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Darmstadt
Darmstadt (Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Texte zur Geschichte der Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde in Darmstadt
sowie der jüdischen Lehrer und der Schule im 19./20. Jahrhundert (bis nach
1933)
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Darmstadt wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Auf dieser Seite stehen keine Texte zu den Rabbinern und Lehrern der
orthodoxen israelitischen Religionsgesellschaft in Darmstadt, siehe hierzu die Seite
- Zur Geschichte der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Darmstadt.
Übersicht:
Übersicht über die
Rabbiner in Darmstadt
Rabbiner in Darmstadt vom Ende des 18. Jahrhunderts bis nach
1933
(ohne die Rabbiner der orthodoxen Religionsgesellschaft in Darmstadt, siehe auf
der Seite zur
Religionsgesellschaft)
 | 1771-1793: Rabbiner Simon Lazarus Flegenheimer (geb.
ca. 1723 in Flehingen, gest. 1793 in
Darmstadt): 1751 Landesrabbiner des Schwarzwaldkreises des Deutschen Ordens
mit Sitz in Mühringen; 1771
Landesrabbiner in Darmstadt. |
 | 1793-1798: Rabbiner Heyum Flegenheimer (Heyum Simon;
geb. in Mühringen als Sohn des
Rabbiners Simon Flegenheimer): 1793 Landesrabbiner in Darmstadt als
Nachfolger seines Vaters. |
 | 1799-1833: Rabbiner Callmann Mengenburg (auch
Callmann Bing; geb. 1753 in Gelnhausen, gest. 1833 in Darmstadt); war der
erste offizielle Landrabbiner; war zunächst in Bingen tätig. |
 | 1833-1835: Rabbiner Alexander-Sender Wolf (geb.
1762, gest. 1843 in Darmstadt): war seit 1792 in Darmstadt als Gastwirt und
Kaufmann, seit 1793 Vorsitzender der Chewra Kaddischa; war 1833 bis 1835
provisorischer Rabbiner in Darmstadt; hält auch in der Folgezeit mit
Erlaubnis des Rabbiners Dr. Auerbach religiöse Vorträge. |
 | 1835-1857: Rabbiner Dr. Benjamin-Hirsch Auerbach
(geb. 1808 in Neuwied als Sohn des Bonner
Rabbiners Abraham Auerbach, gest. 1872 in Halberstadt): studierte in Bonn
und Marburg; seit Januar 1835 Landesrabbiner in Darmstadt; auf Grund seiner
orthodoxen Prägung seit 1840 Konflikt mit dem Vorstand am Ort; die
Stadtgemeinde Darmstadt zwang ihn 1857 zur Niederlegung seines Amtes; die
orthodoxe Gemeinde Biblis erkannte ihn weiterhin an, während er nun als
Gelehrter in Frankfurt lebte; seit 1863 Rabbiner in Halberstadt. |
 | 1859-1890: Rabbiner Dr. Julius Landsberger (geb.
1819 im oberschlesischen Biała (Zülz), gest. 1890 in Darmstadt):
studierte in Breslau und Berlin; 1849 Rabbiner in Religionslehrer in Brzeg (Brieg),
1854 Rabbiner der "Brüdergemeinde" in Posen; 1859
großherzoglicher Landesrabbiner in Darmstadt, galt als gemäßigt liberal,
wurde jedoch von den Landgemeinden und der Israelitischen
Religionsgesellschaft bekämpft; Amtsniederlegung 1889 aus
Gesundheitsgründen. |
 | 1890-1906: Rabbiner Dr. David Selver (geb. 1856 in
Chajowa, Russland, gest. 1926 in Darmstadt): studierte in München und
Berlin; seit 1889 Leiter der Religionsschule und stellvertretender Rabbiner
in Darmstadt, seit 1890 Landesrabbiner; 1907 Ruhestand. |
 | 1907-1927 Rabbiner Dr. Bruno Italiener (geb. 1881 in
Burgdorf, Hannover, gest. 1956 in London): studierte in Breslau und
Erlangen; 1907 bis 1927 Rabbiner in Darmstadt, bis 1918 für das
Großherzogtum Hessen zuständig; 1914-1918 Feldrabbiner der 7. Armee; seit
1928 Rabbiner in Hamburg; 1938 Emigration über Brüssel nach England; 1939
bis 1951 Rabbiner in London. |
 | 1928-1939: Rabbiner Dr. Erich Bienheim (geb. 1898 in
Duingen, Hannover, gest. 1962 in Bradford, England): studierte in Berlin;
1924-1927 Rabbiner an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in
Berlin; 1928-1939 Stadt- und Provinzialrabbiner in Darmstadt; war 1933
Mitbegründer und Lehrer an der jüdischen Volksschule; 1939 nach
Australien, dann England emigriert; 1946-1949 Rabbiner in London, danach in
Bradford. |
Texte
zur Geschichte der Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde in
Darmstadt
Rabbiner
Dr. Auerbach nimmt die Trauung des Baron Willi von Rothschild vor (1849)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 25. Januar
1850: "Frankfurt am Main. Am 21. November (1849) ward hier der
junge Baron Willi von Rothschild getraut. Derselbe umging den radikalen
Stadtrabbiner Leopold Stein, und ließ sich von dem allgemein
hochgeachteten Stadt- und Landrabbiner Herrn Dr. Auerbach aus Darmstadt
trauen. - Und in der Tat verdient es Herr Dr. Auerbach, dass ihm diese
Ehre zuteil ward, denn dieser würdige Geistliche kämpft unermüdet für
das orthodoxe Judentum und geht den jungen Rabbinen mit dem schönsten
Beispiele voran." |
Konflikt
zwischen dem Gemeindevorstand und Rabbiner Dr. Auerbach (1857)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Mai
1857: "Darmstadt, 28. April (1857) (Fr.P.-Z.). Schon seit
vielen Jahren bestanden hier ernste Zwistigkeiten zwischen dem jüdischen
Gemeindevorstand, welcher dem religiösen Fortschritt huldigt, und dem
Rabbiner Dr. Auerbach, welcher dem orthodoxen Judentume angehört, und in
diesem Sinne auch seine Stelle verwaltete. Dieser Streit hat nun durch
Entschließung Seiner königlichen Hoheit des Großherzogs seine
Erledigung dahin gefunden, dass Herr Dr. Auerbach, der seine Stelle
bereits 23 Jahre, jedoch immer nur provisorisch, verwaltet hatte, seines
Dienstes entlassen worden ist." |
Amtsentsetzung
von Dr. Auerbach in Darmstadt (1857)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni
1857: "Sie haben wohl schon aus den Zeitungen die von Seiten des
Großherzogs erfolgte Amtsentsetzung des Dr. Auerbach in Darmstadt
erfahren; in Folge dessen herrscht in dem Rabbinat Starkenburg (welches
aus 105 Gemeinden besteht) große Agitation, indem mehrere Landgemeinden
zu eigenen Rabbinaten sich vereinigen wollen, so geht man damit um, in Michelstadt,
in Bensheim u.a.m. besondere
Rabbinatssitze zu bilden." |
| |
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni
1857: "Aus Rheinhessen, 21. Mai (1857) (Privatmitteilung). Die
Mitteilung in Nr. 20 aus Darmstadt vom 28. April der Allgemeinen Zeitung
des Judentums bedarf einiger Erläuterung, die ich mir im Interesse der
Wahrheit anmit zu geben erlaube. - Wenn auch die Gegner des Herrn Dr.
Auerbach aus Darmstadt jahrelang bei der Regierung um dessen Entsetzung
petitionierten, so ist dies doch nur der oftensible (vordergründige)
Grund seiner Entsetzung, und hätte keineswegs hingereicht. Der wahre ist
eine jahrelange Untersuchung, in die derselbe verwickelt war, und die,
wenn auch nur sein Privatleben berührt, doch zur Entweihung des
Gottesnamens wohl Veranlassung bieten konnte, indem sie an einem
orthodoxen Rabbinen leider eine Handlungsweise zu rügen hatte, die man
uns Juden so gern zum Vorwurf macht. - Wir wollen uns den Satz ...
