Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Schwanfeld (Kreis Schweinfurt) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Sonstiges    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletEinzelne Presseberichte  
bulletLinks und Literatur   

       

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Schwanfeld lebten Juden bereits im Mittelalter. Unter den Orten, an denen die Bande des "Ritters Rintfleisch" aus Röttingen 1298 Juden ermordeten, wird auch Schwanfeld genannt.  
         
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 16. Jahrhundert zurück. Vermutlich konnten sich hier einige der damals aus Würzburg ausgewiesenen Juden niederlassen. Schwanfeld lag sehr verkehrsgünstig am Schnittpunkt zweier Fernverbindungen (Würzburg - Bamberg und Meiningen bzw. Hildburghausen - Hall bzw. Feuchtwangen - Donau. 1579 konnte der Friedhof angelegt werden. Gleichfalls wurde ein "Reb" (Rabbiner) zugelassen und die Einrichtung einer "Judenschule" sowie eines jüdischen Gerichtes. Dafür musste die jüdische Gemeinde eine jährliche Abgabe von 12 Gulden leisten, die erstmals 1580 fällig war. 1622 wird in einer Urkunde der Jude Hirsch erwähnt, der am Ort zwei Häuser besaß und sich als Landwirt und Pferdehändler betätigte.
   
Anfang des 19. Jahrhunderts
lebten zahlenmäßig die meisten Juden in Schwanfeld: 1816 230 (37,2 % von insgesamt 619 Einwohnern). Danach entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1837 200 jüdische Einwohner (23,2 % von insgesamt 860), 1867 170 (18,2 % von 931), 1880 150 (16,0 % von 934), 1885 185, 1890 152 (17,5 % von 867), 1900 114 (12,9 % von 887), 1910 114 (12, % von 931). 
  
Da die Matrikeln des Landgerichtes Werneck nicht vorhanden sind, konnte von Dirk Rosenstock (s. Lit.) nur eine Rekonstruktion der Matrikelliste auf Grund älterer Listen und der jüdischen Standesregister vorgenommen werden. Demnach gab es um 1817/22 die folgenden jüdischen Familien in Schwanfeld auf 34 Matrikelstellen (genannt wird der Familienvorstand mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Jakob Schlom Gattmann (Viehhändler), Maier Schlom Gattmann (Viehhändler), Jockel Schlom Gattmann (Viehhändler), Wolf Anschel Bachmann (Warenhändler), Simon Anschel Bachmann (Warenhändler), Israel Anschel Bachmann (Warenhändler), Joseph Moses Schloss (Warenhändler), Joseph Jakob Berk (Warenhändler), Beila geb. Falk, Witwe von Sußmann Haymann (Schlachten), Löb Lazarus Frank (Viehhändler), Moses Salomon Schöler (Viehhändler), Besla, Witwe von Moses Schlom Schöler (Warenhandel; Sohn Isaac übernahm die Matrikelstelle 1821 mit Feldbau), Lazarus Löw Frank (Warenhändler), Lazarus Michael Stern (Schlächter), Jockel Joseph Schloss (Warenhändler), Jockel Moses Schloss (Schmuser), Maier Joseph Schloss (Viehhändler), Joseph Jacob Frankenthal (Schmuser), Jakob Löw Frankenthal (Warenhändler), Joseph Lippmann Schmalbach (Warenhändler), Löw Lippmann Schmalbach (Warenhändler), Haium Lippmann Schmalbach (Hausierhandel), Hona Gumpel Rosenbusch (Warenhändler), Joseph Jakob Wölflein (Warenhändler), Frommet Kohn (Warenhandel), Hona Elkan Gutmann, Hirsch Elkan Gutmann (ohne Erwerb), Elkan Hirsch Gutmann (Warenhändler), David Hirsch Blattner (Warenhändler), Meier David Blattner (Plettner, Warenhändler), Jacob David Blattner (Hausierhandel) Maier Moses Neumark (Warenhändler).   
  
