Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Synagogen in Bayerisch Schwaben  


Binswangen (VG Wertingen, Kreis Dillingen an der Donau) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 
 Bitte besuchen Sie auch die Website des Förderkreises Synagoge Binswangen e.V. www.synagoge-binswangen.de  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
Aus der Geschichte des Rabbinates     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur     

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Binswangen bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Nach ungesicherten Quellen lebten bereits im 15. Jahrhundert Juden am Ort. Die erste urkundlich belegbare Nennung von zwei Juden aus Binswangen (Schmuel und Mair) ist von 1525. 1609 gab es 27 jüdische Steuerzahler in Binswangen. Die jüdischen Familien konnten sich in einem Bereich unmittelbar östlich des Dorfes an der Straße nach Wertingen niederlassen.
 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der jüdischen Einwohner von 327 Personen (beziehungsweise etwa 70 jüdische Haushaltungen, 1811/12) bis auf 415 im Jahre 1848 (fast 40 % der Gesamtbevölkerung)
  
Damals betrieben die meisten Binswanger Juden Handel, insbesondere Hausierhandel (mit Ellenwaren, Leder, Häuten, optischen Waren, Wolle usw.), aber auch Viehhandel. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück. 1910 lebten nur noch 74, 1925 49 Juden am Ort. 1806 wurde das Bezirksrabbinat Binswangen gegründet. Bekanntester Rabbiner war Isaac Hirsch Gunzenhauser. Nach der Auflösung des Bezirksrabbinates wurde Binswangen dem Bezirksrabbinat Augsburg zugeteilt. 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben hatte die Gemeinde bis 1881 einen Rabbiner (genannt wird Rabbiner Abraham Fränkel; zuletzt 60 Jahre lang Isaak Hirsch Gunzenhauser) sowie einen Lehrer, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungstexte unten).  Unter den Lehrern sind bekannt: nach 1873 bis nach 1881 Mosche Wetzler, Moritz Morgenthau aus Pahres u.a.m..
   
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es am Ort zahlreiche Handelsgeschäfte und Läden, die jüdischen Familien gehörten (um 1930 noch drei Vieh- und zwei Pferdehandlungen, zwei Lebensmittelgeschäfte und eine Spezereihandlung). Zur Binswanger Gemeinde gehörten auch die im benachbarten Dillingen a.d. Donau lebenden jüdischen Einwohner (1932 8 Personen). 
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hermann Neuburger (geb. 27.2.1881 in Binswangen, vor 1914 in Köln wohnhaft, gef. 1.5.1918), Unteroffizier Martin Strauß (geb. 18.5.1886 in Binswangen, vor 1914 in Augsburg wohnhaft, gef. 7.9.1918) und Ludwig Bauer (geb. 8.1.1898 in Binswangen, gef. 14.10.1918). Ihre Namen stehen zusammen mit den Namen von 12 weiteren "Frontkriegern" auf einer Gedenktafel, die in der ehemaligen Synagoge 1935 angebracht wurde (s.u.) und im Versteck sowohl das Jahr 1938 wie auch die folgenden Jahre überstand. Auch auf dem kommunalen Kriegerdenkmal auf dem Friedhof links vor der Friedhofskapelle finden sich die Namen der genannten drei jüdischen Gefallenen.    
  
Um 1925, als noch 48 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (ca. 5,1 % von 950 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde: Leopold Gradmann, J. Müller, Berthold Strauß und Arthur Strauß. An jüdischen Vereinen gab es damals noch den Wohltätigkeits- und Bestattungsverein Chewra Kadischa sowie den Israelitischen Frauenverein. 1932 wird als Vorsteher weiterhin Leopold Gradmann genannt, Schatzmeister war Ludwig Leiter. Jüdischen Religionsunterricht erhielt im Schuljahr 1932/33 noch ein Kind.   
 
Von bis nach 1933 bestehenden jüdischen Gewerbebetrieben im Besitz jüdischer Familien / Einzelpersonen sind bekannt (Zusammenstellung nach K. Öhlschläger s.Lit. S. 199): Duschenes, Lebensmittelgeschäft (Hauptstraße 2), Judenmax - Miller, Eisenhandlung (Hauptstraße 2), Feigenbaum, Lebensmittelgeschäft (Hauptstraße 4), Ludwig Leiter, Viehhändler (Hauptstraße 12), Ebstein, Flaschenbier, Konditorei (Hauptstraße 16), Schwestern Neuburger (Hauptstraße 14), Max Gradmann, Textiliengeschäft (Hauptstraße 18), Albert Strauß, Viehhändler (Hauptstraße 22), Ludwig Bauer, Pferdehändler (), Schimmelefrau (Hauptstraße 26), Wolf, Textilien (Hauptstraße 28), Josef Strauß, Getreidehändler (Hauptstraße 30), Josef Strauß, Metzgerei (Hauptstraße 38).   
    
1933 lebten noch 36 jüdische Personen am Ort. Von ihnen konnten in den folgenden Jahren neun emigrieren (Brasilien, USA, Palästina), weitere 20 sind emigriert oder in andere Städte verzogen. 1937 konnten die wenigen hier noch lebenden jüdischen Einwohner das 100jährige Jubiläum ihrer Synagoge feiern. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gotteshaus geschändet und völlig verwüstet (s.u.), in jüdischen Läden und Wohnungen wurden die Fensterscheiben eingeschlagen.  1942 wurden die letzten sieben deportiert, fünf im April nach Piaski, zwei im September nach Theresienstadt.
  
Von den in Binswangen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Herrmann Apfel (1854), Josef Bauer (1863), Max Bauer (1909), Hermann Feigenbaum (1898), Sabine Feuchtwanger geb. Feigenbaum (1864), Therese Friedberger geb. Landauer (1864), Julie Gallinger (1864), Marie Gallinger (1871), Mina Gradmann geb. Wassermann (1873), Jeanette (Jenny) Harburger geb. Leiter (1872), Irma Hellmann geb. Luchs (1896), Charlotte (Gitel) Kahn geb. Strauss (1887), Ida Krailsheimer geb. Feigenbaum (1864), Ludwig Leiter (1878), Kathinka Liebstädter geb. Wolf (1876), Rosa Lindauer geb. Kahn (1866), Eugen Luchs (1898), Elsa Maas geb. Müller (1890), Dina Marx geb. Strauss (1900), Karolina Mayer geb. Morgenthau (1872), Arnold Müller (1906), Karolina (Lina) Müller (1862), Klara Müller (1894), Caroline Neuburger (1873), Moritz Neuburger (1869), Claire (Clary, Kläry) Rosenbaum geb. Wolf (1901), Ilse Salm (1917), Fanny Neuburger (1871), Mina Neuburger (1881), Lina Schönstädt geb. Strauss (1879), Emilie Schwarz (1884), Hedwig Schwarz (1879), Klara Schwarz (1877), Rudolf Schwarz (1887, "Stolperstein" in Wiesbaden, Quelle), Erna Stern geb. Strauss (1893), Hedwig (Hetty) Strauß geb. Kapp (1900), Friedrich Strauss (1891), Max Strauss (1925), Salomon Wetzler (1874; Sohn des damaligen Lehrers Mose Wetzler); Siegfried Wetzler (1880, gleichfalls Sohn des Lehrers Wetzler), Hermann Wolf (1872), Hilda Würzburger geb. Dreifuss (1903).  
 
Hinweise: - der kursiv gesetzte Name von Klara üllker (geb. 1894 in Augsburg) findet sich nicht in der aktuellen Version des Gedenkbuches des Bundesarchives zu Binswangen.
- für den späteren Lehrer Siegfried Wetzler (geb. 1880 in Binswangen) wurde in Königstein im Taunus ein "Stolperstein" verlegt, siehe http://www.stolpersteine-koenigstein.de/index.php/familie-wetzler   
     
Von den in Dillingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angabe nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem):  Kurt Baldauf (1911).       
   
   
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1873 / 1916 / 1920  

Binswangen AZJ 08071873.jpg (85577 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Juli 1873: "Offene Stelle. Die Stelle eines Religionslehrers, verbunden mit der eines Vorsängers und Schächters, ist in hiesiger israelitischen Gemeinde zu besetzen. - Das jährliche Einkommen entziffert sich auf ungefähr 7-800 Gulden und zwar fünfhundert Gulden fester Gehalt und ungefähr 2-300 Gulden an Erträgnissen der Schächter-Funktion. Hierzu kommt noch freie Wohnung und zwar in einem schönen zweistöckigen Wohnhause, mit sehr freundlicher Aussicht. Anmeldungstermin längstens bis 1. August laufenden Jahres. - Antritt der Stelle baldmöglichst. - Da die Schülerzahl gering ist, so dürfte dem Bewerber, falls solcher seine übrige Zeit dem Privatunterricht usw. widmen würde, ziemlich Gelegenheit zu Nebenverdiensten geboten sein, und überdies steht, mit Antritt noch anderweitiger Funktionen, demselben seinerzeit noch bedeutende Gehaltserhöhung in Aussicht. - Reflektierende wollen recht bald sich melden und ihre einschlägigen Befähigungszeugnisse anher einsehen. Binswangen bei Augsburg, den 29. Juni 1873. Der Vorstand der hiesigen israelitischen Kultus-Gemeinde."
   
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. September 1916: "Zum 1. Dezember dieses Jahres suchen wir einen Kantor, Schochet und Religionslehrer. Antrag auf Beitritt zum bayerischen Versorgungsverbande der Gemeindebeamten betreffs Pensionsberechtigung ist bereits gestellt. Gehalt Mark 1.100 mit zirka Mark 400-500 Nebeneinkommen, freie Wohnung mit schönem Obst- und Gemüsegarten. Gefällige Angebote mit Zeugnissen erbeten an Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Binswangen bei Augsburg."   
  
Binswangen Israelit 22041920.jpg (82217 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1920: "Die pensionsberechtigte Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochet in unserer Gemeinde ist per sofort oder 1. Juli zu besetzen. 
Der feste Gehalt beträgt Mark 3.000.-, hierzu kommen noch Mark 400.- aus Stiftungen und ca. Mark 500.- Nebeneinnahmen für Schächtgebühren und Friedhofsverwaltung. Die Stelle würde sich ganz besonders gut für einen verheirateten Bewerber eignen, da freie Wohnung im Gemeindehause dazu gehört, nebst großem Obst- und Gemüsegarten, dessen Erträgnis bei rationeller Bewirtschaftung ebenfalls auf etwa Mark 600.- jährlich gewertet werden kann. In Betracht kommen nur deutsche Reichsangehörige. 
Bewerber wollen ihre Zeugnisse mit Lebenslauf baldmöglichst einsenden an die 
Vorstandschaft der Israelitischen Kultusgemeinde Binswangen bei Augsburg."

