Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Enkirch (VG Traben-Trarbach, Kreis Bernkastel-Wittlich)  
Jüdische Geschichte / Synagoge 
   (erstellt unter Mitarbeit von Thomas Hüttmann)  

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde         
   
In Enkirch bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.         
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1843 38 jüdische Einwohner, 1895 35. Die jüdischen Familiennamen am Ort waren insbesondere Loeb (Löb), Isaak und Simon.  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern ist A. Wasserthal namentlich bekannt, der sich 1875 auf eine neue Stelle bewarb (siehe Anzeige unten).       
   
Zu antisemitischen Ausschreibungen am Ort kam es 1881 (siehe Bericht unten). 
   
Um 1924, als zur Gemeinde noch 26 Personen gehörten (0,9 % von insgesamt etwa 3.000 Einwohnern), war Gemeindevorsteher Bernhard Isaak. Zur Gemeinde gehörten auch drei in Reil (Mosel) lebende jüdische Personen.   

1933 lebten noch fünf jüdische Familien in Enkirch:
- Familie Gottfried Simon in der Priesterstraße 347; zum Haushalt gehören Gottfrieds Bruder Isaak, seine Schwester Johanna (gest. 1933), seine Frau Johanna geb. Hermann und die Tochter Gisela. Die Familie emigrierte 1937 in die USA.
- Die Witwe von Bernhard Isaak (Loeb), Jeanette (Janet) Loeb geb. Freudenberger, die bis 1937 in der Unterstraße 153 lebte. Sie emigrierte zusammen mit ihrem Sohn Walter M. Loeb in die USA.
Wwe. Rosalie Hirsch mit Sohn Eugen Hirsch und Tochter Olga. Die Familie verzog bereits 1933 ins Saargebiet. Rosalie Hirsch wurde später wie ihre älteste Tochter, Friederike verh. Krämer, nach Gurs deportiert und verstarb dort an den Folgen der Haft. Eugen Hirsch konnte in die USA emigrieren. Olga Hirsch flüchtete mit ihrem Sohn nach Frankreich und konnte sich dort vor der dauernden Verfolgung durch die Nationalsozialisten verstecken.
- Familie Sigmund (Isaak) Loeb und Emma geb. Simon wohnte in der Unterstraße 125, wo sie das Textilwarenkaufhaus A. Simon Nachf. betrieb, bis das Geschäft nach dem Novemberpogrom geschlossen wurde. Sigmund und Emma Loeb wurden gezwungen, in ein Ghettohaus in Trier zu ziehen, von dort wurden sie deportiert und 1942 im Vernichtungslager Chelmno ermordet. Sohn Hans und Tochter Alice konnten rechtzeitig emigrieren.
- Familie Hermann (Isaak) Loeb wohnte in der Oberstraße Nr. 382, zum Haushalt gehörten seine Frau Kathinka geb. Israel und Tochter Gerda. Sie wurden 1940 gezwungen, nach Köln umzusiedeln. Von dort wurden sie ins Ghetto Litzmannstadt deportiert, Kathinka verstarb dort wenig später, Hermann und Gerda Loeb wurden im Vernichtungslager Chelmno ermordet.
  
Von den in Enkirch geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; ergänzt durch Angaben auf Grund der Recherchen von Thomas Hüttmann): Emma Beermann geb. Loeb (1864), Rosalie (Rosa) Hirsch geb. Löb (1870), Max Isaak (1895), Johanna Klinger geb. Löb (1888), Sophie Levy geb. Isaak (1897), Adelheid (Adele) Löb geb. Schlachter (1876), Albert Löb (1865), Emma Loeb geb. Simon (1880), Gerda Loeb (1907), Hermann (Isaak) Loeb (1875), Hermann Löb (1900), Kathinka Loeb geb. Israel (1876), Raphael Felix Loeb (1873), Siegmund Loeb (1878), Martha Mayer geb. Simon (1880), Friederike Schmitz geb. Simon (1890), Mina Simon geb. Kahn (1862).
Hinweis: der in einigen Listen genannte Karl Löb (geb. 3. November 1910 in Enkirch) hat nach Angaben von Thomas Hüttmann (siehe Literatur) Auschwitz überlebt und wohnte später im Saargebiet, wo er auch bereits vor seiner Deportation gelebt hatte (vgl. Todesanzeige unten). 
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
      
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
  
Lehrer A. Wasserthal sucht eine neue Stelle (1875) 

Enkirch Israelit 03031875.jpg (39217 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1875: "Ein Lehrer, Vorbeter und Baal Kore sucht sofort anderweitige Stellung in einer streng religiösen Gemeinde; am liebsten wäre es diesem, in ein Städtchen zu kommen. 
Gefällige Franco-Offerten mit Angabe des Salairs an A. Wasserthal, Lehrer in Enkirch an der Mosel, zu richten."  