wohl vor Augen halten; doch können wir nicht umhin zu behaupten, dass man
den Gegnern der Fortschrittspartei wohl keine größere Freude hätte
machen können, als wenn einer der anerkannten Rabbinen der Reformpartei
in gleicher Lage wäre; man hätte dann die Religions- und Sittenlosigkeit
dieser Partei zugleich brandmarken können, so verkehrt der Schluss von
Einem auf das Ganze ist. Wir können nicht umhin, hier zu registrieren:
dass Herrn Dr. Auerbachs Abgang ein Glück für die Israeliten des Großherzogtums
Hessen ist, indem der größte Teil der Schuld, dass Lehrer- und Schulverhältnisse,
dass überhaupt alle religiösen Institute so im Argen liegen, wohl an ihm
ist, da die Regierung früher guten Willen gezeigt, und nur durch ihn das
Bessere selbst in den bestehenden Gesetzen nicht zur Wahrheit wurde, dass
wir demzufolge große Hoffnungen auf die Besetzung des Darmstädter
Rabbinats durch einen tüchtigen aufgeklärten Rabbinen setzen, da dies
das einflussreichste Rabbinat in unserem Lande und zugleich eines der
größten und einträglichsten Süddeutschlands ist." |
Rabbiner
Treuenfels aus Weilburg stellt sich mit einer Predigt in Darmstadt vor (1859)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30. Mai 1859: "In Darmstadt werden bereits
Probepredigten gehalten. Den 14. dieses Monats predigte dort der gelehrte Rabbiner
Treuenfels aus Weilburg; soviel
man hört, wird das Land von der Stadt nicht getrennt werden" (sc.
das Rabbinat Darmstadt soll nach dieser Mitteilung nicht geteilt werden
zwischen einem Stadt- und einem Landrabbinat). |
Rabbiner
Dr. Julius Landsberger wechselt von Posen nach Darmstadt (1859)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. Oktober 1859: "Posen, 25. September (1859). Der Rabbiner und
Prediger der hiesigen Brüdergemeinde, Herr Dr. Julius Landsberger,
ist zum Großherzoglichen Landesrabbiner zu Darmstadt erwählt
worden. Es ist ein ausgedehnter Wirkungskreis, in welchen hiermit dieser
begabte Mann berufen ist, da der Sprengel 96 Gemeinden umfasst, und der
Rabbinatssitz Darmstadt gegenwärtig 166 Familien zählt. Dass es in einem
so großen Kreise, und der religiös sehr vernachlässigt worden, Vieles
und Bedeutendes zu schaffen gibt, ist einsichtlich. Mag es dem Dr.
Landsberger gelingen, durch Eifer und würdevolle Haltung die Herzen zu
gewinnen und einer echt religiösen Richtung
zuzuwenden."
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Die Rabbinatsstelle ist mit Dr. Julius Landsberger wieder
besetzt (1860)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. Januar 1860: "Darmstadt, im Dezember (1860). Endlich,
nach langem Sehnen und Hoffen, ist die Rabbinatsstelle für hier sowie
für die Provinz Starkenburg durch die Person des Herrn Dr. Landsberger,
Prediger aus Posen, besetzt worden. Wir sind der Großherzlichen
Regierung, von der die Wahl ausging, vielen Dank für das treffliche
Gelingen derselben schuldig, denn nicht leicht hätte die Stelle ein
tüchtigerer Mann erhalten können, als der Obengenannte. Noch nicht lange
im Amte, hat Herr Dr. Landsberger sich schon das Vertrauen Aller erworben
und es herrscht in allen Kreisen ein eifriges Streben, dem ebenso
gelehrten als liebenswürdigen Manne freundlich entgegenzukommen.
Am Sabbat Thouldous (=Toledot) hielt derselbe seine Antrittspredigt, die
ein Muster von Beredsamkeit und Klarheit, voller lieblicher Bilder und
treffender Gleichnisse war. Die Synagoge ist jetzt allsabbatlich von
Zuhörern gefüllt, die herbeieilen, um das lange vermisste Wort Gottes zu
vernehmen.
Die hiesige Gemeinde ließ für Herrn Dr. Landsberger ein Zimmer
ausmöblieren und veranstaltete ihm zu Ehren ein Festessen.
Weiter ist noch von hiesiger Gegend zu berichten, dass die Statuten der
Lehrerversammlung, die seinerzeit in ihrem geschätzten Blatte zu lesen
waren, von der Großherzoglichen Regierung nicht genehmigt wurden, die
Petition jedoch, die erst dem Dr. Landsberger zur Beurteilung vorgelegt
werden soll, wird jedenfalls Berücksichtigung finden." |
70.
Geburtstag von Dr. Julius Landsberger (1889)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. August 1889: "Mainz, 18. Juli. (Literarische
Notizen.) Einer der edelsten und begabtesten Vertreter des Judentums,
ein bewährter, zündender Kanzelredner, der Großherzogliche Landesrabbiner
Dr. Julius Landsberger zu Darmstadt, feiert am 10. Aug. (Schabbat
Nachamu) seinen 70. Geburtstag. Die Allg. Zeitung des Judentums will
diesen Ehrentag nicht vorübergehen lassen, ohne ihrem geschätzten
Mitarbeiter, welcher erst jüngst wieder durch meisterhafte Übersetzungen
Berachja'scher Fuchsfabeln die Leser dieser Zeitung erfreut hat, den Tribut
der Hochachtung zu zollen und seinen vielen Freunden eine Skizze seines
Lebens zu bieten. — Geboren in dem oberschlesischen Städtchen Zülz, wurde
Landsberger von seinem Vater, einem hochgeachteten, mit seltenem
talmudischen Wissen ausgerüsteten Kaufmanne, schon im 5. Lebensjahre in das
weite, fruchtreiche Gebiet der Bibel und des Talmuds eingeführt, widmete
sich dann vom 14. Jahre ab in Proßnitz und Leipnik (Mähren) unter den
gediegensten Gelehrten weiter den rabbinischen Studien, sodass er als
18jähriger Jüngling bereits das Rabbinatsdiplom (Morenu) erhielt. Im Februar
1844 bestand er am Friedrichs-Gymnasium zu Breslau als Extraneus das
Abiturientenexamen, nachdem er seit April 1842 an dortiger Universität extra
ordinem immatrikuliert war und unter Prof. Bernstein Orientalia studiert
hatte. Später besuchte er die Universitäten zu Berlin und Halle. Hier erwarb
er 1846 die philosophische Doktorwürde. Die erste Frucht seiner
wissenschaftlichen Tätigkeit offenbarte seine gediegenen Kenntnisse
orientalischer Sprachen und ihrer Literatur. Mehr aber noch als durch die
lateinische Dissertation 'Fabulae |
aliquot
aramaeae' (1846) offenbarte er sich als tüchtiger Orientalist und durch sein
Buch 'Die Fabeln des Sophos', die von ihm aufgefundene syrische Quelle der
griechischen Fabeln des Syntipas. Das syrische Original erschien hier in
berichtigtem, vokalisiertem Texte zum ersten Male vollständig mit Noten,
einem Glossar, einer Übersetzung, nebst literarischen Vorbemerkungen
herausgegeben und mit einer einleitenden Untersuchung über das Vaterland der
Fabel (Posen 1859). Von seinen späteren kleinen Schriften, teils populär-
teils streng-wissenschaftlichen, oder jüdisch-theologischen Inhalts und
Aufsätzen in verschiedenen Zeitschriften, nennen wir hier nur: 'Liebe, Traum
und Teufel oder Eros und Psyche, den Traum und Samiel oder die Teufelsidee
in der Geschichte' (Darmstadt 1869), 'Heidnischer Ursprung des Brauches,
zwischen Passah und Wochenfest nicht zu heiraten' (1869); 'Zur Abwehr' gegen
Angriffe auf das Judentum (1871); 'Das Buch Hiob und Goethes Faust' (1882).
