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Ems
Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis)
Texte zur Geschichte der jüdischen Wohltätigkeitseinrichtungen
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen
zur Geschichte jüdische Wohlfahrtseinrichtungen wurden in jüdischen Periodika gefunden.
Weitere Texte werden bei Gelegenheit ergänzt. Letzte Aktualisierung:
3.11.2015.
Übersicht:
Neben den jüdischen Kureinrichtungen, streng koscher
geführten Gasthöfen und Hotels und jüdischen Ärzte gab es in Bad Ems mehrere jüdische
Wohltätigkeitseinrichtungen:
 | 1887 wurde der
"Unterstützungsverein für arme jüdische Kurbedürftige "Majne
hajeschuoh" - "Emser Heilquelle" gegründet. Ziel war die
Finanzierung oder Unterstützung unbemittelter jüdischer Kurbedürftiger in Bad
Ems. Der Verein konnte bis zur Zeit des Ersten Weltkrieges, danach noch einige
Zeit seit 1926 zahlreichen Personen eine Kur in Bad Ems ermöglichen. |
 | 1897
wurde das "Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim"
in Bad Ems eröffnet (1893 in Diez begründet,
dann nach Limburg und im Oktober 1897 von dort nach Bad Ems verlegt:
Römerstraße 89 mit 33 Plätzen; eine parallele Einrichtung für Knaben gab es in Diez).
Es bestand bis 1929 und musste in diesem Jahr als eine indirekte Auswirkung der
Weltwirtschaftskrise schließen. |
 | 1901 bis um 1910 bestand ein
"Kurasyl
für Lehrerinnen" in einem bisherigen Logierhaus in der Nähe des
Bahnhofes (Ecke Alexander- und Badhausstraße, neben der damaligen
königlichen Badeanstalt bzw. gegenüber der "Kaiser-Wilhelm-Kirche").
Beim "Kurasyl für Lehrerinnen" bzw. dem
"Lehrerinnenasyl", begründet durch den Verein "Kurasyl für
Lehrerinnen" handelte es sich um eine Stiftung. Das Kurasyl wurde am 1.
Mai 1901 mit 18 Betten eröffnet. Der Mitgliedsbeitrag im Verein betrug für
Lehrerinnen jährlich 3 Mark. Das Kurasyl war von Mai bis September
geöffnet. Aufnahme fanden 1901: 48, 1902 63 Pfleglinge. Das Heim war offen
für Lehrerinnen (und Angehörige anderer Berufe) aller Konfessionen und
Nationalitäten. Gesuche waren an
Dr. Eduard Aronsohn (Sommer in Ems, Winter in Nizza) zu
richten. |
 | 1904 wurde ein " Hilfsverein für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke"
gegründet: die
Anstalt finanzierte oder unterstützte die Behandlungen unbemittelter Patienten
in der Anstalt in Sayn bei Koblenz eingerichtet. |
 | Im Gebäude des 1929
geschlossenen Israelitischen Waisenhauses und Mädchenheims Römerstraße 89 wurde 1930 ein Erholungs-
und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in Bad Ems e.V. mit 28
Plätzen eingerichtet. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude verwüstet
und wenige Wochen später im Rahmen der "Arisierung" jüdischen
Grundbesitzes geschlossen und verkauft.
|
Auf dieser Seite finden sich die folgenden
Texte und Berichte:
Über den Unterstützungsvereins für arme
jüdische Kurbedürftige "Majne hajeschuoh" (Sanatorium
"Emser Heilquelle")
Der Verein betrieb seine Einrichtung, die "Emser
Heilquelle", von 1887 bis zur Zeit des Ersten Weltkrieges, danach erst
wieder einige Zeit nach Wiedereröffnung 1926.
Jahresbericht 1890/91
(dritter Jahresbericht)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1891: "Bad Ems, 24.
Mai 1891: Der dritte Jahresbericht der 'Emser Heilquelle' (Majne
hajeschuoh), das Unterstützungsvereins für arme jüdische
Kurbedürftige, welche wegen verspäteter Anmeldung oder anderer Gründe
im hiesigen Königlichen Armenbade keine Aufnahme finden können, ist
soeben erschienen und zeigt ein schönes Bild segensreicher Wirksamkeit.
23 jüdische Patienten erhielten je nach der Dürftigkeit eine größere
oder kleine Geldunterstützung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes,
während der Dauer ihrer Kur, sodass sich die Gesamtsumme der Ausgaben auf
1.406,94 Mark gegen 818,47 Mark des vorigen und 273 Mark des ersten Jahres
belief. Zum festen Fonds konnten 650 Mark zurückgelegt werden, sodass
derselbe nunmehr die Höhe von 2.956 Mark erreicht hat. Bedenkt man, dass
bisher die Mittel bloß durch Sammlungen bei Emser jüdischen Kurgästen
aufgebracht worden sind, so muss man der Verwaltung des Vereins, den
Herren: Dr. med. Aronsohn und Bezirksrabbiner Dr. Weingarten alle
Anerkennung für ihr uneigennütziges emsiges Bemühen zollen.
Eine große Erleichterung erwuchs dem Vereine daraus, dass die Königliche
Kur- und Brunnenverwaltung seinen Patienten die Kur- und Brunnentaxe
erließ, Herr Quehl, Direktor der Friedrich-Wilhelmsquellen, freie Bäder
und freie Inhalationen in seinem pneumatischen Kabinette zu ermäßigten
Preisen gewährten. Auch darf nicht unerwähnt bleiben, dass die
Verwaltung der Mahlbergbahn an zwei Patienten, deren Gesundung Bergluft
erheischt, unentgeltliche Fahrt auf den Mahlberg bewilligte. Besonders
verdient es aber hervorgehoben zu werden, dass Brunnen- und Badearzt Herr
Dr. Aronsohn trotz seiner ausgedehnten Praxis, die er sich durch seine
Tüchtigkeit bereits erworben hat, den armen jüdischen Kranken
unermüdlich in der freundlichsten Weise ärztliche Behandlung angedeihen
ließ. Wie aus der Einleitung des Jahresberichtes zu ersehen ist,
beabsichtigt der Verein, bald ein Krankenhaus in Ems für diejenigen armen
Kranken zu errichten, bei denen Krankenhaus-Behandlung notwendig ist.
Dasselbe soll nur im Sommer geöffnet sein, Raum für etwa 20 Kranke haben
und auch besondere Zimmer für solche vermögende Kranke enthalten, für
welche Krankenhaus-Behandlung erforderlich sein wird. Dass gerade in Ems
eine solche Anstalt ein Bedürfnis ist, ist bereits von vielen Seiten
ausgesprochen worden. Es wäre daher aufrichtig zu wünschen, dass die
Bitte des Vorstandes bei allen jüdischen Gemeinden und edlen
Menschenfreunden ein lautes Echo findet, dass recht viele durch größere
oder kleinere Spenden dazu beitragen, dass ein Emser jüdisches
Krankenhaus unseren leidenden Brüdern und Schwestern baldigst seine
Pforten öffnet." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Juni 1891: "Bad Ems, 30. Mai (1891). Der dritte Bericht
der 'Emser Heilquelle', Unterstützungs-Verein für arme jüdische
Kurbedürftige, ist erschienen und weist erfreuliche Resultate auf. 23
arme Kurgäste erhielten sämtlich freie ärztliche Behandlung durch den
Vereinsarzt, Herrn Dr. Aronsohn. Den 31. Juli fand eine Generalversammlung
statt, in welcher außer dem Lokalkomitee die Ehrenmitglieder, die Herren
Prof. Dr. Derenbourg und Dr. Bamberger sowie Herr Polak - Amsterdam und
Herr A. Visser, Fabrikant aus Amersfoort (Holland) anwesend waren. Nachdem
der Kassenführer, Herr Thalheimer, den Kassenbericht gegeben, wurde die
Tätigkeit des Vereins eingehend besprochen und schließlich
folgende Resolution angenommen: Bei dem anwachsenden Zufluss von Kranken
aus den größeren Städten sollen die größeren Gemeinden Deutschlands
und des Auslandes zur Unterstützung des Vereins mittels Zirkular
aufgefordert und in erster Reihe deren Angehörige bei der Aufnahme
berücksichtigt werden. Am 23. August veranstaltete das Lokalkomitee in
Verbindung mit Herrn Rabbiner Dr. Frank - Köln zum Besten des Vereins ein
Konzert, das von dem äußerst zahlreich erschienenen Publikum mit großem
Beifall aufgenommen wurde und der Vereinskasse eine Gesamteinnahme von 336
Mark 50 Pf. brachte." |
Jahresbericht
1891/92 (vierter Jahresbericht)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juni 1892:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
Jahresbericht 1892 (fünfter Jahresbericht)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1892: "Bad
Ems. Der fünfte Jahresbericht der 'Emser Heilquelle' (Majne
Hajeschuoh), des Unterstützungsvereines für arme jüdische
Kurbedürftige für das Jahr 1892 ist erschienen und bietet ein
interessantes Bild der segensreichen Wirksamkeit dieses Vereines während
der ganzen zeit seines Bestehens. Es zeigt sich da, wie von Jahr zu Jahr
mehr Kranke aufgenommen und mehr Sorgfalt für die Pflege jedes einzelnen
Kranken verwendet wurden, obwohl die Einnahmen nicht in gleichem Maße
gewachsen sind. Während z.B. die Einnahmen und Ausgaben des vorigen
Jahres zwischen 2.343,50 Mark und 1.568,73 Mark balancierten, betrugen die
Einnahmen dieses Jahres bloß 2.272,13 Mark und die Ausgaben 2.169,48
Mark. Dass in diesem Jahre eine so hohe Summe verausgabt wurde, hat, wie
bemerkt, zunächst darin seinen Grund, dass mehr Kranke als früher
Aufnahme fanden und dann, dass es zunächst schwere Kranke waren, welche
4, 5, 6 oder sogar 7 Wochen vollständig unterhalten wurden. Wenn die
Einnahmen hinter denen des vorigen Jahres zurückblieben, so war
hauptsächlich der durch die Cholerafurcht veranlasste frühe Schluss der
Saison daran schuld, sodass es den Herren Bezirksrabbiner Dr. Weingarten
und Dr. Aronsohn, auf deren Schultern die ganze Last des Vereines ruht,
nicht möglich war, ihre Sammlungen bei den Kurgästen in dem Maße
fortzuführen, in dem sie dieselben begonnen hatten. Von Gemeinden haben
sich außer Berlin und Köln keine mehr angeschlossen. Möge man baldigst
die Wohltat des Bestehens eines Vereines 'Emser Heilquelle' allgemein
einsehen und die Leistungsfähigkeit desselben durch recht zahlreiche
Beiträge erhöhen. Geldsendungen wolle man an Herrn Bezirksrabbiner Dr.
Weingarten adressieren, der die Führung der Kasse und auch das
Schriftführeramt übernommen hat." |
Bericht vom Juni
1895
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Juni 1895:
"Ems, 19. Juni (1895). Der kürzlich ausgegebene Bericht der 'Majne
hajeschuoh', Unterstützungsverein für arme jüdische Kurbedürftige,
weist ein erfreuliches Wachstum des Vereins auf, der armen
Glaubensgenossen, welche einer Emser Badekur bedürfen, aber im
königlichen Kurhospitale keine Aufnahme finden konnten, Hilfe gewährt.
Lehrer und andere Kultusbeamte, welche auf die Emser Heilquelle angewiesen
sind, werden bevorzugt. Die Unterstützung wird gewöhnlich nicht in barem
Gelde, sondern in der Weise gewährt, dass für freie ärztliche
Behandlung, freie Bäder und Inhalationen, sowie ganz oder teilweise freie
Pension gesorgt wird. Ehrenpräsident des Vereins ist Herr Professor J.
Derenbourg, Vizepräsident der Alliance und Mitglied der Akademie in
Paris; der Vorsitzende des Vorstandes und zugleich der ärztliche Berater
des Vereins ist Herr Dr. Aronsohn. Zu den Stiftern des Vereins gehören
S.H. Goldschmidt, Präsident der Alliance in Paris, Frau Baron Ad. von
Rothschild, Baronin Nathaniel von Rothschild - Nizza, Professor Dr.
Senator in Berlin, die Gemeinde Berlin, die Gemeinde Köln und viele
Privatpersonen. Im Berichtsjahre wurden 1.866 Mark verausgabt, die Anzahl
der unterstützten Kranken betrug 22. Der feste Fonds des Vereins ist auf
4.970 Mark angewachsen gegen 1.252 im Jahre der Begründung des Vereins.
Schriftführer des Vereins ist Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten in
Ems." |
Bericht vom Dezember 1895
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Dezember 1895:
"Ems, 2. Dezember (1895). Mit Beginn des Winters bereits pflegen bei dem
hiesigen Verein 'Majne hajeschuoh' (Emser Heilquelle)
Unterstützungsgesuche solcher Kranken einzugehen, welche einer Emser
Badekur bedürfen, aber im königlichen Kurhospitale keine Aufnahme finden
können. Nach den Statuten werden Kranke ohne Unterschied der Nation
aufgenommen, Lehrer und andere Kultusbeamte werden bevorzugt. Der
Jahresbericht des Vereins ist kürzlich erschienen und bringt an seiner
Spitze in Trauerrand ehrende Worte zum Gedächtnis des dahingeschiedenen
Ehrenpräsidenten, Herrn Professor Joseph Derenbourg, der zu den Stiftern
des Vereins gehörte. In der Reihe derselben finden wir auch S.H.
Goldschmidt, Präsident der Alliance, Baron Ad. von Rothschild, Frau
Baronin Nathaniel von Rothschild, Henry Hirsch, Nottingham, ebenso führt
das Verzeichnis der Wohltäter, welche einen einmaligen Beitrag von 50 bis
100 Mark geleistet haben, Glaubensgenossen aus allen Ländern auf. Der
Übersicht über die Vereinstätigkeit entnehmen wir, dass für arme
Kurgäste, zumeist in Form der Gewährung freier Pension nach den
religionsgesetzlichen Anforderungen, 2.006 Mark, ferner Arznei und Bäder
verabreicht wurden. Die Einnahmen betrugen im Berichtsjahre 2.118 Mark,
der feste Fonds 5.433 Mark. Vorsitzender des Vereins ist zur Zeit Dr.
Aronsohn – Ems – Nizza und Schriftführer Bezirksrabbiner Dr.
Weingarten. |
Jahresbericht 1896/97 (neunter Jahresbericht)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" vom 2. Juli 1897: "Ems, 27. Juni (1897). Der neunte
Bericht der 'Emser Heilquelle' (Majne hajeschuoh),
Unterstützungsverein für arme jüdische Kurbedürftige, auf das Jahr
1896 ist eben ausgegeben worden. Der Verein wird in diesem Jahre sein
zehnjähriges Stiftungsfest feiern; er ist dem Ziele, sich unabhängig von
den Sammlungen bei den Kurgästen zu machen, um ein Bedeutendes näher
gekommen. Frau Baronin Hirsch hat gleich bei dem ersten Appell an ihren
nie versiegenden und versagenden Wohltätigkeitssinn eine größere Spende
übersandt. Einen weiteren Erfolg hat der Verein insofern zu verzeichnen,
als die königliche Regierung zu Wiesbaden verfügt hat, dass die hiesige
königliche Badeverwaltung den Klienten eine vom Vereinsarzt zu
bestimmende Anzahl von Freibädern und Inhalationen gewähren darf, wenn
das erforderliche Dürftigkeitsattest beigebracht wird. Durch den am 26.
Oktober erfolgten Heimgang des Herrn Rabbiners Dr. Bamberger in
Königsberg hat der Verein den schmerzlichen Verlust seines ersten
Ehrenmitgliedes zu beklagen, der zusammen mit dem seligen
Ehrenpräsidenten, Professor Dr. Derenbourg, zu den Gründern des Vereins
gehörte. Ebenso beklagt der Jahresbericht das Hinscheiden der Frau Dr.
Aronsohn im Alter von 33 Jahren, der Gattin des Vorsitzenden, die sich
große Verdienste um den Verein erworben hat. Das Kuratorium besteht aus
den Herren prakt. Arzt Dr. Aronsohn, Vorsitzender, Bezirksrabbiner Dr.
Weingarten, Schriftführer und Kassier, Gemeindevorsteher J. Thalheimer,
Hotelier H. Löwenstein, Revisoren, J.A. Ettlinger-Halpern in Frankfurt am
Main, Schatzmeister. Die Einnahmen betrugen im Berichtsjahre 3.712,82
Mark, die Ausgaben 2.307,57 Mark, der Vermögensbestand beläuft sich
gegenwärtig auf 7.019,88 Mark." |
Jahresbericht 1900/01
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1902: "Ems. Dem
Bericht des Unterstützungs-Vereins 'Emser Heilquelle' (Majne hajeschuoh) für arme jüdische Kurbedürftige für die Jahre 1900 und
1901 entnehmen wird:
Im Sommer 1900 erhielten 14 Patienten zum Teil
vollständig Freikur, zum Teil freie ärztliche Behandlung, Bäder,
Inhalationen, Freifahrt auf den Mahlberg und einen größeren oder
geringeren Pensionsbeitrag.
Im Sommer 1901 erhielten 19 Patienten die
Mittel zum Gebrauche einer Emser Kur, die bei zweien nach Ablauf von 4
Wochen um 1 respektive 2 Wochen verlängert wurde. Der Erfolg der Kur war
bei fast allen Patienten ein guter, da wir Schwerkranke, als für Ems
nicht indiziert, gewöhnlich mit Reisemitteln zu versehen und nach einem
anderen Kurort zu senden pflegten.
Den Lehrern und Kultusbeamten, die ganz
besonders zur Kräftigung ihrer Stimmen öfters einer Emser Kur bedürfen,
zeigten wir das größte Entgegenkommen." |
Jahresbericht
1905 (siebzehnter Jahresbericht)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Juni 1905:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
Jahresbericht
1906 (achtzehnter Jahresbericht)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. August 1906:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
Bericht von 1907/08
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai
1908: "Ems, 17. Mai (1908). Über die Tätigkeit des Vereins 'Sanatorium
Emser Heilquelle', Unterstützungsverein für arme jüdische
Kurbedürftige, geht uns folgender Bericht zu. Es fanden im Sommer 1907 35
Patienten, Männer und Frauen, unentgeltlich oder gegen geringe
Entschädigung Aufnahme. Dieselben gehörten den verschiedensten Berufen
an (Lehrer, Kultusbeamte, Kaufleute, Handwerker) und stammten aus
verschiedenen Provinzen Deutschlands, aus Russland, Holland und Belgien.
Elf arme Kurgäste, die wegen Überfüllung des Hauses zur Hochsaison
keine Aufnahme finden konnten, erhielten ausnahmsweise Mittag- und
Abendessen im Sanatorium. Die Einnahmen (Mark 3.876,03) blieben leider
hinter den Ausgaben (Mark 4.085,39) zurück, sodass ein Defizit von Mark
209,36 verbleibt. Es wird daher jeder Glaubensgenosse gern dem
Krankenvereine zu Ems sein Scherflein einsenden, um möglichst vielen
Kranken den Gebrauch einer Emser Kur zu ermöglichen." |
Wiedereröffnung des Sanatoriums Emser Heilquelle (1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1926: "Bad Ems, 7.
Juni (1926). Das Sanatorium Emser Heilquelle in Bad Ems, das seit Beginn
des Krieges nicht mehr in Betrieb war, wird für minderbemittelte
jüdische Patienten vom 15. Juni wieder eröffnet. Anmeldungen an Herrn
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten oder Sanitätsrat Dr. Nehab." |
Ausschreibungen
des Sanatoriums "Emser Heilquelle" (1928 / 1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. April 1928: "Bad Ems. Das
'Sanatorium Emser Heilquelle', ein Heim mit koscherer Verpflegung für
minderbemittelte jüdische Patienten (täglicher Pensionspreis 5 Mk.) wird
Mitte Mai wieder eröffnet. Anmeldungen an den Vorsitzenden San.-Rat Dr.
Nehab, Bad Ems." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März
1929: "Bad Ems, 18. März (1929). Das 'Sanatorium Emser
Heilquelle', ein Heim mit ritueller Verpflegung für minderbemittelte
jüdische Patienten (täglicher Pensionspreis 5 Mark) wird Mitte Mai
wieder eröffnet. Möglichst frühzeitige Anmeldungen müssen an den
Vorsitzenden, Sanitätsrat Dr. Nehab, Bad Ems, gerichtet
werden." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 22. März 1929: "Bad Ems. Das 'Sanatorium Emser
Heilquelle', ein Heim mit ritueller Verpflegung für minderbemittelte
jüdische Patienten (täglicher Pensionspreis 5 (fünf) Mark) wird Mitte Mai
wieder eröffnet. Möglichst frühzeitige Anmeldungen an den
Vorsitzenden, Sanitätsrat Dr. Nehab, Bad Ems." |
Ausschreibungen
des Sanatoriums "Emser Heilquelle" (1930 / 1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April
1930: "Bad Ems, 22. April (1930). Das 'Sanatorium Emser
Heilquelle', ein Heim mit ritueller Verpflegung für minderbemittelte
jüdische Patienten (täglicher Pensionspreis 5 RM., Mai und September
4,50 RM.) wird Anfang Mai wieder eröffnet. Möglichst frühzeitig
Anmeldungen an den Vorsitzenden, Sanitätsrat Dr. Nehab, Bad
Ems." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 10. April 1931: "Ms. Das 'Sanatorium
Emser Heilquelle', ein Heim mit ritueller Verpflegung für minderbemittelte
jüdische Patienten (täglicher Pensionspreis fünf Mark (Main und
September 4 1/2 Mark) wird Anfang Mai wieder eröffnet. Möglichst
frühzeitige Anmeldungen (Rückporti!) an den Vorsitzenden, Sanitätsrat
Dr. Nehab, Bad Ems." |
Über das "Israelitische Zentral-Waisen- und
Mädchenheim"
Das Heim wurde im Oktober 1897 von Limburg nach Bad Ems
verlegt. Gegründet wurde es 1893 durch den Lehrer S. Lomnitz in Diez,
wenig später von ihm nach Limburg verlegt.
