Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version
   
In dem vom 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zum Bistum Würzburg gehörenden Hardheim bestand eine jüdische Gemeinde zunächst im Mittelalter. 1318 werden erstmals Juden am Ort genannt, die von Kaiser Ludwig dem Bayer den Rittern Werner und Reinhard von Hardheim verpfändet wurden. Bei der Judenverfolgung während der Pestzeit 1349 wurden auch in Hardheim Juden ermordet. 1451 werden wieder Juden genannt.   
 
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 16./17. Jahrhundert zurück. 1506 wird Jud Manasse in Hardheim erwähnt. 1527 sind zwei Juden am Ort, 1544 wird Jud Moße von Hardheim genannt (gefangen zu Brackenheim), 1567 Jud Abraham (ließ sich in Grünsfeld nieder). Weitere Belege gibt es aus dem 17. Jahrhundert.  
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt:  1825 76 jüdische Einwohner (4,0 % von insgesamt 1.883 Einwohnern), 1875 142 (6,8 % von 2.084), die höchste Zahl jüdischer Einwohner um 1880 mit 158 Personen (6,7 % von 2.345), 1895 120 (5,6 % von 2.141), 1900 136 (6,4 % von 2.116), 1910 100 (4,6 % von 2.156). 
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad (zunächst im Bereich der Mittelmühle, dann in der Holzgasse 13, zudem gab es private Mikwen u.a. im ehemaligen Haus Urspringer und im ehemaligen Haus Selig, Walldürner Straße 8 und 28) und (seit 1876, vorher Beisetzungen in Külsheim) einen eigenen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Innerhalb von über 90 Jahren hatte die Gemeinde nur zwei Lehrer: Joseph Urspringer (1832 - 1882, gest. 1887) und Emanuel Wertheimer (1883 - 1924, gest. 1926). Danach konnte die Stelle nicht mehr besetzt werden. Die jüdischen Kinder wurden nun durch einen auswärtigen Lehrer (meist der Buchener Lehrer) unterrichtet; den Vorbeterdienst übernahmen ehrenamtlich einzelne Gemeindeglieder. 
Seit 1827 gehörte die Gemeinde Hardheim zum Rabbinatsbezirk Wertheim (später vertreten durch das Bezirksrabbinat Mosbach).
 
Im Krieg 1870/71 fiel aus der jüdischen Gemeinde Abraham Selig. Sein Name findet sich auf dem Gefallenendenkmal 1870/71. Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Anselm Wertheimer, ein während des Krieges hoch ausgezeichneter Sohn des Lehrers Emanuel Wertheimer (geb. 19.2.1893 in Hardheim, gef. 31.3.1918; war ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz, ernannt zum Unteroffizier, siehe Berichte unten). Drei weitere Söhne Wertheimers (Julius, Felix und Isaak) waren gleichfalls im Krieg eingesetzt - sie wurden später in Vernichtungslagern der NS-Zeit ermordet.      
 
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 70 Personen gehörten (3,2 % von insgesamt etwa 2.200 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Moses Strauß, Julius Sinsheimer und Jakob Urspringer. Den Religionsunterricht der fünf schulpflichtigen jüdischen Kinder erteilte damals Lehrer Eisemann aus Buchen. An jüdischen Vereinen bestand insbesondere der Männerverein (Chewra Kadischa, 1924 unter Leitung von Moses Strauß mit 11 Mitgliedern) und der Israelitische Frauenverein (gegründet 1868; 1924/32 unter Leitung von Jeanette Halle mit 1924 17 Mitgliedern, 1932 16). 1932 waren die Gemeindevorsteher Moses Strauß (1. Vors.), Julius Sinsheimer (2. Vors. und Schatzmeister) sowie Jakob Urspringer (3. Vors.). Es gab auch eine Repräsentanz unter dem Vorsitz von Moses Strauß. 1932 erteilte den Religionsunterricht der noch drei schulpflichtigen jüdischen Kinder Lehrer Willy Wertheimer aus Buchen. Er übernahm auch den Dienst des Schochet in Hardheim.

Bis zu Beginn der NS-Zeit waren mehrere jüdische Gewerbebetriebe und Handlungen von wirtschaftlicher Bedeutung, darunter eine Eisen- und Maschinenhandlung, eine Gerberei, eine Seifensiederei, ein Kolonialwarengeschäft, zwei Textilgeschäfte und ein Schuhgeschäft. Im einzelnen handelte es sich um folgende Gewerbebetriebe: Lederwarenhandlung Pfeifer Billigheimer (Wertheimer Straße 39), Gerberei Billigheimer (Wertheimer Straße 24), Viehhandlung Max Eschelbacher (Burggasse 7/8, abgebrochen), Handelsvertreter Max Halle (Wertheimer Straße 41), Viehhandlung Liebmann Rosenthal (Walldürner Straße 20), Metzger und Viehhändler Sigmund Rosenthal (Bretzinger Straße 27), Kurz- und Wollwarengeschäft Amalie und Sophie Schwarzmann (Walldürner Straße 20), Eisen- und Maschinenhandlung Abraham Selig, Geschäftsführer Alfred Katz (Walldürner Straße 28), Liebmann Rosenthal (Walldürner Straße 13), Sigmund Rosenthal (Bretzinger Straße 27), Getreidehandlung und Seifen- und Waschmittelfirma Julius Sinsheimer (Holzgasse 3 und 5, Bretzinger Straße 6), Viehhandlung Bernhard Strauß (Walldürner Straße 7), Schuh- und Manufakturwarenhandlung Julius Strauß (Walldürner Straße 18), Kolonialwarengeschäft mit Mehl- und Futtermittelhandlung Moses Strauß (Walldürner Straße 21-23), Textilhaus Fa. A.H. Urspringer OHG, Inh. Jakob Urspringer (Walldürner Straße 8).
 
1933 wurden noch 55 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung sowie der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts sind in den folgenden Jahren die meisten von ihnen von Hardheim verzogen beziehungsweise ausgewandert. Am 22. Oktober 1940 wurden allerdings noch 17 jüdische Personen im Zusammenhang der Deportation der badischen Juden nach Gurs verschleppt. Von ihnen haben nur fünf überlebt.
 
Von den in Hardheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Edith Billigheimer, Rika Billigheimer (1868), Rita Billigheimer (1902), Anna Cohn geb. Eschelbacher (1883), Rita Dillicheiner geb. Urspringer (1902), Helene Eschelbacher (1863), Laura Eschelbacher (1888), Rosalie Frank geb. Halle (1872), Sofie Freimark geb. Eschelbacher (1873), Ernestine Halle (1888), Helene Halle (1890), Jeanette Halle geb. Lehmann (1861), Moses Halle (1886), Frieda Hanft (1883), Selma Hanft (1881), Babette Hirsch geb. Eschelbacher (1849), Ida de Jong geb. Wertheimer (1900), Berta Kolb (), Dina Leyser geb. Wertheimer (1896), Berta Reich geb. Wertheimer (1892), Rosa Schlechter geb. Sinsheimer (1878), Abraham Selig (1869), Lina Selig geb. Frank (1875), Sara Simon geb. Sinsheimer (1876), Sigmund Simon (1878), Ida Sinsheimer geb. Stein (1876), Joseph Sinsheimer (1880), Julius Sinsheimer (1865), Fritz Springer (1915), Abraham Straus (1876), Alfred Straus (1910), Klara Straus (1875), Selma Urspringer geb. Bonheim (1879), Ernstine Weichsel geb. Halle (1877), Felix Wertheimer (1886), Helena Wertheimer (1894), Isak Wertheimer (1898), Julius Wertheimer (1887), Ida Wijngaard geb. Straus (1877). 
      
Spuren der jüdischen Geschichte: Die Inschrift am Haus Bretzinger Straße 5 "Ohne Gebet, ohne Gotteswort, geh nie aus Deinem Haus fort" wurde von der Lehrerfamilie Emanuel Wertheimer angebracht. 
 
Im Erfatal-Museum Hardheim finden sich verschiedene Erinnerungen an die jüdische Geschichte Hardheims, insbesondere ein Chanukka-Leuchter.  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Allgemeine Gemeindebeschreibung 

Gemeindebeschreibung von 1894

Hardheim Israelit 23081894.jpg (185517 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1894: "Hardheim. Dass Hardheim das beste Produktionsfeld für Grünkerne, wird in den weitesten Kreisen anerkannt. Noch anerkennungswürdiger dürfte sein, konstatieren zu können, dass, während ein großer Teil von Deutschlands Gauen vom rohen Geschäfts- und Radauantisemitismus heimgesucht – Hardheim nebst dessen Umgegend, deren Bevölkerung meist der katholischen Kirche zugehörig, von jener gefährlichen Krankheit verschont ist. Konfessionelle und antisemitische Hetze findet in hiesiger Gegend keinen Boden. Es erfreuen sich die israelitischen Einwohner bei ihren christlichen Mitbürgern in jeder Beziehung des bestens Einvernehmens. Jene sind fast ausnahmslos Mitglieder der verschiedenen Vereine; seit jeher schon ist wenigstens ein Israelite im politischen Gemeindeverbande. Somit findet der alte tolerante Grundsatz: ‚Der wahre Katholik kann niemals Antisemit sein’ auch bei uns seine praktische Anwendung. Dass aber auch der Israelite stets in entsprechender Weise den Tribut der Dankbarkeit und Toleranz zu zollen als Gewissenspflicht erachtet, bezeugten unter anderem die schöne Beflaggung und Dekoration aller israelitischen Gebäude, als Seiner Hochwürdigen Dr. Justus Knecht, Weihbischof von Freiburg, Anfang laufenden Monats zur Abhaltung der Firmung hierorts weilte. Ein Israelite hatte sogar die Ehre, bei den Empfangs- und Abschiedsfeierlichkeiten des hohen Kirchenfürsten demselben vorgestellt zu werden und dem Ordnungskomitee eingereiht zu sein. Die gebührende Würdigung fand entsprechenden Ausdruck. Ehre, dem Ehre gebührt! Was Eingangs mit Genugtuung von der Immunität des Antisemitismus in der christlichen Bevölkerung gesagt, findet in Bezug auf den so genannten Indifferentismus, der an der Neige des 19. Jahrhunderts als Feind der Moral und positiven Religion so sehr eingerissen, des großen Feindes des orthodoxen Judentums in hiesiger Gemeinde und in Bezug auf den Rabbinatsbezirk des Herrn Dr. Löwenstein (Mosbach), der mit aller Energie für die Interessen des unverfälschten Judentums eintritt – im Großen und Ganzen seine Anwendung. In Hardheim selbst wird den Institutionen der Gemeinde und Synagoge in althergebrachter Weise Rechnung getragen. – Es befinden sich zwei Chawerot (Vereine) – ein Männer- und ein Frauenverein dahier, die in den engsten und weitesten Kreisen jedwede humanitäre Bestrebungen unterstützen, ebenso eine Armenkasse für durchreisende Arme, und erhält jeder derselben auf Wunsch ein Billet, für welches 
Hardheim Israelit 23081894a.jpg (84355 Byte)er unentgeltlich Mittag- und Abendbrot respektive Mahlzeit empfängt. Der Armen des Heiligen Landes wird durch zweimalige jährliche Challah-Geldsammlung gedacht. Der Allianz und dem Waisenstift Bruchsal gehören die meisten Gemeindemitglieder als aktive Unterstützungsorgane an. In der Synagoge haben gemischter Chorgesang und Orgel keinen Eingang gefunden – indessen findet der täglich vorschriftsmäßige Gottesdienst mit Minjan statt. An Sabbat und Feiertagen wird außer einem religiösen Lehrvortrag (Schiur) vor dem Nachmittagsgottesdienste, seit diesem Sommer auch nach dem Morgengottesdienste von Seiten des Lehrers Wertheimer je 1 Stunde Raschi und Kizzur Schulchan Aruch mit erwachsenen Personen gelernt. Diese Einrichtung erfreut sich lebhafter Sympathie. ‚Die Grundsäulen der sittlichen Weltordnung: Die Gotteslehre, der Gottesdienst, die allumfassende Menschenliebe mögen sich hier und überall immer mehr befestigen."

  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1882 / 1924-1926  

Hardheim Israelit 25101882.jpg (60466 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1882: "Vakanz. Die hiesige Religionsschulstelle, verbunden mit dem Vorsänger- und Schächterdienst, ist per 1. Januar 1883 zu besetzen. Fester jährlicher Gehalt Mark 700 nebst gesetzlichem Schulgeld von ca. 30 Schülern sowie ein Einkommen aus dem Schächterdienst von ca. Mark 500. Bewerber müssen seminaristische Bildung besitzen und wollen sich mit entsprechenden Zeugnissen bei dem Unterzeichneten melden. Hardheim in Baden, im Oktober 1882. 
Der Synagogenrat Emanuel Halle."
 
Hardheim Israelit 31071924.jpg (68908 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1924: "In der Gemeinde Hardheim (Baden) ist durch die Zurruhesetzung des seitherigen langjährigen Stelleninhabers die Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schächters neu zu besetzen. Gehalt nach dem amtlichen Tarif. Mit der Stelle entsprechende Nebeneinkünfte. Bewerbungen seminaristisch gebildeter Lehrer erbeten. 
Synagogenrat Hardheim
(Baden)."
 
