Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Barchfeld an der Werra (Gemeinde Barchfeld-Immelborn, Wartburgkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Weitere Dokumente       
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bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In Barchfeld bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1557 und 1566 Schutzjuden am Ort genannt. Keine Hinweise auf Juden am Ort gibt es im 17. Jahrhundert einige Jahrzehnte nach 1603. Um 1680 werden wieder Juden genannt. 1700 umfasst die Gemeinde inzwischen sechs Familien (des Jacob, Salomon, Daniel, Hirsch, Wolf und Katz). 1686 konnte ein Friedhof angelegt werden. Um 1720 werden 76 jüdische Einwohner am Ort gezählt. Mitte des 18. Jahrhunderts waren 20 jüdische Familien am Ort. Um 1770 wurde zum gemeinsamen Studium der Tora ein Talmud-Tora-Verein gegründet, 1783 der Beerdigungs- und Sozialverein "Chewra Kadischa". Die jüdischen Familien lebten bis Anfang des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich vom Viehhandel, Geldverleih und vom Haus- und Kramwarenhandel.   
 
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts werden zwei jüdische Barchfelder als landgräfliche Hofagenten, zwei andere als landgräfliche Hofmetzger genannt.
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine jüdische Schule, eine Mikwe und einen bereits genannten Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1836 wurde eine öffentliche jüdische Ortsschule begründet, für die 1841/42 ein Schulhaus am unteren Graben erbaut wurde. In diesem wurde auch die Mikwe eingebaut. Von den jüdischen Lehrern/Kantoren werden genannt (zeitweise auch zwei Personen): um 1874/1894 Lehrer und Kantor Jakob Oppenheim, dazu um 1881 J. Weil als Kantor und Schochet und um 1885/86 J. Lublinsky als Kantor und Schochet.   
  
1843
wurde am Ort ein jüdischer Fortbildungsverein gegründet, was in ganz Deutschland Beachtung fand (vgl. unten Beitrag in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts"). Der damalige Gemeindevorsteher Löb M. Lefor sorgte gemeinsam mit dem Lehrer Lewald für die behutsame Durchsetzung von Reformen im Gemeindeleben.   
 
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1861 mit 237 Personen erreicht (über 13 % der Gesamteinwohnerschaft). Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Fulda
  
Am Krieg 1870/71 nahmen mehrere jüdische Soldaten aus Barchfeld teil: Louis Eisemann (Inf.-Reg. 32), Hirsch Herrmann (Inf.-Reg. 83, verwundet), Levi Herrmann  (1. Garde-Reg.), Moses Herrmann (Inf.-Reg. 24), Samuel Hartmann (11. Twain-Fuhrparkkolonne), Juda Wolfermann (Inf.-Reg. 94) und Levi Wolfermann (Ing.-Reg.). 
  
Von den jüdischen Kriegsteilnehmern im Ersten Weltkrieg sind gefallen: Salo Kaiser (geb. 16.7.1889 in Barchfeld, gef. 30.10.1914), Vize-Wachtmeister Hermann Leopold (geb. 10.1.1890 in Barchfeld, gef. 19.8.1918), Jakob Wolf (geb. 9.7.1883 in Barchfeld, gef. 26.3.1918), Gefreiter Louis Wolfermann (geb. 21.4.1882 in Barchfeld, gef. 8.7.1918), Paul Wolfermann (geb. 13.5.1894 in Barchfeld, gef. 7.1.1916). Außerdem sind gefallen: Gefreiter Curt Hofmann (geb. 7.3.1895 in Barchfeld, vor 1914 in Bad Kissingen wohnhaft, gef. 3.10.1918), Gefreiter Hermann Strauß (geb. 18.8.1885 in Barchfeld, vor 1914 in Langenselbold wohnhaft, gef. 7.10.1918),   
 
Um 1924
, als noch 86 jüdische Einwohner gezählt wurden (2,86 % von insgesamt etwa 3.000 Einwohnern) gehörten dem Synagogenvorstand an: Jakob Stern (Gemeindevorsteher bereits seit 1904, siehe Artikel unten) und Jakob Wolfermann. Lehrer war damals Leopold Weinberg (1903 bis 1926; Weinberg wechselte im Herbst 1926 nach Langenselbold). Zur Barchfelder Gemeinde gehörten auch die in Bad Salzungen und Bad Liebenstein lebenden jüdischen Einwohner (1924 34 bzw. 8 Personen). An jüdischen Vereinen werden genannt: Chewra Gemillut chassodim (1924 unter Leitung von Emil Herrmann, 20 Mitglieder) und der Israelitische Frauenverein (1924 unter Leitung von Frau R. Levor und Lehrer Leopold Weinberg, 26 Mitglieder). 1932 war Julius Herrmann 1. Gemeindevorsteher, Julius M. Levor der 2. Vorsteher. Als Lehrer und Kantor war inzwischen Salomon Heilbrunn angestellt.  

1933 wurden noch 65 jüdische Einwohner gezählt.  Diejenigen, die nicht mehr emigrieren konnten, wurden 1942/43 deportiert (teilweise von anderen Orten in Deutschland) und in Vernichtungslagern ermordet. Von den 1933 hier wohnhaften Personen wurden mindestens 30 deportiert, bei 22 Personen ist das Schicksal unbekannt.   
   