Ein
"Mädchenwaisenhaus für Deutschland" soll in Bad Ems eingerichtet
werden (1896)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. November 1896: "In Ems soll demnächst ein 'Mädchenwaisenhaus
für Deutschland' geschaffen werden. Beabsichtigt ist, auch für arme
Kinder zu sorgen, deren Eltern außer Stande sind, den Kindern eine gute
Erziehung zu geben. Übrigens sind nichtdeutsche Kinder nicht
ausgeschlossen. Das Komitee, dem Mitglieder aus ganz Deutschland, Herr
Hirsch in Nottingham und Großrabbiner Zadoc Kahn in Paris angehören,
bittet um Unterstützung. Für Frankfurt am Main nehmen Rabbiner Dr.
Horowitz und Stadtverordneter H. Sonnenberg Gaben
entgegen." |
Anzeige
des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims" (1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober
1897: "Israelitisches Central-Waisen- und Mädchenheim Bad Ems.
Zum 1. November sollen fünf Waisenmädchen oder Mädchen armer Eltern, im
Alter von 6-10 Jahren aufgenommen werden. Nähere Anfrage erbittet
Israelitisches Central-Waisen- und Mädchenheim Bad
Ems." |
Ankündigung
der Einweihung des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims"
(1897)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Oktober
1897: "Das israelitische Central-Waisen- und
Mädchenheim in Ems, in welchem arme Waisenmädchen und Mädchen armer
Eltern Pflege und Erziehung erhalten, wird am 1. November seiner
Bestimmung übergeben. Außer den gegenwärtig in Limburg
befindlichen 15 Mädchen soll noch mindestens fünf andere aufgenommen
werden." |
Rechenschafts-Bericht
über die Bauspende des israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims (1897)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. Dezember 1897: "Ems, 20. Dezember (1897). Der Rechenschafts-Bericht
über die Bauspende des israelitischen Central-Waisen- und Mädchenheims
zu Bad Ems berichtet ausführlich über die erfreulichen Fortschritte
dieses Unternehmens. Eine Anzahl angesehener Männer hatte sich auf
Veranlassung der Herren Dr. med. Aronsohn - Ems, Heinrich Fränkel -
Berlin und Georg Pinoff - Görlitz im Frühjahre 1896 in Berlin
versammelt, um über das seit Oktober 1894 zu Limburg bestehende, in
gemieteten Räumen von Herrn Lomnitz geleitete Deutsch-Israelitische
Mädchenheim Beratung zu pflegen. Man war allgemein der Ansicht, dass eine
geregelte Verwaltung und gedeihliche Entwicklung dieser in engen Grenzen
wirkenden Anstalt am besten dadurch ermöglicht würde, dass man für
dieselbe die Erwerbung eines eigenen Heims in Ems zu erstreben suchte. Es
wurde daher im September 1896 ein von dem provisorischen Vorstande des
Deutsch-Israelitischen Mädchenheims zu Limburg und einem größeren Gründungskomitee
unterzeichneter Aufruf versandt, in welchem um Spenden für den Bau eines
Israelitischen Central-Waisen- und Mädchenheims in Ems gebeten wurde. In
den verschiedensten Orten Deutschlands und auch des Auslandes, begann nun
eine eifrige Agitation, welche von den Herren Dr. Aronsohn - Ems, Heinrich
Fränkel - Berlin, Louis Rosenheim - Ems und Rabbiner Dr. Weingarten - Ems
eingeleitet und von den Herren Bigart - Paris, grand rabbin Zadoc Kahn -
Paris, Justizrat Orgler - Posen, Georg Pinoff - Görlitz, Oberrabbiner
Weil - Straßburg und Rabbiner Dr. Werner - München aufgenommen wurde.
Bei solch rühriger Arbeit gelang es, das Interesse edler Wohltäter
wachzurufen und vor allem die Frau Baronin von Hirsch in Paris zu
gewinnen, sodass schon nach Verlauf eines Jahres ein Grundstück für
70.000 Mark gekauft und zum größten Teil bezahlt werden konnte. Die
Übersiedelung des Deutsch-Israelitischen Mädchenheims von Limburg in das
eigene Heim zu Ems, woselbst es unter dem Namen Israelitisches
Central-Waisen- und Mädchenheim weitergeführt wird, fand gegen Ende
Oktober statt. Die Anstalt wurde sofort mit den 15 Waisenmädchen
eröffnet, die sich in Limburg befanden; aber im Laufe des Herbstes soll
die Zahl auf 20 erhöht werden! Den allgemeinen Unterricht sollen die
Pfleglinge in den Volksschulen erhalten, woselbst sie infolge
Entgegenkommens der städtischen Behörden vom Schulgelde befreit sind.
Den Religionsunterricht wird in den unteren Klassen der Hausvater Lomnitz
und der Religionslehrer Emmel erteilen, während in den oberen Klassen
Bezirksrabbiner Herr Dr. Weingarten unterrichten wird, dem gleichzeitig
die religiöse Oberleitung der Anstalt überantwortet ist. Mit besonderer
Anerkennung gedenkt der Bericht der hochherzigen Frauen Baronin von Hirsch
in Paris und Baronin Willy Carl von Rothschild, Frankfurt am Main, und im
Voraus dankt er jenen Herren und Damen, die Stiftungen von Freibetten à
5000 Mark für die Zeit nach der Eröffnung unserer Anstalt versprochen
haben. Möge die Zahl der Freunde und Gönner hieigser Anstalt von Jahr zu
Jahr wachsen. Der Vorstand besteht aus den Herren Dr. Aronsohn,
praktischer Arzt, Ems - Nizza; Dr. Cohn, Distrikts-Rabbiner, Ichenhausen;
M. Fassbender, Kaufmann, Limburg an der Lahn; Heinrich Fränkel, Kaufmann,
Berlin ".; Louis Grumach Kaufmann, Berlin C; Dr. Horovitz, Rabbiner, Frankfurt
am Main; Alphons Jacobsohn, Bankier, Leipzig; Joseph Kirchberger, Bankier,
Bad Ems; Dr. Landau, Bezirks-Rabbiner, Weilburg; G. Pinoff, Kaufmann,
Görlitz; Louis Rosenheim, Kaufmann, Bad Ems; Dr. Weingarten,
Bezirks-Rabbiner, Bad Ems. Der Rechnungsabschluss der Anstalt weist an
Einnahmen 59.656,27 Mark, an Ausgaben 59.386,37 Mark auf, wobei freilich
die Anzahlung auf das für 70.000 Mark gekaufte Grundstück mit 50.000
enthalten ist. |
Bericht über das Heim (1898)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1898: "Bad Ems.
Das seit Oktober vorigen Jahres von Limburg nach Ems verlegte
'Israelitische
Zentral-Waisen- und Mädchenheim' bildet gegenwärtig, da die Badesaison
in der Blüte steht, einen Hauptanziehungspunkt der Kurgäste. Es will
sich niemand das Vergnügen entgehen lassen, eine herrliche, der Erziehung
armer, aber gesunder Waisenmädchen geweihte Anstalt zu sehen und sich von
dem Gedeihen und Fortschritt der Kinder zu überzeugen. Der Weg zu der
Anstalt ist aber auch der denkbar bequemste, er führt vom Kurhause aus
ununterbrochen durch die im Frühlingsschmucke prangenden Kuranlagen zu
den Lawntennisspielplätzen, wohin der große mit Gemüse und Obstbäumen
bepflanzte Anstaltsgarten mündet. Die Anstalt selbst macht mit ihren
gesunden Räumen und den dort befindlichen, im Glücke strahlenden 22
Waisenmädchen einen herzerfreuenden Eindruck auf jeden Besucher; wir
hörten oft die Worte, dass die gesunde und muntere Schar der Kinder
keineswegs wie Waisen aussähen. Die 22 Kinder rekrutieren sich aus allen
Teilen Deutschlands: aus Westpreußen, Posen, Brandenburg, Pommern,
Hannover, Rheinprovinz, Westfalen, Hessen-Nassau, Königreich Sachsen,
Bayern und Elsass-Lothringen und sie sind nicht bloß Ganz- und
Halbwaisen, sondern auch solche Mädchen, deren natürliche Ernährer
durch Siechtum etc. arbeitsunfähig geworden sind. Sie stehen im Alter von
6 – 16 Jahren, da die Anstalt ihre Pfleglinge auch für einen
praktischen Lebensberuf vorbereitet; so lernen zwei Mädchen als
Putzmacherinnen, zwei als Köchinnen, eine als Stickerin. Das 'Israelitische
Zentral-, Waisen- und Mädchenheim' in Ems, das nach streng religiösen
Grundsätzen geleitet wird, kann mit vollem Rechte eine Musteranstalt
genannt werden." |
Anzeige
des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims" (1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September
1898: "Wir suchen eine streng-religiöse, tüchtige Erzieherin
und bitten um baldige gefällige Einsendung von Zeugnisabschriften und
Aufgabe von Referenzen.
Das Israelitische Central- Waisen- und Mädchenheim zu Bad
Ems." |
Bericht zur Einweihung (1898)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. September 1898:
"Bad Ems, im August. In dem ‘Israelitischen Zentral-Waisen- und
Mädchenheim', das schon am 1. Oktober vorigen Jahres mit 22
Waisenmädchen eröffnet worden war, fand am 31. vorigen Monates die
Einweihung unter zahlreicher Beteiligung von Emser Bürgern und Kurgästen
auf dem zu diesem Zwecke festlich geschmückten, mit Girlanden reich
versehenen Spielplatz der Anstalt statt. In feierlichem Zuge betraten
unter den Klängen eines von einer Musikkapelle gespielten Chorals die
Zöglinge den Festplatz, wo Herr Dr. Aronsohn als Vorsitzender die Gäste
begrüßte. Damit die Anstalt gemäß dem Wunsche der Verwaltung eine
Musteranstalt würde, sei das gesteigerte Interesse aller Menschenfreunde
sowie das ernste Streben der Zöglinge und Leitererforderlich. Der Choral 'Lobe den Herren', gesungen von den Zöglingen, leitete nun die
eigentliche Feier ein, die in der erhebenden Weiherede und dem Weihegebet
des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Weingarten bestand. Anknüpfend an die aus
frohen Kinderkehlen vernommenen Worte 'Lobet den Herren', forderte er
auf, den Herrn zu loben ob des so wohl gelungenen Werkes. Wohl gebühre
Dank der Rührigkeit des Vorstandes, dem Wohlwollen der Behörden, der
hochherzigen Frau Baronin Hirsch-Gereuth in Paris, der edlen Frau Baronin
von Rothschild in Frankfurt am Main und Fräulein Exzellenz von Henrichsen
aus St. Petersburg, aber nicht dürfe man vergessen, dass 'Gott es ist,
der Kraft verleihe, um Großes zu wirken'. Unter Zugrundelegung dieses
Verses aus dem Wochenabschnitt wies der Redner nun nach, dass die
Gründung einer Waisenanstalt, wie das Emser Mädchenheim, ein wahrhaft
göttliches Werk wäre. Sie hätte zum Zweck, armen, verwaisten Mädchen
nicht nur Unterhalt und Erziehung zu gewähren, sondern das zerstörte
Elternhaus wieder neu zu bauen. Die Zöglinge würden, wenn sie die Schule
verließen, nicht gleichzeitig die Anstalt verlassen, sondern erst für
einen Lebensberuf vorgebildet werden, aber auch nachdem sie aus der
Anstalt ins praktische Leben getreten wären, stünde diese ihnen stets
ratend und helfend und segensreich zur Seite. Neben der allgemeinen
Bildung sollten ihnen die Lehren des unverfälschten Judentums, die Liebe
zum Vaterland und die Dankbarkeit gegen ihre Wohltäter eingeprägt
werden. Es würde zu weit führen, wollte man all die herrlichen Gedanken
der Weiherede wiedergeben, an die sich das Weihegebet anreihte, worin der
göttliche Segen auf die Anstalt, auf unseren Kaiser und König, unter
dessen mächtigem Szepter Werke der Wohltätigkeit entstehen, auf die
Stadt und die Behörden, auf die Gründer, Menschenfreunde und Zöglinge
herabgefleht wurde. Mit dem von den Zöglingen ausgeführten Gesang: 'Danket
dem Herrn' schloss die offizielle Feier, an die sich ein Rundgang durch
die Räume der Anstalt anschloss, wobei Alle ihre Befriedigung äußerten.
Anlässlich der Einweihung der Anstalt hatte ein Ungenannter zwei
Freistellen (10.000 Mark) und Herr Baron Horace de Günsburg aus St.
Petersburg, der gerade zur Kur hier weilte und der Feier bewohnte, eine
Freistelle (5.000 Mark) der Anstalt gestiftet. Die Zöglinge erhielten von
Freunden des Hauses schöne Geschenke als Andenken an den schönen Tag und
je ein Sparkassenbuch mit ansehnlichem Inhalt, der nach und nach vermehrt
und nach erlangter Mündigkeit mit den Zinsen den einzelnen Zöglingen
zurückgegeben werden soll. Um 1 ½ Uhr fand ein gemeinsames Festessen
unter Beteiligung von zahlreichen Freunden der Anstalt im Hotel de France
statt, das von Tischreden gewürzt war. Zum Besten der Anstalt fand am 6.
dieses Monats in dem von der königlichen Kurverwaltung bereitwilligst zur
Verfügung gestellten großen Theatersaal ein Konzert statt. Möge das
Interesse aller Menschenfreunde für das 'Israelitische Zentral-Waisen-
und Mädchenheim' immer mehr wachsen, auf dass sich dessen Räume immer
weiter zur Aufnahme armer, verwaister Mädchen öffnen können." |
Hoher
Besuch im "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheim" (1898)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. September
1898: "Ems, 15. September (1898). Hohen Besuch hatte in der
vorigen Woche das hiesige Israelitische Central- Waisen- und Mädchenheim.
Seine Exzellenz, der wirkliche Geheime Rat und Direktor im Ministerium des
Auswärtigen Reichardt aus Berlin und Frau Exzellenz Reichardt
besichtigten u8nter Führung des Herrn Dr. Aronsohn alle Räume des Waisenhauses,
die neue Duschenanlage, den Turnsaal, den Spielplatz, die
Briefmarkensammlung und den schön angelegten Garten. Sie sprachen sich
dabei in lobendster Weise über die schönen Schlafsäle, die überall
herrschende peinliche Sauberkeit und das gute Aussehen der Kinder aus und
zeichneten ihren Namen im goldenen Buche der Anstalt ein. Wie sehr das am
31. Juli dieses Jahres eingeweihte Waisenhaus sich die Gunst der
Kurfremden erworben hat, davon zeugt dieses goldene Buch, die große Zahl
der Besucher, der immense Erfolg des Konzertes und die Menge von zum Teil
sehr wertvollen Geschenken in natura, wie zum Beispiel eine Kuh, drei
Ziegen, 15 große eingerahmte Bilder aus Rotterdam, 6 Spiegel, ein
Schwebebaum, 24 Broschen, 24 Nähnecessaires, Wäsche, Kleiderstoffe etc.
Aber wie die armen verlassenen Kinder im Sommer Liebe bei den Kurgästen
haben, so werden sie zweifellos im Winter bei den Emsern Teilnahme
erwecken, da, wie wir hören, schon jetzt einige Emser Damen bereit sind,
auf die Kinder zu achten, sie in Handarbeiten, Rechnen, Geographie etc.
weiter fortzubilden und mitzuhelfen, dass die Anstalt eine Musteranstalt
werde." |
Bericht über einen Besuch (1899)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. September 1899: "Bad
Ems, im August (1899). Ein bequemer und schöner Spaziergang durch die
Kuranlagen führt uns in das Haus des ‘Israelitischen Zentral-Waisen-
und Mädchenheims'. Diese Zentralanstalt für arme, gesunde
Waisenmädchen ist in ihrer Art einzig und sehenswert. Die Mädchen,
welche ein Alter von 6 – 16 Jahren haben, erhalten daselbst eine
vollständige unentgeltliche Erziehung und Ausbildung für das praktische
Leben. Gegenwärtig befinden sich in der Anstalt 30 Mädchen aus fast
jeder Provinz Deutschlands und ein holländisches Kind. Die Anstalt
besteht aus einem großen Vorderhaus mit hellen, hohen Schlafsälen, eine
Kaltwassereinrichtung, einem Turnsaale, Hofe, Spielplatze und herrlichem,
bis an die Kuranlagen sich erstreckenden Obst- und Gemüsegarten. Der
erste Vorsitzende des Mädchenheims, der Badarzt Dr. Aronsohn, der für
diese Anstalt lebt und strebt, wie es in aufopfernder Liebe einst seine
selige Gattin getan, sorgt auch in väterlicher Weise für das Fortkommen
der entlassenen Zöglinge. So hat beispielsweise jedes Kind sein eigenes
Sparkassenbuch. Wer ein gutes Werk tun will, denke auch an diese so
wohltätig wirkende Anstalt." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1899: "Bad
Ems. Zu der W. Korrespondenz Ihrer geschätzten Zeitung von voriger Woche
beehre ich mich Ihnen folgende Berichtigung zugehen zu lassen: Als
regelmäßiger Kurgast von Bad Ems kenne ich die dortigen
Wohlfahrtseinrichtungen sehr genau und weiß daher, dass einige Ihrer
Mitteilungen nicht ganz zutreffend sind. Das segensreich wirkende 'Israelitische
Zentral-Waisen- und Mädchenheim', bei dessen Einweihung vor zwei Jahren
ich selbst zugegen war, beherbergt zurzeit 31 Mädchen aus den
verschiedensten Teilen Deutschlands, doch ist meines Wissens keine
Holländerin darunter. Herrn Dr. Aronsohn bringt allerdings der Anstalt
sehr großes Interesse entgegen. Aber es würde von großem Undank gegen
die anderen Herren zeugen, nicht in ebenso warmer, anerkennender Weise der
Verdienste des Lokalkomitees zu gedenken. Die Herren Bezirksrabbiner Dr.
Weingarten und Stadtverordnete Kirchberger und Königsberger, sowie im
ersten Jahre der Begründung Herr Louis Rosenheim haben an dem
Zustandekommen der Anstalt ebenso großen Anteil gehabt. Bis auf letzteren
sind sämtliche Herren noch heute in aufopferndster, uneigennützigster
Weise für das Gedeihen und die Fortentwicklung dieses edlen Werkes
tätig. Außer den hiesigen Ehrendamen gebührt vor allen Dingen den
auswärtigen Ehrendamen, Frl. Exull von Henrichsen aus St. Petersburg und
Frau Hofrat von Abrahamsohn aus Kiew, welche gleich mir schon seit
mehreren Jahren ständige Kurgäste von Ems sind, der wärmste Dank für
den Eifer und die werktätige Liebe, die sie jederzeit für das Waisenhaus
bekunden. Frau Dr. Aronsohn konnte deshalb niemals in 'aufopfernder
Liebe' dafür leben und wirken, weil sie bei Begründung der Anstalt
leider nicht mehr unter den Lebenden weilte." |
Bischöflicher Besuch im Heim (1899)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Oktober 1899: "Ems.
Hohen Besuch hatte jüngst das israelitische Zentral-Waisen- und
Mädchenheim. Seine Exzellenz der Bischof Ivankewitsch aus Ungarn,
Mitglied des Magnatenhauses, besichtigte unter Führung des Herrn Dr.