Hardheim Israelit 02041925.jpg (70011 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1925: "Die Gemeinde Hardheim (Baden) sucht einen streng-religiösen Religionslehrer, Vorbeter und Schochet. Das Gehalt regelt sich nach der Besoldungsordnung des Badischen Oberrates der Israeliten und zwar in Anlehnung an Gruppe VII für seminaristisch gebildete Lehrer oder an Gruppe VI für nicht seminaristisch gebildete Lehrer. Unverheiratete Bewerber wollen ihre mit Zeugnisabschriften und ausführlicher Darstellung des Lebenslaufes versehenen Meldungen richten an das Bezirksrabbinat Mosbach (Baden)."
 
Hardheim Israelit 05081926.jpg (75611 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1926: "Die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochets ist bei der Gemeinde Hardheim (Baden) zu besetzen. Bewerber mit seminaristischer Vorbildung wollen unter Vorlage des Zeugnisses über die Ablegung der Kandidatenprüfung und sonstige praktische Betätigung ihre Meldungen an den Synagogenrat Hardheim senden. Die Besoldung regelt sich in Anlehnung an Gruppe VII der Reichsbesoldungsordnung. 
Die Bezirkssynagoge Mosbach (Baden)."

    
Zum Tod von Lehrer Joseph Urspringer (1887)

Hardheim Israelit 04071887.jpg (83899 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1887: "Hardheim (Baden), 26. Juni (1887). Am 24. Siwan (16. Juni 1887( starb in seinem 77. Lebensjahre Herr Joseph Urspringer, der in hiesiger Gemeinde 50 Jahre ununterbrochen als Religionslehrer, Chasan, Mohel und Schochet fungierte. 
Wie die hiesige Gemeinde diesen langjährigen Beamten hoch achtete und zu ehren bestrebte, das dokumentierte sich am besten an dessen 50jährigem Lehrerjubiläum. Zahlreiche wertvolle Geschenke und sonstige Beweise verdienstlicher Anerkennungen wurden damals dem Jubilar zuteil, und diese Hochachtung hatte sich der Verstorbene bis an sein Ende zu erhalten gewusst, sodass sein Andenken ein gesegnetes sein wird. Seine Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens. E.W."


Leserbrief von Lehrer Emanuel Wertheimer zur Diskussion um die Fortbildung jüdischer Lehrer (1901)
  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1901: "Aus Baden. Der Leitartikel 'Ein Wort an den jüdischen Lehrer' von Herrn S. Geis, Frankfurt am Main, in Nr. 31 des 'Israelit', ist nach meiner Meinung und Erfahrung als langjähriger Religionslehrer und Kultusbeamter, ein Wort zur rechten Zeit - im Sinne fast aller, insbesondere der Land- oder Dorflehrer geschrieben, denen selten Gelegenheit zur Weiterbildung in der jüdischen Literatur (Gemara, Mischna usw.) geboten. Sicherlich haben alle Kollegen den Wissensdurst, unter persönlicher, bewährter Leitung und Führung direkt aus der Quelle zu schöpfen, um nicht aus seichten, unlauteren Bächen zu trinken.
Die Zukunft des unverfälschten Judentums liegt in der Schule...
Der Artikel wird nicht ausgeschrieben, da er zur jüdischen Geschichte in Hardheim keine direkten Informationen enthält, bei Interesse bitte Textabbildung anklicken.   
Wertheimer berichtet gegen Schluss des Abschnittes von der nach seiner Meinung vorbildlichen Lehrerfortbildung in Rabbinatsbezirk Mosbach
"Als Anbahnung- oder Vorkurses zwecks Realisierung fraglicher Idee, betrachte ich die von schon verschiedenen Rabbinern veranstalteten Lehrerversammlungen der betreffenden Bezirke zum Weiterstudium in den bezeichneten Fächern. Zur Nachahmung um die Tora(kenntnisse) zu verbreiten sei erwähnt, dass seit vielen Jahren schon Herr Rabbiner Dr. Löwenstein zu Mosbach mehrmals jährlich Lernkonferenzen für die Lehrer seines Bezirkes abhält, die sich eine vollzähligen Besuches, trotz schwieriger Verkehrswege, erfreuen, und in welchen Gemara, Raschi, Ohel Jaakow usw. gelernt und nebenbei über manche profane Wissensfrage der Zeit Belehrung und Aufklärung gegeben wird und so religiöses und profanes Wissen verbunden, in einer Weise, wie solche Herrn Geis in seinem Artikel vorschwebte... Lehrer Wertheimer - Hardheim."    

      
Danksagung nach dem Tod von Jana Wertheimer geb. Bachmann, Frau von Lehrer Wertheimer (1901)        

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. September 1901: "Danksagung
Für die innigen Beileidsbezeugungen, - insbesondere für die inhaltsreiche, trostspendende Grabrede des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Löwenstein zu Mosbach - aus Veranlassung der so früh heimgegangenen Lehrersgattin 
Jana Wertheimer -
sie ruhe in Frieden - geborene Bachmann 
aus Hardheim, übermittelt herzlichst Dank die tieftrauernde Familie Lehrer E. Wertheimer."   

   
Zum Tod von Naphtali Wertheimer, Sohn des Lehrers Wertheimer (1902)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Dezember 1902: "Aus Baden. Zur gleichen Zeit, als man in Karlsruhe den Nestor der jüdischen, badischen Lehrerschaft, Herrn Lehrer Würzburger, in die kühle Erde bettete, sank auch ein junges Leben in die Gruft, ein Leben, das heiligem Dienste, dem Lehrberufe gewidmet sein sollte. Naphtali, der achtzehnjährige Sohn des Lehrers Wertheimer in Hardheim, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, war schnell durch eine plötzliche Krankheit, zum großen Schmerze seiner Angehörigen, seiner Lehrer und vieler Freunde, hinweggerafft worden. Auf ihn lässt sich der Vers unserer heiligen Tora anwenden: 'Und Henoch wandelte mit Gott, und er war nicht mehr, denn Gott hatte ihn genommen' (1. Mose 5,24). 
Welchen Namen sich der Jüngling bereits erworben hatte, geht aus einer Zuschrift von Seiten der Direktion des Lehrerseminars I. Karlsruhe an den Vater hervor, in welcher betont wird, 'dass derselbe ein sehr begabter und äußerst fleißiger Schüler war, der seinen Lehrern nur Freude machte und ein tüchtiger Lehre rzu werden versprach.' Ein großer Teil der Einwohnerschaft Hardheims, ohne Unterschied der Konfession, nahm an dem Leichenbegängnisse teil. 
Eine größere Anzahl benachbarter jüdischer Lehrer, sowie Herr Bezirksrabbiner Dr. Löwenstein - Mosbach, waren gleichfalls herbeigeeilt. Herr Dr. Löwenstein, selbst aufs Tiefste ergriffen, rief dem Verewigten in bekannter Meisterschaft anerkennende, ehrende Worte nach. 
Möge der Allmächtige die schwer heimgesuchte Familie trösten."        
    
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1902: "Danksagung! Für die zahlreichen Teilnahmebezeugungen, die uns aus nah und fern zuteil wurden, anlässlich des Heimganges unseres unvergesslichen Sohnes Naftali - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - Schüler des Lehrerseminars I zu Karlsruhe sagt herzlichen Dank Familie Lehrer E. Wertheimer."    

     
Die Bar-Mizwa-Feier und ihre Vorbereitung - Beitrag von Lehrer Emanuel Wertheimer (1904)   

Hardheim Frf IsrFambl 24061904a.jpg (303652 Byte) Hardheim FrfIsrFambl 24061904a.jpg (144563 Byte) Hardheim Frf IsrFambl 08071904.jpg (665876 Byte) Der Artikel wird nicht ausgeschrieben, da dies den Rahmen der Darstellung der jüdischen Geschichte Hardheims sprengen würde; bei Interesse bitte anklicken.   

     
Chanukka-Betrachtung (1919) und Purim-Betrachtung (1921) von Lehrer Emanuel Wertheimer    

Hardheim Israelit 18121919.jpg (212247 Byte)  Hardheim Israelit 17031921.jpg (201222 Byte)   Die Artikel werden nicht ausgeschrieben, da dies den Rahmen der Darstellung der jüdischen Geschichte Hardheims sprengen würde; bei Interesse bitte anklicken.

         
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Wertheimer (1908) 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1908: "Hardheim (Baden), 24. Mai (1908). Am 16. dieses Monats beging Herr Lehrer Wertheimer das Jubiläum seiner 25-jährigen Wirksamkeit in der hiesigen Gemeinde. Schon am Vorabend überbrachten der Bürgermeister und die gesamte Gemeindevertretung, der katholische Pfarrer und das Lehrerkollegium ihre Glückwünsche, wobei besonders der Geistliche herzliche Worte der Anerkennung und Wertschützung fand. Herr Wertheimer dankte in bewegten Worten und versprach, auch fernerhin mit seinen bescheidenen Kräften beizutragen zu dem Fortschritt der Gesamtheit. Am darauf folgenden Schabbat begleiteten Herr Bezirksrabbiner Dr. Löwenstein - sein Licht leuchte - aus Mosbach, der Vorstand und der Synagogenrat den Jubilar in die festlich geschmückte Synagoge, woselbst der Herr Rabbiner, anknüpfend an die Schmitta- und Jobel-Institution, zu deren Veranlassung der Feier überging. In einer nach Inhalt und Form gleich meisterhaften Rede schilderte er die großen Verdiente des Jubilars, den er als Muster eines Lehrers in bezug auf Gewissenhaftigkeit, Frömmigkeit und Tüchtigkeit bezeichnete. Er verlieh ihm vor versammelter Gemeinde als Zeichen der Anerkennung den altjüdischen Ehrentitel eines Chower. Herr Wertheimer dankte in längerer Rede zunächst dem Lenker aller Geschicke, dass er ihn gewürdigt, die Saat der göttlichen Lehre in das Gemüt der ihm anvertrauten Jugend zu streuen, ferner seiner vorgesetzten Behörde und seiner Gemeinde für die ihm dargebracte Ehrung und gelobte, sich zeitlebens des Chower-Titels würdig zu zeigen, hinweisend auf den Psalmvers: 'Ein Chower (Genosse) bin ich Allen, die dich fürchten und deine Befehle beobachten' (Psalm 119,63). Nachmittags fand ein Bankett statt, wozu sich nicht nur die gesamte jüdische, sondern auch die Spitzen der politischen Gemeinde einfanden. Der Sohn des Jubilars, Herr Lehrer Felix Wertheimer in Malsch, brachte den ersten Toast auf den Landesherrn aus, der gleich seinem verewigten unvergesslichen Vaters seinen jüdischen Untertanen die wärmsten Sympathien entgegenbringe. Herr Bürgermeister Eirich feierte in längerer Ansprache die Verdiente des Jubilars, Die jüdische Gemeinde, so ungefähr führte er aus, könne stolz auf ihren Lehrer sein, der nicht nur ein gewissenhafter, tüchtiger Jugendbildner, sondern auch ein fleckenloser Charakter und allgemein beliebter Mitbürger sei, der bei jeder Gelegenheit mit gutem Beispiel vorangehe und dem in erster Linie das schöne Verhältnis, das in Hardheim zwischen Juden und Christen herrsche, zu danken sei. Herr Bezirksrat Redel hob die umfassende Nächstenliebe und den ausgeprägten humanitären Sinn des Jubilars hervor. Namens der früheren Schüler dankte Herr Urspringer. Herr Bezirksrabbiner Dr. Löwenstein feierte seinen geistlichen Kollegen, Herrn Pfarrer Stephan, dessen Toleranz und Menschenfreundlichkeit. Tischlieder und Vorträge von Schülern verschönten die Feier, die einen harmonischen Verlauf nahm. Von den vielen Geschenken, womit Herr Wertheimer anlässlich seines Jubiläums bedacht worden ist, schätzt er am höchsten zwei wertvolle Werke, welche ihm seine Bezirkskollegen als Zeichen ihrer Wertschützung überreichten. Möge es ihm vergönnt sein, noch recht lange tätig zu sein im Sinne unserer heiligen Tora, zum Wohle seiner Gemeinde und zur Ehre des Judentums."     

    
70. Geburtstag von Lehrer Emanuel Wertheimer (1924)

Hardheim Israelit 24071924.jpg (136808 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1924: "Hardheim (Baden), 16. Juni (1924). Am vergangenen Schabbat Naso (Schabbat mit der Toralesung Naso, d.i. 4. Mose 4,21 - 7,89, das war Schabbat, 14. Juni 1924) hatte unser altes Gotteshaus Festschmuck angelegt. Galt es doch, unseres allverehrten Herrn Lehrer Emanuel Wertheimers 70. Geburtstag festlich zu begehen. Leider hat Herr W. auch gleichzeitig sein Amt in hiesiger Gemeinde, das er über 40 Jahre innehatte, niedergelegt. Der Oberrat der badischen Israeliten in Karlsruhe hat in einem warm gehaltenen längeren Schreiben auf die großen Verdienste innerhalb und außerhalb der Gemeinde hingewiesen und seine höchste Anerkennung ausgesprochen. Als Beweis seiner Dankbarkeit hat er Herrn W. einen ansehnlichen Geldbetrag übermitteln lassen. Herr Rabbiner Dr. Pinkus in Heidelberg hat ebenfalls in Vertretung namens des augenblicklich verwaisten Bezirksrabbinats Mosbach in beredten Worten dessen Dank schriftlich zu Ausdruck gebracht. Nach dem Einheben der Torarolle überbrachte Herr Vorstand Moses Strauß in schlichten schönen Worten den Dank der Gemeinde und pries besonders Herrn Lehrer Wertheimers ersprießliche Tätigkeit als Schulmann; der größte Teil der Gemeindemitglieder waren seine Schüler. Das übergebene Angebinde sei ein äußeres Zeichen der unverlöschlichen Dankbarkeit! Sichtlich ergriffen dankte Herr Wertheimer für all die Liebe und Anerkennung und wünschte der Gemeinde, dass sie einen würdigen Nachfolger finden möge, schließend mit dem in der Sidroh vorkommenden Priestersegen. Als Zeichen guten Einvernehmens sei hier noch erwähnt, dass die hiesige Gemeinde seit ca. 95 Jahren nur 2 Lehrer hatte und zwar hatte der Vorgänger des Herrn W., Lehrer Urspringer – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – die Stelle über 50 Jahre inne."

