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Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Neukirchen (Stadtrechte seit 1351) bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. 1646 war eine jüdische Familie in der Stadt, 1664 zwei, 1744 vier
Familien. 1777 wurden 28 jüdische Einwohner gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1812 acht jüdische Familien, 1827 73 jüdische Einwohner (3,8 % von
insgesamt 1.881), 1835 78, 1855 94, 1861 94 (5,1 % von 1.820), 1871 105 (6,3 % von
1.654), 1885 113 (7,3 % von 1.540), 1905 93 (6,2 % von 1.492). Die jüdischen
Haushaltsvorstände waren als Viehhändler, Geschäfts- und Kaufleute
tätig.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische
Volksschule (Elementarschule, mindestens seit 1835), ein rituelles Bad und
ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt (vgl. Ausschreibungstext unten),
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als Lehrer sind bekannt:
Benedikt Hause (seit 1835 bis 1868 oder 1870; unterrichtete 1868 21 Schüler);
Elias Blaubaum (um 1870, damals 12 Schuler), Joseph Rothschild (ab 1878;
unterrichtete 1880 29 Schuler, 1908 11 Schüler); nach dem Tod von Lehrer
Rothschild: Samuel Schaumberg aus Westfalen. Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Oberhessen (Marburg).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde (von insgesamt 23
jüdischen Kriegsteilnehmern): Leopold Nußbaum (geb. 19.3.1894 in Neukirchen,
gef. 25.4.1915), Sgt. Levi Nußbaum (geb. 22.4.1890 in Neukirchen, gef.
11.10.1918), Juda Sonn (geb. 16.9.1877 in Neukirchen, gef. 22.1.1916), Levi Sonn
(geb. 12.10.1895 in Neukirchen, gef. 24.6.1918) und Isidor Spier (geb. 17.7.1896
in Schrecksbach, gef. 30.6.1916). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal in
der Marienkirche auf dem städtischen Friedhof. In der NS-Zeit wurden die Namen
nicht herausgeschlagen, sondern auf Anweisung des Bürgermeister nur mit
Papierstreifen überklebt. Außerdem ist gefallen: Gefreiter Moritz Baum (geb.
8.2.1888 in Neukirchen, vor 1914 in Marburg wohnhaft, gef. 4.9.1914). An den
Spätfolgen der Kriegsverletzung starb am 10.10.1927 Moritz Sonn. Bei seiner
Beisetzung läuteten ihm zu Ehren auch die Glocken der
Nicolaikirche.
Die jüdischen Einwohner waren im allgemeinen Leben des Ortes und im
Vereinsleben weitestgehend integriert. Unter den Mitgliedern im Sport-, Gesang-
Krieger- und Militärverein sowie dem Roten Kreuz finden sich auch jüdische
Einwohner Neukirchens.
Um 1924, als zur Gemeinde 108 Personen gehörten (6,6 % von insgesamt etwa
1.626 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde H. Löwenstein. Als Lehrer,
Kantor und Schochet war der bereits genannte Samuel Schaumberg tätig. Er
unterrichtete damals an der Israelitischen Volksschule 15 Kinder der Gemeinde.
An jüdischen Vereinen bestanden insbesondere die Wohltätigkeitsvereine Chewra
Gemillus Chassodim oder Israelitischer Männerverein e.V. (gegründet
1875, 1924 unter Leitung von Siegmund Spier mit 19 Mitgliedern, 1932 unter
Leitung von Lehrer Schaumberg mit 17 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiet:
Krankenpflege, Bestattungswesen) und der Israelitische Frauenverein (gegründet
1910; 1924 unter Leitung von Frau Rothschild mit 23 Mitgliedern, 1932 unter
Leitung der Frau von Markus Nußbaum I, Zweck und Arbeitsgebiet: Krankenpflege,
Bestattungswesen). 1932 war Gemeindevorsteher Albert Levi. Als Lehrer war
weiterhin Samuel Schaumberg in der Gemeinde. Im Schuljahr 1931/32 unterrichtete
er noch sieben Kinder.
