Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bütthard (Markt Bütthard, Kreis Würzburg )
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen    
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen   
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Bütthard (Marktrechte seit 1503) bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. 1588 wird das Haus eines Juden Salomon genannt. 1641 werden vier jüdische Namen erwähnt. 1675 gab es drei jüdische Haushaltungen in Bütthard. Einer der drei Familieväter war Stoffhändler. 1738 wurden fünf jüdische Haushaltungen genannt. 
    
1817 wurden der Gemeinde zehn Matrikelstellen eingeräumt, bis 1820 kamen drei weitere Matrikelstellen dazu. Damit hatten maximal 13 jüdische Familien das Wohnrecht am Ort. 1817/20 gab es die folgenden jüdischen Familienvorstände (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Herz Salomon Hamburger (Pferdehandel), Abraham Herz Hamburger (Pferdehandel), Salomon Herz Hamburger (Pferdehandel), Moses Hirsch Sichel (Waren- und Wollenhandel), Kehla, Witwe von Hirsch Mannheimer (Vieh- und Warenhandel), Schela, Witwe von Jüdlein Frank (Vieh- und Warenhandel), Binges Löw Lehnmann (Waren- und Wollenhandel), Salomon Hirsch Mannheimer (Waren- und Viehhandel), Moses Hirsch Mannheimer (Waren- und Viehhandel), Faust Hirsch Mannheimer (Waren- und Viehhandel), Hirsch Moses Sichel (Feldbau, seit 1818), Anschel Jüdlein Frank (Warenhandel, seit 1919), Simon Sichel (Warenhandel (seit 1820).    
   
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 33 jüdische Einwohner (5,1 % von insgesamt 653 Einwohnern), 1837 60 (9,2 % von 650), 1867 63 (8,2 % von 771), 1890 34 (4,3 % von 786), 1900 22 (2,8 % von 787), 1910 21 (2,5 % von 832).
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), ein Gemeindehaus mit einem Raum für die Religionsschule sowie Wohnungen und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war - in Verbindung mit der Nachbargemeinde Allersheim - ein Religionslehrer angestellt, der auch als Vorbeter in der Gemeinde tätig war. Von 1831 bis 1868 wurden die jüdischen Kinder in Bütthard durch Rabbiner Samuel Weißbart aus Allersheim unterrichtet. Sein Sohn Abraham Weißbart übernahm die Lehrerstelle in Bütthard bis zu seinem Tod 1902, danach wurde sie neu ausgeschrieben (s.u.). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Allersheim beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Kitzingen.
   
Um 1924, als nur noch neun jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1 % von etwa 900 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Simon Hamburger. Auch 1932 wird er als Vorsteher genannt.
      
1933 lebten noch zehn jüdische Personen in Bütthard (1,3 % von insgesamt 758 Einwohnern). Es handelte sich um die Ehepaare/Familien von Isaak Lehmann, Simon Hamburger, Max Frank und Moritz Mannheimer. Letzterer verzog 1937 mit seiner Frau nach Frankfurt am Main, wo Moritz Mannheimer starb; die Witwe konnte emigrieren. Isaak Lehmann konnte mit seiner Frau Hella in die USA emigrieren. Im Oktober 1937 wurde die Gemeinde offiziell aufgelöst. Beim Novemberpogrom 1938 drangen SA- und SS-Männer aus Ochsenfurt und Umgebung in die Häuser der beiden letzten jüdischen Familien ein und zerschlugen die Einrichtungen. Einige Ortsbewohner beteiligten sich an den Verwüstungen. 1939 verließ das Ehepaar Simon Hamburger den Ort und emigrierte nach Holland. Max und Mina Frank, die noch 1942 in Bütthard lebten, wurden über Würzburg in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. 
     
Von den in Bütthard geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Heinrich Frank (1863), Johanna (Hanna, Hannchen) Frank (1866, siehe Anzeige unten), Theresa Frank (1873), Julie Grünberg geb. Mannheimer (1871), Johanna Hamburger (1864), Dina Lucas geb. Mannheimer (1877), Herta Mannheimer (1891), Jette Rothschild geb. Mannheimer (1861), Hedwig Winter geb. Sichel (1874).
     
Max Frank (1874) und seine Frau Mina geb. Stark (1877) überlebten das Ghetto Theresienstadt, kehrten 1945 nach Bütthard zurück und wanderten später nach Amerika aus.  
     