Aronsohn die vor einem Jahre eingeweiht Anstalt, nahm sämtliche Räume
und den großen Garten in Augenschein und erfreute sich lange Zeit an dem
munteren Spiel der lieben, wohl erzogenen Kinder. Wie sehr das Waisenhaus
dem hochwürdigen Herrn Bischof gefiel, geht schon daraus hervor, dass
Seine Eminenz nicht allein einen Namen in das goldene Buch der Anstalt
eintrug und die armen Kinder reich beschenkte, sondern auch sein Interesse
für die kleinen Waisenkinder in noch besonderer Weise zu dokumentieren in
Aussicht stellte." |
Jahresbericht
1898/1899 (1900)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. Januar 1900: "Ems, 12. Januar (1900). Der zweite
Jahresbericht des Israelitischen Central-Waisen- und Mädchenheims
für die Zeit vom 1. Oktober 1898 bis 30. September 1899 zeigt in
erfreulicher Weise eine immer weiter fortschreitende Entwicklung des
Werkes. Das vorige Jahr wurde mit einer Anzahl von 27 Zöglingen aus den
verschiedensten Teilen des deutschen Reiches beschlossen, von denen dann
nach und nach drei Kinder entlassen wurden. Von diesen gingen zwei als
Dienstmädchen in Stellung und eines kehrte zu seinem Vormunde in die
Heimat zurück, wo es auf Kosten einer Stiftung zur Kleidermacherin
ausgebildet wird. Trotz unzulänglicher Mittel wurden die Vakanzen nicht
nur wieder ausgefüllt, sondern mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der
einzelnen Fälle die Zahl der Zöglinge auf 31 erhöht. 25 dieser
Zöglinge besuchen die städtische, mehrklassige Volksschule. Der
Religionsunterricht wird von Herrn Bezirksrabbiner Dr. Weingarten
erteilt. Als Leiterin der Anstalt wurde seit dem 1. Januar 1899 an Stelle
des ausscheidenden Fräulein Bertha Jeidel aus Messingwerk die
geprüfte Schulvorsteherin Jenny Lazarus aus Breslau engagiert. Zur
Stütze im Haushalte ist ihr eine israelitische Wirtschafterin und ein
christliches Dienstmädchen an die Seite gegeben. Die Oberaufsicht übt
wie bisher Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten aus. Die Verwaltung
wird von einem Vorstande geleitet, der zum größten Teile auswärts
wohnt. Aus diesem Grunde ist ein Lokalkomitee, bestehend aus den
hierorts wohnenden Vorstandsmitgliedern, gebildet, welches die laufenden
Geschäfte erledigt. Die statutenmäßige Generalversammlung fand am 9.
Juli statt. Es schieden durch das Los folgende Herren aus: Dr. Cohn
- Ichenhausen, Heinrich Fränkel
- Berlin, Joseph Kirchberger - Ems, Dr.
Landau - Weilburg. Sämtliche
Herren wurden wiedergewählt, und durch Neuwahl traten die Herren: Max
Ettinghausen - Höchst am Main
und J. Goldschmidt - Köln hinzu. Zum ersten Vorsitzenden wurde Herr
Dr. Aronsohn - Ems, zu
stellvertretenden Vorsitzenden Herr Dr. Horovitz - Frankfurt am
Main und Herr Kirchberger - Ems,
zu Schriftführern Herr Dr. Weingarten - Ems
und Herr Fränkel - Berlin und zum Kassierer Herr Heinrich
Koenigsberger - Ems
ernannt." |
Grabsteinsetzung
für Henriette Barschall - Wohltäterin des "Israelitischen Zentral-Waisen-
und Mädchenheims" (1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober
1900: "Ems, 23. Oktober (1900). In feierlicher Weise
wurde heute der Grabstein der im vorigen Jahre in Nassau
verstorbenen, auf dem hiesigen israelitischen Friedhofe neben ihrem Gatten
beerdigten Frau Henriette Barschall in Gegenwart ihrer aus der
Ferne herbeigeeilten Kinder und Verwandten, sowie zahlreicher
Gemeindemitglieder enthüllt. - Nach einem einleitenden Gesange der
Zöglinge des hiesigen israelitischen Central- Waisen- und Mädchenheims,
das mit zwei Stiftungen von je 5.000 Mark (eine zu Ehren ihres
verstorbenen Gatten, eine im eigenen Namen) bedacht worden, hielt Herr
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten die Weiherede, in welcher er hervorhob,
dass durch das wohltätige Wirken der Verstorbenen diese sich in den
dankbaren Herzen der Menschen ein Denkmal errichtet habe, das dauernder
sei, als das soeben enthüllte von Stein. Mit einem zweiten Gesange der
Waisenmädchen, an den sich das Weihegebet und der Schlussgesang
anschloss, endete die Feier. - Der Grabstein ist aus schwedischem Granit
von dem hiesigen Steinhauer Weißbrod gearbeitet; die Dekoration war sehr
geschmackvoll von Schreinermeister Bleichrodt hergestellt und geliefert.
Aus Anlass dieser Jahresfeier haben die Kinder des Israelitischen
Central-Waisen- und Mädchenheims eine namhafte Summe zur Vereilung in
ihre Sparbücher erhalten; ebenso wurde für die Armen der Gemeinde eine
größere Summe gespendet." |
Schenkung des Leipziger Bankiers J. Plaut für das
Heim (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1901: "Ems, 12.
Februar (1901). Das israelitische 'Zentral-Waisen- und Mädchenheim',
das vor vier Jahren von Limburg hierher verlegt wurde, nachdem die Baronin
von Hirsch-Gereuth 40.000 Mark zum Ankauf eines Hauses beigesteuert hatte,
ist durch eine neuen Schenkung von 100.000 Mark durch den kürzlich in
Nizza verstorbenen früheren Leipziger Bankier J. Plaut völlig gesichert
worden. Plaut nahm, obwohl er nie in Ems war, großes Interesse an der
Anstalt und hat ihr schon früher über 20.000 Mark zugewendet. Das Heim
hat augenblicklich etwa dreißig Zöglinge, kann aber, da es einen großen
Garten besitzt, seine Gebäulichkeiten erweitern." |
Jahresbericht
1900/01 (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1901: "Ems,
11. November (1901). Das Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim
hat das vierte Jahr seines Bestehens vollendet und wiederum einen
gedeihlichen Fortgang genommen. Die Zahl der Zöglinge ist gegen Ende des
Berichtsjahres auf 33 erhöht worden. Die durch Entlassungen frei
gewordenen Stellen wurden stets durch Neuaufnahmen baldigst wieder
besetzt. Von den Zöglingen stammen: 1 aus Abterode Rgbz. Kassel, 1 aus
Berlin, 3 aus Köln, 1 aus Dessau, 1 aus Epe in Westfalen (geb. in
Holland), 2 aus Erfurt (geb. in Holland), 1 aus Fränkisch Crumbach (geb.
in Baltimore), 1 aus Freiendiez Rgbz. Wiesbaden, 1 aus
Gommersheim i.d. Pfalz, 2 aus Halle an der Saale, 1 aus Hetzerath, Rgbz. Trier, 2 aus
Leipzig, 1 aus Linnich, Rgbz. Aachen, 1 aus Lübeck, 1 aus Meppen in
Hannover, 1 aus Messingwerk bei Berlin, 1 aus Metz, 1 aus Mördsdorf Rgbz.
Trier, 1 aus Röhrenfurth Rgbz. Kassel, 1 aus Rogasen, Rgbz. Posen, 1 aus
Viersen, Rgbz. Düsseldorf, 1 aus Schwerte in Westfalen, 1 aus Waldheim
bei Dresden (geb. in Liverpool), 1 aus Weilburg a.d.
Lahn, 2 aus Witten in
Westfalen, 1 aus Zawisna in Oberschlesien. 6 Zöglinge sind vollständig
verwaist, 7 haben noch den Vater, 11 noch die Mutter und 9 noch die
Eltern, welche jedoch nicht fähig und im Stande sind, ihren Kindern eine
Erziehung gewähren zu können. |
Den Religionsunterricht erteilt in der Anstalt selbst Herr Bezirksrabbiner
Dr. Weingarten, dem auch die Aufsicht über die gesamte Leitung der
Anstalt überantwortet ist. Durch gemeinsames tägliches Beten, durch
regelmäßigen Besuch des Freitag-Abend- und Sabbatgottesdienstes wird die
religiöse Erziehung der Zöglinge besonders
unterstützt.
Zu gärtnerischen Arbeiten in dem großen, mit zahlreichen Obstbäumen bepflanzten
Garten sind die Zöglinge öfters herangezogen worden und haben hieran
besondere Freude bekundet. Aus der Anstalt sind im Laufe des
Berichtsjahres im ganzen neuen Zöglinge ausgeschieden. Ein noch
schulpflichtiges Kind kehrte zu den Eltern zurück, zwei andere traten in
ein Putzgeschäft als Lehrmädchen, ein viertes, welches die Handelsschule
in Koblenz mit gutem Erfolg besucht hatte, kam in ein Geschäft als
Buchhalterin, und ein fünftes fand Stellung als Gehilfin im
israelitischen Kindergarten zu Frankfurt am Main. Die übrigen haben
Stellung als Dienst- bzw. Kindermädchen erhalten. Die scheidenden
Zöglinge wurden mit einer guten und reichlichen Aussteuer versehen und
erfuhren auch weiterhin unsere Fürsorge und fördernde Teilnahme. Wir
unterhalten mit ihnen einen regelmäßigen Briefwechsel und lassen uns
ihre Ersparnisse senden, die wir ihrem Sparkassenbuche, das jeder Zögling
beim Eintritt in die Anstalt erhält, einverleiben.
Der Oberpräsident von Kassel empfahl unseren Verein der Königlichen
Eisenbahndirektion zu Frankfurt am Main, welche uns die Vergünstigungen
gewährte, unseren Zöglingen bei Urlaubsreisen Ausweise behufs Erlangung
von Militärfahrkarten auszustellen.
Einen unersetzlichen Verlust haben wir erlitten, indem unser
hochgeschätzter Wohltäter, Herr Jacob Plaut aus Nizza, am 4.
Februar plötzlich starb. Obwohl er das hohe Alter von 84 Jahren erreicht
hat, ist er für uns viel zu früh gestorben. Alljährlich bekundete er
sein Interesse für unsere Anstalt durch den ansehnlichen Jahresbeitrag
von 1000 Mark und noch kurz vor seinem Tode übergab er Frau Dr.
Aronsohn zum Besten unserer Anstalt ein besonderes Geschenk von 500
Mark. In seinem letzten Willen hat er unserm Vereine ein Legat von 100.000
Mark festgesetzt. Mit dem Tage, da sein Tod hier bekannt wurde,
veranstalteten wir eine Trauerfeier in den Räumen unserer Anstalt. Zum
ehrenden Andenken haben wir ihm die zweite Etage der Anstalt gewidmet, die
fortan den Namen 'Jacob Plaut'sche Abteilung'
führt.
Die Zahl der Mitglieder ist Dank den Bemühungen unserer Freunde um ein
Beträchtliches gewachsen, aber noch immer sehr unbedeutend. Wir richten
daher die dringende Bitte an alle unsere Freunde, keine Mühe zu scheuen,
um für uns eine größere Anzahl von Mitgliedern zu werben. Die Kurgäste
bekundeten ihr Interesse für unsere Anstalt durch reiche Geschenke und
Zuwendungen. Es herrschte unter denselben nur eine Stimme über den guten
Geist und das vortreffliche Aussehen der Zöglinge. Herr Henry
Carlebach hat anlässlich seiner Übersiedelung von Frankfurt am Main
nach Brüssel seine Stiftung von zwei Freistellen um 200 Mark zu 10.000
Mark ergänzt. Andererseits hat Herr Baron Horace de Günzburg in
St. Petersburg leider seine Freistellungsstiftung, für die er bisher die
Zinsen zahlte, zurückgezogen. Dagegen hat unsere Ehrendame Exzellenz
Fräulein von Henrichsen in St. Petersburg (Nichtjüdin), die sich
seit der Begründung in höchst anzuerkennender Weise für unsere Anstalt
interessiert, eine Freistelle im Betrage von 500 Mark, wovon sie vorerst
die Zinsen zahlt, gestiftet und die Stiftung einer zweiten Freistelle in
sichere Aussicht gestellt. Wir können es uns nicht versagen, unserer
hochgeschätzten Ehrendame Exzellen Fräulein von Henrichsen hier unseren innigsten
Dank auszudrücken.
Die Anerkennung und das Vertrauen, das unsere Anstalt in den weiteren
Kreisen genießt und das in der kurzen Zeit ihres Bestehens sie zu der
jetzigen Höhe geführt hat, wird, so hoffen wir zuversichtlich, ihr
weiterhin erhalten bleiben und immer mehr Freunde erwerben. Unsere Anstalt
steht schon jetzt nach vierjährigen Bestehen an der Spitze aller
israelitischen Mädchenwaisenhäuser Deutschlands, indem sie die
stattliche Anzahl von 33 Zöglingen beherbergt. Aber zu unserem Bedauern
ist sie auch mit diesen 33 Zöglingen durchaus angefüllt, und wir
möchten doch so gern alle, die unsere Hilfe aufrufen, in unseren Schutz
nehmen. Ein Neubau ist daher für uns zur Notwendigkeit geworden. Wir
werden zu dieser Erweiterung unserer Räume schreiten, sobald wir die
nötigen Mittel hierzu haben. Unsere vorhandenen Mittel können wir nicht antasten,
da sie zum größten Teil zum Stiftungsfonds gehören. So richten wir denn
an alle edlen Wohltäter die dringende Bitte, uns nach Kräften zu
unterstützen und Spenden zu gewähren, damit wir unsere Räume zur
Aufnahme aller derer erweitern können, welche ohne geeignete Verpflegung
und Erziehung Einlass begehrend an unseren Pforten stehen. Möge Gottes
Segen über unsern Bestrebungen ferner walten und unser Ziel uns immer
näher rücken!
Der Vorstand besteht aus den Herren: Dr. Aronsohn,
praktischer Arzt, Ems-Nizza, I. Vorsitzender; Dr. Horovitz,
Rabbiner, Frankfurt am Main, I. stellvertretender Vorsitzender; Joseph
Kirchberger, Buchhändler, Ems, II. stellvertretender Vorsitzender; Dr.
Weingarten, Bezirksrabbiner, Ems, Schriftführer; Heinrich
Königsberger, Kaufmann, Ems, Kassierer; Dr. Cohn,
Distrikts-Rabbiner, Ichenhausen; Max Ettinghausen, Mühlenbesitzer,
Höchst am Main; Eduard Feist, im Haus Beer, Sondheimer und Co.,
Frankfurt am Main; Heinrich Fränkel, Agent, Berlin; J. Goldschmidt,
Hofjuwelier, Köln am Rhein; Sally Goldschmidt, in Firma
Goldschmidt u. Co., Frankfurt; Louis Grumach, in Firma Gebr.
Grumach, Berlin; Alphons Jacobsohn, Bankier, Leipzig, Benno
Kossmann, Fabrikant, Köln; Dr. Landau, Bezirksrabbiner,
Weilburg; Hugo Nahm, Kaufmann, Koblenz; G. Pinoff, Kaufmann,
Görlitz.
Der Vermögenbestand weist eine Ziffer von Mark 165.000.-
auf." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Januar 1901:
Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit" siehe
oben. |
Ausschreibung
der Stelle der Vorsteherin (1902)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1901:
"Israelitisches Central-Waisen- und Mädchenheim zu Bad Ems.
Die Stelle einer Vorsteherin an unserer Anstalt soll am, 1. April
1902 neu besetzt werden. Bewerberinnen, nur streng religiöse, welche in
der Lage sind, die Erziehung der Kinder zu leiten und das Hauswesen zu
überwachen, wollen sich unter Einreichung eines Lebenslaufes, ihrer
Zeugnisse und Photographie bis zum 1. Januar melden. Gesuche sind zu
richten an den
Vorstand des Israelitischen Central-Waisen- und Mädchenheims zu Bad
Ems." |
Ausschreibung
einer Lehrerinnenstelle (1902)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. September 1902: "Für das israelitische Mädchenheim zu
Bad Ems wird zum möglichst baldigen Antritt eine religiöse,
staatlich geprüfte und in der Haushaltung sehr erfahrene Lehrerin gesucht,
welche den großen Haushalt des Waisenhauses selbständig zu führen und
den 33 Kindern eine tüchtige Erziehung fürs Leben zu geben imstande ist.
Mit Zeugnisabschriften und Photographie versehene Meldungen oder
Selbstvorstellungen baldigst erbeten.
Der Vorstand. Dr. Aronsohn." |
Bericht von 1902
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Dezember 1902:
"Bad Ems, 7. Dezember (1902). Das Israelitische Zentral-Waisen- und
Mädchenheim versendet soeben wie alljährlich um dieselbe Zeit seinen
Aufruf zur Chanukkaspende. Als Belohnung für die kleinen Sammler und
Sammlerinnen ist dem Aufruf das mit einer poetischen Widmung versehene
Werkchen: 'König Rhein und Prinzessin Lahn' beigefügt. Die Mädchen
– 30 an der Zahl – erhalten in den öffentlichen Volksschulen eine
gründliche Schulbildung und werden vom frühen Alter an zu allen
häuslichen arbeiten und zu Garten und Gemüsebau systematisch
herangezogen, da nur ein Dienstmädchen in der Anstalt gehalten wird. Von
der Einrichtung einer eigenen Elementarschule wurde trotz mannigfach zu
bestehender Kämpfe gleich bei der Gründung im Jahre 1897 Abstand
genommen, denn der Vorstand hatte den wohltätigen Einfluss der
nassauischen Simultanschulen zum Teil an sich selbst erfahren und wollte
auch, dass die Zöglinge seiner Anstalt von frühester Jugend an es
lernen, zusammen mit den christlichen Schülerinnen zu leben, ohne sich
ihres Judentumes zu schämen. Wenn die Mädchen die Schule verlassen
haben, dann erhalten sie noch eine Zeitlang gründliche Ausbildung in den
Arbeiten des einfachen und besseren Haushaltes, um so für ihren
eigentlichen Beruf als Hausfrau vorbereitet zu werden. In den meisten
Fällen nehmen sie Stellungen als Dienstmädchen oder Köchinnen an, und
da ihnen von Anfang an Lust und Liebe zu diesen Berufsarten eingeprägt
sind, werden die Zöglinge der Emser Anstalt überall gesucht und gern in
Stellung genommen. Die Behörde hat nun an den Vorstand des israelitischen
Zentralwaisen- und Mädchenheims in Ems die Aufforderung ergehen lassen,
entweder die Zahl der Zöglinge zu reduzieren oder die Anstaltsräume zu
erweitern. Der Vorstand hat daher beschlossen, eine den Zwecken besser
dienliche neue Anstalt zur Aufnahme von 50 Zöglingen auf seinem
Grundstück zu errichten. Hierzu bedarf er jedoch der Unterstützung
weitester Kreise. Möge der Aufruf zur Chanukkaspende einen gewaltigen
Widerhall finden in Aller Herzen, damit bald mit dem Bau der neuen Anstalt
begonnen werden kann." |
Bericht von 1902/03
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Dezember 1903:
"Ems, 20. Dezember (1903). Das Israelitische Zentral-Waisen- und
Mädchenheim zu Bad Ems, begründet zu dem in § 1 und 3 seiner Satzungen
ausgesprochenen Zwecke: 'armen, gesunden Waisenmädchen und solchen
Mädchen, die im elterlichen Hause aus besonderen Ursache Pflege und
Erziehung nicht erhalten können, eine gute Erziehung, eine gründliche
Volksschulbildung, sowie Ausbildung in Haus-, Küchen- und Handarbeit zu
gewähren, ihnen die elterliche Fürsorge möglichst zu ersetzen und die
Mitte und Wege in die Hand zu geben, ehrenhafter Weise, ohne fremde Hilfe
durch das Leben zu kommen', hat das sechste Jahr seiner Wirksamkeit
vollendet. Der Verein hat schöne Erfolge bei einer schon ansehnlichen
Schar bedauernswerter Mädchen erreicht, die ohne ihn dem geistigen und
körperlichen Elend verfallen wären. Jedoch bedarf er zur weiteren
Ausdehnung des Werkes, dessen kulturelle Bedeutung für die
wirtschaftliche und sittliche Förderung der weiblichen Jugend von niemand
verkannt oder unterschätzt werden kann, größerer Mittel, als bis jetzt
noch zur Verfügung stehen. Der notwendig gewordene und von der Behörde
verlangte Neubau kostet mindestens 80.000 Mark, von welchen durch den
Verkauf von Bausteinen à 1 Mark und Anteilscheinen à 500 Mark bis jetzt
nicht ganz 5.000 Mark aufgebracht wurden. Die Zahl der Zöglinge betrug im
vergangenen Jahre 31. 6 Zöglinge waren vollständig verwaist, 6 hatten
noch den Vater, 11 noch die Mutter und 8 noch die Eltern, welche jedoch
zum Teil aus Mangel an materiellen Mitteln, zum Teil wegen geistiger oder
moralischer Unzulänglichkeit ihren Kindern Pflege und Erziehung nicht
angedeihen lassen konnten. 25 waren schulpflichtig, 6 der Schule
entwachsen. – Im Ganzen hat die Anstalt seit ihrem Bestehen 54
Zöglingen eine Heimstätte geboten. Von den bisher entlassenen wurden: 7
Verkäuferinnen, bzw. Buchhalterinnen, 4 Modistinnen, 1 Schneiderin, 1
Kindergärtnerin, 6 Dienstmädchen, bzw. Köchinnen und 7 kehrten ins
Elternhaus zurück. Den Elementarunterricht erhielten die Zöglinge in der
städtischen Volksschule. Den Religionsunterricht erteilte wie bisher
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten in der Anstalt. Mit dem 3. Oktober schied
nach 4 ½ monatlicher Wirksamkeit Frau Dr. Goitein aus der Anstalt als
Leiterin, und Fräulein Marie Schulz aus Guben, die der Frau Dr. Goitein
kurz vorher an die Seite gegebene Stütze, versah neben einer
israelitischen Wirtschafterin provisorisch diese Stelle. Den 27. Oktober
übernahm Fräulein Regina Wetzlar aus München die Stelle der Leiterin.