1933 lebten noch 83 jüdische Personen in Neukirchen (4,8 % von
insgesamt 1.726 Einwohnern). In diesem Jahr (September 1933) wurde die
Israelitische Volksschule geschlossen. In
den folgenden Jahren ist ein großer Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (mindestens 49) beziehungsweise ausgewandert. Viele
verzogen nach Frankfurt. Acht Personen gelang die Flucht ins sichere Ausland
(fünf nach Nordamerika, 4 nach Südamerika, eine Person nach Holland). 1935
plante die Gemeinde, für die jüdischen Kinder aus Neukirchen,
Oberaula und
Ziegenhain eine Bezirksschule in Neukirchen einzurichten; der Plan wurde jedoch
nicht mehr verwirklicht. Lehrer der Gemeinde war damals S. Plaut (siehe Bericht
von 1936 unten). Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge zerstört (s.u.); mehrere jüdische Wohnungen
wurden überfallen, die Einrichtungen zerstört und jüdische Personen
misshandelt. Die jüdischen Männer verhaftet
und über Kassel in das KZ Buchenwald verschleppt (vgl. unten Bericht von
Gerhard Nagel über die Rückkehr seines Vaters aus Buchenwald Ende 1938). 1939 lebten noch 18 jüdische
Personen in Neukirchen (1,1 % von 1.714 Einwohnern). Die letzten acht bzw. neun
jüdischen Einwohner wurden im September 1942 aus Neukirchen deportiert,
darunter sechs Mitglieder der Familie Sonn: Bertha Sonn geb. Katzmann, Bertha
Sonn geb. Nagel, Johanna Sonn geb. Nußbaum, Moritz Sonn sowie die Jugendlichen
Siegbert und Theo Sonn.
Von den in Neukirchen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; abgeglichen mit den Listen
Biskamp/Walter s. Lit. 477-480): Erich Bachrach (1906), Meta (Minna)
Bachrach geb. Spier (1895), Gerda (Grete) Bachrach (1922), Frieda Bendheim geb.
Nußbaum (1909), Jettchen Blüth geb. Bachrach (1869), Emma Dannenberg geb.
Nußbaum (1869), Berta Goldschmidt geb. Baum (1889), Emilie Katz-Stiefel geb.
Bachrach (1866), Mendel Levi (1873), Emma Levi (1918), Moritz Levi (1905), Paula
Mettes geb. Sonn (1890), Ella Müller geb. Bachrach (1893), Salli Werner Nagel
(1891), Klara Nagel geb. Schuster (1896), Max Nagel (1896), Adelheid Nußbaum
(1875), Adolph Nußbaum (1879), Bertha Nußbaum (1871), Bertha Nußbaum (1912),
Bertha Nußbaum (1913), Cäcilie Nußbaum geb. Adler (1886), Dina Nußbaum geb.
Sonn (1877), Elle (Emma) Nußbaum (1874), Ferdinand Nußbaum (1916), Jenny
Nußbaum (1903), Johanna Nußbaum geb. Gutkind (1888), Johanna Nußbaum (1905),
Klara Nußbaum geb. Hahn (1862), Leopold Nußbaum (1876), Levi Nußbaum (1899),
Markus Nußbaum (1869), Markus Nußbaum (1876), Meta Nußbaum geb. Heilbrunn
(1883), Michael Nußbaum (1872), Moritz Nußbaum (1878), Natalie Nußbaum geb.
Goldschmidt (1873), Samuel Schaumburg (Lehrer, 1884), Berta Sonn geb. Nagel
(1888), Bertha Sonn geb. Katzmann (1885), Hermann Sonn (1888), Jeanette Sonn
geb. Ronsheim (), Johanna Sonn geb. Nußbaum (1860), Levi Sonn (1879), Moritz
Sonn (1879), Paula Sonn geb. Katz (1884), Samuel Sonn (1882), Siegbert Sonn
(1925), Theo Sonn (1913), Arthur Spier (1896), Jakob Spier (1911), Johanna Spier
geb. Rothschild (1878), Arthur Stern (1896), Ida Stern geb. Rothschild (1893),
Ilse Stern (1931), Josef Walter Stern (1925), Bella Zalcmann geb. Nagel
(1892).
1976 wurde ein im Rathaus der Stadt aufbewahrtes Ehrenbuch erstellt mit den
Namen von 52 umgekommenen jüdischen Personen aus Neukirchen und der Widmung: "Den
Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung. Zum ewigen Andenken an die Opfer
der Gewaltherrschaft in den Jahren 1933 bis 1945 aus den Reihen der jüdischen
Mitbürger der Stadt Neukirchen legt der Magistrat der Stadt dieses Ehrenbuch
an. Neukirchen im September 1976".
Im März 2014 wurden in Neukirchen erste "Stolpersteine"
zur Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit verlegt (vgl. Presseartikel unten).
Weitere Verlegungsaktionen folgten.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1909
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1909: "Die
Lehrerstelle an der israelitischen Volksschule zu Neukirchen, Kreis
Ziegenhain, ist zum 1. Juli dieses Jahres zu besetzen. Bewerbungen nebst
Zeugnissen sind zu richten an das Israelitische Vorsteheramt zu Marburg an
der Lahn". |
Lehrer Benedikt Hause feiert sein 25-jähriges
Amtsjubiläum (1861)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Oktober 1861: "Beiseförth in Kurhessen, 10.
September (1861). Am 18. vorigen Monats feierte Herr Lehrer Hause zu
Neukirchen sein fünfundzwanzigjähriges Amtsjubiläum. Die Feier
verlief ohne Pomp, aber auf gemütliche Weise. Mehrere Schüler des
Jubilars beglückwünschten denselben, indem sie Geschenke überreichten.
