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in Gießen
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Geschichte der Rabbiner und weiterer Kultusbeamten im 19./20. Jahrhundert
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Gemeinde- und Vereinsleben
Gießen (Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
- Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde (und an der
Universität
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Gießen wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Hinweis auf eine Fotosammlung mit Fotos jüdischer Personen/Familien aus
Gießen: https://www.5000-gesichter-aus-giessens-vergangenheit.de/juden
Die Texte wurden dankenswerterweise von Susanne Reber abgeschrieben.
Auf dieser Seite stehen keine Texte zu den Rabbinern, Lehrern und anderen Kultusbeamten
der Gemeinde, siehe hierzu die Seiten
- Texte zur Geschichte der Rabbiner und der
jüdischen Lehrer in Gießen
Übersicht:
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod
der Frau von Fabrikant Heinrich Homberger und andere
Mitteilungen (1852):
-
Hofgerichtsadvokat Rosenberg wird in den
Stadtvorstand gewählt
- von sieben jüdischen Studenten an der Universität erhalten drei ein
Staatsstipendium
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Juli 1852: "Gießen, 5. Juli (1852). Vor einiger Zeit
starb dahier die Frau des sowohl in hiesiger Stadt als auch in der
Umgegend sehr geachteten Fabrikanten Herrn Heinrich Homberger. die
allgemeine Teilnahme an diesem Trauerfall tat sich bei der Beerdigung
kund, da dem Leichenwagen, welcher, beiläufig gesagt, für Christen und
Juden bestimmt ist, mehr als 300 der angesehensten christlichen Bürger,
worunter auch 3 christliche Geistliche, folgten. Derselbe christliche
Geistliche, welcher schon vor 10 Jahren am Grabe der würdigen Gattin des
Rabbinen Dr. Levi dahier ergreifende Worte sprach und deshalb von gewisser
Seite getadelt wurde, scheute sich auch diesmal nicht, ausgehend von dem
Grundsatze, die Wahrheit zu sagen, wo sie sich auch immer finden möge,
eine voll von Menschenliebe und Toleranz ausgezeichnete Rede zu halten,
welche ihre Wirkung auf die sehr zahlreiche anwesende Versammlung nicht
verfehlte.
Bei einer kürzlich hier vollzogenen Wahl eines neuen Stadtvorstandes (15
Gemeinderäte, von welchen die Regierung einen zum Bürgermeister ernennt)
ist, von konservativer Seite dazu vorgeschlagen, Herr Hofgerichtsadvokat
Rosenberg, Mitglied des israelitischen Religionsgemeindevorstandes,
mit ansehnlicher Stimmenmehrheit in denselben gewählt worden. -
Von 7 Israeliten, die in gegenwärtigem Semester hier studieren,
erhalten nicht weniger als 3 ordentliche Stipendien aus der
Staatskasse oder dem Universitätsfonds, gewiss ein Beweis humanster
Gesinnung unserer Staatsregierung und ein Zeichen nicht bloß papierner
Emanzipation. S. Mayer, Lehrer."
Anmerkungen: - Fabrikant Homberger: Womöglich ein Angehöriger von Meier
Homberger (3. Dez.1820 - 4. Juli 1898), Baumwoll- und Leinenfabrik Homberger
& Löwe, Vorsitzender der Handelskammer Gießen von 1875 bis 1880
- Derselbe christliche Geistliche: Kirchenrat Engel vgl.
Bericht zum Tod des Frau von Oberrabbiner Levi (1842)
- ..würdigen Gattin des Rabbinen Dr. Levi: Henriette Levi geb. Mayer aus
Mannheim, Frau von Rabbiner Benedikt Levi
https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Levi
- S. Mayer: vgl.
Bericht zum 50-jährigen Dienstjubiläum von Lehrer S. Mayer (1892)
|
Privatdozent
Dr. Moritz Pasch wird Professor der Mathematik in Gießen (1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. September
1873: "Gießen, 5. September. (Privatmitteilung) Der
Privatdozent an der Universität zu Gießen, Dr. Moritz Pasch aus Breslau, ist
als außerordentlicher Professor der Mathematik dort angestellt worden. Es
ist dies der erste Jude, der an der hessischen Landesuniversität eine
Lehrtätigkeit ausübt."
Anmerkung: - Dr. Moritz Pasch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_Pasch |
An
der Universität Gießen lehren zwei jüdische Dozenten (1874)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. November 1874: "Gießen, 15. November. An der
hiesigen Universität lehren jetzt zwei jüdische Dozenten, der ordentliche
Prof. Dr. Perls, Pathologie und der außerordentliche Professor Dr. Pasch,
Mathematik."
Anmerkungen: - Prof. Dr. Perls: Max Perls, 1843 -1881
- Prof. Dr. Moritz Pasch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_Pasch |
Vermächtnis der Aron Heichelheim'schen Eheleute für
wohltätige Zwecke (1890)
Zum Tod von Aron Stern (gest. 1892 in Weilburg, bis 1887 in Gießen wohnhaft)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. April 1892:
"Weilburg a.d. Lahn, 4.
April (1892). Die hiesige israelitische Gemeinde hat einen sehr
schmerzlichen Verlust zu beklagen. Einer ihrer edelsten und besten Männer
weilt nicht mehr in ihrer Mitte.
Nach kurzem Krankenlager schied am vergangenen Freitag (Erew
Schabbat Kodesch) Herr Aron Stern nach zurückgelegtem 69. Lebensjahre
von uns. Der Verstorbene vereinigte in sich die herrlichsten Tugenden und
schönsten Eigenschaften. Er zeichnete sich nicht nur durch seine strenge
Redlichkeit, Mildtätigkeit, Gastfreundschaft und seinen Gemeinsinn aus,
er war auch ein wahrhafter, ernst frommer Jehudi, der kein Opfer und keine
Hingebung scheute, wo es galt, eine göttliche Weisung zu üben und
ein religiöses Werk auszuführen. Zu den besonderen Vorzügen des Seligen
gehörte dessen Gottesdienst. Trotz des weiten Weges, den er bis
zum Gotteshause hatte, vermochten ihn weder strenge Winterkälte noch
beschwerliche Sommerhitze von dessen Besuch morgens und abends
abzuhalten, und er war immer einer der ersten und einer der letzten
(in der Synagoge).
Der leider für uns so früh Entschlafene erfreute sich des Vertrauens und
der allgemeinen Achtung seiner Mitbürger, die Gemeinde Gießen,
deren Mitglied er bis vor 5 Jahren war, worauf er hierher zog, um seinen
Lebensabend im Hause seiner Tochter zu beschließen - gab ihm einen
kleinen Beweis dadurch, dass sie ihn in den Vorstand wählte, als dessen
Mitglied er seine Amtspflichten treu und gewissenhaft erfüllte. Auch nach
seinem Tod fanden seine Verdienste eine Anerkennung durch das Geleite,
welches ihm die ganze Gemeinde, Freunde und Bekannte von Nah und Fern, von
allen Konfessionen, zur letzten Ruhestätte gegeben.
An seiner Bahre sprach unser Herr Rabbiner Dr. Lewinsky wegen des Monats
Nissan nur wenige, aber tief ergreifende Worte. Er verglich ihn mit dem
Hohenpriester Aron, von dem unsere Weisen sagen: 'er liebte den Frieden
und jagte dem Frieden nach und stiftete den Frieden zwischen einem
Menschen und seinem Nächsten' (Sanhedrin 6b).