Von den in Barchfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):   Emma Bachrach (1875), Catharina Blum geb. Hermann (1885), Fanny Charig geb. Weil (1868), Elsa Cohn geb. Oppenheim (1884), Paula Göring geb. Hofmann (1889), Mary Hammerschmidt geb. Leopold (1877), Levi Hartmann (1875), Mathilde Hartmann geb. Levor (1877), Emil Herrmann (1863), Justin Herrmann (1896), Ludwig Herrmann (1899), Max Herrmann (geb. ?), Ida Hofmann (1880), Sophie Katzmann geb. Kaiser (1859), Toni Katzenstein geb. Strauss (1907), Sofia Katzmann geb. Kaiser (1859), Hildegard Kohlmann geb. Wolf (1898), Ida Leopold geb. Hausmann (1890), Siegfried Leopold (1883), Bruno Levor (1906), Herbert Levor (1915), Isidor Lefor (1881), Joseph Levor (geb. ?), Ludwig Levor (1870), Manfred Levor (1908), Riekchen (Rachel) Levor geb. Rothschild (1887), Mina Lion geb. Levor (1884), Rickchen Levy geb. Rosenblatt (geb. 1871), Adolf Oppenheim (1880), Lina Löwenstein geb. Leopold (1874), Moritz Oppenheim (1877), Selly Oppenheim (1878), Kathi Rosenberg geb. Leopold (1880), Hulda Rotschild geb. Herrmann (1867), Hertha Schönfeld geb. Wolfermann (1892), Hedwig Schwarz geb. Wolf (1900), Paula Seidemann geb. Wolfermann (1881), Therese Stein geb. Wolfermann (1870), Hedwig Strauss geb. Finke (1881), Julie Strauss geb. Katzenstein (1875), Margarete Strauß (1899), Jenny Vyth geb. Levor (1876), Lilly Vyth geb. Bachrach (1877), Ida Walther geb. Levor (1881), Bella Weinmann geb. Hofmann (1907), Karl Wolf (1881), Max Wolf (1879), Robert Wolf (1872), Siegfried Wolf (1908), Therese Wolf geb. Levor (1873), Franziska Wolfermann (1866), Hedwig Wolfermann (geb. 1874), Leopold Wolfermann (1863), Sofie Wolfermann geb. Ganzmann (1854), Susanne Wolfermann (1859).     
Einige weitere Namen finden sich in dem von Hans Nothnagel herausgegebenen Band mit der Darstellung der jüdischen Geschichte Barchfelds S. 34-38.  
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Ausschreibungen der Stelle(n) des Lehrers, Vorbeters, Schochet 1873 / 1903 / 1921  

Barchfeld AZJ 12081873.jpg (37278 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. August 1873: "In der israelitischen Gemeinde zu Barchfeld (Kreis Schmalkalden) ist die Stelle eines Religions- und Elementarlehrers zu besetzen. 
Es wird daher ein mit den nötigen Kenntnissen versehener tüchtiger Mann verlangt, der womöglich auch deutsche Vorträge halten kann. 
Der Gehalt beträgt 350 bis 400 Taler. Bewerber wollen sich alsbald bei dem Vorstande der israelitischen Gemeinde zu Barchfeld melden.
Fulda, am 31. Juli 1873. Vorsteheramt der Israeliten. Jüdell in Barchfeld".
 
Barchfeld Israelit 12031903.jpg (55931 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1903:
"An der staatlichen Elementarschule zu Barchfeld, Werra, ist die Stelle eines 
Lehrers und Kantors 
zu besetzen. - Grundgehalt Mark 1.200. Einheitssatz der Alterszulage Mark 140, nebst freier Wohnung und Nebeneinkünfte. Bewerbungen an die 
Synagogen-Ältesten
S. Hofmann. J. Wolfermann."
  
Barchfeld Israelit 26031903.jpg (46449 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1903
"Volksschulstelle
An der israelitischen Volksschule zu Barchfeld, Werra, ist die Stelle des Lehrers und Kantors alsbald zu besetzen. Mit der Stelle ist die Verpflichtung verbunden, auch den höhere Schulen besuchenden im religionsschulpflichtigen Alter stehenden Kindern Religionsunterricht zu erteilen. Grundgehalt 1.200 Mark. Einheitssatz der Alterszulage 140 Mark, freie Wohnung und Nebeneinkünfte. Die Bewerbungen sind bis 10. April dieses Jahres an die unterzeichnete Stelle zu richten. 
Fulda, 23. März.
Das Vorsteheramt der Israeliten:  
Dr. Cahn." 
    
Neben dem Israelitischen Elementar-/Volksschullehrer hatte die jüdische Gemeinde zeitweise als zweiten Kultusbeamten noch einen Schochet (Schauchet, Schächter), der als Hilfsvorbeter und Baal Tokea (Schofarbläser an den hohen Feiertagen) tätig war. 
Barchfeld Israelit 10031921.jpg (50339 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1921: "Gesucht per sofort Schauchet, Hilfsvorbeter und Taukeah für Barchfeld a.d. Werra. Der betreffende Herr soll womöglich in der benachbarten Gemeinde Schmalkalden Religionsunterricht und Schechitoh übernehmen. Bewerbungen mit Lebenslauf, Zeugnissen und Gehaltsansprüchen sind zu richten an den Vorstand der Israelitischen Gemeinde in Barchfeld an der Werra."
     
Barchfeld Israelit 04081921.jpg (38034 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1921: "Für Barchfeld an der Werra tüchtiger, zuverlässiger Schochet gesucht. 7-8000 Mark Gehalt. Fester Nebenverdienst durch Schechita und Religionsunterricht in Schmalkalden, daher Inländer bevorzugt. Hierzu Befähigte wollen sich mit Zeugnisabschriften und Angabe von Referenzen alsbald melden bei Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn, Fulda."
   
Ab 1925 wurde die Schechita offenbar durch den Lehrer in Vacha übernommen. Die dortige Lehrer- und Vorbeterstelle wurde ausdrücklich mit dem Hinweis auf das Nebeneinkommen durch das Schächten in Barchfeld ausgeschrieben
Vacha Israelit 16071925.jpg (39723 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1925: "Religionslehrer, Vorbeter und Schochet gesucht. Besoldung einschließlich hiesiger Schechito nach Gruppe 7, dazu Nebeneinkommen (Schechito in Barchfeld). Bewerbungen mit Lebenslauf, Zeugnissen und Referenzen an den Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Vacha."  

  
Hinweis auf die Veröffentlichung einer Predigt von Lehrer Jakob Oppenheim (1874)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. September 1875: "Die religiöse Erziehung, eine Probepredigt, gehalten am 13. Juni 1874 von Jakob Oppenheim, Lehrer in Barchfeld. Esslingen, 1874."         