Auch die christlichen Kollegen desselben zeigten sich teilnehmend. Die
jüdische Gemeinde jedoch, deren Jugend Herr Hause seit circa vierzehn
Jahren unterrichtet, deren Gottesdienst er durch erbauliche Predigten zu
heben sucht, nahm keine Notiz von der Feierlichkeit". |
Anzeigen zu Publikationen von Lehrer Benedict Hause (1861 / 1868)
Hinweis: Publikationen von Benedict Hause sind derzeit wieder im Reprint
zu erhalten (vgl. Hinweise bei amazon usw.; die Titel werden nachstehend
fehlerhaft wie in diesen Reprints angegeben):
- Aus Dem Judischen Leben V1: Novellen (1884) (Hardback) (German) - Common von By (author) Benedict Hause von Kessinger Publishing (2010)
- Alon Bakhut von Benedict Hause von Nabu Press (12. Januar 2010)
- Religiose Reden: Bei Freudigen Familienereignissen, Nebst Einem Anhange (1864) von Benedict Hause von Kessinger Pub Co (19. März 2010)
- Religiose Reden Bei Freudigen Familienereignissen: Nebst Einem Anhange (1885) von Benedict Hause von Kessinger Pub Co (18. April 2010)
- Leichenreden... von Benedict Hause von Nabu Press (5. November 2011)
Auch antiquarisch werden immer wieder Publikationen angeboten, vgl.
zvab.com
- Mikra Kodesh. Fest- und Sabbathpredigten, zum Gebrauche für Lehrer und zur häuslichen Erbauung.
Frankfurt am Main, J. Kauffmann, 1870. (4), 366, VI, VII pp.
- Sason we-Yeker. Religiöse Reden bei freudigen Familienereignissen, nebst einem Anhange.
Frankfurt am Main, Verlag der hebr. antiqu. Buchhandlung von J. Kauffmann, 1864. (4), 187 pp.,
- Allon Bekhot. Leichenreden. Frankfurt am Main, 1861. 12mo. (10), 125 pp.
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. Oktober 1861: "Beim Unterzeichneten ist erschienen und
durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Elon Bachot (= Eiche des Weinens, 1. Mose 35,8) - Leichenreden von Benedict Hause, Lehrer in Neukirchen
(Kurhessen). Preis 36 Kreuzer.
So viel mir bekannt, sind bis jetzt Leichenreden jüdischer Autoren in
einer besonderen Sammlung nicht erschienen. Ich glaube daher mit der
Herausgabe dieses Werkchens einem längst gefühlten Bedürfnis und
insbesondere den Wünschen vieler Lehrer, sowie nicht minder den
Erwartungen derselben entsprochen zu haben.
Frankfurt am Main. J.
Kauffmann." |
|
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Januar 1868: "In Kommission der M. S.
Meßner'schen Buchhandlung in Kassel ist soeben erschienen und durch
jede Buchhandlung zu beziehen: Palästina.
Kurzgefasste Beschreibung Palästina's (nach der Stammeseinteilung) für
Freunde des heiligen Landes und für israelitische Schulen.
Von Benedict Hause, Lehrer an der öffentlichen israelitischen
Schule zu Neukirchen (Provinz Hessen)." |
Bericht über die Vortragstätigkeit von Lehrer S. Plaut (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1936: "Die
Vorträge des überaus rührigen Herrn Lehrers S. Plaut, Neukirchen
(Bezirk Ziegenhain), in Alsfeld, Frielendorf,
Hersfeld, Treysa,
Witzenhausen, behandelten die
Bedeutung der Agudas Jisroel für die Jetztzeit und hinterließen
sichtlich einen starken Eindruck. Die beträchtliche Anzahl von neuen
Mitgliedern zeigt, das Agudas Jisroel heute in weitesten Kreisen
verstanden, ihre Ziele bejaht werden und ihrer Arbeit Vertrauen
entgegengebracht wird." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16.