Mit diesem letzteren fast zugleich erschien von ihm die Übersetzung des 'Iggeret
baalë chajim' von Kalonymos ben Kalonymos, eines arabischen Märchens, das
einen Rechtsstreit zwischen Mensch und Tier vor dem Gerichtshof des Königs
der Genien enthält. Die beigegebenen Noten korrigieren den hebräischen Text
nach dem arabischen Originale, liefern wichtige und interessante Beiträge
selbst für die Kritik des arabischen Textes, des Tochfet-Ichwan-oos-suffa,
d. h. Gabe der lauteren Brüder und viele lehrreiche sachliche Bemerkungen. —
Des Druckes harrt eine kritische Ausgabe der 'Mischle schualim, Fuchsfabeln
des Barachja hanakdan.' — Einen gleich großen Ruf wie als Gelehrter, hat
sich indessen Landsberger als Kanzelredner erworben. Ein kräftiges,
sympathisches Organ und eine einfache, zum Herzen dringende Vortragsweise
zeichnen ihn vorteilhaft aus und der gedankenreiche Inhalt seiner Predigten,
verbunden mit einer gehobenen, aber von allem Schwulst fernen Diktion und
originellen Erklärungen talmudischer und midraschiger Stellen, die er in
seine Kanzelvorträge einzuweben versteht, fesseln seine Zuhörer wie seine
Leser. — In Darmstadt von 1859 ab tätig, wirkte er 1849—54 als Rabbiner in
Brieg (Schlesien), von 1854—59 an der Brüdergemeinde zu Posen, überall mit
Würde und Entschiedenheit für den gemäßigten Fortschritt eintretend. Möge
Gott — das ist unser Wunsch — dem verdienstvollen Manne leibliche und
geistige Kraft zu weiterer heilvoller Berufstätigkeit spenden, ihn seiner
treuen Familie, der dankbaren Gemeinde und der Wissenschaft noch lange
erhalten." |
Zum Tod von Rabbiner Dr. Julius Landsberger
und Bericht über die Trauerfeier für ihn
(1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. März 1890: "Darmstadt, 4. März (1890). Der Rabbiner
der hiesigen Reformgemeinde, Dr. Julius Landsberger, der dieses Amt über
30 Jahre verwaltete, starb heute nach kurzem Kranksein". |
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Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. März 1890: "Berlin,
10. März. Ein edler Mensch, ein trefflicher Gelehrter, ein begabter Redner
ist heimgegangen. Dr. Julius Landsberger, Landrabbiner in Darmstadt,
hat nach langem und schwerem Leiden am Abend des 3. März das Zeitliche
gesegnet. Noch vor wenigen Monaten durften wir unserem treuen Mitarbeiter zu
seinem siebzigsten Geburtstage ein Zeichen unserer Verehrung geben und den
Wunsch aussprechen, dass die schwere Krankheit, von der er befallen war, von
ihm weichen möge. Fast schien es auch, als ob unserem Wunsche Erfüllung
gewährt und es dem Leidenden vergönnt sein würde, sein letztgeschriebenes
Werk selbst noch der Öffentlichkeit zu übergeben. Doch ein Rückfall lähmte
seine Kräfte, und eines Andern Aufgabe wird es sein, der jüdischen
Gelehrtenwelt mit dem Nachlasse Landsbergers auch seine kritische Ausgabe
der Mischle schualim, der Fuchsfabeln des Berachja Hanakdan, zu übergeben.
Landsberger wurde am 10. August 1819 in Zülz in Schlesien geboren. Sein
Vater, welcher mit dem kaufmännischen Berufe ein umfassendes rabbinisches
Wissen verband, führte den Knaben schon in zartester Jugend in die Tiefen
der biblischen und talmudischen Forschung ein. Als Barmizwa hatte er bereits
ein so umfassendes hebräisches Wissen erlangt, dass er in Proßnitz und
Leipnik in Mähren die 'Jeschiba' beziehen konnte, und mit 18 Jahren erlangte
er die Rabbinatsqualifikation. Nunmehr begab sich Landsberger nach Breslau,
um dortselbst Orientalia zu treiben. Er bestand zunächst am
Friedrichs-Gymnasium dieser Stadt sein Abiturientenexamen, studierte dann
auf den Universitäten Breslau, Berlin und Halle, und erwarb an letzteren
Orte 1816 die philosophische Doktorwürde. Nachdem er zuerst in Brieg, dann
in Posen an der Brüdergemeinde als Rabbiner gewirkt hatte, wurde er 1859 als
Landesrabbiner der Provinz Starkenburg nach Darmstadt berufen, wo er fast
bis zu seinem Tode seines Amtes gewaltet hat. Erst in den letzten Monaten
wurde ihm in Herrn Dr. Selver ein Amtsgehilfe zur Seite gegeben. Über
seine Bedeutung als Gelehrter wollen wir wiederholen, was wir im jüngsten
Sommer bei freudigerem Anlass schrieben.
Die erste Frucht seiner wissenschaftlichen Tätigkeit offenbarte seine
gediegenen Kenntnisse orientalischer Sprachen und ihrer Literatur. Mehr aber
noch als durch die lateinische Dissertation 'Fabulae aliquot aramaeae'
(1846) offenbarte er sich als tüchtiger Orientalist, und durch sein Buch
'Die Fabeln des Sophos', die von ihm aufgefundene syrische Quelle der
griechischen Fabeln des Syntipas. Das syrische Original erschien hier in
berichtigtem, vokalisiertem Texte zum ersten Male vollständig herausgegeben
und mit einer einleitenden Untersuchung über das Vaterland der Fabel (Posen
1859). Von seinen späteren kleinen Schriften, teils populär-, teils
streng-wissenschaftlichen oder jüdisch-theologischen Inhalts, und Aufsätzen
in verschiedenen Zeitschriften nennen wir hier nur: 'Liebe, Traum und Teufel
oder Eros und Psyche der Traum und Samiel oder die Teufelsidee in der
Geschichte" (Darmstadt 1869), 'Heidnischer Ursprung des Brauches zwischen
Passah und Wochenfest nicht zu heiraten (1869) 'Zur Abwehr' gegen Angriffe
auf das Judentum (1871) 'Das Buch Hiob und Goethes Faust' (1882). Mit diesen
letzteren fast zugleich erschien von ihm die Übersetzung der 'Iggeret baalë
chajim“ von Kalonymos ben Kalonymos, eines arabischen Märchens, das einen
Rechtsstreit zwischen Mensch und Tier vor dem Gerichtshof des Königs der
Genien enthält. Nicht minder bedeutend war Landsberger als Kanzelredner. In
gleicher Weise von schwülstiger Darstellung wie von trockenem Gelehrtenton
sich fernhaltend, wusste er durch seinen Vortrag die Herzen der Hörer zu
gewinnen und sie für das Judentum und dessen erhabene Mission zu begeistern.
Am dem Boden der Reform stehend, hat er die Angriffe, die von Anhängern
anderer Richtung vielfach gegen ihn gerichtet wurden, mit Würde ertragen und
unbeirrt seinem Ziele zugestrebt. Die Liebe seiner Gemeinde sagt uns, dass
er es erreicht hat. Möge ihm die Erde leicht sein!" |
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Artikel
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 20. März 1890: "Darmstadt,
im März. (Or.-Korr.) Wie die geehrten Leser Ihres geschätzten Blattes
bereits aus voriger Nummer erfahren haben, ist unser Großherzoglicher
Rabbiner Dr. Julius Landsberger am 3. dieses Monats, noch langem, schweren
Leiden in ein besseres Jenseits abberufen worden. Die am 6. dieses Monats —
an Purim — Morgens 9 1/2 Uhr erfolgte Bestattung legte in beredter Weise
Zeugnis ab von dem hohen Ansehen und der Hochachtung, welche der
Heimgegangene in allen Kreisen unserer Mitbürger genoss. Trotz sehr
ungünstiger Witterung und großen Schneefalles, war ein sehr zahlreiches
Gefolge zur Stelle. Von den Rabbinern aus den Nachbargemeinden, denen außer
der Witterung auch das Purimfest hinderlich war, erschienen die Herren Dr.
Salfeld aus Mainz, Dr. Neh. Brüll, Dr. Plaut aus
Frankfurt a. M.; ferner als Präses des Frankfurter Mendelssohn-Vereins Herr
Dr. Adolf Brüll. Die hiesigen höheren Lehranstalten waren durch
Deputierte vertreten. Als Geistlicher fungierte zunächst Herr Dr. Selver,
der bereits während der Krankheit des Dr. Landsberger als Hilfsrabbiner und
Prediger hierher berufen wurde und gleichzeitig auch das Landrabbinat
verwaltete. Da eine Trauerfeierlichkeit in der Synagoge aus mehreren
Rücksichten um einige Tage hinausgeschoben werden musste, so sollte Herr Dr.
Selver programmgemäß in der Trauerhalle des Kirchhofs nur Worte des
Abschiedes und des Dankes sprechen. Der stimmungsvollen und wohlgeformten
Rede gelang es, der besonderen Situation der schmerzlichen Abschiedsstunde
den rechten Ausdruck zu geben. Als langjähriger Freund und engerer Kollege
des Hingeschiedenen, sprach Herr Dr. Salfeld. Er schilderte die Größe des
Verlustes, den die Judenheit, das Rabbinat Darmstadt und die gramgebeugten
Hinterbliebenen erlitten. Alsdann betrat Herr Dr. Neh. Brüll die
Rednerstätte. Er kennzeichnete in meisterhafter Form die Bedeutung der
literarischen Tätigkeit des Verstorbenen. Wenn es im Talmud heiße, dass mit
Rabbi Meir, derjenige hingeschieden sei, der Geist und Wesen der
Fabeldichtung zu erfassen und zum Ausdruck zu bringen vermochte, so könne
dies auch von dem Hintritte Dr. Landenbergers gesagt werden. Mit ihm scheide
ein Mann, der auf diesem Gebiete der literarischen Forschung ein Rabbi Meir,
ein Leuchtender, ein Lichtspender gewesen. Aber auch sonst war er ein
lichtvoller heller Denker und Forscher; seine literarischen Arbeiten sind
ebenso klar und formvollendet, wie gründlich und gediegen. Gediegenheit und
Wahrhaftigkeit war der Grundzug seines Wesens, wie in der Wissenschaft, so
im Leben. Herr Dr. Plaut, als vierter Redner, verbreitete sich mehr über die
Vorzüge und Tugenden, welche Dr. Landsberger als Menschen auszeichneten.