Möge der Allgütige den tief gebeugten Hinterbliebenen Trost senden und
möge unsere Gemeinde das Andenken des seltenen Ehrenmannes durch
Nachahmung seiner leuchtenden Beispiel zu würdigen ernst bestrebt sein. 'es
gehe vor ihm her seine Gerechtigkeit und die Herrlichkeit des Ewigen
gesellt sich zu ihm".
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Lewinsky:
https://en.wikipedia.org/wiki/Abraham_Lewinsky
- Nissan:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nisan_(Monat)
- Sanhedrin:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sanhedrin
- Dr. Bärwald:https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Bärwald
und
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/701
Rabbiner Dr. Levi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Levi und
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/3317 |
Beisetzung von Staatsrat
Abraham Sack aus Petersburg auf dem
jüdischen Friedhof (1893)
Anmerkung von P. Arnsberg Bd. I S. 261 im Rahmen des Abschnittes zum jüdischen
Friedhof: "Ein Familiengrab enthält die Gräber von S. Exz. Abraham Sack,
wirklicher Staatsrat aus St. Petersburg, geboren 1826 in Bobruisk, gestorben
1893 in Berlin, und seiner Frau Katharina, geborene Epstein, gestorben 1917 in
Heidelberg; dann Prof. Dr. med. Max Perls, geboren 1843 in Danzig, gestorben
1881 in Gießen, und Ehefrau Fanny Perls, geborene Sack, geboren 1868 in
Brest-Litowsk, gestorben 1876 in Gießen."
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1893: "Gießen,
6. Mai (1893). Der am 1. Mai verstorbene russische Finanzmann, Wirklicher
Staatsrat A. Sack, wurde vorgestern auf dem hiesigen städtischen Friedhof
beigesetzt. Am Grabe sprach Direktor Dr. Baerwald aus Frankfurt am Main
über die Verdienste des Verstorbenen, der stets der wärmste Fürsprecher
unschuldig Verfolgter und der Anwalt seiner hartbedrängten
Glaubensgenossen gewesen sei." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. Mai 1893: "Gießen, 23. Mai (1893). Wir erhalten folgende
Zuschrift: In Nr. 38 dieses Blattes wird aus Gießen mitgeteilt, die
Beerdigung des Staatsrats Sack aus Petersburg habe auf dem städtischen
Friedhofe hier stattgefunden und Herr Dr. Bärwald aus Frankfurt habe am
Grabe dessen große Verdienste um den russischen Juden hervorgehoben.
Haben Sie die Gefälligkeit, das Erstere zu berichtigen und das Zweite zu
ergänzen. Herr Sack ist nicht auf dem städtischen, sondern auf dem
jüdischen Friedhofe hier, der ein abgesonderter Teil des städtischen
bildet, beerdigt worden; und Herr Dr. Bärwald hat erst gesprochen,
nachdem Herr Rabbiner Dr. Levi die Grabrede gehalten hatte.
(Wir übernahmen die betreffende Notiz, so wie sie lautete, aus einer
Oberhessischen Zeitung. Redaktion)." |
Erneuerung des Doktor-Diploms des ehemaligen
Reichstagsabgeordneten Dr. Ludwig Bamberger (1895)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 31. Mai 1895: "Aus Gießen wird berichtet: Zur Ehrung des
ehemaligen Reichstagsabgeordneten Dr. Ludwig Bamberger, welcher von
1842-1843 drei Semester an der hessischen Landes-Universität studierte
und am 24. Juni 1845 bei der juristischen Fakultät promovierte, hat die
Fakultät das Doktor-Diplom erneuert und mit einer Tabula gratuloria an
den Jubilar nach Berlin übersandt". |
|
Links:
Ludwig Bamberger (geb. 1823 in Mainz als Sohn eines jüdischen Kaufmanns
und Bankiers - 1899 in Berlin) war Bankier und Politiker. Nach Abschluss
der Schulzeit studierte er seit 1842 in Gießen, Heidelberg und
Göttingen. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen
Liberalismus der Reichsgründungszeit. 1870 gehörte er zu den Gründern
der Deutschen Bank und war in den frühen 1870er-Jahren einer der
wichtigsten Finanzpolitiker ("Vater der Münzreform und der deutschen
Mark").
Weitere Informationen: siehe u.a. den Wikipedia-Artikel
zu Ludwig Bamberger (hier weitere Links) |
Prof. Moritz Pasch wird mit dem Ritterkreuz I. Klasse
ausgezeichnet (1895)
Zur Beisetzung des Stadtverordneten Meier Homberger
(1898)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Juli 1898: "Gießen, 15. Juli (1898). Am 7. dieses
Monats wurde die sterbliche Hülle des Stadtverordneten Meier Homberger
vom Trauerhause, Marburgerstraße, zur ewigen Ruhe geleitet. Ein
stattliches Gefolge erwies dem Verewigten die letzte Ehre; kostbare
Blumenspenden wurden im Zuge mitgeführt. Zwei kunstvolle Blumengewinde
wurden durch die beiden Ratsdiener Moll und Ochs vor dem Trauerwagen
einher getragen. Auf dem Friedhof hielt der Provinzial-Rabbiner Dr. Sander
die Grabrede. Der erste Vorsitzende der israelitischen Gemeinde,
Kommerzienrat Heichelheim, rief am offenen Grabe dem dahingegangenen Meier
Homberger den Dank nach für das, was er als sein Vorgänger für die
Gemeinde getan, sein Verdienst sei es, derselbe eine geordnete,
festgefügte Verwaltung gegeben zu haben, womit er sich ein bleibendes
Denkmal geschaffen. Hierauf nahm Herr Oberbürgermeister Gnauth namens der
städtischen Verwaltung das Wort: Als die Stadtverordnetenversammlung vor
sechs Wochen das 25-jährige Amtsjubiläum ihres Seniors beging, da dachte
wohl niemand daran, dass dieser nur noch einmal an den Beratungen
derselben teilnehmen würde, dass man so bald an seinem Grabe stehen
würde. Was der nun Entschlafene für das Gemeinwohl gewirkt, es sei bei
jenem Anlass öffentlich zum Ausdruck gekommen, die städtische Verwaltung
und die Kollegen würden über das Grab hinaus ihm ein treues Gedächtnis
bewahren. Als letztes äußeres Zeichen der Anerkennung wolle er noch am
Grabe die Kranzspenden der Stadtverordnetenversammlung und der
städtischen Verwaltung niederlegen."
Anmerkungen: - Meier Homberger: Meier Homberger (03. Dez. 1820 - 04. Juli
1898), Baumwoll- und Leinenfabrik Homberger & Löwe, Vorsitzender der
Handelskammer Gießen von 1875 bis 1880
- Rabbiner Dr. Sander:
https://de.wikipedia.org/wiki/David_Sander
- Oberbürgermeister Gnauth:
https://de.wikipedia.org/wiki/Feodor_von_Gnauth |
Die
Restauration "Zur Kaiserkrone" von L. Grünewald steht unter
rabbinischer Aufsicht (1898)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September 1898: "Gießen.
Gestatte mir, wieder einmal eine erfreuliche Nachricht von hier zu melden.