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben     
Über die Gründung eines jüdischen Fortbildungsvereines (1843) 

Barchfeld Israelit19Jh 03091843.jpg (248456 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 3. September 1843: "Barchfeld. 'Geh zur Ameise, Träger! sieh und Wege und werde klug. Sie, die keinen Führer, Vogt und Gebieter hat etc.' - so möchten wir, auf genannte kleine Gemeinde hinweisend, mancher großen stolzen 'Kehilla' zurufen. Auch jener fehlt auf religiösem Gebiete ein geistiger Gebieter, sie sich sich ihrer eigenen Führung überlassen. Keiner treibt sie, Keiner regt mit dem Gewichte seines Namens, seiner Gelehrsamkeit, seines Amtes sie an. Und doch beschämt sie, Kleine und Schwache, viele große Gemeinden, die bei allen Hilfsmitteln, versehen mit Geistlichen, Schulen, dem besten tätigsten Willen der Behörden, in religiöse Lethargie verharren. Aus freiem Antriebe ordneten nämlich die schlichten Landleute, nun schon geraume Zeit ihr Synagogenwesen, und zeigte, dass sich Gefühl für Anstand und Würde, Wohlgefallen an geregelten, kunstgemäßen Gesängen, und Ordnung in den Synagogen sich auch recht wohl mit der ererbten Religion des Gemütes der Väter vereinbaren lasse. In neuesten Zeit gab diese Gemeinde einen neuen Beweis ihres regsamen Strebens und edlen Dranges, die Veredlung und Geistererleuchtung ihrer Mitglieder möglichst zu fördern und zu kräftigen, durch die Konstituierung eines Fortbildungsvereins in ihrer Mitte. Führen wir die schmucklosen, aber bedeutungsvollen Worte der vor uns liegenden Statuten, im Auszuge hier an. – ‚Die Erfahrung lehrt, dass der beste Schulunterricht, wenn derselbe mit dem vollenden 14. Jahre gänzlich aufhört, wenig Früchte bringen kann, da gerade das Lebensalter vom 14. Jahre an und weiter für moralische und geistige Ausbildung das wichtigste ist. Es ist also ein dringendes Bedürfnis, eine Anstalt zu gründen, wo dem der Ortsschule Entwachsenen Gelegenheit zur Belehrung und Fortbildung dargeboten werde… Eine wie in vielen Orten eingeführte Fortbildungsschule, wird und kann hier in unserem Orte nicht aufkommen, so lange viele Eltern den Nutzen und die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Fortbildung nicht einsehen, also ihre Söhne, da gesetzlicher Zwang nicht besteht, zum Besuche dieser Anstalt nicht anhalten, und die Jugend überhaupt sich lieber vergnügt, als an einer belehrenden und nützlichen Unterhaltung teilnimmt, ja es beschämend findet, schon so erwachsen, noch in eine Schule zu gehen.
Würde man jedoch eine Gesellschaft errichten, bei der Belehrung und Fortbildung mit einigen geselligen Vergnügungen verbunden würden, so würden aus eigenem Antriebe viele Erwachsene sich als Mitglieder dieser Anstalt aufnehmen lassen, somit nach und nach die Notwendigkeit und den Nutzen einer zeitgemäßen Fortbildung fühlen, und endlich freudig die Hand bieten, für sich und die Ihrigen für Fortbildung zu sorgen und beizutragen zu helfen und zu fördern. In dieser Absicht verbinden sich die Unterzeichneten, unter den Namen ‚Fortbildungsverein’ von heute an zu einer Gesellschaft, deren Zweck ist: Belehrung und Fortbildung mittelst gesellschaftlicher Zusammenkünfte, bei welchen Zeitschriften und Bücher unterhaltenden, moralischen und religiösen Inhaltes vorgelesen, besprochen und das, was der Eine oder der Andere nicht versteht, erklärt werden soll. … § 2. Werden Gesänge erheiternden und moralischen Inhalts eingeübt und gesungen.
§ 4. Können von den einzelnen Mitgliedern schriftliche Aufsätze … geliefert, sodann … darüber verhandelt werden. § 9. Es dürfen nur solche Mitglieder aufgenommen werden, die auf einige Bildung Anspruch machen können, und einen sittlich-guten Lebenswandel führen. § 18. Verheiratete können, bei besonderen Veranlassungen, jedoch mit jedesmaliger Genehmigung des Direktors, ihre Frauen mitbringen.’ (Warum nicht in der Regel?
Barchfeld Israelit19Jh 03091843b.jpg (60478 Byte)Hebräisch und deutsch: bedarf nur der Mann, und nicht auch die Frau des geistigen Lebens?’). Die wörtliche Auffassung des: ‚ihr sollt sie lehren euren Söhnen’, wie es im Talmud geschieht, sollte in einem so schönen Verein nicht Geltung haben. Die Vorlesungen und freundlichen lehrreichen Besprechungen der Mitglieder, können nicht bloß dem bescheidenen Frauenzimmer, als passiver Zuhörerin zustatten kommen, sondern der Verein kann, durch die Ein-  und Zusprache geistreicher Frauen, durch ihr von dem Getriebe der Zeit und der Schulen noch unbefangenes Urteil, selbst Nutzen ziehen. Da der Verein, woran er in den obwaltenden Verhältnissen, sehr weise tut, die Freuden der Geselligkeit nicht ausschließt, und nicht eine pedantische Präzeptor-Miene an sich tragen will, so sollte er auch die Würze und das Element europäischer Geselligkeit von vornherein nicht bloß außerordentlichen Gelegenheiten vorbehalten.
Barchfeld Israelit19Jh 10091843.jpg (151423 Byte)Wir können nicht umhin auch noch die schönen Schlussworte der Statuten unseren geehrten Lesern mitzuteilen. …’Möge es diesem Fortbildungsvereine, durch den guten Willen und die kräftige Tat seiner sämtlichen Mitglieder, gelingen, seinem Namen, in der edelsten Auffassung, aufs Vollkommenste zu entsprechen, und so den Geist und das Herz seiner Mitglieder fort-, durch- und ausbilden. Möge es uns Unterzeichneten doch gelingen, durch Errichtung und Aufrechthaltung dieses Vereins auch zu jener schönen Zeit nur einen kleinen Teil beigetragen zu haben, von welcher der Prophet uns lehrt: ‚Die Menschen werden einander weder verachten noch beleidigen, sondern wie Kinder eines Vaters sich einander lieben, denn voll wird die Erde sein mit Erkenntnis Gottes, und gebildet werden alle Menschen sein, und nach Belehrung, wie die Durstigen nach Wasser lechzen.’ – So wie aber ein jeder höher ausgebildete lebendige Körper, so gefügig, geübt und ausgebildet auch die einzelnen Teile sein mögen, eines Herzens bedarf, der ihnen Leben, Wärme, Bewegung und Empfindung mitteilt, so auch bei Körperschaften, die sich zu irgend einem geselligen und sittlichen Zweck gebildet. Auch diese brave Gemeinde besitzt ein solches edles Herz und ein erleuchtendes Haupt in ihrem wackern Lehrer Lewald, und dem talmudisch gelehrten und auch sonst sehr gebildeten und gesinnungsstarken Vorsteher Herrn Löb Lefor. Erstgenannten beehrte neulich seine vorgesetzte Behörde mit der schmeichelhaftesten schriftlichen Anerkennung seiner Verdienste um die Fortbildung seiner Gemeinde. Die solide Führung seines Amtes, fern von aller Scharlatanerie, sein Fleiß und sein unausgesetztes Streben, sich als Mensch, Lehrer und Israelit immer mehr zu vervollkommnen, ließ uns schon längst in ihm einen der Hervorragendsten seines geachteten Standes erkennen. Die Art und Weise aber, wie Herr Lefor sein Amt führt, will nicht mit der talmudischen Regel harmonieren: hebräisch und deutsch: ‚Wohne nicht in einer Stadt, deren Vorsteher Gelehrte sind’. Wir wünschen vielmehr einem jeden Gemeinwesen einen so unterrichtete, gebildeten und tatkräftigen Gelehrten zur Leitung und Wahrung seines zeitigen und ewigen Vorteils, wie ihn oben genannte Gemeinde in Herrn Lefor zu besitzen das Glück hat."