Juli 1936: "Die Agudoh-Arbeit im Bezirk Kassel. Herr Lehrer
S. Plaut, Neukirchen, bereiste die Gemeinden Neustadt, Kirchhain, Bad
Wildungen, Bad Hersfeld und schuf zahlreiche neue Ortsgruppen. Die
Vorträge des Herrn Plaut waren sehr gut besucht, und die Ausführungen
wurden mit großem Beifall aufgenommen. In seinem letzten Vortrag in Bad
Hersfeld führte Herr Plaut u.a. folgendes aus: Obwohl wir seit
Jahrtausenden nicht mehr das Land besitzen, hat es nie aufgehört, unser
Land zu sein. Unsere Gebote gipfeln in Zijaun (Zion), die Sehnsucht nach
den heiligen Stätten Jeruscholaijims sprechen wir jeden tag aus. Die
jetzt beginnenden Trauerwochen lassen uns gerade in den jetzigen tagen, wo
Erez Jisroel heimgesucht wird, fühlen, dass wir nicht allzu sehr auf
unsere Kraft und unseren starken Arm bauen dürfen, sondern dass die
Tauroh (Tora) der Gradmesser für den Aufbau des Landes werden muss. Die
heranwachsende Jugend soll zu Erez-Jisroel-Menschen erzogen werden, denn sie
sind die Bausteine fürs jüdische Land... Das Feuer hat das Land
ergriffen. Wie können wir es zum Ersticken bringen? Nicht nur
durch den Abwehrkamp nach draußen, sondern auch dadurch, indem wir in
unseren Reihen um den jüdischen Menschen kämpfen, das echte jüdische
Feuer in den jüdischen Herzen wieder zum Entflammen bringen. Um diese
Wahrheit kämpft Agudas Jisroel, und für jeden jüdischen Menschen, in
dessen Herzen noch ein Fünkchen Jüdischkeit vorhanden ist, erwächst
heute mehr denn je die Pflicht, die Wahrheit zu fördern. Darum reihe er
sich in die Bewegung der Agudas Jisroel. Bekennen wir uns Alle zu 'einem
Bund', dann dürfen wir hoffen, dass auch der Frieden in diesem Land
gesichert ist, und unsere jetzigen Trauer- und Fasttage werden wir als
Freudentage begehen können." |
|
Hinweis: vgl. zu der in den Artikeln
thematisierten "Agudas Jisroel" den Wikipedia-Artikel
Agudat Jisra'el |
Berichte aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Gemeindeversammlung, veranstaltet von der Ortsgruppe des Centralvereins (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. Januar 1928: "Neukirchen (Kreis
Kirchhain). Sonntag, den 15. Januar, veranstaltete die Ortsgruppe
Neukirchen des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens
eine Gemeindeversammlung, in welcher der stellvertretende Syndikus des
Landesverbandes, Herr Erwin Baer - Frankfurt am Main, die Zuhörer
über den Stadt der antisemitischen Bewegung, insbesondere über die von
judengegnerischer Seite heute schon angestrengten umfangreichen
Vorbereitungen zur Reichstagswahl berichtete. Herr Lehrer Schaumberg,
der Vorsitzende der Ortsgruppe, setzte sich in begeisterten Worten für
die Idee des Centralvereins ein und forderte die Anwesenden auf, die noch
gleichgültig Beiseitestehenden für diese so ungeheuer notwendige Aufgabe
zum Schutze des deutschen Judentums zu gewinnen." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Salomon Simon (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901:
"Junger Mann sucht per 1., eventuell 15. Mai Stelle als Verkäufer
oder Comptorist in der Manufakturwaren-Branche. Gefällige Offerten
erbittet
Salomon Simon, Neukirchen bei Ziegenhain." |
Dina Sonn empfiehlt sich als Wochenpflegerin (1911)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. Dezember
1911: "Geprüfte Wochenpflegerin mit besten Referenzen könnte von
Mitte März ab Pflegen übernehmen. Dina Sonn, Neukirchen, bei
Ziegenhain." |
Anzeige der Buchbinderei und Buchhandlung Adolf Nussbaum (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1933:
"Die Buchbinderei und Buchhandlung
Adolf Nussbaum
Neukirchen Kreis
Ziegenhain
bittet um Übersendung von reparaturbedürftigen oder neu zu
bindenden Büchern, wo dies billigst und prompt
geschieht." |
Verlobungsanzeige von Blanka
Dreifus und Jehuda (Julius) Nußbaum (1936)
Anzeige
in "Jüdische Rundschau" vom 3. April 1936: "Wir haben uns verlobt
Blanka Dreifus - Jehuda (Julius) Nußbaum
Herzlia (Palästina) / Richen,
Friesenheim
Herzlia bei Tel Aviv Neukirchen, Krs. Ziegenhain
Peßach 5696" |
Verlobungsanzeige von Thea Grünebaum und Semi Plaut (1936)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1936: "Gott
sei gepriesen.
Thea Grünebaum - Semi Plaut.
Verlobte.
