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in Alzey
Alzey (Kreis Alzey-Worms)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Alzey wurden in jüdischen Periodika
gefunden. Bei Gelegenheit werden weitere Texte ergänzt.
Übersicht
Texte zur Geschichte der Synagoge finden sich auf der Seite
zur jüdischen Geschichte/Synagogengeschichte in Alzey
Texte zur Geschichte der Friedhöfe finden sich auf der Seite
der jüdischen Friedhöfe in Alzey
Allgemeine Berichte
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde Alzey (Artikel von 1927 von Rabbiner
Dr. Julius Lewit)
Hinweis: die Darstellung ist auf dem Forschungsstand von 1927; es gab danach
neue Erkenntnisse vor allem zur mittelalterlichen Geschichte in Alzey.
Artikel
im "Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen
Religionsgemeinden Hessens" Nr. 2 von 1927: "Die israelitische
Religionsgemeinde in Alzey. Von Rabbiner Dr. Julius Lewit, Alzey.
Schon mit den römischen Legionen waren Juden an den Rhein gekommen, die nach
ihrer militärischen Dienstzeit sich in den Rheinlanden niederlassen. Es ist
darum auch anzunehmen, dass schon vor 1800 Jahren Juden in der Alzeyer
Gegend wohnten. Zu einem Gemeindeleben kam es aber hier erst spät. Während
in den Nachbarorten Worms und
Mainz schon um das Jahr 1000 blühende
israelitische Gemeinden waren, von deren berühmten Männern, die durch
hervorragende Gelehrsamkeit sich ausgezeichnet, die Geschichte Kunde gibt,
wie unter vielen anderen Raschi, der klassische noch heute unentbehrliche
und hochgeschätzte Bibel- und Talmudkommentator in Worms und Rabbi Gerschon
in Mainz, der eine so hohe Autorität besaß, dass sein Verbot der Polygamie
von der Judenheit der ganzen Welt als bindendes Gesetz angenommen wurde,
lässt sich das Gemeindeleben der |
Juden
in Alzey erst nach dem 30-jährigen Krieges nachweisen. Denn seit jener Zeit
ist ein jüdischer Friedhof in Alzey vorhanden; der hiesige älteste
jüdische Friedhof an der Antonitterstraße, und ein Memorbuch, das ist das
gemeindliche, in hebräischer Sprache geführte Gedächtnisbuch für die
Verstorbenen.
Eine Synagoge, die zur Andacht und Belehrungen dient, war bis 1791 in
dem Hause, in dem jetzt die Löwen- Apotheke ist. Dann hatte Elias Belmont
auf seine Kosten eine Synagoge eingerichtet auf der Spießgasse gegenüber dem
Löwenbrunnen. Durch die Freigebigkeit der Gemeindemitglieder gelang es die
jetzige Synagoge auf der Augustinerstraße zu erbauen, die am 20. Oktober
1854 durch Rabbiner Dr. Adler feierlich eingeweiht wurde. Die vortreffliche
Weihepredigt war im Druck erschienen und ist noch vorhanden. Zur ehrenden
Erinnerung sei des Erbauers der Synagoge, des Kreisbaumeisters Rhumbler, und
der pflichttreuen damaligen Vorsteher der jüdischen Gemeinde gedacht, durch
deren Hingabe und Eifer vor 72 Jahren das schöne Werk zustande gekommen war.
Es sind die verewigten Ehrenmänner Simon Mayer, Louis Neuberger, Moritz
Neuberger, Louis Lessing und Max Levi. Die Rabbiner der Gemeinde
waren seit 1842 Uhr folgende: Rabbiner Dr. Adler (von hier nach New York
berufen), Rabbiner Dr. Rothschild (Aachen), Rabbiner Dr. Levy (Krefeld) und
Rabbiner Dr. Lewit, die sämtlich durch Großherzogliches Dekret von dem
hessischen Ministerium angestellt wurden. Die Rabbiner sind zugleich
Religionslehrer an den hiesigen höheren Lehranstalten, der Oberrealschule,
dem Progymnasium, dem Lyzeum, dem Lehrerseminar (der jetzigen Aufbauschule).
An dem Alzeyer Lehrerseminar wurde seit 1880 jüdischer Religionsunterricht
erteilt, so dass die jüdischen Seminaristen aus ganz Hessen nur das
Lehrerseminar in Alzey besuchen mussten. Eine größere Anzahl jüdischer
Lehrer sind aus dem Alzeyer Lehrerseminar hervorgegangen, die segensreich
ihres Amtes gewaltet haben und noch walten.
Zum Alzeyer Rabbinatsbezirke gehören noch folgende Landgemeinden des Kreises
Alzey und Oppenheim: Bechtolsheim, Erbes-Büdesheim, Wendelsheim, Flonheim,
Framersheim, Gau-Bickelheim, Gau-Odernheim, Hillesheim, Nieder-Saulheim,
Nieder-Wiesen, Partenheim, Schornsheim, Undenheim, Vendersheim, Wallertheim
und Wörrstadt.
Als Lehrer und Kantor wirkt in hiesiger Gemeinde bereits seit 38 Jahren Herr
Abraham Stern, der mit Chorgesang und Orgelbegleitung den würdigen
Gottesdienst versieht, und erfolgreich hier und in einigen Nachbargemeinden
Unterricht in Hebräisch und in Religionslehre erteilt.
In der jüdischen Gemeinde Alzey sind auch eine Anzahl Vereine, geselligen,
bildenden und wohltätigen Charakters. Auch bestehen einige größere
Stiftungen, die indessen durch die Entwertung (sc. Inflation) ihre
Aufgabe gegenwärtig nicht erfüllen können.
Außer dem ältesten jüdischen Friedhof auf der Antonitterstraße hat die
jüdische Gemeinde noch Grabstätten auf dem allgemeinen Friedhof. Auf dem
linken Flügel befindet sich seit etwa 1800 der ältere und auf dem rechten
Flügel der im Jahre 1907 eingeweihte neue jüdische Friedhof. - Es sei auch
der acht Söhne der Gemeinde gedacht, die ihr junges Leben für das Vaterland
hingegeben haben und zu deren Andenken zwei Gedächtnistafeln in der Synagoge
angebracht und in feierlich im Gottesdienste am 3. Juli 1921 geweiht worden
sind. Die Namen der gefallenen Heldensöhne sind: Alfred Koch, Erwin Strauß,
Paul Friedrich Küchler, die Brüder Max Schwarz und Ludwig Schwarz, Jakob
Schaffner, Paul Weinmann und Hugo Weinmann.
Aus der israelitischen Gemeinde in Alzey sind manche Persönlichkeiten von
Weltruf hervorgegangen. Wir nennen den am 6. Dezember 1816 Uhr in Alzey
geborenen August Belmont, der bei dem holländischen Hof im Haag 1853
Gesandter der Vereinigten Staaten von Nordamerika war. Dieser August Belmont
war im Auftrage des Bankhauses Rothschild in Frankfurt am Main nach New York
gekommen, um für dasselbe dort geschäftlich zu wirken. Er ist der Gründer
des weltberühmten Bankhauses August Belmonte in New York geworden.
|
Wir
nennen noch Nachkommen der Alzeyer Familie Hernsheim, die erfolgreiche
Bahnbrecher auf dem Gebiete der deutschen Kolonialpolitik auf Samoa gewesen
sind.
Auch ist des Sohnes des obengenannten Rabbiners Dr. Adler ehrende Erwähnung
zu tun, des großen Gelehrten Professor Dr. Felix Adler, der an der
Columbia-Universität in New York als Professor wirkt und durch Inauguration
des Vereins für ethische Kultur sich einen Weltruf erworben hat. Es wird
noch bekannt sein, dass er Austauschprofessor an der Berliner Universität
gewesen ist.
Auch die Gattin des berühmten Politikers, des durch zwanzig Jahre hindurch
bewährten Reichstagsabgeordneten für den Wahlkreis Alzey-Bingen, Dr. Ludwig
Bamberger, seine Cousine, eine geborene Belmont, entstammte der hiesigen
israelitischen Gemeinde.
Nicht unerwähnt bleibe, dass der vortrefflich jüdische Maler Professor
Moritz Oppenheim in seinem großen Gemälde 'Der Sederabend am Passahfeste'
die patriarchalische Gestalt des ehrwürdigen Simon Neuberger in Alzey als
Bild des Hausherrn verewigt hat.
Möge die Gemeinde zur Ehre Gottes und zum Segen der Menschheit als ein
wertvolles Glied der großen Gesamtheit sich weiter friedlich und glücklich
entfalten." |
Aus der Geschichte des Rabbinates
Alzey war von 1842 bis 1933 Rabbinatssitz (unter den
Rabbinern: 1842 bis 1857 Dr. Samuel Adler aus Worms, 1862 bis 1891 Dr. David Rothschild,
1891 bis 1904 Dr. Joseph Levi aus Freudental, 1905 bis 1933 Dr. Julius Lewit).
Bereits vor 1842 gab es Rabbiner in der Stadt, u.a. Rabbiner Joseph Mengburg
(geb. ca. 1758, gest. 1824 in Alzey), war zunächst Rabbiner in
Bingen, seit
1804 Rabbiner in Alzey (dem Oberrabbiner in Mainz unterstellt).
Aus der Zeit
des Rabbiners Dr. Samuel Adlers (Rabbiner von 1842
bis 1857)
Rabbiner Dr. Samuel Adler (geb. am 3. Dezember 1809 in Worms, gest. am 9.
Juni 1891 in New York): studierte seit 1831 an der Universität Bonn, dann in
Gießen, wurde 1836 an der
Universität Gießen in Philosophie promoviert; 1836 zunächst Religionslehrer,
Prediger und Dajan in Worms, wirkte als Reformer; seit 1. Oktober 1842 Rabbiner
in Alzey; im Herbst 1856 wanderte er in die USA
aus, nachdem er einen Ruf der jüdischen Gemeinde Temple Emanu-El in New York
erhalten hatte. Er wurde in der Folgezeit Oberhaupt der
führenden jüdischen Reformgemeinde der USA. Adlers Bibliothek ist weitgehend
erhalten im Hebrew Union College in Cincinatti/USA.