 
Fanny- und Michel-Weil'scher Jugendpreis für Lehrer Emanuel Wertheimer (1922 und 1923)

Hardheim Israelit 01021923x.jpg (44625 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1923: "Eubigheim (Baden), 29. Dezember (1922). Am 28. vorigen Monats ging dem allbekannten Lehrer Emanuel Wertheimer in Hardheim vom Herrn Oberrat aus Karlsruhe folgende Auszeichnung zu: In Anerkennung Ihrer Dienste die Sie durch Erziehung und Unterricht der Jugend für das Judentum geleistet haben, verleihen wir Ihnen einen Fanny- und Michel Weil'schen Jugendpreis in Höhe von 10.000 Mark."
  
Hardheim Israelit 07091923.jpg (32681 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1923: "Eubigheim, 23. August (1923). Herrn Lehrer Emanuel Wertheimer in Hardheim wurde auch in diesem Jahre in Anerkennung seiner verdienstreichen Tätigkeit für das Judentum, speziell auf dem Gebiete der Erziehung und des Religionsunterrichtes ein Michael Weil’scher Jugendpreis vom badischen Oberrat verliehen."

    
Felix Wertheimer, Sohn von Lehrer Emanuel Wertheimer erhält das Eiserne Kreuz (1918)    

Hardheim FrfIsrFambl 08021918.jpg (16433 Byte) Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Februar 1918: "Hardheim. Felix Wertheimer, Sohn des Lehrers Emanuel Wertheimer, erhielt wegen Tapferkeit vor dem Feinde das Eiserne Kreuz 2. Klasse."   

      
Todesanzeige für Lehrer Emanuel Wertheimer (1926)

Hardheim Israelit 08101926.jpg (112342 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1926: Nachruf auf den Chower Herrn Menachem Bar Naftali, ein heiliger und frommer Mann, gottesfürchtig, weise und groß in der Tora, von großer Berühmtheit. Herr Lehrer Emanuel Wertheimerdas Andenken an den Gerechten ist zum Segen – unser langjähriger Führer wurde uns nach mehrwöchentlicher, schwerer Krankheit im 73. Lebensjahre, nur 2 Jahre nach seiner Pensionierung leider entrissen. Der Verstorbene stand in Lehre und Leben auf streng gesetzestreuem Boden. Ausgestattet mit einem großen Wissen war er beseelt von tiefer Gottesfurcht, von unbegrenzter Liebe zum Torastudium und unablässiger Verbreitung der Gotteslehre. Wir verlieren in ihm nicht nur einen pflichttreuen, ausgezeichneten Lehrer, dessen Leistungen in der Schule weithin bekannt waren, sondern auch einen treuen Berater, der uns 43 Jahre lang zur Seite stand, von allen geschätzt und geehrt – Wir geloben ein dauerndes dankbares Andenken. 
Hardheim (Baden), 3. Oktober 1926 – 25. Tischri 5687. Synagogengemeinde Hardheim. Der Synagogenrat."

    
Zum Tod von Lehrer Emanuel Wertheimer (1926)

Hardheim Israelit 21101926.jpg (375405 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1926: "Lehrer Emanuel Wertheimer das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -. Hardheim, 12. Oktober (1926). Überall, wohin die Kunde von dem Ableben des weit und breit bekannten Lehrers Wertheimer dringen wird, wird man ergriffen sein von unaussprechlicher Trauer und Wehmut. Ist doch mit ihm ein außergewöhnlicher Mensch dahingegangen, ein ganz seltener, wahrhafter Jehudi, ein Gottesfürchtiger, eine Zierde des Lehrerstandes. Ja, er war ein (hebräisch und deutsch:) Diener Gottes. Er ließ sich von keinen anderen Gesichtspunkten leiten, als denen des Guten, des göttlichen Willens, er war ein konsequenter, in sich gefestigter Charakter, ein Mann der Gottesfurcht und der frommen Tat. Sein Leben selbst war ein Vorbild und die beste Predigt, die er hätte halten können, dabei ein Heros der Bescheidenheit, der Anspruchslosigkeit für seine Person. Er freute sich des Lebens, er hatte ein selten feines Gefühl für alle Schönheiten der Natur, in der er sch täglich aufhielt, er liebte eine edle heitere Gesellschaft und tauschte gerne Worte des Scherzes, des edlen Witzes, gediegener fröhlicher Unterhaltung. Lehrer Wertheimer hatte einen selten großen Bekanntenkreis, in allen Gauen war sein Name bekannt. Und alle, alle wissen, wie er in Unschuld- und Herzensreinheit gelebt und gestrebt hat, wie er rein und fromm war im leben und Sterben, rein und fromm bis zu seinem Tode, wie jede Falte seines Gemütes, das nun erkaltet, für Menschenwohl und Menschenheil erglühte, jede Faser seines Herzens, das nun ausgeschlagen hat, Gott und Menschen liebreich entgegenschlug, und jeder Winkel seiner Seele, die nun ihre Staubhülle verlassen und mit der Seele aller Welten sich vereinigt, von Gottes- und Menschenliebe erfüllt und durchdrungen war, wie jeder Zug in seinem Lebensbilde im himmlischen Glanze seiner Tugenden ausstrahlt. Selbst als des Lebens raue Winde und Stürme auch gegen ihn sich erhoben, auch ihn erschütterten, da hat er nur den Namen Gottes angerufen. Sein Gottvertrauen wurde weit und breit bewundert. Der Verblichene war in allem gut und ist nur reif geworden für ein Leben, das im Ganzen gut ist. Von frühester Jugend an bis zu seinem Ende war es ihm nicht um Erlangung irdischen Segens zu tun, sondern nur um die Veredlung seines Herzens und um die Erhebung seines inneren Seelenlebens. Einer edlen Lehrerfamilie entstammend  - Vater und Großvater waren schon Lehrer – ging der Heimgegangene aus dem Würzburger Lehrerseminar hervor, und wurde dort schon von dem großen Würzburger Raw als ‚brävster Schüler’ bezeichnet. Sollen wir nun reden von seiner glühenden Liebe zur Tora, in der er fast buchstäblich Tag und Nacht forschte? Einen Mann, der mehr Liebe zur Tora besaß als er, dürfte es kaum geben, solche, die ihm vielleicht an die Seite zu setzen wären nur ganz wenige. ‚Wie habe ich dein Gesetz so lieb, ihm denk ich nach den ganzen Tag.’ Vom Frühstück angefangen, bei jeder Mahlzeit am Buch bis in die späte Nacht; bei Tag suchte er nicht die so genannte freie Zeit zum Lernen, sondern er nahm eben die Zeit. Auf dem Spaziergange, auf der Reise in der Bahn, - überall las er, lernte er, forschte er. Er korrespondierte mit Talmide Chachomim (Gelehrten), und Rabbonim (Rabbiner) staunten über seine Belesenheit. Wer mit ihm zusammenkam, profitierte von seinem immensen Wissen und seinem überragenden Verstand; keine Versammlung, wo sein geistsprühendes Wort nicht zündete. An vielen Organisationen arbeitet er mit, für die ‚Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums’ hatte er seit Jahren eine Vorliebe und führte ihr viele Mitglieder zu. Und so wie er lernte, lehrte er. Es war ihm vergönnt, über 50 Jahre lang den göttlichen Samen des Guten in die Herzen der Kinder zu streuen. Der geborene Lehrer von Eifer, Geduld und Methode. Seine Schule war eine der besten des Landes, darf man sagen. An Anerkennungen maßgebender Faktoren fehlte es nicht. Und wie er lehrte in der Schule oder in der Öffentlichkeit – so lebte er. Sollten wir schildern, wie überaus genau er die Gebote eingehalten hat, wie er das Spendengeben im Verborgenen übte, wie er außerhalb seines Hauses fast nirgends etwas gegessen, wie er zeitlebens jeden Fastentag fastete, usw. usw. Und so war sein Leben ein fortwährender Kiddusch Haschem (Heiligung Gottes) auch in dem Sinne, als Lehrer Wertheimer in Hardheim und in der ganzen Umgegend von allen Nichtjuden in rührender Weise geschätzt und verehrt wurde, wegen seiner Gelehrsamkeit, wegen seiner Frömmigkeit, wegen seines Wohltuns, wegen seiner Werke menschlicher Liebe auch in nichtjüdischen Kreisen.   Kam doch der Verblichene in seiner kindlichen Güte jedem mit dem Gruße zuvor, ob er jemand kannte oder nicht, ob es Kind oder Erwachsener, ob es Arbeiter oder ein sozial Hochgestellter war. Und immer überal selbstlos und opferbereit, kein Wunder, dass die
Hardheim Israelit 21101926a.jpg (175403 Byte)die Beerdigung und die Beisetzung sich zu einer hier noch nicht da gewesenen Kundgebung gestalteten. Von überall her waren Freunde, Verwandte und Kollegen geeilt. Viele Hunderte bildeten den Trauerzug. Zu beiden Seiten des Leichenwagens trugen Schüler vom Hause bis zum Friedhof das, was dem Heimgegangenen im Leben am liebsten war, seine Lieblingsbücher. Wie er keine irdische Reise unternahm, ohne ein Buch mitzunehmen, so sollte sich an ihm erfüllen, sollte die Tauroh (Tora) ihn bis zum Grabe begleiten. Einem letzten Wunsche des Verstorbenen entsprechend, musste man ihm das Sefer (Buch), aus dem er zuletzt gelernt – es war Mischnajot Seder Taharot – in den Arm geben, damit er, wie er ausdrücklich sagte, beim Erwachen gleich lernen kann. Und so bewegte sich denn der gewaltige Trauerzug durch die langen Straßen, vorbei an geschlossenen Läden, an der Synagoge, in welcher der Verstorbene bis ins hohe Alter seine Stimme ertönen ließ, eine Minute Halt machend. Auf dem Friedhof hielt Herr Bezirksrabbiner Dr. Greilsheimer von Mosbach einen groß angelegte Trauerrede, in der Lehrer Wertheimer in seiner ganzen Größe lebendig vor Augen trat, als Mensch, als Jude, als Lehrer, als Erzieher, als Gelehrter, als Kollege und Mitarbeiter. Herr Moses Strauß würdigte als Vorstand der Gemeinde die großen Verdienste des Entschlafenen, Bürgermeister Seeber widmete dem angesehenen Mitbürger einen ehrenden Nachruf, Hauptlehrer Eisemann auf Würzburg rief dem guten Freund und Kollegen herzliche Worte nach, Lehrer Kaufmann, Tauberbischofsheim, überbrachte die Abschiedsgrüße des badischen Lehrervereins, sowie des Lehrervereins für Bayern, Oberlehrer Rapp sprach im Namen des Volksschulkollegiums. Und als zum Schlusse ein Sohn des Verewigten, Herr Dr. Felix Wertheimer – Düsseldorf in einer ergreifenden Trauerrede in rührender Weise im Namen der engeren Familie Abschied von dem treuen und großen Vater Abschied nahm, da blieb kein Auge tränenleer.
Möge der Allmächtige den Hinterbliebenen Trost geben und in ihnen die frohe Gewissheit erstarken lassen, dass der Entschlafene ihnen nicht verloren ist, sondern fortlebt bis zum Kommen des Erlösers. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen."