Vor einigen Tagen war ich in der unter Aufsicht des orthodoxen Rabbiners Dr.
Hirschfeld – sein Licht leuchte – sich befindenden Restauration 'Zur
Kaiserkrone' von L. Grünewald, Löwengasse 22. Hier sah man gerade den
Rabbiner das Kaschrut inspizierend. Ein an der Tafel speisender
Jehudi war hiervon sehr befriedigt. Er sagte, es sei sehr erfreulich, dass
die jüdisch-religiösen Zustände in Gießen sich so sehr gebessert hätten.
Jeder aufrechte Jehudi schulde dem Herrn Rabbiner größten Dank, da er sich
so eifrig der Sache annehme. Seit 10 Jahren käme er geschäftlich nach
Gießen, aber niemals hätte er gewagt, in eine jüdische Restauration zu
gehen. Wie ich hörte, war dieser Herr ein Handelsmann aus
Hersfeld, dem unsere Heilige Tora
- allem Anschein nach - noch Herzenssache ist. Seit einiger Zeit verkehren
tagtäglich in diesem Restaurant, für welches auch ein besonderer Schomer
bestellt ist, viele religiöse Reisende, welche ohne Bedenken nach
genommenem Mahle das Birkat Hamason (Tischgebet) verrichten können."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Hirschfeld: vgl.
Artikel zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Leo Hirschfeld (1933)
- Kaschrut:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdische_Speisegesetze
- Jehudi: Gemeint ist ein orthodoxer Jude
- ...so sehr gebessert hätten: Gemeint ist, dass die Speisevorschriften in
koscheren Lokalen nicht immer eingehalten wurden, was wohl daran lag, dass
Rabbiner Dr. Benedikt Levi (1806-1899) auf Grund seiner hohen Alters der
Aufsicht nicht mehr nachkommen konnte
Schomer: Aufseher, der über die Einhaltung der rituellen Vorschriften wacht
|
Prof. Moritz Pasch wird zum "Geheimen
Hofrat" ernannt (1898)
Gerichts-Akzessist Dr. Max May wird zum Amtsanwalt ernannt
(1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22.
Januar 1903: "Worms, 19. Januar (1903). Der Beschluss der
II. Kammer der hessischen Landstände, dass auch der Justizminister bei
Besetzung von Richterstellen Juden nicht mehr ausschließe, hat insofern
einen günstigen Erfolg gehabt, dass nunmehr der Gerichts-Akzessist Dr.
Max May von hier in Gießen zum Amtsanwalt ernannt worden ist. -
Nachdem im vorigen Jahr auch jüdischer Akzessist zum Oberlehrer im Gymnasium
zu Offenbach ernannt worden ist, wurde
auch in den jüngsten Tagen Akzessist Simon in
Bingen zum Oberlehrer an der Realschule daselbst ernannt. - Die hiesige
israelitische Gemeinde hat von Herrn Salomon Loeb in New York, einem
gebürtigen Wormser, 25.000 Mark für eine Stiftung bekommen, deren Zinsen zu
wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken verwendet werden sollen."
Anmerkung: - Salomon Loeb:
https://de.wikipedia.org/wiki/Salomon_Loeb |
Ein jüdischer Student wird in der Burschenschaft Arminia
aufgenommen (1904)
25-jähriges Amtsjubiläum von Gemeindevorsteher Kommerzienrat
Siegmund Heichelheim (1905)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. November 1905: "Gießen, 10. November (1905). Der
erste Vorsteher unserer Gemeinde, der allgemein hochgeschätzte
Kommerzienrat Heichelheim, feierte in der vorigen Woche sein
25-jähriges Amtsjubiläums. Die Feier wurde eingeleitet durch einen
Festgottesdienst am Vormittag in der geschmückten und erleuchteten
Synagoge. Nach Beendigung des Gottesdienstes begaben sich der Vorstand und
die Beamten der Gemeinde, welche sich zu einem Komitee vereinigt hatten,
die die Wohnung des Jubilars, wo Provinzialrabbiner Dr. Sander als
Vorsitzender des Komitees unter herzlicher Ansprache als bleibende
Erinnerung an diesen Tag eine äußerst kunstvoll ausgestattete Adresse
überreicht. Provinzialdirektor Breidert, Handelskammerpräsident Koch und
viele andere gratulierten persönlich in überaus herzlicher Weise. Eine
größere öffentliche Feier fand abends in Steins Saalbau statt.
Kommerzienrat Heichelheim erfreut sich hier seiner Wohltätigkeit und
seines Bürgersinns wegen allgemeiner Wertschätzung. Erst im vorigen
Jahre hat er für den Neubau der Universitätsbibliothek 40.000 Mark und
für den des Theaters 50.000 Mark gespendet."
Anmerkungen: - Siegmund Heichelheim:
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/DIVRHVWI2ISEPCWMRNSE57PSKQH4T5JE
und
https://www.giessener-allgemeine.de/giessen/giessen-steckt-viel-heichelheim-12153384.html
- Provinzialrabbiner Dr. Sander: vgl.
Bericht zum 60. Geburtstag von Rabbiner Dr. David Sander (1927) |
Der
Schauspieler Max Herrscher stirbt bei einer Aufführung im Stadttheater
(1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Januar 1907:
"Gießen, 1. Januar. Einen tragischen Abschluss fand im Stadttheater
die vorgestrige Aufführung von Schillers 'Räuber', in welcher der 20jährige
Schauspieler Max Herrscher den Franz spielte. Der talentvolle Künstler war
am Tage vorher von der Influenza befallen, erklärte sich aber trotzdem eine
Stunde vor Beginn der Vorstellung bereit, seine Rolle durchzuführen, auf
deren Darstellung er förmlich brannte. Die Aufführung musste jedoch infolge
des schlechten Befindens Herrschers wesentlich gekürzt und als sich bei dem
Schauspieler hohes Fieber einstellte, sogar am Schluss abgebrochen werden.
Der Künstler wurde per Wagen in seine Wohnung gebracht, wo er im Beisein
seiner aus Frankfurt a. M.
herbeigeeilten Mutter am nächsten Morgen verstarb. - Der Verstorbene war ein
Schüler des 'Philanthropin' in Frankfurt a. M., seine hervorragende
schauspielerische Begabung erwarb sich bei der Jahrhundertfeier der Schule
bereits Aufmerksamkeit und Anerkennung."