Rabbiner Dr. Samuel Adler
profiliert sich in der Rabbinerversammlung in Magdeburg (1846) |
Nach dem "Leitenden
Artikel" in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Juli 1846
profilierte sich bei der "dritten Rabbinerversammlung" in Marburg 1846
Rabbiner Dr. S. Adler aus Alzey u.a. mit einem "Referat über die Frage
bezüglich der Sektion israelitischer Leichen". |
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Über
den Stand der Reformen in Alzey unter Rabbiner Dr. Samuel Adler (Bericht in einer
liberal-jüdischen Zeitung 1848) |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit im 19. Jahrhundert" vom 2.
Januar 1848: "Der Bruder des Herrn A. Adler in Worms, Herr S.
Adler in Alzey ist durch seinen Konservatismus hinlänglich bekannt.
Allein dieser ist, wenn man Herrn Adler näher kennt, nicht so schlimmer
Natur, namentlich in Bezug auf praktische Reform, da er das einmal von ihm
Ausgesprochene mit Energie in die Praxis zu bringen sich bemüht. So ist
von ihm schon lange der Chor eingeführt, die Doppelfeier der Festtage,
das CHMSCH (?) am 8. Pessachtage, für vergangen erklärt worden. Eine
neue Synagogenordnung, die von demselben abgefasst und nun der höheren
Behörde zur Genehmigung vorliegt, stellt weit Mehres in Aussicht, auch
wird dieselbe die Einführung des dreijährigen Zyklus bewirken. Dabei ist
nicht zu vergessen, dass der Rabbinats-Distrikt Alzey lange völlig
ungepflegt, ja verwahrlost war, dadurch auf einer Seite unwissende
Orthodoxen, auf der anderen kalte Indifferentisten entstanden, die beide
jetzt dem wahren Judentums näher gebracht wurden, da erstere allmählich
einer erleuchteten Auffassung des Judentums Ohr und Herz leihen, letztere
mehr Interesse am väterlichen Glauben nehmen, mehr Sinn für Religion
bekommen. Diejenigen, die keinen Fingerbreit von den Grenzen des Schulchan
Aruch weichen wollen, werden so immer kleiner, und ihr moralisches
Gewicht täglich unbedeutender. Aber auch diese wenigen versagen Herrn S.
Adler ihr Zutrauen und Liebe nicht und wird derselbe von den Stadt- wie
von den Landgemeinden geschätzt und geliebt. Seine Predigten sind sehr
gediegen und gehaltvoll un din der Regel extemporiert. Die Synagoge
befindet sich in sehr schlechtem, für Alzey höchst ungenügendem
Zustande, es ist jedoch ein Neubau in Projekt. Der Chor in derselben wird
größtenteils durch Commis und Erwachsene in Ausführung gebracht.
Was das Verhältnis betrifft, in welchem die Israeliten Alzeys mit ihren
christlichen Brüdern stehen, so kann dasselbe ein höchst befriedigendes
genannt werden. Die Juden haben sogar mit den Christen einen
gemeinschaftlichen Begräbnisplatz und die 2 in Alzey wohnenden Ärzte
erfreuen sich gleichfalls einer starken Teilnahme seitens der Christen.
Die Admonition des Eides wird auf Betrieb des Herrn Adler in der Behausung
des Letzteren vorgenommen." |
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Rabbiner
Dr. Samuel Adler ist "wegen politischer Vergehen" im Revolutionsjahr 1848
angeklagt (1849)
Anmerkung: bei den genannten beiden Brüdern Adler handelt es sich sehr
wahrscheinlich um die im obigen Abschnitt genannten Brüder A. Adler in
Worms und Rabbiner Dr. Samuel Adler in Alzey |
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 12. Oktober
1849: "Worms am Tag vor Jom Kippur (= 25. September 1849).
Prediger Adler ist eben mit vier Gendarmen nach dem Gerichtshof in Mainz
transportiert worden. Es wird ihm dort Zeit gegönnt sein, über sein
gotteslästerliches Wirken als Jude und über seine
republikanisch-sozialistische Ideen nachzudenken. Auch sein Bruder in
Alzey ist wegen politischer Vergehen angeklagt worden. - Ich behalte
mir es vor, über Ersteren Nächstens ausführlicher zu reden, zumal ich
die religiösen Verhältnisse hiesiger Stadt Ihnen zur Musterkarte
mitteilen werde." |
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Rabbiner Dr. Samuel Adler
verzichtet auf die Annahme der Rabbinatsstelle in Lemberg (1856) |
Meldung in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Januar 1856: "Alzey, 28.
Dezember (1856). Unser trefflicher Rabbiner Dr. S. Adler wird uns erhalten
bleiben. Familien-Schicksale und andere Verhältnisse zwingen ihn,
definitiv auf Lemberg zu verzichten." |
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Dr. Samuel Adler wird Rabbiner in New York -
Mitteilung vom Januar 1857 |
Meldung in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Januar 1857: "Dr. Adler,
bisher Rabbiner in Alzey, geht an Herzbachers Stelle nach New York. Adler
nimmt die Achtung und Liebe seiner Gemeinde, sowie seiner zahlreichen
Freunde mit sich. Er geht kommenden März von Alzey an". |
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Abschiedspredigt von
Rabbiner Dr. Samuel Adler (1857) |
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. März 1857: "Alzey, 25.
Februar (1857): Verwichenen Samstag, den 21. dieses Monats, hielt der
bisherige Rabbiner, Herr Dr. Adler, vor seiner Abreise nach New York,
wohin ein sehr ehrenvoller Ruf als Prediger der Emanu-El-Gemeinde ihn
berief, seine Abschiedspredigt, welche die Gemüter der anwesenden
zahlreichen Zuhörer der verschiedenen Konfessionen tief ergriff. Die
hiesige israelitische Gemeinde verliert an ihm einen Mann, der während
seines vierzehnjährigen Wirkens hier stets durch Wort und Tat in der
uneigennützigsten Weise bemüht war, in seiner Gemeinde das geistige Wohl
zu fördern, den geläuterten Glauben unserer erhabenen Religion zu
erheben und zu veredeln, und er hatte die Genugtuung, dieses Streben
allgemein anerkannt und gewürdigt zu sehen. Schon seit einiger Zeit waren
alle hiesigen Israeliten von dem ihnen drohenden Verlust schmerzlich berührt
und in einer an den würdigen Seelsorger von seiner Gemeinde gerichteten
Adresse, begleitet von vier schönen silbernen Leuchtern, gaben sie ihren
Gefühlen den sprechendsten Ausdruck. Nicht minder wurde ihm von sämtlichen
Institutionen, in denen er den Religionsunterricht erteilte, sowie von
verschiedenen Privaten ehrende Anerkennung zuteil; demselben folgt nicht
allein die Liebe und Achtung seiner Glaubensgenosse, sondern auch von den
Bekennern anderer Konfessionen, von Allen, die ihn näher zu kennen
Gelegenheit hatten, in reichlichem Maße; so wurde ihm am Tage vor seiner
Abreise von der Direktion der höheren Bildungsschule (Realschule) in
einer herzlichen Adresse das tiefe Bedauern über sein Scheiden ausgedrückt.
Möge der neue Wirkungskreis, wohin die göttliche Vorsehung ihn berufen,
ihm Gelegenheit geben, seinem edlen Streben durch die besten Erfolge die
Krone aufzusetzen; möge aber auch die hiesige Rabbinatsstelle durch einen
Gleichgesinnten Mann besetzt werden, damit die edle Saat, die er
ausgestreut, noch den spätesten Enkeln segensreiche Früchte trage." |
|
Ankunft von Rabbiner Dr.
Samuel Adler in New
York Ende März 1857 |
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni 1857: "Dr. Adler, früher
Rabbiner in Alzey, kam nach einer beschwerlichen Seereise Ende März in
New York an und hielt am 4. April seine Antrittsrede. Leider begegnete
ihm, laut brieflichen Mitteilungen von dort, das Malheur, dass ihm auf dem
Schiff sein sämtliches Silber gestohlen wurde." |
Ergänzung zur obigen
Mitteilung |
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Juli 1857: "Einer frühern
Nachricht von hier folge die Ergänzung, dass die auf dem Schiffe
vermissten Gegenstände des Dr. Adler in New York später wieder gefunden
wurden." |
|
Rabbiner
Dr. Samuel Adler erhält eine finanzielle Zuwendung seiner Gemeinde in New York
(1866) |
Mitteilung
in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 6. Juni 1866: "New
York, im Mai (1866). Dr. Adler, Rabbiner der hiesigen Gemeinde
'Emanuel', hat von derselben zehn Tausend Dollar zum Geschenke
erhalten." |
|
Bericht über
Rabbiner Dr. Samuel Adler und seine erfolgreiche Tätigkeit in New York (1869) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Februar 1869: "Die hervorragenden
jüdischen Geistlichen in Amerika. [Nach dem Phrenological
Journal.]
Rev. Dr. Samuel Adler ist der Sohn des Jakob J. Adler, Rabbiners der
Gemeinde zu Worms am Rhein, wo er auch im Jahre 1810 geboren wurde. Schon
in frühem Alter begann er das Studium der hebräischen Sprache, der Bibel
und des Talmuds. das er dann mit großem Fleiße unter der freundlichen
und sorgfältigen Leitung seines Vaters fortsetzte. Bei dem frühen Tode
dieses Letzteren jedoch verließ der Gegenstand unserer Skizze, damals ein
Knabe von vierzehn Jahren, zum ersten Male das elterliche Haus und ging
nach Frankfurt am Main, um dort seine Studien auf der talmudischen
Hochschule fortzusetzen. Nach einiger Zeit kehrte er wieder nach seiner
Vaterstadt zurück, um unter dem Rabbiner Bamberger weiter zu studieren,
und sich zugleich durch selbstständiges Arbeiten für die Universität
vorzubereiten. 1831 bis 1836 besuchte er die Universitäten in Bonn und
Gießen und widmete sich mit großem Eifer der orientalischen Philologie.