 
Zum Tod von Lehrer Emanuel Wertheimer (1926)

Hardheim Israelit 02121926.jpg (372929 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1926. "Lehrer Emanuel Wertheimer in Hardheim. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Ein Frommer hat vollendet. Wehe über die Verlorenen, die nicht wieder gefunden werden. Ein Frommer hat vollendet! Jammer und Klage – über den unersetzlichen Verlust. ‚W’ozar b’milin mi juchol’, wer könnte mit Worten zurückhalten? – wo ein schönes gottgefälliges Leben seinen Abschluss gefunden, wert, dass wir es andachtsvoll überblicken, würdig, dass wir es als Vorbild hinstellen. Hat die jüdische Lehrerwelt im allgemeinen – so hat die gesetzestreue Lehrerschaft im besonderen einen ihrer besten und edelsten Vertreter verloren, dessen Tage, Stunden und Sekunden ohne Ausnahme das Gepräge und die Weihe des heiligen hohepriesterlichen Berufes im Gottesdienste seiner Glaubensgenossen wie auch all seiner Mitmenschen unverkennbar an sich trugen. Der Lehrerberuf war ihm nicht nur Broterwerb, sondern eine Arbeit für den Himmel (d.h. für Gott) wie er ja auch jede seiner Handlungen als einen Gottesdienst auffasste, und auch die kleinste Tat mit einem Vers aus dem unversiegbaren, immer sprudelnden Quell seines reichen jüdischen Wissens begleitete. Ein selten aufrichtiger Kollege, ein allzu offener Charakter überhaupt, lag Wertheimer die Lehrersache stets am herzen. Noch ist uns in Erinnerung, mit welch glühendem Feuereifer er einmal auf einer Generalversammlung des ‚Bundes gesetzestreuer Lehrer’ in Anwesenheit vieler Rabbiner in Frankfurt gesprochen hat. Mit immer jugendlicher Begeisterung war er nicht nur für die materielle und soziale Besserstellung der Lehrer bedachte, sondern er eiferte, wo er auch konnte, die Kollegen zum Lernen an. Seine Parole war ein Marbiz Tora zu sein. Ein gern gesehener Kollege, fehlte er bei fast keiner Lehrerversammlung und besuchte selbst benachbarte Lernkonferenzen, zu denen er bezirksmäßig nicht gehörte. Und wie lauschte man – Rabbiner und Kollegen – wenn Wertheimer anfing zu ‚darschenen’, zu erklären, oder in humorvoller Weise würzende ‚Diwre Tauroh’ (Worte der Tora) auszusprechen. War doch die Tauroh allezeit Kräftigung seinem Geiste, Labsal seinem Herzen. In des Wortes wahrster Bedeutung war er ein Schüler Ahrons, durchglüht von edler Menschenliebe war er, was doch die Hauptsache ist, wie selten einer. Schon im Würzburger Seminar war er nicht nur selbst einer, der es sehr genau mit den Geboten nahm, sondern rügte auch in offener, freier, aber nie verletzender Weise auch die kleinste Übertretung, die er bei einem Mitschüler bemerkte: ‚Verlässliche Weisung war in seinem Munde, und es wurde nicht Böses auf seinen Lippen gefunden. Er wandelte vor mir friedsam und aufrichtig und hielt viele von Sünden zurück’ (Maleachi 2,6). Dieses maleachische Prophetenwort ist auf den Verewigten anzuwenden, deshalb war sein Wirken überall erfolgreich, deshalb ließ man sich von ihm belehren und folgte seinem Beispiel. War doch sein Wort das treue Abbild seiner Gesinnung – beiden aber entsprach auch die Tat. Zahlreiche Schüler sind von dem Heimgegangenen im Verlaufe eines halben Jahrhunderts mit ansehnlichem Wissen ausgestattet worden und seine Schule atmete wahrhaft jüdischen Geist.
Des Menschen Arbeitsfeld endigt nicht an den Grenzsteinen seines engen Berufes. Durch zahlreiche, unzählige Fäden war der Verewigte mit den Personen und Ereignissen seiner näheren und weiteren Umgebung verbunden. Gerade auf dem weiten Gebiet der Öffentlichkeit steht der Mensch in allen seinen Eigenschaften zur Schau, offen und frei zur allgemeinen Beurteilung. Überall empfand man für ihn: Achtung, Liebe, Verehrung. Man musste den Zauber, der von seiner Persönlichkeit ausging, miterlebt haben. Und er, dessen Herz die heilige Schauer der Gottesnähe stets empfand, trug unter dem Kleid ständig einen Gürtel und mit dem Worte und ihr sollt heilig sein auf dem Munde versäumt er keine letzte Waschung (Totenwaschung). So war er ein einzigartiger Frommer, ein unerreichter Mann guter Eigenschaften, keine Normalerscheinung. An ihm erfüllte sich buchstäblich, was wir täglich, wenn auch meist gedankenlos, im Gebete wünschen: ‚O Gott, bewahre meine Zunge vor Bösem und meine Lippen, dass sie nichts Trügerisches reden usw.’ Verpönt war ihm ‚Loschon hora’, ‚Lasset die Leute in Ruhe’ sein stehendes Wort. Wem ein Einblick in das geheimste Seelenleben des Gerechten vergönnt war und sich fragte: ‚Was siehst du?’, der darf, ohne zu übertreiben mit dem Bilde des Propheten antworten (hebräisch und deutsch): ‚Ich sehe einen Leuchter, aus Gold, ganz und gar, zwei Ölbäume daneben, mit reinem Öl die heiligen Flammen nährend.’ Bei ihm waren nur ‚Tage des Aufstieges’ zu verzeichnen, sein Streben machte nirgends Halt. So ward vom Aufgange seiner Lebenssonne bis zu ihrem Untergange durch ihn gepriesen der Name des Ewigen. Sind verstummt nun seine Lippen? Nein! Wer mehr als ein Menschenalter hindurch mit gewissenhafter Hingabe, mit seltener Begeisterung als Lehrer und Diener Gottes, dessen Wort verkündet, dessen reine Seele kann sich wohl vom Körper lösen, um, von irdischen Banden befreit, ins Reich der Ewigkeit einzugehen, dessen Name muss immer wieder genannt werden, dessen Wort muss immer wieder nachklingen – seine Lippen be
Hardheim Israelit 02121926a.jpg (134152 Byte)wegen sich auch im Grabe. Und ‚um die Schönheit, die da im Grabe der Erde vorgeht’ weinen wir. Ausgelebt ist ein Leben voller Tauroh (Tora), Adwodoh (Gottesdienst), und Gemilus Chasodim (Wohltätigkeit); wer von ihm im Leben schied, nahm von ihm der Vorschrift gemäß ein gutes jüdisches Wort mit. Er selbst lernte ja so fleißig, sodass in allen seinen Büchern Bemerkungen, Zusätze und dergleichen – also seine Spuren zu sehen sind. ‚Seine Hände hielten fest und treu aus, bis seine Lebenssonne sich neigte’, und wir dürfen ohne weiteres sagen: ‚wenn ein solcher Mann stirbt, sind alle seine Verwandten’. Die gesetzestreue Lehrerschaft ganz besonders ruft schmerzvoll aus: ‚Man wird dich vermissen’, deine anspornende Persönlichkeit wird uns fehlen. Wie sehr der teure Verblichene selbst auf das Seelenheil seiner verstorbenen Kollegen bedacht war, geht aus dem Umstand hervor, dass auf seinen Vorschlag hin beim Ableben eines Kollegen in seinem Bezirke während der Schloschim von sämtlichen Kollegen ein Schiur gelernt wurde. Auf der letzten Konferenz führte er den Beschluss herbei, dass diese fromme Übung künftighin ohne weiteres Pflichtsache sei. Ein tragisches Geschick wollte es nun, dass sein Antrag gerade bei ihm als Ersten praktisch zur Anwendung kam. War der Heimgegangene für viele, viele Kollegen einfach ‚unser Wertheimer’, so nannten ihn die Kollegen seines großen Bezirks schon früher ‚unser Rabbe’. Einen schönen Lohn darf er mit ins Jenseits nehmen; denn ‚in Anerkennung der großen Gelehrsamkeit, der seltenen Frömmigkeit und der unvergänglichen Verdienste’ wurde dem teuren Verstorbenen zu seinem längst gehabten Chower-Titel nun auch der Morenu (Rabbiner-) Titel verliehen. Solche aber wie er war, möge es viele in Israel geben. Sein Verdienst komme uns zugute. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    


Zum Tod von Nanny Wertheimer geb. Wolf -  Witwe des Lehrers Emanuel Wertheimer (1928)    

Hardheim Israelit 27091928.jpg (219459 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928: "Hardheim (Baden), 20. September (1928). Noch kurz vor Beginn des neuen Jahres durcheilte Trauerkunde die Gemeinde. Noch waren nicht ganze zwei Jahre vergangen, seitdem der unvergessliche Lehrer Emanuel Wertheimer - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - das Zeitliche gesegnet hatte, und schon folgte ihm verhältnismäßig jung an Jahren seine Gattin in die Ewigkeit nach. Frau Nany Wertheimer entstammte eines altjüdisch frommen Familie in Sulzbürg (Oberpfalz). Von hohem Idealismus erfüllt, zog sie vor 26 Jahren in das damals verwaiste Lehrerhaus ein, um dem Gatten eine wackere Frau, eine mit unermüdlicher Aufopferung wirkende Gehilfin zu sein, um den verwaisten Kindern die Mutter zu ersetzen. Und wie ist es ihr gelungen! Mit grenzenlos hingebender Liebe umhegte sie den teuren Lebensgefährten. Der Gedanke an ihn erfüllte ihre ganze Seele. Sein Wohl, sein Glück war Inhalt und Zweck ihres Lebens. Wie beseligt hat sie zu ihm, dem Hochstehenden, aufgeschaut. Von der seltenen Treue, mit der sie sich ihrer Pflicht Gatten und Kindern gegenüber gewidmet und hingegeben hat, durfte sie des Lebens reichste Wonnen und Segnungen erwarten, durfte sie hoffen, dass Gott ihr Werk segnen und nicht erfolglos sein werde ihr Sinnen und Mühen. 'Ganz Herrlichkeit weilt die Königstochter im inneren Gemache' (Psalm 45,14). Den Schwerpunkt ihrer Wirksamkeit verlegte sie ins Haus, hier war ihre Domäne, und wie sie da schaltete und waltete, das war beispiellos. Was der Entschlafenen das Leben dargeboten hat an Freuden und Segnungen hat sie freudig angenommen; aber auch die Leiden und Prüfungen, die bitteren Erfahrungen und schmerzlichen Enttäuschungen dieses Erdenlebens - sie hat mit jüdischem Sinn in ihnen Mahnungen Gottes erkannt. Der Schmerz um den Gatten hat wohl ihr wundes Herz nicht zur Ruhe kommen lassen. Ihr Haus und ihr Leben erschienen ihr Leer und trübe; ein Riss ging von da ab durch ihr Leben. Und doch hat sie nicht aufgehört, anderen Genuss und Freude zu bereiten. Ihren Geschwistern und selbst entfernten Verwandten war sie mit seltener Hingebung und Anhänglichkeit zugetan. Zur wunden Seele gesellte sich ein schweres körperliches Leiden, das erst spät erkannt wurde, und von dem sie in Würzburg Heilung suchte. Vergebens! Dort hauchte sie ihre Seele aus und wurde in Hardheim an der Seite ihres Gatten - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - auf ihren Wunsch hin zur ewigen Ruhe gebettet. Ein ungewöhnlich großer Trauerzug zog zum Bes-Olom (Friedhof), das friedlich, idyllisch am Waldesabhange liegt. Herr Rabbiner Dr. Lauer - Mannheim fand herrliche und zu Herzen gehende Worte und würdigte das Leben der Heimgegangenen - sie ruhe in Frieden - in rechter Weise. 'Es treten ihre Söhne auf und preisen sie' (Sprüche 31,28). Im Namen der Familie gab einer der Söhne, Herr Lehrer Willi Wertheimer, dem Schmerze und der Trauer, der Liebe und dem Danke in beredten und ergreifenden Worten Ausdruck. 
Möge der (hebräisch und deutsch), welcher 'ausbreitet die Hütte des Friedens', die Hinterbliebenen stärken, trösten, beruhigen und aufrichten. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   
      
Hardheim Israelit 30081928.jpg (71128 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30.August 1928: "Nach kurzer Krankheit, aber ganz unerwartet verschied am 22. August 1928 im Alter von 54 Jahren unsere innigsgeliebte, gute Mutter, die Lehrerswitwe Frau Nany Wertheimer - sie ruhe in Frieden - geb. Wolf, Hardheim
Ihr Leben war ein Vorbild an Arbeitsfreudigkeit, ein Muster an Aufopferung für die Familie, ein Beispiel von Selbstlosigkeit. Den Schmerz über den Heimgang unseres seligen Vaters - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - konnte sie nie überwinden. 
Alles tat sie für uns - nichts für sich. 
In tiefem Schmerze Namens der trauernden Kinder: Dr. Felix Wertheimer."  

   
Gedächtnisgottesdienst zum 10. Todestag von Lehrer Emanuel Wertheimer (1936)

Hardheim Israelit 05111936.jpg (104774 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1936: "Hardheim (Baden), 1. November (1936). Anlässlich des zehnten Todestages des unvergesslichen, weit über die Grenzen unserer Gemeinde hinaus bekannten Lehrers Emanuel Wertheimer wurde hier ein Gedächtnisgottesdienst abgehalten. Herr Vorsteher Jakob Urspringer sprach herzliche Begrüßungsworte und gab einen kurzen geschichtlichen Rückblick über die segensreiche Tätigkeit des über 40 Jahre daselbst amtierten Verschiedenen. Bezirksrabbiner Greilsheimer, Mosbach (Baden) würdigte in eindrucksvollen, zu Herzen gehenden Worten in seiner Predigt den von uns Gegangenen als Lehrer, Gelehrten und Führer der Gemeinde, als Freund seiner Mitmenschen und als Familienvater. Lehrer Kaufmann, Tauberbischofsheim, sprach als Kollege treffliche Worte. Ein Sohn des Verstorbenen, Lehrer Wertheimer, Buchen, dankte kurz in bewegten Worten Allen, die zu dieser Feier beigetragen haben. Ein Schiur (Lernstunde) des Herrn Bezirksrabbiners für den Verblichenen und das Maariwgebet (Abendgebet) beendete die Gedächtnisstunde."

       
Über den ehrenamtlichen Vorbeter Moses Strauß (1928)

Hardheim Israelit 01031928.jpg (117408 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1928: "Hardheim, 18. Februar (1928). Es vergeht kaum eine Woche, in der man nicht in jüdischen Zeitungen Notschreie über den geistigen und religiösen Rückgang der meist früher blühenden Landgemeinden liest. Es darf daher als erfreuliches Zeichen betrachtet werden, dass, wenn auch in versteckten Winkeln doch noch manche Gemeinde an der Tradition ihrer Väter festhält. Hardheim, am Fuße des Odenwaldes gelegen, war unter der Führung unseres leider allzu früh heimgegangenen Lehrers Emanuel Wertheimer – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – eine blühende Gemeinde. Seit dessen Pensionierung und erst recht nach seinem Hinscheiden übernahm einer seiner früheren Schüler, Herr Moses Strauß, ehrenamtlich die Stelle als ‚Bal Tefilloh’ und vermag nunmehr der in bestem Mannesalter stehende Herr Strauß allwöchentlich die Sidroh (Toraabschnitt) zu leinen (vorzulesen). Unter dessen zielbewusster Führung hat die Gemeinde mit großem Kostenaufwand eine neue Mikwoh (rituelles Bad) erstellt, die von Seiner Ehrwürden Herrn Rabbiner Dr. Greilsheimer – Mosbach eingehend besichtigt und dem Din (rabbinischen Vorschrift) entsprechend befunden wurde. Möge die Kehilloh (Gemeinde) ihren begonnen Aufstieg weiterhin fortsetzen und wieder zu ihrer früheren Blüte gelangen."

