Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Stühlingen (Landkreis Waldshut) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletZur Geschichte des Betsaals / der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletEinzelne Presseartikel   
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde             
    
In Stühlingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1743. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erste Schutzbriefe erhielten jüdische Familien von den Grafen von Lupfen. Am 12. August 1615 stellte den damals acht jüdischen Familien Erbmarschall Maximilian von Pappenheim ein Privileg (Schutzbrief) aus, wonach sie vierzehn Jahre lang in der Landgrafschaft Stühlingen wohnen könnten. 1671 wurden 13 jüdische Haushaltungen gezählt. Um 1700 gab es etwa 25 jüdische Familien in der Stadt. Die Schutzbriefe wurde vom Erbmarschall sowie den Grafen und späteren Fürsten zu Fürstenberg bis einschließlich 1743 gegen entsprechende Zahlungen verlängert. 1738 wollte Fürst Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg den Schutzbrief nicht mehr erneuern, sodass es am 1. April 1743 nach Ablauf der Frist des letzten Schutzbriefes zur Ausweisung der Stühlinger Juden kam. Ein Teil von ihnen fand Aufnahme in der Schweiz (Lengnau und Endingen), ein Teil in Gailingen, Worblingen und Randegg sowie in Tiengen, Emmendingen, Eichstetten und Ihringen. Nach Lengnau zog u.a. der wohlhabende Stühlinger Vorsteher Maram Weil mit seiner zahlreichen Nachkommenschaft: 1744 wurde ihm gestattet, in Lengnau ein Haus zu kaufen.  
    
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Schule, ein rituelles Bad (vor 1725 in einem Haus neben dem Rathaus) und ein Friedhof. Es gab auch ein "Judenbad", das nichtrituellen Zwecken diente und sich im Stadtgraben an der Westseite des Städtchens befand. Nicht mehr genau lokalisieren lässt sich der Friedhof der jüdischen Gemeinde (Ortsangabe 1724: "ob dem Schaffhauser Weg"; nach Rosenthal Heimatgeschichte S. 75 Anmerkung: "Seine Spuren sind völlig verwischt. Mutmaßlich hat er sich jenseits der Wutach an einem Waldhange befunden. Dort ist ein ebener Platz, dessen Anlage wohl ähnlichen Zwecken gedient haben möchte"). Nach Ausweisung der Juden 1743 wurde er vermutlich abgeräumt; die Grabsteine fanden teilweise als Dohlendeckel Verwendung. 
   
Am Ort gab es zeitweise einen Rabbiner, der auch für die Gemeinden der Umgebung zuständig war. Als erster wird Rabbiner Matitjahu genannt, Sohn des Rabbiners Adonijah Israel, Enkel des großen Gelehrten (Gaon) Rabbiner Isaak Heppenheim, der Rabbiner und Rechtssprecher (More Zedek) "im Lande Schweiz" war. Mit diesem Begriff wurden die jüdischen Gemeinden in Stühlingen, Tiengen und die Surbtaler Gemeinden Endingen und Lengnau zusammengefasst umschrieben. Matitjahu soll in Tiengen und Stühlingen gelebt haben. Er starb 1639 oder 1653/54. Dass die genannten Gemeinden noch mehrere Jahrzehnte untereinander in enger Verbindung standen und es vielfältige Beziehungen gab, wird auch durch ein Mohelbuch (Buch eines Beschneiders) dokumentiert, in dem der namentlich nicht näher bekannte Mohel  zwischen 1701 und 1704 17 Beschneidungen in Stühlingen, Tiengen, Lengnau, Endingen, Wangen und Donaueschingen vornahm. Der Mohel hatte einen Schwager in Lengnau, einen zweiten in Wangen und einen dritten in Stühlingen, wodurch auch die engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen diesen Gemeinde dokumentiert sind.        
     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge             
    
Das jüdische Wohnviertel lag im Bereich der Gerberstraße (frühere "Judengasse"). Es war direkt vom Unteren Tor her zugänglich, ohne dass jüdische Personen durch die Straßen der Christen gehen mussten. 1615 gehörten den jüdischen Familien in diesem Bereich sechs Häuser.  
    
Im Haus Gerberstraße 7 (ehemaliges Rabbinat) befand sich ein Durchgang, der zur Synagoge ("Judenschule") führte, die außerhalb der Stadtmauer, an diese angelehnt, am Abhang gegen das Tal stand. Im Judenprivileg von 1615 war bestimmt, dass die jüdischen Familien 'ihre Fest- und Feiertage... nach jüdischer Gewohnheit mit und unter ihnen selbst oder fremden Juden begehen, doch sollen sie den von auswärts zu ihnen einkommenden Juden und Jüdinnen nicht allzu lange Unterschlupf und Aufenthalt geben'. Damit war jedenfalls die Möglichkeit gegeben, über Schabbat und die Feiertage auswärtige Juden zur Mitfeier einzuladen. Dass dem so war, zeigt ein Bericht vom Wochenfest (Schawuot) 1737, als über dreißig fremde Juden in Stühlingen waren, die in der Mehrzahl aus Frankfurt kamen und zur Messe nach Zurzach wollten.
    
Um 1720 wurde im Nebengebäude zum Rabbinatshaus von dem seit 1672 in Stühlingen wohnhaften Rabbiner Moses Meir (Maharam) Weil eine neue Synagoge auf eigene Kosten eingerichtet. Diese war entsprechend der Größe der Stühlinger Gemeinde, ihres Reichtums und des Opfersinns einzelner Mitglieder an Torarollen, Schmuck, Vorhängen und sonstigem Zubehör üppig ausgestattet. Nach der Vertreibung der Stühlinger Juden wurde das Synagogengebäude als Scheune ("Judenscheune") genutzt und im 20. Jahrhundert zu einem Wohnhaus umgebaut. Am Rabbinat befindet sich heute eine Hinweistafel zur Geschichte der Gebäude. Gleichfalls ist eine Hinweistafel zur Geschichte des jüdischen Wohnviertels in Stühlingen am Eingang zur Gerberstraße angebracht.   
    