Neukirchen Krs. Ziegenhain - Kirchhain, Bez. Kassel /
Abterode, Kreis Eschwege." |
Weitere Texte
Gerhard Nagel (Gedalyah Nigal) über die Rückkehr seines
Vaters aus dem KZ Buchenwald Ende 1938
Gerhard Nagel wurde im April 1939 durch
einen Kindertransport von Frankfurt nach Palästina gerettet. 1983 schrieb
er seine Erinnerungen auf und widmete diesen seinen in Minsk ermordeten
Eltern. Darin berichtete er über die Rückkehr seines Vaters aus dem KZ
Buchenwald: "Dieses Bild der Wiedervereinigung (Leider auf solch
kurze Zeit!) kann ich nicht vergessen. Mein Vater glich mehr einer Leiche
als einem lebendigen Menschen. Seine Haare waren abgeschnitten, sein
Gesicht fahl, eingefallen und verhungert. Als erstes bat er, sich waschen
zu können. Vier Wochen hatte er keine Seife und kein Bad gesehen." |
Quelle: zitiert im Heimatkundlichen
Wegweiser (s.Lit.) S. 179-180. |
Nach der Emigration: Todesanzeigen in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift
"Der Aufbau"
Anmerkung: Beim "Aufbau" handelt es sich um eine deutsch-jüdische
Exilzeitung, die 1934 gegründet wurde und bis 2004 in New York erschien. Der
Aufbau entwickelte sich in der NS-Zeit rasch zur wichtigsten Informationsquelle
und Anlaufstelle für jüdische und andere deutschsprachige Flüchtlinge in den
USA. Vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Aufbau_(jüdische_Zeitung).
Der Aufbau kann online gelesen werden:
https://archive.org/details/aufbau.
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Traueranzeige
für Ida Nussbaum geb. Baum
unterzeichnet von Theo Nussbaum, früher
Neukirchen, "Aufbau" vom 3. März 1944. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum vorhanden. Im Februar 1832
konnte die Gemeinde mit Genehmigung der Kurfürstlichen Regierung der Provinz
Oberhessen eine Synagoge in einem bisherigen zweigeschossigen Wohnhaus in der
Untergasse einrichten. Das Gebäude war danach über 100 Jahre Mittelpunkte des
jüdischen Gemeindelebens in Neukirchen. Im Gebäude waren außer der Synagoge
auch die jüdische Schule, die Lehrerwohnung und das rituelle Bad
eingerichtet.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
innen verwüstet. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft und die rituellen
Gegenstände waren teilweise nach Kassel gebracht worden, wo sie jedoch beim
Novemberpogrom vernichtet wurden. Die im Synagogengebäude noch vorhandenen
rituellen Gegenstände (Torarollen und Gebetbücher) wurden nach einem Bericht
von Sally Bachrach, der die NS-Zeit überlebte, auf den Marktplatz gebracht und
dort unter dem Gejohle der Menge verbrannt.
Von 1940 bis 1945 wurde das Synagogengebäude als Gefangenenlager für
französische Soldaten zweckentfremdet. Nach 1945 wurde es - nach
Abschluss des Restitutionsverfahrens - zu einem
bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut (1951).
Ein Gedenkstein gegenüber dem Gebäude ist vorhanden. Eine Gedenktafel
an der ehemaligen Synagoge sollte bereits 1970/71 auf Anregung von dem
inzwischen in Israel lebenden Schmuel Levi angebracht werden. Der Vorschlag der
Anbringung der Tafel stieß jedoch auf schroffe Ablehnung beim neuen Besitzer.
Als Kompromiss einigte man sich damals auf einen Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof
und die Erstellung eines Gedenkbuches für die aus Neukirchen umgekommenen
Gedenkbuches. Inzwischen konnte gegenüber dem Synagogengebäude ein Gedenkstein
aufgestellt werden (siehe Fotos unten).
Adresse/Standort der Synagoge: In
der Untergasse (1932 mit der Gebäude-Nummer 141)
Fotos
(Quelle: neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum
14.9.2008)
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Das Gebäude
der ehemaligen
Synagoge |
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Das Gebäude von
der Untergasse aus gesehen; in ihm waren an Einrichtungen der jüdischen
Gemeinde untergebracht: der Betsaal (Synagoge), die jüdische Schule, die
Lehrerwohnung
und das rituelle Bad (Mikwe). |
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Der Gedenkstein |
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Gegenüber der
ehemaligen Synagoge der Gedenkstein mit der Inschrift:
"Das
gegenüberliegende Gebäude diente der jüdischen Gemeinde seit 1832 als
Synagoge.
Während des Naziregimes 1933-1945 wurden alle Juden aus
Neukirchen vertrieben oder
verschleppt und die Synagoge am 9. November
1938 innen verwüstet." |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2014:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Neukirchen
Anmerkung: bei der ersten Verlegung von "Stolpersteinen" in Neukirchen
wurden diese verlegt in der Kurhessenstraße 50 für Pauline Spier verh.
Israels (1914), Jakob Spier (1903), Else Spier geb. Jakob (1908). Alle drei
konnten in die USA emigrieren. |
Artikel von Sandra Rose in der
"Hessischen Allgemeinen" (hna.de) vom 17. März 2014: "Stolpersteine: Künstler Gunter Demnig verlegte sie in der Kurhessenstraße Neukirchen.