 
Gemeindebeschreibung 1878  

Barchfeld Israelit 23101878.JPG (130499 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1878 aus einem Artikel über die Verhältnisse der jüdischen Gemeinden in Thüringen: "Dieses vorausgeschickt, wollen wir nun zu unserem eigentlichen Referate übergehen. Dem Thüringer Gebirge entlang zieht sich die Werrabahn hin und führt den Reisenden, in rascher Abwechslung ein prachtvolles Bild von schonen Bergen und Tälern vor ihm aufrollend, auf den Flügeln des Dampfes nach der Residenzstadt Meiningen. Zur Seite bleiben Barchfeld, Schmalkalden und Walldorf liegen. Die beiden ersten Orte gehören dem frühern Kurhessen, jetzt Provinz Hessen, an. Kurhessen war einer der ersten Staaten Deutschlands, welche den synagogalen und Schulverhältnissen seiner israelitischen Untertanen seine volle Aufmerksamkeit zuwendete und denselben eine feste Gestaltung gab. Diese haben sie auch nach der Annexion behalten. Wir finden daher in beiden Synagogengemeinden sehr geordnete Zustände, geregelt gottesdienstliche und Schulverhältnisse und einen regen religiösen Sinn. Die circa 40 Mitglieder zählende Synagogengemeinde Barchfeld hat sich namentlich schon seit langen Jahren durch für ihre Verhältnisse nicht unbedeutende Opfer, welche sie für Gottesdienst und Schule verwendet, vor vielen bedeutend größeren Gemeinden rühmlich hervorgetan. Diesem hier herrschenden lebendigen Sinne für Schule und Gottesdienst ist es wohl auch zuzuschreiben, dass aus dieser Gemeinde schon eine ganze Reihe recht tüchtiger Lehrer hervorgegangen ist, von welchen einige sich auch literarisch bemerklich gemacht haben, wie z.B. der verstorbene Levysohn in Fulda und Kleimenhagen in Schwerin u.m. …"    

   
 Todesstrafe für den Antisemiten und Mörder Huther aus Barchfeld 1891)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Juli 1891: "Ein Antisemit der Tat, der Handarbeiter Huther aus Barchfeld, der am Nachmittage des 6. Mai dieses Jahres den jüdischen Handelsmann Marcus Klaar aus Ettenhausen ermordete und dann seiner Barschaft von 25 Mark beraubte, ist vom Schwurgericht in Meiningen zum Tode durch den Strang verurteilt worden".           


Vortrag von Rabbiner Dr. Cahn aus Fulda (1937)  

Barchfeld Israelit 11031937.jpg (94692 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1937: "Kundgebung in Barchfeld. Am Sonntag, den 24. Januar, fand in der Synagoge Barchfeld (Werra), eine Kundgebung in Form eines Vortrages von Herrn Rabbiner Dr. Leo Cahn, Fulda, statt. Anwesend waren Vertreter der Gemeinden Tiefenort, Bad Salzungen, Bad Liebenstein und Stadtlengsfeld. In kurzen prägnanten Sätzen wies Redner an Hand des Gedankens von Schirat HaJam (Lied am Meer, 2. Mose 15) nach, dass Wahrheit und Toraliebe die Grundlagen des Lebens in der Diaspora, als auch in Erez Israel sind. Lehrer Okolica, Tann (Rhön) dankte Herrn Rabbiner Dr. Leo Cahn für die wertvollen Ausführungen und forderte die Anwesenden auf, das große Werk von Agudas Jisroel, das im Keren Hajischiw sein Finanzinstrument besitzt, zu unterstützen. Durch finanzielle Beihilfe kann jeder mithelfen, das religiöse Leben Palästinas auszubauen. Spenden und Beitritte zu Agudas Jsroel bewiesen den nachhaltigen Eindruck der Kundgebung. Es war klar zu ersehen, dass viele Kräfte vorhanden sind, die für die agudistische Bewegung nutzbar gemacht werden können. Eine zielsichere Ausnutzung ds beschrittenen Weges wird Agudas Jisroel Erfolge bringen."   

    
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Mord an Handelsmann Jeremias Rosenblatt und Bitte um Hilfe für seine Familie (1847)

Barchfeld AZJ 29111847.jpg (121234 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. November 1847: "Bitte. Am 16. September diesen Jahres ist der fleißige und brave israelitische Handelsmann Jeremias Rosenblatt von hier auf freier Straße von ruchloser Hand überfallen, auf entsetzliche Weise ermordet und seiner sämtlichen Habe beraubt worden. Derselbe hat eine Witwe mit noch vier unmündigen Kindern in der dürftigsten und traurigsten Lage hinterlassen. Da unsere kleine Gemeinde größtenteils aus unbemittelten Mitgliedern besteht, wie auch nicht minder durch die große Not des vergangenen Jahres sehr in Anspruch genommen worden ist, so kann die Unterstützung für genannte, unglückliche Familie, trotz der aufopfernden Mildtätigkeit unserer Gemeinde, nicht hinreichen, ihr nur die allernotwendigsten Lebensbedürfnisse zu verschaffen. Daher wendet sich der Unterzeichnete an die Wohltätigen und Mitleidigen in Israel mit der ergebensten Bitte: doch ihre gütige und mildtätige Hand nach Kräften dieser tief betrübten und elenden Witwe mit ihren vier Waisen wohlwollend zuzuwenden. Der Allgütige, der Vater der Witwen und Waisen, wird gewiss jede Gabe reichlich belohnen.*)
Barchfeld in Kurhessen, 18. November 1847. Der Synagogenälteste L. M. Lefor.  
*) Zufolge des Gesuches der Herrn Lefor sind wir bereit, Unterstützungen anzunehmen, und sie weiter zu fördern. Die Redaktion."  