   
  
Einzelne Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
      
Bekanntmachung der Lazarus Joseph'schen Stiftung in Hardheim (1843)    

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 16. September 1843 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bekanntmachung. Aus der Lazarus Joseph'schen Stiftung in Hardheim ist gegenwärtig, in Gemäßheit der Stiftungsurkunde vom Dezember 1799, zur Aussteuer einer elternlosen Braut der Betrag von 150 fl. zu verwenden, in der Art, dass zuerst ein Familienglied des Stifters oder seiner Ehefrau, sodann ein Mädchen aus Hardheim und endlich ein Landeskind den Vorzug haben soll. 
Die hiernach vereigenschafteten Bewerberinnen werden daher aufgefordert, mit ihren Gesuchen unter Anfügung obrigkeitlicher Zeugnisse über ihr Vermögen, Alter, sittliches Betragen und ihre Verwandtschaft mit dem Stifter, binnen 6 Wochen bei der Bezirkssynagoge Bödigheim sich zu melden.
Karlsruhe, den 4. September 1843. Großherzoglicher Oberrat der Israeliten. 
Der Ministerialcommissär. Christ.   Epstein."      

 
Erzbischof Thomas Nörber besucht Hardheim (1909)   

Hardheim Israelit 03061909.jpg (61857 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1909: "Hardheim, 28. Mai (1909). Als Ausdruck konfessioneller Einigkeit und besonderer Dankbarkeit gegen den toleranten und liebenswürdigen Oberhirten Erzbischof Thomas Nörber in Freiburg – früher Pfarrverweser dahier – widmete die israelitische Gemeinde demselben anlässlich seiner jüngsten Anwesenheit einen sinnreichen Willkommengruß in hebräischen und deutschen Lettern – verfasst von Lehrer Wertheimer. Für diese Ehre sprachen sowohl der Erzbischof als auch der Ortspfarrer, Herr Stephan, an öffentlichen Stellen in ehrenden Worten der jüdischen Gemeinde Hardheim ihren wärmsten Dank aus."

     
Vortrag über "Tier- und Vogelschutz" in Hardheim (1914)        

Hardheim AZJ 16011914.jpg (39381 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Januar 1914: "Herr Kanzleirat Käflem, Vorstand des Deutschen Tierschutzvereins aus Karlsruhe, hielt kürzlich in Hardheim einen sehr lehrreichen Vortrag über 'Tier- und Vogelschutz', speziell über Tierquälerei. Als vorbildlich in dieser Richtung erwähnte der Redner die Vorschriften der Bibel über die Behandlung des Tieres. Der Vortrag fand in der zahlreich besuchten Versammlung allgemeinen Beifall."  

 
Gründung des jüdischen Jugendbundes "Odenwald" (1920)  

Hardheim Israelit 23121920.jpg (72728 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1920: "Hardheim (Baden), 6. Dezember (1920). Am 28. November wurde hier unter Beteiligung der Gemeinden Buchen, Bödigheim, Hainstadt und Königheim ein jüdischer Jugendbund ‚Odenwald’ zur Beschaffung jüdischer und deutscher Literatur für Lern- und Lesebegierige gegründet. Alle interessierten Kreise werden höflichst gebeten, den Jugendbund durch Übersendung von Büchern, Zeitschriften und Geldmittel zu unterstützen. Ferner wären Angaben von Namen diverser Redner, welche bereit wären, hier Vorträge zu halten, sehr erwünscht. Etwaige Geldsendungen sind an Firma Strauß und Co., Hardheim, Postscheckkonto Nr. 24099, Karlsruhe erbeten."

 
Chanukkafeier in Buchen (1932)  

Hardheim Israelit 05011933.jpg (109527 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Januar 1933: "Hardheim (Baden), 3. Januar (1933). Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft des Bezirkes Buchen zur Förderung des religiösen und geistigen Lebens auf dem Lande, lud Lehrer Willi Wertheimer, Buchen, unsere Gemeinde, sowie die Nachbargemeinden zu einer groß angelegten Chanukkafeier ein. Der Vortrag des Herrn Lehrer Kaufmann, Tauberbischofsheim, über ‚Jüdischen Humor und Witz’, sowie die Theateraufführungen der Jugendspielschar der Bezirkes Buch ‚Wie in der Laubhütte ein Chanukkaspiel entstand’ (von Irma Dresdner) und die ‚Wunderärztin’ (von Ester Carlebach), fanden großen Beifall. Große Beachtung fand auch die Vorführung eines Filmstreifens über die Aufbautätigkeit in Erez Jisroel, welcher äußerst geschickt in das erste Theaterstück eingefügt wurde. Für unsere Gemeinde und die vielen von auswärts erschienenen Gäste war dieser Abend ein Erlebnis. Mit außerordentlicher Befriedigung und warmen Worten des Dankes dem rührigen Veranstalter der Feier, dem Herrn Referenten und vor allen Dingen den kleinen Bühnenkünstlern, schied man erst in vorgerückter Stunde voneinander."

     
Feierstunde zum Chanukkafest (1934)       

Artikel in "Jüdische Rundschau" vom 16. Januar 1934: "Hardheim.
Am 25. Dezember lud die Gemeinde Lehrer Wertheimer - Buchen zu einer Feierstunde ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Lichtbildervortrag des Vortragenden: 'Tel Aviv und die Orangenküste'. Die Kleinen aus den Religionsschulen Buchen, Walldürn und Hardheim führten ein kleines Chanukkaspiel auf, das ebenso wie das von jugendlichen Kräften aufgeführte Stück 'Drei treffen sich vor dem Jugendheim' mit großem Beifall aufgenommen wurde. Im Namen der Gemeinde sprach Synagogenrat Urspringer Begrüßungs- und Schlussworte."          

  
Vortrag von Lehrer Kaufmann aus Tauberbischofsheim (1934)        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1934: "Hardheim, 23. Januar (1934). Lehrer A. Kaufmann. Tauberbischofsheim, sprach hier über das Thema 'Ja sagen zum Judentum'. Herr Synagogenvorsteher Strauß sprach Begrüßungs- und Schlussworte. Es wird beabsichtigt, einen religiösen Palästinaverein daselbst zu gründen."    

    
Treffen der Religionsschüler aus Hardheim, Hainstadt und Buchen in Walldürn (1935)           
Anmerkung: zur Feier des 15. Schwat vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tu_biSchevat.   

Mitteilung in "Israelitisches Familienblatt" vom 14. Februar 1935: "Walldürn (Baden). Die Religionsschüler des Bezirks aus den Kleingemeinden Hardheim, Hainstadt und Buchen veranstalteten hier erstmalig ein Treffen und feierten den 15. Schwat. Auch wurde der Filmstreifen 'Neue Wälder in Erez' vorgeführt."      

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Tod des aus Hardheim stammenden Lazarus Eschelbacher (1884)  

Hardheim Israelit 05061884.jpg (166878 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1884: "Frankfurt am Main, im Mai (1884). Wenn auch unliebsamer Weise verspätet, halten wir es doch für unsere Pflicht, noch nachträglich des am 9. Nissan dieses Jahres dahier verschiedenen Lazarus Eschelbacher aus Hardheim in Baden an dieser Stelle zu gedenken. Schon von frühester Jugend an war er an rastlose Tätigkeit gewöhnt und obschon zum Geschäfte erzogen und durch die Verhältnisse sehr davon in Anspruch genommen, gab es sich dennoch eifrigst dem Studium der Tora und des Talkmuds hin. Nach rastlosem Schaffen und Wirken und redlich bemüht um das Wohl einer zahlreichen Familie, wobei er sich durch größte Rechtschaffenheit und Ehrenhaftigkeit die Liebe und Achtung nicht allein seiner Glaubensgenossen, sondern von Seiten aller, die mit ihm in Berührung kamen, erworben hatte, zog er endlich, nach dem Tode seiner Frau und selbst leidend nach Frankfurt am Main, um den Abend seines Lebens bei mehreren seiner Kinder, welche zuvor fast alle fern von der Heimat waren, beschließen zu können; hier füllten Tora und Gottesdienst und Wohltätigkeit seine ganze Zeit aus und er fand darin auch jederzeit die höchste Befriedigung. Zur frühesten Tagesstunde fand man ihn beim Lernen und obgleich ihm bei seinem gebrechlichen von Arbeit und Alter geschwächten Körper das Gehen sehr schwer fiel, so unterließ er es doch nicht, so lange er es nur mit Aufwand aller Kräfte vermochte, jeden Tag die Synagoge morgens und abends regelmäßig zu besuchen. Leider blieb dem edlen Greise auch der bittere Kummer nicht erspart, dass ihm ein einziger hoffnungsvoller und braver Sohn, nachdem er denselben hatte lange und schwer leiden sehen müssen, im blühenden Alter von 26 Jahren entrissen wurde. Diesen schweren Schlag ertrug der alte Vater zwar mit frommer Ergebung, aber er vermochte ihn nicht zu überwinden und so folgte er ein Jahr darauf, dem Sohne in ein besseres Jenseits nach. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Zum Tod von Samuel Halle (1890)  

Hardheim Israelit 30011890.JPG (137956 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1890: "Hardheim, im Januar (1890). Vor einigen Wochen verschied hier das älteste und verdienteste Mitglied unserer Gemeinde, Herr Samuel Halle im Alter von nahezu 84 Jahren. Derselbe verdient es, dass seiner in diesen geschätzten Blättern, mit deren Tendenzen er so sehr harmonierte und zu deren eifrigsten Lesern er bis an seines Lebens Ende gehörte, ehrend gedacht werde. Herr Samuel Halle gehörte zu jenen immer seltener werdenden Männer aus alter Zeit, die, geboren und groß geworden unter den drangvollen Verhältnissen, unter denen früher die Juden lebten, den Übergang in die besseren Zeitverhältnisse mitgemacht haben, sich aber in dieser die Innigkeit des Glaubens, die frommen Sitten, die religiöse Anhänglichkeit und Treue, welche ein Erbteil früherer Tage waren, herüber gerettet haben. Von echt jüdischem Geiste durchdrungen, hielt er an allen Satzungen unseres heiligen Glaubens unwandelbar fest und gab durch sein frommes und bescheidenes Leben ein glänzendes Beispiel den eigenen Nachkommen sowohl, sowie den zahlreichen Freunden und Bekannten, die in Verehrung und Liebe zu ihm aufblickten. Durch 36 Jahre Vorstand der Gemeinde, hat er viel zur Befestigung des religiösen Gefühls und zur Hebung seiner Gemeinde und ihrer Institutionen beigetragen. Sein Leichenbegängnis legte Zeugnis von seiner Würdigkeit ab, ebenso die von Liebe und Verehrung eingegebenen Worte, welche Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Deutsch von Burgpreppach dem nahen Verwandten am Grabe nachrief. Seine Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Zum Tod von Kaufmann Abraham Urspringer (1910) 

Hardheim FrfIsrFambl 06051910.jpg (122863 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Mai 1910: "Hardheim (Baden). Nach längerem, schwerem, in Geduld ertragenem Leiden, verschied dahier am 5. Nissan Kaufmann Abraham Urspringer. Durch seinen Heimgang verliert die Israelitische Gemeinde eines ihrer besten Gemeindemitglieder, die politische und ganze Umgegend eine allgemein beliebte Persönlichkeit. Ein beredtes Beispiel dieser Beliebtheit gab die Teilnahme während der Krankheit, sowie das große Trauergeleite aus allen Schichten der Bevölkerung. Der Entschlafene war mehr als 3 Dezennien Synagogenrat, 10 Jahre Synagogenvorsteher, 30 Jahre Vorstand der Chewra Kadischa, viele Jahre beim Bürgerausschuss in der politischen Gemeinde. Nach bestem Wissen und Können hat Herr Urspringer diese Vertrauens- und Ehrenposten verwaltet; die Erstellung mancher nützlichen Gemeindeinstitutionen wurde während seiner Amtierung ausgeführt. Rücksichtlich des Frühlingsfreudenmonats musste von einem eigentlichen Hesped (Trauerrede) Abstand genommen werden. Bezirksrabbiner Dr. Löwenstein – Mosbach, Schwager, und Josef Würzburger – Rappenau, Neffe des Verstorbenen, sowie Lehrer E. Wertheimer gedachten im Trauerhause in entsprechendem Rahmen der Vorzüge des Heimgegangenen. E.W."

 
Hochzeitsanzeige für Ida Wertheimer und Leo de Jong (1924) 

Hardheim Israelit 18121924.jpg (37047 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1924: "Gott sei gepriesen. Herr und Frau Lehrer Wertheimer, Hardheim. Herr und Frau de Jong den Haag beehren sich anzuzeigen, dass die Trauung ihrer Kinder Ida und Leo – so Gott will – am 28. Kislew 5685 / 25. Dezember 1924  im Hotel Pauli, Würzburg, stattfindet."
Anmerkung: Ida de Jong geb. Wertheimer ist in der NS-Zeit in Auschwitz ermordet worden.