1866
ereignete sich am Ort ein Judenpogrom, bei dem Schwanfelder Juden misshandelt und ihr Besitz zerstört wurde.
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (zeitweise Elementarschule, 1924 private israelitische Volksschule), ein rituelles Bad sowie der schon genannte Friedhof, auf dem die Toten aus jüdischen Gemeinden einer weiten Umgebung beigesetzt wurden. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich aus Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungstext unten). In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der Name von Leopold Dorfzaun in Erinnerung, der 21 Jahre - von 1876 bis 1897 - in der Gemeinde tätig war (siehe Artikel unten). Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war der jüdische Lehrer Schwanfelds auch für die inzwischen zu Schwanfeld gekommene "Filiale" Untereisenheim zuständig. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Schweinfurt
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Jakob Berk (geb. 24.7.1887 in Schwanfeld, gef. 25.5.1916), Richard Berg (geb. 30.6.1894 in Schwanfeld, gest. 6.10.1916 in Gefangenschaft), Max Heinemann (gef. 1917), Philipp Stern (geb. 23.3.1884 in Schwanfeld, gef. 18.1.1917) und Louis Stern (geb. 7.6.1885 in Schwanfeld, gef. 11.11.1918). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege in der Ortsmitte in unmittelbarer Nähe von Rathaus und Kirche. Außerdem sind gefallen: Gefreiter Otto Schloß (geb. 30.6.1879 in Schwanfeld, vor 1914 in Arnstein wohnhaft, gef. 26.11.1916), Max Schäler (geb. 11.8.1883 in Schwanfeld, vor 1914 in Fürth wohnhaft, gef. 22.6.1916).   
       
Um 1924, als noch 81 jüdische Einwohner gezählt wurden (9,6 % von insgesamt 980 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Josef Frankenthal und Max Blättner. Als Lehrer, Kantor und Schochet wirkte (bis zu seiner Versetzung nach Mainstockheim 1925. siehe Bericht unten) Siegbert Friedmann. Er unterrichtete an der inzwischen privaten israelitischen Volksschule 10 Kinder. An jüdischen Vereinen bestanden: die Chewra Kadischa (Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1924 unter Leitung von David Blättner, 14 Mitglieder), der Verein Chewra Gemillus Chassodim (Wohltätigkeitsverein, gegründet 1821, 1924/32 Vorsitzender Emanuel Gutmann, 10 Mitglieder), der Israelitische Frauenverein (Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1932 Vorsitzende Frau L. Blättner, 15 Mitglieder), der Verein Bikkur Cholim (Krankenpflege 1924 Vorsitzender Josef Frankenthal), der Verein zur Beförderung der Künste und Handwerker unter Israeliten (gegründet 1821, 1932 Vorsitzender Emanuel Gutmann, Ziel: Unterstützung Hilfsbedürftiger, 1932 15 Mitglieder). 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Julius Gutmann (1. Vors.) und Ferdinand Bamberger (2. Vors.). Als Lehrer und Kantor war seit 1927 inzwischen Martin Selmanson tätig (er war zuvor Lehrer in Lübeck). Im Schuljahr 1931/32 unterrichtete er noch fünf Kinder in Religion.     
   
1933 wurden noch 58 jüdische Personen in Schwanfeld gezählt. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert: zwischen 1936 und 1940 verließen 38 Juden das Dorf, von denen 28 auswanderten (25 in die USA, zwei nach England und eine Person nach Palästina) und zehn in andere deutsche Städte verzogen (sechs nach Würzburg, drei nach Frankfurt, eine Person nach Augsburg). 1942 wurden acht von den zehn noch in Schwanfeld lebenden Juden nach Würzburg gebracht. Sie wurden drei Tage später in das Vernichtungslager Izbica bei Lublin (Polen) deportiert. Die letzen beiden Juden kamen im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt. Damit endete die Geschichte der jüdischen Gemeinde.   
        