Namens des Frankfurter Mendelssohn-Vereins, dessen Ehrenmitglied der
Verstorbene war, sprach Herr Dr. Adolf Brüll; namens des hiesigen
Vereins für Kunst und Wissenschaft sprach Herr Prof. Dr. Henneberg.
Am Grab sprach der Präses unseres Gemeindevorstandes, Herr Kommerzienrat
Blumenthal, der erst vor Kurzem sein 25jähriges Vorsteherjubiläum feierte
und dem Verstorbenen während dieses langen Zeitraumes auch als persönlicher
Freund sehr nahe stand. — Die Trauerfeierlichkeiten in der Synagoge fanden
Sonnabend, den 8. dieses Monats, im Anschluss an den Morgengottesdienst
statt. Herr Dr. Selver hielt die eigentliche Gedenkrede, unter Anlehnung an
das Bibelwort: 'Und Deine Augen sollen Deine Lehrer sehen', schilderte er
Wesen und Eigenart, Keim und Geistesblüte, Wirksamkeit und Lebenstat des
Verstorbenen. Charakteristisch für diese waren Dr. Landsbergers
Empfänglichkeit und feines Verständnis für morgenländische Dichtung und sein
gleichzeitiges Durchdrungensein von dem Geiste neuzeitlicher Wissenschaft
und Erkenntnis, Bildung und Humanität. Die Keime der ersten empfing er
bereits im Elternhause, das eine Pflegestätte altjüdischer Frömmigkeit und
Gelehrsamkeit gewesen. Hier vernahm er die 'Stimme Gottes in Kraft' und 'die
Stimme Gottes in Schönheit.' Letztere ertönte ihm in der heiligen Dichtung
der Bibel, in Weisheitsspruch und Gleichnisrede und sie weckte in dem Gemüte
des poetisch begabten Knaben liefen Wiederhol!. So empfing er früh die
Richtung, welche er in seiner literarischen Tätigkeit als Herausgeber und
Bearbeiter morgenländischer Dichtung verfolgte und die ihn zugleich als
Homiletiker und Kanzelredner zu jener geistreichen Auslegung der
midraschischen und talmudischen Haggada befähigte welche seine Predigten so
anziehend und volkstümlich machte. In demselben Maße beseelte ihn
aufrichtiges Streben nach Wahrheit und wissenschaftlicher Erkenntnis. Dieses
Streben führte den 18jährigen Jüngling, der bereits als solcher auf den
Talmudschulen Mährens mit dem Rabbititel geschmückt worden war, nach dem
Mittelpunkt deutscher Bildung und Wissenschaft, wo er durch beharrlichen
Fleiß sich bald zur vollen Ebenbürtigkeit mit den Besten und Begabtesten
seiner Genossen emporrang. Und so gesellte er sich auch gleich zu Beginn
seiner geistlichen Wirksamkeit zu den Männern, welche in der ersten Hälfte
unseres Jahrhunderts die Durchdringung des religiösen Lebens mit dem Geiste
wahrer Bildung und Humanität anstrebten und anbahnten. In dem Geiste dieser
Männer fortzustreben, möge die Gemeinde als ein heiliges Vermächtnis des
Heimgegangenen ansehen: dann werde ihr sein Andenken zum steten Segen
gereichen und es werde sich das alte Wort bewähren: 'Das Gedächtnis der
Gerechten ist ein Segen'." |
Rabbiner Dr. Selver wird Mitglied des
städtischen Schulvorstandes
(1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 3. April 1891: "Darmstadt, 22. März. Letzten Freitag wurde
Herr Rabbiner Dr. Selver neben Herrn Pfarrer Kocher und Herrn Pfarrer Waas
(ersterer katholisch, letzterer evangelisch) als neu eintretendes Mitglied
des städtischen Schulvorstandes eingeführt. Hierbei gedachte der Vorsitzende
mit warmen Worten seines Vorgängers, des vor Jahresfrist heimgegangenen
Landesrabbiners Dr. Julius Landsberger. Die Versammlung ehrte das Andenken
desselben durch Erheben von den Sitzen." |
Kritik an Direktor Dr. Selver als Leiter der
Religionsschule der Hauptgemeinde (1893)
Anmerkung: der Artikel ist von einem orthodox-konservativen Gemeindeglied
verfasst und in der dieser Richtung entsprechenden Zeitschrift "Der
Israelit" erschienen.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. November 1893: "Darmstadt, im Cheschwan. Wohl
keine größere Gemeinde dürfte eine längere interimistische Versehung
des Rabbinats haben als Darmstadt; keine Gemeinde auch einen Vorstand, der
mit so wenig Energie bei seiner vorgesetzten Behörde auf endgültige
Regelung der Verhältnisse, wie sie jetzt in der Gemeinde und in der
Provinz liegen, drängt.
Die Religions-Gemeinde, das ist die Hauptgemeinde der Residenz, ist seit
dem im März 1890 erfolgten Tode des seligen Rabbiner Dr. Landsberger ohne
definitiv angestellten Rabbiner, da die Regierung, wie angeblich gesagt
wird, bis zur Lösung der Frage über das Verhältnis zwischen Stadt- und
Landjudenschaft, ein Definitivum nicht gestattet. Am meisten durch dieses
Provisorium hat die Hauptgemeinde Darmstadt zu leiden, und ist es ja gar nicht
anzusehen, wann dieses Verhältnis aufhört.
Der jetzt in der Gemeinde auf Lebenszeit als Direktor der Religionsschule
(von 63 Kindern, an welcher noch zwei Lehrer wirken), angestellte Herr Dr.
Selver, welcher auch die Rabbinatsgeschäfte versieht, hat es während der
vier Jahre seines Hier seins nicht verstanden, sich die Gunst der Gemeinde
zu erwerben. Die Religionsschule auch unter dieser Regie, das heißt die
Leistungen der Schüler und Schülerinnen sind so mangelhaft, dass selbst
mit Prämien entlassene Schüler, also solche, die das 13. Lebensjahr
überschritten haben, nicht wissen, was an den betreffenden Tageszeiten
gebetet wird, ja es gibt deren, die kaum das 16. Lebensjahr |
erreicht,
nicht mehr des hebräischen Lesens mächtig sind. Wenn nun der
Gemeindevorstand die Leistungen der Schule für genügend hält, wenn er
glaubt, dass das, was die Schüler lernen, ausreichend ist, so geschieht
dies aus dem Grunde, weil eben der größte Teil des Vorstandes selbst
nicht, oder doch sehr wenig hebräisch versteht, weil der größte Teil
der Hauptaufgabe, zu welcher auch der Gottesdienst gehört, zu wenig
Beachtung schenkt, ja den Gottesdienst jährlich nur zwei bis dreimal
besucht. Was kann da Gutes bei solchem Vorbilde geleistet
werden?
Der Vorstand, der wie jetzt bemerkt, sehr wenig in seiner Mehrzahl zum
Gottesdienste erscheint, glaubt mit den finanziellen Arbeiten seine
Pflicht erfüllt, mit der Anstellung von Beamten seiner Gemeinde Genüge
zu leisten. So geschah es, dass während der Krankheit des seligen
Rabbiner Dr. Landsberger der Vorstand Herrn Dr. Selver, ohne dass jemand
aus der Gemeinde etwas davon wusste, auf Lebenszeit zum Direktor der Schule
anstellte, nachdem der Herr kaum einige Wochen in Darmstadt war, und man
über seine Leistungen nur das Lob von auswärtigen Stellen, die der junge
Mann begleitet hatte, hörte, seine Leistungen in unserer Gemeinde aber
schon nach dessen kurzen Hier sein abfällig beurteilt
wurden.
Denke, lieber Leser, was hältst Du von einem Manne, dem Direktor einer
israelitischen Religionsschule, dem Vertreter des Rabbiners, der bei einer
Versammlung behufs Gründung eines Minjan-Vereins öffentlich
sagt:
'Meine Herren! Bedenken Sie auch, wenn Sie einen solchen Verein gründen,
wie oft Sie in die Synagoge gehen müssen!'