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Der aufkommende Antisemitismus macht sich am Ort bemerkbar (1881)  

Enkirch Israelit 21091881.jpg (87339 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1881: "Trarbach, 9. September (1881). Der hiesige Bürgermeister veröffentlicht in der 'Trarbacher Zeitung' folgende Bekanntmachung: 'Es ist zu meinem großen Bedauern zu meiner Kenntnis gebracht worden, dass auch in Enkirch (statt Einkirch) eine Rotte roher Burschen sich ein Vergnügen daraus macht, allabendlich ihre jüdischen Mitbürger zu verhöhnen und selbst in ihren Wohnungen zu insultieren. Ich nehme daraus Veranlassung, alle gutgesinnten Einwohner Enkirch's aufzufordern, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln diesem jeder Gesittung Hohn sprechenden Skandal entgegenzutreten. Die Polizei-Exekutiv-Beamten werden angewiesen, jeden, der sich öffentliche Verhöhnung der Juden erlaubt, unnachsichtlich zur Anzeige zu bringen, wonach ich für eine exemplarische Bestrafung Sorge tragen werde. Der Herr Vorsteher wird ersucht, dies durch die Schelle in Enkirch publizieren zu lassen."  

       
Ende der 1920er-Jahre: Enkirch ist ein "Zentrum nationalsozialistischer Propaganda" (1929)  

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 31. Mai 1929: "Nationalsozialistische Propaganda an der Mosel und im Hochwald. Nun hat das schöne und stille Moseltal auch seine Judenhetze. Seit einigen Wochen hat im Hochwald und anschließend im Moselgebiet von Zell bis Berncastel mit Einschluss von Traben-Trarbach eine umfangreiche nationalsozialistische Propaganda eingesetzt, die eine starke Unruhe in diese Gegend gebracht hat... Die Mosel ist in der Hauptsache katholisch. Es gibt aber noch einige stark evangelische Zentren, deren Vorhandensein auf geschichtliche Gründe zurückzuführen ist. Ein solcher Mittelpunkt ist Enkirch, ein Ort, der zugleich auch als Zentrum nationalsozialistischer Propaganda gelten kann..." "  

       
 
 
Nach 1945     

Einzelne Anzeigen zu ehemaligen jüdischen Bewohnern Enkirchs  
     
 In der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 5. November 1943:
Hochzeitsanzeige für Eugen Hirsch und Jane geb. Roseboom
(früher Enkirch / Leer)  
 
 Anzeige in "Der Aufbau" vom 21. Dezember 1951 zum Tod von Eugen Hirsch
am 16. Dezember 1951. Eugen Hirsch ist 1903 geboren als Sohn von
Rosalie Hirsch geb. Löb (geb. 22. März 1870 in Enkirch, umgekommen
im KZ Gurs 1941); er emigrierte am 26. November 1937 nach New York.  
       
.Anzeige in "Der Aufbau" vom 24. Februar 1949 zum 80. Geburtstag von Jeanette Loeb - unterzeichnet von Walter M. Loeb. Jeanette Loeb geb. Freudenberger
 ist am 24. Februar 1869 in Heßdorf geboren und war verheiratet mit Bernhard Loeb.
Sie lebte seit mindestens 1901 in Enkirch und emigrierte mit ihrem
 Sohn Walter Meyer Loeb 1937/38 in die USA.  
 
Anzeige zum Tod von Karl Löb am 4. September 1971,
gest. in Wiebelskirchen. Karl Löb ist 1910 in Enkirch geboren als
Sohn von Heymann Löb und Adelheid (Adele) geb. Schlachter (geb. 1876,
ermordet 1944 im KZ Auschwitz). Karl Löb wurde 1938 beim
Novemberpogrom verhaftet und nach Dachau deportiert; 1943 von Berlin
 nach Auschwitz deportiert, überlebte die KZ-Zeit. 