Von den in Schwanfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Josef Leo Bachmann (1866), Luise Blättner (1920), Max Blättner (1876), Ricka Blättner geb. Stern (1856), Selma Blättner geb. Kissinger (1890), Camilla Einstein geb. Stern (1880), Cäcilie Fleischmann geb. Rosenbusch (1890), Eugen Frankenthal (1894), Gustav Frankenthal (1888), Karl Frankenthal (1898), Karl Frankenthal (1918), Dr. Ludwig Frankenthal (1885), Max Frankenthal (1886), Moritz Frankenthal (1898), Nanni Frankenthal (1890), Wolf Frankenthal (), Lilli Friedmann (1920), Selma Fromm geb. Gattmann (1877), Selma Gerst geb. Heimann (1899), Berta Grünbaum geb. Schäler (1873), Klara Grünbaum geb. Schloss (1873), Anna Gutmann geb. Blättner (1883), Erna Gutmann (1908), Julius Gutmann (1879), Louis Gutmann (1873), Ida Heimann geb. Berney (1873), Markus (Magnus) Heimann (1870), Tina (auch Dina) Heimann (1905), Hedwig Höbel (1884), Amalie (Mali, Malchen) Kälbermann geb. Heimann (1868), Paula Kahn geb. Berk (1897), Lina Klebe geb. Berk (1887 oder 1888), Hanna (Hannchen) Klugmann geb. Bachmann (1859), Kurt Lindheimer (1934), Moses Lindheimer (1893), Norbert Lindheimer (1930), Sidoni Lindheimer geb. Heimann (), Toni Lindheimer geb. Heimann (1904), Hanna (Nanny) Mendle geb. Frankenthal (1890), Malchen Neter geb. Heimann (1896), Frieda Neumann geb. Dorfzaun (1883), Selma Philipps geb. Schloss (1879), Emil Rosenbusch (1888), Emma Rosenbusch geb. Gutmann (1881), Leopold Rosenbusch (1876), Simon Rosenbusch (1860), Gertrud Schäler (1866), Leon Schäler (1861), Meier Schäler (1868), Jette Schloss geb. Bachmann (1861), Ludwig Schloss (1863), Justus Stern (1889), Malie Stern (1859), Th. Stern (1891), Ida Strauß geb. Blättner (1884).   
  
Nach 1945: Im Jahre 1956 kehrte der frühere jüdische Einwohner Schwanfelds Ludwig Gutmann aus russischer Gefangenschaft nach Schwanfeld zurück (Ludwig Gutmann war seit 1929 Mitinhaber der des väterlichen Viehhandelsgeschäftes; 1941 in das KZ Jungfernhof deportiert; nach der "Befreiung" wegen angeblicher "Spionage" 1945 von den Sowjets verurteilt und in Zwangsarbeitslager festgehalten; gest. 1984). 
Vgl.: Artikel über Ludwig Gutmann in "Der Spiegel" 18/1957 vom 1.5.1957: "Spätheimkehrer. Es mag eine Härte sein".  Link zum Artikel  pdf-Datei mit Foto        
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1908 / 1909

Schwanfeld Israelit 12031908.jpg (62204 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1908: Die Stelle eines Vorbeters, Religionslehrers und Schochets in der hiesigen israelitischen Gemeinde Schwanfeld ist bis zum 1. April dieses Jahres zu besetzen. Gehalt pro Jahr Mark 600. Vergütung für Holz Mark 100. Garantierte Nebenverdienste Mark 300. Schächterfunktion ca. Mark 400. Der Vorgänger hatte die Filiale Untereisenheim inne, die ca. Mark 200 trägt. Wohnung frei. Seminaristisch gebildete Bewerber, unverheiratete bevorzugt, wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse wenden an den Unterzeichneten. 
Adolf Berk, Kultusvorstand Schwanfeld Ufr."  
    
Schwanfeld Israelit 23121909.jpg (63488 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1909: "In hiesiger Kultusgemeinde ist die Stelle eines 
Lehrers und Vorbeters 
verbunden mit der Schächterfunktion sofort zu besetzen. Der Gehalt beträgt Mark 700 pro Jahr. Vergütung für Beheizung Mark 100. Garantiertes Nebeneinkommen Mark 300. Die Schächterfunktion ca. Mark 450. Sowie eine Filiale (Untereisenheim) ca. Mark 250. Unverheiratete, seminaristisch gebildete Bewerber haben den Vorzug. Zeugnisse erbeten. 
Adolf Berk, Kultusvorstand, Schwanfeld, Unterfranken."   
  