Es ist unglaublich, wirst Du, lieber Leser, sagen, aber, - es ist wahr, -
traurige nackte Wahrheit - und der Vorstand der Gemeinde, ihn kümmert das
nicht, mit solchen Kleinigkeiten befasst er sich nicht, zu was Synagoge,
für die Ungebildeten, für gewöhnliche Menschen ist das Gotteshaus
nötig. Kann unter solchen Umständen eine Gemeinde vorwärts kommen, kann
da das Judentum gehalten werden, oder geht in dieser Gemeinde nicht alles
zu Grunde? In einer der größten Städte unseres Nachbarstaates Bayern
hat, wie ich höre, die Tochter des Religionslehrers sich mit einem Herrn
verlobt, der sein Geschäft am Sabbat geöffnet hält; wahrlich in unserer
Gemeinde segeln wir ähnlichen Zuständen entgegen." |
Glückwunschadresse der Rabbiner des Großherzogtums
zur Heirat des Großherzogs (1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. Mai 1894: "Darmstadt. Die Rabbiner des
Großherzogtums haben aus Anlass der Vermählung Seiner Königlichen
Hoheit des Großherzogs eine Adresse anfertigen lassen, welche Mittwoch
den 2. dieses Monats von den Herren: Levy - Gießen, Stein -
Worms,
Salfeld - Mainz und Marx und Selver - Darmstadt überreicht worden
ist. Beim Eintritt der Herrn Rabbinern sprach Dr. Levi - Gießen den
Segensspruch hebräisch und deutsch und überreichte die Adresse. Der
Großherzog war sehr erfreut über diese Kundgebung und bat, seinen
herzlichsten Dank auch den anderen Kollegen
mitzuteilen." |
Rabbiner Dr. David Selver wird zum Rabbiner des
Großherzoglichen Rabbinats Darmstadt I ernannt (1898)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. Dezember 1897: "Darmstadt, 12. Dezember
(1897). Das Rabbinat der hiesigen Gemeinde, welches infolge der vom
Ministerium verfügten Teilung seines bisherigen Bezirks seinerzeit zur
Besetzung ausgeschrieben wurde, ist Herrn Rabbiner Dr. Selver
übertragen worden. Von einer Berufung anderer Kandidaten wurde abgesehen.
Dadurch werden hoffentlich alle Unzuträglichkeiten, welche mit dem
bisherigen vieljährigen Provisorium für Herrn Dr. Selver sowohl wie für
die Gemeinde notwendig verknüpft waren, beseitigt
werden." |
| |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Februar 1898: "Darmstadt, 6. Februar (1898).
Nachdem durch Beschluss des Gemeindevorstandes das Rabbinat der hiesigen
Gemeinde und der mit ihr verbundenen Landgemeinden Herrn Dr. Selver
definitiv übertragen worden, wurde derselbe durch großherzogliches
Dekret vom 5. vorigen Monats zum Rabbiner der 'liberalen israelitischen
Gemeinden des Rabbinats Darmstadt' ernannt und am 19. vorigen Monats von
Seiner königlichen Hoheit dem Großherzog in Audienz empfangen. Die
feierliche Amtseinführung, bei der Herr Dr. Selver eine erhebende, mit
großem Beifall aufgenommene Rede hielt, fand am 23. vorigen Monats statt.
Das Rabbiner des Herrn Dr. Selver wird amtlich als 'Großherzogliches Rabbinat
Darmstadt I' bezeichnet, während das Rabbinat der orthodoxen
Landgemeinden, das dem Prediger der hiesigen orthodoxen
Religionsgesellschaft, Herrn Dr. Marx, übertragen wurde, die
Bezeichnung 'Großherzogliches Rabbinat Darmstadt II' erhalten
hat." |
Juristische
Auseinandersetzungen mit Rabbiner Dr. David Selver
(1905)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24.
November 1905: "Darmstadt. Die hiesige israelitische
Religions-Gemeinde hatte seinerzeit den Rabbiner Dr. Selver als
Rabbiner, Prediger und Lehrer angestellt und wurde die Anstellung als Rabbiner
durch die Regierung auf Widerruf bestätigt. Der Wortlaut des Vertrages,
in dem die Gemeinde eine Kündigungsfrist in mehrjährigen Stufen und
lebenslängliche Anstellung nach 12 Jahren festsetzte, hatte die Billigung
der Regierung gefunden. Nur fortgesetzte Pflichtverletzung sollte die
Gemeinde jederzeit zur Kündigung - nach Genehmigung des
Ministeriums des Innern - berechtigen. Bald entstanden nun zwischen dem
Vorstand der Gemeinde und ihrem Rabbiner allerlei Differenzen, die dazu
führten, dass die Gemeindevertretung mehrere Versuche machte, Dr. Selver
zu entfernen. Dahin zielende Eingaben wurden vom Kreisamt abschlägig
beschieden. Das Ministerium hatte sich nämlich dahin ausgesprochen, dass
auch die einfach fristmäßige Kündigung des Vertragsverhältnisses,
obwohl ein solcher Vorbehalt im Vertrag nicht ausdrücklich niedergelegt
war, selbstverständlich ebenso wie eine Entlassung wegen
Pflichtverletzung nur vorbehaltlich der Genehmigung durch die Regierung
erfolgen könne. Der Vorstand verschaffte sich darauf das Gutachten eines
hervorragenden Juristen, das dahin ging, das Anstellungsverhältnis als
Rabbiner sei ein öffentlich-rechtliches und als das eines
Staatsbeamten unkündbar, als Lehrer und Prediger jedoch sei der Rabbiner
bloßer Funktionär der Gemeinde, und in dieser Eigenschaft
unterstehe er der Kündigung. Darauf fußend, kündigte der Vorstand
nunmehr Dr. Selver die Stellung als Prediger und Religionslehrer. -
Hiergegen erhob der Rabbiner beim Kreisamt Beschwerde. Dieses erklärte
die Kündigung für nicht berechtigt, ließ aber die Frage, ob die
Funktion des Geistlichen als Rabbiner einerseits und Prediger und Lehrer
andererseits überhaupt trennbar sei, offen. - Der Vorstand beharrte aber
bei seiner Anschauung und sperrte das Gehalt. Die Behörde genehmigt diese
Maßnahmen nicht und verfügte die Zwangsetatisierung des Gehalts. Die
Gemeinde teilte nun Dr. Selver mit, dass sie ihn von einem bestimmten Kündigungstermin
an nicht mehr zur Betätigung des Berufes als Prediger für befugt erachte
und dass sie die Ausübung dieses Amtes eventuell selbst mit Gewalt
verhindern werde. Die Folge war, dass sich das Kreisamt genötigt sah, Schutzmannschaft
in Zivil zum israelitischen Gottesdienst in die Synagoge zu beordern, um
Dr. Selver gegebenenfalls schützen zu können. Jetzt beschloss die
Gemeinde, den bürgerlichen Rechtsweg zu beschreiten und auf Feststellung
dahin zu klagen, dass die Kündigung Dr. Selvers als Religionslehrer und
Prediger zu Recht erfolgt sei. Da nun nach einer Verfügung aus dem Jahre
1841 die israelitische Kultusgemeinde ohne Genehmigung der Behörde keine
Prozesse führen darf - es ist dies ein Zeichen der traditionellen Rechtlosigkeit,
unter der die Juden noch heute in Hessen leben - so erbat der Vorstand vom
Kreisamt die entsprechende Genehmigung. Dieses erteilte sie auch,
allerdings vorbehaltlich des Rechts auf Ergebung des Kompetenzkonfliktes.
Die Gemeinde strenge die bewusste Feststellungsklage an. Auf die
Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, die von dem Vertreter Dr.
Selvers vor Gericht gemacht wurde, bestand die Regierung auf Verfolgung
des Kompetenzkonfliktes. Das ordentliche Gerichtsverfahren wurde demnach
eingestellt und der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage
befasst.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof machte der Vertreter des Staatsinteresses
geltend, dass das Anstellungsverhältnis Dr. Selvers nicht nur aus seiner
Eigenschaft als Rabbiner als ein öffentlich-rechtliches aufgefasst werden
müsse, sondern auch aus seiner Stellung als Religionslehrer, da nach dem
Volksschulgesetz der Regierung ein Aufsichtsrecht über die Verhältnisse
im Religionsunterricht sämtlicher Bekenntnisse zustehe. - Die
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erging dahin, dass die Unzulässigkeit
des bürgerlichen Rechtsweges in diesem Streitfalle auszusprechen
und die Sache zur Erledigung an die behördlichen Instanzen zu
verweisen sei." |
Rabbiner
Dr. Bruno Italiener wurde zum Rabbiner gewählt (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
24. Mai 1907: "Darmstadt, 22. Mai (1907). In der gestrigen
Sitzung des Vorstandes der hiesigen israelitischen Gemeinde ist Herr Dr.
Italiener aus Peine (Hannover) zum Rabbiner der israelitischen
Religionsgemeinde gewählt worden". |
Rabbiner Dr. Erich Bienheim wird auf die Rabbinatsstelle
berufen (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und
Umgebung" vom 2. Dezember 1927: "Rabbinatsbesetzung in
Darmstadt. Darmstadt. (J.T.A.) Die Synagogen-Gemeinde Darmstadt berief
Herrn Rabbiner Dr. Erich Bienheim (Berlin) zur vorläufigen
Verwaltung des Rabbinats, aus dem Rabbiner Rabbiner Dr. Italiener am 1.
