Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Heidelberg (Stadtkreis) 
Bergfriedhof / Jüdischer Teil 
Jewish Cemetery - Cimetière juif
     
    
     

Hinweis: im Internet sind zwei Gesamtdokumentationen des israelitischen Teiles des Bergfriedhofes zugänglich:  
1. Die Videodokumentation des Friedhofes von Michael Ohmsen - eingestellt auf youtube.com - mit direkten Links von dieser Seite unten
2. Die auf der Website der jüdischen Gemeinde Heidelberg zugängliche Dokumentation ist erreichbar über www.memoju.de       

      
      
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                
      
Siehe Seite zur Synagoge in Heidelberg (interner Link)   
     
     
Zur Geschichte des Friedhofes        
     
Nach der Schließung des Friedhofes an der Klingenteichstraße 1876 erhielt die jüdische Gemeinde Heidelberg einen Teil des städtischen Bergfriedhofes östlich der Rohrbacher Straße für ihre Beisetzungen. In der NS-Zeit wurde die jüdische Gemeinde gezwungen, einen Teil ihrer Grundstücke auf dem Bergfriedhof zu "verkaufen", das Geld wurde aber nie ausgezahlt. In den 1950er-Jahren trat die damalige jüdische Gemeinde einen Teil des für sie reservierten Teiles des Bergfriedhofes an die Stadt ab; man sah damals keinen Eigenbedarf für die weitere Belegung der Fläche. 
 
Der jüdische Teil des Bergfriedhofes wird bis zur Gegenwart belegt (Fläche 111,52 a). Auf ihm befindet sich auch eine jüdische Friedhofshalle mit Gedenkinschrift. Da Friedhof 2015/16 jedoch fast voll belegt war, wurde ein neuer jüdischer Friedhof in Handschuhsheim angelegt.
     
Zur Seite über den neuesten Friedhof in Handschuhsheim (ab 2016)     
     
     
     
Aus der Geschichte des Bergfriedhofes  
Fragen der Anlage des neuen Friedhofes (1876)        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1876: "Wiesbaden, 18. Dezember (1876). Es ist richtig, dass Herr Rabbiner Dr. Sondheimer in Heidelberg in der Frage der hiesigen israelitischen Friedhofs-Angelegenheit ein Gutachten nicht abgegeben hat, wohl aber hat der hiesigen Polizeibehörde dasjenige Gutachten vorgelegen, welches der genannte Herr am 28. März 1875 anlässlich des Gesuchs der Bewohner des 'Klingenteichs' zu Heidelberg um Verlegung des israelitischen Friedhofes an den dortigen Synagogenrat abgegeben und das sich in einer längeren Auseinandersetzung für die Notwendigkeit, 'der Heidelberger israelitischen Gemeinde den erforderlichen Raum zu einer Begräbnisstätte neben (also außerhalb) dem Friedhof der christlichen Gemeinde zu überlassen', aus religiösen Gründen erklärte. Was aber für die Heidelberger Israeliten gilt, wird auch für die Israeliten Wiesbadens Geltung haben, und die hiesigen Orthodoxen legten umso höheren Wert gerade auf dieses Gutachten, als Herr Dr. Sondheimer der liberalen Richtung im Judentum angehört. Das Darmstädter Gutachten rührt von dem orthodoxen Rabbiner Herrn Dr. Marx her. (Frankfurter Journal)".          

  
Die Zahl der jüdischen Kremationen ist relativ hoch  (1895)           