     
Goldene Hochzeit von Nathan Wolfermann und seiner Frau (1908)   

Barchfeld Israelit 10091908.jpg (123304 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1908: "Barchfeld an der Werra. 1. September (1908). Das seltene Fest der goldenen Hochzeit feierten am 24. August diesen Jahres Herr Nathan D. Wolfermann und Frau dahier. Mit Rücksicht auf das betagte Jubelpaar hat man seitens der Familie von einer besonderen Feier abgesehen. Doch hatten sich, soweit es eben möglich war, alle näheren Verwandten, selbst von Amerika, eingefunden, um den Festtag im Hause der Alten zu verleben. Zu Ehren des Tages hat die Familie der hiesigen Synagoge ein prachtvolles Parochet (Toraschreinvorhang) nebst schöner Schulchan-Decke (für den Vorlesepult) gestiftet. Welche Liebe und Verehrung man dem Jubelpaare nicht nur im Orte, sondern auch darüber hinaus entgegenbringt, zeigte sich so recht am Festtage selbst. Die israelitische Gemeinde, die Chewroh Kedischo, deren Mitglied der Jubilar seit 1852 ist, sowie die Frauen-Chewroh überreichten kostbare Geschenke. Von den einzelnen jüdischen wie nichtjüdischen Familien waren gleichfalls allerlei Aufmerksamkeiten in Form von Präsenten und hübschen Blumenspenden eingegangen. Eine besondere Freude wurde den beiden also Geehrten noch zuteil, als nachmittags der Königliche Landrat von Schmalkalden mit dem Bürgermeister persönlich im Hause erschien, im Namen Seiner Majestät des Königs die gestiftete Ehejubiläumsmedaille mit einem Gratulationsschreiben überreichte und hierauf noch in den herzlichsten Worten seine persönlichen Glückwünsche zum Ausdruck brachte. Von den Gratulationen seien noch besonders erwähnt ein freundliches ehrendes Schreiben des hiesigen Pfarrers und mehrere Depeschen von den Lehrerinnen und Schülerinnen der israelitischen Töchterschule in Hamburg, wo ein Sohn des Jubilars als Lehrer wirkt. Möge den beiden Eheleuten noch ein langer, genuss- und segensreicher Lebensabend beschieden sein!"  

    
Zum Tod von Nathan Wolfermann (1920) 

Barchfeld Israelit 15041920.jpg (34409 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1920: "Barchfeld, 20. März (1920). Wenige Wochen vor seinem 90jährigen Geburtstag starb der älteste Bürger unseres Ortes, Nathan Wolfermann, nachdem es ihm vergönnt war, seinerzeit die goldene und diamantene Hochzeit zu feiern. Das stattliche Gefolge bei der Beisetzung zeigte, wie geachtet und geehrt der Heimgegangene allseits gewesen war. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

   
25-jähriges Jubiläum von Jakob Stern als Gemeindevorsteher (1929)  

Barchfeld Israelit 27061929.jpg (74950 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1929: "Barchfeld, 16. Juni (1829). Sein 25jähriges Jubiläum als Vorsteher der Jüdischen Gemeinde beging Herr Jakob Stern dahier. Welch großes Ansehen der Jubilar genießt, zeigten die zahlreichen Ehrungen, die ihm von allen Seiten entgegengebracht wurden. Von der Synagogengemeinde wurde ihm ein Ehrengeschenk überreicht. Der Bürgermeister sandte ihm im Namen der politischen Gemeinde, der Ortsgeistliche für die Kirchengemeinde in herzlichen Worten gehaltenen Schreiben, welche Zeugnis ablegten von dem vorzüglichen Verhältnis, das zwischen den Glaubensgemeinschaften besteht. Zu einem Festgottesdienst waren Provinzialrabbiner Dr. Cahn - Fulda, der Kreisvorsteher und eine Abordnung der Israelitischen Gemeinde Schmalkalden erschienen."  

   
Zum Tod des Sohnes der Familie Julius Levor (1934)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1934: "Tiefenort, 2. Dezember (1934). Ein schweres Schicksal hat die Familie Julius Levor in Barchfeld a.d. Werra betroffen. Ihr einziges Kind, ein hoffnungsvoller, 19-jähriger Sohn, wurde am 21. Kislew der Erde übergeben. Ein Gehirnschlag hatte in einigen Minuten dem jungen Leben ein Ende bereitet. Rabbiner Dr. Cahn aus Fulda hielt am Grabe eine ergreifende Rede. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."        

    
        
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Emanuel Heinemann bitte um Spenden für seinen Sohn (1873)   

Schmalkalden AZJ 09121873.jpg (68877 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Dezember 1873: "An meine Glaubensgenossen! 
Edle wohltätige Männer in Israel! Ich richte eine herzliche Bitte an Euch, um eine kleine Beisteuer zur Anschaffung eines Bettes für meinen Sohn, der in Barchfeld bei dem Kaufmann L. H. Leopold die Kaufmannschaft erlernt; ich bin zu arm, solches aus eigenen Mitteln anschaffen zu können. Nur ein Beitrag von 10 Thalern wird beansprucht. Der Herr Kaufmann L. H. Leopold in Barchfeld wird diese milden Gaben entgegennehmen. 
Schmalkalden, am 16. November 1873. 
Emanuel Heinemann
, Schneidermeister.   
Bezugnehmend auf Obiges bestätige ich die Wahrheit dieser Angaben mit dem Hinzuführen, dass der Lehrling Sohn sehr armer Eltern ist, und dieser erwähnte Betrag zur Beschaffung eines Bettes dienen soll. Ich sehe den edlen Gaben entgegen, und sobald der Betrag erreicht ist, werde ich in diesem Blatte quittieren. 
Barchfeld, den 16. November 1873.   
Loeb H. Leopold, Kaufmann."  