 
  
Aus der Geschichte des Rabbinates  
    
Zum Tod des Religionslehrers Raphael Fränkel, Sohn von Rabbiner Abraham Fränkel  (geb. 1804 in Binswangen, gest. 1890 in Mergentheim) 

Mergentheim Israelit 13021890.jpg (186653 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Februar 1890: "Mergentheim im Februar 1890. Im vorigen Monate entschlief hier im Alter von 86 Jahren der von Obernbreit zu seinem Schwiegersohn übersiedelte vormalige Religionslehrer Raphael Fränkel, der es vermöge seines biederen, bescheidenen Charakters, seiner gediegenen religiösen und profanen Kenntnisse verdient, dass ihm in diesen Annalen des Judentums ein Ehrendenkmal gestiftet werde. In Binswangen im bayrischen Schwaben als Sohn des weil. Rabbiners Abraham Fränkel geboren, genoss er dessen Unterricht, wie den seines Schwagers, des nachmaligen Rabbiners Isaak Hirsch Gunzenhauser und später den des Rabbiners Aron Gugenheimer in Kriegshaber bei Augsburg, woselbst er unter 27 Lehramts-Kandidaten das beste Examen bestand.  
Als der begabteste unter vielen Geschwistern, musste er zu deren Unterstützung sowie seiner Mutter bald auf den Broterwerb bedacht sein. Er nahm daher eine Privat-Lehrerstelle im Hause des berühmten Rabbi Wolf Hamburger in Fürth an, wobei er sich dessen Hochachtung erwarb und in seinen Talmudstudien sehr befördert wurde, sodass der gefeierte Meister nach einiger Jahren mit Bedauern ihn aus seiner Familie und seinem Kreise zum Antritt der Religionslehrerstelle in Obernbreit scheiden sah.  
Daselbst wirkte der gewissenhafte und pflichtgetreue Pädagoge 57 Jahre, vom Vertrauen seiner Gemeinde, der Dankbarkeit und Verehrung zahlreicher Schüler umgeben, die er nicht nur in die Hallen der Tora, sondern auch in das allgemeine Gebiet des Wissens mit ungemeinem Lehrgeschick einzuführen verstand. Es tat ihm aber wohl, nach Jahren aus der Ferne vielfache Beweise der Anhänglichkeit zu empfangen und von allen Seiten durch zarte Aufmerksamkeit sich geehrt zu sehen. Auch sonst praktisch als Buchführer, Korrespondent und Versicherungsagent tätig, wurde er bei seinem fünfzigjährigen Dienstjubiläum von der Direktion der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank durch ein ehrenvolles Diplom und ein ansehnliches Geschenk ausgezeichnet.  
In den letzten zwei Jahren war er körperlich wohl geschwächt, sein Geist aber immer rege, hell und munter, seiner Umgebung, aus dem reichen Schatz seiner Erinnerungen menschenfreundlich mitteilend.  
Seine Würdigkeit und Beliebtheit sprach sich bei seinem großen Leichenbegängnisse aus, bei welchem Rabbiner und Vorsänger seinen Verdiensten die gerechte Würdigung zuteil werden ließen."        


Rabbiner Isaak Hirsch Gunzenhauser betreibt eine kleine Talmudschule (1866)   

Binswangen Israelit 23051866.jpg (27709 Byte)Aus einem längeren Artikel über die Situation der Tora- und Talmudschulen in Bayern in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1866: "g. in Binswangen (ca. 40-50 Familien) hat auch der dortige Rabbiner unser Lehrer, der Herr und unser Meister Isak Hirsch Segal stets bei wackerster Beteiligung und Betätigung der Gemeinde Schüler um sich versammelt; was auch noch jetzt, leider aber vermindert, stattfindet..."

    
Zum Tod von Rabbiner Isaak Hirsch Gunzenhauser (1881)  

Binswangen Israelit 26101881.jpg (198519 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1881: "Binswangen, im Tischri. Nicht ehrt der Ort den Mann, sondern der Mann ehrt seinen Ort (Taanith, Folio 21.). Kaum hat ein neues Jahr begonnen, so habe ich Ihnen leider auch schon eine traurige Mitteilung zu machen. Herr Rabbiner Isak Hirsch Gunzenhauser weilt nicht mehr unter den lebenden; denn Gott, dem Allmächtigen, hat es gefallen, ihn am 3. Tischri (26. September) nach eintägiger Krankheit, nachdem er noch am 1. Tage Rosch Haschono (Neujahrsfest) in der Synagoge gewesen, zur Tora gerufen war und das Gebet für den König gesprochen hatte, im hohen Alter von 84 Jahren zu sich ins bessere Jenseits zu berufen. 
Mit ihm, der sein hiesiges Amt 60 Jahre in Eintracht und Friede mit seiner Gemeinde verwaltet und 57 Jahre hiervon in glücklicher Ehe mit seiner ihm in Tugend und Wohltätigkeit gleichstrebenden, auch hoch betagten Gattin verlebt hat, scheidet ein Mann aus unserer Mitte, der mit seltener Frömmigkeit zugleich eine äußerst reichhaltige Talmudkenntnis verband und deshalb auch von auswärts in rituellen Fragen vielfach um Entscheidung angegangen wurde. 
Derselbe hat die seinerzeit existierende Jeschiba (Talmudhochschule) in Fürth als hervorragender Zögling gesucht und wird wohl einer der letzten Schüler jener berühmten Hochschule gewesen sein. 
Von dem großen Ansehen, der Achtung und Liebe, die der Verstorbene allgemein genossen, gab die zahlreiche Begleitung bei der Beerdigung ein beredtes Zeugnis. Die katholische Geistlichkeit und die Beamten von der benachbarten Amtsstadt Wertingen, die Mitglieder der hiesigen und Buttenwieser israelitischen Gemeinde, sowie eine unzählige Menge Leute christliche Konfession gaben dem würdigen Greise das Ehrengeleite. 
Am Grabe sprach der von der Kultusverwaltung berufene Rabbiner, Herr Dr. Groß in Augsburg, in geistreicher Weise über 5. Mose 32,48 etc. vom Tode Moses, dann schilderte der Sohn des Verstorbenen, Herr Bezirksrabbiner Gunzenhauser von Mergentheim, in ergreifenden Worten die seltenen Eigenschaften und die rabbinische, wie menschenfreundliche Wirksamkeit seines Vaters und zum Schlusse widmete der Religionslehrer, Herr Wetzler von hier, dem langjährigen, gewissenhaften, wohlwollenden und charaktervollen Führer und Lehrer der Gemeinde einen warmen und empfindungsreichen Nachruf. 
In dem Verewigten hat nicht nur der Ort seiner segensreichen Berufstätigkeit, sondern auch das Gesamtjudentum einen schweren, in unserer Zeit der Abnahme des Torastudiums und der echten Religiosität, wie von den Rednern hervorgehoben wurde, unersetzlichen Verlust erlitten. Das Andenken des Gerechten bleibt gesegnet."

  

Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Rechtsanwalt Geheimer Justizrat Dr. Ignaz Heinsfurter (geb. 1861 in Binswangen, gest. 1926 in München)  

Binswangen Bayr GZ 07081926.jpg (309707 Byte)Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 7. August 1926: "Dem Andenken Dr. Ignaz Heinsfurters. Am 27. Juli 1926 ist ein edler Mensch nach kurzer Krankheit aus dem Leben geschieden, Rechtsanwalt Gemeiner Justizrat Dr. Ignaz Heinsfurter, betrauert von seinen Angehörigen, Freunden, Berufsgenossen und den vielen Hilfsbedürftigen, denen er jederzeit ein bereitwilliger Helfer gewesen war.
Der Ignaz Heinsfurter war am 23. November 1861 in Binswangen geboren, besuchte die Mittelschule in Nördlingen und Augsburg, die Universitäten in München und Leipzig. Alle die Prüfungen, denen er sich an Mittelschulen und Hochschulen zu unterziehen hatte, hat er mit dem Prädikat 'ausgezeichnet' bestanden. Bei der zuweiten praktischen Prüfung für den Bayerischen Justiz- und Verwaltungsdienst hat er als Erster unter allen Referendaren die beste Note erhalten. 
Eine seiner hervorragendsten Charaktereigenschaften war die stete Hilfsbereitschaft für jeden, der nach seiner Ansicht zu den vom Schicksal Belasteten gehörte. Er hat dies aus Pflichtgefühl schon in früher Jugend als Student an der Hochschule. Damals erregte er die Aufmerksamkeit des berühmtesten Nationalökonomen seiner Zeit, des Professors Lujo von Brentano, der den jungen Studenten gegen unverdiente Schwierigkeiten in Schutz nahm. Die gerühmte hervorstechendste Eigenschaft seiner Persönlichkeit bewährte er besonders auch in seinem Berufe als Wahrer und Hüter des Rechts. Wer seinen Rat suchte, fand in ihm einen bereitwilligen Berater, sofern die Sache nach seiner Ansicht auch des Schutzes würdig war. 
Den höchsten Lohn erblickte er im Erfolge seiner Bemühungen, dem verletzten Rechte zum Siege zu verhelfen. Ich hatte vor Jahren gemeinsam mit ihm einen Rechtsstreit gegen einen Mann durchzuführen, der es mit seiner Auffassung vereinigen konnte, einen andern um sein Recht zu bringen. Wie hat das Ignaz Heinsfurter, der sonst so ruhige Mensch und Anwalt, im berechtigten Unmut über die versuchte Rechtsbeugung sich ereifern können! Unbeugsam war er, wenn er von dem Unrecht der seinem Klienten gegenüberstehenden Gegner überzeugt war, während er andererseits, treu seiner Natur als friedliebender Mensch, immer einen Ausgleich unter den streitenden Parteien herbeizuführen bedacht war.
 .....
Wir verehren in Ignaz Heinsfurter den hervorragenden scharfsinnigen Juristen und Denker; wir verehrten in ihm noch mehr den Menschen und Charakter. Er war, so merkwürdig dies klingen mag, ebenso wie der vor wenigen Tagen leider aus dem leben geschiedene Geheimrat Dr. Karl Oppenheimer ein naives Kind mit einer überaus keuschen und reinen Empfindung, ein Idealist in des Wortes schönster Bedeutung, ein feuriger und doch allezeit treuer Freund seiner Freunde, reich an Milde und Menschlichkeit, wo es galt, Notleidende zu trösten und ihnen zu helfen, ein leuchtendest Beispiel hohen sittlichen Ernstes und unwandelbar in Gesinnungstüchtigkeit. Es war alles in allem, wie in keiner anderen Sprache auszudrücken möglich ist, ein Isch zadik. Er wird bei allen, die im Leben ihm nahe standen, unvergesslich bleiben. Der Spruch des Talmud kennzeichnet ihn: Wissen und Tugend im Verein: Ein edler Renner, silbergezäumt. Wissen allein: Ein Klepper, der sich zaumlos bäumt. München, im Juli 1926. Dr. Heinrich Frankenburger."

  
Zum Tod des Arztes Dr. Leopold Loewenfeld (1871/72 Arzt in Binswangen, gest. 1924 in München)   

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 21. Februar 1924: "Dr. Loewenfeld (München). Hofrat Dr. Loewenfeld ist in hohem Alter von 77 Jahren in München gestorben; er entstammte einer angesehenen Münchener Familie; nach Vollendung seiner Universitätsstudien machte er - 23 Jahre alt - den Krieg 1870/71 als junger Assistenzarzt mit, ließ sich nach dem Kriege als praktischer Arzt in Binswangen nieder, das er jedoch bald verließ, um sein Glück in der neuen Weilt zu suchen. 1872 bis 1876 praktizierte er in Chicago, wo er einen ausgedehnten Wirkungskreis gewann. Durch die anstrengende Tätigkeit sowie durch das dortige raue Klima litt seine Gesundheit ernstlichen Schaden, weshalb er, der Sehnsucht nach der alten Heimat, nach deutschem Geist und deutscher Wissenschaft folgend, Chicago verließ und ab 1877 in München sich niederließ. Neben der Berufsausübung nahm er sich Zeit zu einer größeren Arbeit: 'Aktiologie und Pathologie der spontanen Hirnblutungen', die er 1881 zur Erlangung der Privatdozentur bei der Münchener medizinischen Fakultät einreichte. Sein heißer Wunsch, als Lehrer und Forscher wirken zu können, ging nicht in Erfüllung, da er als Jude - nach seiner eigenen Anschauung auf Ziemßens Einspruch - nicht zur Dozentur zugelassen wurde. Das war für Loewenfeld eine schwere Enttäuschung, eine Enttäuschung, die aber seine großen Fähigkeiten nicht lahm legte, sondern in eine andere Richtung lenkte, in die eines äußerst fruchtbaren Schriftstellers auf seinem Spezialgebiet der Nervenkrankheiten. Die Zahl seiner größeren und kleineren Arbeiten ist Legion, besonders hervorzuheben sind die Mitherausgabe der Abhandlungen über 'Grenzfragen des Nerven- und Selenlebens', ferner seine Bücher 'Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie' 1894, über 'Hypnotismus' 1901, über 'Psychische Zwangszustände' 1904, über 'Sexualleben und Nervenleiden' 1914 u.a.m. Von seinen weiteren, einem nicht allein ärztlichen Leserkreis geltenden Arbeiten haben die Schriften 'Über die Dummheit' und besonders 'Über das eheliche Glück. Erfahrungen, Reflexionen und Ratschläge eines Arztes' - bereits in 4. Auflage erschienen - ein dankbares Publikum und weite Verbreitung gefunden.   
In den letzten Jahrzehnten durch geschwächte Sehkraft an selbstständiger Arbeit gehindert, wurde er durch seine geistig hochstehende Gattin in verständnisvoller hingebender Mitarbeit unterstützt. Über fünf Jahrzehnte war der verehrungswürdige Mann vielen Kranken ein wissensreicher, warmherziger, ärztlicher Berater und Helfer."        