Exzellenz Fräulein von Henrichsen aus St. Petersburg hat für die von ihr
gestiftete Freistelle den Betrag von 5.000 Mark gezahlt. Zu Ehrendamen
wurden ernannt: Frau Justizrat Guhrauer – Berlin, Frau Bernhard Hertz
– Krefeld, Frau Bürgermeister Dr. Rosenthal – Berlin,
Tiergartenstraße, Frau Raphael Bauer – München; zu Waisenräten die
Herren: Staatsrat von Abramson – Kiew, Josef Bottenwieser – Frankfurt
am Main, Bellerstein – Neuß, Samuel Gans – Brüssel, Dr. med.
Gottberg – Hamburg, Josef Goldschmidt – Köln, Louis Grumach –
Berlin, Max Herschel – Bonn, Heinrich Hanau – Mülheim (Ruhr), Josef
Neuburger – Nürnberg. An Stelle des aus dem Vorstande ausgeschiedenen
Herrn Louis Grumach in Berlin wurde Herr Manuel Schwarz in Berlin gewählt
und Herr Grumach zum Waisenrat ernannt. Die Anstalt hat den Tod der
Ehrendame Frau Staatsrat Sophie von Abramson in Kiew und des Kassierers H.
Königsberger – Ems zu beklagen. Zum ehrenden andenken an seine
unvergessliche Gattin hat Herr Staatsrat von Abramson eine Freistelle mit
5.000 Mark gestiftet. Der finanzielle Abschluss war im Vergleich zum
vorigen Jahr ein günstiger. Der Vorstand besteht aus den Herren: Dr.
Aronsohn, prakt. Arzt, Ems – Nizza, I. Vorsitzender, Dr. Horowitz,
Rabbiner, Frankfurt am Main, I. stellvertretender Vorsitzender; Dr.
Weingarten, Bezirksrabbiner, Ems, Schriftführer; Ed. Feist, Frankfurt am
Main, Schatzmeister, Dr. Cohn, Distriktsrabbiner, Ichenhausen (Bayern);
Max Ettinghausen, Höchst am Main; Heinrich Fraenkel, Berlin; Sally
Goldschmidt, Frankfurt am Main; Benno Koßmann, Fabrikant, Köln; Dr.
Landau, Bezirksrabbiner, Weilburg; Georg Pinoff, Kaufmann, Görlitz;
Mandel Schwarz, Berlin; Leonhard Tietz, Kaufmann, Köln. Ehrenmitglied des
Vereins ist Alphons Jacobsohn – Leipzig." |
Ein
Gesuch des israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims wird seitens der Stadt
abgelehnt (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Mai
1904: "Ems, 4. Mai (1904). Das Gesuch des israelitischen
Mädchen- und Waisenheims, den die Volksschule besuchenden Zöglingen das
Schulgeld zu erlassen, da nach einer Oberverwaltungsgerichts-Entscheidung
Waisenhauszöglinge schulgeldfrei seien, wurde von den städtischen
Behörden abgelehnt, da die Regierung im Jahre 1901 die Konzessionierung
der Anstalt von der Erhebung seitens der Stadt abhängig gemacht
habe." |
Jahresbericht 1903/04
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Oktober 1904: "Zentral-Waisen-
und Mädchenheim Bad Ems. (Bericht vom 1. Oktober 1903 bis 31. März
1904).
'Können wir auch in diesem halben Jahre von keinen größeren
Zuwendungen berichten, so wollen wir doch herzlichen Dank unseren
Mitgliedern und zahlreichen Sammlern und Sammelrinnen für ihre edle
Liebestätigkeit abstatten. Die uns aus wahrer Begeisterung für das Gute
gewährten Gaben ermöglichten es uns, die eingetretenen Vakanzen sofort
wieder zu besetzen und den Bestand unserer Zöglinge auf 32 zu belassen.
Eine größere Zahl aufzunehmen, ist bei unseren beschränkten
Raumverhältnissen leider ein Ding der Unmöglichkeit. 6 Zöglinge sind
vollständig verwaist, 7 haben noch den Vater, 12 noch die Mutter und 7
noch beide Eltern. Nach beendigter Schulpflicht und Ausbildung in
Hausarbeiten kamen 2 Zöglinge zur Entlassung und zwar 1 als Lehrmädchen
in ein Manufakturwarengeschäft und 1 als Dienstmädchen. Die Grundsätze,
die uns bei der Erziehung leiten, sind wiederholt von uns ausführlich
besprochen worden. Wir lassen unsere Zöglinge die städtische
Simultanschule besuchen und den Religionsunterricht in der Anstalt
erteilen. Da, wo sich besondere Anlagen zeigen, werden diese
berücksichtigt und ausgebildet, wie wir überhaupt jedes Kind individuell
und nicht schablonenhaft erziehen. Der Prämienfonds enthält Mark 165,95.
Die Sparkassenbücher der einzelnen Zöglinge enthalten zusammen die Summe
von Mark 2.539,74. Die Münzensammlung hat keine Bereicherung erfahren.
Über den geplanten Bau des neuen Waisenhauses ist leider Neues nicht zu
melden, da von keiner Seite Propaganda für diese vom Gesamtvorstande
beschlossene und von der Regierung wiederholt geforderte Erweiterung
unseres Werkes gemacht worden ist, und freiwillige größere oder kleinere
Beiträge in diesem Winter nicht eingegangen sind." |
Jahresbericht
1906/07
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 26. Juli 1907: "Ems. Ein kurzer Bericht, dagegen aber
eine selbst die geringfügigste Gabe ausführlich notierende Spendenliste,
- das ist häufig das Bild, das die Jahresberichte unserer
Wohltätigkeitsvereine geben. Hierin unterscheidet sich auch nicht der
Bericht, der uns von dem hiesigen 'Israelitischen Zentral- Waisen- und
Mädchen-Heim' vorliegt, denn einer Spendenliste von 50 Seiten
gegenüber nimmt der Tätigkeitsbericht nur 4 Seiten ein. - Es soll das
keine Kritik der segensreich wirkenden Anstalt, sondern nur die Kritik
einer Gepflogenheit sein, deren sich die meisten Vereine befleißigen!
Die Anstalt zählte am Schlusse des Berichtsjahres 27 Zöglinge. Die
Zöglinge wurden außerhalb der Schulzeit in Haus- und Handarbeiten, sowie
in gärtnerischen Arbeiten unterwiesen. Der Rechnungsabschluss verzeichnet
in den Einnahmen Mark 18.831 Jahresbeiträge und Spenden, Mark 1400
Pflegegelder, Mark 5882 Zinsen und in den Ausgaben Mark 6643 Beköstigung,
Mark 1372 Bekleidung, Mark 2545 Gehälter und Löhne usw. usw."
|
Hoher Besuch durch Baronin Alphonse de Rothschild
(1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1908: "Bad
Ems,
31. Juli (1908). Frau Baronin Alphonse de Rothschild und deren Tochter
Frau Ephrussi aus Paris, die gegenwärtig zur Kur hier weilen,
besichtigten heute unter Führung der Herrn Bezirksrabbiner Dr. Weingarten
das Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim. Mit großem Interesse
nahmen sie Kenntnis von den gesamten Einrichtungen und Prinzipien der
Erziehung. Sie ließen sich die Zöglinge einzeln vorführen und
erkundigten sich nach deren Heimat. Es berührte sie wohltuend, dass bei
der Aufnahme nicht danach gefragt würde, ob es sich um Voll- oder
Halbwaise, sondern nur um arme und unbeaufsichtigte Kinder handelt. Den
Pogromkindern, von denen wir zwei in der Anstalt haben, bewiesen sie
besondere Teilnahme. Die beiden hohen Damen verließen mit dem Ausdrucke
des Dankes die Anstalt und versprachen nochmals zu kommen, nachdem sie
eine größere Spende in das Fremdenbuch eingezeichnet hatten." |
11.
Jahresbericht des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims" (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. September
1908: "Bad Ems. Noch kurz vor Rosch-Haschonoh hat das hiesige
Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim seinen 11. Jahresbericht,
für die Zeit vom 1. April 1907 bis 31. März 1908, erscheinen lassen.
Danach hat die Verwaltung auch in dieser Zeit in stillem, aber
erfolgreichem Wirken die hohen Ziele: armen und verwaisten Mädchen
Erziehung und Unterhalt zu gewähren, eifrig weiter verfolgt.
Die Anstalt war während des Berichtsjahres stets mit 32 Zöglingen voll
besetzt. Entlassen wurden 5 Mädchen, die zum Teil ins Geschäft oder in
Dienststellen kamen. Nach dem Rechnungsabschluss kostet ein Kind pro Jahr
etwas über 500 Mark. Diese Tatsache zeigt, dass das 'Israelitische
Zentral-Waisen- und Mädchenheim' in Ems die billigste diesbezügliche
Anstalt Deutschlands ist. Kostet doch ein Kind in derselben Zeit in
Berliner Waisenhäusern die bedeutend höhere Summe von über 800 Mark! -
An Spenden liefen im Berichtsjahre ein: 16.308,73 Mark, nebst einer
großen Anzahl von Geschenken für die Zöglinge und Anstalt. Die
Gesundheitsverhältnisse der Kinder waren gute, die schulpflichtigen
Zöglinge besuchten sämtlich die städtische Volksschule und machten
recht gute Fortschritte. Der Religionsunterricht lag in den Händen des
Herrn Rabbiner Dr. Weingarten und wurde in der Anstalt erteilt.
Der schon seit vielen Jahren geplante, durch verschiedenartige Sammlungen
der Herrn Dr. Aronsohn in Ems, Eduard Feist in Frankfurt am Main und
vieler anderer vorbereitete Neubau wurde so weit gefördert, dass die
umgearbeiteten Pläne in Kürze der Behörde zur Genehmigung eingereicht
werden können. Ein größerer Baufonds ist bereits
vorhanden." |
Pläne für den Neubau des "Israelitischen Zentral-Waisen-
und Mädchenheimes" sowie Aufenthalt der Kölner Ferienkolonie in Bad Ems
(1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. August 1908:
"Bad Ems. Das Kuratorium des hiesigen israelitischen Zentral-Waisen- und
Mädchenheim beabsichtigt einen großen und architektonisch schönen Neubau. Im Frühjahr nächsten Jahres soll damit begonnen werden. Namhafte
Summen sind schon gespendet worden. -
Am 10. dieses Monats traf unter Begleitung des Lehrers Jacoby eine
Ferienkolonie aus Köln am Rhein – bestehend aus 37 Kindern – zu fast
4-wöchentlichem Aufenthalt hier ein. Die Aufsicht und Verpflegung ist
Herrn Lehrer Ucko – Ems übertragen worden. Täglich werden
Spaziergänge auf die umliegenden Berge unternommen. Die Direktion der
Malbergbahn gewährte den Kindern dreimal wöchentlich freie Fahrt. Herr
Dr. med. Samter hat bereitwilligst die Behandlung der Kinder übernommen.
Diesem verdankt die Ferienkolonie auch freies Baden im 'Römerbad'." |
Jahresbericht 1908/09
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1909:
"Ems, 14. Oktober (1909). Die Verwaltung des 'Israelitischen
Zentral-Waisen- und Mädchenheim' versendet soeben nachfolgenden bericht
für die Zeit vom 1. April 1908 bis zum 1. März 1909: 'Das verflossene,
zwölfte Berichtsjahr bedeutete für das Israelitische Zentral-Waisen- und
Mädchenheim in Ems ein ruhiges, erfolgreiches Weiterschreiten auf dem
gewohnten und altbewährten Wege. Die Anstalt hat sich der Pflege und
Erziehung der ihr anvertrauten armen und verwaisten Mädchen in
ungestörter Sorgfalt hingeben können. Entsprechend den Anlagen und
Kräften jedes einzelnen empfingen die Zöglinge ihre Ausbildung in der
städtischen Volksschule, einige auch in der höheren Töchterschule. Der
Geist des Hauses, als der ernster Arbeit gepaart mit Frohsinn und wahrer
Religiosität, blieb erhalten und gab unseren Kindern ein gesundes, freies
Wesen. Die Zahl der Zöglinge betrug am Ende des Jahres 32, von denen 28
schulpflichtig und 4 bereits aus der Schule entlassen waren. Die
Schulentlassenen wurden in der Wirtschaftsführung ausgebildet, worin alle
während der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes in der Anstalt angeleitet
werden. Im Laufe des Jahres haben sechs Zöglinge die Anstalt verlassen.
Die Fortschritte unserer Kinder in der Schule waren gut; ebenso ihr
Betragen in und außer dem Hause. Der Religionsunterricht wurde wie bisher
im Hause von Herrn Bezirksrabbiner Dr. Weingarten erteilt. Spiel, Turnen
und Spaziergänge in die Umgegend gaben dem Leben in der Anstalt
fröhliche Abwechslung. Die Gesundheitsverhältnisse waren durchaus gute.
Dem Anstaltsarzte, Herrn Dr. med. Stemmler, sowie dem Zahnarzte Herrn
Ernst Frey sprechen wir für ihre bewährte selbstlose Behandlung unserer
Zöglinge den wärmsten Dank aus. Die Pläne zum Neubau wurden dem
Magistrat zur Genehmigung eingereicht, von demselben jedoch
zurückgegeben, da nach der neuen städtischen Bauordnung von beiden
Grenzen der Nachbargrundstücke je drei Meter ferngeblieben werden
müssten. Der Bau kann daher vorerst nicht zur Ausführung gebracht
werden. Herr Kirchberger, der lange Jahre der Verwaltung angehört hatte,
hat seinen Austritt angemeldet. In der Generalverstammlung vom 29.
November wurden die Herren Justizrat Dr. Blau in Frankfurt am Main und
Zahnarzt Frey in Ems einstimmig in den Vorstand gewählt. Leider können
wir unseren diesjährigen Bericht nicht schließen, ohne der bedauerlichen
Tatsache Erwähnung zu tun, dass die Einnahmen im letzten Jahre erheblich
abgenommen haben. Umso dringlicher und inniger ergeht daher diesmal an
alle edlen Menschenfreunde im deutschen Vaterlande und weit über dessen
grenzen hinaus unsere Bitte, uns die bisher erwiesene Gunst und Hilfe
nicht nur zu erhalten, sondern im verstärkten Maße freundlichst
zuzuwenden, auf dass wir nun endlich zur Ausführung des lang geplanten
Werkes schreiten, und unseren armen, verwaisten Zöglingen eine neue,
behagliche und gesunde Heimstätte bieten können." |
Drei
ausgesetzte jüdische Kinder aus Berlin werden im "Israelitischen
Zentral-Waisen- und Mädchenheim" aufgenommen (1913)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. August
1913: "Bad Ems, 22. August (1913). Das hiesige 'Israelitische
Zentral-Waisen- und Mädchenheim' hat in anerkennender Weise die Fürsorge
für die drei Kolatzkischen Kinder übernommen. Kaum hatte der Vorstand
dieser zum Heile der Gesamtjudenheit wirkenden Anstalt aus den
Tagesblättern erfahren, dass drei kleine jüdische Kinder im Alter von
drei, vier und fünf Jahren vor dem Berlin-Schöneberger Polizeipräsidium
ausgesetzt und von diesem der christlichen Zionshilfe übergeben worden
waren, da verständigte er auf telegraphischem Wege die
Berlin-Schöneberger Polizei, dass er bereit sei, die ausgesetzten Kinder
sofort in seine Anstalt aufzunehmen. Sonntag, den 10. dieses Monats kamen
dann die armen Kleinen hier an, und es war eine Freude zu sehen, wie
zufrieden und glücklich sie sich bald inmitten der anderen
Anstaltszöglinge fühlten. Inzwischen hat der Vorstand die beiden
kleinsten Mädchen, da für solch jugendliches Alter die hiesige Anstalt
nicht eingerichtet ist, auf seine Kosten dem israelitischen Kinderheim in
Köln übergeben, und das fünfjährige Kind, obwohl es noch nicht
schulpflichtig ist, selbst behalten; es ist als der jüngste Zögling der
Liebling der übrigen und bildet den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. So
hat denn das Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim pflichtbewusst
schnell gehandelt und drei jüdische verlassene Kinder, ohne erst weitere
Vorstandsbeschlüsse zu fassen, dem Judentum erhalten." |
16.
Jahresbericht des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims" (1913)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Oktober
1913: "Bad Ems, 22. Oktober (1913). Wie aus dem soeben
erschienenen 16. Jahresbericht zu ersehen ist, hat das Jahr 1912/13 bei
dem israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheim in Bad Ems einen
ruhigen, ungestörten Verlauf genommen. Von keinerlei Hemmungen und
äußeren Einwirkungen beeinflusst, konnte es auf dem einmal betretenen
Wege stetig weitergehen und mit ungeteilter Sorgfalt das ihm gesteckte
Ziel im Auge behalten. Die Zahl der Zöglinge während des Berichtsjahres
war durchschnittlich 30. Die durch Entlassung freigewordenen Plätze
wurden jedes Mal baldigst wieder besetzt. In das neue, mit dem 1. April
1913 beginnende Jahr nahm es 26 Zöglinge hinüber, inzwischen ist jedoch
die Zahl wieder auf 31 ergänzt. Den Volksschulunterricht erhalten die
Zöglinge in der städtischen Volksschule, nur ein Mädchen besucht die
hiesige höhere Mädchenschule. Der Religionsunterricht wird im Hause
erteilt, ebenso Handarbeits- und Nähunterricht. In allen
Unterrichtsfächern bekunden die Zöglinge, das beweisen die Zeugnisse,
regen Eifer und emsigen Fleiß. Mir der ernsten Arbeit und treuen
Pflichterfüllung wechselten muntere Spiele auf dem schönen Spielplatz
der Anstalt und während der Ferien größere und kleinere Spaziergänge
in die Umgegend von Bad Ems ab. Der Gesundheitszustand der Zöglinge war
ein durchaus guter. Im Laufe des Jahres wurden sechs Zöglinge entlassen.
Die Fürsorge für die Zöglinge ist mit dem Austritt derselben aus der
Anstalt keineswegs zu Ende. Diese steht ihnen jederzeit mit Rat und Tat
zur Seite und bleibt nach wie vor der Ersatz des Elternhauses. Die
Wahlperiode der Verwaltung war abgelaufen, und es war eine
Generalversammlung behufs Neuwahl auf den 27. Oktober nach Frankfurt am
Main einberufen worden. In dieser wurden in den Vorstand gewählt die
Herren: Bezirksrabbiner Dr. Weingarten in Bad Ems als Vorsitzender,
Dr. med. Samter in Bad Ems als Schriftführer, Eduard Feist
in Frankfurt am Main als Schatzmeister, ferner A. Salomon in Bad
Ems und Rabbiner Dr. Horovitz in Frankfurt am Main. In das
Kuratorium, das mit dem Vorstand gleiche Rechte und Pflichten hat, wurden
gewählt die Herren: Eugen Goldfisch und Hermann Löwenstein
in Bad Ems, Adolf Landsberg in Oberlahnstein, Louis Schloss
in Koblenz, Siegfried Simon in Köln, Max Ettinghausen in
Höchst am Main, S. Löwenstein, Meyer Mosbacher, Anselm Schwabacher,
Sally Goldschmidt in Frankfurt am Main, Heinrich Fränkel,
Generaldirektor B. Koßmann, Manuel Schwarz in Berlin. Die Anstalt
nimmt arme verlassene Mädchen aus allen Teilen der Diaspora auf, vom
Lande und aus der Stadt. Sie öffnet ihre Pforten auch denen, die von
anderen Waisenhäusern satzungsgemäß zurückgewiesen werden; denn sie
will überall da rettend eingreifen, wo Not und Gefahr sich zeigen. So
mögen denn im neuen Jahre der Anstalt so reichliche Spenden zufließen,
dass sie ohne materielle Sorge sich einzig und allein den idealen Aufgaben
der Erziehung und Versorgung armer israelitischer Mädchen widmen
kann." |
Anzeige
des "Israelitischen Zentral-Waisen- und Mädchenheims" (1916)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Mai
1916:
"Wir suchen, da unsere langjährige Leiterin zurücktritt, eine in
Hauswesen und Küche erfahrene Dame,
die den wirtschaftlichen Betrieb unserer Anstalt zu versehen hat, und eine
junge
Lehrerin oder Jugendleiterin.
Nur streng religiöse Bewerberinnen wollen sich unter Einsendung von
Lebenslauf, Zeugnisabschriften und Angabe von Referenzen melden.
Israelitisches Central-Waisen- und Mädchenheim in Bad Ems. I.A.:
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten, Vorsitzender." |
Bericht von 1922
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1922: "Das
Waisenhaus in Ems.