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1895: "Aus Baden. Berichte über die Resultate der im Jahre 1894 in Heidelberg vorgekommenen Leichenverbrennungen passen selbstverständlich nicht in eine jüdisch-religiöse Zeitung, namentlich nicht in eine solche von der Tendenz des Israelit. Wenn dieses aber dennoch geschieht, so soll nur die Wahrnehmung verzeichnet werden, in welcher bedauernswerter Stärke Juden (?) dabei beteiligt sind. Von den 79 Verbrennungen gehören 55 der evangelischen, 16 der katholischen und acht der jüdischen Konfession an, und bilden diese also 10 % der Verbrannten, während die Israeliten in Deutschland nur 1 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Diese bedauernswerten Tatsachen haben jedenfalls vorzugsweise in der irrigen Meinung ihren Grund, diese Art der Bestattung sei eine religiös-erlaubte, welche noch dadurch verstärkt wird, dass es Geistliche gibt, welche die Leiche noch vorher einsegnen, - ja noch die Tahara (Leichenwaschung) als verpflichtend hinstellen. Hier wäre, wie überall bei Verirrungen, Belehrung notwendig. Bei keiner Konfession wählen Fromme diese Art der Leichenbestattung, und wir Israeliten brauchen deshalb nicht ängstlich zu sein, dass je einmal dieselbe zum Gesetze erhoben und die Beerdigung verboten wird. Auch bei den Christen kommt das Leichenverbrennen nur bei einer verschwindenden Minderzahl vor. Ja, wenn bei den Juden allein die Beerdigung üblich wäre, so hätte schön längst in der Schweiz eine Volksabstimmung aus sanitärem oder sonstigen Grunde die Beerdigung verboten. So aber können wir ruhig zusehen, wenn eine winzige Minorität von Menschen, aus Liebhaberei sich verbrennen lässt. L.E."        

   
    
   
Lage des Bergfriedhofes   

Heidelberg FriedhofPlan.jpg (174855 Byte)
Lage der jüdischen Friedhöfe Heidelbergs (durch Pfeile
 markiert; östlicher Friedhof: alter Friedhof; 
südlicher Friedhof: neuer Bergfriedhof)
(Topographische Karte aus den 1970er-Jahren)  
Lage des jüdischen Friedhofes im allgemeinen Bergfriedhof
 Heidelberg auf dem dortigen Stadtplan: oben anklicken:
 der Link führt direkt zu "Friedhof, israelisch, Südstadt"
 

    
Link zu den Google-Maps  
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)   
  

Größere Kartenansicht    
   
   
   
Fotos  
Der jüdische Teil des Bergfriedhofes im März 2009    
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 29.3.2009)  

Heidelberg Friedhof 209100.jpg (108807 Byte) Heidelberg Friedhof 209101.jpg (64708 Byte) Heidelberg Friedhof 209129.jpg (83073 Byte)
Eingangstor mit Blick zur Friedhofshalle  Hinweistafel am Eingangstor  "Davidstern" (Magen David) 
     
Heidelberg Friedhof 209126.jpg (106970 Byte) Heidelberg Friedhof 209102.jpg (101473 Byte) Heidelberg Friedhof 209103.jpg (106320 Byte)
Friedhofshalle - vom Friedhof aus gesehen; rechts Gedenkinschrift von 1952 "Zum ewigen
 Gedenken an unsere Brüder und Schwestern, die in den Jahren 1033-1945 aus den
 Landgemeinden und der Stadt Heidelberg deportiert wurden und fern der Heimat für ihr
 Judentum den Märtyrertod erlitten haben. Heidelberg 1952."  
Weg in den Friedhof -   
vom Eingangstor aus gesehen 
 
      
Heidelberg Friedhof 209105.jpg (118727 Byte) Heidelberg Friedhof 209106.jpg (111919 Byte) Heidelberg Friedhof 209107.jpg (111860 Byte)
Neuere Gräber - 
nahe der Friedhofshalle  
  
Grabsteine im ältesten Teil des 
Friedhofes aus der Zeit in den Jahren 
nach Anlage des Friedhofes (1876)  
Hoher Grabstein für Daniel Jakob Baer
 (1816-1877) und Sophie Baer geb. Elsasser
 (1837-1912) mit nach unten gerichteter,
 erlöschender Fackel, Pflanzenornamentik 
und Levitenkanne; Grabstein rechts mit
 Portrait für Carl Abenheimer (1808-1877)
 
 
 
     
Heidelberg Friedhof 209104.jpg (108834 Byte) Heidelberg Friedhof 209109.jpg (113984 Byte) Heidelberg Friedhof 209110.jpg (121211 Byte)
Drei hohe Grabsteine in der Mitte: links für
 Rosa Herrmann geb. Mayer (1861-1909) und
 Ludwig Herrmann (1858-1924), dahinter für
 Sigmund Hirsch aus Weinheim (1845-1908) 
und Sophie Hirsch geb. Oppenheimer
 (1844-1909), rechts für Moses Hurwitz aus 
St. Petersburg (1861-1911)  
Grabstein im Schatten links für 
Salomon Weill (1808-1888), rechts 
für Carl Traumann von Schwetzingen 
  