Schwanfeld Israelit 22101925.jpg (53387 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1925: "Religionslehrer, Vorbeter und Schochet für unsere Gemeinde gesucht. Besoldung bei freier, schöner Dienstwohnung nach den Grundsätzen des Verbandes Bayrischer Israelitischer Gemeinden. Bewerbungen mit Zeugnissen erbittet 
Der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Schwanfeld (bei Schweinfurt)  
Julius Gutmann
."   

    
Über den Lehrer Leopold Dorfzaun (1876 - 1897 Lehrer in Schwanfeld, Artikel zu seinem Tod 1928)  

Leopold Dorfzaun 010.jpg (23438 Byte)Links: Lehrer und Kantor Leopold Dorfzaun (1855-1928), von 1876 bis 1897 in der jüdischen Gemeinde in Schwanfeld tätig.  
(Foto erhalten im August 2010 von Fredel Fruhman, eine Enkelin des Schwiegersohnes von Kantor Dorfzaun, dem Lehrer Salomon Neumann in Gochsheim, später Kassel, der mit Frieda geb. Dorfzaun verheiratet war, siehe unten).  
 
Fischach BayrGZ 15041928.jpg (132245 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1928: "Fischach. Am Schabbos Chol hamoed (= Schabbat während der Halbfeiertage des Pessachfestes = 7. April 1928) verschied im Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit Kollege Kantor Leopold Dorfzaun. In Rödelmaier (Unterfranken) geboren, kam er in jungen Jahren schon als Gemeindebeamter nach Königshofen, amtierte 21 Jahre in der Gemeinde Schwanfeld und seit 1897 bis zu seiner Pensionierung am 1. Januar 1925 als Kantor und Schochet in Fischach. Als Kantor war Dorfzaun Autodidakt, und es ist erstaunlich, wie er als solcher - mit unverwüstlicher Stimme begabt - die traditionellen Gesänge beherrschte. In der Schechitoh war seine Meisterschaft anerkannt. An seiner Bahre sprachen Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Neuwirth (Ichenhausen), in Berücksichtigung der Feiertagsstimmung und dem Wunsche des Verewigten entsprechend, kurze Worte des Dankes und des Abschieds; Herr Kollege Oberkantor Steinfeld (Augsburg) entledigte sich seines Auftrages, im Namen des Israelitischen Lehrervereins in Bayern dem langjährigen Mitglied letzten Gruß und Bank für dessen treue Mithilfe abzustatten, in kurzen, treffenden Worten. Zuletzt rief noch der älteste Sohn dem geschiedenen Vater herzliche Abschiedsworte nach.
Die Beerdigung sah eine zahlreiche Trauerversammlung, da nicht nur die israelitische Gemeinde vollzählig sich beteiligte, sondern auch eine überaus große Zahl von Freunden und Bekannten aus der übrigen Bevölkerung von hier und der Umgebung sich eingefunden hatte. Der Israelitische Lehrerverein wird dem treuen und für die Förderung seiner Wohlfahrtseinrichtungen stets eifrig bestrebten Mithilfe ein dauerndes ehrendes Gedenken bewahren. F."
   
Fischach Israelit 19041928.jpg (61916 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1928: "Fischach, 15. April (1928). Am 7. dieses Monats verschied nach längerem Leiden im Alter von nahezu 73 Jahren unser Kantor und Schochet a.D. Leopold Dorfzaun. Nach einer 21jährigen Amtszeit in Schwanfeld hat er 27 Jahre in anspruchslosester, pflichtgetreuester Weise in der Gemeinde Fischach gewirkt, um sich am 1. Januar 1924 in den wohl verdienten Ruhestand zurückzuziehen. In allen Lebenslagen hat Dorfzaun tiefe Religiosität mit großem Gottvertrauen verbunden. Das Andenken des Verblichenen wird von den Gemeindemitgliedern immer in Ehren gehalten werden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   
  
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 11. Mai 1928: 
"Für die uns anlässlich des Hinscheidens meines lieben Mannes, Vaters und Schwiegervaters, des Herrn 
Leopold Dorfzaun
Kantor i.R. 
erwiesene Teilnahme danken wir herzlichst. 
Frau Klara Dorfzaun - Salomon Neumann und Frau Frieda geb. Dorfzaun  
Kassel Schillerstraße 23."  
 