In den letzten Wochen war ich vielfach Gast des Emser
Waisenhauses und möchte von dieser Stätte der Barmherzigkeit und der
Menschenliebe weiteren Kreisen erzählen. Wenn unsere Weisen sagen, dass
die Erhaltung von Waisenkindern die Verwirklichung des Satzes 'Gerechtigkeit
zu tun zu aller Zeit' bedeute, so darf der Schöpfer des Hauses, der
verehrte Herr Rabbiner Dr. Weingarten, das Verdienst für sich in Anspruch
nehmen, dieses Wort buchstäblich zu erfüllen. In den hohen und luftigen
Räumen des Hauses sind zurzeit etwa 30 Kinder untergebracht, die die
hiesige Schule. (zum Teil die höhere Schule) besuchen, im Übrigen aber
in alle Zweige der Hausarbeit eingeführt werden. Ich war am Feitag Abend,
am Schabbos und an Wochentagen im Waisenhaus und jeder Besuch erfüllte
mich mit neuer Befriedigung. Ob die Schabboslichter ihren freundlichen
Glanz über die frischen und frohen Kindergesichter leuchten ließen, ob
der große Garten des Hauses von Spiel und Scherz widerhallte, ob die
Köpfchen eifrig über Tafeln und Hefte gebeugt waren (die Erwachsenen
sind der Jüngeren Lehrerinnen) oder ob die Größeren und Stärkeren voll
Eifer häusliche Pflichten erfüllten, immer war ich freudig überrascht
von dem friedlichen Bilde, das diese heimatlosen Kinder in ihrer
Gesamtheit darstellen. Was mir aber unvergesslich bleiben wird, waren die
Seder-Abende, die ich ebenfalls im Waisenhaus verlebte. Hier war das Wort
des Haggadoh wirklich zur Wahrheit geworden; hier saßen am tische des
Rabbiners (eine seiner Töchter vertritt zurzeit in selbstloser Weise die
fehlende Leiterin) die Kinder des Waisenhauses gleich einer großen
Familie; sie fragten und sangen und freuten sich und als die Kleinsten in
später Stunde schläfrig wurden – die größeren hielten wacker bis zum
Schlusse aus und sangen Adir hu, dass es eine wahre Freude war. Und
als sie dann strahlenden Auges die Hände zum Gutenachtgruß reichten, da
war mir ein neuer Zauber dieser Nacht erschlossen worden. Schwer ruht
heute die ungestörte Fortführung des Hauses auf den Schultern seines
Gründers und Erhalters; möge die deutsche Judenheit – wenn wieder an
sie die Bitte ergeht, für 'Ems' zu spenden – das Waisenhaus
reichlich bedenken. Hier, in dem reizenden Städtchen, das von Bergen
liebevoll behütet und von der Lahn durchrauscht wird, haben verlassene
Kinder unseres Volkes eine neue, schöne Heimat gefunden. H.Sch." |
Über
das "Kurasyl für Lehrerinnen" (um 1900 bis um 1910)
Über das Lehrerinnen-Heim in
Bad Ems (1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni
1900: "Ems, 23. Mai (1900). (Lehrerinnen-Heim in Bad Ems).
Der Vorstand des Lehrerinnen-Heims in Ems konstituierte sich am gestrigen
Abend im Hause 'Königin von Holland' in folgender Weise. Vorsitzender:
Herr Dr. Ed. Aronsohn; erster stellvertretender Vorsitzender: Herr
Kurkommissar Oberst a.D. von Willich; zweiter stellvertretender
Vorsitzender: Herr Stadtverordnetenvorsteher Schmitt (Englischer
Hof); Kassierer: Herr Stadtverordneter J. Kirchberger, Bankier;
stellvertretender Kassierer: Herr Stadtverordneter Rücker (Prince
of Wales); Schriftführer: Herr Oberlehrer Wolff.
Herr Oberst von Willich gab in dieser Sitzung die erfreuliche Erklärung
ab, dass die Lehrerinnen von der Bezahlung der Kurtaxe befreit sein
werden, sodass sie hierdurch auch für die Eisenbahnfahrt Ermäßigung des
Fahrpreises erhalten. Der Verein hatte auch die Ehre, dass Herr Oberst
Knorr, der ehrwürdige zweite Großmeister der Royal York-Loge in Berlin,
der Sitzung beiwohnte, die Statuten mitberaten half, dem Gründungskomitee
als Mitglied beitrat und die möglichste Förderung der guten Sache
versprach. Dem Gründungskomitee gehören noch an die Herren: Geheimer
Medizinalrat Prof. Dr. B. Fränkel, Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. E. v.
Leyden, Geheimer Medizinalrat Prof. E. von Bergmann und Kommerzienrat B.
Löser in Berlin.
Für das Lehrerinnen-Heim ist heute das Haus 'Burg Stein' angekauft
worden. Dieses große, massive, Ecke der Alexander- und Badhausstraße,
neben der königlichen Badeanstalt und gegenüber der neuen evangelischen
Kirche gelegene Haus hat 18 große, hohe Zimmer, einen schönen
Speisesaal, mehrere Balkons, fünf geräumige Mansardenzimmer und ist
sofort zu beziehen. Die Anstalt ist gegründet für kurbedürftige
Lehrerinnen, Erzieherinnen, Gesangsschülerinnern etc. jeder Konfession
und jeder Nation. Die Lehrerinnen etc. erhalten vollkommen freie
ärztliche Behandlung und freie Wohnung, Bäder und Inhalationen und
zahlen nur, soweit sie auf Stipendien oder Freibetten keinen Anspruch
haben - drei Mark täglich für Verpflegung, |
wenn
sie in der Anstalt essen wollen (Anmerkung der Reaktion: Können
dieselben auch im jüdischen Restaurant für Mark 3.-- täglich
Verpflegung erhalten?). Herr Rücker, der Besitzer des Römerbades,
hat sich erboten, den Lehrerinnen freie Bäder und Inhalationen so lange
zu gewähren, bis die Königliche Regierung ihrerseits diese
Vergünstigung, die sie bereits in Aussicht gestellt hat, bewilligt. Die
ärztliche Behandlung wird Herr Dr. Aronsohn ohne jede Entschädigung
leiten. Als Oberin des Hauses ist angestellt die 31-jährige Frau Witwe
Hesse, frühere Rote-Kreuz-Schwester Anna Margarethe Loye, die als solche
den Aufstand in Kamerun mitgemacht hat und sich daselbst in der Pflege der
Kranken und Verwundeten so ausgezeichnet hat, dass sie neben anderen Orden
auch den Luisenorden 2. Klasse erhielt und von Ihrer Majestät der
Kaiserin in Audienz empfangen wurde.
Damit vom heutigen Tage ab die Lehrerinnen all der genannten
Vergünstigungen teilhaftig werden können, hat die bisherige Besitzerin
des Hauses Burg Stein, Frau Beck, fünf möblierte Zimmer gratis zur
Verfügung gestellt und gibt vollkommene und dabei gediegene Verpflegung
für drei Mark täglich.
Die Mittel zum Kauf des Hauses und zur Unterhaltung der Anstalt sind zum
Teil gezeichnet, zum Teil sollen sie durch weitere Sammlungen beschafft
werden. Der Verein zählt dabei auf das wärmste Interesse weitester
Kreise. Geldgeschenke sind zu richten an Herrn Bankier H. Kirchberger in
Ems, Anfragen und Aufnahmegesuche, denen nur ein ärztliches Zeugnis über
den notwendigen Gebrach der Emser Quellen beizufügen ist, an Herrn Dr.
med. Aronsohn in Ems." |
Das
"Kurasyl für Lehrerinnen" wird am 1. Mai 1901 eröffnet (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. April 1901: "Ems.
Ein Kurasyl für Lehrerinnen ohne Unterschied der Konfession und
Nation wird am 1. Mai hier eröffnet. Wenig bemittelte Lehrerinnen, denen
ärztlicherseits der Gebrauch der Emser Quelle anempfohlen ist, erhalten
Wohnung, ärztliche Behandlung, Bäder und Inhalationen gratis; auch von
der Kurtaxe werden sie befreit, und sie reisen auf den deutschen Bahnen zu
ermäßigten Preisen. Kost wird nur auf Wunsch, für drei Mark täglich,
zum Selbstkostenpreis, im Hause gewährt. Lehrerinnen jüdischen Glaubens
können also, gleich den andern, ihre Mahlzeiten in beliebigen Restaurants
einnehmen, und werden übrigens auch in Allem, z.B. in Bezug auf Aufnahme,
genau wie die Andern berücksichtigt. Anmeldungen sind zu richten an
den dirigierenden Arzt und Vorsitzenden des Vorstandes Herrn Dr. Ed.
Aronsohn in Ems." |
Anzeige
des Kurasyls für Lehrerinnen in Ems (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16.
Mai 1904: "Kurasyl für Lehrerinnen in Ems.
Der unter diesem Namen gebildete Verein will kurbedürftigen Lehrerinnen,
Erzieherinnen und dergleichen ohne Unterschied des Bekenntnisses und der
Staatsangehörigkeit den Gebrauch der Emser Heilquellen durch Gewährung
von freier Wohnung im Vereinshause 'Burg Stein', freier ärztlicher
Behandlung seitens des Vereinsarztes, freier Benutzung der Bäder und
Inhalationsanstalten usw. ermöglichen. -
Kurgemäße Verpflegung wird im Vereinshause zum Selbstkostenpreise, der 3
Mark nicht überschreiten darf, geboten. - Tuberkulöse sind von der
Aufnahme ausgeschlossen.
Gesuche um Aufnahme sind möglichst früh unter Beifügung eines
ärztlichen Zeugnisses über die Notwendigkeit des Aufenthaltes in Ems und
mit Angabe des Zeitpunktes, zu welchem der Eintritt gewünscht wird, an
Herrn Dr. med. Ed. Aronsohn zu richten.
Es ist sehr wünschenswert, dass Anmeldungen für die Monate Mai, Juni,
September erfolgen, da der Andrang im Juli und August am größten ist.
Gesuche um Befreiung von der Kurtaxe und Verbilligung der Eisenbahnfahrt
sind unter Beifügung eines Einkommens-Zeugnisses an die Kur-Kommission in
Ems zu richten." |
Bekanntgabe des Vorstandes des "Kurasyls für Lehrerinnen in Ems"
(1910)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Mai
1910: "Ems, 13. Mai (1910). Der Vorstand des Kurasyls für
Lehrerinnen in Ems hat beschlossen, vom Jahre 1910 ab nicht allein
Lehrerinnen und Erzieherinnen, sondern auch sonst wenig bemittelte Damen,
die einen liberalen Beruf: Medizin, Pharmazie, Gesang, Musik usw. ausüben
oder verfolgen und eine Kur in Ems benötigen, ohne Unterschied der Konfession
und Nation Aufnahme zu gewähren. Dieser Beschluss ist mit Rücksicht
darauf gefasst, dass der Besuch des Heims seitens der Lehrerinnen in den
Monaten Mai und September nicht zahlreich genug ist und der Aufenthalt in
der großen, schönen, direkt an dem Königlichen Badehause gelegenen
Anstalt auch anderen wenig bemittelten Damen in diesen Monaten gewährt
werden kann. Es wird nur der Pensionspreis mit 3 Mark bezahlt. Alles
andere ist frei. Wegen Verbilligung der Reise, der Kurtaxe und der
Königlichen Kurmittel hat man sich direkt an die Königliche
Kurkommission zu wenden. Die Gesuche um Aufnahme in de Anstalt sind unter
Beifügung eines ärztlichen Attestes, dass Tuberkulose ausgeschlossen
ist, an den Vorsitzenden Herrn Dr. med. Aronsohn zu
richten." |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Mai
1910:
derselbe Inhalt wie oben im Artikel in der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" |
Über den "Hilfsverein für unbemittelte
jüdischen Nerven- und Geisteskranke"
Der Verein wurde 1903 in Bad Ems gegründet; Ziel:
Finanzierung oder Unterstützung der Behandlung unbemittelter Patientinnen und
Patienten in der Anstalt in Sayn bei Koblenz.
Aufruf
der "Hilfsvereins für unbemittelte, jüdische Nerven- und
Geisteskranke" zu Spenden für die Arbeit des Vereins (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April
1903: "Ems, 3. März (1903). Der Vorstand des 'Hilfsvereins
für unbemittelte, jüdischer Nerven- und Geisteskranke' (Vorsitzender
Herr Bezirksrabbiner Dr. Weingarten - Ems) versendet nachstehenden Aufruf,
dem wir den besten Erfolg wünschen:
'Auf allen Gebieten regt sich jüdische Wohltätigkeit und Menschenliebe,
um den Bedürftigen, den kranken, den Bedrückten und Verfolgten zu Hilfe
zu eilen. Es gibt aber ein Feld der Fürsorge, für das von jüdischer
Seite noch gar nichts getan ist, obwohl berufene Männer die Aufmerksamkeit
auf diesen Notstand gerade in letzter Zeit mehrfach hingelenkt
haben. Es gilt die Fürsorge für die Ärmsten der Armen, für die
unbemittelten Nerven- und Geisteskranken. Die wenigen zur Zeit vorhandenen
jüdischen Privatanstalten sind nicht im Stande, gegen so geringe
Entschädigung, wie sie unbemittelte Familien leisten können, Aufnahme zu
gewähren, sodass man sich bisher in fast allen Fällen genötigt sah, die
jüdischen Nerven- und Geisteskranken in den staatlichen Anstalten
unterzubringen. Der Aufenthalt daselbst ist aber für alle derartigen
Kranken mit großen Nachteilen verknüpft. Denn nicht nur die Nerven- und
Gemüts-, sondern auch die wirklich Geisteskranken haben ja sehr oft noch
religiöses Gefühl genug, um sich in der ihrer ganzen Denk- und
Empfindungsweise fremden Umgebung recht unglücklich zu fühlen, und in
vielen Fällen auch sich die größten Gewissensbisse über den Genuss
nicht rituell zubereiteter Speisen zu machen. Oft sogar kommt es, wie wir
aus zahlreichen Fällen wissen, zu konfessionellen Reibereien und
Hänseleien seitens des Anstaltspersonals und der christlichen Patienten,
sodass der Zweck des Aufenthalts illusorisch, ja, statt der erhofften
Besserung, geradezu eine Verschlechterung des Leidens herbeigeführt
werden kann.
Nur in spezifisch jüdischen Anstalten kann der jüdische Geisteskranke
vor allem derartigen ihm besonders schädlichen seelischen Erregungen
bewahrt bleiben, und nur in solchen ist es ihm möglich, seine gewohnte
Lebensweise unveränderte fortzuführen; denn hier befindet er sich in
einer ihm vertrauten Umgebung, die allen seinen religiösen Bedürfnissen
liebevolles Verständnis entgegenbringt.
Nicht minder dringend ist das Bedürfnis, jüdisch idiotische Kinder in
jüdischen Anstalten zu erziehen.
Da die Errichtung einer eigenen Anstalt vorerst wegen der enormen Kosten
eines solchen Unternehmens noch nicht in Betracht kommen kann, so haben
wir die Absicht, die betreffenden Kranken in bereits vorhandenen, gut
geleiteten, jüdischen Anstalten unterzubringen.
Es ist uns gelungen, die bewährte Anstalt zu Sayn zu weitgehendem
Entgegenkommen zu bestimmen, indem sie sich bereit erklärt hat, die von
uns empfohlenen Kranken zu bedeutend ermäßigten Pflegesätzen
aufzunehmen.
Sobald es nur unsere Mittel gestatten werden, wollen wir auch dahin
wirken, dass dieser Anstalt eine besondere Abteilung für idiotische
Kinder angegliedert werde.
Sich der Ärmsten und Armen anzunehmen, hat sich der Verein entschlossen.
Es bedarf hierzu der Mitwirkung aller edlen Menschenfreunde. Wer im
eigenen Glücke, in der Freude an dem Gedeihen sich ein mitleidiges Herz
bewahrt hat, der trockne mit uns die Tränen, lindere die Not und das
Unglück seiner Glaubensbrüder und Schwestern! Jede Spende ist uns
willkommen. Viele Wenig geben ein Viel, Vereinte Kräfte führen zum
Ziel.
Geldsendungen bitte gefälligst zu richten: An Rheinische
Diskonto-Gesellschaft, Koblenz." |
Erster Jahresbericht 1904
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Oktober 1904: "Ems. Dem
ersten Rechenschaftsberichte des Hilfsvereins für unbemittelte jüdische
Nerven- und Geisteskranke zu Ems entnehmen wir: Schon ist ein Jahr ins
Land gegangen, seitdem wir den Hilfsverein für unbemittelte jüdische
Nerven- und Geisteskranke ins Leben gerufen haben. Mit ersten Sorgen
traten wir der Gründung nahe. Mancherlei Bedenken wurden uns
entgegengehalten, die sich aber bei genauer Betrachtung als nicht
stichhaltig erwiesen. Unser Aufruf fand den Beifall |
aller
Einsichten, und wir hatten die Genugtuung, im Frühjahr 1903 klangvolle,
gewichtige Namen im Gründungskomitee unseres Vereins zu verzeichnen. Die
Zustimmung, die unseren Bestrebungen von sachverständiger Seite zuteil
wurde, und die zahlreichen Aufnahmegesuche von unbemittelten Kranken, die
an uns aus allen Gauen Deutschlands herantraten, bewiesen uns, welchem
tatsächlichen Notstande in den Reihen unserer Glaubensgenossen die neu
begründete Organisation zu begegnen berufen sei. Mit neuem Mute und
erhöhten Hoffnungen gehen wir auf dem betretenen Wege weiter, da ein
mächtiger Zeuge und Sachwalter unserer Bestrebungen uns erstanden ist.
Wir haben eine Fürsprache gefunden, die alle Hindernisse und Bedenken
hinwegräumen wird, da etwa noch hätten ins Feld geführt werden können
gegen unsere Ideen und Ziele. Denn wie groß und bedeutsam das Werk ist,
dessen wir uns zu Nutz und Frommen der armen jüdischen Nerven- und
Geisteskranken und zum Wohle der Gesamtheit des Judentums angenommen
haben, dafür mag das sachliche, maßgebende Urteil des berühmten
holländischen Psychiaters Dr. van Deventer, Direktor der großen
Staats-Irrenanstalt in Meerenberg, in dem Bericht über seine Anstalt für
das Jahr 1901, hier wörtlich angeführt sein:
'Bis Mai war Herr J. Stiebe, israelitischer Religionslehrer in Haarlem,
zeitweilig mit der Leitung des israelitischen Gottesdienstes betraut, bis
zu welchem Zeitpunkt dem Herrn de Vries aus Gesundheitsrücksichten Urlaub
bewilligt war. In Verbindung mit dem Voraufgegangenen zu zu beachten, dass
im Laufe dieses Jahres durch unsere Kommission die Frage erwogen wurde, ob
nicht eine besondere Abteilung für israelitische Geisteskranke bei
Meerenberg zu errichten wäre, und die Verpflegung der Israeliten
ausschließlich in dieser neuen Anstalt zu geschehen hätte. Die Antwort
unserer Kommission konnte sowohl im Interesse der Anstalt als auch der
Kranken nicht anders als zustimmend lauten. Ohne Zweifel bilden den
Vorschriften gemäß alle Bewohner der Anstalt eine Haushaltung; eine
Bestimmung, woran seit Gründung stets im Interesse der Kranken möglichst
festgehalten worden ist. Seitdem die Anzahl der israelitischen Patienten
bedeutend zugenommen und die Wichtigkeit ihrer speziellen Vorschriften
festgestellt ist, die mit sich bringen, dass sie ihre Mahlzeiten an einer
besonderen Tafel nehmen, ist die angegebene Bestimmung nicht mehr genau
durchzuführen. Der Nachteil, der hieraus entsteht, ist die Abschließung
der Israeliten von den übrigen Kranken. Dieses widerspricht dem Charakter
der Anstalt. Die Tatsache, dass sie am Sabbat im Gegensatz zu den übrigen
Patienten nicht arbeiten mögen, wirkt in demselben ungünstigen Sinne.
Aus diesem Grunde glaubte ich es im Interesse von Meerenberg aussprechen
zu müssen, dass daselbst israelitische Patienten nicht länger mehr
aufgenommen werden sollen. Was die Interessen der israelitischen Kranken
selbst betrifft, gelten dieselben Schwierigkeiten, wobei noch andere
hinzutreten, die sich aus ihren rituellen Verpflichtungen ergeben.
Die Erfahrung, die in Meerenberg gemacht ist, hat doch aufs deutlichste
gelehrt, dass die Genauigkeit der Speisezurichtung und die Behandlung des
Essgeschirres mit großen Schwierigkeiten verbunden und in Wirklichkeit
nicht streng durchzuführen ist. Dasselbe gilt von den rituellen
Gebräuchen hinsichtlich des Gebetes bei vorkommenden Sterbefällen in der
Anstalt, die rituelle Vorschrift beim Ableben von Familienmitgliedern und
das Halten der Trauertrage. Diese Nachteile werden umso drückender
gefühlt, als es das Streben des Irrenarztes sein muss, jeden Kranken die
Gelegenheit zu verschaffen, seine religiösen Bedürfnisse zu befriedigen.
Aus vorgenannten Gründen glaubte ich meiner Meinung Ausdruck geben zu
müssen, dass die Errichtung einer israelitischen Zentral-Irrenanstalt
für die unbemittelten jüdischen Geisteskranken einer ernsten Erwägung
bedarf. Unsere Kommission war mit mir in voller Übereinstimmung.'