    
Hohe Grabsteine: links für 
Lazarus Reis (1808-1890), 
rechts für Albert Reis (1846-1890)
  
   
   
     
Heidelberg Friedhof 209108.jpg (79036 Byte) Heidelberg Friedhof 209112.jpg (99424 Byte) Heidelberg Friedhof 209113.jpg (125345 Byte)
Relativ selten auf jüdischen 
Friedhöfen: Darstellung 
einer Engelsfigur 
  
Grabstein für 
Gertrud Marx geb. Fisch 
(1899-1933) 
  
Grabsteine von links für Julie Salomon geb. Marx
 (1862-1925) und Hermann Salomon (1864-1927);
 Sally Kirchheimer (1876-1927); Dr. Peter
 Schliferowitsch
(1856-1929) und Pauline Schl.
 geb. Fortus
(1863-1931); Siegfried Jacob
 (1908-1929)
    
      
Heidelberg Friedhof 209114.jpg (122512 Byte) Heidelberg Friedhof 209115.jpg (114633 Byte) Heidelberg Friedhof 209116.jpg (120482 Byte)
Blick auf eine der 
Terrassen des Friedhofes  
Großes Grabmal für Bertha, 
Siegfried
und Amalie Goldscheider  
Eine der obersten Terrassen des Friedhofes; 
im Vordergrund Grabstein für die früh
 verstorbene Bella Jacob (1905-1923)
      
     
Heidelberg Friedhof 209117.jpg (101189 Byte) Heidelberg Friedhof 209118.jpg (115579 Byte) Heidelberg Friedhof 209121.jpg (120466 Byte)
Grabstein für Adolf Held (1873-1919) und
 Nannette Held geb. Seligmann (1872-1926)
 aus Mosbach; Eltern des Kunsthistorikers
 Prof. Dr. Julius Held (1905-2002)  
Grabstein für den "Bayrischen 
Hauptlehrer" Michael Wolf (1851-1931) 
und Rosa Wolf geb. Klotz aus Winnweiler
 (1850-1915)
Grabstein für Beni Wolff aus Rohrbach
 (1851-1917) und Sophie Wolff 
geb. Münzesheimer
(1857-1935) 
   
     
Heidelberg Friedhof 209120.jpg (106474 Byte) Heidelberg Friedhof 209119.jpg (106397 Byte) Heidelberg Friedhof 209123.jpg (126217 Byte)
Grabstein für Elise Spiegel geb.
 Schwarzmann
(1879-1928) und
 Erinnerung an den in Köln beigesetzten 
Elias Spiegel (1864-1942) 
Grabstein der Familie Kramer: für Bernhard
 Kramer
(1866-1929) und Rosa Kramer geb.
 Sternweiler
mit Gedenkinschriften für 
Hans Bernd Oppenheimer (1921-1945) 
und Leopold Oppenheimer (1881-1943) 
Kindergräber, vorne links Grabstein 
für Rudolf Heinz Bodenheimer (1906), 
darüber für Liselotte Leiser (1915)  
     
     
Heidelberg Friedhof 209122.jpg (119322 Byte) Heidelberg Friedhof 209124.jpg (125480 Byte) Heidelberg Friedhof 209111.jpg (120964 Byte)
Grabstein für Maier Kahn, Hauptlehrer an der
 Volksschule in Heidelberg (aus Sulzburg,
 1844-1900) und Lisette Kahn geb. Müller 
(aus Krautheim, 1844-1912)
Grabstein für Selma Lichtenthal 
geb. Kugelmann
(1900 in Witzenhausen -
 1974 in Heidelberg, "fern ihrer 
Heimat in Israel")  
Neue Gräber  
  
 

  
   
Der Friedhof im Juni 2004     
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.6.2004)

Heidelberg Friedhof 111.jpg (79881 Byte) Heidelberg Friedhof 107.jpg (57378 Byte) Heidelberg Friedhof 102.jpg (77461 Byte)
Eingang in den Friedhof 
mit Hinweistafel
1952 angebrachte Gedenkinschrift an der
 Eingangshalle (Inschrift siehe oben)
  
