unternommen. Exkursionen erfüllen für das Kooperationsprojekt jedoch zugleich die Funktion, die Grundlagen für eine touristische Erschließung des Themas zu leisten und zu erproben. Deren weiterer Konzeption, sei es in Gestalt von Themenwegen, Broschüren oder Apps, wird die nächste Sitzung des Arbeitskreises Landjuden gewidmet sein. Eine weitere kostenfreie Exkursion in den Landkreis Kitzingen findet am 16. November statt und führt in das jüdische Wiesenbronn, Rödelsee und Obernbreit. Die Teilnahme steht allen Interessierten offen." 
Link zum Artikel    
 
Juni 2015: Zum 90. Geburtstag von Nelly Heippert (Nomie Lawie)    
Artikel in der "Main-Post" vom 9. Juni 2015: "Karbach - Nelly Heippert wurde 90. Nelly Heippert, verheiratete Nomie Lawie, einzige noch lebende Zeitzeugin der einst blühenden jüdischen Kultusgemeinde Karbach, konnte am 6. Juni im Kreise ihrer Familie – Tochter Miriam, die Söhne Yehuda und Avi, neun Enkel und sechs Urenkel – in Mischmar Haschiwa bei Tel Aviv ihren 90. Geburtstag feiern. Die älteren Karbacher können sich noch gut an die Jubilarin erinnern. Geburtstagswünsche übermittelten aus ihrem einstigen Heimatort der ehemalige Bürgermeister Kurt Kneipp, die Familien Helga Balzert und Josef Laudenbacher, die weiter mit Nelly in Kontakt stehen. Zu Gast waren die Freunde aus Karbach auch schon 1994 bei Lawies Familie in Israel.
Die 90-Jährige zeigt sich am Telefon geistig sehr rege: 'Ja, manchmal vergesse ich auch schon mal was, aber das geht Jüngeren auch so', scherzte sie. Ihren Humor hat sie trotz des schweren Lebensweges und der Tatsache, nach einem Oberschenkelhalsbruch auf Pflege und einen Rollstuhl angewiesen zu sein, nicht verloren.
Die Familie Abraham Heippert (geb. 8.3.1883) mit Ehefrau Jenny, (geb. 25.4.1894) sowie die Kinder Paul (geb. 9.5.1922), Martha (17.3.1928) und Nelly (geb. 6.6.1925) wohnte in Karbach am Aufgang zum 'Kist', im Anwesen Hausnummer 142. Vater Abraham betrieb einen kleinen Viehhandel, vornehmlich im Raum Schweinfurt. Die gesamte Familie Heippert, mit Ausnahme von Nelly und Paul – sie konnten noch nach Palästina ausreisen – wurde mit insgesamt 27 jüdischen Karbacher Mitbewohnern im Juli 1942 deportiert und kam in den Vernichtungslagern im Osten um...." 
Link zum Artikel   

      
        

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde (Markt) Karbach (mit Informationen zur jüdischen Geschichte über Link bei "Kultur und Tourismus")  
bulletDokumente zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Karbach in den Central Archives in Jerusalem (pdf-Datei): hier anklicken     Link zu den Central Archives: hier anklicken  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Karbach (interner Link)  

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 71-72.  
bulletMichael Trüger: Der jüdische Friedhof Karbach. In: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Jg. 1998 13.Jg. Nr. 77 vom September 1998 S. 29-30. 
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 327-328.  
bulletMichaela Juhr: Das Leben der jüdischen Gemeinde in Karbach und ihre Vernichtung im Dritten Reich. Fachwissenschaftliche Grundlegung und Umsetzung in einer Unterrichtseinheit für das historische Lernen in der vierten Klasse der Grundschule. Schriftliche Hausarbeit für das Lehramt an Grundschulen. Universität Würzburg 1999.
bulletLeonhard Scherg: Jüdische Gemeinden und Einrichtungen. In: Juden im Landkreis Marktheidenfeld. Marktheidenfeld 1993 (=Schriftenreihe des Historischen Vereins Marktheidenfeld und Umgebung Bd. 13.) S. 7-70. 
bulletMSP Publikation 01.jpg (23157 Byte)ders.: Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur). 
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 192-193.  
bulletBayern Synagogengedenkbuch IMG_20150803_0001.jpg (85625 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband III: Unterfranken, Teil 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg. von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu (mit umfassenden Quellen- und Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Karbach S. 207-224.

   
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Karbach. Jews are mentioned in 1699 and 1729, with an organized community existing in the early 19th century and a synagogue dating from 1844. The Jewish population was 98 in 1867 (total 1,275) and 45 in 1933. Owing to generally good relations with the local population, no Jews left until 1936. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue and Jewish homes were vandalized. Eleven Jews left in 1936-39 and 27 were deported to Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April 1942. 
    
      

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

             

 

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Stand: 18. Mai 2020