Bedarf es noch eines schlagenderen Beweises für die Existenzberechtigung
unserer Vereinigung? – Wohl nicht. Nun werden alle Zweifel zerrinnen wie
Nebel vor dem erhellenden Sonnenstrahl: die Notwendigkeit unserer
Bestrebungen muss anerkannt werden. Möge dieses beherzigenswerte Wort aus
dem Munde eines vorurteilslosen Mannes der Wissenschaft, dazu eines
Nicht-Juden, Eingang finden in die Herzen aller derer, die ernstlich
bemüht sind, diesen Notstand unserer unglücklichen, unverschuldet
unglücklichen, unbemittelten geistes- und nervenkranken Glaubensgenossen
zu lindern. Wir aber wollen rastlos weiterarbeiten und wirken an diesem
Werke im Geiste unserer Religion und der Menschlichkeit, deren höchstes
Gebot die Fürsorge nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere
leidenden Brüder und Schwestern ist. Was wir in der kurzen Zeit erreicht
haben, kann uns mit Befriedigung erfüllen und mit dem Gefühle
aufrichtiger Dankbarkeit für alle, die uns ihre Hilfe liehen. Dass die
Begeisterung für dieses rein humane Hilfswerk Wurzeln schlage in den
Herzen aller Guten und Edlen ist unsere Zuversicht, dass Gottes Segen
unser Werk begleitet wie bisher, und innerer Frieden allen denen zuteil
werde, die sich der Sache unserer armen Kranken annahmen, ist unser
Wunsch. Möge der nie versiegende Wohltätigkeitssinn unserer
Glaubensgenossen Herzen und Hände öffnen un- |
serem
Werke und der Not der ärmsten unserer Brüder und Schwestern! Er öffne
Herz und Hand aller derer, die bemüht sind, ihr Bestes zu geben um der
Andern willen, wissend, dass irdisches Gut nur geliehene Gaben sind, die
uns anvertraut wurden, um davon den rechten Gebrauch zu machen! Allen
edlen Spendern sei hier im Namen unserer Pflegebefohlenen und in dem
unsrigen der Dank abgestattet. Obwohl der Hilfsverein erst gegen Ende der
Berichtszeit mit seiner eigentlichen Tätigkeit beginnen konnte, sind doch
schon in dieser kurzen Zeit 6 Aufnahmen – 3 Männer und 3 Frauen – in
die Anstalt zu Sayn vollzogen worden." |
Bericht
des "Hilfsvereins für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke" (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Juni
1905: "Ems. Der Hilfsverein für unbemittelte jüdische
Geisteskranke (Vorsitzender: Bezirksrabbiner Dr. Weingarten, Ems;
stellvertretender Vorsitzender: Dr. med. Carl Landau, Koblenz) verausgabte
im Jahre 1904 Mark 5346 für an die Anstalt zu Sayn
bei Koblenz gezahlte Pflegekosten. Der Vermögensbestand am 31.
Dezember 1904 betrug Mark 10.161.
Der Verein sei dem Interesse des jüdischen Publikums dringend ans Herz
gelegt, denn jüdische Geisteskranke, die von jeher rituelle Kost genossen
haben, müssen dieselbe beibehalten. Bei einer großen Anzahl von Kranken
handelt es sich nur um den Ausfall einzelner geistiger Funktionen, sie
haben Einsicht genug von der sie umgebenden Welt, und namentlich das
religiöse Gefühl vieler dieser Unglücklichen ist in keiner Weise
getrübt. Steckt man nun einen, ein religiöser jüdisches Leben
beobachtenden Kranken in eine nicht-jüdische Anstalt, so fühlt er sich
in der seiner ganzen Denk- und Empfindungsweise abweichenden Umgebung
recht unglücklich, er macht sich die größten Gewissensbisse über den
Genuss nicht rituell zubereiteter Speisen; ja, es kommt häufig vor, dass
er hartnäckig die Nahrungsaufnahme verweigert." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Juni 1905:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.
|
Weitere Berichte zur Arbeit des
"Hilfsvereins" siehe auf der Seite zur
Anstalt in Sayn bei Koblenz
Über das "Erholungs- und Altersheim für jüdische
Lehrer und Kantoren"
Bericht
über den Stand der Planungen für ein "Erholungs- und Altersheim für
jüdische Lehrer und Kantoren in Bad Ems" (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April
1930:
"Das Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren
in Bad Ems.
Auf meinen Aufruf an die Mitglieder unserer beiden Verbände haben sich
fast 600 Kollegen angemeldet. Aus diesen Anmeldungen geht klar hervor,
dass der Plan ein durchaus glücklicher zu nennen ist; die Mehrzahl der
Gemeldeten besteht aus Bewerbern um Aufnahme, sei es ins Erholungs-, sei
es ins Altersheim.
Die Vorarbeiten nehmen ihren vorgesehenen Gang. Die größeren
Schwierigkeiten machen die gerichtlichen und finanztechnischen
Formalitäten, während wir günstige Aussicht haben, der materiellen
Schwierigkeiten Herr zu werden. Für den notwendigen Umbau des ehemaligen
Mädchenwaisenhauses steht uns ein auf hypothekarischem Wege erlangter
Betrag zur Verfügung. Für die Inneneinrichtung haben wir bereits einen
schönen Fonds beisammen. Zum Teil besteht er aus Spenden aus unseren
eigenen Reihen. In dieser Beziehung haben sich unsere Hoffnungen indessen
nicht ganz erfüllt. Mit Sympathie und theoretischer Begeisterung ist es
nicht getan - soll unser Werk gelingen, so bedarf es weit größerer
Opferwilligkeit und Mitarbeit aus unseren eigenen Reihen. Um zu einem so
hohen Ziele zu gelangen, ein eigenes Erholungs- und Altersheim zu
besitzen, müsste es Ehrensache jedes jüdischen Lehrers und Kantors in
Deutschland sein, nicht nur höchste Ansprüche an seine eigene Kraft zu
stellen, sondern auch da, wo es mit seiner Ehre vereinbar ist, zur
Mithilfe anzuregen. Ganz spontan haben dies einige Kollegen getan und
schönste Erfolge erzielt, sei es bei Nahestehenden, bei Brudervereinen
oder bei Gemeindebehörden. Wir können an letztere und an die
Landesverbände erst herantreten, wenn wir aufzeigen können, dass unsere
eigenen Standesgenossen in weitestem Maße ihre Schuldigkeit getan haben.
Der Preußische Landesverband jüdischer Gemeinden hat seine wirksame
Mithilfe nur unter dieser Voraussetzung bereits zugesagt.
Ich wiederhole auf diesem öffentlichen Wege meinen Ruf an meine Standesgenossen,
tatkräftig an unserem Werk mitzuarbeiten. Schon liegt eine große Zahl
von Aufnahmegesuchen vor, und wir hoffen bestimmt, noch in diesem Jahre
das Alters- und Erholungsheim für jüdische Lehrer und Kantoren einweihen
und eröffnen zu können.
Nur tue jeder seine Schuldigkeit! J.B. Levy." |
Anzeige
des Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren (1930)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April
1930: "Für das voraussichtlich im Herbst 1930 zu eröffnende Erholungs-
und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in Bad Ems wird eine
wirtschaftlich erfahrene, streng religiöse, alleinstehende Verwalterin
gesucht. Bewerbungen mit Befähigungsnachweisen und Referenzen erbeten an
den Verwaltungsausschuss, zu Händen des Herrn J.B. Levy,
Frankfurt am Main, Ravensteinstraße 5." |
Über
das Erholungs- und Altersheim - wenige Monate vor seiner Eröffnung (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. Mai 1930: "Das Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer
und Kantoren in Bad Ems wird wahrscheinlich im Spätsommer dieses
Jahres geöffnet werden können. Die geschützte Lage des weltberühmten
Bade- und Kurortes lässt den Aufenthalt zum Zwecke der Erholung und zur
Heilung der Atmungs- und Stimmorgane auch im Herbst und Winter zu, zumal
alle Kurmittel das ganze Jahr hindurch zugänglich
sind.
Der 1. Stock des Hauses soll als Altersheim für dauernden Aufenthalt, der
2. Stock als Erholungsheim eingerichtet werden. In beiden Etagen sind
Einzel- und Doppelzimmer vorhanden, alle mit Heizung und fließendem
Wasser versehen. Im Erdgeschoss stehen große, luftige
Gemeinschaftsräume, sowie eine gedeckte Veranda zur
Verfügung.
In das Heim können in Deutschland tätige oder tätig gewesene jüdische
Lehrer, Kantoren und Gelehrte aufgenommen werden. Die vorübergehende
Aufnahme soll sich auf mindestens zwei Wochen erstrecken und ist
wöchentlich im voraus zu vergüten. Die dauernde Aufnahme kann auch
Ehepaaren gewährt werden; sie wird monatlich im voraus bezahlt und zwar
für jeden angefangenen Monat. Im letzteren Falle ist eine Aufnahmegebühr
von 50 Mark, gegebenenfalls in Raten, zu entrichten. Der Verpflegungssatz
ist für Mitglieder einstweilen im Erholungsheim auf täglich 5 Mark, im
Altersheim auf monatlich 135 Mark festgesetzt. Hierfür wird Wohnung,
Heizung, Beleuchtung, freie Bett- und Tischwäsche, sowie Verpflegung
gewährt. - Bei dauerndem Verbleiben werden Wünsche betreffs eigener
Möbel tunlichst berücksichtigt.
Da das Altersheim kein Krankenheim sein soll, ist dem Gesuch um Aufnahme
ein kreisärztliches Gesundheitsattest beizufügen. Über die Aufnahme
entscheidet ein Heimausschuss, der aus sechs Mitgliedern und der
Verwalterin besteht.
Um recht bald ein Urteil über den Zuzug von Erholungs- und
Alterspfleglingen zu gewinnen, ist eine unverbindliche Anmeldung beim
Verwaltungsausschuss zu Händen des Unterzeichneten schon jetzt
wünschenswert und ratsam. Eine Anzahl von Bewerbungen liegt bereits
vor.
Auch Mitglieder-Anmeldungen und Spenden zur Innenausstattung des Heims
werden stets gern entgegengenommen.
J. B. Levy, Frankfurt am Main, Ravensteinstraße 5." |
Ankündigung
der Eröffnung des Erholungs- und Altersheimes für jüdische Lehrer und
Kantoren (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Juli 1930: "Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer
und Kantoren in Bad Ems. Die Verwaltung teilt uns mit, dass die
provisorische Eröffnung des Heims bereits Anfang August stattfinden kann.
Die endgültige Betriebseröffnung wird im September sein. Anmeldungen
für vorübergehenden oder dauernden Aufenthalt nimmt J. B. Levy,
Frankfurt am Main, Ravensteinstraße 5
entgegen." |
Zur Eröffnung des Heims (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1930:
"Erholungs-
und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren e.V. Bad Ems.
Am 4.
August öffnete das Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und
Kantoren seine Pforten. Die Gesamtanlage wird wohl erst im September
dieses Jahres fertig gestellt und ihrer Bestimmung übergeben werden. Das
wird dann Anlass sein, die Bedeutung dieser Neuschöpfung eingehender und
ausführlicher zu würdigen. Heute soll nur ein kurzer Ausschnitt aus dem
Heimleben, wie mir es – die ersten Besucher – an uns erfahren haben,
dargeboten werden. Es war ein Wagnis des Vorstandes, in dem nicht ganz
fertigen Haus, in welchem noch die Handwerker hantierten, Gäste
aufzunehmen. Aber er wollte den Kollegen, die um Aufnahme nachgesucht
hatten und deren Ferien nur bis Mitte beziehungsweise Ende August
dauerten, bereits in diesem Jahre Gelegenheit geben, sich wenigstens 2-3
Wochen zu erholen und gegebenenfalls eine Kur zu gebrauchen. Der Vorstand
hat gut daran getan, und wir sind ihm dafür zu Dank verpflichtet. Schon
am Abend der Eröffnung waren die Räume dank der aufopfernden Hingabe des
Vorstandes und der Leitung so behaglich und gemütlich gestaltet worden,
dass ein Kollege, die Empfindungen aller Insassen wiedergebend, auf das
Heim die Stelle aus der Liturgie des vorausgegangenen 9. Aw
anwandte (hebräisch und deutsch): 'Er wandelt um die Wüste zum Eden,
die Einöde zum Garten des Eden, Wonne und Freude wird darin gefunden,
Dank und Lobgesang', Jesaja 19,23. Das Haus ist wirklich zu einem Gan
Eden geworden. Unterkunft und Verpflegung sind vorzüglich. Der
stattliche, völlig umgestaltete und erweiterte Bau steht an der
Hauptstraße der Stadt; das dazugehörige große Gartengelände erstreckt
sich bis zu dem gutgepflegten Park der schönen Badestadt. In wenigen
Minuten gelangt man zum stattlichen Badhaus und zum Inhalatorium. Die
Gastzimmer sind sehr gut ausgestattet; außer dem schönen Mobiliar, bei
dem auch das Ruhesofa nicht fehlt, haben alle fließendes kaltes und
warmes Wasser und Zentralheizung; mehrere von ihnen besitzen Balkone.
Erwähnt sei noch, dass auch im Heim Badegelegenheit vorhanden ist. Ein
Schmuckstück des Hauses ist der vornehm und komfortabel eingerichtete,
gemeinsame Aufenthaltsraum mit anschließender großer und überdeckter
Veranda. Für Lesestoff, der durch eine Bücherei, Tageszeitungen und
jüdische Presse vermittelt wird, ist bestens gesorgt. Der große
Speisesaal ist hell und freundlich. Leitung, Küche und Bedienung
wetteifern darin, den Aufenthalt so gemütlich und angenehm wie möglich
zu machen. Der im Heim verlebte erste Schabbos wird uns allen
unvergesslich bleiben. Eine gehobene, feierliche Sabbatstimmung hatte uns
alle erfasst und in ihren Bann gezogen.
Zum Schlusse sei auch an dieser Stelle all den Männern und Frauen, die
sich um die Errichtung und Ausstattung des Heims so sehr verdient gemacht
haben, unser herzlichstes Dank ausgesprochen. An uns liegt es nun, durch
Besuch und ideelle Förderung das Heim, das als eine der bedeutsamsten
Schöpfungen unseres Standes gelten muss, zu dem werden zu lassen, was
heißester Wunsch und höchstes Ziel seiner Gründer war und sein wird: zu
unserem Heim. 'Das Werk unserer Hände wolle ER fördern' (Psalm
90,17)." |
Berichte über die Einweihung des Heims (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1930: "Ein
Lehrerheim in Bad Ems.
Bad Ems, 7. September (1930). In aller Stille ist
ein Werk zustande gekommen, das lange Jahrzehnten den Traum der jüdischen
Lehrer und Lehrerfreunde bildete. Im schönen Ems steht nun mit dem
Ausblick auf die lieblichen grünen Hügelketten am Lahnufer das
stattliche Haus, das Lehrern, Kantoren und sonstigen Angehörigen des
Lehr- und Gelehrtenstandes vorübergehend oder dauernd ein Heim bieten
soll. Zu einem Tagessatze, respektive Monatssatze, der nicht so niedrig
berechnet ist, dass er die Gäste deklassierte, aber auch nicht so hoch
ist, dass er für einen Lehrer mit bescheidenem Gehalt oder kleiner
Pension unerschwinglich wäre, bietet das Heim den Bewohnern eine
Ferienerholung, wie man sie in keinem Kurhotel und in keinem Sanatorium
besser haben kann, oder auch ein dauerndes Heim, in dem sie nach einem
leben der Arbeit für Gemeinde und Gemeinschaft einen heiteren,
sorgenlosen Lebensabend verbringen können. Das Lehrerheim ist aus dem
Israelitischen Mädchenwaisenhause in Bad Ems hervorgegangen. Nachdem im
Zwange der Zeit die Voraussetzungen für das Waisenhaus nicht mehr gegeben
waren und die Frage entstand, was mit dem Bau geschehen solle, reifte im
Herzen des Herrn Rabbiner Dr. Jakob Horovitz der Gedanke, das Haus in ein
Heim für Lehrer und Kantoren umzuwandeln. Tatkräftige Männer, an deren
Spitze die Herren Emil H. Lehmann, Ober- |
Kantor
J. B. Lewi, Hauptlehrer a.D. D. Rosenwald und B. Rosenthal, Nassau, nahmen
sich mit dem ihnen gegebenen Eifer und einem Herzen voller Liebe für den
Lehrerstand der Sache an, und so entstand das Werk mit allem denkbaren
Komfort, der noch nicht Luxus sein muss. Ungefähr 30 Betten können, in
Einzelzimmern oder von Ehepaaren, sofort bezogen werden. Alle Zimmer sind
geräumig, gut ausgestattet und haben fließendes Wasser. Liegehalle und
Veranden lassen freien Ausblick nach den grünen Höhen, die die Lahn
einbetten. Ein Garten umringt das Haus. Für Licht und Luft ist in
reichstem Maße gesorgt. Und eine Verwalterin ist in Frl. Nissensohn für
das Haus gewonnen, die sich längst in Liebe und Treue zu den Menschen und
Dingen ihres Schutzbereiches bestens bewährt hat. Sonntag, den 7. dieses
Monats, nachmittags, wurde das Haus unter großer Beteiligung, besonders
aus den Kreisen der Lehrerschaft, eingeweiht und seiner Bestimmung
übergeben. Ein Lehrerquartett leitete die Feier mit einem kräftigen Baruch
Haba ein, worauf Herr Rabbiner Dr. Jakob Horovitz in einer kurzen,
prägnanten Festrede die Geschichte des Hauses streifte und die
Richtlinien seiner Wirksamkeit in der neuen Form festlegte. Er dankte den
Begründern und Betreuern des alten Hauses, Dr. Aronsohn und Rabbiner Dr.
Weinberg, nannte die Männer, die sich um das Haus in seiner neuen Gestalt
so sehr verdient machten und dankte den Verbänden für ihre Mithilfe. Er
dankte auch den Architekten und allen Mitarbeitern und begrüßte die
Behörden wie die Vertreter der Geistlichkeit, die mit ihrer Anwesenheit
das Interesse am Heime bekundeten. Die Rede schloss mit Segenswünschen
für das weitere Gedeihen des Werkes.
Es folgten Begrüßungen. Herr Dr. Cohn überbrachte die Grüße der
Israelitischen Kultusgemeinde in Bad Ems. Herr Dr. Eschwege, Frankfurt am
Main, entbot die herzlichen Grüße des 'Reichsverbandes der jüdischen
Lehrervereine' und überreichte in dessen Namen eine Spende. Der Herr
Pfarrer der katholischen Gemeinde beglückwünschte im Namen seiner
Gemeinde und lobte die gute Nachbarschaft des Heimes mit dem daneben
stehenden katholischen Heime. Er habe früher in seiner Frankfurter
Wirkungszeit wiederholt Gelegenheit gehabt, das Zusammenhalten der
jüdischen Konfession in Sachen des Wohltuns zu bewundern. Herr Studienrat
M. Munk, Frankfurt am Main, begrüßte für den 'Bund des gesetzestreuen
Lehrer in Deutschland' und drückte seine aufrichtige Freude darüber
aus, dass alle Instanzen freudig und willig mithalfen, solche religiöse
Voraussetzungen für das Heim zu schaffen, die die Mitarbeit auch der
gesetzestreuen Lehrer ermöglichen. Herr Oberkantor J.B. Lewi verlas ein
Schreiben des Deutschen Kantorenverbandes' und übermittelte dessen
Glückwünsche. Herr R. Strauss sprach für die drei Frankfurter Logen und
überreichte deren Gabe. Herr Lehrer Capell grüßte im Namen des 'Israelitischen
Lehrervereins in Nassau'. Herr Lehrer Flörsheim überbrachte unter
Glückwünschen eine Gabe der Lehrer und Lehrerinnen in Frankfurt am Main.
Zuletzt überbrachte Herr Direktor Dr. Elias Glückwünsche der Lehrer und
Lehrerinnen an der Samson Raphael-Hirsch-Schule in Frankfurt am Main. Auch
dieses neue Haus würde, wie das alte, letzten Endes der Jugend zugute
kommen. – In fast allen Reden kam der heiße Dank an die Männer zum
Ausdruck, die durch unermüdliche Arbeit das Gelingen des Werkes
ermöglichten, in erster Reihe Rabbiner Dr. Horovitz, Oberkantor J.B. Lewi,
Emil H. Lehmann und Herr Rosenwald. Mit einem Schlussworte und Danksagung
an die einzelnen Redner und mit einem Gesang fand der offizielle Weiheakt
seinen harmonischen Abschluss. |
Nach
Besichtigung der Räume gab es ein geselliges Beisammensein bei einer
schön gedeckten Kaffeetafel. Dieses kleine Festmahl war zum Teile von
ganz ausgezeichneten und geistsprühenden Tischreden verschönt. So blieb
man in Liebe zu einer segenverheißenden Sache vereint, bis der Zeiger an
der Uhr – leider zu früh – daran gemahnte, dass es Zeit sei
aufzubrechen, um noch den letzten Zug nach Frankfurt zu erreichen. – Das
war vielleicht der einzige 'hässliche Zug' an der ganzen
Veranstaltung." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. September 1930: "Bad Ems. Am
Sonntag, den 7. September, wurde in Bad Ems das vor kurzem vollendete
Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren feierlich
eingeweiht. Dem festlichen Akte wohnten Vertreter der Stadtbehörden, der
jüdischen Gemeinden und der jüdischen Lehrerschaft aus dem ganzen Reiche
bei. Bei dem dem Festakte folgenden Rundgang durch das Heim gaben die
Behörden ihrer Genugtuung über das Bestehen einer so einzigartigen
Anstalt, die eine Zierde für den Kurort bildet,
Ausdruck." |
Bericht
über das "Erholungsheim für jüdische Beamte" in Bad Ems (1930)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Oktober 1930:
"Das Erholungsheim für jüdische Beamte in Bad Ems.