     
Heidelberg Friedhof 109.jpg (96241 Byte) Heidelberg Friedhof 105.jpg (80217 Byte) Heidelberg Friedhof 100.jpg (87037 Byte)
Familiengrab der Familie 
Krämer - Oppenheimer
Mitte: Grab von "Moses Hurwitz 
aus St. Petersburg"  
 
     
Heidelberg Friedhof 106.jpg (83649 Byte) Heidelberg Friedhof 114.jpg (76149 Byte) Heidelberg Friedhof 108.jpg (101072 Byte)
Großes Grabmonument  
Grabstein für Rabbiner Dr. Hermann Pinkus
 und seine Frau Olga  
Kindergräber 
     
Heidelberg Friedhof 104.jpg (97717 Byte) Heidelberg Friedhof 103.jpg (86383 Byte) Heidelberg Friedhof 101.jpg (90236 Byte)
Grabstein für Helga Levinson 
geb. Heimberg
(1926-1968)
Innerhalb der älteren Teile finden sich neuere
Gräberreihen mit liegenden Grabplatten
Neueres Grabfeld 
     
Heidelberg Friedhof 110.jpg (86464 Byte) Heidelberg Friedhof 113.jpg (85882 Byte) Heidelberg Friedhof 112.jpg (77172 Byte)
Grabsteine russisch-jüdischer Emigranten   Neuere Gräber (2003/04)  

  
Ältere Fotos
(Fotos: Hahn, entstanden Mitte der 1980er-Jahre)  

Heidelberg Bergfriedhof01.jpg (139414 Byte)  Heidelberg Bergfriedhof02.jpg (143059 Byte)  Heidelberg Bergfriedhof03.jpg (153343 Byte) 
Teilansichten des jüdischen Friedhofes im Bergfriedhof Heidelberg  
 
Heidelberg Bergfriedhof04.jpg (82884 Byte) Heidelberg Bergfriedhof05.jpg (123920 Byte)  Heidelberg Bergfriedhof07.jpg (159079 Byte)
  Grabstein für Rabbiner Dr. Hermann Pinkus 
und seine Frau Olga
  
     
  Heidelberg Bergfriedhof06.jpg (98330 Byte)  
  Alter Gedenkstein für die zerstörte Synagoge Heidelberg,
 jahrelang (bis 2001) im  Bergfriedhof aufgestellt  

 

   
   
Video-Dokumentation des israelitischen Teiles des Bergfriedhofes von Michael Ohmsen - eingestellt auf youtube.com - direkte Verlinkung zu den Teilen der Dokumentation  
(zu den einzelnen Teilen der Dokumentation bitte das jeweilige Bild anklicken)  

Teil 1 [14:46] Teil 2 [5:49] Teil 3 [7:29] Teil 4 [11:41] Teil 5 [14:25]
         
Teil 6 [12:46] Teil 7 [12:13] Teil 8 [11:05] Teil 9 [14:35] Teil 10 [4:13]
         
Teil 11 [7:10] Teil 12 [8:08] Teil 13 [5:22] Teil 14 [9:07] Teil 15 [8:52]
         
Teil 16 [6:52] Teil 17 [8:55] Teil 18 [5:55] Teil 19 [8:34] Teil 20 [5:52]
         
     
Teil 21 [6:22] Teil 22 [11:59]      

          
     
     
Weitere Berichte zum Friedhof
       

Januar 2016: Führung über den Friedhof mit Hans-Martin Mumm    
Anmerkung: Hans-Martin Mumm ist ehemaliger Kulturbürgermeister und Vorstand des Heidelberger Geschichtsvereins - Website https://haidelberg-start.jimdo.com/.     
Artikel von Manfred Bechtel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 10. Januar 2017: "Rundgang über den Jüdischen Friedhof Heidelberg: Hans-Martin Mumm sprach über die Geschichte
Die Gräber dürfen nie angetastet werden - Was es mit einer Schale voll Kieselsteinen und den Inschriften auf sich hat