Anmerkungen: - Stadttheater:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stadttheater_Gießen
- Philanthropin:
https://de.wikipedia.org/wiki/Philanthropin_(Frankfurt_am_Main) |
S. B. Eschwege besteht die philosophische
Doktorprüfung (1908)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. Januar 1908: "Gießen, 8. Januar. Herr S. B. Eschwege, früher
Lehrer in Königsberg in Preußen, bestand an der Universität Bern die
philosophische Doktorprüfung summa cum laude." |
93. Geburtstag von Hirsch Baer
(1908)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. März 1908: "Gießen, 16. März. Herr Hirsch Baer,
hier, feiert seinen 93. Geburtstag in voller Rüstigkeit. Möge dem würdigen
Greis ein heiterer Lebensabend vergönnt sein!" |
Goldene Hochzeit der Eheleute J. M. Schulhof
(1909)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 3. Dezember 1909: "Gießen. Am kommenden Monat
begehen die Eheleute J.M. Schulhof das Fest der goldenen
Hochzeit". |
Stiftung
des Geheimen Kommerzienrates Siegmund Heichelheim (1912)
Privatdozent Dr. Leo Rosenberg wird außerordentlicher
Professor an der juristischen Fakultät (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 29. März 1912: "Gießen. Privatdozent Dr. Leo
Rosenberg - Göttingen ist zum etatsmäßigen Extraordinarius in die
hiesige juristische Fakultät berufen worden". |
weiterer Artikel zu Rosenberg s.u. von
1916. |
Anmerkung (vgl. Wikipedia-Artikel
zu Leo Rosenberg): Leo Rosenberg (geb. 1879 in Fraustadt, Schlesien,
gest. 1963 in München) studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg, München und Breslau. Im Jahre 1899 legte er die erste juristische Staatsprüfung ab.
Im Alter von 21 Jahren, promovierte er bei Otto Fischer in Breslau mit seinem Buch über die
Beweislast. Nach dreijähriger Referendarzeit in Posen bestand er 1904 das Assessorexamen in Berlin.
Nach seiner Habilitation 1906 war er als Privatdozent in Göttingen
tätig, bis er 1912 außerordentlicher, 1916 ordentlicher Professor an der
juristischen Fakultät in Gießen wurde. Seit 1932 lehrte er in Leipzig,
wurde jedoch 1934 wegen seiner jüdischen Herkunft (er war konvertiert
zur evangelisch-reformierten Konfession) in den Ruhestand versetzt.
Die NS-Zeit überlebte er im Allgäu (zwei seiner Schwester starben im
Ghetto Theresienstadt). Nach 1945 war er Professor an der Universität
München. Er begründete die Großen Lehrbücher zum Zivilprozessrecht und
Zwangsvollstreckungsrecht.
Quelle des Fotos: Professorenkatalog
der Universität Leipzig |
Spende an die Israelitische Gemeinde von Adolf Busch
(1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 28. November 1913: "Gießen. Adolf Busch - Hamburg (oder
Homburg?), ein Kind unserer Stadt, hat der hiesigen israelitischen
Gemeinde 10.000 Mark für verschiedene wohltätige Zwecke
vermacht." |
Zum Tod
des Schneidermeisters Jakob Kahn
(1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Dezember 1913: "Gießen. Jakob Kahn,
Schneidermeister, der jüngste Soldat des Krieges 1870/71 - er trat damals
mit 16 3/4 Jahren als Freiwilliger ein - , ist
verschieden." |
Zum Tod von Adolf Austerlitz (1914)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 18. Januar 1914: "Gießen. Adolf Austerlitz, seit
drei Jahrzehnten Vorsitzender des Israelitischen Wohltätigkeitsvereins,
ist verschieden." |
Spende des Kommerzienrates S.
Heichelheim für die
Stadt Gießen (1914)
Anmerkung: der Name ist im Artikel verschrieben für korrekt Heichelheim.
Zum Tod von Sußmann Hirsch Sondheim (1915)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. Juli 1915: "Gießen, 1. Juli. Nichts wird überzeugender als das
lebendige Beispiel. Darum ist der Hintritt des Herrn Sußmann Hirsch Sondheim
hier, der in seiner ausgebreiteten Geschäftstätigkeit, den Schabbos aufs
Gewissenhafteste hütete und in der seinen Kindern gegebenen Erziehung die
Heiligung des Schabbos, in den Vordergrund rückte, ein Verlust nicht nur der
hiesigen Israelitischen Religionsgesellschaft, sondern auch eines weiteren
Kreises der Judenheit. Von schlichter, vornehmer Deutungsart,
gastfreundlich, wohltätig, vor allem von dem einzigen Verlangen erfüllt,
sein Haus durch und durch jüdisch zu gestalten, genoss er allgemeines
Ansehen."
Anmerkungen: - Schabbos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schabbat
Rabbiner Dr. Hirschfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Jehuda_Hirschfeld |
Gerson Isenberg wird mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet (1915)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. August 1915: "Gießen, 24. Aug. Gerson Isenberg,
Sohn der Witwe Isenberg, Gießen, erhielt wegen Tapferkeit vor dem Feinde das
Eiserne Kreuz."
Anmerkung: - Witwe Isenberg vgl.
Bericht zu ihrem Tod (1934) |
Dr. Leo Rosenberg wird zum ordentlichen Professor der
juristischen Fakultät ernannt (1916)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 4. August 1916: "Gießen. Dr. Leo Rosenberg, a.o.
Professor an der juristischen Fakultät ist zum ordentlichen Professor
ernannt worden." |
Weiterer Artikel zu Rosenberg und
biographische Angaben s.o. von 1912. |
Dr. Israel Rabin wird Lektor für jüdische Wissenschaften am Orientalischen Seminar der Universität
(1919)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. Februar 1919: "Zum Lektor für jüdische Wissenschaften am
Orientalischen Seminar der Universität Gießen ist Dr. J. Rabin,
zuletzt Leiter des Rabbinerseminars in Odessa, zugelassen
worden." |
Rabbiner
(J.J.) Weinberg aus Pilwischok erhält einen Lehrauftrag an der Fakultät für
jüdische Wissenschaften in Gießen (1921)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 2. September 1921: "Die Universität Gießen, als erste Universität
Deutschlands, hat eine Fakultät für jüdische Wissenschaften erhalten. Der
ehemalige Rabbiner Weinberg aus Pilwischok (Gouvernement Lomscha),
der in den letzten Jahren in Deutschland seine Studien absolvierte, übernahm
die Vorlesungen für das kommende Semester, in welchem über folgende
Gegenstände gelesen werden wird: 1. Bibelkritik, 2. Einführung in die
Mischna, 3. Kommentar zum talmudischen Traktat Baba kama. Zum Wintersemester
wird auch über talmudische Logik im Vergleich zur allgemeinen Logik gelesen
werden." |
Dozent
und Rabbiner J.J. Weinberg wurde promoviert (1923)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. August 1923: "Gießen, 15. August. Unser geschätzter
Mitarbeiter, Herr Rabbiner J.J. Weinberg, Dozent an der Universität Gießen,
früher Rabbiner in Pilwischki, hat mit seiner Arbeit: 'Die alten Versionen
zum Pentateuch' summa cum laude, promoviert. Die Arbeit hat bereits in
Gießener Fachgelehrtenkreisen Aufsehen erregt, und dürfte sich auch die
jüdische Fachwissenschaft mit derselben hinsichtlich der darin aufgestellten
grundlegénden neuen Gesichtspunkte, nach Veröffentlichung,
auseinandersetzen." |
Zum Tod des Vorstandsmitgliedes der
Religionsgesellschaft Sigmund Hirsch (1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. Oktober 1925: "Gießen, 19. Oktober. Am zweiten Tag des
Sukkot-Festes verschied nach langem, schwerem Siechtum unser verehrtes
Gemeinde- und langjähriges Vorstandsmitglied unserer Religionsgesellschaft,
Herr Sigmund Hirsch, in kaum vollendetem 58. Lebensjahre. Der Verlust
dieses wackeren Mannes, des Isch jehudi im reellsten Sinne des
Wortes, bedeutet für uns eine große Lücke innerhalb unserer Gemeinde, und
betrauern wir dessen Heimgang aufs Tiefste. Täglich, morgens und abends,
traf man ihn im Gotteshause, er war für uns ein Vorbild in Frömmigkeit,
Gottesfurcht und Mizwauserfüllung, Wohltätigkeit war ihm ein
Herzensbedürfnis, manches Leid suchte er zu lindern, manche Träne zu
trocknen. Leider war es unserem Herrn Rabbiner Dr. Hirschfeld des
Feiertags wegen, nicht vergönnt, dasjenige bei der Beisetzung zum
Ausdrucke zu bringen, was ihm so sehr am Herzen lag, um ihn als Muster
unserer Gemeinde zu schildern und zu würdigen. Der Vorsitzende
unserer Religionsgesellschaft, Herr A. Fröhlich, rief seinem treuen
Kollegen Worte des Dankes nach für die Hingabe und Fürsorge, die er als
Vorstandsmitglied im Interesse unseres Gemeindewesens an den Tag legte, und
immer auf dem Posten war, wenn es galt, zu wirken und zu schaffen für
unsere heilige Tora.