 
Frieda Dorfzaun Neumann -1936 010.jpg (30930 Byte)Links: die in Schwanfeld 1883 geborene Tochter von Lehrer Leopold Frieda geb. Dorfzaun heiratete den Lehrer Salomon Neumann (Angaben von Fredel Fruhman geb. Jacobs, Tochter von Hetti Jacobs geb. Neumann). Salomon Neumann war in Gochsheim, später in Kassel als Lehrer und Kantor tätig. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er verhaftet und für einige Zeit in ein Konzentrationslager verschleppt. Erst Mitte September 1941 (!) verließ er Deutschland und emigrierte über Barcelona nach Südamerika, wo er sich in Quito, Ekuador niederlassen konnte. Seine Frau Frieda geb. Dorfzaun wurde nach der Deportation 1942 ermordet. Nach 1945 ließ sich Salomon Neumann in den USA nieder, lebte zunächst in New York City, danach in Trenton, New Jersey. Er starb 1971 in New York im Alter von 91 Jahren. Der älteste Sohn von Salomon Neumann - Erich Neumann - war u.a. Lehrer in Spangenberg (Foto von Fredel Fruhman).   

  
Der bisherige Lehrer in Schwanfeld Siegbert Friedmann tritt eine neue Stelle in Mainstockheim an (1925) 
Anmerkung: Siegbert Friedmann ist 1880 als Sohn des Lehrers Marcus Friedmann (Lehrer in Hainsfarth von 1863-1909) und seiner Frau Babette geb. Hollerbaum geboren. Er war verheiratet mit Ida geb. Kissinger (1888-1947). Am 24. März 1942 wurde er ab Nürnberg in das Ghetto Izbica deportiert und ist umgekommen.     

Mainstockheim Israelit 10121925.jpg (114730 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1925: "Mainstockheim, 7. Dezember (1925). Der gestrige Schabbat Paraschat Wajischlach (Schabbat mit der Toralesung Wajischlach = 1. Mose 32,4 - 36,43, das war am 5. Dezember 1925) brachte ein für unsere Gemeinde seltenes und schon lange ersehntes Ereignis. Ist es doch nach einem mehrjährigen Interregnum unserem stets um das Gemeindewohl bemühten rührigen 1. Vorstand Herr J. Lomnitz und dank der Opferwilligkeit der Gemeinde gelungen, in der Person des Herrn S. Friedmann, bisher Volksschullehrer in Schwanfeld, einen Nachfolger des 40 Jahre hier wirkenden Oberlehrers a.D. Herrn Wurzmann zu finden. Die Freude der Gemeinde über die Neubesetzung der Stelle brachte der Vorstand am Schlusse des Freitag-Abend-Gottesdienstes in der festlich geschmückten Synagoge in zu Herzen gehenden Worten zum Ausdruck. Verherrlicht wurde die Einführungsfeier durch die Anwesenheit unseres allverehrten Herrn Distriktsrabbiner Dr. Hanover, der in gewohnter Meisterschaft die Wichtigkeit und Bedeutung des Lehrerberufs, zumal in gegenwärtiger Zeit, in der das Judentum zum Kampfe gerüstet sein muss, der Gemeinde darlegte. Herr Hauptlehrer Friedmann entwickelte dann unter Zugrundelegung der symbolischen Bedeutung des Chanukka-Leuchters die Aufgaben und Pflichten des Lehrers und versprach, nach besten Kräften stets zum Wohle der Schule und Gemeinde zu wirken. Möge er erfolgreich sein!   
 
SIEGBERT ISIDOR ARNO-FRIEDMANN.jpg (56644 Byte) Links: Lehrer Siegbert Friedmann (links) zusammen mit Isidor Friedmann und Arno Friedmann (1867-1934, Lehrer, später Schuhhändler in Ingolstadt und Heimatforscher). 

    
Wiederbesetzung der Lehrerstelle mit Martin Selmansohn (1927)

Schwanfeld BayrGZ 19091927.jpg (28000 Byte)Meldung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 19. September 1927: "Unter Beihilfe des Verbandes wurden folgende Stellen wieder besetzt. Thalmässing durch W. Goldberg aus Ichenhausen, Bechhofen durch E. Heimann, früher in Odenbach, Schwanfeld durch M. Selmansohn, bisher in Lübeck und Oberlauringen durch Schia Kraushaar, bisher in Frankfurt am Main."