Als er im Frühjahr 1836 wieder nach Worms zurückkehrte, wurde er sofort
als Prediger und Religionslehrer der Gemeinde angestellt, zu welchem Amte
bald noch das des Inspektors aller jüdischen Schulen des Distrikts
hinzugefügt wurde. In dieser Stellung trat er zuerst als Vorkämpfer der
Reform auf und tat die ersten Schritte zur Klärung und Verbesserung des
öffentlichen Gottesdienstes unter den Juden jenes Distrikts. Im
Spätherbst des Jahres 1842 erhielt Dr. Adler den Ruf als Rabbiner des
Distriktes Alzey, ein weites und bis dahin noch unbebautes Feld der
Arbeit, aber eines, das seine Arbeit wohl vergalt, sodass die kleine
Gemeinde in wenigen Jahren sich durch ganz Deutschland einen Namen
erworben hatte, welcher sich mit dem der reichsten und größten Gemeinden
messen konnte. Diese Gemeinde gestattete auch ihrem Geistlichen, die
Rabbinerversammlungen von 1844-46 zu besuchen, zu deren tätigsten
Mitgliedern er gezählt werden muss. Im Jahre 1854 nahm Dr. Adler eine
Berufung als Rabbiner und Prediger der jüdischen Gemeinde zu Lemberg in
Galizien an, aber wegen unvorhergesehener und ernstlicher
Familienstörungen konnte er ihr nicht folgen. Im Spätherbst des Jahres
1856, nach dem Tode des betrauerten Dr. Merzbacher, erhielt er einen Ruf
als Rabbiner an den Tempel Emanuel in New York, welchem er gern folgte,
und noch jetzt fungiert er in dieser Stellung und hat die Freude, seine
Anstrengungen mit dem besten Erfolge gekrönt zu sehen.
Dr. Adler's Gemeinde ist eine der wohlhabendsten im ganzen Lande. Sie
gehört zu der neuen Reformschule des Judentums. Der Prachtbau einer neuen
Synagoge an der Ecke der 43. Straße und 5. Avenue wird im künftigen
Herbste beendet sein.
In der äußeren Erscheinung ist Dr. Adler durchaus geistlich, und
obgleich im Allgemeinen von ernstem Aussehen, hat er doch seine
Augenblicke der Heiterkeit und der 'Bonhommie'. Er zeichnet sich durch
seine rhetorischen Fähigkeiten sein, seine Predigten hält er ganz ex
tempore, doch sind sie stets in reinem, edlem Stil. Nur gelegentlich
trägt er in englischer Sprache vor." |
|
Über die beiden
Brüder Rabbiner Dr. Samuel Adler und Prediger Abraham Adler in Worms (1885)
Anmerkung: zu Dr. Abraham Adler Weiteres siehe
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/363 |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. September 1885: "Der Aufmerksamkeit würdig waren
auch die Brüder S. Adler, Kreisrabbiner in Alzey und A.
Adler, Prediger in Worms. Ähnlichkeit besaßen diese Brüder weder in
ihrer äußeren Erscheinung, noch in ihren Ansichten; aber in ihren
Gesinnungen und in ihrer Charakterfestigkeit kamen sie überein. Der
erstere der beiden huldigte damals noch der gemäßigten Reform und wollte
sie überall nur aus dem Talmud selbst herleiten und begründen. Darum
kümmerte sich der zweite wenig, und verteidigte eine durchgreifende
Reform mit großer Schärfe und gewandter Dialektik, der er oft einen
überraschenden Sarkasmus einzufügen wusste, und zwar gerade da, wo man
diesen gar nicht vermutete, und wo er deshalb wie ein Blitz einschlug. S.
Adler gewann gerade durch seine Richtung bald eine gewisse Autorität
unter seinen Kollegen, die er durch ein freundliches, liebenswürdiges
Benehmen steigerte. A. Adler hatte ein hässliches Organ, das er jedoch
durch seine kräftige Redeweise leicht vergessen machte. Von ihm ist mir
nur eine polemische Schrift 'das Judentum und die Kritik, ein
Sendschreiben an Herrn Dr. Frenkel ' (Mannheim 1845) bekannt, und einem
weiteren Wirken setzte ein frühzeitiger Tod ein Ende. Von S. Adler, der
später nach New York berufen ward, wo er eine lange sehensreiche für das
amerikanische Judentum bedeutende amtliche Wirkung bis zum heutigen Tage
ausübte, ist mir kein literarisches Produkt
bekannt." |
|
Zum
Tod von Rabbiner Dr. Samuel Adler (1891) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juli 1891: "Herr Dr. Samuel Adler, früher
Rabbiner in Alzey (Hessen) und dann langjähriger Rabbiner der New Yorker
Emanuel-Gemeinde, ist im Alter von 82 Jahren verschieden. Derselbe war ein
Sohn des Rabbiners Adler in Worms." |
|
Über den Philosophen
Felix Adler, Sohn von Rabbiner Dr. Adler (1851 in Alzey - 1933 in New
York)
(Bericht übernommen und überarbeitet aus einem
Artikel im "Humanistischen
Pressedienst" |
Amerikanischer Philosoph,
in Alzey geboren. Er ist der Begründer der für einen säkularen Humanismus eintretenden
"Society for Ethical Culture", die er bis zu seinem Tod leitete. Sein
Vater Dr. Samuel Adler wanderte mit ihm 1856 in die USA aus. Er studierte an der Columbia University in New York, ging 1870 an die Universität Heidelberg, wo er1874 promovierte. Anschließend war er für zwei Jahre als Professor für hebräische und orientalische Literatur an der privaten Cornell University in Ithaca, New York tätig. Zurück in New York City predigte er eine kurze Zeit in der Synagoge in der sein Vater der Chefrabbiner war. Die Tatsache, dass er sich in seinen Predigten niemals auf Gott bezog, machte ihn der jüdischen Gemeinde suspekt, entsprechend endete diese Tätigkeit schnell wieder. 1876 rief er mit der
"Gesellschaft für Ethische Kultur" eine neue religiöse Bewegung ins Leben. Diese basierte auf der Vorstellung, dass nicht eine Gottheit und dogmatische Glaubensbekenntnisse sondern ethische und moralische Werte die Grundlage religiösen Empfindens bilden sollen. Diese religiöse Haltung solle dann durch konkrete Taten, durch humanitäres Handeln zum Ausdruck kommen.
In diesem Sinne entwickelte die Gesellschaft für ethische Kultur zwei wegweisende Projekte. 1877 rief sie einen medizinischen Besucherdienst ins Leben, der ans Bett gefesselte, sozial schwache Kranke betreute und später ins öffentliche Gesundheitssystem von New York übernommen wurde. Im folgenden Jahr gründete die Gesellschaft einen kostenlosen Kindergarten zur Betreuung von Kindern armer, arbeitender Familien. Dieser wurde dann 1880 zur Schule ausgebaut, aus der schließlich die heute noch bestehende
"Ethical Culture Fieldstone School" hervorging. Adler selbst publizierte Schriften zu religiösen, ethischen und pädagogischen Fragen und wurde 1902 Professor für
"Politische und Soziale Ethik" and der Columbia University in New York. Er setzte sich auch für Völkerverständigung und die Selbstbestimmung von Völkern ein und kritisierte die imperialistische Ausrichtung der US-Außenpolitik.
Adlers Ideen wurden in Deutschland aufgegriffen und führten 1892 zur Gründung der
"Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur".
Zitat: "For more than three thousand years men have quarrelled concerning the formulas of their faith. The earth has been drenched with blood shed in this cause, the face of day darkened with the blackness of the crimes perpetrated in its name. There have been no dirtier wars than religious wars, no bitterer hates than religious hates, no fiendish cruelty like religious cruelty; no baser baseness than religious baseness. It has destroyed the peace of families, turned the father against the son, the brother against the
brother." |
Prof. Dr. Felix Adler (geb. 1851 in Alzey) liest als
Austausch-Professor an der Berliner Universität (1908)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 12. Juni 1908: "New York. Dr. Felix Adler, Professor für
politische und soziale Ethik an der Columbia-Universität, der im
nächsten Wintersemester als dritter amerikanischer Austauschprofessor an
der Berliner Universität lesen wird, wird sich bereits in Kürze
nach Europa begeben. Dr. Adler wurde 1851 in Alzey (Rheinhessen) als Sohn
des damaligen Rabbiners Dr. Samuel Adler geboren und besuchte 1870-72 die
Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in
Berlin." |
Aus der Zeit des Rabbiners Dr. David Rothschild (Rabbiner von 1862 bis 1891)
Rabbiner Dr. David Rothschild (geb. 16. November 1816 in Hamm
(Westfalen), gest. 28. Januar 1892 in Aachen): studierte 1837 bis 1838 in Bonn,
war zunächst Prediger in Hamm; seit 1850 Rabbiner in Aachen, seit 1861 Rabbiner
in Alzey; war Teilnehmer an der liberalen Kasseleer Rabbiner-Versammlung. Im
Juni 1891 trat er in den Ruhestand. Er starb in Aachen, wo er auf dem dortigen
jüdischen Friedhof beigesetzt
wurde.
Schwierigkeiten zwischen Alzey und den
Landgemeinden zur Finanzierung des Rabbinergehaltes (1861)
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. März
1861: "Aus Rheinhessen, Februar (Privatmitteilung). Endlich ist es
der Religionsgemeinde Alzey gelungen, in Herrn Dr. Rothschild aus
Aachen einen Mann für den seit Abgang Herrn Dr. Adlers - also jetzt vier
volle Jahre - vakanten Rabbinatssitz zu gewinnen, vorausgesetzt, dass
nicht in letzter Stunde abermals ungeahnte Zwischenfälle und
Schwierigkeiten auftreten. Mit den Landgemeinden, die in den Alzeyer
Rabbinatssprengel gehören, werden allerdings einzelne Querells nicht zu
vermeiden sein. Die Stadtgemeinde behandelt diese nur so obenhin, da sie
angeblich nur ein Sechstel zum Gehalte zahlen. Die Landgemeinden geben
dagegen vor, dass sie für dieses Sechstel eigentlich auch gar keinen
Genuss hätten, da religiöse Anfragen, wie vor Alters, hier nur selten
mehr vorkommen, und für Schulvisitation und einzelne Predigten, die als
etwas nur gleichsam sporadisch Auftretendes an und für sich gar keinen
Wert hätten, Extrahonorare gezahlt werden müssen. das ist freilich wahr.