Ein außerordentlich großes Gefolge legte beredtes Zeugnis ab von seiner
Beliebtheit und Wertschätzung. Möge Gott der gebeugten Witwe und
ihren beiden Töchtern Trost geben. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
70.
Geburtstag von Adolf Baer (1929)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 25. Januar 1929: "Gießen (70. Geburtstag). Das
Vorstands- und Ehrenmitglied der Chewra Kadischa, Herr Adolf Baer, beging
in seltener Körper- und Geistesfrische seinen 70. Geburtstag. Dem
Vorstand der Religionsgemeinde gehört Herr Baer seit zehn Jahren an, und
kürzlich wurde er auf weitere fünf Jahre für dieses Amt gewählt, der
beste Beweis für die Wertschätzung seiner sozialen
Arbeit." |
84. Geburtstag von Frau Hirsch geb. Satz
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Juni 1929: "Gießen, 4. Mai. Am 2. Tag Schewuaus (Wochenfest) begeht
Frau Hirsch geb. Satz in voller körperlicher und geistiger Gesundheit
ihren 84. Geburtstag. (Alles Gute) bis 100 Jahre." |
Zum Tod von Therese Sondheim
geb. Stern (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
19. September 1930: "Gießen, 14. September (1930). Am
13. Elul (= 6. September) hat ein ganz großer Kreis den Heimgang von Frau
Therese Sondheim geb. Stern beweint. Eine edle, brave und fromme Frau,
eine der immer seltener werdenden frommen Frauen ist in fast
vollendetem 70. Lebensjahre mit ihr dahingegangen. Vor 30 Jahren siedelte
sie an der Seite ihres gleichgesinnten Gatten, der ihr schon vor 15 Jahren
in die Ewigkeit vorausgegangen ist, von Ober-Gleen
nach Gießen, um als treue Mitglieder unserer Religionsgesellschaft ihren
Kindern eine gute Erziehung, sowohl in religiöser als auch profaner
Hinsicht geben zu können. Das Haus, das beide führten, war ein in jeder
Weise vorbildliches, beide verstanden Tora und weltliche Betätigung zu
verbinden und auf dieser Grundlage ihre Kinder - sechs Söhne und zwei
Töchter - zu gesetzestreuen und wackeren Menschen
heranzubilden.
In ihrem Witwenstande verstand es Frau Therese Sondheim, ihr Haus zu einer
Gaststätte zu gestalten, wo jedermann von dem Hauche mütterlicher und
menschlicher Liebe sich umgeben fühlte. Eine selten harmonische Mischung
von zielsicherem, starkem Willen mit warmer Gemütstiefe befähigte sie,
manchen Freunden mit Rat und Tat helfend beizuspringen. Kein Bedürftiger
ging von ihrer Türe, der nicht von ihrer Güte und Milde beschenkt
wurde.
Beste Kraft schöpfte sie aus echter, innerlich wahrhaftiger Frömmigkeit,
und dies Gottvertrauen half ihr auch, ihren kränklichen Körper meistern
und während ihres längeren Krankenlagers geradezu ergreifenden Gleichmut
zu erhalten. Ihre erzieherische Saat ging in herrlichen Früchten auf. Mit
beispielloser Liebe und Treue wurde sie von ihren Söhnen und Töchtern
bis zu ihrem letzten Atemzuge gehegt und gepflegt, die die teure Mutter
scheiden sahen in dem Bewusstsein, deren unendliche Liebe tausendfältig
wiedergegeben zu haben. Ihre Bestattung gestaltete sich zu einer großen
Kundgebung all der Beliebtheit und Verehrung, deren sie sich erfreuen
durfte. Tief ergriffen schilderte Herr Provinzialrabbiner Dr. L.
Hirschfeld die edlen Tugenden und Eigenschaften der Entschlafenen. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
Anmerkungen: - Elul:
https://de.wikipedia.org/wiki/Elul
- Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld: vgl.
Bericht zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Leo Hirschfeld (1933)
|
Zum Tod von Prof. Moritz Pasch (1930)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 3. Oktober 1930: "Geheimrat
Professor Pasch (Gießen) gestorben. Am 20. September starb in Bad
Homburg der berühmte Mathematiker Geheimrat Professor Dr. Moritz Pasch,
der Senior der Mathematiker. Pasch wurde 1843 in Breslau geboren und
entstammt einer angesehenen jüdischen Familie. Dem Judentum hat der
große Gelehrte stets die Treue gehalten. - 1870 habilitierte sich Pasch
an der Universität Gießen, wo er 1873 zum außerordentlichen und 1875
zum ordentlichen Professor ernannt wurde. Bis 1911 übte er seine
erfolgreiche Lehrtätigkeit aus, um sich nach seiner Emeritierung ganz
seinen wissenschaftlichen Forschungen zu widmen.
Pasch hat durch bahnbrechende Werke wie erkenntnistheoretisch-axiomatische
Grundlagenforschung der Mathematik in neue Bahnen gelenkt, und heute steht
dieser Zweig der mathematischen Wissenschaften im Mittelpunkt des
Interesses. Aus der Zahl seiner Schriften seien hervorgehoben:
'Vorlesungen über neuere Geometrie', 1882 (2. Auflage 1926), 'Einleitung
in die Differential- und Integralrechnung', 'Grundlagen der Analysis',
1909, 'Veränderliche und Funktion' und Mathematik am Ursprung'. Bis ins
höchste Alter war Geheimrat Pasch mit seinen Forschungen beschäftigt.
Die Erinnerung an diesen großen Menschen und an den schöpferischen
Forscher wird nicht vergehen. Dr. S. Weinberg.