    
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Zum Judenpogrom 1866 

Schwanfeld Israelit 23051866.jpg (31855 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1866: "Schweinfurt. Nach dem Schweinfurter 'Tagblatt' sollen im Orte Schwanfeld bei Werneck von einem Haufen Volks grobe Exzesse gegen die dortigen Israeliten verübt, insbesondere viele Fenster eingeworfen, und die Juden, deren man habhaft werden konnte, arg misshandelt worden sein."

     
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Abschied von Klara Bachmann (1900)       

Schwanfeld Israelit 17051900.jpg (140979 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1900: "Danksagung. Schon mehr als acht Tage sind verflossen, seitdem ein liebgewordenes, höchst verehrtes Mitglied unseres Vereins, nämlich Frau Klara Bachmann, den hiesigen Ort verlassen hat, um die Tage ihres Alters bei ihrer Tochter in Wiesenbronn zu verbringen. Ihr Scheiden von hier hat eine unausfüllbare Lücke in unserer Gemeinde und insbesondere in unserem Vereine verursacht und wir bedauern ihren Wegzug aufs Tiefste. Was sie uns geleistet, verdient auch über die Grenzen unseres Ortes hinaus bekannt zu werden. Ihre Tätigkeit beschränkte sich nicht nur auf unseren Verein, dessen eifrige Förderin sie war, und an dem sie mit der ihr eigenen warmen Liebe hing, sondern sie war bestrebt, allüberall mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ihre sanften Worte waren jedem Kranken Linderung, brachten jedem Trauriggestimmten Trost, Wohltätigkeit war ihre Parole. Sagen wir dieser herrlichen Frau unseren tief gefühltesten Dank für ihr wohltätiges Wirken. Möge derselben reichlicher Lohn zuteil werden und ihr ein recht glücklicher Lebensabend beschied sein. Amen. Wir fügen nebst diesen Wünschen noch die Versichtung an, dass wir dieser unserer lieben Freundin stets in Liebe und Hochachtung gedenken, und dass ihr Name uns immer als leuchtendes Vorbild vor Augen stehen wird. Zum Schluss rufen wir ihr noch herzliches Lebewohl zu. 
Der Frauenverein der israelitischen Kultusgemeinde Schwanfeld."    

 
Sonstiges  
Erinnerung an die jüdischen Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein für die in Schwanfeld geborene Regina Hirschhorn (1811-1907)  
Das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn      

Schwanfeld NY Cyprus 1782.jpg (122404 Byte)   Grabstein für 
"My beloved Mother 
Regina Hirschhorn
, Born in Schwanfeld, Bavaria, 
June 21, 1811 
Died Feb. 23, 1907".   

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge              
     
Die Einrichtung einer "Judenschule" wurde von der Ortsherrschaft bereits um 1579 gestattet. Vermutlich handelte es sich dabei um eine Betstube in einem der jüdischen Häuser gehandelt. Eine Synagoge wurde 1786 erbaut. 

Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Inneneinrichtung und die Ritualien vollständig zerstört. Das Gebäude blieb jedoch erhalten und wurde nach 1945 zunächst als Kino, später und bis zur Gegenwart als Wohnhaus verwendet. 
     
     
Adresse/Standort der Synagogeauf dem heutigen Grundstück Wipfelder Straße 17 
     
     
Fotos  
(Foto des ehemaligen Synagogengebäudes: Jürgen Hanke, Kronach; Schule und Gedenkstätte: Fotos von Elisabeth Böhrer)    

Das ehemalige 
Synagogengebäude 
zum Wohnhaus umgebaut 
Schwanfeld Synagoge 120.jpg (51173 Byte)  
   Gebäude auf Grundstück Wipfelder Straße 17  
     
Die ehemalige
 jüdische Schule
 
zum Wohnhaus umgebaut 
(Foto von 2014) 
Schwanfeld Schule 050.jpg (156227 Byte)  
   Gebäude auf Grundstück Wipfelder Straße 13   
     