 
Zum Tod von Sophie Metzger geb. Strauß, langjährige "Vorstandsdame" im Israelitischen Frauenverein Binswangen (1929)  

Binswangen BayrGZ 01031929.jpg (54068 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. März 1929: "Augsburg. Am 17. Februar 1929 verschied in Augsburg nach kurzem Leiden Frau Sophie Metzger geb. Strauß im 69. Lebensjahre. Die Beerdigung gestaltete sich nach Überführung in den israelitischen Friedhof zu Binswangen zu einer erhebenden Trauerfeier, die Zeugnis ablegte von der großen Beliebtheit, deren sich die Verblichene zu erfreuen hatte. Die Trauerrede hielt Herr Oberkantor Wilhelm Heimann aus Augsburg, der ein klares, wahrheitsgetreues Lebensbild der Verstorbenen entwarf. Am offenen Grabe betrauerten die Mitglieder des israelitischen Frauenvereins Binswangen den Heimgang ihrer langjährigen ersten Vorstandsdame". 


  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Josef Gallinger sucht für sein Manufakturwarengeschäft einen Commis (1869)  

Binswangen Israelit 27101869.jpg (30079 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1869: 
"In meinem Manufakturwaren-Geschäft en gros et détail (Feiertag geschlossen) findet ein Commis, der mit Korrespondenz und Buchführung vertraut, Engagement. 
Binswangen, 19. Oktober 1869. Josef Gailinger"  

  
Moritz Feigenbaum verkauft sein Wohn- und Geschäftshaus in Binswangen (1901)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1901: "Geschäfts-Verkauf. 
Wegzugshalber verkaufe ich mein in Binswangen bei Höchstädt an der Donau, stehendes Wohn- und Geschäftshaus. Seit circa 20 Jahren wird auf dem Anwesen ein Manufaktur-, Weiß- und Wollwarengeschäft mit nachweisbarem Erfolg betrieben. Für einen strebsamen jungen Mann würde sich Gelegenheit bieten, sich eine dauernde, sichere Existenz zu verschaffen. Das Haus samt Warenlager hat einen Werk von circa Mark 15.000, als Anzahlung wären 3-4 Mille erforderlich. Zu weiterer Auskunft erbietet sich 
Moritz Feigenbaum, Nördlingen, Bayern."             

              
Hochzeitsanzeige für Sigmund Bauer und Lina Bauer geb. Goldschmidt (1925)    

Binswangen Israelit 04061925.jpg (28942 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1925: "Statt Karten - Gott sei gepriesen - Sigmund Bauer  -  Lina Bauer geb. Goldschmidt.  Vermählte.  
Binswangen, 8. Juni 1925, 16. Siwan 5685, Unterreichenbach. Trauung: so Gott will. Montag, 8. Juni 1925, mittags 1 Uhr, Hotel Goldschmidt in Würzburg."

   
   
   
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge  
(1837
: eine Synagoge, "die durch ihre Schönheit und Eleganz sich fast mit allen bisher erbauten messen kann") 

Binswangen Wappen.png (97123 Byte)Hinweis auf das Wappen der Gemeinde Binswangen. Das 1966 von Gemeinderat beschlossene Wappen der Gemeinde enthält im unteren Bereich einen Treppengiebel, der an die Synagoge bzw. an die Geschichte der Juden in Binswangen erinnern soll. 
Informationen zum Wappen http://www.binswangen.hosting.bndlg.de/cms/?page_id=22   

Eine Synagoge ("Judenschule") wird erstmals 1609 genannt. Vermutlich stand bereits sie am Platz des heute noch vorhandenen Synagogengebäudes. Diese Synagoge wurde bereits 1612 Opfer eines Brandanschlags, wurde aber wieder aufgebaut und spätestens seit 1625 wieder genutzt. Um 1830 war die alte Synagoge - ein schmaler, rechteckiger Bau - für die stark gewachsene Gemeinde zu klein geworden. Im Oktober 1833 beschloss die Gemeinde, eine neue Synagoge auf dem Platz der alten Synagoge zu erbauen. An der konkreten Planung waren auch der damalige Rabbiner Isaac Hirsch Gunzenhauser und der Religionslehrer Jakob Neuburger beteiligt. Mit dem Entwurf wurde der Maurermeister Michael Christa aus Zusamaltheim beauftragt. Christa's Pläne fanden keine Zustimmung, weswegen von Regierungsbauinspektor Eduard Rüber ein neuer Plan gefertigt wurde. Dieser orientierte sich am Bau der Synagoge von Ingenheim in der Pfalz aus dem Jahre 1830, in dem erstmals im Synagogenbau das maurische Motiv des Hufeisenbogens (Fenster, Portal) und des Treppengiebels begegnet. Im Blick auf die Bauausführung wurde mit dem Baumeister Leonhard Christa, dem Bruder des ersten Planfertigers, ein Vertrag über 3.400 Gulden abgeschlossen. 
Im Juni 1836 wurde die alte Synagoge abgebrochen, am 15. September 1837 konnte die neue Synagoge durch den Ortsrabbiner Gunzenhauser unter Anwesenheit von Landrichter Herrmann und einer großen "Zahl herbeigekommener Fremder" eingeweiht werden. Die Gesamtkosten der neuen Synagoge betrugen 13.778 Gulden.  
  

Der Bau der Synagoge 1837   

Binswangen AZJ 18111837s.jpg (33317 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" des Judentums vom 18. November 1837: "In Binswangen im Oberdonaukreise wurde eine neue Synagoge erbaut, die durch ihre Schönheit und Eleganz sich fast mit allen bisher erbauten messen kann. Seine Königliche Majestät ließ den Plan dazu unentgeltlich von der königlichen Baukommission entwerfen."  

Enthüllung einer Gedenktafel für die Kriegsgefallenen (Juni 1935)  

Binswangen Bayr GZ 15071935.jpg (73653 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1935: "Binswangen. Am Sonntag, 16. Juni, fand in der überfüllten Synagoge, die auch von zahlreichen Andersgläubigen besucht war, die feierliche Enthüllung einer Gedenktafel für die Kriegsgefallenen statt. Die von Würde und Bekenntnismut getragene Weiherede des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Jacob (Augsburg) machte einen nachhaltigen Eindruck auf die Erschienenen. Herr Kamerad Strauß begrüßte hierauf im Namen der Kultusgemeinde die anwesenden Gäste. Als Vorsitzender der Ortsgruppe Augsburg des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten sprach Herr Kamerad Wormser Worte von der Treue und dem Opfermute der auf der Tafel Verzeichneten. Lehrer Lewkowitz übermittelte den Gruß und die Verbundenheit der Nachbarsgemeinde Buttenwiesen. Die Feier wurde umrahmt von erhebenden Gesängen des Herrn Oberkantor Haymann und Frau Marx (beide Augsburg), sowie von einem Prolog eines Schulkindes; sie war ein Erlebnis für die leider sehr zusammengeschmolzene Gemeinde."   
Anmerkung: diese Gedenktafel ist in der Synagoge heute noch zu sehen. Sie war lange versteckt und überstand somit die Schändung des Synagoge 1938 und die folgenden Jahre.    

1937 feierte die Jüdische Gemeinde noch das Jubiläum ihrer 100 Jahre zuvor erbauten Synagoge. Die Bayerische Israelitische Gemeindezeitung berichtete:  

Binswangen Bayr GZ 01091937.jpg (113985 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1937: "Binswangen. Eine erhebende Gedenkfeier beging die hiesige israelitische Gemeinde am 15. Elul dieses Jahres (= Sonntag, 22. August 1937). An diesem Tage waren es 100 Jahre, da unser Gotteshaus von dem damaligen Rabbiner der Gemeinde, Isak Hirsch Gunzenhauser, eingeweiht wurde. Der Ernst der Gegenwart gestattete nur eine religiöse Feier, welche am Sonntag, den 22. August, unter Teilnahme der hiesigen sowie der Nachbargemeinde Buttenwiesen stattfand. Den Mittelpunkt der Feier bildeten die Reden des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Jacob (Augsburg) und des Herrn Lehrers M. Neuburger. Beide Redner schilderten das Gotteshaus als den Mittelpunkt des religiösen Lebens und knüpften daran die Mahnung, das heilige Gut trotz aller Zeitenstürme den nachkommen zu erhalten. Herr Lehrer Neuburger gab die Eindrücke, welcher er in frühester Jugend hier empfing, wieder, er sprach über die Geschichte der Gemeinde, insbesondere den Lebenslauf des seligen letzten Rabbiners I. H. Gunzenhauser. - Umrahmt waren die Ansprachen von den Gesängen des Kultusvorstandes und ehrenamtlichen Vorbeters Herrn Gradmann und von Psalmen-Vorträgen. Nach der Feier im Gotteshause begab sich die Gemeinde auf den Friedhof, um den Danke jener Generation darzubringen, welche in ihrem tiefen religiösen Sinn mit größter Opferfreudigkeit das heilige Werk, die Errichtung dies schonen Gottestempels, vollbrachte. Möge dasselbe noch lange Zeit seinem heiligen Zwecke dienen!"   

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge wurde durch einen auswärtigen, aus Augsburg gekommenen SA-Trupp geplündert und geschändet. Die SA-Leute fuhren vormittags um 11.00 Uhr mit einem Lkw bei der Synagoge vor. Der einzige Binswanger, der sich am Geschehen beteiligte, brach mit einer Kreuzhacke die Synagogentüre auf. Alle noch im Ort anwesenden Juden mussten antreten und die kostbaren Gegenstände ihres Gotteshauses auf den Lkw laden. Das übrige Inventar der Synagoge wurde anschließend von den SA-Leuten zerstört. Eigentlich sollte die Synagoge in Flammen aufgehen, jedoch sah man davon wegen der engen Bebauung um sie herum und wegen der drohenden Brandgefahr ab. 

Nach 1945 wurde die im Innenraum vollständig zerstörte Synagoge als Kohlenlager, Werkstätte für einen Handwerksbetrieb und als Lager für einen Baustoffhandel verwendet. 1960 wurde der als überflüssig erachtete Treppengiebel abgetragen und später verschwand auch die Empore aus dem Innenraum. 1987 ersteigerte der Landkreis Dillingen a.d. Donau auf Initiative des damaligen Bürgermeisters der Gemeinde Binswangen, Josef Reißler, das ehemalige Gotteshaus, das mittlerweile zur Konkursmasse einer Firma gehörte, zum Preis von 15.000,00 DM. Im März 1993 wurde mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Nach über 3-jährigen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten, deren Kosten in Höhe von ca. 3 Mio. DM (etwa 1,5 Mio. €) sich der Bund, der Freistaat Bayern, der Bezirk Schwaben, der Landkreis Dillingen a.d. Donau, die Stadt Wertingen, die Gemeinde Binswangen und der Förderkreis Synagoge Binswangen e.V. teilten, wurde die "Alte Synagoge Binswangen" am 20. Oktober 1996 als Begegnungsstätte eröffnet.
   
Standort der ehemaligen Synagoge: Judengasse 3.    
   