Heidelberg-Bergheim. Der Jüdische Friedhof beim Bergfriedhof ist für jedermann geöffnet - und er lädt das ganze Jahr über zu Spaziergängen ein. Nur: Die Inschriften auf den meisten Grabsteinen erschließen sich dem Besucher kaum. Viele sind zumindest teilweise hebräisch, in den vergangenen Jahrzehnten sind auch russische hinzugekommen. Dazu haben Wind und Wetter ihre Spuren hinterlassen. Auf großes Interesse stieß daher das Angebot zu einer Führung über den Jüdischen Friedhof im Rahmen der Jüdischen Kulturtage. Hans-Martin Mumm sprach über die Geschichte und weckte Erinnerungen an jüdische Menschen, die längst vergessen schienen. Ein eisernes Tor mit einem Davidsstern südlich des Krematoriums öffnet den Zugang zu dem eigenständigen Friedhof. Vorbei ging es an einem Korb mit weißen Kieseln. 'Leg' mir a Stein auf mein Grab', heißt es darauf. Die Tradition stamme aus der Zeit, als der Leichnam zum Schutz vor wilden Tieren mit Steinen bedeckt werden musste, so die Legende. Wie auch immer die Sitte tatsächlich entstanden sein mag - wer einen Stein auf das Grab legt, bringt damit zum Ausdruck, dass er den Verstorbenen nicht vergessen hat. Als die jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert das Grundstück im Süden der Stadt kaufte, lagen noch Streuobstwiesen zwischen den beiden Friedhöfen. 1876 fand die erste Beerdigung statt. Erst im Laufe der Jahre wuchs der Bergfriedhof um den jüdischen Friedhof herum. Die Wege sind teils steil, wegen der Hanglage sind viele Gräber nach Westen ausgerichtet. Hier galt die Vorschrift nicht, dass die Toten mit Blick nach Jerusalem ruhen sollten, sonst hätten sie kopfüber liegen müssen. Zuvor waren Juden an der Klingenteichstraße, oberhalb des Klingentors, bestattet worden. Geht man in der Geschichte noch weiter zurück, stößt man auf den Friedhof der mittelalterlichen Gemeinde in der Plöck, zwischen Sandgasse und Theaterstraße, bei der heutigen Turnhalle der Friedrich-Ebert-Grundschule.
1940 begann die Deportation der Juden nach Gurs ... 'Auf den Grabsteinen begannen in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts lateinische Schrift und deutsche Sprache das Hebräische zunächst zu begleiten, um es bis in dieses Jahrhundert nahezu, aber nicht ganz zu verdrängen', stellte Mumm fest. Vielfach sind die Bibelsprüche in Hebräisch, die Namen auf Deutsch geschrieben. Daneben finden sich jüdische Symbole, Porträts sind wegen des Bilderverbots die Ausnahme. Auch passte sich die Grabkultur der Juden der bürgerlichen Grabkultur des 19. Jahrhunderts an, 'die meisten bürgerlichen Juden wollten sich assimilieren und in der Gesellschaft anerkannt sein'. Ein Beispiel für gesellschaftlichen Aufstieg ist die Familie Rothschild. 'Nicht die Bankiers', klärte Mumm auf. 'Sie hatten ursprünglich einen Laden in Michelbach im Odenwald, der Vater war noch Hausierer gewesen, die Söhne eröffneten 1893 das erste Kaufhaus in Heidelberg - wo jetzt Kraus ist, das war das Kaufhaus Rothschild. 1913 entstand ein Neubau im dezenten Jugendstil. Am 1. April 1933 wurde das Haus boykottiert, die Inhaber konnten sich nach Amerika retten. Nach dem Krieg bekamen sie die Eigentumsrechte an ihrem Kaufhaus zurück, soweit sie es verlangten. Das Grundstück in der Hauptstraße ist heute noch im Grundbuch auf den Namen Rothschild eingetragen, die Tiefgarage auch. Das Geschäft selbst wollten sie in Deutschland nicht mehr betreiben.' Emil Hirsch war Lehrer am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium. 1933 wurde er zwangspensioniert, er starb 1935. Bei seiner Beerdigung, an der viele Lehrer-Kollegen teilnahmen, war der Friedhof schon mit Stacheldraht abgesperrt. Er hat Sprüche seiner hessischen Mutter in einem Büchlein gesammelt. Ein Beispiel: 'Ein Quentchen Massel ist oft mehr wert als ein Pfund Verstand!' Am 22. Oktober 1940 begann die Deportation der Heidelberger Juden ins französische Gurs im Pyrenäen-Vorland. Am selben Tag brachte sich Ignatz Seidemann um. An diesem Tag bricht auch die Handschrift im Beerdigungsbuch des Friedhofs ab. 'Offenbar ist derjenige, der das Begräbnisbuch geführt hat, mit deportiert worden', folgerte Mumm. 