   
J. Weil bzw. nach seinem Tod seine Witwe führen ein streng koscheres Restaurant in Bad Liebenstein, dann Bad Friedrichroda (1889 / 1891)  

Anmerkung: J. Weil führte spätestens seit 1881 das Restaurant in Bad Liebenstein. Er starb um 1882/83. In den Anzeigen wird ab 1884 seine Witwe als Inhaberin des Restaurants genannt.    

Anzeige in der Zeitschrift 23. Mai 1889: 
"Am 10. Juni Eröffnung meines streng koscheren Restaurants in Bad Liebenstein. 
J. Weil Witwe
, Barchfeld."      
  
Barchfeld Israelit 11051891.jpg (29427 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1891: "Bad Liebenstein. Eröffnung meines streng koscheren Restaurants, den 15. Juni dieses Jahres. J. Weil's Witwe, Barchfeld a.d. Werra."  
   
Barchfeld Israelit 28051891.jpg (40259 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1891: "Bad Friedrichroda (Thüringen). Mein streng koscheres Restaurant befindet sich nicht mehr in Bad Liebenstein, sondern in Bad Friedrichroda, Villa Merkur, Marktstraße neben der Hofapotheke, Eröffnung 15. Juni dieses Jahres. J. Weil's Witwe, Barchfeld a.d. Werra."  

  
Anzeigen des Eisen- und Kolonialwaren-en gros und detail-Geschäftes M.J. Strauß (1889 / 1902)   
beziehungsweise der Eisen-, Maschinen- und Landesproduktenhandlung Jacob Stern & Hermann Strauß (1909)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1889: "Für mein größeres Kolonialwarengeschäft, welches Sonn- und Festtage geschlossen, suche per 1. Juli einen perfekten Reisenden
M.J. Strauß,
Barchfeld a.d. Werra."   
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1902
"Suche für mein an Samstag- und Feiertagen geschlossenes Eisen- und Kolonialwaren- en gros und en-detail Geschäft einen jungen Mann
welcher schon mit Erfolg gereist hat. Eintritt kann sofort, eventuell am 15. Oktober erfolgen.
 M.J. Strauß,
Barchfeld an der Werra."    
   
Barchfeld Israelit 18031909.jpg (45092 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1909: "Für mein an Sonn- und Feiertagen streng geschlossenes Eisen-, Maschinen- und Landesprodukten en gros und en detail- Geschäft wird zu Ostern 
1 angehender Commis 

und 1-2 Lehrlinge 

unter sehr günstigen Bedingungen gesucht.  
M. J. Strauß Inhaber 
Jacob Stern & Herm.M. Strauß 
Barchfeld
(Thüringen)." 

      
      
Weitere Dokumente  

Foto des aus Barchfeld 
stammenden Moses Hartmann
 
(erhalten von Sharon Grundfest-Broniatowski)
Hartman Mose und Jennie 010.jpg (135613 Byte)  
Das Foto links zeigt Moses Hartmann (geb. 1858 in Barchfeld als Sohn von Lipmann Hartmann und der Netta geb. Hoffmann) und seine Frau Jennie geb. Epstein (geb. 1861 in Schwarza als Tochter von Lipmann Epstein und seiner Frau Karoline geb. ?). Die beiden sind um 1901-1903 aus Ilmenau in die USA ausgewandert; das Foto wurde in Meiningen aufgenommen. 
Ein Bruder von Moses Hartmann war Samuel Hartmann. Dieser war verheiratet mit Jettchen Hartmann geb. Ronsheim (gest. 1873, Grab im jüdischen Friedhof Barchfeld). Nach einer allerdings unbestätigten Überlieferung in der Familie war Samuel Hartmann oder dessen Sohn Levi Hartmann (geb. 1875) zeitweise Leibwächter von Kaiser Wilhelm. Levi Hartmann wurde mit seiner Frau Mathilde geb. Levor (sowie zwei ihrer drei Kinder) in der NS-Zeit deportiert und ermordet.         

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge               
     
Im 18. Jahrhundert wurde eine erste Synagoge erbaut, über die nichts weiteres bekannt ist. Sie war um 1840 zu klein geworden, sodass 1844/45 eine neue erstellt wurde, die am 19. September 1845 eingeweiht worden ist. 1879 wurde ein Teil des Gebäudes durch einen Brand zerstört. Doch musste nicht das ganze Gebäude erneuert und die Synagoge am 20. August 1880 wieder eingeweiht werden. In der Zwischenzeit betete man in einem gemieteten Raum. 1904 und 1907 wurde die Synagoge modernisiert, im letzteren Jahr fand die elektrische Beleuchtung Einzug. 1922 erneuerte die Gemeinde das Synagogendach. 

Beim Novemberpogrom 1938 wurde von Mitgliedern der SA und SS die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört und auf den Schlosswiesen verbrannt; das Gebäude wurde abgebrochen. 

Das Synagogengrundstück blieb nach 1945 unbebaut. Am 27. November 1988 wurde eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde im Beisein des damaligen Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Raphael Scharf-Katz eingeweiht. Im Herbst 1996 mussten die Gedenksteine auf den jüdischen Friedhof verbracht werden, da der Besitzer des Grundstückes Eigenbedarf anmeldete.     
    
    
Adresse/Standort der SynagogeGrundstück Nürnberger Str. 38; Gedenkstätte auf dem jüdischen Friedhof an der Nürnberger Str. 73.   
   