   
Besichtigungsmöglichkeit:      
    
Nach Voranmeldung beim Kulturamt im Landratsamt Dillingen a.d. Donau, zugleich Geschäftsstelle des Förderkreises Synagoge Binswangen e.V. (Frau Lydia Edin, Telefon 09071/51-145, E-Mail: Lydia.Edin@landratsamt.dillingen.de). Das Kulturamt gibt auch Auskünfte zu Veranstaltungen in der Begegnungsstätte "Alte Synagoge" und vermittelt Führungen in der Synagoge.   
E-Mail Kontakt zum "Förderkreis Synagoge Binswangen e.V." über info@synagoge-binswangen.de      
     
     

Bericht zur Arbeit des Fördervereins 2008 - Artikel aus der "Augsburger Allgemeinen" vom 4. April 2008:
    
Alte Synagoge in Binswangen wird immer beliebter.    
Wertingen (syla) - Die Mitgliederversammlung des Förderkreises Synagoge Binswangen erfuhr bei ihrem jüngsten Treffen in dem historischen Binswanger Gebäude, dass sich die Einrichtung immer mehr als Kulturtreffpunkt etabliert. Vorsitzender Anton Kapfer bilanzierte für zwei Jahre die Arbeit des Förderkreises und nannte eine Vielzahl von Terminen, die in der ehemaligen Synagoge stattfanden und das Gebäude weit über den Landkreis hinaus bekannt machen. 
Ein besonderes Anliegen des Landkreises und Förderkreises. Es sei ein besonderes Anliegen des Landkreises und auch des Förderkreises, die Geschichte der einstigen jüdischen Mitbürger in der Erinnerung heutiger Generationen am Leben zu erhalten, erklärte Kapfer im Beisein von Landrat Leo Schrell. Der erste Mann des Förderkreises dankte allen, die während des Jahres Führungen veranstalten, die Aufsicht im Haus übernehmen, in der Hausverwaltung tätig sind, Öffentlichkeitsarbeit leisten oder die Geschäftsführung innehaben. Ihnen sei es zu verdanken, dass die Alte Synagoge mit Leben erfüllt werden könne, hieß es in der Jahresbilanz. Wenn genügend Interessenten zusammenkämen, würde der Förderkreis eine Fahrt zu anderen Synagogen bzw. jüdischen Friedhöfen in Schwaben unternehmen. Wer sich dafür interessiere, könne sich anmelden, hieß es bei der Mitgliederversammlung. Besuchen möchte man auch die Synagoge in Augsburg sowie das jüdische Kulturmuseum. Die dortige Einrichtung stellte in Binswangen Dr. Benigna Schönhagen vor. Sie warb für einen Besuch der interessanten Sammlung, die 2006 neu eröffnet wurde und die die wechselvolle Geschichte der Juden in Augsburg und Schwaben seit dem Mittelalter bis heute dokumentiert. Dr. Schönhagen hat auch mit Studenten eine mögliche Grundlage für den Aufbau einer Dauerausstellung in der Binswanger Synagogen erarbeitet, wo allerdings die räumlichen Möglichkeiten auf der engen Empore sehr begrenzt seien. Der eigentliche Kultraum könne dafür wegen der Veranstaltungen nicht für eine andauernde Präsentation genutzt werden, sagte die Fachfrau, die das jüdische Kulturmuseum in Augsburg leitet. 
Schatzmeister berichtet über eine geordnete Kassenlage. Im Rahmen der Mitgliederversammlung berichtete Schatzmeister Josef Linder über eine geordnete Kassenlage des Fördervereins. Die Prüfer Urban und Hopp hatten keine Beanstandungen, so dass die Vorstandschaft entlastet werden konnte. Wie Vorsitzender Anton Kapfer noch mitteilte, habe man die Zahl der Stühle um 70 erweitern können, so dass künftig nicht mehr Sitzgelegenheiten aus dem benachbarten Schützenheim anlässlich von größeren Veranstaltungen herübertransportiert werden müssten. Förderkreis und Landkreis hätten sich an der Finanzierung beteiligt. Auch eine neue Lautsprecheranlage habe man sich geleistet, bilanzierte Kapfer. Abschließend warb der Vorsitzende um weitere Personen für eine Aufsicht bei Tagen der offenen Tür sowie für Mitbürger, die sich bei einer Öffnung des jüdischen Friedhofes an bestimmten Tagen zur Verfügung stellen würden.     

    
   
Fotos  
Historische Fotos: 
(Quelle: Gedenkschrift: Alte Synagoge Binswangen s.Lit.)

Binswangen Synagoge 010.jpg (60543 Byte) Binswangen Synagoge 001.jpg (57064 Byte) Binswangen Synagoge 004.jpg (54263 Byte)
Plan des Baumeisters Christa von 1833 
zur Erbauung der neuen Synagoge am 
Platz der alten Synagoge (beide Umrisse
 sind eingetragen)
Historische Innenaufnahmen der Synagoge Binswangen
 
 
   
Binswangen Synagoge 011.jpg (41787 Byte) Binswangen Synagoge 012.jpg (47647 Byte) Binswangen Synagoge 005.jpg (52813 Byte)
Die ehemalige Synagoge in den 1950er-Jahren
           
     

Mehrbildkarten von Binswangen mit der Synagoge 
(Quelle: alle Karten aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries; die Erläuterungen gleichfalls von Peter Karl Müller)

Karte rechts - verschickt im 
März 1941
Binswangen Karte 0809.jpg (92556 Byte) Binswangen Karte 0809a.jpg (9071 Byte)
  Auf der Gesamtansicht ist die Synagoge rechts zu sehen (Ausschnittvergrößerung)
     
Karte unten - verschickt 1898     
Binswangen PK 016.jpg (136647 Byte) Binswangen PK 016a.jpg (74216 Byte) Binswangen PK 016b.jpg (68050 Byte)

Die Karte wurde am 1. August 1898 von Binswangen nach Kempten verschickt. Auffallend ist, dass die Synagoge größer und auch über der Friedhofskapelle abgebildet ist; die Pfarrkirche ist nicht abgebildet. Das Foto rechts zeigt die Obere Wirthstraße mit dem Geschäft von Arnold Duschenes (vgl. Einzelkarte unten). 

     
Karte unten - verschickt 1905     
Binswangen Dok 1201201a.jpg (303214 Byte)   Binswangen Dok 1201201b.jpg (79289 Byte) Binswangen Dok 1201201.jpg (46885 Byte)

Die Karte wurde am 9. August 1905 von Binswangen nach Augsburg versandt. Auf der Bildseite der Karte findet sich unter der Vielzahl von Absendern allein viermal der Nachname Strauß. Einer der vier (Unterschrift rechts) war Martin Strauß, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist (geb. am 18.5.1886 in Binswangen, vor 1914 in Augsburg wohnhaft). Sein Name steht auch auf einer Gedenktafeln auf dem Kriegerdenkmal im mittleren Teil des jüdischen Friedhofes von Augsburg in der Haunstettener Straße. 
vgl. http://www.hdbg.de/gedenktafeln/content/orte/Augsburg.shtml und 
http://www.kriegstote.org/cgi-bin/baseportal.pl?htx=/Kriegsopfer/details_kriegstote_aktuell&Id=54394 
Die Karte wurde im Verlag Arnold Duschenes in Binswangen erstellt. Im Heimatbuch "Binswangen - lebendiges Zeugnis reicher Vergangenheit" von Karl Öhlschläger findet sich im Absatz "Die letzen noch bekannten Juden, Judenhäuser und Berufe" S. 199 zu A. Duschenes folgende Angabe: "Duschenes - Lebensmittel - Hauptstraße 2" und im Kapitel "Vom Gesangsverein" auf S. 267: Gründung des Gesangvereins 1891 mit dem Namen "Feuerwehrgesangverein", dem nur Mitglieder der Feuerwehr beitreten konnten. Als Gründungsmitglied wird Arnold Duschenes genannt, der das Amt des Schriftführers inne hatte. 

     
Karte rechts - um 1905/10   Binswangen Dok 130101.jpg (191691 Byte) Binswangen Dok 130101a.jpg (82543 Byte)

Die Karte selbst ist postalisch verwendet und wurde in Wertingen bei Binswangen abgestempelt. Allerdings wurde die Briefmarke abgerissen und mit ihr der Poststempel; im Text selbst ist kein Datum vermerkt. Vermutlich datiert die Karte in die Zeit um 1905 - 1910. Auffallend ist auf dieser Karte, dass neben der christlichen Kapelle auf der anderen Seite die Synagoge in gleicher Höhe abgebildet ist. Es findet sich wie oben wieder der Name "Arnold Duschenes", der wahrscheinlich wieder Auftraggeber für den Vertrieb der Karte zuständig war. 

Karte wie oben, jedoch koloriert 
(mit freundlicher Genehmigung von 
Frantisek Bányai aus der Website 
www.judaica.cz)
Binswangen1.jpg (61003 Byte) Binswangen2.jpg (48910 Byte)

    
    
Neuere Fotos:     

Die ehemalige Synagoge im September 2004
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 1.9.2004)
   
Binswangen Synagoge 103.jpg (41191 Byte) Binswangen Synagoge 101.jpg (44438 Byte) Binswangen Synagoge 102.jpg (27795 Byte)
Die ehemalige Synagoge am frühen Morgen eines Spätsommertages; recht der östliche Giebel 
     
    Binswangen Synagoge 100.jpg (53010 Byte)    
   Informationstafel am Eingang     
            
Die ehemalige Synagoge im September 2007
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 2007)  
Binswangen Synagoge 376.jpg (56288 Byte) Binswangen Synagoge 350.jpg (71998 Byte) Binswangen Synagoge 374.jpg (60723 Byte)
Blick auf den im Schatten liegenden östlichen Giebel      Blick von Süden auf das Gebäude   Blick auf den westlichen Giebel
      
  Binswangen Synagoge 375.jpg (70096 Byte) Binswangen Synagoge 354.jpg (65862 Byte)
  Informationstafel und Eingang 
vom Parkplatz 
Eingangsportale, links Zugang zur
 Frauenempore, rechts Zugang zum 
Raum des Rabbiners / Vorbeters
  
     
Binswangen Synagoge 363.jpg (73349 Byte) Binswangen Synagoge 361.jpg (73598 Byte) Binswangen Synagoge 370.jpg (79464 Byte)
Blick in den 
Betsaal
Blick von der 
Frauenempore
Blick vom Bereich des ehemaligen
 Toraschreines zum Eingang
     
Binswangen Synagoge 369.jpg (61354 Byte) Binswangen Synagoge 367.jpg (73953 Byte) Binswangen Synagoge 364.jpg (68844 Byte)
Säule unter der 
Frauenempore
Blick zur Frauenempore; einzelne auffallende Stellen in der Farbgebung 
zeigen des Zustand vor der Renovierung
   
Binswangen Synagoge 371.jpg (92990 Byte) Binswangen Synagoge 368.jpg (55347 Byte) Binswangen Synagoge 373.jpg (49080 Byte)
Gedenktafel für die Gefallenen des 
Ersten Weltkrieges
Bereich des ehemaligen 
Toraschreines
Menora
     
Binswangen Synagoge 365.jpg (60991 Byte) Binswangen Synagoge 366.jpg (65606 Byte) Binswangen Synagoge 372.jpg (70376 Byte)
Fenster über dem ehemaligen Toraschrein Rundfenster am westlichen Giebel
   
Binswangen Synagoge 362.jpg (51042 Byte) Binswangen Synagoge 358.jpg (72991 Byte) Binswangen Synagoge 357.jpg (73668 Byte)
Treppe zur Frauenempore Auf der Frauenempore
   
   Binswangen Synagoge 360.jpg (57250 Byte) Binswangen Synagoge 359.jpg (51884 Byte)
  Säulen auf Höhe der Frauenempore. Auch hier zeigt die unterschiedliche 
Bemalung den Zustand vor der Renovierung
   Binswangen Synagoge 355.jpg (66068 Byte) Binswangen Synagoge 356.jpg (67047 Byte)
    Dachboden über der Frauenempore
       
Binswangen Synagoge 353.jpg (105176 Byte) Binswangen Synagoge 352.jpg (80369 Byte) Binswangen Synagoge 351.jpg (92267 Byte)
Dorfbrunnen bei der Synagoge mit Erinnerung an die Geschichte der jüdischen Gemeinde (hebräische Buchstaben: "Schma Jisrael")
 