 
Zum Tod des aus Hardheim stammenden Moses Halle (gest. in Gelnhausen (1924) 

Hardheim Israelit 25121924.jpg (131873 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Dezember 1924: "Gelnhausen, 11. Dezember (1924). Am Schabbatausgang des Schabbat Paraschat Toledot verschied nach mehrwöchentlicher Krankheit im Alter von 67 Jahren Moses Halle. Einer gut jüdischen Familie aus Hardheim (Baden) entsprossen, war derselbe allzeit bestrebt, die Traditionen des Elternhauses in seinem Kreise zu hüten und zu pflegen. Er gehörte zu den regelmäßigen Teilnehmern der Abendgebete und nur selten fehlte er beim Gottesdienste. Seine Wohltätigkeit war weit über das Weichbild unserer Gemeinde bekannt. Mit vollen Händen spendete er, wenn es galt, Not und Elend zu lindern. Als die Inflationszeit auch sein Vermögen um einen wesentlichen Teil verringerte, bedauerte er lebhaft, seiner Wohltätigkeit Schranken ziehen zu müssen. Das Leichenbegängnis dieses vollkommenen und aufrechten Mannes gestaltete sich zu einer erhebenden Trauerkundgebung. Am Eingang des Friedhofs widmete Herr Rechtsanwalt Dr. Koref, Hanau, namens des ‚Israelitischen Vorsteheramtes der Provinz Hanau’ dem Heimgegangenen einige Worte des Abschiedes, für die vierundzwanzigjährige treue Arbeit als Mitglied des Kollegiums dankend. Herr Lehrer Marx schilderte in seiner Rede das Leben und Wirken des Verstorbenen als Familienvater, als Mitglied unserer Gemeinde, als Förderer der die Allgemeinheit dienenden Institutionen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
70. Geburtstag von Jeanette Halle geb. Lehmann und 80. Geburtstag von Berta Straus (1931)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1931: "Hardheim (Baden), 23. Januar (1931). Am Rosch Haschana der Bäume (2. Februar 1931) begeht in aller Stille und Zurückgezogenzeit Frau Jeanette Halle Witwe geb. Lehmann ihren 70. Geburtstag. Einer alten frommen Familie aus Wenkheim entstammend, erzog die Jubilarin ihre Kinder nach dem leider so frühzeitig erfolgten Tode ihres unvergesslichen Gatten zu treuen Dienern unserer heiligen Religion. Frau Halle erfreute sich in weiten Kreisen der Hardheimer Bevölkerung großer Beliebtheit. Nicht wenig dazu beigetragen hat ihre einwandfreie Lebensführung; ihre Frömmigkeit, Opferwilligkeit, Hilfsbereitschaft gegen alle Armen und Leidenden, und ihr felsenfestes Gottvertrauen auch in Tagen der Prüfung. Seit mehreren Jahrzehnten bekleidet sie das Amt als Vorsteherin des Israelitischen Frauenvereins zum Segen der Gemeinde. Möge Gott Frau Hall noch viele Jahre uns gesund erhalten! Alles Gute bis 120 Jahre." 
Hardheim in Baden, 23. Januar (1931). Am 15. Februar feiert Frau Berta Straus Witwe ihren 80. Geburtstag. Wir wünschen der Jubilarin einen heiteren Lebensabend."  

 
70. Geburtstag von Liebmann Rosenthal (1934)        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Februar 1934: "Hardheim, 20. Februar (1934). Herr Liebmann Rosenthal, Hardheim, eine in der badischen Judenheit bekannte und geschätzte Persönlichkeit, feiert am Purim in körperlicher und geistiger Frische seinen siebzigsten Geburtstag."          

  
Zum Tod von Julius Billigheimer (1935) 

Hardheim Israelit 04051935.jpg (99577 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1935: "Hardheim in Baden, 12. Juni (1935). Am zweiten Tage des Schewuothfestes starb Julius Billigheimer im Alter von 37 Jahren in einem Würzburger Krankenhaus. Seine Beerdigung legte beredtes Zeugnis von seiner Wertschätzung, Beliebtheit und Achtung ab. Ein Leichenzug bewegte sich durch das Erftalstädtchen Hardheim in einem Ausmaße, wie es seit vielen Jahren nicht mehr der Fall war. Lehrer Wertheimer, Buchen, zeichnete in eindrucksvollen Worten das Lebensbild des Entschlafenen und ein Onkel des Verstorbenen, Nathan Gutmann, Olnhausen, nahm mit herzlichen und innige Worten im Auftrag der Hinterbliebenen von dem so früh Dahingeschiedenen Abschied. Ein weiterer Verwandter, Professor Billigheimer, Mannheim, hielt im Trauerhause seinem verstorbenen Vetter einen tief schürfenden Hesped (Trauerrede). – Der Verstorbene versah an den hohen Feiertagen das Amt eines Hilfsvorbeters in unserer immer kleiner werdenden Gemeinde. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 

 
Persönlichkeiten 

Willi Wertheimer (1897 Hardheim - 1982 New York), Sohn des Hardheimer Lehrers Emanuel Wertheimer (s.o.), Ausbildung zum israelitischen Lehrer, als solcher in Eubigheim (1919-24), dann in Buchen tätig; 1938 in die USA emigriert; später Präsident des Weltkomitees des "Jews of Central Europe Memorial Forest Jewish National Fund". Seine Lebenserinnerungen sind eine wichtige Quelle für die jüdische Geschichte in Hardheim und Umgebung.
 
 

Links: Lehrer Willi Wertheimer (Quelle für das Foto siehe Seite zu Buchen). Der als Sohn des jüdischen Lehrers Emanuel Wertheimer im Jahre 1897 geborene Willi (er war das 9. Kind der Familie) besuchte die Volksschule in Hardheim; danach absolvierte er eine Lehrerausbildung zunächst an der israelitischen bayrischen Präparandenanstalt in Höchberg bei Würzburg, ab 1913 am jüdischen Lehrerseminar in Köln. Ab Ende 1916 nahm er als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg nahm er seinen Dienst an der Badischen Landessynagoge auf und ging als Lehrer in die jüdische Gemeinde Eubigheim; seine zweite Lehrerstelle trat er im Jahre 1924 in Buchen an, wo er bis zu seiner Emigration in die USA 1938 lebte. Während ihm, seiner Frau Jennie und Tochter Ruth die Auswanderung aus NS-Deutschland gelang, wurde seine übrige Familie - sieben Geschwister und deren Familien - Opfer des Holocaust. Bereits in den 1920er Jahren hatte Wertheimer sich für die zionistische Idee begeistert, und so wurde er ehrenamtlich für den Jüdischen Nationalfond (Keren Kajemeth Lejisrael) tätig. Nach 1945 setzte Wertheimer seine Tätigkeit von New York (Brooklyn) aus fort. Auf seine Initiative hin wurde ein 'Gedenkwald' bei Haifa angelegt - als Denkmal für die 12.000 gefallenen Juden des Ersten Weltkriegs. Gleichzeitig engagierte er sich an führender Stelle für die Errichtung des 'Forest of the Jews Formerly from Central Europe', der 1962 als Teil des 'Waldes der Märtyrer' gepflanzt wurde. Ende der 1970er Jahre suchte der inzwischen 81jährige Wertheimer den Ort seiner Kindheit auf. Anfang des Jahres 1982 verstarb Willi Wertheimer in New York.   

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige der Bäckerei und Landesproduktenhandlung A. Schwarzmann (1879) 

Hardheim Israelit 16071879.jpg (47501 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1879: "Neuen reinen Grünkern versende ich Unterzeichneter in großen und kleinen Partien. Reelle und prompte Bedienung wird zugesichert. Muster franco. Ich sehe baldigen Aufträgen entgegen. 
A. Schwarzmann, Bäckerei und Landesprodukten-Handlung in Hardheim, Baden." 

  
Danksagung nach dem Tod von Naftali Wertheimer (1903)  

Hardheim Israelit 05011903.jpg (50525 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Januar 1903: "Danksagung! Für die zahlreichen Teilnahmebezeugungen, die uns aus nah und fern zuteil wurden, anlässlich des Heimganges unseres unvergesslichen Sohnes Naftali - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - Schüler des Lehrerseminars I zu Karlsruhe sagt herzlichen Dank 
Familie Lehrer E. Wertheimer. Hardheim."  

   
Anzeige von Lehrer Emanuel Wertheimer (1893)   

Hardheim Israelit 24071893.jpg (50213 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1893: "Aus dem Produktionsfeld!!
Grünekerne
in neuer 'primar Waare' versendet zu Mark 28 per Ctr., geringe Sorte wesentlich billiger, in allen Quantitäten, jedoch nicht unter 12 1/2 Kilo, unter Nachnahme. 
Em. Wertheimer, Hardheim (Baden)."   

     
Anzeigen des Manufaktur-, Kurz- und Kolonialwarengeschäftes Emanuel Halle Sohn (1898 / 1900 / 1902)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1898: "Für mein Samstags und israelitische Feiertage streng geschlossenes Manufaktur-, Kurz- und Kolonialwaren-Geschäft suche ich einen Lehrling mit guter Schulbildung, aus achtbarer Familie, unter günstigen Bedingungen. 
E. Halle Sohn
, Hardheim (Baden)."     
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1900: "Für mein am Samstag und israelitischen Feiertagen streng geschlossenes Manufaktur-, Kurz- und Kolonialwaren-Geschäft suche einen Commis und einen Lehrling aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. Eintritt 1. September diesen Jahres. 
Emanuel Halle Sohn, Hardheim, Baden."    
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1902: "Lehrling
Für mein an Samstag und israelitischen Feiertagen streng geschlossenes Manufaktur-, Kurz- und Kolonialwarengeschäft suche per 1. Januar oder Ostern 1903 einen Lehrling aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. 
Emanuel Halle Sohn, Hardheim (Baden)."    

   
Anzeige des Eisen- und landwirtschaftliche Maschinengeschäftes Moses Selig (1901)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1901: 
"Suche zum sofortigen Eintritt für mein Eisen- und landwirtschaftliches Maschinengeschäft einen 
Lehrling
 
mit besserer Schulbildung, aus achtbarer Familie. Kost und Logis im Hause. 
Moses Selig,
Hardheim (Baden)."         

 
Danksagung nach dem Tod von Naftali Wertheimer (1903)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Januar 1903: "Danksagung! Für die zahlreichen Teilnahmebezeugungen, die uns aus nah und fern zuteil wurden, anlässlich des Heimganges unseres unvergesslichen Sohnes Naftali - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - Schüler des Lehrerseminars I zu Karlsruhe sagt herzlichen Dank 
Familie Lehrer E. Wertheimer. Hardheim."    

    
Spendenaufruf von Lehrer Wertheimer (1908) 

Hardheim Israelit 31121908.jpg (94651 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1908: "Spende
Ein würdiger, braver, mir persönlich gut bekannter Mensch, der durch Fleiß und Arbeit in den besten Verhältnissen lebte, und unverschuldet, durch traurige Schicksalsschläge um Vermögen und Existenz gekommen, bittet mich, demselben zur Gründung einer neuen Existenz behilflich zu sein. Tue dies umso lieber, da ich die feste Überzeugung, dass sich derselbe mit einem kleinen Kapital wieder emporarbeiten wird. - Insbesondere bitte meine Herren Kollegen eine Kollekte für den guten Zweck zu veranstalten. 
'Wenn dein Bruder verarmt - dann greif' ihm unter die Arme' (3. Mose 25,35)
Gaben nimmt entgegen: Lehrer E. Wertheimer in Hardheim (Baden) sowie die Expedition dieses Blattes unter 'Spende'." 

 
Anselm Wertheimer wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (1916)  

Hardheim FrfIsrFambl 08121916.jpg (35966 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember 1916: Hardheim (Baden). Gefreiter Anselm Wertheimer, Sohn des Lehrers E. Wertheimer, erhielt das Eiserne Kreuz, nachdem ihm schon früher vom Großherzog von Baden die Große Silberne Verdienstmedaille verliehen wurde."    

   
Anselm Wertheimer wird zum Unteroffizier ernannt (1917)  

Hardheim FrfIsrFambl 09031917.jpg (23028 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. März 1917: "Hardheim (Baden). Anselm Wertheimer, Inhaber des Eisernen Kreuzes und der Großen Silbernen Verdienstmedaille, Sohn des Lehrers E. Wertheimer, wurde zum Unteroffizier befördert."      

  
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Aenni Moritz und Louis Halle (1922) 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1922: 
"Aenni Moritz - Louis Halle
Verlobte.  
Mainz - Hamburg / Hardheim."     
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1922: "Statt Karten - Gott sei gepriesen - Frau Kathinka Moritz, Mainz und Frau Jeanette Halle, Hardheim erlauben sich die so Gott will am kommenden Mittwoch, den 24. Marcheschwan 5683 / 15. November 1922 in Mainz stattfindende Vermählung ihrer Kinder Aenni und Louis anzuzeigen. Trauung: 1 Uhr Rhenusloge, Stadthausstraße."    

  
Hochzeitsanzeige von Leo Hahn und Elsi geb. Strauß (1929)  

Kuelsheim Israelit 31011929.jpg (33215 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929: "Gott sei gepriesen
Leo Hahn - Elsi geb. Strauß. Vermählte. 
Külsheim
(Baden) - New York - Hardheim (Baden)
30. Januar 1929)."       