'Seinen Namen habe ich nicht. Danach führte das Buch ein städtischer Bediensteter weiter - mit den paar Beerdigungen, die nach der Deportation noch stattgefunden haben. Nur ganz wenige Juden waren in Heidelberg verblieben.' 1940 wurden freie Flächen zwangsweise an die Stadt verkauft, aber nicht bezahlt. Im Herbst 1943 wütete nachts eine 'Nazibande' (Mumm) mit Vorschlaghämmern, Spuren davon sind teilweise noch zu sehen. Die Reise ins Ungewisse traten auch der 19-jährige Hans Oppenheimer und seine Eltern Rositta und Leopold an. Vier Tage und drei Nächte dauerte die Fahrt im Sonderzug nach Gurs in das noch unbesetzte Frankreich. Dort arbeitete der junge Hans eine Zeit lang auf einem Bauernhof. Er hinterließ bei dem Bauern seine Kiste mit persönlichen Unterlagen, als er nach Auschwitz verschleppt wurde. Vor Kriegsende musste er auf den Todesmarsch nach Buchenwald, wo er im März 1945 kurz vor der Befreiung starb. Sein Vater wurde in Auschwitz ermordet, seine Mutter überlebte Gurs und konnte die Dokumente in den Familienbesitz zurückbringen.
... viele fanden die letzte Ruhe wieder in Heidelberg. Ihr älterer Sohn Max war im englischen Exil in Sicherheit gewesen. Unter dem Autoren-Pseudonym 'Max Ludwig' veröffentlichte er das Buch 'Aus dem Tagebuch des Hans O.' und 'stiftete einen neuen Beginn des Gedenkens an den Holocaust in Heidelberg und Umgebung', so Mumm. Nach ihrer Rückkehr stellte sich Rositta Oppenheimer in den Dienst der jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg und leitete das von ihr mitgegründete jüdische Altersheim. 'Eine schöne Geschichte, die in Israel erzählt wurde', hielt Mumm für seine Zuhörer noch bereit, 'ob sie 100-prozentig stimmt, kann man in Zweifel ziehen.' Sie handelt von einem Berliner Ehepaar, das in der Hauptstadt ausgebombt wurde. Hab und Gut waren verloren, ebenso ihre Personalausweise, die sie als Juden auswiesen. Mit einem 'Quentchen Massel' brachten sie es fertig, sich neue, 'arische' Ausweise ausstellen zu lassen. Damit zogen sie nach Neckargemünd, in der Hoffnung, vor den Bomben sicher zu sein. Als der Mann starb, fand er seine vorletzte Ruhe auf dem allgemeinen Friedhof. Jedoch wollte er 'nicht zwischen Kreuzen begraben sein': Nach Ende des Dritten Reiches wurde er auf den Jüdischen Friedhof umgebettet. Einen weiten Weg hatte der gebürtige Heidelberger Hugo Marx hinter sich, ehe er auf dem Jüdischen Friedhof seiner Heimatstadt die letzte Ruhe fand, inmitten einer Landschaft, mit der er 'tief verbunden und verwurzelt war', wie er schrieb. Der sozialdemokratische Richter hatte Deutschland schon 1933 fluchtartig verlassen müssen. Nach mehreren Stationen fand er mit seiner Frau in Belgien Exil. Als aber die Wehrmacht 1940 das Land überfiel, waren sie als Juden erneut in Lebensgefahr. Eine zweite Flucht führte nach Marseille auf ein Schiff und von dort in einer Odyssee nach New York. Nach dem Krieg kam Hugo Marx im Leben nur noch besuchsweise nach Heidelberg zurück. Aber es war sein Wunsch, in der Stadt am Neckar begraben zu werden. Es wird erzählt, dass er auch sicher sein wollte, was an seinem Grab über ihn gesagt würde. Deshalb habe er die Rede vorsichtshalber selbst geschrieben, bei der Beerdigung sei sie verlesen worden.
Viele sind dem Völkermord zum Opfer gefallen und haben auf dem Friedhof keine Grabstätte gefunden. 'Zum ewigen Gedenken an unsere Brüder und Schwestern, die in den Jahren 1933-1945 aus den Landgemeinden und der Stadt Heidelberg deportiert wurden' ist an der Friedhofshalle auf einer steinernen Tafel zu lesen. Auf dem Friedhof selbst verweisen einzelne Gedenksteine auf Vertreibung, Deportation und Mord. Als Ausgleich für die damals erhaltenen und mittlerweile belegten Flächen verpflichtete sich die Stadt, die gärtnerische Gestaltung der Anlage zu übernehmen. In den zurückliegenden Jahrzenten wuchs die Kultusgemeinde wieder, nur wo man freie Plätze annehmen konnte, durfte noch beerdigt werden. Eine Wiederbelegung kommt nicht infrage, weil nach jüdischer Tradition die Gräber nicht angetastet werden dürfen. Es wurde eng auf dem Friedhof. Seit September dieses Jahres gibt es einen neuen jüdischen Friedhof in Handschuhsheim."  
Link zum Artikel   