Seminardirektor Stoll, der Vertreter des Jüdischen Lehrervereins für
Bayern im Ausschuss des Erholungsheimes, stellt uns in liebenswürdiger
Weise einen Bericht über die Einweihung des Heimes, die am 7. September
stattfand und an der er teilnahm, zur Verfügung. Da fast alle jüdischen
Zeitungen über die Einweihung mehr oder weniger ausführlich berichteten,
so sei hier - den eingeschränkten Raumverhältnissen Rechnung tragend -
nur der Teil veröffentlicht, der das größte Interesse der jüdischen Beamtenschaft
beanspruchen darf. Die Schriftleitung.
Das neu ausgebaute Anstaltsgebäude mit einem großen Hof- und
Gartengrundstück von etwa 2.000 Quadratmeter Fläche stellt mit
Einrichtung einen Vermögenswert von 200.000 - 250.000 RM dar. Durch
freiwillige einmalige Spenden aus Beamtenkreisen, durch eine einmalige
größere Spende des Preußischen und Bayerischen Landesverbandes und
durch private Spenden war es möglich, das Heim durchaus modern
einzurichten. Alle Räume sind vornehm und anheimelnd möbliert, mit
fließendem kalten und warmen Wasser und allen zu einem derartigen Heim
gehörenden Bequemlichkeiten ausgestattet. Für den Umbau und Aufbau eines
Stockwerkes wurde ein Hypothek von 40.000 RM aufgenommen, deren Zinsenlast
von 3.200 RM im wesentlichen durch die jährlichen Mitgliedsbeiträge
gedeckt werden soll. Infolgedessen wurde der Jahresbeitrag für das Jahr
1931 auf 5 RM festgesetzt. Das Heim enthält 28 Zimmer mit etwa 38 Betten,
außerdem die notwendigen Nebenräume, insbesondere einen großen
Speisesaal für 50 Personen, modern eingerichtete Bäder in jeder Etage,
eine große Liegehalle unter Glasdach, dazu Hof- und Gartenräume.
Allerdings ist der Garten im wesentlichen als Nutzgarten für die
Anstaltszwecke verwendet, das Gelände grenzt aber unmittelbar an die
Kuranlagen des Bades. Der Betrieb wird geleitet von einer Oberschwester
mit einer Köchin und einem Hausdiener, der zugleich die Gartenarbeiten zu
leisten hat. Es ist vorgesehen, einen kleinen Teil der Räume, im ganzen
etwa 4 oder 5 Zimmer mit 8-10 Betten für solche Beamte im Ruhestande bzw.
Beamte und ihre Ehefrauen zur Verfügung zu stellen, die ihren Lebensabend
dauernd im Heim verbringen wollen. Der größere Teil der Räume steht
erholungsbedürftigen Beamten zur Verfügung. Sowohl für Alters-, als
Erholungszwecke können jedoch nur Vereinsmitglieder aufgenommen werden.
Die Kosten für dauernden Aufenthalt im Altersheim sind mit 135 RM pro
Person und Monat festgesetzt, für Erholungssuchende auf 5 RM pro Tag.
Aufnahmeberechtigt sind nur Vereinsmitglieder und ihre Ehefrauen,
weiterhin Beamtenwitwen; er wird erwogen, ob Familienmitglieder, soweit
der Raum im Speisesaal ausreicht, an der Verköstigung gegen billiges
Entgelt mit den im Heim befindlichen Eltern teilnehmen können. - Für die
Ferienmonate Juni, Juli, August wird der Raum des Heims für aktive Beamte
und deren Ehefrauen reserviert, die im Ruhestande befindlichen beamten
können für Erholungszwecke nur während der anderen Zeit des Jahres
zugelassen werden. Ehefrauen können nur gemeinsam mit ihren Gatten,
Beamtenwitwen hingegen auch allein aufgenommen
werden." |
Anzeige
des "Erholungs- und Altersheims für jüdische Lehrer und Kantoren" (1931)
Artikel
im "Bayerischen Israelitischen Gemeindeblatt" vom 15. Februar
1931:
"Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in
Bad Ems.
In dem eben erschienenen Prospekt finden wir eine sehr interessante
Beschreibung des Heimes mit einigen Bildern der nett ausgestatteten und
praktisch eingerichteten Räume. In der 'Liste der Mitglieder' finden wir
zu unserer Freude auch eine ganz Anzahl Namen von Mitgliedern unseres
Vereins. Noch größer ist allerdings die Zahl der Kollegen, die nicht
Mitglieder des Erholungs- und Altersheims sind. An diese ergeht unsere
Bitte, die Mitgliedschaft recht bald zu erwerben. Der Jahresbeitrag für
ordentliche Mitglieder beträgt für 1931 RM 5.-
Das Altersheim kann noch eine beschränkte Zahl von Dauermietern
aufnehmen.
Das Erholungsheim ist während des ganzen Jahres geöffnet (auch über
Pessach werden Gäste aufgenommen).
Die Meldungen für die Sommerzeit und besonders für die Ferien müssen
rechtzeitig erfolgen, da bei dem zu erwartenden großen Andrang die
Aufnahme nach der Reihenfolge der Anmeldungen erfolgt. Kollegen, die es
einrichten können, außerhalb der Ferien Urlaub zu nehmen, können
natürlich mit größerer Sicherheit darauf rechnen, im Heim
unterzukommen.
Anmeldungen und Anfragen sind zu richten an Herrn J.B. Levy, Frankfurt am
Main, Ravensteinstraße 5. A." |
Bericht von 1931
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. September 1931: "Das
Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in Bad Ems
e.V. Von Jakob Höxter in Heldenbergen. Warme Menschenfreunde
ermöglichten durch Bereitstellung großzügiger Mittel die
Grundsteinlegung zu einem Hause, in dem arme, verlassene Menschenkinder,
denen der Strahl warmer Elternliebe fehlte, eine Zufluchtsstätte vor den
rauen Stürmen des Lebens fanden. Etwa 30 Waisenmädchen jährlich aus
allen Gauen unseres Vaterlandes fanden hier liebvolle Aufnahme, um für
das Leben herangebildet und ertüchtigt zu werden. Es ist die
unbarmherzige Tragik des wirtschaftlichen Geschehens, dass gemeinnützige
Institutionen am ehesten von wirtschaftlichen Depressionen hinweggerafft
werden; so wurde auch das Zentralwaisen- und Mädchenheim in der
Römerstraße zu Bad Ems ein Opfer der durch die Wirtschaftskrise
verursachten Not und musste im Jahre 1929 seine Pforten schließen. Aber
das Haus, in dem so viel Gutes verübt wurde, sollte auch für die Zukunft
einem humanen Zwecke erhalten bleiben. Der seinerzeitige Vorstand machte
es in hochherziger Weise dem verein 'Erholungs- und Altersheim für
jüdische Lehrer und Kantoren' zum Geschenk. In neuem Gewand erfüllt
das stattliche Gebäude unter der zielbewussten Leitung seiner Frau Oberin
seit einem Jahre seine neue Aufgabe.
Frohes und bewegtes Leben herrscht in den Räumen des Heimes. Alte
Kameraden, Seminarkollegen, in alle Teile des Reiches verstreut, treffen
sich wieder und erneuern in herzlicher Weise die frühere Bekanntschaft.
So mancher liebe Freund, den man jahrzehntelang nicht mehr gesehen hat,
ist da; kameradschaftliche Gedanken werden ausgetauscht, Schicksale
erzählt. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, wenn die
gesangeskundigen Kollegen, Kantoren von Beruf, mit dem Wohllaut ihrer
Stimme die Räume füllen; schnell haben sich einige Herren die Herzen
aller Insassen durch die Kunst ihres Spiels und das Gold ihrer Kehle
erobert. Wenn man nicht beisammen ist, ist jeder damit beschäftigt, den
Vorschriften der Kur zu genügen, der eine geht zum Inhalieren, der andere
zum Baden, dieser zum Brunnen, jener zur Promenade. Man fühlt sich |
als
Glied einer großen Familie, deren Obhut in den Händen bewährter Kräfte
liegt. Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt, und nach gutem Essen
verrichtet man das gemeinsame Tischgebet mit doppelter Begeisterung. In
weiser Verfügung hat die Frau Oberin angeordnet, dass die Mizwoh des
Benschens die Runde macht; jeder kommt der Reihe nach dran, nur wer vor
der Abreise steht, kommt bei seinem letzten Essen im Heim außerhalb der
Reihe zur Ehre des Benschens, und etwas wehmütig ertönt der 'Schwanengesang'
des Kollegen, der so viel Freundschaft und Fürsorge verlassen soll. Ganz
besonders schöne Erinnerungen knüpfen sich an die Freitagabende. Nach
Schulbesuch (sc. Besuch in der Synagoge) treten wir mit unserer Oberin den
Heimweg an; laute 'Gut Schabbos-Wünsche' ertönen überall. Wir
treten frohgemut in die vertrauten Räume ein, in denen sich bald rechte
Schabbosstimmung auszubreiten beginnt. Im strahlenden Glanze der
Schabboslichter ertönt die alte und so lebendige Weise des 'Scholaum
Alechem'; der Senior des Hauses, Dauerinsasse Herr Wolpert, spricht das
Kidduschgebet. Nach einem Freitagabendessen, das die vortrefflichen
Künste der Küche in ihrer höchsten Form zeigt, hält eine Atmosphäre
echt jüdischer Geselligkeit die Glieder der großen Familie beisammen.
Zwanglose Gemütlichkeit herrscht. Witzbolde reißen Witwe, andere
erzählen aus ihrem Leben und Wirken. Wir betreten Jugendland, sehen uns
umgeben von geliebten gestalten, erfüllt vom Geiste großer Führer.
Dieser hat Samson Raphael Hirsch zu Füßen gesessen und erzählt der
andächtigen Zuhörerschaft Episoden aus seinem leben, ein Zweiter weiß
einen Possuk nach der Auffassung seines Rabbi sinnvoll zu deuten und so
tauchen nacheinander ehrwürdige Gestalten vor unserem geistigen Auge auf
und geben der Stunde die Weihe. – Manches köstliche und gehaltvolle
Taurohwort (Tora-Wort) entschlüpft den Lippen. 'Köstlicher als Honig
und süßer als Honigseim' – an anderen Abenden tritt noch die
sogenannte B'ne-Bridge-Loge in Aktion, eine von Männlein und Weiblein
gebildete Interessengemeinschaft, die dem Bridgespiel huldigt. – Der
Schabbosmorgen vereinigt uns früh zur Haschkomoh, dann zum Stelldichein
in der Brunnenhalle. Nach Genuss des Morgenkaffees geht's zur Schul (sc.
in die Synagoge), die bis auf den letzten Platz von Männern und Frauen
besetzt ist. Stimmbegabte Kantoren geben dem Gottesdienst feierliches
Gepräge. Zwischen der Schabbosmahlzeit am Mittag und dem Abendessen wird
die Zeit gut ausgefüllt. Der Minchogottesdienst in Schul, meistens durch
Heiminsassen vertreten, beginnt der Kur wegen 6.30 Uhr. Bei
Schabbosausgang sammeln wir uns um die Hawadalahkerze, und mit dem
gemeinsam gesungenen Hawawdil ben Kaudesch l'chaul verabschieden wir uns
von der Königin Sabbat. – Wer noch Lust zum Ausgehen hat, kann dies
tun. Kein Statut, das ihn bindet; im Besitze eines Hausschlüssels kann er
zu jeder Zeit zurückkehren – und merkwürdig, keiner zeigt sich dieser
Freiheit unwürdig. Wer es liebt, auf Bergeshöh sich zu ergehen, erhält
von der Frau Oberin eine verbilligt Mahlbergfahrkarte, wer Ansichtskarten
bedarf, solche eigens zu diesem Zweck angefertigte, die das Heim- und
seine Inneneinrichtung darstellen, deren Erlös einem Wohlfahrtsfond
zufließt. Letzterer soll in seiner Auswirkung dazu dienen,
erholungssuchenden Kollegen und Kolleginnen den Aufenthalt im Heim noch
billiger zu gestalten. Vom Kauf dieser Karten sollte deshalb ausgiebiger
Gebrauch gemacht werden. Wir besitzen ein Heim, das uns, wenn wir von des
Amtes Last und Bürde uns einmal im Jahre erholen möchten, Zuflucht
gewährt, Gelegenheit gibt, uns wieder die Hände zu drücken, ins Auge zu
sehen und Gedanken auszutauschen, zum Wohle unserer Kinder und Gemeinden.
Wir können den Männern, die es uns geschaffen haben, nicht besser dafür
danken, als durch unser allseitiges Bestreben, es zu erhalten, durch immer
und immer wieder zu erfolgende Rückkehr in seine Räume, durch unsere
werbende Stimme und den Ruf bei den noch Ausseitigen: 'Werdet
Mitglieder!' und durch erhöhte Opferbereitschaft. Unser Heim bedarf
noch der Vermehrung und Ausgestaltung seiner Räume im Interesse der
Erholungssuchen und der so Gott will immer mehr zunehmenden zahl seiner
Dauerinsassen." |
Pessach im Lehrerheim - Bericht von 1932
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1932: "Pessach im
Emser Lehrerheim. Im März dieses Jahres erging durch die jüdische
Lehrerpresse die Kunde, dass das Lehrerheim in Bad Ems zu Pessach wieder
seine Pforten öffne. Sofort erfolgte meine Anmeldung, denn ich glaubte,
dass in diesem Jahre noch mehr Gäste anwesend sein würden, als im
vorigen. Am Rüsttage des Festes trat ich mit meiner Frau und Tochter die
Fahrt nach Ems an und traf schon auf diesem hiesigen Bahnhofe bekannte
Reisegefährten, die auch zum zweiten male nach dem Erholungsheim fahren
wollten. Am Bahnhofe in Ems empfing uns das Hausfaktotum, um unser Gepäck
ins Heim zu bringen. Gemeinsam gingen wir den bekannten Weg zur Stadt. Von
weitem sah man alsbald das schöne Heim, in welchem wir von der
Verwalterin, Frl. Hamburger, herzlich begrüßt wurden. Alsbald wurden wir
in den schon festlich geschmückten Speisesaal geleitet, wo uns frischer
Kaffee und Festkuchen erquickte. Alte Bekannte und neue Insassen boten uns
den freundlichen Willkommengruß und bald war man eine gemeinsame Familie.
In dem zugewiesenen Zimmer, in welchem man sein Gepäck schon vorfand,
rüstete man sich alsdann zum Feste und in der schräg gegenüberliegenden
Synagoge fand dann der Festgottesdienst statt. Hierauf versammelten sich
alle zum Seder. 21 Gäste nahmen daran teil. Der Vorsitzende des Heimes,
Herr J.B. Levy, Frankfurt am Main, gab den Seder und trug die Gesänge
sehr harmonisch vor. Das Festmahl war des Tages würdig und fand bei allen
Anwesenden Wohlgefallen. Bis zum Schluss herrschte die beste
Festesstimmung und wurde auch nicht durch die leiseste
Meinungsverschiedenheit getrübt. So verlief auch der zweite Sederabend
und die Festtage, die vom schönsten Wetter begünstigt waren. Schon an
den Vormittagen und nach genossener Mittagsruhe machten alle Insassen
Spaziergänge in die schöne Umgebung von Ems. Nach dem Abendbrote saß
man in dem behaglich eingerichteten Gesellschaftsraum und lauschte den
Darbietungen des Lautsprechers. Am 24. April, dem Tage der preußischen
Landtagswahlen, wurden die musikalischen Darbietungen unterbrochen von den
eingetroffenen Wahlergebnissen. Andere wieder, die sich zu einem
gemütlichen Skatspiel vereint hatten, ließen sich die Freunde an einem
Grand mit Vieren durch die trübste Wahlkunde nicht verderben. Oftmals
trug Herr Levy auf unser Bitten Schubert'sche Lieder vor oder andere
erzählten heitere Erlebnisse und gaben saftige Witze zum Besten. Der Raum
dröhnte oftmals vom ausbrechenden Gelächter der aufmerksam Lauschenden.
So gestaltete sich der Aufenthalt im Heim von früh bis zur spätesten
Abendstunde zum Wohlbehagen aller Gäste. |
Das
Heimgebäude, an der Hauptstraße Ems gelegen, geziert von mehreren
Balkons, macht außen und innen den besten Eindruck. Unten der Speisesaal
und daneben der herrliche Aufenthaltsraum. Ausgestattet ist dieser mit
bequemem Polstermöbel, Schreibtisch, Bücherschrank mit allerlei
Lesestoff, Klavier, Lautsprecher des Radio und an der Wand eine große
Stiftungstafel. Von diesem Raum gelangt man in die nach dem Garten sich
anschließende Veranda, die mit bequemen Sitzgegenständen und
Liegestühlen ausgestattet ist. In den oberen drei Stockwerken sind die
aufs beste eingerichteten Schlafräume der Gäste. Jedes Zimmer ist aufs
sauberste mit schönstem Möbel und Betten ausgestattet und mit
fließendem (kalt und warm) Wasser eingerichtet. Auf jeder Etage befindet
sich ein schöner Baderaum. Im besten Hotel kann man keine schöneren
Räume finden. Das Städtchen Ems wird von der Lahn durchflossen, über
welche drei Brücken führen. An beiden Ufern (südlich Taunus und
nördlich Westerwald) erheben sich bewaldete Anhöhen, zu welchen bequeme
Spazierwege hinaufführen. Zu dem Mahlberge steigt eine Kettenbahn, welche
die Badegäste auf bequeme Weise hinaufbefördert. Auf den Anhöhen
befinden sich Gasthöfe, worin man sich ausruhen und erquicken kann. Die
berühmten Heilquellen Ems locken Hals- und Brustleidende aus allen
Weltgegenden herbei und Lehrer und Kantoren können hier ihre
angegriffenen Sprachorgane ausheilen.
Nachdem die Vorzüge des Ortes und unseres Heimes geschildert sind,
möchte ich alle Kollegen von nah und fern, alt und jung, auffordern,
recht bald und zahlreich das Heim aufzusuchen und eine gewisse Zeit darin
zu verweilen. Nur dann, wenn mindestens 10-20 Gäste ständig anwesend
sind, kann das schöne Heim erhalten werden. Noch besser wäre es, wenn
der erste Stock des Hauses von älteren Dauergästen besetzt wäre. Ein
Altersheim soll das Heim auch sein und schöner können alte Kollegen
ihren Lebensabend nicht verbringen. Zögert nicht und kommet ins Heim! J.
Speyer." |
Ausschreibung
des Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar
1933:
"Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in
Bad Ems.
Anmeldungen zum Pessach-Aufenthalt (Mark 5.50 je Tag) müssen bis
spätestens 15. März 1933 an den Unterzeichneten gelangen. J.B. Levy,
Frankfurt am Main, Ravensteinstraße 5,1." |
Bericht aus dem Erholungsheim (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. August 1933: "Bad
Ems,
6. August (1933). Haben Sie, verehrter Kollege, schön einmal die Wahrheit
des Gäll'schen Wortes bitter empfunden, dass ein 'Herr Kollege' ein
Mann sei, der seinesgleichen nicht schmecken könne, dann kommen Sie doch
einmal nach Ems, gurgeln Sie den hals frei von allem Schleim und die Seele
von allem Ärger, dann werden Sie in unserem schönen Heim unsere
Amtsbruder und Schwestern, ohne alle kleinlichen Hemmungen des Alltags,
von ihrer liebenswürdigsten Seite kennen lernen und neu gestärkt an Leib
und Seele und froh bereit zur echten Bruderliebe zu Ihrer Arbeitsstätte
zurückkehren können. Aus solchen Gedanken einer Pflege des
Gemeinschaftsgeistes, aber auch der ehrlichen Dankbarkeit gegen unsere
Schwester Oberin, die in rührender Hingabe ihre Kraft dem Dienste ihrer
Gäste weiht, wuchs ein geselliger Heimabend, der allen Insassen
unvergesslich bleiben wird. Kollege Falkenstein, der ewig Junge, regte den
Abend nicht nur an, sondern trug durch die Wahl des Programms, wie auch
durch seine Einleitungssprache dafür Sorge, dass die Feier dem besonderen
Charakter der Zeit – in jeder Hinsicht angepasst blieb. Auch der Nestor
der Gäste, Kollege Lippmannsohn, fand innige Worte, die sowohl das
Hohelied der Freundschaft sangen, wie auch eine Apothese (sc.