Aber ob hier wie dort wirklich nur das religiöse Interesse gewahrt, ob
der zum Vertreter der Landgemeinden in dieser Angelegenheit Gewählte
imstande ist, den Gedanken festzuhalten, dass anständige Besoldung und
Honorierung der Religionsbeamten schon darum nötig ist, weil sonst für
diese Ämter keine Bewerber mehr da sein werden, und erweislich nur
äußerst selten noch sich junge Männer dem Religionslehramte widmen, das
wird abzuwarten sein. Wir glauben es nicht. Es ist leider nur zu wahr,
dass bei allen solchen Angelegenheiten gemeine Interessen sich
vordrängen. So lange z.B. eine Gemeinde keinen Religionslehrer hat, ist
der Lamentation kein Ende. Sobald sich aber eine geeignete Persönlichkeit
meldet, ist der Enthusiasmus verraucht, und man wahrt angeblich die
Interessen der Gemeinde, indem man dem Religionsbeamten in den Staub
drückt, und um einige Gulden Gehalt mehr oder weniger tagelang
feilscht." |
|
Über eine Predigt von
Rabbiner Dr. David Rothschild (1864) |
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. April 1864:
"'Israels Glaube. Predigt über 2. Mose 14,31. Bei Gelegenheit einer
Sepher-Tora-Einweihung (sc. Einweihung einer Torarolle). Von Dr. v.
Rothschild, Kreisrabbiner in Alzey. (Preis 2 Sgr., der Reinertrag ist der
Unterstützungskasse für israelitische Lehrer in Deutschland
zugewiesen).' Diese Predigt hat unsern ganzen Beifall, denn sie ist ebenso
geist- wie gemütreich, hat eine einfache und doch schöne Form und eine,
wenn auch nicht schwungreiche, doch ergreifende Sprache. Der Inhalt ist:
Der Glaube Israels ist ein Glaube der Überzeugung und ein Glaube der Tat.
(Wir hätten hier statt 'Glaube' lieber Religion gesagt, da die
spezifische Bedeutung des Wortes Glaube mit 'Tat' nicht gut verbunden
werden kann und der Redner also das Wort nur in seinem allgemeinen Sinne
für Religion verstanden hat.)." |
|
Unzufriedenheit der
Orthodoxen mit der Amtsführung von Rabbiner Dr. David Rothschild, der
darauf seine Kündigung einreicht (1890) |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1890:
"Alzey, im Oktober (1890). Der bekannte Ausspruch Ben Akiba's findet
bei unserer Reform keine Bestätigung. Denn seit ihrer Inszenierung sind
wir gewohnt, in kurzen Zwischenräumen 'nie da gewesene' Überraschungen
an ihren Führern und Leitern zu erleben- Der Gottfried von der trefenen
(= nicht koscheren) Bouillon oder das am Sabbat sein Pfeiflein
schmauchende Rabbilein sind zwar nicht mehr imstande, uns Rufe des Staunens
zu entlocken, dagegen dürfte es neu sein, dass ein Schochet die Kaboloh
(Befähigungszeugnis zum Schächten) erhält, der nicht ein Wort
Hebräisch lesen kann. Sie fragen, wer denn dies Ungeheuerliche zustande
gebracht habe? Wenden Sie sich bitte an unseren Herrn Rabbiner Dr.
Rothschild, er wird Ihnen nähere Auskunft darüber geben können.
Ein armer, 16 1/2 jähriger Lumpensammler in dem benachbarten Pfennersheim
ist der Bevorzuge, der mit der Kaboloh unseres Herrn Rabbiners in der
Tasche uns mit 'Koscherfleisch' beglücken will. Man nimmt natürlich
allenthalben Anstand, diesen jungen Mann, der weder eine höhere jüdische
oder nichtjüdische Schule, noch ein Seminar besucht hat, vom
Schächtfache selbstredend keine Ahnung hat, und der nicht mehr Bildung
besitzt, wie der erste beste Hausbursche, die Schächtfunktion ausüben zu
lassen; dennoch soll er an einem kleinen Orte in der Nähe bereits
geschächtet haben.
Doch die Bäume wachsen nicht in den Himmel, und auch der Unwille gegen
unser geistliches Oberhaupt hat einen solchen Höhepunkt erreicht, dass
dasselbe sich genötigt sag, ein Entlassungsgesuch einzureichen. Wenn man
auch hier nicht den orthodoxen Prinzipien huldigt, so wünscht man doch
nicht, dass der Rabbiner sich rasiert oder am Sabbat per Eisenbahn die
seinem Bezirke unterstellten Ortschaften aufsucht, um den Leuten von der
Kanzel aus zu sagen, wie sie Gottes Gebot halten sollen. Herr Dr.
Rothschild hat nun Muße, seinem Freunde Rahmer Betrachtungen über die
"starre Neuorthodoxie und die Finsternis um sich her verbreitende
Muckertum" zu liefern. Unserem Rabbinate aber wünsch wir, dass,
entgegen dem bekannten Spruche, bald etwas Besseres
nachkomme." |
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Rabbiner Dr. David
Rothschild ist in den Ruhestand getreten (1891) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juli 1891: "Herr Rabbiner Dr. David Rothschild in Alzey
ist am 1. Juli in den Ruhestand getreten und hat in Burtscheid bei Aachen
seinen Wohnsitz genommen." |
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Meldung des Todes von
Rabbiner Dr. David Rothschild (1892) |
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1892: "Alzey. Der frühere
Rabbiner von Alzey, Herr Dr. David Rothschild, ist in Burtscheid-Aachen im
76. Lebensjahre gestorben". |
Aus der Zeit
des Rabbiners Dr. Joseph Levi (1891-1904)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Joseph Levi (geb. 13. Februar 1865 in Freudental,
gest. 1. Juni 1930 in Krefeld): studierte von 1884 bis 1892 in Breslau, wurde
1888 in Tübingen promoviert; war von Oktober 1891 bis 1904 Rabbiner und
Religionslehrer am Lehrerseminar in Alzey, seit Oktober 1904 Oberrabbiner in
Krefeld; um 1917 Feldrabbiner im Westen; im Januar 1928 trat er in den
Ruhestand.
Link: Guide to the Papers of
Joseph Levi (1865-1930), 1901-1914.
Probevortrag von Rabbiner
Dr. Levi (1891) |
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1891: "Aus
Rheinhessen. Um
die vakante Rabbinerstelle in Alzey haben sich, soviel wir wissen, 18
Bewerber gemeldet. Herr Rabbiner Dr. Levi aus Freudental
(Württemberg),
der seine Ausbildung auf dem Breslauer Seminar erhalten, wurde für Rosch Haschana (Neujahrstag) zum Probevortrag berufen. Derselbe hat
auf die Gemeinde einen so guten Eindruck gemacht, dass er nach Rosch
Haschana sofort als Rabbiner gewählt wurde. Es war vorauszusehen, dass
Herr Dr. Levi, der einer sehr religiösen Familie entstammt, nicht alle
Reformen der Gemeinde Alzey akzeptiere und so hören wir denn mit Vergnügen,
dass man dorten manchen Wünschen Dr. Levis bereits entsprochen hat." |
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Wahl von Rabbiner Dr.
Levi (1891) |
Meldung in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Oktober 1891: "In Alzey
ist Herr Dr. Levi, ein Zögling des Breslauer Seminars, zum Rabbiner gewählt
worden." |
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Wahl von Dr. Levi zum
Oberrabbiner in Krefeld (1904) |
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Mai 1904: "Krefeld. Der
Vorstand und die größere Vertretung der hiesigen israelitischen Gemeinde
hat anstelle des auf seinen Wunsch zum Herbste dieses Jahres in den
Ruhestand tretenden Herrn Oberrabbiner Dr. Horowitz den jetzigen
Bezirksrabbiner in Alzey (Rheinhessen), Herr Dr. Levi, einstimmig zum
Oberrabbiner gewählt. Diese Wahl wird von der ganzen israelitischen Gemeinde
mit lebhafter Freude begrüßt, da die von Herrn Dr. Levi in
seiner Probepredigt dargelegten Anschauungen und Grundsätze allseitigen
Anklang fanden. Herr Dr. Levi ist am 13. Februar 1865 in Freudental, Königreich
Württemberg geboren. Nach Absolvierung des Königlichen Karlsgymnasiums
in Heilbronn, wurde er zum Beginn des Wintersemesters 1884 als
ordentlicher Hörer des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau
aufgenommen, hörte von derselben Zeit an die Vorlesungen der
philosophischen Fakultät der dortigen Universität und promovierte Januar
1888 in Tübingen. Von Oktober 1890/1891 genügte er in München seiner
Militärpflicht. Nach bestandener Abgangsprüfung am Seminar in Breslau übernahm
er die Stelle eines großherzoglichen Bezirksrabbiners in Alzey." |
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Rabbiner Dr. Levi
wechselt nach Krefeld (1904) |
Meldung in
der Zeitschrift "Der Israelit": "Aus Rheinhessen. Rabbiner Dr. Levi in
Alzey wurde zum Rabbiner der Gemeinde Krefeld ernannt." |
Aus der Zeit
des Rabbiners Dr. Julius Lewit (1904-1933)
Rabbiner Dr. Julius Lewit (geb. 26. Februar 1866 in Samter, Posten, gest.