    
   
     

Links und Literatur 

Links:  

bulletWebsite der Stadt Heidelberg 
bulletWebsite des Zentralarchivs Heidelberg mit Informationen zum neuen jüdischen Friedhof Heidelberg 
bulletDokumentation des Friedhofes auf der Website der Jüdischen Gemeinde Heidelberg: Zugang über www.memoju.de   
bulletWebsite des "Förderkreises zur Pflege der Beziehungen zu den früheren jüdischen Einwohnern Heidelbergs e.V."   (mit Seiten / Fotos zum Bergfriedhof - jüdischer Teil unter "Memoriam")   
bulletZu den Seiten über die Synagogen in Heidelberg (interne Links): Gemeinde bis 1940; Gemeinde nach 1945. Auf diesen Seiten auch Literaturangaben.
bulletFührung über den Friedhof durch Hans-Martin Mumm, Leiter des Kulturamtes Heidelberg und Vorsitzender des Heidelberger Geschichtsvereines, ein Bericht: hier anklicken  

Quellen:   

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Heidelberg 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart bzw. Staatsarchiv) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Heidelberg sind vorhanden:    
J 386 Bü. 245  Heidelberg  Geburten 1847 - 1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445300    
J 386 Bü. 246  Heidelberg  Eheschließungen 1859 - 1870 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445301    
J 386 Bü. 247  Heidelberg  Sterbefälle 1856 - 1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445302    
J 386 Bü. 248  Heidelberg  Sterbefälle 1876 - 1938  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445303    
J 386 Bü. 249  Heidelberg  Eheschließungen 1810 - 1859  Sterbefälle 1852   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445304    
J 386 Bü. 250  Heidelberg  Eheschließungen 1872 - 1936  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445305   
J 386 Bü. 251  Heidelberg  Sterbefälle 1810 - 1855   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445306     
J 386 Bü. 252  Heidelberg  Geburten 1810 - 1846   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445307   
 
Hinweis auf die Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg   
Im Bestand  https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=24368  auf der linken Seite bei "Heidelberg" über das "+" zu den einzelnen Grabsteinen; es sind 180 Grabsteine des Klingenteichfriedhofes und 729 Grabsteine des Bergfriedhofes dokumentiert (mit Fotos).     
Im Bestand EL 228 b I Bü. 126 finden sich zum Bergfriedhof Heidelberg Belegungspläne, Belegungslisten und eine Dokumentation Grabstein 1 bis 400    http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1898402  
ebd. Bü. 145 findet sich zum Bergfriedhof Heidelberg Dokumentation Grabstein 401 bis 729 (kein online zugänglicher Inhalt)   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1899118   
ebd. Bü. 124 findet sich zum Bergfriedhof Heidelberg eine Beschreibung des Kulturdenkmals Bergfriedhof (kein online zugänglicher Inhalt)  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1898399    
Zum Klingenteichfriedhof Heidelberg finden sich keine Dokumente in diesem Bestand.   

   
    

                   
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Stand: 17. April 2020