     
     
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Die Stelle des Friedhofsverwalters in Allersheim war zeitweise mit der Stelle des Religionslehrers und Vorbeters in Bütthard verbunden:  
      
Zum Tod des Lehrers und Friedhofsverwalters Abraham Weißbart (1902)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1902: "Giebelstadt, 20. August (1902). In dem nahen Allersheim ist dieser Tage ein Mann aus dem Leben geschieden, der es verdient, dass ihm in diesen Blättern ein kleines Denkmal gesetzt wird. Es wurde daselbst Lehrer und Friedhofsverwalter Abraham Weißbart am Freitag vor Schabbat mit der Toralesung Matot uMaseh (d.i. Freitag, 1. August 1902) zu Grabe getragen. Aus einer streng-frommen Gelehrtenfamilie stammend, war sein ganzes Leben seiner Abstammung und Erziehung entsprechend. Durch seine Gewissenhaftigkeit in beiden mühevollen Ämtern, seine Freundlichkeit und große Bescheidenheit hatte er sich die Liebe und Verehrung weiter Kreise erworben. Sein Leichenbegängnis bestätigte dieses in vollem Mae. Aus allen Gemeinden des Bezirkes waren Männer herbeigeeilt, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Der Bruder des Verstorbenen, er ruhe in Frieden - Herr Seminarlehrer Weißbart, widmete nur einige tief empfundene Worte als Nachruf, da wegen des Vorabends zum Schabbat von einer (längeren) Trauerrede Umgang genommen werden musste. Es wird verschlingen der Tod auf ewig."   

   
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und Friedhofsverwalters (1902)  

Allersheim Israelit 08091902.jpg (62962 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1902: "Die durch Ableben des Herrn Lehrer Weißbart in Erledigung gekommene Stelle eines Friedhofsverwalters in Allersheim mit dem Sitze in Bütthard ist wieder zu besetzen. Bevorzugt werden solche, die befähigt sind, den Religionsunterricht zu erteilen und den Vorbeterdienst versehen zu können. Gehalt von der Korporation 400 Mark, als Religionslehrer und Vorbeter in Bütthard 200 Mark nebst freie Wohnung und frei Holz und nicht unbedeutenden Nebenverdiensten. Meldungen an 
E. Stahl, Sommerhausen am Main."

    
    
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben    
Rückblick: Esrogim-Mangel (1810) - Allersheim und Bütthard kaufen gemeinsam ein Esrog (Etrog)    
Anm.: bei einem Esrog (beziehungsweise Etrog) handelt es sich um eine Zitrusfrucht, die beim Sukkotfest (Laubhüttenfest) Verwendung findet; 
siehe Wikipedia-Artikel "Etrog"       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit": Esrogim-Mangel in alter Zeit. 
In dem mir vorliegenden Memorbuch der Gemeinde Giebelstadt in Unterfranken (hier aus dem Hebräischen übersetzt) berichtet ein Chronist: 'Zur Erinnerung! Im Jahre 571 der kleinen Zeitrechnung (d.i. 1810) hat die hiesige Gemeinde ihr Esrog, das einzige am Ort, für 20 Gulden rheinisch kaufen müssen. Die beiden Gemeinden Geroldshausen und Kirchheim kauften eines gemeinsam für zwei Karlin, ebenso Allersheim und Bütthard. Solche Esrogim wurden in wohlfeilen Zeiten leicht für 24 Kreuzer (= 72 Reichspfennig) gekauft. Vorbeter Lämmle b. Mhhr* Benjamin'. 
Was der Grund der Teuerung gewesen, wird nicht angegeben. Möglich, dass politische Hinderungsgründe in der damaligen Napoleonischen Zeit die Einfuhr erschwerten."
*Mhhr Abkürzung für: "unser Lehrer, der Chawer, Herr...", Bezeichnung für einen Gelehrten.     

 
Aufruf zur Unterstützung eines armen jüdischen Ehepaares in Bütthard (1884)   