Eine stattliche Trauergemeinde versammelte sich am 24. September in der
jüdischen Abteilung des neuen Friedhofs, um von dem verstorbenen Freunde
und Kollegen Abschied zu nehmen. Nach formvollendeter, gedankenreicher
Rede des Provinzialrabbiners Dr. Sander trat der Rektor der
Landesuniversität, der mit einer ganzen Reihe von Professoren und
Dozenten erschienen war, Professor Dr. Eger, in Amtstracht an den Sarg und
gab in ergreifenden Worten der Trauer der hessischen Landesuniversität um
diesen bedeutenden Gelehrten Ausdruck. Mehr als 41 Jahre sei Moritz Pasch
mit der Universität eng verbunden gewesen, und nicht zum wenigsten habe
seine Tätigkeit als Gelehrter und Forscher dazu beigetragen, das Ansehen
der Alma Ludoviciana in der Welt zu erhöhen. Die Universität werde
Moritz Pasch nie vergessen. Danach pries der Dekan der philosophischen Fakultät,
Professor Dr. Vanselow, die Bedeutung des Entschlafenen als Mann der
Wissenschaft. Nach ihm sprach noch der Dekan der naturwissenschaftlichen
Fakultät zu Frankfurt am Main. Er erinnerte daran, dass die beiden
Universitäten Frankfurt und Freiburg Moritz Pasch zu seinem achtzigsten
Geburtstage durch die Ernennung zum Dr.h.c. geehrt hätten, und hob
hervor, welch ein inniges Verhältnis zwischen der Fakultät und Moritz
Pasch bis in die letzten Monate hinein bestanden habe. Zum Schlusse seiner
ergreifenden Ansprache legte er einen Kranz am Sarg nieder, dessen
schwarzrotgoldene Schleife die Inschrift trug: 'Dem Freunde! Dem Vorbild!'
Marx (Giessen)." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 26. September 1930: "Gießen. In
Bad Homburg, wo er zur Kur
weilte, starb am vergangenen Freitag der Geheime Hofrat Dr. phil., Dr. phil.
mat. h. c., ordentlicher Universitätsprofessor i. R., Moritz Pasch, im 87.
Lebensjahre. Pasch stammte aus einer Breslauer Kaufmannsfamilie. Er
studierte Mathematik und habilitierte sich 1870 in Gießen. 1875 wurde
er ordentlicher Professor. 1893 – 1894 war er als einer der ersten jüdischen
Professoren Rektor der hessischen Landesuniversität. Der Verewigte war ein
weltbekannter Mathematiker. Er ist der Begründer der neueren Geometrie und
der Axiomatik. Anlässlich seines goldenen Doktorjubiläums haben ihn die
Universitäten Frankfurt a. M. und
Freiburg i. Br. gleichzeitig
ehrenhalber zum Doktor der Naturwissenschaften ernannt. Seine Beisetzung am
zweiten Tag von Rosch Haschana, bei der Provinzialrabbiner Dr. Sander die
Weiherede hielt, fand unter der Beteiligung der Universitätsbehörden statt.
Mit Pasch, der als Vorsitzender der Prüfungskommission für das höhere
Lehramt für das damalige Großherzogtum Hessen eine ganze Generation von
Schülern an sich vorübergehen lassen, ist einer der bedeutendsten und
repräsentativsten jüdischen Gelehrten dahingegangen." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Februar 1931: "Gießen. Das mathematische
Seminar der Universität veranstaltete für den kürzlich verstorbenen Geheimen
Hofrat Dr. phil. Dr. phil. mat. h. c. , ordentlicher Professor i. R., Moritz
Pasch, eine Gedächtnisfeier, bei der seine Mitarbeiter und Freunde seine
große Bedeutung für die wissenschaftliche Grundlage der Mathematik eingehend
würdigten. Es wurde auf seinen langwierigen Kampf und Anerkennung
hingewiesen,den er als einer der ersten jüdischen ordentlichen Professoren,
1893 – 1894 war er sogar Rektor der hessischen Landesuniversität – zu
bestehen hatte. Nach langen Jahren verliehen dann die Universitäten
Frankfurt und Freiburg i. B. dem 80jährigen den Ehrendoktortitel."
Anmerkungen: - Provinzialrabbiner Dr. Sander:
https://de.wikipedia.org/wiki/David_Sander
- Professor Eger:
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Eger
- Alma Ludoviciana:
https://www.uni-giessen.de/ub/ueber-uns/files/pressespiegel/vor-1980/350jahreludoviciana-1657.pdf
- Prof. Dr. Vanselow:https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Vanselow_(Forstwissenschaftler)
- Rosch Haschana:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana |
Foto
links: Prof. Dr. Moritz Pasch. Weitere Informationen zu Pasch siehe Wikipedia-Artikel
zu Moritz Pasch
Weiterer Link: Foto
des Grabsteines für Moritz Pasch
Quelle
für das Foto |
Vorsteher
Sally Meyerfeld wird wiedergewählt (1931)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 28. Januar 1931: "Gießen. (Persönliches). Bei den
letzten Ergänzungswahlen zum Vorstand der Religionsgemeinde wurde der
bisherige Vorsteher Sally Meyerfeld fast einstimmig
wiedergewählt." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. Januar 1931: Dieselbe Mitteilung
|
75.
Geburtstag des Gemeindevorstehers Moritz Strauß (1931)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 11. Februar 1931: "Gießen. (Persönliches). Am 28.
Januar beging der Vorsteher der Israelitischen Religionsgemeinde, Herr
Moritz Strauß, in voller Körper- und Geistesfrische seinen 75.
Geburtstag. Die Gemeinde verdankt dem Jubilar die Erhaltung und Förderung
ihrer Institutionen und ließ es an seinem Ehrentage an sichtbaren Zeichen
der Wertschätzung und Verehrung nicht fehlen." |
70. Geburtstag der in Gießen geborenen Frauenrechtlerin Henriette Fürth
(1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 21. August 1931: "Henriette Fürth 70 Jahre.
Frankfurt a. M. (JTA) Am 15. August beging die bekannte Vorkämpferin der
Frauenbewegung, Henriette Fürth, ihren 70. Geburtstag. Henriette Fürth, die
1861 in Gießen geboren wurde, ist eine der Mitbegründerinnen der
Mütterschutzbewegung. In den Jahren 1919 bis 1924 war sie sozialistische
Stadtverordnete in Frankfurt a. M.
Als eine der ersten machte sie den Versuch volkswirtschaftlicher Erfassung
der einzelnen Hauswirtschaft in ihren Schriften über 'Ein mittelbürgerliches
Budget vor und nach dem Kriege'. Bekannt sind auch ihre sozialpolitischen
Arbeiten über 'Das Pflegekinderwesen', 'Die Fabrikarbeit der verheirateten
Frau', 'Das Bevölkerungsproblem in Deutschland' und 'Die Regelung der
Nachkommenschaft'. Seit 1890 betätigte sie sich auch auf dem Gebiet des
jüdischen öffentlichen Lebens und setzte sich insbesondere für die Arbeit
des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens ein, dessen
Frankfurter Ortsgruppe sie seit der Gründung angehört.
Der 'Vorwärts' begrüßt Henriette Fürth anlässlich ihres 70. Geburtstages als
'unermüdliche Vorkämpferin für die Sache der Arbeiterschaft' und als
'vorzügliche Sozialpolitikerin, deren Name innerhalb wie außerhalb der
Partei besten Klang hat.'"