  
Zum Tod von Louis Halle (1933)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1933: "Danksagung. Für die Beweise herzlicher Teilnahme am Heimgange meines heißgeliebten Mannes, Vaters, Sohnes, Schwiegersohnes, Bruders und Schwagers Herrn Louis Halle - er ruhe in Frieden - spreche ich Ihnen meinen innigsten Danke aus. 
Hamburg, Hardheim, Nürnberg, 4. Januar 1933. 
Aenni Halle geb. Moritz nebst Kinder Gerd und Siegmund sowie alle trauernd Hinterbliebenen."   

   
Verlobung- und Heiratsanzeige für Linchen Löwenthal und Max Selig (1936)  

Hardheim Israelit 27021936.jpg (23929 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1936: 
"Linchen Löwenthal - Max Selig. Verlobte.  
Estenfeld bei Würzburg/Main - Hardheim (Nordbaden). 
Februar 1936."    
 
Hardheim Israelit 02071936.jpg (29486 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1936: "Statt Karten!  
Max Selig - Linchen Selig geb. Löwenthal. Vermählte.  
Hardheim (Nordbaden) - Estenfeld bei Würzburg am Main.   
Trauung: Sonntag, 5. Juli 1935, 14 Uhr. Hotel Ulmann, Frankfurt am Main." 

    
    
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: 
Grabstein in New York für 
Hanna Weil geb. Hanft (1844-1900)        
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.      

Hardheim New York Salem 1673.jpg (100692 Byte)   Hardheim New York Salem 1673a.jpg (105901 Byte)Grabstein 
"in memory of our beloved mother 
Hanna Weil née Hanft  
Born in Hardheim-Baden 
Jan. 14,1844 
Died July 12,1900"  

     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge                 
   
Eine Synagoge wird erstmals 1679 genannt. Damals hatte ein aus dem Mainzer Gebiet verwiesener Jude in Hardheim Unterschlupf gefunden, nach einem Brief des Fürstbischofs von Würzburg nach Hardheim vielleicht in der "daselbsten uffgerichteten Synagogii". Da man diesem Jude "illegal" in Hardheim Asyl gewährt hatte, musste zur Strafe die Synagoge der Gemeinde für einige Zeit geschlossen werden. 1707 erfährt man, dass die Hardheimer Juden "in des Aberleins Haus" keine neue Schule (=Synagoge) einrichten sollen, aber die alte erweitern dürfen. 
      
Im 19. Jahrhundert befand sich die Synagoge in dem 1805 erbauten Gebäude Inselgasse 2 (die Inselgasse hieß bis nach 1933 "Judengasse"). Dieses Haus wurde auch noch im 20. Jahrhundert "Judenschul" genannt. 
   
Der 1897 in Hardheim geborene Willi Wertheimer beschrieb das Gebäude so: "Die Synagoge bildete einen dreistöckigen Bau. Im ersten Stock befand sich das Schulzimmer, im zweiten der Betraum für Männer und ein kleiner, von diesem durch ein Holzgitter abgetrennter Raum für Frauen. Im dritten Stock gab es einen weiteren Betraum. Diese Synagoge stellte einen bescheidenen einfachen Bau, bar jeglichen Prunkes, dar. Auch die Inneneinrichtung war den Verhältnissen der jüdischen Bevölkerung angepasst. Die Gebetpulte, die Sitzbänke, das Vorbeterpult und der Torarollenschrein waren älteren Datums. Ein einfacher Chanukka-Leuchter und ein Lüster (=Leuchter) aus glitzerndem Kristall bildeten den einzigen Schmuck des Betsaals. Zu den Feiertagen wurden vor dem Torarollenschrein, der Heiligen Lade, seidene Vorhänge aufgehängt, die mit jüdischen Emblemen bestickt waren. Die Kerzenhalter an den Wänden wichen später elektrischen Beleuchtungskörpern, deren Anschaffung sowie die eines zweiten Lüsters belasteten den Haushalt der Gemeinde sehr stark. Dieser zweite Lüster schwebte über dem Almemor, dem Pult für die Torarolle, für die Vorlesung der für bestimmte Tage fälligen Abschnitte. Neben der Heiligen Lade hing eine Wanduhr. Eine Tafel am Eingang zum Betsaal diente Bekanntmachungen und Ankündigungen der Gemeindeverwaltung. Ein zinnernes Becken an der linken Seite der zweiten Treppe diente den religiösen Waschungen".   
  
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Pläne für den Neubau einer Synagoge in Hardheim, die jedoch nicht ausgeführt wurden.    
    
Pläne für den Neubau einer Synagoge (1904)

Hardheim Israelit 27061904.jpg (318090 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1904: "Aus Baden. Mit innigem Vergnügen entnahm ich auch Zeitungen die Nachricht von den idealen Fortschrittsbestrebungen der jüdischen Gemeinde meines Heimatortes Hardheim (Baden), die dahin zielen, endlich ein schlummerndes Projekt zur Ausführung zu bringen, nämlich den Neubau einer Synagoge, eines Lehrsaales und selbstredend einer nicht minder notwendigen Dienstwohnung für den bereits ein Vierteljahrhundert daselbst amtierenden Lehrer und Kantor. Diese Bauten wären, wie schon ein ausführlicher Artikel in einem jüdischen Blatte es berichtete, tatsächlich kein Luxus, sondern ein großes Bedürfnis. Denn jeder, zumal der Fremde, welcher die primitiven, alten und engen Räume des Synagoge insbesondere an den heiligen Feiertagen betritt, verlässt dieselben mit den unbehaglichsten Eindrücken, indem er die bis jetzt fast zum Extrem getriebene Anspruchslosigkeit einer aus 26-30 Familien zählenden jüdischen Gemeinde bewundert. Ich wünsche daher der Gemeinde Hardheim zu ihrem schönen Vorhaben Glück, und spreche sicher auch im Sinne vieler auswärtiger Hardheimer, die zur Zeit ebenfalls mit Freuden ihren Obolus der guten Sache opfern werden, wenn ich den Wunsch äußere, dass noch innerhalb der Amtsdauer des vor kurzem neu gewählten Synagogenrats unter Leitung und Vorsitz des Vorstehers, des Herrn Abraham Urspringer, der Plan zur Realisierung komme. Hieran anschließend sei, um einer früheren Absicht nachzukommen, mit einigen Worten des Vorgängers des neu ernannten Vorstehers, des Herrn Michael Eschelbacher gedacht, um darauf hinzuweisen, dass auch die Wirksamkeit dieses Mannes in Gemeinde-Angelegenheiten keine unfruchtbare war. In selbstloser und nichts weniger als engherziger Weise trat er stets energisch für die Ideale der Schule, Synagoge und aller gemeindeförderlicher Bestrebungen ein, ohne persönliche und pekuniäre Opfer zu schauen. So führte er gleich nach seinem Amtsantritt eine nachahmenswerte Synagogenordnung ein. Mehrere heilige 'Sefer Toros' (Torarollen), die viele Jahre 'posul' (unbrauchbar) waren, ließ er reparieren. Verschiedene  bauliche Verbesserungen in Synagoge und Schule, auch solche, an deren Zustandekommen man in der Gemeinde zweifelte, wurden auf seine Initiative hin ausgeführt. Die Krone seiner Schöpfungen war jedoch die Herstellung einer rituellen Mikwe, die auf die Anregung und unter eifriger Mitwirkung des dortigen Lehrers, Herrn Wertheimer, geschah, einer Mikwe, wie solche in Bezug auf Kaschrus, gepaart mit bequemer und moderner Ausstattung, selten zu finden ist. Verschiedene auswärtige Besucher und autoritative Sachkenner spendeten dieser Institution höchstes Lob.
Nach sechsjähriger Funktion legte Herr Eschelbacher sein Amt, das er in echt jüdischem Sinne bekleidete, freiwillig nieder. War seine Amtsperiode als Vorsteher der Gemeinde auch eine verhältnismäßig kurze, so kann er doch mit Befriedigung auf eine segensreiche Amtierung zurückblicken. E. (Von einem auswärts wohnenden Hardheimer.)"   

1935 wurde für den im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn des Lehrers Wertheimer in der Synagoge eine Gedenktafel angebracht.        
  
Gedenktafel für den Gefallenen des Ersten Weltkrieges Anselm Wertheimer (1935)

Hardheim Israelit 07021935.jpg (18879 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1935: "Hardheim in Baden, 31. Januar (1935). Für ihren gefallenen Sohn Anselm Wertheimer ließ die Gemeinde in Dankbarkeit und Treue eine Gedenktafel in der Synagoge anbringen."

Beim Novemberpogrom 1938 wurde in der Synagoge der Kronleuchter herabgerissen, die Gebetbücher beschmutzt und zerrissen. Zu größeren Zerstörungen kam es jedoch nicht. "Bei der Suche nach Zeitzeugen stößt man selbst heute noch auf eine Mauer des Schweigens" (Text zur Ausstellung 1997 im Erfatal-Museum). Am 31. August 1939 ist das Gebäude an eine Hardheimer Privatperson verkauft worden. Nach der Deportation der letzten Juden aus Hardheim (Oktober 1940) wurde es zu einem Wohnhaus umgebaut und einer kinderreichen Familie übergeben. Auch heute noch wird das ehemalige Synagogengebäude als Wohnhaus verwendet.   
   
   
Fotos 
Historische Fotos: 
(Quellen: links aus Hundsnurscher/Taddey s. Lit. Abb. 78; rechts Foto von Willi Wertheimer in: E. Weiss s.Lit. S.25)

Hardheim Synagoge 004.jpg (40696 Byte) Hardheim Synagoge 030.jpg (95841 Byte)
Synagoge Hardheim vor 1933 Innenaufnahme der Hardheimer Synagoge


Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Foto um 1965:
(Quelle: Hundsnurscher /Taddey 
s. Lit. Abb. 79) 
Hardheim Synagoge 005.jpg (50448 Byte) 
  Ehemalige Synagoge - am Verputz des Erdgeschosses erkennt man 
noch einen höheren Fensterumriss
    
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn außer Foto 
der Esterrolle) 
Hardheim Synagoge 007.jpg (70456 Byte) Hardheim Synagoge 003.jpg (51712 Byte)
  Dasselbe Gebäude wie oben - das
 Nachbargebäude ist inzwischen
 abgebrochen 
Ansicht von 
der Eingangsseite 
 
     
Hardheim Esterrolle.jpg (53531 Byte) Hardheim Synagoge 009.jpg (68414 Byte) Hardheim Synagoge 006.jpg (49021 Byte)
Esterrolle (Megillat Ester) zur Lesung 
am Purimfest, vermutlich aus Hardheim
 (Quelle: Ausstellung 1997 s.u.)
Türsturz über Eingang mit Jahreszahl
 1805; vermutlich wurde eine 
dazugehörige hebräische Inschrift entfernt
Eingang in die 
ehemalige Synagoge
    
        
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 22.9.2003)
Hardheim Synagoge 152.jpg (53970 Byte) Hardheim Synagoge 153.jpg (49076 Byte)
   Blick auf die ehemalige Synagoge neben der inzwischen völligen Neubebauung 
     
Hardheim Synagoge 151.jpg (34603 Byte) Hardheim Synagoge 150.jpg (60471 Byte) Hardheim Synagoge 154.jpg (46025 Byte)
Die Eingänge in das ehemalige
 Synagogengebäude
Jahreszahl 
"1805"
 
     
Gedenkstätte im 
Schlossgarten Hardheim
(Quelle: Stadt Hardheim, Link)
Hardheim Gedenkstaette 01.jpg (76068 Byte) Hardheim Gedenkstaette 02.jpg (117776 Byte)
Seit 2000 bzw. 2002 befinden sich ein Gedenkstein und eine zusätzliche Gedenktafel mit den Namen der aus Hardheim deportieren Juden im Schlussgarten in Hardheim. Die Gedenktafel enthält die Namen von: Rita Billigheimer, Laura Eschelbacher, Selma Urspringer, Edith Billigheimer, Alfred Strauss, Ida Sinsheimer, Jeanette Halle, Jakob Urspringer, Julius Sinsheimer, Abraham Selig, Samuel Halle, Ernestine Hale, Sigmund Simon, Helene Halle, Henriette Israel, Sara Simon und Selma Hanft.
     