   
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 2005) 

Die Synagoge in Barchfeld  Barchfeld Synagoge 001.jpg (64250 Byte)
   Historische Darstellung der Barchfelder Synagoge   
   
Gedenkstätte für die Synagoge auf 
dem jüdischen Friedhof von Barchfeld 
Barchfeld Synagoge 102.jpg (74382 Byte) Barchfeld Synagoge 103.jpg (83284 Byte)
  Abbildung der Synagoge   Die Gedenkstätte auf dem Friedhof  
      
Barchfeld Friedhof D014.jpg (387720 Byte) Barchfeld Synagoge 100.jpg (71820 Byte) Barchfeld Synagoge 101.jpg (65323 Byte)
 Hinweistafel zur Geschichte der jüdischen Gemeinde 
von Barchfeld (Foto: Christiane Jordan)   
Erinnerungstafel 
  
Hinweis auf die Geschichte 
der Gedenkstätte
     
     
Erinnerung an einen früheren 
jüdischen Lehrer aus Barchfeld  
Gemuenden Wohra Friedhof 488.jpg (131048 Byte)  
  Grabstein für Jakob Oppenheim, 
Lehrer a.D. aus Barchfeld (1849-1911) 
im jüdischen Friedhof Gemünden / Wohra 
 
     

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

November 2007: Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof 
Artikel aus der Zeitschrift "Freies Wort" vom 10. November 2007: "Barchfeld – Auf dem jüdischen Friedhof in Barchfeld gedachten gestern Bürgermeister Franz Römhild (SPD) und die evangelische Pastorin Susanne Ihle mit Schülern der 10. Klasse der Wucke-Schule des Ortes und Bürgern der Opfer der Reichspogromnacht vom 9. November 1938. Susanne Ihle las einen Auszug aus dem Buch "Ich bin ein Stern" der Jüdin Inge Auerbacher, die ihre schrecklichen Erlebnisse dieser Nacht schilderte. 
"Die Reichspogromnacht ist Teil eines der schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte", sagte Bürgermeister Franz Römhild (SPD). Dies sei aber nur der Anfang gewesen. "Sechs Millionen Juden, vom Säugling bis zum Greis wurden bis 1945 getötet – das entspricht der heutigen Bevölkerung Dänemarks", machte Römhild das Ausmaß der unmenschlichen Nazi-Verbrechen deutlich. Auch in Barchfeld wurden die 89 im Jahr 1933 hier belegten Mitglieder der jüdischen Gemeinde verfolgt. 30 konnten ins Ausland flüchten. 59 wurden in Konzentrationslagern ermordet. Die Synagoge, die am Kreisverkehr Richtung Breitungen stand, wurde Stein für Stein abgetragen. Doch nicht aus Rücksicht auf das Gotteshaus. "Die Barchfelder hatten Angst, dass die benachbarte Scheune mit abbrennt", sagte Römhild. Viele religiöse Gegenstände seien auf den Werrawiesen verbrannt worden. Der jüdische Friedhof blieb ebenfalls nicht verschont. Alle nach 1900 aufgestellten Grabsteine wurden gestohlen, sodass heute nur noch wenige alte Steine zu sehen sind. Damit so etwas nicht wieder geschehe, sei es von überaus großer Wichtigkeit, auch 69 Jahre später an das damalige Grauen zu erinnern, sagte Römhild. "Erinnern heißt Leben, vergessen heißt Tod." ide"
    
November 2009: Gedenkstunde auf dem Friedhof  - "Stolpersteine" in Barfeld angeregt 
Artikel in der "Südthüringer Zeitung" vom 10. November 2009 (Artikel): 
"Pogromnacht - Über "Stolpersteine" nachdenken - Gedenken auf dem jüdischen Friedhof.  
Barchfeld
- Im Gedenken an die Reichspogromnacht vor 71 Jahren versammelten sich gestern Barchfelder Bürger auf dem jüdischen Friedhof. Pfarrerin Susanne Ihle verlas die Namen der jüdischen Familien, die 1938 noch in Barchfeld lebten. Nur wenigen von ihnen sei es gelungen zu emigrieren. Die meisten seien in die Vernichtungslager verschleppt und ermordet worden, sagte Beigeordneter Ralph Groß (CDU).
Ortschronist Hans Schmidt berichtet aus der Chronik: "Eines Tages wurden die Juden gesammelt und im Lkw nach Schmalkalden gefahren. Von dort aus wurden die Männer mit der Bahn in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Zwei Tage mussten sie stehen, bevor sie eine dünne Suppe bekamen. 14 Tage verbrachten sie fast ausschließlich stehend, fast ohne Nahrung zu. Die Folge: Alle erkrankten an Durchfall. Nach dieser Tortur wurden die Männer vor ihrer Entlassung gezwungen, Schriftstücke zu unterschreiben, dass sie ihre Geschäfte, ihr Hab und Gut verkaufen."
Die Geschichte der Juden in Barchfeld reiche bis in das 16. Jahrhundert zurück, so Beigeordneter Groß. Mitte des 19. Jahrhunderts machten sie 13 Prozent der Barchfelder Bevölkerung aus. Sie entwickelten vor allem den Handel in der Gemeinde und engagierten sich für die Bildung. 1843 gründete die jüdische Gemeinde in Barchfeld einen Fortbildungsverein, um das Bildungsniveau der Bürger zu erhöhen. 1933, mit der Machtübernahme Hitlers, lebten noch 65 Juden in Barchfeld. Nur wenigen gelang es zu entkommen. Der nationalsozialistische Terror löschte die jüdische Gemeinde in Barchfeld aus, so Groß. Es gebe zwar keine kollektive Schuld, aber eine kollektive Verantwortung, die dazu verpflichte, Lehren aus der nationalsozialistischen Vergangenheit zu ziehen und Terror und Antisemitismus nie wieder Raum zu bieten. 
Pfarrerin Ihle regte an, auch in Barchfeld über die Aktion "Stolpersteine" nachzudenken, in der im Gedenken an die ermordeten jüdischen Mitbürger Messingplatten mit den Namen der Opfer in das Pflaster der Fußwege eingelassen werden. "Bis es so weit ist, versammeln wir uns am 9. November weiter im Gedenken hier auf dem Friedhof." wei"
 
September 2013: Verlegung von "Stolpersteinen" in Barchfeld  
Presseartikel von Peggy Machoi vom 30. September 2013 (Quelle: insuedthueringen.de; Link zum Artikel): "Das Ende einer langen Reise
Ein Mann schlägt goldene Steine in den Barchfelder Gehweg. Stolpersteine, Steine der Mahnung. Sie sollen an das Schicksal von vier Barchfelder Juden erinnern. Der Sohn einer dieser vier Menschen war bei der Verlegung dabei.