Anmerkungen: - Henriette Fürth:
https://de.wikipedia.org/wiki/Henriette_Fürth und
http://www.frankfurterfrauenzimmer.de/ep10-detail.html?bio=df
- Mütterschutzbewegung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bund_f%C3%BCr_Mutterschutz_und_Sexualreform
- Centralverein jüdischer Staatsbürger:
https://de.wikipedia.org/wiki/Central-Verein_deutscher_Staatsbürger_jüdischen_Glaubens
- Vorwärts:
https://vorwaerts.de/artikel/henriette-fuerth-fremde-ihrem-vaterland
|
75. Geburtstag von Isaac Stern (1932)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
3. November 1932: "Gießen, 31. Oktober (1932). Am Schabbat
Paraschat Noach (Schabbat mit dem Wochenabschnitt Noach = 1.
Mose 6,9 - 11,32, das i. 5. November 1932) feiert Herr Isaac Stern, hier,
seinen 75. Geburtstag. Herr Stern, seit über 30 Jahren ein treues und
eifriges Mitglied der Gießener Religionsgesellschaft, hat sich stets
bestrebt, sein Leben in echter Jüdischkeit zu verbringen und sein Haus
gemäß den Anforderungen unserer Tora zu führen. Die drei
Grundsäulen des Judentums, Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit
waren es, auf welchen er sein Leben aufbaute. Mögen dem alten Herrn im
Vereine mit seiner Lebensgefährtin noch recht lange Jahre in Gesundheit
und Wohlergehen beschieden sein. (Alles Gute) bis einhundert Jahre!" |
Zum
Tod von Rechtsanwalt Hermann Mendelsohn (1933)
Anmerkung: vgl. bei den Google-Books: "Gedenkblätter für Hermann
Mendelsohn, Rechtsanwalt zu Gießen: geb. 23. März 1868, gest. 29. März
1933". 1933 31 S.
Link
zu den Google-Books.
Bestand im Stadtarchiv Gießen in der Foto- und Bildersammlung: Aktenplan
10,18 Einzelpersonen; hier: 81 1621: Mendelsohn, Hermann.
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Zentralvereins") vom
4. April 1933: "Ende vorigen Monats starb im Alter von 65 Jahren Rechtsanwalt
Hermann Mendelsohn (Gießen). Im 47. Lebensjahr zog Mendelsohn
freiwillig in den Weltkrieg. Anfang 1915 erhielt er schon das Eiserne
Kreuz und wurde bald zum Leutnant befordert. Die überaus große
Beteiligung an seinem Leichenzuge zeugte von seiner allgemeinen
Beliebtheit." |
Zum Tod des Vorsitzenden der Israelitischen
Religionsgesellschaft Alfred Fröhlich (1933)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9.
November 1933: "Gießen, 5. November (1933). Noch klafft
die Wunde des Heimganges unseres verehrten Rabbiners. Dr. L. Hirschfeld - das
Gedenken an den Gerechten ist zum Segen -, und schon wieder hat uns
ein ungemein harter Schicksalsschlag getroffen durch das plötzliche
Hinscheiden unseres lieben 1. Vorsitzenden der Israelitischen
Religionsgesellschaft, Herrn Alfred Fröhlich, dessen Hinscheiden einen
gewaltigen Verlust für unser Gemeindewesen bedeutet. In einer Sitzung der
Landjudenschaft, in der die Neubesetzung des Rabbinats behandelt wurde,
vertrat er in beredten Worten den Standpunkt der Israelitischen
Religionsgesellschaft und deren Interessen. Kaum hatte er seine
Ausführungen beendigt, ereilte ihn zur größten Bestürzung aller
Anwesenden der Tod. Was er unserer Religionsgesellschaft war, kann nur der
bemessen, der in seiner Gemeinde lebte und sein Wirken mit offenen Augen
zu beobachten und zu bemessen Gelegenheit hatte. Zum Lehrerberufe
bestimmt, besuchte er die Präparandenanstalt in Burgpreppach
und die Israelitische Lehrerbildungsanstalt
in Würzburg. Diese Anstalt berief ihn vor mehreren Jahren in das
Kuratorium; man schätzte dort seinen offenen Blick und war für seine
Anregungen stets dankbar. Nachdem der Verblichene in mehreren Gemeinden
segensreich gewirkt hatte, nahm er seinen Wohnsitz in Gießen. Hier
erkannte man bald seine Umsicht, seinen Weitblick, seine organisatorische
Fähigkeit und wählte ihn in den Vorstand der Israelitischen
Religionsgesellschaft und kurze Zeit darauf zu ihrem Führer. Allen stand
sein goldenes Herz gleich nahe, mit Rat und Tat trat er für alles Gute
und Edle ein, den Bedürftigen empfing er mit Freundlichkeit und Liebe. Er
war ein würdiger Nachkomme seines Stammvaters Abraham, dessen Name er
trug, seine Türen waren weit geöffnet, um die edle Tugend der
Gastlichkeit, die er in Gemeinschaft mit seiner tieftrauernden Gattin in
reichstem Maße erfüllte. Er war ein liebevoller Gatte und treubesorgter
Vater, der im sonnigen Familienglück seine erhabenste Freude fand. Auch
ein Freund des Friedens war er, sein Streben war, den Frieden zu erhalten,
überall wo es galt, Gegensätze zu mildern und auszugleichen, aber nie
bot er seine Hand, einen Frieden zu schließen auf Kosten der Wahrheit.
Bei seiner Beisetzung konnte man so recht den Verlust unserer Gemeinde
ermessen, eine riesige Beteiligung sei seiner Beisetzung. Herr Provinzialrabbiner
Dr. Cohn, Marburg, entwarf ein
getreues Bild des Verstorbenen. Sodann widmete der Jugendfreund und
frühere Kollege, Herr Bernhard Klein, dem Dahingeschiedenen Worte
des Gedenkens, der Liebe und Freundschaft. Herr H. Joseph, 2.
Vorsitzender der Israelitischen Religionsgesellschaft, dankte im Namen des
Vorstandes und der Gemeinde. Herr E. Neumann, Lehrer und Kantor der
Israelitischen Religionsgesellschaft, brachte den Dank der Jugend in
beredten Worten zum Ausdruck. So wird uns dieser edle, sonnige Mensch in
ewigem Gedenken bleiben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Hirschfeld: vgl.
Bericht zum Tod von Rabbiner Dr. Hirschfeld (1933)
- Rabbiner Dr. Cohn: vgl.
Bericht zum Eintritt von Rabbiner Dr. Cohn in den Ruhestand (1933)
- Bernhard Klein: vgl.
Bericht zum Eintritt von Lehrer Bernhard Klein in den Ruhestand (1932)
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de898984
- Erich Neumann: vgl.
Bericht aus der Zeit von Lehrer Emil Neumann (1931) |
Zum Tod von Ida Isenberg geb.