Die Gedenkstätte am Tag der 
Einweihung im Juni 2006
 
Schwanfeld Gedenkstein 015.jpg (188344 Byte) Schwanfeld Gedenkstein 018.jpg (160860 Byte)
     
  Schwanfeld Gedenkstein 017.jpg (181031 Byte) Schwanfeld Gedenkstein 016.jpg (157815 Byte)
  Die am 4. Juni 2006 eingeweihte Gedenkstätte; der Gedenkstein hat die Inschrift: 
"Die Gemeinde Schwanfeld gedenkt  ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger
 - Zur Erinnerung und Mahnung"  
   

  
  
Einzelne Presseberichte   

Februar 2014: Auf den Spuren der jüdischen Kindheit   
Artikel von Hannes Helferich in der "Main-Post" vom 20. Februar 2014: "Auf den Spuren einer jüdischen Kindheit. 
Mark Dornhelm aus den USA besuchte die Orte, an denen seine Vorfahren gelebt haben

Es war keine leichte Reise – und es gab viele bewegende Momente: 1937 konnte Mark Dornhelms Mutter Emmy in die USA fliehen und entkam so dem Holocaust. Nun besuchte der 69-jährige Mark die Orte der Kindheit seiner Mutter. Emmy ist 1914 in Schweinfurt geboren, als zweites Kind von Jakob und Paula Rosenstock. Bis 1940 gelang der kompletten Familie die Flucht nach Amerika. Emmy Rosenstock heiratete in den USA Salomon Dornhelm. Sohn Mark wurde 1945, sein Bruder Richard 1943 geboren. Diese Woche besuchte Mark erstmals Schweinfurt. Abstecher unternahm er auch nach Schwanfeld und Euerbach, den Wohnorten der Vorfahren..."  
Link zum Artikel         
 
April/Mai 2015: Auf den Spuren der Vorfahren  
Artikel von Silvia Eidel in der "Main-Post" vom 5. Mai 2015: "SCHWANFELD. Zurück in einem anderen Leben. Das amerikanische Ehepaar Heiman suchte in Schwanfeld seine jüdische Familiengeschichte.   
Von außen beinahe unverändert steht das hellgrüne Haus Nummer 14 am Adenauerplatz. Einstöckig, das steile Dach weit heruntergezogen. Nur die Fenster wurden ausgetauscht, seit der jüdische Viehhändler Max Heimann 1937 sein Zuhause in Schwanfeld verkaufte, um mit Frau und Kind in die USA zu fliehen. Jetzt steht sein zweiter Sohn Sam im kleinen Hof, auf den Spuren seiner Familiengeschichte, und trifft unversehens auf den Enkel des damaligen Käufers..."
Link zum Artikel    

  
   

Links und Literatur 

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Schwanfeld mit Seite zur jüdischen Geschichte    
bulletDokumente zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Schwanfeld in den Central Archives in Jerusalem (pdf-Datei): hier anklicken     
Link zu den Central Archives: hier anklicken  
bulletNamen der jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf einer Liste des Hauses der Bayerischen Geschichte 
bulletSeite bei den Shtetlinks zu Schwanfeld   
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Schwanfeld (interner Link)

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 753.
bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 109-110.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 397-398. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 569-570.
bulletTheodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst und Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem und dem Jüdischen Museum Franken-Fürth & Schnaittach. Fürth 1998 Bd. 3 S. 702 (zu Schwanfeld).
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 240-241.     

Medien:  

bulletFilm von Dietmar und Olaf Schrader: "Geblieben sind die Namen - Geschichte einer jüdischen Gemeinde": hier anklicken     

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Schwanfeld, Lower Franconia, Germany. Jews are mentioned in 1298 in connection with the Rindfleisch massacres. The Jewish cemetery served numerous communities in the 17th-18th centuries. A synagogue was built in 1786 and 32 children were enrolled in the Jewish public school in 1850. The Jewish population numbered 230 in 1816 and declined steadily to 58 in 1933. Thirty-eight Jews left in 1960-40, 25 of them for the United States. On Kristallnacht (9-10. November 1938), the synagogue was vandalized and on 25 April 1942 eight Jews were deported to Izbica in the Lublin district (Poland). Three Jews were later sent to the Theresienstadt Ghetto. 
   
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020