Andernorts entdeckt  Neuwied Friedhof 207.jpg (100570 Byte)  
  Grabstein für Michael Eschelbacher 
(1844 Hardheim - 1907) im jüdischen Friedhof Neuwied-Niederbieber  
 

    
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

November 2018: Erinnerungen an die ehemalige Synagoge in Hardheim         
Artikel von Hans Sieber in den "Fränkischen Nachrichten" vom 8. November 2018: "Hardheim. Pogromnacht vor 80 Jahren (Teil I) Leben der jüdischen Gemeinde / Gotteshaus in der Inselgasse mit Gebetsraum, Schulzimmer im ersten Stock und Studierraum in der zweiten Etage. Synagoge in Hardheim 1679 erstmals erwähnt
Zum 80. Mal jährt sich in diesem Jahr die Pogromnacht. Die FN machten sich auf Spurensuche, um dieses, auch heute noch durchaus brisante Thema zu beleuchten.
Hardheim.
Eine Synagoge in Hardheim wird erstmals 1679 genannt. Damals hatte ein aus dem Mainzer Gebiet verwiesener Jude in der Erftalgemeinde Unterschlupf gefunden, nach einem Brief des Fürstbischofs von Würzburg nach Hardheim vielleicht in der 'daselbsten uffgerichteten Synagogii'. Da man diesem Juden 'illegal' in Hardheim Asyl gewährt hatte, musste zur Strafe die Synagoge der Gemeinde für einige Zeit geschlossen werden.
1679 Synagoge erstmals genannt. 1707 erfährt man, dass die Hardheimer Juden 'in des Aberleins Haus' keine neue Schule (Synagoge) einrichten sollen, aber die alte erweitern dürfen. Wegen der wachsenden Kirchengemeinde wurde die bisherige Synagoge zu klein, weshalb 1805 die israelische Gemeinde Hardheim eine Synagoge in der Judengasse (heutige Inselgasse) errichtete. Sie war bis zur Pogromnacht am 9. November 1938 der Mittelpunkt der jüdischen Kirchengemeinde und stellte einen bescheidenen, einfachen Bau, bar jeglichen Prunkes, dar. Auch die Inneneinrichtung war den Verhältnissen der jüdischen Bevölkerung angepasst. Die Gebetspulte, die Sitzbänke, das Vorbeterpult und der Thorarollenschrein waren älteren Datums, beschreibt Willi Wertheimer in seinen Lebenserinnerungen 'Der Förster von Brooklyn' die Hardheimer Synagoge.
Dreistöckiger Bau. Die Gemeinde war nur eine kleine Mittelgemeinde, die jedoch jeden Tag abends und morgens ihre Gottesdienste abhalten konnte. Die Synagoge bildete einen dreistöckigen Bau. Im ersten Stock befand sich das Schulzimmer, im zweiten der Betraum für die Männer und ein kleiner, von diesem durch ein Holzgitter abgetrennter Raum für die Frauen. Im dritten Stock gab es einen weiteren kleineren Betraum. Im Erdgeschoß war in einer Remise der Leichenwagen der jüdischen Gemeinde eingestellt.
Schlichte Innenausstattung. Für die äußere Architektur gibt es für jüdische Gotteshäuser keine Regelungen. Entscheidend ist der innere Aufbau einer Synagoge. Die Ausrichtung ist in Richtung Osten, nach 'Misrach', wo Jerusalem und der Tempelberg liegen. In diese Richtung wird auch gebetet. So stand an der Ostwand der Aron Ha-Kodesch, der heilige Schrank, in dem die Thorarollen der Synagoge aufbewahrt und zum Gottesdienst nach Bedarf herausgenommen wurden. In der Mitte der Synagoge befand sich die Bima, die Empore mit dem Tisch, auf dem die Thorarollen zum Vortrag gelegt werden. Bei Gebeten, die im Stehen gesprochen werden müssen, richten sich die Betenden immer zur Ostwand. Der Vorbeter schaut immer nach Osten in Richtung Jerusalem. In einer orthodoxen Gemeinde –so wie sie in Hardheim vor 1938 auch bestand – sind Frauen und Männer getrennt. Meist sind die Frauen einen Stock höher als die Männer. In Hardheim war dies wegen der Größe des Gebäudes nicht möglich; hier waren die Frauen durch ein Holzgitter von den Männern getrennt. In heutigen liberalen Gemeinden sitzen Frauen und Männer zusammen. Die Innenausstattung war schlicht. Es gab keinerlei bildliche Darstellung von Gott oder wichtiger Figuren aus der Thora. 'Ein einfacher Chanukka-Leuchter und ein Lüster aus glitzerndem Kristall bildeten den einzigen Schmuck des Betsaals. Zu den Feiertagen wurden vor dem Thorarollenschrein, der heiligen Lade, seidene Vorhänge aufgehängt, die mit jüdischen Emblemen bestickt waren. Die Kerzenhalter an den Wänden wichen später elektrischen Beleuchtungskörper; deren Anschaffung sowie die eines zweiten Lüsters belasteten den Haushalt der Gemeinde sehr stark.
Erinnerungen Willi Wertheimers. Der zweite Lüster schwebte über dem Almenor, dem Pult für die Thorarolle, für die Vorlesung der für bestimmte Tage fälligen Abschnitte', so beschreibt Willi Wertheimer den Betsaal seiner Hardheimer Synagoge. Als einen besonderen 'Luxus' leistete sich die Hardheimer Judengemeinde eine Wanduhr, die neben der heiligen Lade hing. Eine Tafel am Eingang des Betsaals diente Bekanntmachungen und Ankündigungen der Gemeindeverwaltung. Ein zinnernes Becken an der linken Seite der zweiten Treppe diente den religiösen Waschungen. Das Schulzimmer im ersten Stock des Gebäudes war ein langer und verhältnismäßig schmaler Raum, der ebenfalls einfach ausgestattet war. 'Neben einigen Bänken enthielt er einen langen Tisch und eine auf einem Gestell angebrachte Schultafel und einen Schrank.' Dort wurde den fünf bis 13 jährigen Jungen das Lesen der hebräischen Texte beigebracht, um sie zum Bibellesen zu befähigen. In dieser 'Judenschul' blieben die Kinder bis zur BarMizwa. Daneben besuchten auch die jüdischen Kinder, wie die christlichen auch, die allgemeine Elementarschule (Volksschule) der Gemeinde.
Schlichte Innenausstattung. Die Gesamtanzahl der Schüler betrug nach einer Meldung der Gemeinde vom 19. August 1907 an den badischen Oberschulrat in Karlsruhe am 1. Dezember 1905 318, davon 28 jüdische Kinder. 'An der Wand des Schulzimmers hingen zwei große Leinwandtafeln, die Paradigmen des hebräischen Zeitwortes enthielten. Sie konnten nach Art der Landkarten auf- und zugerollt werden. Mit ihrer Hilfe lernten wir die Konjugation auswendig. Auch eine Landkarte von Palästina hing an einer Wand des Schulzimmers', fährt Wertheimer in seiner Beschreibung fort. Zuletzt befand sich im Schulraum ein alter Ofen, der mit Holz beheizt wurde, zylinderförmig in seinem Oberteil. Dieser Ofen wurde später durch einen modernen Kohleofen ersetzt. Diese Anschaffung, sowie der notwendige Erwerb eines Leichenwagens für den langen Weg zum jüdischen Friedhof bedeuteten eine finanzielle Belastung der Gemeindekasse, wie Willi Wertheimer die Situation in der jüdischen Gemeinde Hardheim beschreibt. Neben dem eigentlichen Gebetsraum gab es in der Hardheimer Synagoge im dritten Stock noch einen weiteren Raum, wohin sich Studiengruppen zurückziehen konnten, wo auch eine Bibliothek mit den religiösen Schriften, wie die Thora in Buchform, der Babylonische und Jerusalemer Talmud sowie wichtige Bücher jüdischer Gelehrter aufbewahrt wurden. Dort fand auch der 'Kiddusch', ein feierliches Essen statt, das für die Gemeinschaft der Gemeindemitglieder aus besonderem Anlass wie der Beschneidung eines Jungen oder eine Bar- beziehungsweise BatMitzwa gereicht wurde.
Kein Geld für einen Neubau, 1904 wurden Pläne für einen Neubau der Synagoge erstellt. Er sollte neben dem Gebetsraum einen Lehrsaal und selbstredend eine Dienstwohnung für den amtierenden Lehrer und Kantor enthalten. Das sei kein Luxus, wie 'Der Israelit' am 27. Juni 1904 berichtete, 'sondern ein Bedürfnis. Denn jeder, zumal der Fremde, welcher die primitiven, alten und engen Räume der Synagoge, insbesondere an den heiligen Feiertagen betritt, verlässt dieselben mit den unbehaglichsten Eindrücken, indem er die bis jetzt fast zum Extrem getriebene Anspruchslosigkeit einer aus 26 bis 30 Familien zählende jüdische Gemeinde bewundert.' Da die Gemeinde aber klein und daher nicht leistungsfähig genug war, konnte sie den Bau einer neuen Synagoge nicht durchführen, berichtet Willi Wertheimer. Kurz zuvor war Abraham Urspringer zum Vorsitzenden des Synagogenrats gewählt worden. Er hatte den bisherigen Vorsitzende Michael Eschelbacher abgelöst. Kurz nach dem Amtsantritt Urspringers wurde eine 'nachahmenswerte' Synagogenordnung erlassen und auf seine Initiative hin wurden auch verschiedene bauliche Verbesserungen in Synagoge und Schule vorgenommen. Die 'Krone seiner Schöpfung' sei jedoch die Herstellung einer rituellen Mikwe gewesen, berichtete 'Der Israelit' am 27. Juni 1904. Diese befand sich in der Holzgasse im heutigen (2018) Anwesen der Familie Berlinger. Überhaupt beobachtete die jüdische Gemeinde streng die überlieferten Gebote und Vorschriften. 'Sabbate und Feiertage wurden gehalten und auch die rituelle Küche wurde gewissenhaft geführt. Das Geschirr für Fleischspeisen und für die Milchspeisen war in gesonderten Wandregalen oder Schränken verwahrt. Glasgeschirr galt als neutral', so Wertheimers Erinnerungen, der auch detailliert über jüdische Riten sowie über das Familienleben der Hardheimer Juden berichtet.
Konservative Gemeinde. Dafür besaß die Hardheimer Judengemeinde auch über die Grenzen des Bezirksrabbinats hinaus einen überaus guten Ruf. So schreibt die Zeitschrift 'Der Israelit' am 23. August 1894: 'In Hardheim selbst wird den Institutionen der Gemeinde und Synagoge in althergebrachter Weise Rechnung getragen. Es befinden sich zwei Chawerot (Verein oder Bruderschaft – ein Männer- und ein Frauenverein) dahier, die in den engsten und weitesten Kreisen jedwede humanitäre Bestrebungen unterstützen, ebenso eine Armenkasse für durchreisende Arme, und erhält jeder derselben auf Wunsch ein Billet, für welches er unentgeltlich Mittag- und Abendbrot respektive Mahlzeit empfängt. Der Armen des Heiligen Landes wird durch zweimalige jährliche Challah-Geldsammlung gedacht. Der Allianz und dem Waisenstift Bruchsal gehören die meisten Gemeindemitglieder als aktive Unterstützungsorgane an'. Dass es sich bei der Hardheimer Gemeinde um eine konservative Gemeinde handelte, ergibt sich aus dem weiteren Text dieser Zeitungsmeldung, wenn es wörtlich heißt: 'In der Synagoge haben gemischter Chorgesang und Orgel keinen Einzug gefunden. Infolgedessen findet der täglich vorschriftsmäßige Gottesdienst mit Minjan statt. An Sabbat und Feiertagen wird außer einem religiösen Lehrvortrag (Schiur) vor dem Nachmittagsgottesdienste, seit diesem Sommer auch nach dem Morgengottesdienste vonseiten des Lehrers Wertheimer je eine Stunde Raschi und Kizzur Schulchan Aruch mit erwachsenen Personen gelernt.'
Gutes Miteinander. Es lebte sich also ruhig und zufrieden im Erftal. Kontakte zwischen christlicher (katholischer) und jüdischer Kirchengemeinde waren freundschaftlich und von gegenseitigem Respekt geprägt. So waren die katholischen Ortsgeistlichen ebenso Gäste bei höhen jüdischen Jubiläen, wie umgekehrt auch die Rabbiner dort eingeladen waren. Allerdings änderte sich das alles schrittweise nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten bis zu einem ganz bitteren Ende. (Teil II folgt)"  
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Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Stadt Hardheim  
bulletArchivalien zu Hardheim im Leo Baeck Institut New York  (Digibaeck - online zugängliche Archivalien, bei Suchfunktion "Hardheim" eingeben)    
bulletInformationsseiten des Erfatal-Museums zur jüdischen Geschichte in Hardheim und Umgebung: hier anklicken  (umfangreiche Texte, die im Zusammenhang mit der Ausstellung "Jüdisches Leben in Hardheim" 1997 erstellt wurden) 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Hardheim (interner Link)   
bulletFotoseite zur Gedenkstätte für die in der NS-Zeit aus Hardheim umgekommenen Juden: hier anklicken  

Literatur:

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 119ff.
bulletGermania Judaica II,1 S. 341.
bulletRainer Trunk: Aus der Geschichte der Hardheimer Juden. In: Hardheim - Perle des Erfatales. Hg. von der Gemeinde Hardheim. Um 1990.
bulletJüdisches Leben in Hardheim. Begleittext zur Ausstellung vom 13. April -8. Juni 1997 (54 S.; Download über die obige Adresse des Erfatal-Museums).
bulletElmar Weiss: Der Gerechte lebt durch seine Treue (Veröffentlichungen des Vereins zur Erforschung jüdischer Geschichte…im tauberfränkischen Raum Bd. 3) 1996.   
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 303-305.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.    
bullet Rudolf Landauer, Reinhart Lochmann: Spuren jüdischen Lebens im Neckar-Odenwald-Kreis. Herausgegeben vom Landratsamt NOK, 2008, ISBN: 978-3-00-025363-8. 200 S., 284 Fotos, 19,90 Euro.   

         
          


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Hardheim  Baden. A Jewish settlement existed in the early 14th century and was destroyed in the Black Death persecutions of 1348-49. The settlement was renewed by Jews from Swabia in 1690 and subsequently lived under the harsh rule of the bishops of Wuerzburg. After emancipation in 1862, the Jews became more fully integrated in the town's social and economic life and served in its public administration. The Jewish population grew to 158 in 1880 (total 2,345) and then declined steadily to 55 in 1933. Jews still owned a number of stores and factories (hide processing, soap, pumps) and community life, especially Zionist activty, continued under the Nazis. Twenty-three Jews left in 1933-38, most emigrating. Another ten left for the United States after Kristallnacht (9-10 November 1938). The last 17 were deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940.  
   
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020