Löwenstein (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1934: "Fronhausen,
14. September (1934). Eine trauernde Gemeinde war es, die eine weit über
die Grenzen der engeren Heimat überaus hochgeschätzte, von allen
geliebte und geachtete Frau zur letzten Ruhestätte führte, zu dem Friedhof,
den ihr seliger Vater vor vielen Jahren der Gemeinde geschenkt und
auf dem alle Glieder seines Hauses ihren Ruheplatz finden sollten: Frau
Ida Isenberg aus Gießen, deren Gatten David Isenberg man schon im
Jahre 1906 hier heraufgetragen hatte. Schon gar früh hat diese wackere
Frau das Leben an verantwortungsvolle Stelle gestellt und sie hat ihren
Posten treu behauptet. Schon mit 19 Jahren reichte sie ihrem tiefen
angesehenen Gatten zu Ehebund die Hand, dem sie elf Kinder schenkte, wovon
noch 9 leben und sich großer Beliebtheit erfreuen. In ihr Leben griff das
Schicksal oft mit rauer Hand ein und getragen von einer echten Gottesfurcht,
gestärkt durch unsere Wahrheit hat sie allen Stürmen
standgehalten, besonders als in ihrem 38. Lebensjahr durch den Tod ihres
Gatten das traute, schöne Familienleben zerrissen wurde und sie nun mit
einer alten Mutter und noch zehn unmündigen Kindern allein stand. Bei der
Fülle der nun auf sie einstürmenden Aufgaben und Pflichten hat sie nie
gewankt und ihren heiteren Lebensmut verloren, eine seltene Frau, die nach
ihrer Erziehung so peinlich die Gebote einhielt, dass sie zum
Vorbild für viele gelten könnte. Wo Not und Armut war, war sie hilfsbereit
zur Hand, ob es halt, im Gießener Krankenhaus oder auch in Privathäusern
Kranke zu besuchen oder das heilige Gebot (statt Gebet) von wahrhafter
Wohltätigkeit zu erfüllen (sc. sie hat sich auch in der
Frauenchewra um das Bestattungswesen bemüht).
Am Tag vor Neujahr erlitt sie einen Schlaganfall und am
Donnerstagmorgen erwachte sie aus ihrer Bewusstlosigkeit, um, mit dem Sch'ma
auf den Lippen, ihre reine Seele auszuhauchen.
Herr Lehrer Neumann, Gießen, entwarf ein kurzes Lebensbild
der Verstorbenen, der fast die gesamte Gemeinde von Gießen das letzte
Geleite gab; auf dem Friedhof in Fronhausen hatten sich viele Trauernde
eingefunden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
Anmerkungen: - Schma:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schma_Jisrael
Frauenchewra: Chewra Kadischa
https://de.wikipedia.org/wiki/Chewra_Kadischa
Neujahr:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana
Lehrer Neumann: vgl.
Bericht aus der Zeit von Lehrer Emil Neumann (1931) |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Getreide- und Mehlgeschäftes Goldenberg
& Marcus (1890)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Oktober 1890: "Für unser Getreide- und Mehlgeschäft ein
Lehrling zum sofortigen Eintritt gesucht.
Goldenberg & Marcus, Gießen." |
Anzeige von Juwelier & Uhrmacher David Kaminka
(1900)
Anzeige der Farben- und Lack-Großhandlung S. H. Sondheim
(1903)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. Oktober 1903: "Lehrlings-Gesuch
Für mein samstags und feiertags geschlossenes Engros-Geschäft suche für
sofort einen Lehrling mit guter Schulbildung. Für kaufmännische
Ausbildung wird höchstmögliche Sorge getragen.
S. H. Sondheim. Farben- und Lack-Großhandlung, Gießen."
Anmerkungen: - S.H. Sondheim: vgl.
Bericht zum Tod von
Sußmann Hirsch Sondheim (1915)
Engros: Großhandel |
Anzeige
des Restaurants Grünewald (1906)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20.
April 1906: "Suche Lehrstelle
für meinen Sohn, 14 1/2 Jahre alt, in einer Konditorei. Samstag und
Feiertage geschlossen. Offerte an
Restaurant Grünewald, Giessen."
|
Anzeigen des Hotels Central in Gießen (1906 /1911)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 24. August 1906: "Hotel Central, Gießen
Telefon 559 Westanlage 35 Telefon 559
Unter Aufsicht seiner Ehrwürden Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld – Gießen.
Die Eröffnung meines der Neuzeit entsprechend eingerichteten, im Mittelpunkt
der Stadt, Ecke Bahnhofstraße – Westanlage errichteten Hotels, zeige
hierdurch ergebenst an.
Zimmer von Mk. 2,50 mit Frühstück an.
Elektrisches Licht, Hausdiener an allen Zügen
Loeb Grünewald, früher Besitzer des Hotels Kaiserkrone, Löwengasse 22." |
|
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 10. März 1911: "Hotel Central, Gießen
Unter Aufsicht seiner Ehrwürden Herrn
Dr. L. Hirschfeld
Großherzoglicher Provinzialrabbiner."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Hirschfeld: vgl.
Bericht zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld (1933)
Loeb Grünewald: - Vgl.
Bericht von 1898. |
Verlobungsanzeige
von Flora Isenberg und Bendix Blumenthal (1921)
Verlobungsanzeige
von Gertrud Mayer und Arthur Wassermann (1922)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 26. April 1922: "Statt Karten.
Gertrud Mayer - Arthur Wassermann
Verlobte
Gießen - Frankfurt
a. M.
Bahnhofstraße 63 - Hölderlinstraße 10.
Zu Hause: Samstag, 29. April in
Frankfurt a. M." |
Anzeige der Weinhandlung von A. Austerlitz
(1925)
Verlobungsanzeige von Rellie Sondheim und Salo Posen
(1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. September 1928: "RELLIE SONDHEIM - SALO POSEN
VERLOBTE
Gießen - Frankfurt a. M.
Nord-Anlage 11 - Fischerfeldstaße 2.
SEPTEMBER 1928. |
Anzeige von Frauenarzt Dr. Mack
(1929)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. Mai 1929: "Von der Reise zurück
Dr. Mack, Frauenarzt, Gießen
Kreuzplatz 8 – Telefon 1796
Nehme Damen zur Entbindung bei mir auf
Auf Wunsch koschere Verpflegung." |
Verlobungsanzeige
von Selma Mayer und Karl Sondheim (1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 3. Juli 1930:
"Selma Mayer - Karl Sondheim. Verlobte.
Mannheim Schöpflinstraße 6 - Mönchsroth
in Bayern - Gießen Nordanlage 11.
Gießen, 1. Juli 1930". |
Nach
der Emigration: Verlobungsanzeige von Gisella Simon und Heinz Baer (1944)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 10. März 1944:
"Mr. and Mrs. Walter Simon
annouce the engagement of their daughter
Miss Gisella Simon to Mr. Heinz Baer.
74 West 103rd St. New York, N.Y. (formerly Berlin) 7726 Mc Pherson
St. Louis, Mo. (formerly Giessen)." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für
Charles Wolfskehl aus Gießen (1836-1907)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.
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Grabstein für
"My beloved husband
and our father
Charles Wolfskehl
born in Giessen, Darmstadt
June 19, 1836
died Sept. 29, 1907". |
Kennkarten
aus der NS-Zeit für Helene Goldschmidt und Herbert Homberger |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Giessen geboren sind |
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Kennkarte (ausgestellt in
Gießen 1939) für Helene Goldschmidt
(geb. 9. Juni 1920 in Gießen), Hausangestellte, später wohnhaft in
Gießen,
Osnabrück und Mainz; am 25. März 1942 ab Mainz-Darmstadt in
das Ghetto Piaski deportiert und umgekommen. |
Kennkarte (ausgestellt
in Mainz 1939) für Herbert Homberger
(geb. 1. März 1908 in Gießen), Kaufmann; wohnhaft in Mainz.
1943 nach Auschwitz deportiert und
dort am 26. August 1943 ermordet. |
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Weitere Dokumente
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