Buetthard Israelit 25081884.jpg (69402 Byte)Aufruf in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1884: "Verehrte Glaubensgenossen! 
Im Vertrauen, dass noch nie bei dringenden Fällen eine Fehlbitte geschehen ist, erlauben wir uns für eine hart bedrängte Familie bittend hervorzutreten. Die betreffende Familie ist durch Unglücksfälle gänzlich verarmt; in den nächsten Tagen wird das Haus versteigert, und stehen dann die alten Leute hilflos da. Wir bitten dringend um Hilfe, um die Familie zu erhalten. Unsere Gemeinde ist zu schwach dazu; dieselbe besteht nur aus wenigen und noch größtenteils unbemittelten Familien. Edle Glaubensgenossen, helfet! Der Himmel wird es Euch lohnen. Man bittet, die Gaben an der Mitunterzeichneten, Herrn S. Sichel, zu senden. 
Bütthard, im August 1884.   S. Sichel, Kultusvorstand, Oscher Manheimer, S. Frank.
Die Dürftigkeit und die Würdigkeit der betreffenden Familie in Bütthard ist auch dem Unterzeichneten bekannt, und wird daher dieselbe hiermit dem Wohlwollen edler Glaubensgenossen bestens empfohlen. 
Kitzingen, den 19. August 1884. Der Distrikts-Rabbiner: Adler. 
Wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die Expedition des "Israelit".

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen     
Nach der Deportation: Todesanzeige für Heinrich Frank und Rosel Frank geb. Halle sowie für Hannchen Frank (umgekommen in Theresienstadt; 1945)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 20. Juli 1945: "Unsere lieben Eltern und Großeltern 
Heinrich Frank und Rosel Frank geb. Halle
(früher Klingenberg am Main und Regensburg) 
und unsere gute Tante Hannchen Frank (früher Bütthart und Regensburg) 
sind in Theresienstadt verschieden.  
Walter Frank und Frau Fanny geb. Loose
, 19 Stratford Place, Newark 8, N.F.; 
 Otto Frank und Frau Irma geb. Fleischmann, 285 Riverside Drive, New York 25, N.Y."           

        
       
       
Zur Geschichte der Synagoge           
    
Zunächst war vermutlich ein Betsaal oder eine ältere Synagoge vorhanden. 1812 wurde nach dem Verzeichnis des Königlichen Landgerichts Röttingen von 1817 eine (neue?) Synagoge erbaut.   

Die Synagoge war religiöses Zentrum der in Bütthard lebenden jüdischen Familien bis zur Auflösung der jüdischen Gemeinde im Oktober 1937 und dem Verkauf der Synagoge. Die Ritualien kamen im Dezember 1937 nach München. Das Gebäude blieb nach 1945 und bis zur Gegenwart erhalten, er wurde zu einem Wohnhaus umgebaut; einige Originalfenster sind noch vorhanden.

Von 1948 bis 1951 fanden vor dem Landgericht Würzburg Prozesse gegen 21 der an den Ausschreitungen in Bütthard beim Novemberpogrom 1938 Beteiligten statt. Acht erhielten Gefängnisstrafen von drei bis zwölf Monaten.

Eine Gedenktafel im Inneren des Rathauses erinnert an die jüdische Gemeinde Bütthard und ihre Synagoge mit der Inschrift: "Im MARKT BÜTTHARD existierte bis 1937 eine jüdische Kultusgemeinde. Synagoge Marktplatz 3. Der Markt gedenkt seiner ehemaligen jüdischen Mitbürger. ZUR ERINNERUNG UND MAHNUNG."
    
Adresse/Standort der SynagogeMarktplatz 3        
  
  
Fotos    

     
     
Fotos sind noch nicht vorhanden; über Zusendungen freut sich der 
Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite.
 
     
Andernorts entdeckt     Frankfurt Friedhof N12053.jpg (260241 Byte) 
   Grabstein für Moritz Mannheimer aus Bütthard (1867 - 1937) und Marianne Adler 
geb. Fränkel aus Urspringen (1852 - 1942) im jüdischen Friedhof an der 
Eckenheimer Landstraße in Frankfurt am Main
(Symbol: Schofar)    
     

   
     

Links und Literatur

Links:

Website der Marktgemeinde Bütthard  
Informationsseite des Landkreises Würzburg zur jüdischen Geschichte in Bütthard  

Literatur:  

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 280-281.
Israel Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 43.
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 431.
Jutta Sporck-Pfitzer: Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Landkreis Würzburg. Hg. vom Landkreis Würzburg. Würzburg 1988 S. 55.
Joachim Braun: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Allersheim im Ochsenfurter Gau. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 2007 S. 535-610. 
Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 230.   

  
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Buetthard  Lower Franconia. Jews numbered 63 (total 771) in 1867 and ten in 1933 with a synagogue and community center at their disposal. Five left in 1937. On Kristallnacht (9-10 November 1938) Jewish homes were vandalized with the help of local residents. Of the last five Jews (all over 65) three emigrated in 1939 and two were deported to the Theresienstadt ghetto in 1942.  
     
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 10. Mai 2014