An Familie Spier erinnern
Neukirchen. Neukirchen ist die 934. Kommune in Deutschland, die sich am Projekt
'Stolpersteine' von Gunter Demnig beteiligt. Der Künstler hatte 1994 in Köln begonnen, Gedenksteine für jüdische Einwohner im Pflaster zu verlegen. Anfangs illegal. Seit dem Jahr 2000 ist Demnig für sein Projekt unterwegs – bis jetzt hat er Steine in 17 Ländern Europas verlegt. Auch in Neukirchen war der Künstler am Montagnachmittag zu Gast. Für Jakob, Else und Pauline Spier. Bis 1936 lebte die Kaufmannsfamilie in der Obergasse, der heutigen Kurhessenstraße. Vor ihrem früheren Haus – heute gehört es Daniel Karwacki – wird nun mit Stolpersteinen an sie erinnert..."
Link
zum Artikel |
Artikel in nh24.de vom 19. März 2014:
"'Stolpersteine gedenken Familie Spier..."
Link
zum Artikel |
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Juni 2015:
Zweite Verlegung von
"Stolpersteinen" in Neukirchen
Anmerkung: bei der zweiten Verlegung von "Stolpersteinen" in Neukirchen
wurden diese verlegt in der Kurhessenstraße 55 für Natalie Nussbaum geb.
Goldschmidt (geb. 1873 in Sterbfritz),
Regina Nussbaum (1904), Theodor Nussbaum (1906), Martin Nussbaum (1909),
Ferdinand Nussbaum (1916). |
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April 2017:
Dritte Verlegung von
"Stolpersteinen" in Neukirchen
Anmerkung: bei der dritten Verlegung
von "Stolpersteinen" in Neukirchen wurden diese verlegt in der
Blaufärbergasse 4 für Johanna Sonn geb. Nußbaum (1860), Berta Sonn geb.
Nagel (1888), Ludwig Sonn (). |
Artikel in den sek-news.de vom 13. April
2015: "Stolpersteine erinnern an Familie Sonn
Neukirchen. Neukirchen ist die 934. Kommune in Deutschland, die sich am
Projekt 'Stolpersteine' von Gunter Demnig beteiligt. Der Künstler hatte 1994
in Köln begonnen, Gedenksteine für ehemalige jüdische Einwohner im Pflaster
zu verlegen, anfangs illegal. Seit dem Jahr 2000 ist Demnig für sein Projekt
unterwegs. In Neukirchen verlegte er zum dritten Mal Stolpersteine in der
Blaufärbergasse 4 zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Familie Sonn. In
dem Haus wohnte die Famlie bis zu ihrer Vertreibung. Schüler der 10. Klasse
der Steinwaldschule hatten mit ihrer Lehrerin Elke Hofmann die Lebensläufe
der Familie erarbeitet und stellten die letzten drei Bewohner vor. Johanna
Sonn, geboren 1860, lebte mit ihrer verwitweten Schwiegertochter Berta Sonn,
geborene Nagel, und dem Enkelsohn Ludwig Sonn in dem kleinen Haus. Bereits
während der Reichspogromnacht stürmten SA-Mitglieder die Wohnung und
verwüsteten den Hausrat, ohne dass die Nachbarn zu Hilfe gekommen seien.
Ludwig Sonn war mit den jüdischen Männern in den Wald geflohen, wurde aber
verhaftet. Nach seiner Entlassung beantragte der junge Mann einen Reisepass,
den er am 10. Februar 1939 erhielt. Er reiste zunächst nach Venlo,
Niederlande. Nach der Besetzung des Landes im Mai 1940 tauchte mit Hilfe
einer Untergrundorganisation unter und überlebte versteckt bei einem Bauern.
Berta Sonn musste Neukirchen am 31. Mai 1942 verlassen. Sie wurde in das
Vernichtungslager Sobibor deportiert und am 1. Juli 1942 vergast. Auch
Johanna Sonn ereilte ihr Schicksal: Sie wurde am 6. September 1942 zuerst
nach Kassel und dann Theresienstadt deportiert. Vier Tage vor ihrem 84.