Dezember dieses Jahres ausscheidet, um einer Berufung an den
Israelitischen Tempelverband in Hamburg Folge zu leisten. Herr Dr.
Bienheim legte das Rabbinatsexamen an der Hochschule für die Wissenschaft
des Judentums in Berlin ab." |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 8. Dezember 1927: "Darmstadt. Die Synagogen-Gemeinde
Darmstadt berief Herrn Dr. Erich Bienheim - Berlin zur vorläufigen
Verwaltung des Rabbinats, aus dem Rabbiner Dr. Italiener am 1. Dezember
dieses Jahres ausscheidet, um einer Berufung an den Israelitischen
Tempelverband in Hamburg Folge zu leisten." |
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Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 2. Dezember 1927: "Rabbinatsbesetzung in
Darmstadt. Darmstadt. Die Synagogen-Gemeinde
Darmstadt berief Herrn Dr. Erich Bienheim - Berlin zur vorläufigen
Verwaltung des Rabbinats, aus dem Rabbiner Dr. Italiener am 1. Dezember
dieses Jahres ausscheidet, um einer Berufung an den Israelitischen
Tempelverband in Hamburg Folge zu leisten. Herr Dr. Bienheim legte das
Rabbinatsexamen an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in
Berlin ab." |
| |
Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt"
vom Januar 1928 S. 147: "Darmstadt. Da das Rabbinat durch die
Berufung des Herrn Dr. Italiener nach Hamburg frei geworden und ein
endgültiger Nachfolger bisher noch nicht gewählt worden ist, berief die
Gemeinde Rabbiner Dr. Erich Bienheim - Berlin als
Rabbinatsverweser." |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter / Kantoren
Ausschreibung der Vorbeterstelle der israelitischen
Religionsgemeinde (1858)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Januar 1858: "Die Vorbeterstelle bei der hiesigen
israelitischen Gemeinde mit einem jährlichen Gesamteinkommen von ca. 800
Gulden nebst freier Wohnung ist erledigt.
Hierauf Reflektierende, welche die hierzu erforderliche Befähigung
besitzen, besonders auch musikalische Kenntnisse, um nötigenfalls ein
Chor leiten zu können, wollen sich unter Franko-Einsendung der nötigen
Zeugnisse an den Vorstand wenden.
Darmstadt, am 30. November 1857. Der Vorstand der israelitischen
Religionsgemeinde daselbst." |
Anerkennung des israelitischen Lehrers Moses
Mannheimer durch den städtischen Gemeinderat (1862)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. Januar 1862: "Darmstadt, 8. Januar (1862). Beim Beginn
des neuen Jahres hat der hiesige Gemeinderat, mit dem Oberbürgermeister
Kahlert an der Spitze, aufs Neue bekundet, dass er, fern von jeder
Intoleranz, auch die Bekenner des jüdischen Glaubens achtet. Er hat
nämlich dem hiesigen israelitischen Lehrer Moses Mannheimer, bei
Gelegenheit dessen 25-jährigen Dienstjubiläums, eine jährliche
Remuneration aus städtischen Mitteln bewilligt, ein Akt der Humanität,
der öffentlich gerühmt zu werden verdient." |
25-jähriges Dienstjubiläum von
Religionslehrer Mannheimer
(1862)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. März 1862: "Darmstadt, 1. Februar (1862). Das
Frankfurter Journal bringt vom 8. Januar folgenden Artikel. Darmstadt, 8.
Januar 1862. Beim Beginn des neuen Jahres hat der hiesige Gemeinderat aufs
Neue bekundet, dass er, fern von jeder Intoleranz, auch die Bekenner des
jüdischen Glaubens achtet und ihre Verdienste zu würdigen sich bereit
findet. Er hat nämlich dem hiesigen Religionslehrer Mannheimer bei
Gelegenheit dessen 25-jährigen Dienst-Jubiläums eine jährliche
Remuneration aus städtischen Mitteln bewilligt, ein Akt der Humanität,
der öffentlich gerühmt zu werden verdient.
Obigem habe ich noch Folgendes beizuführen: Auch die israelitische
Gemeinde gab Herrn Mannheimer an diesem Tage verschiedene Zeichen der
Anerkennung. So verfügte sich am Tage des Festes unser allgemein
geliebter Rabbiner Herr Dr. Landsberger nebst einer Deputation des
Vorstandes und der früheren Schüler des Jubilars in die Wohnung
desselben. Ersterer hielt eine treffliche Ansprache an denselben und
überreichte ihm namens der Schüler ein schmeichelhaftes Schreiben nebst
einigen sehr wertvollen Geschenken. Später erschien die Schuljugend unter
Anführung des Kantor Oppenheimer, um ihrem Lehrer zu gratulieren und
Abends wurde demselben von Seiten des israelitischen Gesangvereins
'Harmonie' ein Ständchen gebracht. Möge es Herrn Mannheimer vergönnt
sein, noch recht lange in voller Kraft an unserer Gemeinde zu wirken. H.O."
|
25-jähriges Dienstjubiläum von Kantor und Lehrer
Heinrich Oppenheimer (1883)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. April 1883: "Man schreibt uns aus Mainz vom 10.
April (1883): - Am 28. März dieses Jahres fand zu Darmstadt das
25-jährige Dienstjubiläum des Kantors und Lehrers Oppenheimer,
der sich während eines Vierteljahrhunderts die Hochachtung der jüdischen
wie christlichen Mitbürger zu erwerben wusste, statt. Oppenheimer ist
auch wirklich ein prächtiger Sänger, der die Besuch der Synagoge zu
erheben weiß, wie er auch die Wahrheiten der jüdischen Religion in echt
pädagogischer Weise in die Herzen der Kleinen zu verpflanzen im Stande
ist. Eine Deputation des Vorstandes erkannte diese Verdienste durch ihren
Sprecher im vollsten Maße an und übergab dem Jubilar ein Schreiben, das
eine entsprechende Gehaltszulage gewährt. Frühere Schüler und Freunde
überreichten eine kunstvoll ausgeführte Adresse und mehrere tausend Mark
in Wertpapieren. Depeschen und Geschenke aller Art kamen von Nah und Fern.
Am Abend des Freudentages brachte der Mozart-Verein, der vornehmste
Gesangverein Darmstadt, unter Leitung des Hofkapellmeisters dem lieben
Sangesbruder, der die Ehre hat, Vorstand desselben zu sein, ein
Ständchen". |
80.
Geburtstag von Lehrer M. Mannheimer (1889)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. April 1889: "Der emeritierte Rabbinatsverweser und
Religionslehrer M. Mannheimer in Darmstadt, der auch den Lesern
unserer Zeitung durch Aufsätze und Mitteilungen rühmlich bekannt ist,
begeht am 11. Mai dieses Jahres seinen 80. Geburtstag. Derselbe hat sich
als Schriftstellen durch ein Lehrbuch der israelitischen Religion, die
Schriften: die Judenverfolgungen in Speyer, Worms und Mainz im Jahre 1096,
der Mosaismus und das Ägyptertum u.a. Verdienst erworben."
|
Ausschreibung
der Stelle des Schulleiters und Religionslehrers in der israelitischen
Religionsgemeinde (1889)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. August 1889: "Zur Erteilung und Leitung des Unterrichts
an der Religionsschule, soll eine akademisch gebildete
Persönlichkeit angestellt werden, welche erforderlichen Falls auch
zur Hilfe und Vertretung des hiesigen Rabbiners verwendet werden
kann.
Der feste Jahresgehalt ist auf 2.500 Mark bestimmt. Bewerber wollen sich
an den Unterzeichneten unter gleichzeitiger Einsendung ihrer Zeugnisse
wenden.
Darmstadt, den 14. Juli 1889.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde. H.
Blumenthal." |
Sitzung des Bezirks-Lehrervereins in Darmstadt
(1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Januar 1891: "Darmstadt, 21. Januar (1891).
In der Sitzung des hiesigen Bezirks-Lehrervereins referierte Herr
Direktor Fiedler über die Fragen: '1. Die Antisemitenbewegung
Deutschlands in ihren Ursachen und Folgen. 2. Kann und soll, der Lehrer
zur Beschwichtigung der heutigen Antisemitenbewegung beitragen?' In fast
zweistündiger glänzender Rede zeichnete der Vortragende zunächst 'die
Stellung der Juden in Deutschland bis zur Gegenwart'. Von einer Beratung
und Beschlussfassung der von dem Referenten aufgestellten Thesen sah man
ab und nahm den gestellten Antrag an: 'Die Versammlung ließ mit
Rücksicht auf die vorgerückte Zeit von einer Erörterung und
Beschlussfassung über die Thesen ab, erklärt aber, idem sie dem Redner
für seinen belehrenden und interessanten Vortrag dankt, sich mit den die
antisemitische Bewegung verurteilenden Ausführungen im Allgemeinen
einverstanden.'" |
Erste
Generalversammlung des israelitischen Lehrervereins des Großherzogtums Hessen
in Darmstadt (1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juli 1891: "Darmstadt, 11. Juli (1891). Am 21.