Verherrlichung) des guten Geistes unseres Heims, wie auch seiner
vorbildlichen Leitung zum Ausdruck brachte. Den musikalischen Teil des
Abends bestritten die Herren Sahler und Hes mit ihren wohl ausgebildeten
schönen Stimmen, während Frl. Weißmann Bibellegenden von zartester
Schönheit, ihre eigenen Schöpfungen, zum Vortrag brachte. Frau Köstrich,
Kollege Rothschild und Kollege Blum erzählten ernste und launige
Schulerlebnisse, die mit allen wohl gelungenen Vorträgen zeigten, dass
unser eingeborener Optimismus und unser Gottvertrauen trotz Allem immer
wieder zu seinem Rechte kommt. Mit dem Wunsche, dass ein gütiger Stern
über unserem Heim für alle Zeiten wache und mit innigem Dank für alle,
die zum Gelingen des Abends beigetragen, schloss der Leiter die Sitzung.
Eine Sammlung, die ca. 20 Mark betrug, wurde der Oberschwester zur freien
Verfügung gestellt." |
70. Geburtstag von Lehrer und Kantor Simon Berendt
(1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 13. Dezember 1934: "Bad Ems, 10. Dezember (1934). Herr
Lehrer und Kantor Simon Berendt, früher in Sobernheim
und Veitshöchheim, der jetzt
seinen wohlverdienten Ruheabend im Lehrerheim zu Bad Ems genießt, begeht
am 24. Dezember seinen 70. Geburtstag. Wir wünschen dem verdienten
Beamten und Jugendbildner weitere Jahre ungetrübten Lebens. (Alles Gute)
bis 120 Jahre." |
Bericht über die Generalversammlung des Vereins
"Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und Kantoren in Bad Ems
e.V." und die Einweihung eines Anbaus zu diesem Heim am 8. Juli 1935
1. Bericht
Anmerkung: unter den Altersinsassen wird im Bericht ein Herr Steinhardt
genannt. Dabei handelte es sich vermutlich um den jüdischen Religionslehrer Meier
(Max) Steinhardt.
Dieser war (nach Informationen nach Auskunft von Waltraut Zachhuber [Magdeburg] und
Hildegard Stellmacher [Dresden] sowie Liz James [Melbourne]) ab 1886
fast 48 Jahre Lehrer in der Magdeburger Synagogengemeinde. Als er in den Ruhestand ging - 1934 -,
verzog er zunächst nach Bad Ems und von dort vermutlich im Zusammenhang mit der
Verwüstung des Heimes beim Novemberpogrom 1938 nach Dresden. Er wurde am 14. Dezember 1864 in
Neumorschen geboren (nicht in Witzenhausen,
siehe Kopie
der Geburtsurkunde), studierte am Lehrerseminar in Hannover, war kurz als Lehrer in Hausberge bei Minden und dann kam nach Magdeburg. Er starb am
22. Dezember 1940 in Dresden. Seine Frau Anna Steinhardt geb. Löwenstein
(geb. 7. Juni 1865 in Frankfurt am Main) wurde am 1. Juli
1942 aus Dresden in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 28. November 1942 umkam.
Der Sohn Waldemar Steinhardt war in Schönebeck und Magdeburg als Hautarzt tätig (1936
mit Frau und Sohn nach Russland in
die Nähe von Odessa verzogen; hier auch verstorben; ein in Dänemark
vorhandener Grabstein eines Waldemar Steinhardt bezieht sich wohl nicht auf
diesen W.St.). Steinhardt war in Lehrerkreisen sehr bekannt durch seine
zahlreichen Aufsätze in jüdischen Periodica und als Mitglied in der Leitung
des Lehrervereins.
Foto und Dokument
zu
Lehrer Meier (Max) Steinhardt
(aus der Sammlung von Marga Griesbach) |
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Meier (Max) Steinhardt
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"Meiner lieben
Herta
zur Zeit Witzenhausen ... 36 Onkel Meier Steinhardt" |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1935: "Einweihungsfeier
im Lehrerheim in Bad Ems.
Bad Ems, 15. Juli. Eine schöne, schlichte Feier
vereinigte die Insassen und Kurgäste des Erholungs- und Altersheims für
jüdische Lehrer und Kantoren in Bade Ems, am Montag, den 8. Juli in den
Räumen des Heims. Vormittags hatte die Generalversammlung unter dem
Vorsitz des Herrn Rabbiner Dr. Jakob Horovitz, Frankfurt am Main,
stattgefunden. Herr I.B. Levy erstattete den Bericht für die beiden
letzten Jahre und gedachte des Heimgangs der beiden
Heim-Ausschussmitglieder, des Herrn Konrektor Hirschberg und des Herrn
Oberkantors Scheuermann in ehrender Weise. Herzlichen Dank sprach er Herrn
Emil H. Lehmann, der aus dem Vorstand ausgeschieden ist, für seine
Mitarbeit aus. Der Besuch des Heims sei in erfreulichem Wachstum
begriffen; sowohl was die Kurgäste als auch die Dauerinsassen betreffe.
Weniger erfreulich sei die Zahl der Mitglieder und die Erfüllung ihrer
Pflicht, den Beitrag pünktlich zu zahlen. Da das Heim allen Rabbinern und
Beamten offen stehen, so müssen im Sinne der Solidarität der ganzen
jüdischen Beamtenschaft Deutschlands aus diesen Kreisen mehr Mitglieder
gewonnen werden. Man hofft, auf einem neuen Weg privater Propaganda mehr
Mitglieder und pünktlichere Zahler zu gewinnen. Auf der anderen Seite
wird die Spendenzuwendung von Seiten einzelner als auch von Gemeinden, die
namentlich hervorgehoben werden, gebührend gerühmt. Herzlicher Dank wird
der bewährten Kraft der Leiterin des Heims, Frl. Hamburger,
ausgesprochen, die sich unermüdlich dem Heim als solchem wie auch jedem
einzelnen Insassen in liebevoller Weise widmet.
Neben dem Kassenbericht des Schatzmeisters, Herrn D. Rosenwald, Frankfurt
a.M. und dem Entlastungsantrag der Revisoren, Konrektor M. Goldschmidt und
Herrn W. Strauß, Frankfurt a.M., der sofort angenommen wird, schließt
der Vorsitzende der Versammlung, nachdem er das mühevolle Wirken der
Herrn I.B. Levy und D. Rosenwald in dankbaren Worten hervorgehoben.
Am Nachmittag begann das 'Einlernen' des Anbaus, indem Herr Dr.
Horovitz aus Cheskas Habattim und aus dem letzten Perek in Brochaus die
einschlägigen Mischnajoth vorlernte und in geistvoller Weise einige
Gedanken ausführte, die der besondere Anlass der Feier nahe legte. Er hob
u.a. hervor, dass für den Zweck der Schaffung einer Stätte der Ruhe für
altgediente jüdische Lehrer und Beamte ein Erweiterungsbau auch in dieser
Zeit allgemeine Billigung finden könne. Alsdann wurde Herr I.B. Levy als
Hauptleiter des Heims mit dem Anschlagen der Mesusoth und der Birkas
Schehechejonu betraut. Herr Oberkantor Hornstein aus Hamburg, der als
Kurgast anwesend war, umrahmte das Fest mit seiner herrlichen Stimme durch
hebräische Gesänge. Der Altersinsasse, Herr Strauß, gab dem Festakt
durch künstlerisch vollendete musikalische Darbietungen eine erhöhte
Weihe. Alsdann wurde bei gemütlichem Kaffee manches ernste und heitere
Wort gesprochen. Herr Bezirksrabbiner Dr. Laupheimer, Ems, der kürzlich
von Erez Jisroel zurückgekehrt war, lenkte unsere Gedanken dorthin. Herr
Marx, Frankfurt am Main, sprach im Namen des Verbandes der
Erziehungsanstalten. Herr Ransenberg im Namen der Kurgäste und Herr
Steinhardt im Namen der Altersinsassen. So klang die Feier aus in dem
Bewusstsein, dem Herr Dr. Horovitz mit einem prophetischen Wort Ausdruck
verlieh." |
2. Bericht
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1935: "Erholungs-
und Altersheim in Bad Ems.
Am 8. Juli versammelten sich die
Ausschussmitglieder. Rabbiner Dr. J. Horovitz, Levy, Rosenwald, Munk, Marx, Frankfurt a.M.,
Gut, Köln, Steinhardt, Ems, Rosenthal, Nassau sowie
die Gäste des Heims und seine Leiterin, Frl. Hamburger zur
Generalversammlung. Herr Rabbiner Dr. Horovitz eröffnete die Versammlung
und stellte fest, dass sie ordnungsgemäß einberufen sei.
Herr Levy
erstattete Bericht über die letzten Jahre 1933 und 1934, da 1932 die
letzte Versammlung stattfand. Er ehrte das Andenken der heimgegangenen
Ausschussmitglieder: Konrektor Hirschberg und Oberkantor
Scheuermann. Die
Anwesenden erhoben sich von ihren Sitzen. Er teilte ferner mit, dass Herr
Emil H. Lehmann durch seinen Fortzug auch aus dem Ausschuss ausgetreten
sei. Ihm gebühre ein besonderer Danke für seine mühevolle Mitarbeit.
Herr Levy weist darauf hin, dass trotz des Wunsches und der dahinzielenden
Propaganda sich nur wenig Beamte dem Verein angeschlossen hätten. Auch
die Mitgliederzahl unter den Rabbinern sei gering. Der Besuch des Heims
ist um 50 Prozent |
gestiegen,
die Zahl der Dauerinsassen um mehr als 100 Prozent.
Die Mitgliederzahl ist
hingegen nicht größer geworden.
Herr Levy kritisiert die trotz der
Propaganda bestehende Indifferenz. Dabei sei die Führung des Heims
ausgezeichnet, manche kommen mehrmals im Jahre. Juli und August sowie die
Feiertage seien die Monate beziehungsweise Zeiten besonderer Frequenz. Der
Neubau sei notwendig gewesen, da die Zahl der Insassen im Steigen
begriffen sei. Wir haben besonders für die Wohlfahrtskasse für
leistungsschwache Mitglieder zu sorgen.
Sodann erstattet Herr Schatzmeister Rosenwald den Kassenbericht für 1933
und 1934. Aus diesem Bericht ist folgendes hervorzuheben: Eine starke
Belastung für unseren Verein bedeutet die städtische Grundsteuer, wozu
noch eine Nachzahlung für drei Jahre in drei Jahresraten zu bezahlen ist.
Neuerdings werden wir auch zur staatlichen Grundsteuer herangezogen
werden. Hierauf entfällt außerdem eine städtische
Grundvermögenssteuer. Diese neuen Steuern sind rückwirkend ab 1. April
1934 fällig.
Dann führt Herr Rosenwald wörtlich fort: Wie in jeder
unserer früheren Generalversammlungen bildet auch diesjährig ein
besonderes Kapitel unseres Versammlungsinhaltes das Thema Jahresbeiträge.
Wir haben eine kleine Anzahl von Vereinsmitgliedern in verschiedenen
Gegenden Deutschlands, die unserer Wohlfahrtseinrichtung ein liebevolles
Interesse entgegenbringen und sie durch Beibringung von kleineren und
größeren Spenden stützen. Ihnen sei hier in besonderer Weise gedankt.
Gott möge ihr menschenfreundliches Tun segnen. Wir haben aber eine sehr
große Anzahl von Mitgliedern, die eine unverabredete Solidarität von
Vergesslichkeit oder Bummelei miteinander verbindet in der Nichtbezahlung
der festgesetzten Jahresbeiträge für unseren Verein; es handelt sich um
fast die Hälfte unserer Vereinsmitglieder, die ihren Jahresbeitrag pro
1934 noch schuldet; über zwei Dutzend Mitglieder haben trotz
persönlicher, brieflicher Aufforderung im Jahre 1934 auch die Beiträge
pro 1933 und einige wenige sogar frühere Beiträge nicht beglichen, dies
trotzdem der Verein es Allen ganz leicht machte, indem er vor zwei Jahren
die Zahlung der Jahresbeiträge in zwei Raten ermöglichte. Von dieser
Neueinrichtung machten 10 Mitglieder Gebrauch, drei in der Weise, dass sie
eben nur die eine Rate schickten und da die Zusendung der zweiten
vergaßen. Es geht nicht an, für die Indolenz im Beitragzahlen
entschuldigend ins Feld zu führen, dass in allen Vereinen mit
Beitragzahlen gebummelt wird. Wir sind auf den raschen Zusammenfluss der 5-
und 3 RM-Beiträge unbedingt angewiesen, denn damit zahlen wir unsere
Hypothekenzinsen, die bei jährlich Mark 3.800.- betragen und zu deren
Mitbegleichung wir allein unsere Vereinsbeiträge erheben. Zahlen nun die
Mitglieder nicht rechtzeitig, dann muss sich der Schatzmeister um Darlehen
bemühen, die dem Heim Geld kosten, und es müssen Verzugszinsen bezahlt
werden, die von der Hypothekenbank selbst als erheblich bezeichnet werden.
Die Verantwortung, den Verein und das Heim allein durch Nichtzahlung des
Jahresbeitrages zu schädigen, sollte künftig kein Vereinsmitglied mehr
auf sich laden. Wir bitten deshalb darum, dass jeder jeweilig längstens
im Laufe jeder ersten Jahreshälfte unaufgefordert seine Beitragspflicht
erfülle und nicht dazu mithelfe, durch mangelndes Pflichtgefühl unsere
schöne Sache zu erstören. Durch Zuwendung größerer Beiträge
zeichneten sich aus: Nachlass Löwenstein, Köln, Lampel, Leipzig;
Rabbiner Dr. Horovitz, Frankfurt a.M.; Provinzial-Lehrer-Verein
Rheinland-Westfalen und Baden; Provinzial-Verband Stettin,
Synagogengemeinden Köln; Frankenthal, Bochum, Dresden, Ludwigshafen,
Saarlouis sowie Ignaz Schwarzschild, Hamburg durch zahlreiche
Telegramm-Ablösungen.
Sodann verliest Herr Levy den Entlastungsantrag der
Revisoren Konrektor Max Goldschmidt und Willi Strauß, Frankfurt a.M., der
angenommen wird. Nun danken die beiden Vorsitzenden Frl. Hamburger
wärmstens auch für die Mithilfe an der finanziellen Tagung. Nach
Aussprache besonderen Dankes an die Herren Levy und Rosenwald schließt
der Vorsitzende die Versammlung.
Am Nachmittag begann das 'Einlernen'
der Anbaus, indem Herr Dr. Horovitz aus Cheskas Ha- |
battim
und aus dem letzten Perek in Brochaus die einschlägigen Mischnajoth
vorlernt und in geistvoller Weise einige Gedanken ausführte, die der
besondere Anlass der Feier nahe legte. Er hob u.a. hervor, dass für den
Zweck der Schaffung einer Stätte der Ruhe für altgediente jüdische
Lehrer und Beamte ein Erweiterungsbau auch in dieser Zeit allgemeine
Billigung finden könne. Alsdann wurde Herr I.B. Levy als Hauptleiter des
Heims mit dem Anschlagen der Mesusoth und der Birkas Schehechejonu betraut.
Herr Oberkantor Hornstein aus Hamburg, der als Kurgast anwesend war,
umrahmte das Fest mit seiner herrlichen Stimme durch hebräische Gesänge.
Der Altersinsasse, Herr Strauß, gab dem Festakt durch künstlerisch
vollendete musikalische Darbietungen eine erhöhte Weihe. Alsdann wurde
bei gemütlichem Kaffee manches ernste und heitere Wort gesprochen. Herr
Bezirksrabbiner Dr. Laupheimer, Ems, der kürzlich von Erez Jisroel
zurückgekehrt war, lenkte unsere Gedanken dorthin.
Herr Marx, Frankfurt
am Main, sprach im Namen des Verbandes der Erziehungsanstalten; Herr
Ransenberg im Namen der Kurgäste und Herr Steinhardt im Namen der
Altersinsassen.
So klang die Feier aus in dem Bewusstsein, dem Herr Rabbiner
Dr. Horovitz mit den Worten des Propheten Ausdruck verlieh: 'Aber die auf
den Ewigen hoffen, legen an neue Kraft usw.' (Jesaja 40,31).
Mögen alle,
die es angeht, ihre Kraft unserem schönen Heim zur Verfügung stellen,
insbesondere durch Werbung von Mitgliedern und Spenden für unsere
Wohlfahrtskasse. Munk." |
Zum Tod von
Max Steinhardt (1941)
Artikel
in der amerikanisch-jüdischen Zeitschrift "Der Aufbau" vom 30.
Mai 1941: "Max Steinhardt.
Aus Deutschland kommt die Nachricht von dem Hinscheiden des Lehrers Max
Steinhardt. Über vier Jahrzehnte wirkte er als Lehrer und Kantor in der
Gemeinde Magdeburg. Viele Jahre war er stellvertretender
Vorsitzender des Verbandes der Jüdischen Lehrervereine und Schriftleiter
der 'Blätter für Erziehung und Unterricht', einer Beilage des Hamburger
Israelitischen Familienblattes. Später leitete er die 'Jüdische
Schulzeitung', ein selbständiges Fachorgan des jüdischen Lehrerverbandes.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Steinhardt in einem Altersheim
in Ems, siedelte aber vor kurzer Zeit nach Dresden über, wo
er an der Jüdischen Volksschule den Ivrith-Unterricht erteilte.
Steinhardt stellte sein großes Wissen und Können sämtlichen jüdischen
Organisationen Deutschlands, besonders aber den Jugendvereinen, zur
Verfügung.
Rev. W. A., Buchheim (Greenport, L.I,., N.Y.). |
Bekanntgabe des Verwaltungsausschusses nach der
Generalversammlung am 8. Juli 1935
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
September 1935: "Erholungs- und Altersheim für jüdische Lehrer und
Kantoren in Bad Ems. Der Verwaltungsausschuss gibt folgendes Bekannt: 1.
Ruhestandsbeamte und andere Personen, die nicht an feste Ferien gebunden
sind, bitten wir, unser Heim nicht in den Monaten Juli und August
aufzusuchen. Wir gewähren für die übrige Zeit des Jahres auf das
Verpflegungsgeld (z.Zt. 5 RM) eine Ermäßigung von 25 Pfg. 2. In den
Monaten Januar bis Juni und September bis Dezember können auch
unselbständige Familienangehörige von Mitgliedern (über 16 Jahre alt)
Aufnahme finden. 3. Alle Meldungen werden erbeten an J.B. Levy, Frankfurt
a.M., Freiherr von Steinstraße 3.
In der Generalversammlung des Ausschusses, die am 8. Juli im Heim
stattfand, beklagt sich Kollege Rosenwald, dass sich dem Verein nur wenig
Beamte als Mitglieder angeschlossen hätten und über die Nachlässigkeit
vieler Vereinsmitglieder bei der Zahlung der kleinen Jahresbeiträge, auf
die das Heim so dringend angewiesen sei. In einem Artikel 'Die
Verpflichtung ruft' fordert Dr. Braun Lehrer, Rabbiner, Kantoren und
andere Gemeindebeamten auf, Mitglieder des Vereins und werbende Förderer
zu werden. Wir schließen uns dieser Aufforderung aus vollem Herzen an.
Viele Mitglieder unseres Vereins haben in den letzten Jahren Ruhe und
Erholung in diesem gut geleiteten, zweckmäßig ausgestatteten, von einem
guten Geist beherrschten Heime gesucht und gefunden und in begeisterten
und begeisternden Worten uns davon erzählt. Je größer der Kreis der
Mitglieder des Erholungs- und Altersheimes für jüdische Lehrer und
Beamten ist, je pünktlicher die Pflichten gegenüber dieser wohltätigen
Einrichtung erfüllt werden, desto leistungsfähiger ist das Heim und
desto besser kann es alle berechtigten Wünsche seiner Insassen erfüllen.
Vielleicht kann es dann auch ermöglicht werden, armen Menschen
ermäßigten Aufenthalt oder gar Freistellen zu schaffen. Es ist unsere
Ehrenpflicht, heute das Werk auszubauen und zu erhalten zum Segen unserer
Gemeinschaft." |
Hauptlehrer
M. Kaufmann dankt für Glückwünsche zum 80.
Geburtstag (1936)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1936: "Anlässlich
meines 80. Geburtstages sind mir so viele liebe und freundschaftliche
Zuschriften zugegangen, dass es mir unmöglich ist, jedem einzelnen
Absender persönlich zu danken. Ich bitte daher, meinen verbindlichsten
Dank auf diesem Wege entgegennehmen zu wollen.
Hauptlehrer i.R. M.
Kaufmann
Bad Ems." |
Kulturveranstaltungen im Erholungs- und Altersheim im Frühjahr 1938
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom April
1938: "Im Erholungs- und Altersheim
für jüdische Lehrer und Kantoren
in Bad Ems gaben Oberkantor M. Naumow – Fleischmann, Helene Morgenstern
– Lorsch und Kantor J.B. Levy, sämtlich aus Frankfurt am Main, einen
Abend, an dem eine Einführung zu den gesanglichen Darbietungen überleitete,
die Oberkantor Naumow und die Sängerin teils solistisch, teils in
Duetten, boten. Frau Morgenstern begleitete auch jeweils am Klavier. Die
Veranstalter fanden für ihre uneigennützigen Gaben dankbaren
Beifall." |
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