Barchfeld - In der Nürnberger Straße, gleich vor der Friedenseiche in Barchfeld, wird das monoton graue Pflaster nun von vier goldenen Steinen durchbrochen. Hier stand einst das Haus Nummer 42. Auf jedem der Steine steht jeweils ein Name: Robert Wolf, Karl Wolf, Gertrud Wolf, Bertel Else Wolf. Die Steine sind "Stolpersteine", die niemanden zum Stürzen bringen sollen, sondern zum Innehalten, Nachdenken, Erinnern - Mahnen. Die Menschen, deren Namen auf den vier Steinen verewigt sind, sind Barchfelder Bürger gewesen. Juden. Drei von ihnen, Robert, Karl und Gertrud Wolf haben die Verfolgung durch die Nazis nicht überlebt. Bertel Else Wolf konnte fliehen, schaffte es in die Schweiz und später nach Israel. Ihr Sohn Dany Aharon war dabei, als Künstler Gunter Demnig die Steine in der Erde versenkte.
Fast nichts bekannt. Eine Vielzahl von Zufällen brachte den 55-Jährigen, der im israelischen Gesherhaziv wohnt, an diese Stelle nach Barchfeld, dem Ort, an dem seine Mutter und Großeltern lebten und in der Pogromnacht 1938 von ihren Nachbarn im Stich gelassen wurden. Mehr als 200 Jahre war die Familie Wolf hier verwurzelt. Dany Aharon wusste fast nichts von seiner Familiengeschichte. Er war noch jung als seine Mutter starb. "Es war eine lange Reise, Dokumente über sie zu finden", erzählt er. Stück für Stück folgte er der Lebensgeschichte seiner Mutter und Großeltern. 2006 fand er heraus, dass seine Mutter in Marienthal geboren wurde. Er fand auch ein Telegramm vom August 1942. Dass der Zug mit der Nummer 901/14 am 14. August 1942 um 8.55 mit 1000 Juden Richtung Auschwitz startete, ist darauf zu lesen. Eine dieser 1000 Menschen, die 14 Tage zusammengepfercht durch Europa geschickt wurden, Nummer 274, war seine Großmutter Gertrud. "Acht Stunden nachdem sie angekommen war, war sie nicht mehr am Leben", erzählt er. Sein Großvater Karl wurde im Internierungslager im französischen Gurs erschossen, dessen Bruder Robert starb im Lager Theresienstadt.
Erst 2012 erfuhr er, dass seine Mutter in Barchfeld aufwuchs. Kontakt zum Barchfelder Heimatgeschichtsverein entstand. Mit Erich Schmidt fand sich ein Zeitzeuge, der ihm die Ereignisse aus der Pogromnacht erzählte. "Es ist sehr emotional und bedeutend für mich, hier zu sein", sagt Aharon. "Meine Mutter sprach manchmal über den Stern, den sie als Jüdin in Deutschland tragen musste, aber ich war zu jung, um alles zu verstehen." Zu schwer fiel es auch seiner Mutter, über diese Dinge zu sprechen. Heute weiß er, was sie und seine Großeltern ertragen mussten, heute weiß er um die Bedeutung des Sterns.
Das dritte Mal ist er in Barchfeld, einmal war er auch in Marienthal. Und er wird "ganz sicher wiederkommen", sagt er. Trotz dem, was seine Familie erdulden musste, spürt er die Verbindung des Ortes mit der Familie Wolf. Einige Besucher legen Steinchen neben die goldenen Stolpersteine, wie es auf jüdischen Friedhöfen Brauch ist. Ein anderer legt einen Zweig der Friedenseiche daneben, die Eiche, die seit mehr als 100 Jahren an dieser Stelle steht. "Sie hat erlebt, wie Christen und Juden friedlich zusammen lebten", sagt Klaus Schmidt vom Heimat- und Geschichtsverein. 49 in Barchfeld geborene Juden sind während des Hitler-Regimes umgekommen, erzählt er. Eine Zeit, so Klaus Schmidt, die sich nie mehr wiederholen darf. Zum Abschied spricht Dany Aharon ein jüdisches Gebet."   
 

   
    

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Barchfeld-Immelborn   
bulletWebsite des Vereins für Heimatgeschichte Barchfeld/Werra e.V. mit Seite zur jüdischen Geschichte  http://www.heimatgeschichte-barchfeld.de/09-juden.html  
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Barchfeld (interner Link)  

Literatur:   

bullet1933 erschien: "Zur Tausendjahrfeier Barchfeld (Werra). Von Justin Herrmann. Ein vollständiger Überblick der Geschichte der Israelitischen Gemeinde. 1933. Selbstverlag des Herausgebers. 32 Seiten.    
Barchfeld Israelit 03081933.jpg (72359 Byte)Dazu Besprechung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1933: "Das Büchlein gibt uns, wie schon der Titel sagt, einen vollständigen, guten und ausführlichen Überblick über das Werden und Wachsen der israelitischen Gemeinde Barchfeld, über ihre Vergangenheit und Gegenwart. Besonders ausführlich behandelt der Verfasser die Entwicklung der Gemeinde in den letzten 230 Jahren. Die erste urkundliche Erwähnung von Juden in Barchfeld geschieht 1566. Weit über dem Prozentsatz der Gesamtbevölkerung liegt die Zahl der Barchfelder jüdischen Teilnehmer am Weltkrieg, von denen acht den Heldentod für das Vaterland starben. Für alte Barchfelder ist dieses Buch eine schöne Erinnerung, für die Allgemeinheit ein wertvoller Beitrag zur Heimatkunde. A."
bulletHans Nothnagel / Klaus Schmidt / Reinhard Schmidt in Zusammenarbeit mit dem Verein für Heimatgeschichte Barchfeld/Werra e.V.: Der tragische Weg der jüdischen Gemeinde und ihrer Chronik. In: Hans Nothnagel (Hg.): Juden in Südthüringen - geschützt und gejagt. Bd. 6. Suhl 1999 S. 13-87. 
bulletZeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Berlin 1992. S. 259-260.  
bullet Brocke/Ruthenberg/Schulenburg S. 240.   
bullet Klaus Schmidt: Leben und Schicksal der jüdischen Landgemeinde Barchfeld/Werra. Sie waren Nachbarn und Freunde unserer Vorfahren. Hrsg. vom Verein für Heimatgeschichte Barchfeld/Werra e.V.  Michael Imhof Verlag Fulda 2021. ISBN 978-3-7319-1155-9.     

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Barchfeld. Numbering 76 in 1720, the community maintained a synagogue (1845) and a Jewish elementary school (1836-1926). After growing to 237 (over 13 % of the total) in 1861, it dwindled to 65 (192). The fate of the remaining Jews is not known. 
     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020