    
    
Fotos 
Historische Fotos 
(Quelle: Rosenthal, Heimatgeschichte s. Lit. S. 177)  

Stuehlingen 001.jpg (125411 Byte)

Der "Judenwinkel" in Stühlingen. Die Scheune hinter dem Brunnen war die ehemalige Synagoge. 
Das schmale Haus rechts daneben die Wohnung des Rabbiners

      
Fotos nach 1945/Gegenwart:    

Die ehemalige Judengasse 
in Stühlingen
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 13.6.2004)  
Stuehlingen Judengasse 102.jpg (36763 Byte) Stuehlingen Judengasse 107.jpg (45671 Byte)
    Die frühere Judengasse: 
heute Gerberstraße  
Blick auf das Rathaus von Stühlingen;
 rechts davon verläuft die 
ehemalige Judengasse  
  
     
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Blick in die 
ehemalige Judengasse  
Blick von der anderen Seite in die
 ehemalige Judengasse  
Der "Judenwinkel" (vgl. die historische
 Aufnahme oben); das schmale Häuschen
 rechts hinter dem Brunnen ist das
 ehemalige Rabbinat; links davon stand 
die (neue) Synagoge  
   
   
     
Stuehlingen Judengasse 105.jpg (46747 Byte) Stuehlingen Judengasse 101.jpg (38335 Byte) Stuehlingen Judengasse 100.jpg (27770 Byte)
Eingangstür in das ehemalige Rabbinat
 (mit Hinweistafel)  
Hinweistafel am ehemaligen
 Rabbinatsgebäude  
Hinweistafel am Eingang in die 
ehemaligen Judengasse  

   
   
Einzelne Presseartikel    

November 2010: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Stühlingen   
Artikel im "Südkurier" vom 16. November 2010 (Artikel; Artikel als pdf-Datei): "Auf Spuren Stühlinger Juden. 
Stühlingen –
Sieben Jahrzehnte nach den Gräueln der letzten Judenverfolgung fand erstmals in Stühlingen eine Veranstaltung statt, in der an die einstigen Judengemeinden in Stühlingen erinnert wurde. Initiiert hatte diese Exkursion an authentischem Schauplatz im Judenwinkel der Stühlinger Altstadt Martina Bucher-Nezirovic und Magdalena Bucher vom Freundeskreis Jüdisches Leben Tiengen..."      
   
Mai 2011: Vortrag zur jüdischen Geschichte      
Artikel im "Südkurier" (Lokalausgabe) vom 28. Mai 2011 (Artikel): "Vortrag zum jüdischen Leben.  
Stühlingen
(sbe) Erstmals soweit die Erinnerung dies zulässt, beschäftigte sich in Stühlingen ein Vortrag mit der Geschichte und den Geschicken der jüdischen Minderheiten im Landkreis Waldshut und dem Kanton Aargau. Veranstalter war der Freundeskreis 'Jüdisches Leben' Tiengen, der als Referenten den Schweizer Mediensschaffenden Roy Oppenheimer gewinnen konnte..."   
   

    
     

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Stühlingen (unter "Geschichte" des Stadtteils Stühlingen wird auch an die jüdische Geschichte erinnert). 

Literatur:  

bulletBerthold Rosenthal: Heimatgeschichte der badischen Juden. Bühl 1927. Reprint Magstadt 1981.
bulletGustav Häusler: Stühlingen, Vergangenheit und Gegenwart. 1966. S. 152-160.
bulletDieter Petri: Die Tiengener und Waldshuter Juden. 1984². S. 156-157.
bulletPeter Stein: Die Juden zu Stühlingen und ihre Nachkommen - 1. Folge: 1. Einleitung 2. Quellen zu Stühlingen und Weil 3. Namenskunde 4. Geographie 5. Die Juden von Stühlingen in: Maajan - Die Quelle (hg. von der schweizerischen Vereinigung für jüdische Genealogie) Heft 53 Winter 1999 S. 1507-1514; 2. Folge und Schluss in: ebd. Heft 54 2000 S. 1555-1562.
bulletders.: Die Juden zu Stühlingen und ihre Nachkommen. Auswanderung an den Kaiserstuhl, insbesondere nach Emmendingen und Eichstetten und in die Grafschaft Nellenburg. In: ebd. - Heft 59 Sommer 2001 S. 1789-1793.
bulletders.: Aktenstücke zur Geschichte der Familie Bloch in Stühlingen (1732). In: ebd. Heft 56 Herbst 2000 S. 1638-1640.
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007. 
bulletFreundlicher Hinweis von Dr. Ralph Bloch (eingestellt August 2018): "In order to ensure the survival of "The Jews of Stühlingen" beyond me and my ability to look after the WordPress website, a fully functional copy of book and database now exists at Macsphere ( https://macsphere.mcmaster.ca/), the data repository of McMaster University. The Jews of Stühlingen are searchable in the site's index, or can be accessed directly at https://macsphere.mcmaster.ca/html/11375/21400/index.html).   
bulletRalph F. Bloch: Rise and Fall of a Rural Jewish Community in Early Modern Germany. Online:  https://www.stuehlingen.online/Book/    
bulletStammbaum "Ancestors of Marianne Mosevius Levinsohn (1923-1975)". Einige ihrer Vorfahren stammen aus Stühlingen (der Ortsname kommt 213 mal im pdf-Dokument vor; Stammbaum ist als pdf-Datei eingestellt).   

        
         

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013