23. Februar 1934 in Alzey): studierte seit 1889 in Breslau, wurde 1895 in Erlangen
promoviert; 1895 bis 1898 Studien in Berlin, 1898 bis 1900 Rabbiner, Prediger
und Leiter einer Religionsschule in Stolp, Pommern; 1900 Hilfsprediger und
Religionslehrer in Berlin-Spandau; seit Juli 1901 liberaler Landesrabbiner in Hoppstädten,
Birkenfeld; seit April 1905 Rabbiner in Alzey; trat 1931 in den Ruhestand; war
verheiratet mit Hedwig geb. Neuberger (geb. 17. März 1878, deportiert 11./12.
November 1941 von Frankfurt/Main nach Minsk).
Ausschreibung der Stelle
des Rabbiners (1904) |
Ausschreibung
der Rabbinatsstelle im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28.
Oktober 1904: "Alzey (Rheinhessen, 7.000 Einwohner, 80 jüdische
Familien). Rabbiner 4.000 Mark Einkommen und Kasualien". |
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Rabbiner Dr. Lewit kommt zum 1. April 1905
nach Alzey
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Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Januar 1905: "Hoppstädten.
Landrabbiner Dr. Levis (verschrieben
für Levit) verlässt am 1. April nach vierjähriger Tätigkeit seinen
hiesigen Wirkungskreis, um die Stelle als Rabbiner des Großherzoglichen
Rabbinatsbezirks Alzey zu übernehmen." |
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Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. März
1905: "Alzey. Die hiesige Rabbinerstelle wird am 1. April von
Herrn Rabbiner Dr. Levit - Hoppstädten
besetzt". |
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Rabbiner
Dr. Lewit hat das Rabbinat Alzey übernommen (1905) |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. April 1905: "Alzey, 14. April (1905). Herr Landesrabbiner
Dr. Lewit übernahm mit Beginn dieses Monats das hiesige Rabbinat. Das
Anstellungsdekret erhielt Dr. Lewit durch das Ministerium und wurde durch
den großherzoglichen Kreisrat hierauf eidlich verpflichtet. Am Samstag
fand die feierliche Einführung des neuen Rabbiners in der mit Blumen und
Pflanzen festlich geschmückten Synagoge statt. Zu Anfang sang der
Synagogen-Chor das Lied: 'Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre', worauf Dr.
Lewit seine Antrittspredigt hielt. Er sprach die Hoffnung aus, auch in der
hiesigen Gemeinde die Liebe und die Treue in den Herzen der Menschen zu
finden, wie es ihm in seinem seitherigen Wirkungskreise zuteil geworden.
Er legte seiner Predigt den 15. Psalm zu Grunde, nachdem nur derjenige
religiös zu nennen ist, der in Unschuld wandelt und Recht übt und
Wahrheit redet in seinem Herzen, der mit seiner Zunge nicht verleumdet und
keinem Menschen ein Leid zufügt. Auf dieser Grundlage wolle er als
Künder des Gotteswortes wirken, wobei er auf das Entgegenkommen der
Gemeindemitglieder rechne und den Segen Gottes erflehe. Die
Gemeindemitglieder sind von dem Wunsche erfüllt, dass es Herrn Dr. Kewit
in hiesger Gemeinde und in den Bezirksgemeinden eifrig zu wirken
beschieden sei und dass seine Tätigkeit den Gemeinden und der
heranwachsenden Jugend zum Segen gereichen
möge." |
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Ehrung für
Bezirksrabbiner Dr. Julius Lewit (1905) |
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. September 1905:
"Alzey.
Der hiesige Bezirksrabbiner Dr. Julius Lewit wurde am 30. August im
Schlosse zu Darmstadt von unserm Großherzog in Audienz empfangen. Seine Königliche
Hoheit erkundigte sich bei Herrn Dr. Lewit über einige Verhältnisse der
Bezirksgemeinde und über die Art der rabbinischen Tätigkeit in den Gemeinden. Hierauf wurde Herr Dr. Lewit im Staatsministerium empfangen, wo
Herr Ministerialrat Braun mit ihm eingehend über den neuen Gesetzentwurf
für die jüdischen Gemeinden sprach, nach welchem die Stellung der
Rabbiner besser geregelt und auch die Religionslehrer in Hessen staatlich
angestellt werden sollen. Der Herr Ministerialrat nahm bestimmt an, dass
der Gesetzentwurf bereits dem nächsten Landtag vorgelegt werden wird, und
er sodann in den beiden Kammern zur Annnahme gelangen werde." |
Beitrag von Rabbiner Dr. Lewit über "Soziale Ethik
im Judentum" (1914)
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Artikel in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 23. Januar 1914
- zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren
Neben dem Rabbiner hatte die jüdische Gemeinde einen Kantor
angestellt.
Ausschreibungen der Stelle des Kantors (Vorbeters) 1853 /
1866 / 1877 / 1880 / 1886
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Juli 1853:
"Offene
Kantorstelle. Bis zum September diesen Jahres ist in hiesiger Gemeinde die
Kantorstelle zu besetzen. Gehalt 250 Gulden und Einkünfte durch hebräischen
Sprachunterricht 100-150 Gulden. Außerdem bleibt mehr als die Hälfte der
Zeit zur freien Disposition. Musikalisch und sprachlich gebildete und gut beleumundete Bewerber haben sich
in portofreien Zuschriften zu wenden an den Vorstand der israelitischen
Religionsgemeinde zu Alzey." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. Januar 1866:
"Die Darmstädter Zeitung No. 6 enthält folgende Bekanntmachung.
Die Stelle eines Kantors, mit einem jährlichen Gehalte von 350 Gulden ist
bei der israelitischen Gemeinde in Alzey erledigt. Außerdem diesem fixen
Gehalte hat derselbe Gelegenheit, sich durch Privatunterricht in der
hebräischen Sprache ein Neben-Einkommen von etwa 200 Gulden zu erwerben,
und wird ihm ein solches im Betrage von 100 Gulden garantiert. Bewerber
wollen ihre Gesuche unter Vorlage ihrer Zeugnisse über ihre Kenntnisse in
der Musik und hebräischen Sprache, sowie ihr sittliches Verhalten binnen
4 Wochen bei uns einreichen.
Alzey, den 28. Dezember 1865. Großherzogliches Kreisamt. gez. Wolf." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juli 1877: "Wegen
eventueller Übernahme einer anderen Stelle, soll der hiesige Kantorposten
baldigst neu besetzt werden. Forderungen: musikalische und pädagogische Fähigkeiten.
Gehalt 1.200 Mark fix, die sich durch Emolumente und Lehrtätigkeit an der
Töchterschule bis zu 2.000 Mark steigern. Definitive Anstellung, wie
bisher, in Aussicht. Schleunige Meldungen erbittet sich
Alzey (Rheinhessen). Kantor
Wertheim." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Dezember 1880: "Die
Kantorstelle in hiesiger Gemeinde ist bis zum 1. April nächsthin neu zu
besetzen. Das Gehalt ist auf Mark 1.200 fixiert und die Nebeneinkünfte können
durch Privat-Unterricht und namentlich durch das jüngst eröffnete
Seminar für Lehrerzöglinge aller Konfessionen ansehnlich erhöht werden,
indem dem Betreffenden Gelegenheit geboten ist, israelitische Seminaristen
bei sich aufzunehmen und ihnen Unterricht im Kantorfach privatim zu
erteilen.
Musikalisch gebildete Bewerber, die auch den hebräischen Sprachunterricht
zu erteilen imstande sind, wollen sich unter portofreier Einsendung ihrer
Zeugnisse baldigst bei uns melden.
Alzey, Rheinhessen. Der israelitische Gemeindevorstand." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. März 1886:
"Offene Kantorstelle. Wir suchen per sofort einen musikalisch
gebildeten Kantor. Seminaristisch gebildete Elementarlehrer erhalten den
Vorzug. Der fixe Gehalt beträgt Mark 1.200. Bewerber wollen sich unter
Einreichung ihrer Zeugnisse alsbald melden. Alzey, den 3. März
1886. Der Vorstand der israelitischen Religionsgemeinde." |
Über
die Unterrichtsverhältnisse in der jüdischen Gemeinde (1859)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Mai 1859: "... Auch Alzey hat noch keinen
Rabbiner gefunden. Es ist neulich dieser Gemeinde in Kleins Schul- und
Jugendbibliothek der Vorwurf gemacht worden, gleichgültig gegen das
heiligste Interesse einer Religionsgemeinde, gegen den religiösen
Jugendunterricht zu sein; es möchte ihr schwer werden, diesen Vorwurf von
sich abzuwälzen. Zur Zeit des Herrn Dr. Adler wurde von demselben in
wöchentlich einigen Stunden Religionsunterricht in den öffentlichen
Schulanstalten erteilt. Der dortige Kantor, Herr Heinbach (der
übrigens ein qualifizierter Lehrer), erteilte und erteilt auch jetzt den
Unterricht im Hebräischen in Privatstunden gegen besondere Zahlung. Einem
solchen Privatunterricht im Hebräischen wird aber immer die rechte Weihe,
das religiöse Moment abgehen, das diesem Unterricht Gedeihen gibt. Zudem
werden für Unbemittelte die Ausgaben für den Privatunterricht eine
schwere Bürde sein. Der Religions- und Konfirmandenunterricht st seit dem
Abgang des Herrn Dr. Adler - nun zwei Jahre! - ganz sistiert. Sollten die
Mitglieder dieser Gemeinde, die den Letztern in seinen Bestrebungen so
nachdrucksvoll unterstützten, seinen letzten Mahnruf vergessen haben?
Sollten sie die erste Pflicht einer Gemeinde, die Grundlage alles
religiösen Lebens nicht kennen? Was wird, nachdem 3 oder 4 Jahresklassen
nicht konfirmiert wurden, diese hehre Feier für einen Eindruck mehr
machen! Wird sie nicht eine leere Charade?" |
Lehrer
Ferdinand Heinbach unterhält eine Lehr- und Erziehungsanstalt zur Vorbereitung
für die Real- und höhere Töchterschule (1859 / 1862)
Anmerkung: durch solche Lehr- und Erziehungs-Anstalten hatten jüdische Lehrer oft ein Nebeneinkommen.