 Informationstafel 
"Kulturweg Binswangen"
Binswangen Synagoge 377.jpg (79954 Byte) Binswangen Synagoge 378.jpg (102871 Byte)

Text zum Thema "Jüdisches Leben": "In Bayerisch-Schwaben war immer ein Wechselspiel zwischen Duldung und Vertreiben. Juden erschienen aufgrund ihrer Sitten und Gebräuche sowie ihrer Sprache hin bis zu ihrer Kleidung oft als fremd und wurden seit dem Mittelalter immer wieder ausgegrenzt und verfolgt. Auf dem Hintergrund dieser andauernden Unsicherheit entwickelte die jüdische Bevölkerung ein besonderes Talent, sich anzupassen und mit den jeweils herrschenden Gegebenheiten zurechtzukommen.
Die erste Nennung von Menschen jüdischen Glaubens in unserer Heimat stammt aus dem Jahr 1212. Sie siedelten zu dieser Zeit vornehmlich in den größeren Städten. Ab dem 15. Jahrhundert wurden sie wiederholt verfolgt und ausgewiesen. Nach diesen Austreibungen suchten die Juden Schutz und neue Heimat auf dem breiten Land, so in Binswangen unter der Oberherrschaft der Habsburger bei wechselnden Lehensherrn (Markgrafschaft Burgau). In den folgenden drei Jahrhunderten entwickelten sich diese Landjudengemeinden zu ansehnlicher Größe und Blüte, ehe im 19. Jahrhundert ein starker Rückgang, bedingt durch die Auswanderung ganzer Familien in die Großstädte oder in die USA, zu verzeichnen ist. 
In Binswangen lässt sich die Ansiedelung von Juden ab 1525 belegen. Diese hatten gemeinhin keinen Zugang zu den Zünften oder Handwerken. Auch Grundbesitz war ihnen verboten. Daher konzentrierten sie sich auf den Handel und den Geldverleih. Das Zusammenleben mit der Dorfbevölkerung gestaltete sich nach authentischen Quellen als friedliches Nebeneinander. Eine Ausnahme bilden die nationalsozialistischen Repressalien auf die jüdischen und nichtjüdischen Dorfbewohner von 1933 bis 1945.
Die wichtigste Einrichtung für eine Landjudengemeinde war die Synagoge, Die ehemalige Binswanger Synagoge, in den Jahren 1835/36 erbaut, entspricht in ihrem Baustil den damaligen königlich-bayerischen Bauvorschriften. Hier finden sich neomaurische Elemente wie der Treppengiebel, die Hufeisenform als Fenster- oder Portalabschluss oder die Palmettenkapitelle als oberer Abschluss der Säulenreihe im Innenraum. Die Ausgestaltung des Innenraumes orientierte sich ganz an der Vorgabe, die ihre Legitimation in der Ausstattung des salomonischen bzw. herodianischen Tempels von Jerusalem findet."

  
     
Weitere Erinnerungen an die jüdische Geschichte 
(Aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
 
Binswangen Dok 015.jpg (112102 Byte) Binswangen Dok 015a.jpg (72808 Byte) Binswangen Dok 015b.jpg (9567 Byte)
Karte des Modewarenhauses von Hermann Wolf mit Ausschnittsvergrößerungen. Der vor der Tür stehende Herr könnte Hermann Wolf sein, die aus dem Fenster schauenden Personen vermutlich Familienangehörige. Die Karte wurde am 7. Juli 1906 von Binswangen nach Dietenheim (bei Illertissen) verschickt. Der 1872 geborene Hermann Wolf ist nach der Deportation von München in das Ghetto Theresienstadt 1942 umgekommen.
   
  Binswangen Dok 135.jpg (95603 Byte)   Binswangen Dok 136.jpg (95227 Byte) Binswangen Dok 137.jpg (125406 Byte)   Binswangen Dok 137a.jpg (63500 Byte)
Historische Karte mit Blick in die "Obere Wirthstraße", heute Hauptstraße in Binswangen, rechts (Nr. 2) das Wohn- und Geschäftshaus der Familie Arnold Duschenes; die Karte wurde 1911 von Arnold Duschenes nach Cannstatt verschickt.  
        
Binswangen Dok 480.jpg (74288 Byte)    
Brief der Fa. Hans Georg Hillenbrand sel. Erben aus Augsburg an 
"Herrn Heinrich Schwarz's seel. Frau Wittwe" in Binswangen vom 27. Januar 1855. 
Heinrich Schwarz war verheiratet mit Nanette geb. Binswanger 
  
     

              
              
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

September 2008: Bericht vom "Europäischen Tag der Jüdischen Kultur"  
Artikel von Rosmarie Gumpp in der "Augsburger Allgemeinen Zeitung" vom 8.9.2008: Erinnerungen an eine schlimme Zeit 
Wertingen/Binswangen - Trotz des nicht gerade freundlichen Wetters fand sich doch eine stattliche Anzahl von interessierten Bürgerinnen und Bürgern auf dem Judenberg in Wertingen ein, um mit Anton Kapfer einen geführten Rundgang durch den jüdischen Friedhof zu unternehmen. 
(Foto: Gerne beantwortete der Vorsitzende des Förderkreises der Synagoge Binswangen am vergangenen Sonntag die an ihn gestellten Fragen. Dabei durfte ein kleiner geschichtlicher Exkurs nicht fehlen). 
Spätestens seit Hitlers Machtantritt am 30. Januar 1933 ahnten auch die Binswanger Juden, dass sie nichts Gutes erwartete, berichtete Kapfer. Besonders ab 1938 nahmen die antisemitischen Ausschreitungen überall in Bayern immer mehr zu. Im Juli 1938 wurden 25 Grabsteine des jüdischen Friedhofes umgestürzt und die meisten auch zerschlagen. Mit der Reichskristallnacht vom 10. November 1938 wurde der vorläufige Höhepunkt der antisemitischen Ausschreitungen erreicht. So wurden in Binswangen die Läden und Wohnhäuser der Juden zertrümmert, auf dem Judenfriedhof wurden erneut Grabdenkmäler umgeworfen und auch die Synagoge wurde durch einen SA-Trupp geplündert und geschändet. Anton Kapfer berichtet ferner: "Vormittags gegen 11 Uhr fuhren die SA-Leute mit einem Lkw bei der Binswanger Synagoge vor. Alle noch im Ort lebenden Juden mussten antreten und die kostbaren Gegenstände aus ihrer Synagoge auf den Lkw laden. Der älteste Jude trug mit zitternden Händen eine Thora-Rolle (Heilige Schrift der Juden) aus dem Gotteshaus". Das übrige Inventar sei anschließend von den SA-Leuten zertrümmert worden, das Gotteshaus wurde nur wegen der engen Bebauung und der damit verbundenen Brandgefahr nicht niedergebrannt. Die Folge dieser Ausschreitungen war, dass von November 1938 bis Ende 1940 weitere elf Juden Binswangen verließen - neun davon wanderten aus - zwei zog es in andere Orte. Der gläubige Jude legt als Zeichen seiner Ehrfurcht keine Blumen sondern Steine auf das Grab. "Immer wieder finden wir am verschlossenen Tor Steine vor" - erzählt Anton Kapfer, "ein Zeichen, dass Angehörige hier waren, aber den Friedhof nicht besuchen konnten". Der Friedhof müsse bis zum heutigen Tag abgesperrt bleiben - Führungen können aber jederzeit auch über den Förderkreis Synagoge Binswangen beantragt werden. Und weiter berichtet Anton Kapfer, dass jüdische Nachfahren der Binswanger Juden, wenn sie heute aus aller Welt angereist kommen, kein Interesse an der Synagoge im Ort haben, sondern "nur" auf den Friedhof wollen, um hier ihrer verstorbenen Angehörigen zu gedenken. Die Synagoge wurde 1938 entweiht, deshalb habe sie für den gläubigen Juden keine Bedeutung mehr. Der Friedhof der ehemals israelitischen Kultusgemeinde von Binswangen geht auf das Jahr 1663 zurück. In diesem Jahre kaufte die gesamte Judenschaft von Binswangen von der Markgrafschaft Burgau einen Acker für das Begräbnis der Juden. Gegen das Judenbegräbnis erhob die Herrschaft Wertingen in der Folgezeit des Öfteren Einspruch, weil der Platz nach Wertingen und damit unter die Gerichtsbarkeit der dortigen Herrschaft gehörte; die Stadt Wertingen beanspruchte sogar das Recht, auf dem Platz weiterhin ihr Vieh weiden zu lassen. Dass die Markgrafschaft Burgau seinerzeit über den Platz hätte verfügen können, hängt offenbar damit zusammen, dass dort früher eine Richtstätte der Markgrafschaft vorhanden war. Die Binswanger Juden lösten in der Folgezeit das Weiderecht ab, der Friedhof selbst wurde nach und nach erweitert. Obwohl er schon im Jahr 1693 hätte eingezäunt werden sollen, zogen sich die Bemühungen um seine Eintillung (= Umzäunung) noch 70 Jahre hin, bis endlich nach exakt 100 Jahren nach seiner Anlage eine Mauer um diesen Platz gezogen werden durfte. Im Hebräischen heißt Friedhof "Haus des Lebens".   
  
Dezember 2009: Bericht über eine der kulturellen Veranstaltungen in der Synagoge  
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 6. Dezember 2009: "Stimmungsvoll in der Alten Synagoge. 
Binswangen
Was gibt es Schöneres an einem Adventsabend, als sich gemütlich bei einem Konzert der PiccaDilly’s, einem der renommiertesten Chöre im Landkreis Dillingen, zurückzulehnen, um Kopf und Seele aufzutanken? 
Wer diese Wahl am vergangenen Samstag getroffen hatte, erlebte wieder einmal mehr in der Alten Synagoge in Binswangen einen besonderen Kulturgenuss. Vorweihnachtlicher Rummel und die Jagd nach den passenden Geschenken blieben draußen vor der Tür. Der gemischte Chor, dem Sängerinnen und Sänger aller Altersschichten angehören, servierte seinen Zuhörern ein abwechslungsreiches Adventskonzert mit klassischen Liedern aber auch heiteren amerikanischen Songs, die längst zu Ohrwürmern geworden sind. Dabei kam der Klangkörper unter der temperamentvollen Leitung von Klaus Nürnberger so richtig international aufgestellt daher. 
Französische und englische Beiträge wurden abgerundet durch ein estnisches Weihnachtslied, zu dem Chormitglied Helin Heier (21) aus Tallinn die musikalischen Mitstreiter rund um den Chorleiter ermuntert hatte. Eine erstaunliche Leistung der Sänger, wenn man weiß, dass estnisch nicht gerade eine einfache Sprache ist. Freuen durfte sich das Publikum über leise Klänge genauso wie über heitere Weisen aus Amerika, die Fröhlichkeit aufkommen lassen und das Herannahen des besonderen Festes aus einem anderen Blickwinkel in ihren Mittelpunkt stellen. 
Erinnerungen an Kinderglück. Weihnachtslieder seien der Widerhall vom Kinderglück vergangener Tage, hatte zu Beginn des Konzertes. Chormitglied Rainer Hörmann seinen Grußworten an die zahlreichen Besucher in der Synagoge vorangestellt. Und so erging es einem auch bei den klassischen Weisen wie etwa 'Es ist ein Ros’ entsprungen'. Wer in seinen Jugendjahren die stillen Rorate während der Adventszeit in einer spärlich erleuchteten Dorfkirche erleben durfte, dessen Herz wurde auf wundersame Weise berührt. Ähnlich verhielt es sich beim Beitrag 'Ich steh an deiner Krippen hier' von Johann Sebastian Bach oder 'Und unsrer lieben Frauen' von Max Reger. 
Amerikanische Songs. 'Somebody’s knocking' lautete das amerikanische Lied, das auch den Titel des Abends der PiccaDilly’s abgegeben hatte. Die ganze Sangesfreude der Chormitglieder um Klaus Nürnberger kam dabei zum Ausdruck. Der Chor beweist immer wieder seine Disziplin, und der Dirigent lässt seinen Schützlingen nicht einmal Raum für die kleinsten Patzer. Das ist weit mehr als Freizeitsingen zur netten Unterhaltung. Die PiccaDilly’s haben viel Ehrgeiz und genug Motivation, das Beste anzustreben, was der Chorgesang im Landkreis Dillingen und weit darüber hinaus zu bieten hat. Der Beitrag 'Good news' kann für die Leistungen des Chores stehen, der wirklich gute Nachrichten für die gemeinsame Sache liefert. 
Mitsingen zum Abschied. Mit 'The Lord bless you' entließen die PiccaDilly’s ihre rundum begeisterten Fans in den Adventsabend, viel beklatscht von einem dankbaren Publikum, das viel fürs Herz und Gemüt bekommen hatte. Als Zuckerl gab es noch eine Strophe des irischen Reisesegens und die Möglichkeit, 'Es ist ein Ros’ entsprungen' mitzusingen."  
 