Juni fand hier die erste ordentliche Generalversammlung des
israelitischen Lehrervereins des Großherzogtums Hessen statt. Es
waren mehr als 60 Lehrer und verschiedene Rabbiner anwesend. Der
Vorsitzende gedachte der verstorbenen Kollegen Klingenstein - Ober-Ingelheim
und Hirsch - Bieberau
in ehrenden Worten. Die Vorstände der israelitischen Gemeinde und der
israelitischen Religionsgesellschaft in Darmstadt begrüßten die
Versammlung und betonten, welches Interesse sie den Bestrebungen des
Vereins entgegenbringen. Herr Dr. Salfeld - Mainz
begrüßte die Versammlung als Delegierter des Deutsch-Israelitischen
Gemeindebundes und im eigenen Namen, teilte mit, dass der Gemeindebund 100
Mark zur teilweisen Vergütung der Reisekosten der Versammlungsbesucher
bewilligt habe, hob die ehrende Anwesenheit der Herren Obmann Backes,
Dir. Fiedler und Redakteur Schmitt vom hessischen Landeslehrerverein
hervor, widmete warme Worte Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog und
der Großherzoglichen Regierung und ermahnte die Anwesenden zur Einigkeit.
Der Vorsitzende verlas sodann die von ihm in Gemeinschaft mit den Herren
Dr. Salfeld - Mainz und Marx - Alsheim
seinerzeit der Großherzoglichen Regierung überreichte Petition, welche
in folgenden Sätzen gipfelt: Großherzogliche Regierung wolle dahin
wirken, dass künftig nur geprüfte Lehrer als israelitische Religionslehrer
angestellt werden, dass dieselben definitiv Anstellung finden und ein
Minimalgehalt aufgestellt werden, dass kleinere Gemeinden zu
Religionsschulsprengeln vereinigt und eine Subventionskasse gegründet
werde. Als direkte Wirkung der Petition bezeichnet der Vorsitzende den Erlass
des Ministerpräsidenten Finger an die Kreisämter, dahin wirken zu
wollen, dass keine israelitische Gemeinde ohne Religionslehrer sei, und
dass kleinere Gemeinden zu Schulsprengeln vereinigt würden. Aus der nun
folgenden Besprechung ist hervorzuheben, dass von verschiedener Seite
bemerkt wurde. die Vorstände der israelitischen Gemeinden müssten bei
Regelung der fraglichen Angelegenheiten mehr mitwirken und der Sache mehr
Wohlwollen entgegenbringen. Alsdann erstattete Herr Ehrmann - Friedberg
sein Referat über 'Normallehrplan für die jüdische Religionsschule'.
Nach einer geschichtlichen Einleitung sprach er über Aufgabe des
Religionsunterrichts, Lehrfächer, Einteilung von Klassen und Abteilungen,
Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden, Verteilung derselben auf die
einzelnen Fächer und Verteilung des Lehrstoffs auf die Schuljahre, über Stundenplan
und Lehrbücher. Nach der jetzt folgenden Statutenberatung referierte Herr
Marx Alsheim über die von der Witwe
des seligen Herrn Klingenstein dem Verein überwiesene Bibliothek;
sie wird wahrscheinlich in Darmstadt aufgestellt werden. Durch Erheben von
den Sitzen drückt die Versammlung ihre Verehrung für Frau Klingenstein
aus. Nachdem die Vorstandswahl erledigt, Frankfurt zum nächstjährigen Versammlungsort
und die 'Diskussion des Lehrplans' zum Verhandlungsthema bestimmt war, wurde
die Versammlung in üblicher Weise
geschlossen." |
Eine Deputation hessischer Schullehrer in Audienz beim
Großherzog (1892)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. April 1892: "Darmstadt. Zu einer Deputation
hessischer Schullehrer, welche vom Großherzog in Audienz empfangen wurde,
sprach derselbe folgende beherzigenswerten Worte. Er sagte, dass er die
antisemitische Bewegung aufs Tiefste bedaure und sie, gleich Kaiser
Friedrich, als eine Schmach unseres Jahrhunderts betrachte. Soweit es in
seiner Macht liege, werde er in seinem Lande entschieden Front gegen diese
verwerfliche Hetze machen. Das sind Worte, die unserem jungen Landesherrn
die Sympathien aller wohlmeinenden und rechtlich denkenden Menschen
sichern werden.'" |
40-jähriges Ortsjubiläum von Kantor und Lehrer
Heinrich Oppenheimer (1898)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. März 1898: "Am 28. März (1898) sind es 40 Jahre, dass Herr
Oppenheimer sein Amt als Kantor und Religionslehrer an der
Hauptgemeinde in Darmstadt angetreten hat." |
Religionslehrerprüfung im Ministerium
(1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 14. März 1901: "Darmstadt, 11. März (1901). Im
Amtslokale des Ministeriums des Innern, Abteilung für
Schulangelegenheiten, fand heute die diesjährige Religionslehrerprüfung
statt. Als Examinatoren waren die Herren Ministerialrat Dr. Eisenhut und
Rabbiner Dr. Marx hier erschienen. Dieser prüfte in den jüdischen, jener
in den deutschen Fächern. Die Disziplina erstreckten sich über Aufsatz,
deutsche Sprachlehre, Orthographie, Pädagogik, deutsche Geschichte,
Geographie, Hebräisch, Religionslehre, Biblische jüdische Geschichte.
Nur ein Kandidat hatte sich dem Examen, das er bestand,
unterzogen". |
Ausschreibung
der Stelle des Kantors und Religionslehrers der Israelitischen Religionsgemeinde
(1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3.
Juni 1901: "Kantor & Religionslehrer.
In der hiesigen israelitischen Religionsgemeinde (Hauptgemeinde) ist die
Stelle eines Kantors und Religionslehrers vom 1. August dieses Jahres ab
zu besetzen. Gehalt bis zu 2.400 Mark pro Jahr. Musikalische und
stimmgehabte Kandidaten, nicht über 30 Jahre alt, deutscher
Nationalität, staatlich und seminaristisch geprüft, wollen ihre
Bewerkung Lebenslauf und Zeugnisse beifügen und bis Ende Juni spätestens
einsehen. Weitere Auskunft erteilt.
Darmstadt, 30. Mai 1901.
Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde Darmstadt. Der
Vorsitzende: Ludwig Trier." |
Ausschreibung der Stelle des Kantors und Religionslehrers der
Israelitischen Religionsgemeinde (1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12.
Mai 1902: "Kantor und Religionslehrer. In der hiesigen
israelitischen Religionsgemeinde (Hauptgemeinde) ist die Stelle eines Kantors
und Religionslehrers alsbald zu besetzen. Anfangsgehalt 3.000 Mark pro
Jahr, nebst nicht unerheblichen Nebeneinkünften. Musikalische und
stimmbegabte Kandidaten, deutscher Nationalität, seminaristisch und
staatlich geprüft, wollen ihre Bewerkung, Lebenslauf und Zeugnisse, bis
spätestens 1. Juni laufenden Jahres an den unterzeichneten Vorstand
einsenden.
Darmstadt, 30. April 1902. Der Vorstand der israelitischen
Religionsgemeinde Darmstadt." |
Ausschreibung der Lehrer- und Schächterstelle
(1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Dezember 1903: "Die hiesige Lehrer- und Schächterstelle
(nach Übereinkunft auch eine Filiale) mit einem Gehalt von 800 Mark ca.
200 Mark Nebenverdienst und freier Wohnung ist per sofort zu besetzen. Nur
Deutsche und Unverheiratete werden berücksichtigt.
Jos. Salomon, I. Vorstand, Darmstadt." |
Religionslehrer und Kantor Heinrich Oppenheimer tritt
in den Ruhestand (1902)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. September 1902: "Darmstadt, 15. September
(1902). Der wohlbekannte Kantor und Religionslehrer der israelitischen
Religionsgemeinde dahier, Herr Heinrich Oppenheimer, trat am 12.
September nach beinahe 45-jähriger Tätigkeit infolge geschwächter
Gesundheit in den wohlverdienten Ruhestand. Herr Oppenheimer, welcher auch
in den hiesigen Gesangvereinen seit langen Jahren vorteilhaft bekannt ist
und an dem früheren Maurer'schen Institut lange Zeit unterrichtete, wie
auch Religionsunterricht an den hiesigen höheren Lehranstalten erteilte,
erfreute sich seines biederen Charakters und seines liebenswürdigen
Wesens halber der Sympathie weitester Kreise. Bei seinem Ausscheiden aus
dem Dienste verlieh Seine Königliche Hoheit der Großherzog dem
verdienten Beamten und Lehrer das Silberne Kreuz des Philippsordens mit
der Krone. Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde aber
gewährte dem treuen Beamten das seither bezogene Gehalt ungekürzt als
Pension. Möge dem alten Herrn nach langer Arbeit ein froher Lebensabend
beschieden sein!" |
70. Geburtstag von
Lehrer und Kantor Heinrich Oppenheimer
(1903)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6.