Von Interesse ist, dass die Lehranstalt des jüdischen Lehrers (und seiner
Frau) offenbar vor allem von christlichen Mädchen besucht
wurde.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Juli 1859: "Herr Heinbach in Alzey hat seit
längerer Zeit ein Institut zur Vorbereitung für die Real- und höhere
Töchterschule. Dasselbe wird vorzüglich von Kindern aus den ersten und
gebildetsten christlichen Familien frequentiert. Um die Konzession hierzu,
die ihm erst seit Kurzem geworden, musste er seit beinahe 3 Jahren
supplizieren, obwohl sowohl er als auch seine Frau für den Lehrerberuf
qualifiziert, und die betreffenden Prüfungen bestanden haben. Es ist
nicht zu zweifeln, dass eben die Geistlichkeit hemmend im Wege
stand." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1862:
"In unserer Lehr- und Erziehungsanstalt beginnt mit dem 20. Oktober
dieses Jahres ein neuer Kursus. Wir bitten zur Aufnahme von Pensionärinnen
um gefällige frühzeitige Meldung. Nähere Auskunft erteilen außer an
Leitern die Anstalt die Herren Rabbiner Dr. Rothschild und Gebrüder
Neuberger.
Alzey (Rheinhessen), 31. August 1862.
Ferdinand Heinbach, Lehrer. Frau Heinbach." |
Kantor
Ferdinand Heinbach möchte nach Amerika auswandern (1864)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. November 1864: "Alzey, 3. November (1864). Unserer
Gemeinde droht ein Verlust. Herr Heinbach, Kantor hiesiger
Gemeinde, scheidet aus seinem Amte, um nach Amerika überzusiedeln. Nicht,
wie leider so oft in Israels Gemeinden, Missverhältnisse mit den
Kultusbeamten haben dieses Scheiden veranlasst, sondern die allwärts
mächtige kirchliche Partei hat sich sonderbarer Weise auch bei diesem
Ereignisse geltend gemacht. Herr Heinbach nämlich unterhielt hier eine Schule,
welche von jüdischen und christlichen Kindern besucht wurde. Das war
jener Partei ein Dorn im Auge und sie suchte diese Schule zu untergraben.
Der Mann geht diesen europäischen Zuständen aus dem Wege, da er nicht
mächtig genug ist, sie zu bekämpfen. Von der Gemeinde scheidet er im
besten Einverständnisse, nicht ohne bedeutungsvolle Zeichen der
Anerkennung für sein mehr als 20-jähriges Wirken. Sein Scheiden vom Amte
wird umso mehr bedauert, als es nicht leicht sein wird, eine so tüchtige
musikalische Kraft zu ersetzen. Sein dereinstiger Nachfolger wird einen
geübten (gemischten) Synagogenchor vorfinden. Der Gesang des
Kantors wie des Chors wird von dem Spiel eines gewandten Organisten
unterstützt". . |
Anzeige von Lehrer Wertheim für eine junge Lehrerin (1877)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2.
Oktober 1877: "Ein junges Mädchen, 18 Jahre alt, aus guter Familie,
das die Prüfung für Lehrerinnen an höheren Töchterschulen bestanden
und die besten Zeugnisse aufzuweisen hat, sucht Stellung. Es wird weniger
auf Gehalt, als auf angenehme Stellung gesehen. Gefällige Offerten
besorgt Lehrer Wertheim, Alzey, Rheinhessen." |
Einrichtung eines jüdischen Lehrerseminars in
Alzey (Einweihung Anfang November 1880)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 30. November
1880: "Darmstadt, im November. Seit mehreren Jahrzehnten hat man
unter den Israeliten des Großherzogtums hie und da das Bedauern
ausgesprochen, dass an den beiden Lehrerseminarien des Landes, zu
Bensheim und zu Friedberg, kein jüdischer Religionsunterricht erteilt
und die Zöglinge jüdischer Konfession keine Gelegenheit fänden, sich
die für ihren künftigen Beruf als Religionslehrer nötigen Kenntnisse
erwerben zu können. Als nun vor ungefähr 2 Jahren in der 2. Kammer der
Stände eine desfallsige Interpellation an die Regierung gerichtet
wurde, gab diese die Erklärung ab: an dem neu zu begründenden Seminar
zu Alzey werde der dortige Rabbiner behufs Erteilung des
Religionsunterrichts angestellt und für dieselbe aus der Staatskasse honoriert
werden. Dieses ist denn auch geschehen. Anfangs dieses Monats ist das
Seminar feierlichst eingeweiht und eröffnet worden. -
Unterdessen hat aber die orthodoxe Partei in Frankfurt am Main die Sache
in die Hand genommen. Seit längerer Zeit sendet sie 2 mal wöchentlich
einen Lehrer aus dem Hirsch'schen Lehrerpersonal nach Friedberg, um die
dortigen Seminaristen zu unterrichten. Der Unterricht soll, wie man
hört, im Rabbinischen bestehen. Auch sind voreinigen Wochen seitens der
Orthodoxen bei der Regierung Schritte getan worden. dieselbe zu
veranlassen, den in den Friedberger Seminar befindlichen Zöglingen den
weiteren Aufenthalt daselbst zu gestatten. Denn nach der ursprünglichen
Intention sollten sich alle jüdischen Zöglinge dem Alzeyer Seminar
zuwenden. Wie man hört, soll die Regierung, weit entfernt, irgendeinen
Zwang ausüben zu wollen, dem Gesuche willfahren haben. Ob aber auch
Neuhinzutretende in Friedberg Aufnahme finden, ist noch eine offene
Frage. Die Orthodoxen sollen ihr Gesuch damit gegründet haben. dass die
Schulaspiranten sich meistes in Landgemeinden um eine Anstellung
bewerben, diese seien durchweg orthodox und würden Anstoß nehmen,.
wenn jene ihren Unterricht von einem der Neologie huldigenden Rabbiner erhalten
hätte. Dem sei nun, wie es ihm wolle. So viel steht fest: bei der
Krisis, die dem Judentume von außen droht, sind beide Parteien, die orthodoxe
und die reformatorische, mehr denn je darauf angewiesen, Frieden unter
sich zu erhalten, und wer diesen Frieden stört, ist ein Feind des
Judentums.". |
Aufnahmen im jüdischen Lehrerseminar (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. März
1911: "Alzey (Rheinhessen). Mit Schluss des Schuljahres steht
wiederum eine große Anzahl von jungen Leuten vor der wichtigen
Lebensfrage der Berufswahl. Es seien deshalb diejenigen , die sich dem
Lehrerstande zu widmen beabsichtigen, darauf aufmerksam gemacht, dass in
dem hiesigen Großherzoglichen Schullehrer-Seminar auch Nichthessen
Aufnahme finden. Die jüdischen Seminaristen erhalten durch den Rabbiner
von Alzey Unterricht, sowohl in allen religions-wissenschaftlichen, als
auch in den hebräisch-rabbinischen Lehrfächern, außerdem werden sie vom
Gemeindekantor im Kantorate vorgebildet. Zur praktischen Betätigung ist
den Seminaristen im Jugend- und Gemeindegottesdienste, sowie in der
Religionsschule Gelegenheit geboten. Reichlich bemessene Stipendien stehen
zur Verfügung. In den letzten Jahren fanden sämtliche jüdischen
Abiturienten im Staatsdienste Verwendung.
Die mit dem hiesigen Seminare in Verbindung stehenden Präparanden-Anstalt
befindet sich in Wöllstein bei Alzey. Auch hier ist für
Religionsunterricht und Stipendien Sorge getragen." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. März 1911: Derselbe Artikel wie oben |
Zum
25-jährigen Dienstjubiläum von Lehrer und Kantor Abraham Stern in Alzey
(1914)
Meldung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juli 1914:
"Herr Lehrer Stern im Alzey feierte am 15. dieses Monats sein
25-jähriges Ortsjubiläum als Lehrer und Kantor der dortigen
Religionsgemeinde." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Juli 1914:
"Alzey (Rheinhessen), 24. Juli. Am 15. dieses Monats waren es 25
Jahre, seitdem Herr Abraham Stern das Amt des Kantors und Lehrers in
hiesiger Religionsgemeinde bekleidet. Die Gemeinde hatte diese Gelegenheit
gern wahrgenommen, um dem Jubilar Anerkennung zu bezeigen. Eine große
Zahl von Gratulanten hatte sich eingefunden. Am Vormittag erschienen der
großherzogliche Rabbiner, Herr Dr. Lewit und der Gemeindevorstand. Herr
Theodor Wolff hatte im Namen des Vorstandes ein wertvolles Ehrengeschenk
der Gemeinde überbracht unter freundlichen Lobesworten besonders des
friedlichen Wirkens. Herr Rabbiner Dr. Lewit führte in längerer,
herzlicher Ansprache aus, dass Herr Stern als Kantor und Lehrer
segensreich gewirkt, wie er sich die Sympathie der Gemeinde und der
christlichen Bevölkerung erworben, wie er die jungen, angehenden Lehrer
vom hiesigen großherzoglichen Lehrehrseminar für das Kantorat tüchtig
vorbereite, sodass eine große Anzahl Lehrer, die nun in Amt und Würden
sind, dankbar zu ihm aufblicken. Der Jubilar antwortete den Rednern mit
verbindlichen, herzlichen Worten und dankte für das freundliche
Entgegenkommen. Es bereit ihm eine große Befriedigung, dass der Vorstand
die Pensions- und Reliktenversicherung geregelt und die Kosten gänzlich
auf eigene Schultern genommen. - Auch der Synagogenchor, dessen Dirigent
der Jubilar ist, hatte seine Glückwünsche mit einem Geschenk verbunden.