Januar 2010: Über das Veranstaltungsprogramm in der ehemaligen Synagoge    
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 27. Januar 2010 (Artikel):  "Viel Neues in der Alten Synagoge. 
Binswangen
Seit 1996 ist die Alte Synagoge Binswangen nach einer aufwändigen Restaurierung der Öffentlichkeit für kulturelle Zwecke zugänglich. Ein Förderkreis, der bereits 1992 ins Leben gerufen worden war, kann sich seit Jahren über die vielfältige Nutzung des kulturhistorisch wichtigen Gebäudes in Binswangen freuen. Initiator der Rettung der einstigen Synagoge vor dem Verfall waren der damalige Bürgermeister des Ortes, Josef Reißler sowie der gleichzeitig amtierende Dillinger Landrat Dr. Anton Dietrich. Sie setzten alle Hebel in Bewegung, um der Synagoge zu neuem Leben und einer sinnvollen Nutzung zu verhelfen. Vorsitzender des Förderkreises ist heute der Schulmann Anton Kapfer, selbst Bürger von Binswangen. Die Geschäftsführung liegt in den bewährten Händen von Hedwig Regensburger-Glatzmaier, die die unterschiedlichsten kulturellen Veranstaltungen in der Synagoge organisiert und damit bisher eine sehr glückliche Hand bewiesen hat. 
13 Konzerte.  Allein im vergangenen Jahr fanden 13 Konzerte, teilweise mit namhaften Interpreten, in dem historischen Gebäude statt. Dabei waren unterschiedlichste Musikrichtungen vertreten. Besonders passend für den ungewöhnlichen Konzertraum war das Gastspiel von 'Conspiracy of Love'. Klezmer, Swing und Jazz waren dabei vertreten und fanden ein begeistertes Publikum. Aber auch das Konzert des Gesangvereins Binswangen, das Nachtkonzert der Musikschule Wertingen sowie das Jazz-Klezmer-Duo Susanne Ortner-Roberts und Tom Roberts fanden in der Synagoge den passenden Veranstaltungsrahmen. 
Selbst der Knabenchor 'Rodnik' aus der Ukraine und das renommierte Duo Ariana Burstein & Roberta Legnani schwärmen von dem besonderen Konzertrahmen, den sie in Binswangen vorfanden. Nicht zuletzt sind es die Sänger der Gruppe 'PiccaDilly’s', die immer wieder gerne in die alte Synagoge kommen und sich ihren Fans aus dem ganzen Landkreis präsentieren. Und auch heuer hat bereits ein kultureller Glanzpunkt in dem einstigen jüdischen Gotteshaus stattgefunden. Die drei Musiker von '16 gipsy strings' begeisterten ihr stattliches Auditorium mit einer 'Homage an Django Reinhardt'.
Auch Ausstellungen. Zum Veranstaltungsrahmen in der Synagoge kamen außerdem eine Ausstellung, fünf Vorspieltermine des Musikvereins Binswangen, zwölf Tage der offenen Tür, ein Festakt, eine Trauung, acht Besichtigungen mit Führungen sowie zwei Weihnachtsfeiern für Kinder und Erwachsene hinzu. Beim Förderkreis könnte man noch gut einige interessierte Mitbürger brauchen, die sich für eine Aufsicht bei Tagen der offenen Tür usw. engagieren. Seit Bestehen des Förderkreises hat dieser Ausstattungsgegenstände und Kunstobjekte in einer Höhe von rund 80 000 Euro beschafft. Dazu zählen ein Flügel, eine Videoausstattung, Stellwände und Scheinwerfer. Holzstelen von Norbert Zagl sowie die besonders eindrucksvolle künstlerische Arbeit 'Menschenkette' von J. Paul Menz gehören genauso dazu wie ein erst kürzlich erworbenes 'Beschneidungsbuch' aus Binswangen, das eine Besonderheit für alle darstellt, die die Geschichte der einstigen jüdischen Bevölkerung des Ortes interessiert. Für einen namhaften Betrag hat der Förderkreis die Filmdokumentation 'Die Schul bewahren' über die Geschichte der Synagoge erstellen lassen. Spenden sind seit Gründung der Einrichtung 68 458,84 Euro eingegangen. Dazu kamen Mitgliedsbeiträge in Höhe von rund 42 000 Euro. 
Melodien aus Oper, Operette, Musical sowie Pop und Gospel. Und was wird im Jahr 2010 in der Synagoge in Binswangen alles geboten? Bisher stehen allein sechs Konzerte der beliebten Gruppe 'Saitenwind' im März auf dem Programm. Das Frühjahrskonzert mit den Binswanger Einrichtungen wie Gesangverein, Musikverein sowie Schülern der Grundschule Binswangen startet am 18. April. 'Münz und Maunz' heißt es am 5. Februar mit Melodien aus Oper, Operette, Musical sowie Pop und Gospel. Es gastieren Roswitha Munz-Walser, Reinhard Munz und Donata Sandner. Und auch ein Schülerkonzert der Musikschule Wertingen am 24. April, eine Fotausstellung mit Bildern aus Binswangen, ein Konzert mit den 'PiccaDilly’s' am 26. Juni, ein Auftritt von Annette Sailer-Heidel und Alexandra Finck sowie von Ariana Burstein & Roberto Legnani stehen ebenfalls auf dem Programm."
   
März 2010: Mitgliederversammlung des Forderkreises Synagoge Binswangen e.V.  
Artikel in der "Augsburger Allgemeinen" vom 29. März 2010 (Artikel): "Synagoge Binswangen wird gerne genutzt
Binswangen. Über eine fast konstante Mitgliederzahl kann sich der Förderkreis Synagoge Binswangen freuen. Derzeit sind es 120 Bürger aus dem Landkreis Dillingen, die den Verein unterstützen und ihm damit ihr Wohlwollen signalisieren. Bei der Mitgliederversammlung des Förderkreises im Schützenheim Binswangen wurde Anton Kapfer als Vorsitzender einstimmig im Amt bestätigt.
In den Jahren 2008 und 2009 wurde die Alte Synagoge 131 Mal genutzt. Unterschiedliche Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen und Vereinstermine waren genauso im Programm enthalten wie etwa Besichtigungen der historischen Einrichtung. Allen Personen, die Führungen betreuen sowie Hausmeister und Reinigungspersonal galten Dankesworte von Anton Kapfer, der sich freute, dass auch Landrat Leo Schrell, Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier und Bürgermeister Anton Winkler zur Versammlung gekommen waren. 
Einheitliche Schilder. In seinem Bericht ging der Vorsitzende des Förderkreises auch darauf ein, dass die jüdischen Friedhöfe in Bayerisch-Schwaben alle eine einheitliche Beschilderung in Deutsch und Englisch bekommen werden. Am Mittwoch, 28. April, erfolge um 18 Uhr ein öffentlicher Termin anlässlich der offiziellen Beschilderung in Fischach, an der Interessenten teilnehmen könnten. Wann es beim Binswanger Friedhof so weit sein soll, stünde derzeit noch nicht fest, teilte Kapfer der Mitgliederversammlung mit. Freude äußerte der Vorsitzende über die Tatsache, dass man das alte Beschneidungsbuch, das Angaben von 1773 bis 1829 enthalte, habe erwerben können. Den Schatzmeisterbericht erstattete der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Direktor der Kreis- und Stadtsparkasse Dillingen, Joseph Silberhorn. Daraus ging hervor, dass der Förderverein über eine solide Finanzbasis verfügt. Kapfer dankte in diesem Zusammenhang dem Landkreis, der VG Wertingen und der Gemeinde Binswangen, dass sie gemeinsam die Unterhaltungskosten für die Alte Synagoge tragen. 
Neuwahlen durchgeführt. Bei den anstehenden Neuwahlen gab es keine großen Veränderungen. Vorsitzender bleibt Anton Kapfer. Seine Stellvertreter sind wie bisher Heinz Petz und Anton Winkler. Als Geschäftsführerin fungiert weiter Hedwig Regensburger-Glatzmaier. Die Schatzmeisterfunktion haben Joseph Silberhorn und Ulrich Kain inne. Beisitzer sind Willy Lehmeier, Georg Leis, Christine Nittbaur, Margot Sylvia Ruf, Alfred Sigg, Herbert Stempfle, Johann Urban und Günter Hiesinger. Als Kassenprüfer werden Wolfgang Grob und Helmut Storr tätig sein. 
Bei einem kurzen Ausblick erwähnte der Vorsitzende, dass mit einer neuen Heizung für die Synagoge ein dickerer finanzieller Brocken zu verkraften sein werde. Ansonsten könne man sich auch im Jahr 2010 auf zahlreiche interessante Veranstaltungstermine in dem einstigen jüdischen Gotteshaus in Binswangen freuen, das als Konzertraum immer beliebter werde. Bürgermeister Anton Winkler informierte die Versammelten noch über den Stand des Verfahrens beim 'Schilling-Haus', wo in den nächsten zwei Monaten mit dem Baubeginn zu rechnen sei. Bei dem Gebäude handelt es sich um das letzte bestehende Privatgebäude mit jüdischer Vergangenheit in Binswangen. (syla)"
    
Juni 2010: Planungen für den "Europäischen Tag der jüdischen Kultur" am 5. September 2010
dazu ein Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 17. Juni 2010: eingestellt als pdf-Datei   
und ein weiterer Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 21. Juni 2010: eingestellt als pdf-Datei           
 