März 1903: "Darmstadt. Am nächsten Sonntag, den 8. dieses
Monats, feiert Herr Kantor Heinrich Oppenheimer seinen 70.
Geburtstag. Herr Oppenheimer ist durch seine langjährige Mitwirkung im
Mozart- und Musikverein, sowie als Lehrer an dem früheren Maurer'schen
Institut auch in weiteren Kreisen bekannt und beliebt. Es dürfte daher
dem Jubilar, welcher vor einigen Jahren sein 40-jähriges Dienstjubiläum
an der hiesigen israelitischen Gemeinde feierte und damals von Seiner
Königlichen Hoheit dem Großherzog durch einen Orden ausgezeichnet wurde,
an Ovationen nicht fehlen. Wir wünschen dem Herrn Oppenheimer, der
infolge eines Leidens vor Kurzem genötigt war, um seine Pensionierung
einzukommen, einen recht langen und heiteren Lebensabend." |
| |
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 5. März 1903: ""Darmstadt.
Heinrich Oppenheimer, Lehrer und Kantor Emeritus in Darmstadt,
feiert am 8. März sein 70. Wiegenfest. Der Jubilar, im Jahre 1833 zu
Gleicherwiesen geboren,
besuchte das Seminar zu Hildburghausen,
wo er eine gediegene pädagogische und zugleich musikalische Vorbildung
erhielt. Seine sonore, außerordentlich wohllautende Stimme befähigte ihn,
noch jung an Jahren, Künstlerisch-Vollendetes zu leisten und so kam er denn,
nachdem er in Meiningen und
Butzbach als Lehrer fungiert, an die
jüdische Religionsgemeinde zu Darmstadt, in deren herrlichem Gotteshaus der
Jubilar einen Gottesdienst einführte, wie er erhebender nicht gedacht werden
kann. Auch in den dortigen Musikvereinen wirkte er als Solist in den
bekanntesten Oratorien und oft war es ihm vergönnt, vor dem Großherzog
Ludwig IV. und anderen Fürstlichkeiten seine klangvolle Baritonstimme hören
zu lassen. Besonders gewürdigt wurde er aber als Lehrer, galt er doch als
einer der befähigtsten Pädagogen am 'Maurer'schen Institute', in welchem er
18 Jahre wirkte und Kindern aus den vornehmsten christlichen Kreisen
Unterricht erteilte. Sein bitterer Charakter, sein heiteres Gemüt, seine
Jovialität erwarten ihm in allen Kreisen der Bevölkerung unzählige Freunde,
die keine Gelegenheit vorüber gehen ließen, den würdigen Lehrer und Gott
Begnadeten Sänger zu ehren. Auch der Großherzog Ernst Ludwig zeichnete den
Jubilar mehrfach durch Ordensverleihung aus. Wir aber wünschen dem teuren
und treuen Kollegen, dass es ihm vergönnt sein möge, sich im Kreise seiner
Familie eines heiteren Lebensabends zu erfreuen und rufen ihm zu: Ad meah
Schana! (= (alles Gute) bis 100 Jahre)." |
Die Ausbildung und Anstellung der israelitischen
Religionslehrer soll gesetzlich geregelt werden
(1905)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Juni 1905:
Der Text ist noch abzuschreiben. |
Foto
der neu eröffneten jüdische Schule
(1934)
Abbildung
mit Untertext in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September
1934:
"Auf dem Hofe der neugegründeten jüdischen Schule in Darmstadt (aus
dem Heft des Z.A.d.F.J. für Hilfe und Aufbau") |
Über die
neu eröffnete Jüdische Schule in Darmstadt (1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 21. März 1935: "Die neue jüdische Schule zu Darmstadt
trat mit einer bemerkenswerten Veranstaltung an die Öffentlichkeit. Vor
überfülltem Saale brachte sie die Kinderoper 'Die Reise um die Erde' zur
Aufführung. Ein entzückendes Kindertheater, in dem jede einzelne Szene
besondere Reize aufweist. - In einführenden Worten sprach Herr Lehrer
Bick vom Entstehen und Inhalt des Spieles. Das Publikum ist gebannt
von dem Spiele der etwa hundert mitwirkenden Kinder. Ein von 30-40 Kindern
gebildeter Chor umrahmt das Spiel mit reizenden Gesängen, die prächtigen
Tanzgruppen finden besonderen Beifall. Ein gut aufeinander eingespieltes Orchester
erhöht die Wirkung des Gebotenen. Den Höhepunkt erreicht der Abend in
der Palästinaszene. Die Pause vor der Schlussszene benutzt Herr Rabbiner
Dr. Merzbach, um ein paar Worte über das segensreiche Wirken der
jüdischen Schule zu sprechen, um allen Mitarbeitern Dank zu sagen. Sein
besonderer Dank gilt Herrn Bick, den er Kopf und Seele des Ganzen nannte,
und in dessen Hand Stabführung und Spielleitung lagen. Stürmischer
Beifall lohnt Kinder und Lehrer. Der Abend wurde als besonderes Erlebnis
empfunden. So war die Schule gezwungen, die Darbietung der Kinderoper
zweimal zu wiederholen." |
Über die Jüdische Schule in Darmstadt
(1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 7. Mai 1936: "Von der Jüdischen Schule in
Darmstadt.
Darmstadt, 5. Mai (1936). Aus dem Bericht der Jüdischen Schule zu
Darmstadt über das Schuljahr 1935-36 ersehen wir, dass die Schülerzahl
seit der Gründung vor zwei Jahren von 98 auf 172 angewachsen ist. Mit
Beginn des abgelaufenen Schuljahres wurde ein neuntes Schuljahr
eingerichtet und mit dem neuen Schuljahr wird ein zehntes Schuljahr
die Arbeit der bisherigen Schulklassen fortführen. Der Lehrstoff der
Schule geht über den Rahmen der Volksschule weit hinaus, denn es wird in
vielen höheren Fächern unterrichtet. Zu den Sprachkursen gehört auch
ein solcher in Neuhebräisch, an dem 70 Kinder teilnehmen. Der Religionsunterricht
war bisher reichlich ausgedehnt und wird im neuen Schuljahr noch
erweitert. Das Klassenziel wurde in allen Fächern und Klassen erreicht
und auch überschritten. Auch wird der Gemeinschaftsgeist der Schüler und
der Schule lobend hervorgehoben. Der Bericht ist unterzeichnet von Herrn Rabbiner
Dr. Merzbach als Schulleiter und Herrn Bick, der als
stellvertretender Schulleiter seine ganze Kraft der Schule
widmet.
Am Sonntag zeigte eine kleine Ausstellung, was die Mädchen auch in
der Nähestunde (unter der bewährten Leitung von Fräulein SItta Golde)
geleistet haben. Die prachtvollen niedlichen Gegenstände, die hier in
hübscher Aufmachung unter Blumen prangten, zogen eine große
Gemeindeinteressierter Zuschauer und Zuschauerinnen an und zeugten von der
Liebe und Intensität, mit der die Schule die Arbeitsfreude und den
angeborenen kunstgewerblichen Sinn der Mädchen zu entwickeln und zu
steigern weiß." |
Zum Tod der Lehrerin an der Jüdischen Volksschule Julia Bodenheimer
(1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 2. Juli 1936: "Darmstadt, 29. Juni (1936). Am 19. Juni
verschied durch einen tragischen Unglücksfall mitten aus einem
blühenden, hoffnungsvollen Leben heraus Frl. Julia Bodenheimer von hier.
Als Lehrerin an der hiesigen Jüdischen Volksschule hatte sie durch ihr
Wissen und ihre peinliche Gewissenhaftigkeit schöne Erfolge bei den
Kindern erzielt. Ihre Charakterfestigkeit und ihre Intelligenz hatten ihr
die Sympathie im Lehrerkollegium eingebracht. Seit einem halben Jahre
leitete sie ein Beth-Chaluz in Köln, mit dem Ziele, später nach Erez
Jisrael zu kommen. Dieser Traum wurde durch den plötzlichen Tod
zerstört. Viel Hoffnung und Idealismus ist mit diesem wertvollen jungen
Menschen ins Grab gegangen. Neben den vielen, die Frl. Bodenheimer kannten
und ehrten, trauert um sie die schwergeprüfte Mutter, eine Schwester und
die gesamte Familie, eine Schwester und die gesamte Familie. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens."
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