Es waren viele Telegramme und Gratulationsbriefe von Kollegen, Freunden
und früheren Schülern eingegangen. Der hessische Lehrerverein hatte 'dem
verdienstvollen Vorstandsmitglied und wackeren Mitkämpfer' telegraphisch
die Glückwünsche übermittelt." |
Aus dem jüdischen
Vereinsleben
Der "Verein zur Unterstützung hilfsbedürftiger israelitischer Lehrer,
Lehrer-Witwen und -Waisen in Deutschland" hat seinen Sitz in Alzey - 1864
Nach einem
längeren Abschnitt über die Planungen und die Arbeit des Vereins die
Unterschrift: "Alzey im Dezember 1864. Das Haupt-Komitee des Vereins zur
Unterstützung hilfsbedürftiger israelitischer Lehrer, Lehrerwitwen und
–Waisen in Deutschland: Rabbiner Dr. Rothschild in Alzey, Vorsitzender,
Kaufmann Louis Neuberger in Alzey, Rechner, Dr. med. Cahn in Alzey,
Gegenschreiber, Lehrer J. Klingenstein in Odernheim, Geschäftsführer,
Lehrer K. Marx in Alsheim, Schriftführer, Dr. Leopold Stein in Frankfurt
am Main, Hauptredakteur des Jahrbuchs. Kaufmann Louis Lehmann in Homburg
v.d.H. Weinhändler Simon Levi in Landau." |
Über den
Israelitischen Armenverein in
Alzey (1874)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Oktober 1874:
Text ist noch auszuschreiben; bei Interesse bitte die Textabbildung
anklicken. |
Jahresbericht
des Israelitischen Armenvereins in Alzey (1877)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Oktober 1877: "Alzey, im September (1877). Zu den
Zielen, welche die 'Allgemeine Zeitung des Judentums' ausdauern verfolgt,
gehört auch die Bessergestaltung unseres Armenwesens und durch diese die
Beseitigung des Bettelwesens in seiner Entartung, wie sie unter unseren
Glaubensgenossen eingerissen. Sie verschmäht hierzu nicht die Aufsammlung
jedes einzelnen Steinchens, um doch endlich den schwierigen Bau
durchzuführen, nämlich dass diese Verbesserung eine allgemeine werde.
Heute liegt uns der Jahresbericht des hiesigen israelitischen Armenvereins
vor, der aus 49 Mitgliedern besteht. Seine Einnahmen beliefen sich auf
1736 Mark, seine Ausgaben auf 1628 Mark. Hiervon wurden an verschämte
Arme, Kranke und Witwen in Stadt und Umgegend 135 Mark, an 51 polnische 41
Mark verausgabt. Es geht hieraus hervor, dass nicht, wie es in anderen
Städten geschieht, der größere Teil der Mittel an durchreisende Bettler
verausgabt wird, und durchschnittlich auf jeden dieser nur eine Mark
kommt, während die 45 hiesigen Unterstützten durchschnittlich 27 Mark
erhielten. Außerdem behielt der Verein die Mittel dem Stipendienfond der
Berliner Hochschule 40 Mark, den Abgebrannten in Brückenau
und in Wolkimir je 30 Mark und für die bulgarischen Juden 30 Mark und
ebenso viel der Achawa zu spenden. Eine solch musterhafte Verwaltung
verdient wohl rühmende Erwähnung."
|
50-jähriges Jubiläum des Israelitischen
Frauenvereins und weitere Mitteilungen (1893)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Dezember 1893: "Alzey,
12. Dezember (1893). Anlässlich seines 50jährigen Jubiläums, welches
der hiesige Israelitische Frauenverein am verflossenen Sabbat
Chanukka beging, stiftete derselbe auf Initiative unseres Rabbiners
Herrn Dr. Levi ein kostbares Proches
(Toraschreinvorhang) nebst drei dazu passenden Toramänteln mit herrlicher
reicher Goldstickerei, hervorgegangen aus der Fabrik des Herrn Rupp in
Frankfurt am Main. Dieselben wurden gleichzeitig an diesem Tage ihrer
Bestimmung übergeben und feierlich eingeweiht. Des Nachmittags wurde auch
die Jugend im Jugendgottesdienste auf die Bedeutung des Tages aufmerksam
gemacht. Diese Jugendgottesdienste finden schon seit diesem Frühjahre
statt. Die hiesigen jüdischen Seminaristen fungieren als Vorbeter; Gesang
der Kinder und eine passende Ansprache des Herrn Rabbiners verleihen dem
Gottesdienste die nötige Weihe, sodass sich zu der stattlichen Zahl der
andächtigen Schüler und Schülerinnen auch immer noch Erwachsene
gesellen. – Leider hat unsere Gemeinde in den letzten Tagen durch den
Tod des Herrn Simon Baum II einen Verlust erlitten. Welche Liebe und
Achtung sich derselbe zu erringen gewusst hatte, davon zeugte die enorme
Beteiligung bei seiner Beerdigung. Seine Verdienste wurden deshalb auch
von den Herren Rabbiner Dr. Levi und Reallehrer Dr. Storch, dem Vorstande
der hiesigen Loge, gebührend gewürdigt, während der Gesamtverein Sängerkranz
durch Gesang die Feierlichkeit erhöhte. – Friede seiner Asche!" |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1893:
"Alzey, 9. Dezember (1893). 50 Jahre sind es heute, seitdem der
hiesige israelitische Frauenverein, der sich namentlich Pflege und
Unterstützung bedürftiger und kranker Glaubensgenossen zur Aufgabe
gemacht, gegründet wurde. Eine entsprechende Feier in der Synagoge wird
dem Tage eine erhöhte Bedeutung geben." |
Gründung eines Vereins für jüdische Geschichte und
Literatur unter Rabbiner Dr. Levi (1903)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Februar 1903: "Alzey, 20.
Februar (1903). Erfreulicherweise regt sich auch in unserer Gemeinde
wieder mehr das Interesse für das Judentum und seine Wissenschaft. Nicht
wenig dazu beigetragen hat eine von der Religionsschule veranstaltete
Chanukkafeier der Jugend, die in allen ihren Teilen erhebend auf Herz und
Gemüt nicht nur der Kleinen, sondern auch ihrer anwesenden Eltern wirkte.
Das Verdienst, aller Augen wieder mehr auf die jüdische Literatur und
Wissenschaft hingelenkt zu haben, gebührt unserem Rabbiner Herrn Dr.
Levi. Derselbe hielt vor kurzem einen Vortrag: Alexander von Humboldt, ein
Vorkämpfer für die Emanzipation der Juden. Anschließend an den mit großem
Beifall aufgenommenen Vortrag regte Herr Rabbiner Dr. Levi die Gründung
eines Vereins für jüdische Geschichte und Literatur an. Alsbald war auch
schon dessen Fundament gesichert, indem mehr als dreiviertel der hiesigen
Gemeindemitglieder mit namhaften Beiträgen ihren Beitritt erklärten. Wir
schließen mit dem Wunsche, dass der neue Verein seine hohe Aufgabe erfüllen
möge." |
Versammlung
des Vereins für jüdische Geschichte und Literatur mit Vortrag von Rabbiner Dr.
Moritz David aus Bochum (1904)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Moritz David (geb. 1875 in Gimbsheim,
gest. 1956 in Manchester), studierte in Breslau und Erlangen; er war von 1901
bis 1934 Rabbiner in Bochum; danach zwar im Ruhestand aber weiter Aktivitäten
bei Wohlfahrtsaufgaben; Juni bis Dezember 1938 Rabbiner in Dortmund; nach dem
Novemberpogrom im KZ Sachsenhausen; Frühjahr 1939 nach England
emigriert.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. April 1904: "Alzey,
21. April (1904). Der Verein für jüdische Geschichte und Literatur hielt
dieser Tage eine Versammlung ab, die von etwa 120 Personen besucht war. Herr
Rabbiner Dr. M. David aus Bochum hielt einen sehr interessanten
Vortrag über 'jüdische Maler und Bildhauer aus dem vorigen Jahrhundert',
sprach über deren Theorie und Praxis und erläuterte seine Ausführungen
durch Lichtbilder. Die zahlreich Erschienenen lauschten mit großer
Spannung den Worten des Redners, der großen Beifall fand. Worte des
Dankes sprach Herr Rabbiner D. Levy hier namens der Zuhörer und schloss
die Versammlung." |
Kleine Meldungen aus dem jüdischen Gemeindeleben - in chronologischer Reihenfolge
Abschaffung des zweiten Feiertages zu Sukkot (1846)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. November 1846: "Alzey, 6.
Oktober (1846). Die hiesige israelitische Religionsgemeinde, in welcher
Sabbat und Festtage noch ihr ungeschmälertes Ansehen genießen und einen
allseitigen Stillstand der Geschäfte mit sich führen, hat einen
erfreulichen Beweis des faktischen, vollsten Vertrauens zu der
Rabbinerversammlung an den Tag gelegt, indem sie deren jüngste Beschlüsse,
bezüglich der bisherigen zweiten Feiertage, tatsächlich anerkannt und
ausgeführt. Heute, als am zweiten Tage des Hüttenfestes, waren zum
ersten male die Geschäftslokale der Israeliten geöffnet, und haben deren
mitunter streng konservativ gesinnte und nach altem Herkommen religiös
lebende Inhaber sich ganz der gewerblichen Beschäftigung überlassen." |
"Auswanderungsfieber" aus der Pfalz
- auch aus dem Bezirk Alzey (1847)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. März 1847: "Aus der Pfalz,
6. Februar (1847). (Kölner Zeitung). Das Auswanderungsfieber greift stärker
als zuvor um sich. Selbst eine nicht geringe Anzahl Israeliten rüstet
sich zum Hinüberzuge nach dem freien Nordamerika. Diesem Triebe, der alle
diejenigen anregt und aufstachelt, welche eine durchgreifende Verbesserung
ihrer Lage wünschen, und der namentlich bei den Juden durchdacht und
selbstbewusst geworden, - sollte ihm nicht eine bewegende Tatsache zu
Grunde liegen? Wer möchte das wohl in Abrede stellen? Die Auswanderung
wird vorzüglich stark aus der Gegend von Alzey,
Worms, Osthofen, Oppenheim und Wörrstadt werden. Auch in Wöllstein, Fürfeld,
Flonheim, Gauodernheim und anderen Orten rüsten sich mehrere Familien zum
Abzuge. Unter allen diesen Familien befindet sich nicht eine, welche man
geradezu ‚Arm’ nennen könnte. Die Meisten derselben haben ein Vermögen
von 4 bis 5.000 Gulden. Ein Grundeigentümer in der Nähe von Armsheim hat
durch den Verkauf seiner Besitzungen 12.000 Gulden zusammengebracht." |
Trennung einiger orthodoxer Familien von der Hauptgemeinde
(1849)
Artikel in
der Zeitschrift "Jeschurun" vom Oktober 1854: "…Man ist indessen nicht
ohne Hoffnung, dass nach Vollendung der neuen Synagoge der Alten der
Ausspruch dahin erfolgen werde, zumal unsere
Regierung im Jahre 1849 einige glaubenstreue jüdische Familien in Alzey,
welche sich von der dortigen, dem alten Judentume entfremdeten, Synagoge
getrennt, von fernern Beisteuern zu der letztern freigesprochen hat." |
"Ökumenische" Schulandacht (1864)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1864: "Alzey, 17. April (1864).