Dezember 2010: Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr in der ehemaligen Synagoge  
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 17. Dezember 2010 (Artikel): "Alte Synagoge ein attraktiver Anziehungspunkt. 
Binswangen Es ist wieder einmal eine erfreuliche Jahresbilanz, die der Förderkreis Synagoge ziehen kann. Auch 2010 war das historische Gebäude mit der interessanten jüdischen Vergangenheit ein attraktiver Anziehungspunkt für Besucher mit verschiedensten kulturellen Interessen. 
Jedenfalls sind der Vorsitzende des Förderkreises, Anton Kapfer, und sein Team zufrieden über die Zahl der Menschen, die im zu Ende gehenden Jahr in die Synagoge nach Binswangen kamen. Geschäftsführerin Hedwig Regensburger-Glatzmaier spricht von rund 1500 Gästen, welche die Veranstaltungen in der Synagoge für einen Besuch anziehend fanden. Die Nutzung des Gebäudes für vielfältige Termine könne man nur als gut bezeichnen, heißt es beim Förderkreis. Zu nennen seien außerdem die zahlreichen auswärtigen Besucher, die zu den zehn Tagen der offenen Tür kamen und sich auch bei Führungen und Filmvorführungen ('Die Schul bewahren') informierten. 
Interessante Fotoausstellung. Genutzt wurde das einstige jüdische Gotteshaus auch für eine Fotoausstellung zum Thema 'Bilder aus Binswangen aus den 50er und 60er Jahren', die sehr gut ankam.
Fünf Vorspieltermine veranstaltete der Musikverein Binswangen in der Synagoge. Zwei Festakte, fünf Trauungen, sowie ein Schulunterricht, zählten ebenfalls zur Palette der Termine. Hinzu kamen 27 Konzerte mit einer großen Bandbreite.
Von der Hofmarkmusik Gempfing bis zu mehreren Konzerten der 'PiccaDilly’s' und von Schülerkonzerten bis zu einem Auftreten des Chores 'Chorallen' reichen die Veranstaltungen. Die meisten der Konzerte waren sehr gut besucht und tragen den Ruf der Synagoge als attraktiven Veranstaltungsraum weit über die Grenzen des Landkreises Dillingen hinaus. 
Viel investiert. Seit Bestehen des Förderkreises Synagoge hat dieser Ausstattungsgegenstände und Kunstobjekte in Höhe von 83 000 Euro beschafft. Dazu zählen ein Flügel, eine Videoausstattung, Stühle, Stellwände und Scheinwerfer.
Ein besonders interessantes Kunstwerk, das immer wieder Beachtung findet, ist die Arbeit von J. Paul Menz, das mit 'Menschenkette' betitelt ist. 
Erworben hat der Förderkreis auch zwei weitere künstlerische Arbeiten (Stelen) sowie ein altes Binswanger Beschneidungsbuch. 
Die Filmdokumentation 'Die Schul bewahren' kostete 32 000 Euro. Sie kann interessierten Besuchern bei Tagen der offenen Tür immer wieder gezeigt werden und ist, wie Gäste versicherten, 'sehr eindrucksvoll und anrührend'.  
Infotafel am Friedhof. Im Herbst stellte der Förderkreis eine neue Informationstafel beim Judenfriedhof auf, die Besucher auf verschiedene wichtige Daten im Zusammenhang mit der Gedenkstätte hinweist. Der Förderkreis hat heute 123 Mitglieder. Seit Gründung sind über 70 000 Euro an Spenden und 45 000 Euro an Mitgliedsbeiträgen eingegangen. 
Auch im neuen Jahr wird es wieder eine Reihe von interessanten Veranstaltungsterminen in der Synagoge in Binswangen geben, versprechen der Vorsitzende des Förderkreises, Anton Kapfer, und Geschäftsführerin Hedwig Regensburger-Glatzmaier."   
   
Februar 2011: Klezmer-Konzert in der ehemaligen Synagoge  
Binswangen PA022011kl.jpg (40164 Byte)Foto links von Margot Sylvia Ruf: Das Klezmer-Ensemble 'Mesinke' aus Krumbach brachte eine besondere Botschaft mit bei seinem Konzert in der Synagoge Binswangen.   
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 7. Februar 2011 (Artikel): 
"'Mesinke' ist eine wunderbare Botschaft. 
Binswangen
Das Klezmer-Ensemble 'Mesinke' (jiddisch: die jüngste Tochter) gehört seit 1991 zum festen Bestandteil der Klezmerszene in Deutschland und verfügt mittlerweile in diesem Genre über großes Ansehen. Die sechs Musiker sind also seit 20 Jahren zusammen und eine wunderbare Symbiose nicht nur in musikalischer Hinsicht geworden. 'Mesinke' ist eine Botschaft schlechthin. Die Gruppe vertritt ein wichtiges Anliegen. Vier Männer und zwei Frauen vermitteln eine unverkrampfte und spielerisch anmutende Nähe zum Judentum. Sie liefern damit einen unschätzbaren Beitrag zur Völkerverständigung. In der Alten Synagogen wurde dies am Wochenende bei einem besonderen Konzert deutlich.
Neues Programm. Erstmals präsentierte 'Mesinke' ein neues Programm, das in dem einstigen jüdischen Gotteshaus den passenden äußeren Rahmen fand. Anders als das bisherig zu Gehör gebrachte ist die Aneinanderreihung von Liedern und Musikbeiträgen unter dem Titel 'Shabes iz far ale' mit einem besonderen Schwerpunkt versehen. Wirkt alles am Anfang von Melancholie und den tausend Traurigkeiten geprägt, die das jüdische Volk im Lauf seiner Geschichte durchleiden musste, so ändert sich das im Programmverlauf.
Die Sängerin Erika Spielvogel gab beim Konzert die notwendigen Erklärungen, anfangs nur spärlich, damit die Beiträge nicht ihren Zusammenhang verloren. Das sei im ersten Konzertteil beabsichtigt, sagt denn auch Jürgen Groß, der auf Gitarre, Akkordeon und Mandoline gleichermaßen zu begeistern weiß. 
Erika Spielvogel bezeichnet diesen Konzerttermin am Freitag als den passenden Tag, der bei den Juden traditionell den Sabbat einläute. 'Wir sind Gois und keine Juden, sonst wären wir heute nicht hier', erklärt die Sprecherin, die den vielen Zuhörern, die aus dem ganzen Landkreis Dillingen und darüber hinaus gekommen sind, den besonderen Tag Shabes mit seinen vielfältigen religiösen Momenten.
Vielfältige Beiträge. Musikalisch setzte die Gruppe 'Mesinke' dann den Wortbeitrag in unterschiedliche Liedbeiträge um, die die Sehnsucht der Menschen nach Frieden und Freiheit auf der ganzen Welt beschwören, aber auch jüdische Lebensfreude und Traurigkeit gleichermaßen vermitteln. 
Das Kinderlied 'Dayne shpiltsayg' soll an das furchtbare Schicksal jüdischer Kinder im Wilnaer Ghetto erinnern. Und wenn als eindrucksvolles Zeichen einsam eine Spieluhr erklingt, halten die Zuhörer in der Synagoge buchstäblich den Atem an. Die Musiker von 'Mesinke' wechseln mühelos die Instrumente, sie präsentieren sich alle auch als Sänger und brillieren als Solisten, wenn es die Stücke erfordern.
Wenn im zweiten Teil des Programms der heitere Abschnitt beginnt und Lieder, die in den Familien traditionell am Shabes erklangen zu hören sind, ist das Publikum aus, der Reserve gelockt. Es wird geklatscht und mitgesummt, wenn 'Shabes in feld' die ganze jüdische Fröhlichkeit der einstigen Ostjuden zum Ausdruck bringt. 
Ein wunderbarer Abend. Eine gute Woche ('A gite vokh' ) wünschen dann Jürgen Groß (Gesang, Gitarre, Akkordeon, Mandoline), Martin Glogger (Gesang, Kontrabass), Nicole Hausmann (Gesang, Gitarre, Percussions), Alexander Maier (Gesang, Klarinette, Saxofon), Thilo Jörgl (Gesang, Gitarre, Schlagzeug) und Erika Spielvogel (Gesang, Percussions) am Ende eines wunderbaren Klezmer-Abends. Sie werden nicht ohne heftige Zugaben entlassen, bei denen der Wunsch nach 'Shabes zol zayn, Shabes oyf der gantsen velt' zum Ausdruck kommt. Die Zuhörer äußern ihre Freude in einem lang anhaltenden Beifall."   
   
März 2012: Jahresversammlung des Fördervereins   
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 23. März 2012: Synagoge Binswangen ist mit Leben erfüllt. Der Förderverein ist mit der Auslastung des einstigen jüdischen Gotteshauses zufrieden..."  
Link zum Artikel.   
 
April 2012: Gedenken zum 70. Jahrestag der Deportation  
Pressemitteilung der Gemeinde Buttenwiesen vom 10. April 2012: "Buttenwiesen: 70. Jahrestag der Deportation. Binswangen und Buttenwiesen gedenken der Opfer. 
Die Namensliste der Opfer wollte kein Ende nehmen. Mehrere Minuten dauerte es, bis Johann Urban und Michael Hahn die Namen der 48 jüdischen Mitbürger aus Binswangen und Buttenwiesen verlesen hatten, die vor 70 Jahren zwangsdeportiert wurden. In einer bewegenden und eindrucksvollen Gedenkstunde erinnerten der Förderkreis Synagoge Binswangen und die Gemeinde Buttenwiesen an das Leid der Opfer. Windlichter, die im Halbrund auf dem Buttenwiesener Schulplatz vor der ehemaligen Synagoge aufgestellt waren, symbolisierten die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
In seiner Rede blickte Bürgermeister Norbert Beutmüller auf die Ereignisse vor 70 Jahren zurück. Am 1. April 1942 – "einer der schlimmsten Tage in der Geschichte unserer Dörfer", so Beutmüller – wurden 41 Binswanger und Buttenwiesener Juden unter Zwang zum Bahnhof geführt und von dort in das Zwangsghetto Piaski in Polen (bei Lublin) verschleppt. In Piaski herrschten katastrophale Zustände. Ernährung, Unterbringung und hygienische Verhältnisse waren völlig unzureichend. Viele der Zwangsdeportierten starben in dieser "Hölle", wie es einer der Überlebenden nannte. Die verschleppten Juden aus Binswangen und Buttenwiesen lebten nur wenige Monate in Piaski. Dann wurden sie in den Gaskammern der benachbarten Vernichtungslager ermordet.
Im Laufe des Jahres 1942 wurden die sieben verbliebenen jüdischen Mitbürgern aus den beiden schwäbischen Dörfern in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von diesen überlebte nur Thekla Lammfromm aus Buttenwiesen den Holocaust.
Mit einem klaren Bekenntnis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus beendete Beutmüller seine Rede: "Die rechtsextremen Verächter unserer Demokratie (so Bundespräsident Joachim Gauck) werden in Binswangen und Buttenwiesen nicht das Sagen haben. Unsere bürgerliche Solidargemeinschaft stärkt das Miteinander aller Bürgerinnen und Bürger, egal welcher Hautfarbe, welcher Religion und aus welchem Herkunftsland." Er bedankte sich bei allen Teilnehmern – der Schulplatz war mit ca. 200 Besuchern gut gefüllt – für ihr Kommen und für ihr Zeichen gegen Rechtsextremismus.
In Vertretung von Landrat Leo Schrell berichtete der Dillinger Altoberbürgermeister Hans-Jürgen Weigl von einer Israel-Reise vor 15 Jahren. Der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte mit dem "Tal der untergegangenen Gemeinden" habe ihn damals erschüttert: "Und plötzlich stand ich vor einer Steinwand mit den Namen der schwäbischen Gemeinden und mit dem Namen Buttenwiesen." Weigl bedankte sich bei den Gemeinden Binswangen und Buttenwiesen und beim Förderkreis Synagoge Binswangen für ihr Engagement, das Gedächtnis an die jüdische Geschichte wach zu halten. "Denn nur, wer die Namen nicht nur kennt, sondern sie auch benennt, entreißt die Opfer auch nach 70 Jahren noch der Vergessenheit," so Weigl.
Als Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg sprach Marjan Abramovitsch anschließend das hebräische Kaddisch-Gebet, das traditionelle jüdische Totengebet. In einem eindrucksvollen Zug begaben sich die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung danach zum ehemaligen Bahnhof Buttenwiesen, wo die Juden den Deportationszug besteigen mussten. Die Windlichter wurden dabei von Vertretern des öffentlichen Lebens getragen.
Auf dem Bahnhofsplatz sprachen Gerlinde Schindler-Schneller als Vertreterin der Evangelischen Kirchengemeinde Wertingen, Pfarrer Rupert Ostermayer (Katholische Pfarreiengemeinschaft Wertingen) und Pater Thomas Schilling (Katholische Pfarreiengemeinschaft Unterthürheim) Gebete zur Erinnerung an die Opfer. Mit Dank- und Schlussworten von Anton Kapfer, dem Vorsitzenden des Förderkreises Synagoge Binswangen, klang die beeindruckende Gedenkstunde aus, die vom Männerensemble Binswangen-Höchstädt und von der Musikkapelle Hans Fischer – Zusamtaler Musikanten Buttenwiesen musikalisch umrahmt wurde."  
Übernommen aus Pressemeldung-Bayern.de      
 