       
  
    
       
Zur Geschichte der Synagoge                
    
Zunächst war vermutlich ein Betraum vorhanden. Seit 1852 hatte ein Gemeinde ein eigenes Synagogengebäude. Aus der Geschichte der Synagoge ist wenig bekannt. 
    
Am Feiertag 9. Aw, dem 27. Juli 1909 brannte das Innere der Synagoge aus. Die Torarollen konnten jedoch durch Ludwig Hirsch gerettet werden. Über das Ereignis berichtet das "Frankfurter Israelitische Familienblatt":
     
Brand in der Synagoge (1909)  

Enkirch FrfIsrFambl 06081909.jpg (33645 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. August 1909: "Enkirch (Mosel). Am Tischo-be-Aw (= 27. Juli 1909) brach in der hiesigen Synagoge Feuer aus. Das Innere der Synagoge ist vollständig ausgebrannt. Dank dem beherzten Eingreifen des Herrn Ludwig Hirsch konnten die Sefer-Thoras (Torarollen) gerettet werden."   
Anmerkung: der genannte Ludwig Hirsch starb 1917; sein Grab ist auf dem jüdischen Friedhof von Enkirch; seine Frau Rosalie Hirsch geb. Loeb ist in Gurs umgekommen.  

Spätestens seit 1929 gab es auf Grund der zurückgegangenen Zahlen der jüdischen Gemeindeglieder keine regelmäßigen Gottesdienste mehr. Nur noch zu den hohen Feiertagen konnten Gottesdienste abgehalten werden, an denen zur Erreichung des Minjan auf jüdische Gemeindeglieder aus Traben-Trarbach und Kröv teilnahmen.   

Im Januar 1938 wurde das Synagogengebäude verkauft. Das Gebäude wurde als Anbau in das benachbarte Gasthaus "Alte Weinstube" integriert. 
  
  
Adresse/Standort der Synagoge      Backhausstraße 4    
   
  
Foto             
(Foto links: Otmar Frühauf, Breitenthal, Aufnahmedatum 11.11.2009; Foto rechts: Hahn)  

 Blick auf das Gebäude Gasthaus "Alte Weinstube" mit Gebäude 
der ehemaligen Synagoge in Enkirch
 
  
 Enkirch Synagoge 171.jpg (78508 Byte)        Neunkirchen Friedhof 053.jpg (72184 Byte)
Bei dem hohen Gebäude links handelt es sich um das schon zu Synagogenzeiten bestehende
 Gasthaus "Alte Weinstube"; die Synagoge befand sich im hinteren Teil des niedrigen Hauses.
 Dieser Teil wurde außen und innen stark umgebaut, sodass heute nichts mehr an die 
frühere Verwendung dieses Gebäudes erinnert. 
    Grabstein für Karl Löb und Gedenkstein für 
ermordete Angehörige im
jüdischen Friedhof Neukirchen
   (vgl. Text oben)
   

     
 
       


  
Links und Literatur

Links:    

bulletWebsite der Gemeinde Enkirch  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Enkirch (interner Link) 

Literatur:  

bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 145-146 (mit weiteren Literaturangaben).    
bullet Thomas Hüttmann: "dass einmal dem Juden das Land auf diese Weise abgenommen wird..."  Die jüdischen Einwohner von Enkirch vor und während der Zeit des Nationalsozialismus.
Paperback. 380 Seiten. ISBN-13: 9783743139848. Verlag: Books on Demand 2019. 13,50 €. portofrei.
Link zu Verlag und Bestellmöglichkeit  
Inhalt:  Die Geschichte der jüdischen Einwohner von Enkirch und der jüdischen Gemeinde von der napoleonischen Zeit bis zur Auflösung der Gemeinde durch die Nationalsozialisten und der Verfolgung der Mitglieder, die in Vertreibung und Exil oder Deportation und Ermordung während des Holocaust mündete.
Zudem wird neben einem Überblick über die antijüdischen Aktionen in der NS-Zeit auch die Enteignung der jüdischen Bewohner und der Synagogengemeinde beleuchtet.
  

  
    n.e.                   

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020