Der hiesige Realschul-Direktor Dr. Winterstein hat bei dem Schlusse des
Winterkursus die vorgeschriebene ‚gemeinsame’ Andacht diesmal von dem
Rabbiner, welcher Religionslehrer an der Anstalt ist, abhalten lassen." |
"Strafrede" der Alzeyer Zeitung
(1872)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1872: "Mainz,
29 Oktober (1872). Sehr hübsch nimmt sich eine Strafrede aus, welche die
‚Alzeyer Zeitung’ vom 19. Oktober den dortigen Israeliten hält.
‚Warum,’ fragt diese liberale Zeitung, ‚verkauft Ihr am Sabbat,
warum akzeptiert und honoriert Ihr Wechsel an diesem Tage, warum raucht
Ihr Pfeifen und Zigarren am Ruhetage des Herrn, warum lasset Ihr Euch mit
dem Scheermesser rasieren?’
Dann werden die jetzt lebenden Alzeyer Israeliten an ihre auf dem
Friedhofe ruhenden Vorfahren gemahnt, welche alle diese von dem
gegenwärtigen Geschlechte über Bord geworfenen Gesetze mit der größten
Strenge und Frömmigkeit befolgt haben.
Es ist weit genug gekommen, dass Juden von Nichtjuden an ihre Pflichten
erinnert werden müssen!" |
Verkauf von Torarollen und anderen Ritualien (1879)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1879: "Wir haben überflüssig
gewordene 2 Torarollen, 2 silberne Torabehänge (antique), 1 messingener
achtarmiger Leuchter (antique), mehrere Schulchan-Decken, Toramäntelchen
(antique) etc. abzugeben.
Alzey, 24. August 1879. Der
israelitische Gemeindevorstand". |
Anschläge gegen jüdische Weinbergbesitzer (1881)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1881: "Nieder-Saulheim
(Rheinhessen). Nachdem vor etlicher Zeit einem hiesigen Israeliten eine
Anzahl Bogreben von boshafter Hand abgeschnitten worden waren, wird uns
heute die verbürgte Mitteilung, dass einem Anderen ein großes Stück
Roggenfeld total ruiniert worden sei. Im benachbarten Stadecken hat man
Anfangs dieser Woche den begüterten Israeliten Neumann und Haas ihre
Weinberge total ruiniert. Der Sohn des Ersteren ist in Folge der
Judenhetze von hier weggezogen. Ebenso berichtet man unterm 30. dieses
Monats aus Alzey: Vergangene
Nacht wurden die Reben von drei Viertel Morgen Wingert vor Gemärk,
hiesiger Gemarkung, dem Simon Strauß gehörig, abgeschnitten. Jeder
vernünftige Mensch verurteilt diese Bubenstreiche aufs Schärfste und
wünscht nur, dass die Verüber dieser Rohheiten zur verdienten strengen
Bestrafung gezogen werden könnten." |
Der Antisemitismus macht sich auch in Alzey bemerkbar
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1890: "Alzey,
20. November (1890). Der antisemitische Hetzapostel, Herr Böckel, hat die
Absicht, in aller Kürze auch den Wahlkreis Bingen-Alzey mit seiner
Gegenwart zu beglücken. Wie wir indessen unsere Pfälzer kennen, wird
Herr Böckel wenig Boden für seine Ansichten
gewinnen." |
Vortrag
von Rabbiner Dr. M. David im Verein für jüdische Geschichte und Literatur
(1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 25. April 1904: "Alzey, 21. April (1904). Der Verein für
jüdische Geschichte und Literatur hielt dieser Tage eine Versammlung ab,
die von etwa 120 Personen besucht war. Herr Rabbiner Dr. M. David
aus Bochum hielt einen sehr interessanten Vortrag über 'jüdische Maler
und Bildhauer aus dem vorigen Jahrhundert', sprach über deren Theorie und
Praxis und erläuterte seine Ausführungen durch Lichtbilder. Die
zahlreich Erschienenen lauschten mit großer Spannung den Worden des
Redners, der großen Beifall fand. Worte des Dankes sprach der Rabbiner
Dr. Levy hier namens der Zuhörer und schloss die
Versammlung", |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Fräulein
Cahn aus Alzey wird als Lehrerin an die Volksschule nach Gießen berufen
(1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1904: "Aus
dem Großherzogtum Hessen. Unser Justizminister hat endlich einmal den
Anfang mit der Anstellung eines stellvertretenden jüdischen Amtsrichters
gemacht. Unser Schulministerium fährt in der Anstellung jüdischer Lehrer
und Lehrerinnen ordentlich fort. Nachdem die Gymnasien in Offenbach und
Bingen jüdische Oberlehrer erhalten haben, wurde dieser Tage Herr Lehrer
S. Eschelbacher, bisher Religionslehrer in Mainz, als ordentlicher
Lehrer an das dortige Real-Gymnasium berufen und Fräulein Cahn aus
Alzey an die Volksschule nach Gießen, ebenso Fräulein Weil aus
Mainz an die Volksschule zu Mainz. Hoffentlich folgte das
Justizministerium in ähnlicher Weise
nach." |
Zum Tod von
Abraham Koch (1921)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. Februar 1921: "Alzey. Mit Abraham Koch ist eine
der angesehensten Persönlichkeiten der hiesigen Judenheit verschieden.
Er hatte in der jüdischen Gemeinde mehrere Ehrenämter inne. Der
imposante Trauerzug der ihm die letzte Ehre erwies, zeigte, welche Achtung
er in allen Schichten der Bevölkerung
genoss." |
Zum
Tod von Richard Kahn, gestorben auf Grund einer durch einen Nationalsozialisten
zugefügten Verletzung (1930)
Anmerkung: In der Nacht vom 30. zum 31. Dezember 1929 fielen in der Alzeyer Innenstadt, vermutlich in der Spießgasse, kurz nach Mitternacht mehrere Schüsse. Eine Kugel traf den Kaufmann Richard Kahn, der schwer verletzt zusammenbrach und seinen Verletzungen am 9. Januar 1930 im Kreiskrankenhaus Alzey erlag.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Januar 1930: "Ein jüdisches Blutopfer
der nationalsozialistischen Verhetzung. Darmstadt (JTA). Aus Alzey
kommt die Nachricht, dass der von dem Darmstädter Nationalsozialisten
Rebhan nach vorausgegangenem Meinungsstreit um politische Fragen durch
einen Revolverschuss verletzte 25-jährige Kaufmann Richard Kahn an
den Folgen seiner Verwundung gestorben ist. Der junge Richard Kahn rang
neun Tage lang mit dem Tode. Die Familie Karl Kahn in Alzey ist in tiefe
Trauer versetzt." |
Anzeigen und Dokumente zu jüdischen
Gewerbebetrieben
Anzeigen der Firma M. Kahn & Co. (1890 / 1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1890:
"Wir suchen per Januar oder Februar nächsten Jahres eine durchaus
tüchtige Verkäuferin. M. Kahn & Co., Alzey, Kurz-, Woll- und
Modewaren." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1900: "100.000
Stück Herrennormalhemden, eisenfeste, vorzügliche Qualität, werden,
um schnell damit zu räumen, zu 2 Mark per Stück abgegeben. Reeller Wert
Mark 3.50. Bei Bestellung ist Angabe der Halsweite nötig.
Nachnahme-Versand. Zurücknahme garantiert. Agentur gesucht.
M. Kahn & Co., Alzey, Hessen." |
Anzeige der Metzgerei und Wurstfabrik Simon Hirsch (1921)
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Januar 1921: "Streng
koscher!
Offeriere Ia Raufleisch, pro Pfund Mark 25.-, Ia Fleischwurst…
Mark 20.-, Ia Leberwurst … Mark 12.-, Ia Schwartenmagen … Mark 20.-
Versand gegen Nachnahme.
Simon Hirsch, Metzgerei und
Wurstfabrik,
Alzey (Rheinhessen) Kirchplatz
4 Telefon 236." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Einige
Kennkarten
zu Personen,
die in Alzey geboren sind |
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Kennkarte
für Hannelore Baum
(geb. 3. November 1922 in Alzey) emigrierte 1937
nach Luxemburg, im November 1940 nach Frankfurt;
wurde am 7. September 1942 ab Drancy in das
Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet |
Kennkarte
für Paul Mayer
(geb. 25. April 1871 in Alzey)
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Kennkarte
für Hugo Scheuer
(geb. 18. November 1877 in Alzey),
Kaufmann und Getreidegroßhändler
im Geschäft Heinrich Schwarz Nachf. Getreidegroßhandlung
Mainz |
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Kennkarte
für Adolf Siegel
(geb. 4. Oktober 1873 in Alzey), später tätig als
Kaufmann in Mainz; wurde am 27. September 1942
ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt deportiert,
wo er am 12. Februar 1943 umgekommen ist. |
Kennkarte
für Ludwig Siegel
(geb. 19. Mai 1859 in Alzey),
gestorben am 13. September 1942
in Mainz (Suizid)
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