Dezember 2014: Bericht über das Jahresprogramm 2014  
Artikel von Margot Sylvia Ruf in der "Augsburger Allgemeinen" vom 17. Dezember 2014: "Die alte Synagoge mit Leben erfüllt
Internationale Künstler und heimische Gruppen kommen gleichermaßen gerne nach Binswangen
.
Für den Förderkreis Synagoge Binswangen war das zu Ende gehende Jahr 2014 im Hinblick auf die Nutzung des historischen Gebäudes ein besonders erfolgreiches. Das Haus hat sich längst über den Dillinger und Wertinger Raum hinaus als wichtige Einrichtung einen guten Namen gemacht. Viele renommierte Künstler und Gruppen, die auf verschiedensten kulturellen Feldern tätig sind, schätzen die Alte Synagoge als Veranstaltungsstätte mit besonderer Aura und vorzüglicher Akustik..." 
Link zum Artikel      
 
September 2016: Europäischer Tag der jüdischen Kultur - Programm in Binswangen und Buttenwiesen 
Artikel von Siegfried P. Rupprecht in der "Stadtzeitung.de" vom 4. August 2016:  "Angesehen, entrechtet, ermordet.
Den 'Europäischen Tag der jüdischen Kultur' nutzen die Gemeinden Binswangen und Buttenwiesen, um auf ihre langjährige Vergangenheit jüdischer Mitbürger, aber auch auf die zahlreichen Einrichtungen der damaligen jüdischen Gemeinschaft aufmerksam zu machen. Heuer findet die Erinnerung dazu am Sonntag, 4. September, statt.
Der Förderkreis Synagoge Binswangen hat dazu ein vielseitiges Programm auf die Beine gestellt. Von 14 bis 16.30 Uhr steht der jüdische Friedhof am Judenberg in Wertingen zur Besichtigung offen. Im gleichen Zeitraum ist auch die Synagoge in Binswangen geöffnet. Um 15 Uhr kommt dort der Film 'Die Schul‘ bewahren …' zur Aufführung. Der Streifen ist eine Dokumentation über die Geschichte der Juden in Binswangen und Schwaben sowie über die örtliche Synagoge. Um 17 Uhr steht eine literarische Stunde mit Texten jüdischer Schriftsteller an. Die Veranstaltung wird musikalisch umrahmt...
Plünderndes Rollkommando. Die Gemeinde Buttenwiesen lädt am 'Europäischen Tag der jüdischen Kultur' von 14 bis 15.30 Uhr zu einem Rundgang durch die jüdische Kommune vor Ort ein. Er wird von Gemeindearchivar Dr. Johannes Mordstein durchgeführt. 'Wie kaum ein anderer Ort wird Buttenwiesen bis zum heutigen Tag von der jüdischen Geschichte geprägt', betont er. Davon legen Synagoge, Friedhof, Ritualbad, jüdisches Wohnviertel und Schule Zeugnis ab. Die Teilnahme am Rundgang ist kostenlos. Treffpunkt ist beim Rathaus am Marktplatz 4..."
Link zum Artikel    .  
 
Oktober 2019: Erinnerung an die jüdische Geschichte in Binswangen  
Artikel von Manfred Schiedl in der "Augsburger Allgemeinen" vom 9. Oktober 2019: "Straßen im Landkreis. Vom jüdischen Leben in Binswangen
Die 'Judengasse' in Binswangen und die Synagoge waren einst wirtschaftlicher und spiritueller Mittelpunkt für einen großen Teil der Dorfbewohner
Die Judengasse: Schmal, wie man sich eine Gasse vorstellt. Dazu aufgeräumt und gepflegt. Sie führt von der Hauptstraße in Binswangen in südliche Richtung am Westgiebel der Synagoge vorbei und zeugt von einer 400 Jahre dauernden Geschichte der Juden in Binswangen. Eine Urkunde aus dem Jahre 1539 belegt die Anfänge einer einst blühenden Landjudengemeinde.
Zwischen den Eckdaten 1539 und 1942 etablierte sich ein reges Gesellschafts- und Glaubensleben der jüdischen Gemeindemitglieder. Sie lebten in erster Linie vom Handel mit allerlei Gebrauchswaren, ebenso vom Handel mit Vieh, vor allem mit Pferden, Getreide und auch Grundstücken. Laut Ortschronik wohnten die jüdischen und überwiegend christlich orientierten Dorfbewohner friedlich zusammen. Im Jahre 1848 lebten in Binswangen die meisten Juden: Ihr Anteil betrug 38,4 Prozent bei einer Einwohnerzahl von 1300.
Mit der zunehmenden Emanzipation der Juden in Deutschland ab Mitte des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen Freizügigkeit, wanderten immer mehr jüdische Dorfbewohner aus oder gingen zurück in die Städte. Dort gab es mehr wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten, auch religiöse Freiheit war eine Motivation zur Abwanderung. Beliebtestes Auswanderungsland waren damals die Vereinigten Staaten von Amerika. Noch heute suchen Nachfahren aus den USA den Kontakt zu den Wurzeln der Väter hierzulande, bestätigt Anton Kapfer, Vorsitzender des Förderkreises der Synagoge Binswangen.
Gesellschaftlicher und religiöser Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde war die Synagoge oder die 'Schul', wie die Juden ihr religiöses Zentrum bezeichneten. Bereits 1609 gab es in Binswangen eine Synagoge. Der Neubau, wie er heute noch besteht, wurde in den Jahren 1836/1837 erbaut. Nach den Vorgaben der königlichen Baubehörde musste die Synagoge im sogenannten neomaurischen Stil errichtet werden. Die königlichen Baumeister waren der Meinung, dass die Stilistik des Gotteshauses auch der aus dem vorderen Orient kommenden Religion entsprechen müsse. So entwickelte sich der neomaurische Stil, der sich verschiedener Gestaltungselemente der Baukunst der damaligen muslimischen Moscheen bediente: Treppengiebel, das Hufeisen als Gestaltungselement, die Palmettenkapitele der Säulen sowie die gesamte, sehr farbenfrohe Ornamentik. Die Ausgestaltung des Innenraumes gaben die jüdischen Gesetze vor: die Ausrichtung der Thoranische nach Osten, den tiefer liegenden Hauptraum, das große Vorlesepult, der Almemor in der Mitte und die umlaufende Frauenempore.
Doch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 veränderte sich abrupt das politische Klima im Dorf. Obwohl zu dem Zeitpunkt nur noch 36 Menschen jüdischen Glaubens hier lebten, waren diese menschenverachtenden Repressalien ausgesetzt. Zwei belastende historische Daten markieren das Ende einer einst blühenden Landjudengemeinschaft: Zum einen die Schändung und Verwüstung der Synagoge durch SA-Schergen am 10. November 1938, einen Tag nach der berüchtigten Pogromnacht in den deutschen Städten, zum zweiten die Deportation der letzten zwei jüdischen Bewohner am 27. Juli 1942 ins KZ Theresienstadt mit dem Ziel Auschwitz.
Die Synagoge war anschließend bis 1985 in einem kläglichen Zustand, bis schließlich der Landkreis das Gebäude auf Drängen des Gemeinderats erwarb. Der Landkreis leitete dann auch die komplette, originalgetreue Restaurierung in die Wege. Am 20. Oktober 1996 fand die feierliche Wiedereröffnung statt. Die künftige Nutzung definierte sich im neuen Namen: 'Alte Synagoge Binswangen – Haus der Begegnung und Besinnung'. Für die Organisation der Kulturarbeit wurde ein Förderkreis auf Vereinsbasis gegründet, der in Kooperation mit dem Kulturamt beim Landratsamt Dillingen die kulturellen Termine koordiniert und die Erinnerungsarbeit organisiert.
Neben der ehemaligen Synagoge erinnern heute noch weitere Zeugnisse an die einst blühende Landjudengemeinde: der 'jüdische Friedhof' an der Straße nach Wertingen und das sogenannte 'Schillinghaus', ein ehemaliges Geschäftshaus an der Hauptstraße. Es ist heute Vereinszentrum. Auch wichtige historische Dokumente im Gemeindearchiv, mehrere Veröffentlichungen über das jüdische Leben und natürlich die Judengasse, in deren Mitte sich die Synagoge befindet, zeugen vom Leben der Binswanger Juden." 
Link zum Artikel   
 

    
     

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Binswangen   
bulletWebsite des "Förderkreises Synagoge Binswangen e.V.":  www.synagoge-binswangen.de 
bulletInformationsseite des Landkreises Dillingen a.d. Donau zur Synagoge Binswangen (Text: Georg Wörishofer, Fotos: Christian Maushart) 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof Binswangen (interner Link) 
bulletSeite des Hauses der Bayerischen Geschichte zum Denkmal für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus Binswangen  
bulletWebsite "Jewish Genealogy in Bavarian Swabia"  
bulletZur jüdischen Geschichte in Wertingen besteht eine Seite des Jüdisch Historischen Vereins Augsburg  
bulletJüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben  www.jkmas.de  
bulletNetzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben www.juedisches-schwaben-netzwerk.de  
bulletDigitales Synagogenarchiv für Bayerisch-Schwaben www.synagogenarchiv.jkmas.de beziehungsweise http://archiv.jkmas.de    

Literatur:  

bulletKarl Öhlschläger: Binswangen - lebendiges Zeugnis reicher Vergangenheit. Binswangen 1982.
bulletBaruch Z. Ophir und Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 461-462.
bulletGernot Römer: Der Leidensweg der Juden in Schwaben. Schicksale von 1933-1945 in Berichten, Dokumenten und Zahlen. Augsburg 1983. S. 50-55.
bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. München 1988 S. 234-235.
bulletSabine Ullmann: Nachbarschaft und Konkurrenz: Juden und Christen in Dörfern der Markgrafschaft Burgau 1650 bis 1750. Vandenhoeck und Ruprecht Göttingen. 563 Seiten. 1999. 64.50 €. ISBN 10-3525354665. 
bulletBinswangen Buch 001.jpg (37290 Byte)Alte Synagoge Binswangen. Eine Gedenkschrift. Hg. vom Landkreis Dillingen a.d. Donau. 1996.  € 7.-
bullet"Die Shul bewahren..." ein Dokumentarfilm über die Geschichte der Juden in Schwaben und Binswangen und der Synagoge Binswangen auf DVD. € 24.50.
Die Gedenkschrift "Alte Synagoge Binswangen" und die DVD "Die Shul bewahren" sind in der Synagoge Binswangen oder bei der Geschäftsstelle des Förderkreises Synagoge Binswangen e.V. im Landratsamt Dillingen, Große Allee 24, 89407 Dillingen a.d.Donau erhältlich (Tel. 09071/51-145, Fax 09071/72907-225; E-Mail).  
bulletSynagogengedenkbuch BY 01.jpg (49758 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu.    (mit umfassenden Quellen- und Literaturangaben).    
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Binswangen: 414-422. 
bulletSchwaben Synagogen Lit 1401.jpg (163447 Byte)"Ma Tovu...". "Wie schön sind deine Zelte, Jakob..." Synagogen in Schwaben. Mit Beiträgen von Henry G. Brandt, Rolf Kießling, Ulrich Knufinke und Otto Lohr. Hrsg. von Benigna Schönhagen. JKM Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben. 2014. 
Der Katalog erschien zur Wanderausstellung "Ma Tovu...". "Wie schön sind deine Zelte, Jakob..." Synagogen in Schwaben des Jüdischen Kultusmuseums Augsburg-Schwaben und des Netzwerks Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben.   

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Binswangen, Swabia. A Jewish settlement existed in the second half of the 16th century, augmented after 1617 by Jews expelled from Burgau and its environs. Jews engaged in moneylending and the cattle trade. A new synagogue was built in 1837. R. Hirsch Gunzenheimer was chief district rabbi and headed a local yeshiva until his death in the late 1860s. The Jewish population declined from 327 (total 894) in 1811 to 193 in 1871 and 36 in 1933. Most were still present on Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue and cemetery were vandalized, windows smashed in Jewish homes and stores, and valuables stolen. Eleven Jews left by the end of 1940, nine emigrating. Of the seven remaining in 1942, five were deported to Piaski (in Poland) on 3 April and two to the Theresienstadt ghetto (27 July). 
    
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020