Geburtstag wurde sie dort am 29. Oktober 1942 vergast. Einen weiteren
Überblick in das Leben der jüdischen Mitbewohner gaben Schülerinnen und
Schüler der 9. Klasse der Melanchthonschule. Sie hatten mit ihrer Lehrer
Daniela Forst intensiv mit dem kürzlich erschienenen Buch '1930 – 1939
Nationalsozialismus in der Schwalm' von Katharina Stengel gearbeitet. Wie
normal das Zusammenleben der Religionen noch Anfang der 1930er Jahre war,
bewiesen sie mit einem Zitat des Neukirchner Bürgers Smuel Levi: 'Die Juden
waren Mitglieder aller Vereine und nahmen an allen Festlichkeiten teil. Am
Tag vor der Kirmes, wo die Musikkapelle jeder Familie ein Ständchen brachte,
wurde den Juden eine religiöse oder jüdische Musik gespielt.' Gunter Demnig
verdeutlichte, dass er mit dem Projekt Menschen zurück in ihre Stadt bringen
wolle. 'Keiner hat freiwillig seine Heimat verlassen.' Es berühre ihn bis
heute, wenn Angehörige sehr weitere Reisen auf sich nähmen, nur um bei der
Verlegung eines Steines dabei zu sein zu können. Ein Schüler habe auf die
Frage eines Reporters, ob man mit dem Fuß über die Steine stolpere, einmal
gesagt: 'Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.'(red)"
Link zum Artikel |
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Juni 2019:
Weitere "Stolpersteine" werden
verlegt |
Artikel von Regina Ziegler-Dörhöfer in der
"Hessischen Allgemeinen" (hna.de) vom 8. Juni 2019: "Vier weitere
Stolpersteine. Erinnerungssymbole in Neukirchen: Steine erinnern an die
Spiers
Vier weitere Stolpersteine fanden am Donnerstagmorgen ihren Platz vor dem
Gebäude der ehemaligen Lateinschule am Marktplatz in Neukirchen. Die Steine
erinnern an Familie Spier, deren Kinder in der örtlichen Schule von Schülern
der Hitlerjugend drangsaliert wurden und daraufhin bei einer Tante in Fulda
Zuflucht fanden, dann in einem Frankfurter Waisenhaus lebten, bevor sie mit
einem Kindertransport in die Schweiz gelangen konnten. Schüler des
Jahrganges 9 und 10 der Steinwaldschule hatten in einer Projektwoche das
Schicksal der Familie recherchiert. 'Mit dieser Stolperstein-Verlegung geben
wir den Menschen ein Stück ihrer Würde zurück', sagte Bürgermeister Klemens
Olbrich. Zudem müsste man gerade in der heutigen Zeit als Demokrat ein
Zeichen gegen die Tendenzen der Menschenverachtung setzen.
Engagement gegen Rassismus. Schulleiter Olaf Rödiger unterstrich die
Notwendigkeit des Engagements gegen Rassismus und erinnerte noch einmal an
die kürzlich einberufene Plakataktion. 'Schaut in euren Ferienorten, ob ihr
nicht noch mehr Stolpersteine findet und haltet fest, welch Kreise der Hass
des Nationalsozialismus gezogen hat', so der Schulleiter. Im kommenden Jahr
kann Neukirchen sein 500-jähriges Jubiläum als Schulstandort feiern. Wenn
die beiden Brüder Ernst Meier Spier, geboren 1925, und Walter Israel Spier,
geboren 1927, auf ihre Neukirchener Schulzeit zurückblicken würden, dann
kämen sicherlich auch die Repressalien durch Mitschüler der Hitlerjugend in
Erinnerung. Ernst Meier Spier besuchte von 1933 bis 1935 die Stadtschule,
verließ nach den Anfeindungen jedoch Neukirchen und zog mit seinem Bruder
nach Fulda zur Tante. Dort erlebte Walter Spier die Hetzjagd auf dem Fuldaer
Viehmarkt. Er schaffte es, seine drei Tiere und sich im Dom in Sicherheit zu
bringen. 1937 zogen Ernst und Walter in ein Frankfurter Waisenhaus, von wo
sie im Rahmen eines Kindertransportes in die Schweiz flüchten konnten.
Es winkt sogar ein Preisgeld. Walter Spier erlernte das Bäcker- und
Konditorenhandwerk und sein Bruder machte eine landwirtschaftliche
Ausbildung. Nach dem Krieg gingen beide Brüder nach Israel. Ihre Mutter
Johanna Spier-Strauss wurde 1942 wie ihr damals erst dreijähriger Halbbruder
Benno nach Sobibor deportiert und fanden dort den Tod. Im Zuge der
Reichspogromnacht war Johanna Spier-Strauss auch schon verhaftet worden. Der
Vater Willi Spier war bereits 1935 an den Folgen von Giftgasschäden des
Ersten Weltkrieges verstorben. Auch er hatte unter den Demütigungen der
Nationalsozialisten zu leiden. Die Stolperstein-Verlegung wurde von Katja
Demnig begleitet. Sie unterstützt ihren Ehemann und Stolperstein-Initiator
Gunther Demnig, der morgen weitere Stolpersteine in Norwegen verlegen wird.
Katja Demnig hat in diesem Jahr einen Schulwettbewerb ausgelobt, wonach die
Schulen ihre recherchierten Ergebnisse einreichen sollen. 'Ich berate die
Schulen und diese machen sich viel Arbeit. Es wäre schade, wenn das nicht
dokumentiert werden würde', erklärte sie ihre Intention. Den besten
Dokumentationen winkt ein Preisgeld. Auch die Steinwaldschule, die sich im
vergangenen November als Schule ohne Rassismus zertifizieren ließ, beteiligt
sich am Wettbewerb. Bislang wurden insgesamt 73 000 Stolpersteine in 24
europäischen Ländern verlegt. Im Sommer sollen Stolperstein-Verlegungen in
Dänemark und Serbien hinzu kommen."
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Juni 2020:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Neukirchen |
Artikel von Jörg Döringer in der "Hessischen
Allgemeinen" (hna.de) vom 29. Juni 2020: "Projekt von Gunter Demnig:
Gedenken an die jüdische Familie Nussbaum. Acht neue Stolpersteine liegen in
der Untergasse in Neukirchen
In der Neukirchener Untergasse wurden abermals Stolpersteine verlegt –
diesmal für die Familie Nussbaum. Mit dabei waren Schüler der
Steinwaldschule, Willi Berg von der Stadt Neukirchen, Gerd Höfer als Erster
Stadtrat, Stefanie Wagner von der Melanchthon-Schule Steinatal, Olaf Rödiger
als Schulleiter der Steinwaldschule Neukirchen, Hans-Werner Dittmar als
Stufenleiter der Steinwaldschule sowie Gäste. Neukirchen ist die 934.
Kommune in Deutschland, die sich am Projekt 'Stolpersteine' von Gunter
Demnig beteiligt. Der Künstler hatte 1994 in Köln begonnen, Gedenksteine für
jüdische Einwohner im Pflaster zu verlegen. Anfangs illegal. Seit 2000 ist
Demnig für sein Projekt unterwegs. Inzwischen liegen Stolpersteine in 1265
Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas. Demnig erinnert
an die Opfer der NS-Zeit, indem er ihrem letzten selbstgewählten Wohnort
Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Mit den Steinen vor den
Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst dort
wohnten. In Neukirchen konnte der Künstler coronabedingt diesmal nicht dabei
sein. Die neuen Stolpersteine erinnern an Dina, Emilie, Levi, Moritz,
Julius, Johanna, Frieda und Bertha Nussbaum. Die Familie Nussbaum lebte im
Obergeschoss der kleinen Synagoge in der Untergasse 141. Anfang der
1930er-Jahre war Dina Nussbaum Inhaberin eines kleinen Verkaufsraums im Haus
des Adam Ritter am Christeröder Weg. Dort verkaufte sie mit ihren Söhnen,
die beide Metzger gelernt hatten, koscheres Fleisch, schlachtete Ziegen und
Lämmer, handelte mit Fellen. In Neukirchen ist es die sechste Familie, für
die Stolpersteine gesetzt wurden. Bei der Gedenkveranstaltung erzählten nach
einleitenden Worten des Ersten Stadtrats Höfer Schüler das Leben der Familie
Nussbaum nach. Anna Brandner, Maximilian Jakob, Lena Kordvan, Finn Mandt,
Annette Meier, Moritz Richardt, Eric Weber und Mike Wendelmuth zitierten
Zeilen von Stella Rosenberg ('Vermächtnis aus Auschwitz') und von Inge
Auerbach ('Ich bin ein Stern')."
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 123. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 55-56. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 52 (ohne
Ergänzungen) |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 179-180. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 516. |
| Hartwig Bambey, Adolf Biskamp, Bernd Lindenthal
(Hrsg.): Heimatvertriebene Nachbarn. Beiträge zur Geschichte der
Juden im Kreis Ziegenhain. 2 Bände. Verlag Stadtgeschichtlicher
Arbeitskreis e.V. Schwalmstadt-Treysa 1993.
Darin: Adolf Biskamp / Friedhelm Walper: Die israelitische
Kultusgemeinde in Neukirchen. Band II S. 473-483. |
| Barbara Greve: Eine kleine Stadt in Hessen.
Neukirchen, die Juden und der Nationalsozialismus. Reihe:
Nationalsozialismus in Nordhessen. Schriften zur regionalen Zeitgeschichte.
Hrsg. vom Fachbereich Erziehungswissenschaft/Humanwissenschaften der Universität
Kassel Band 23. Verlag Winfried Jenior Kassel 2010. ISBN
978-3-934377-20-2. Online
einsehbar (pfd-Datei). |
| dies.: Jeder Mensch hat einen Namen. Was man den Juden aus Neukirchen am Knüll angetan hat. 1933 –
1942. In: Bernd Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 3. Schwalmstadt-Treysa 2008, S. 307-446.
|
| Marion Davies: The Bock Family from Lich. 1700s to
1874/75. Researched and compiled by Marion Davies 2023 (mit Bezügen zu
Neukirchen).
Eingestellt zum Download als pdf-Datei.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Neukirchen
Hessen-Nassau. Jews lived in Neukirchen from the 17th century, numbering 113 (7
% of the total) in 1885 and 83 in 1933. Many left before Kristallnacht
(9-10 November 1938), when the synagogue was vandalized. About 50 perished in
the Holocaust.
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