Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Offenbach am Main (Kreisstadt, Hessen) 
Jüdische Geschichte / Synagoge
nach 1945 
  

Hinweis: Zur jüdischen Geschichte in Offenbach im 19./20. Jahrhundert (bis 1938/45) bestehen weitere Seiten:    

-   Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
-   Aus der Geschichte des Rabbinates und der jüdischen Schule  
-   Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde       
bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Offenbach und ihren Synagogen (bis zur NS-Zeit)  
bulletDer jüdische Friedhof in Offenbach  
bulletTextseiten: 

Übersicht über diese Seite:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde nach 1945    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos  
bulletEinzelne Presseberichte  
bulletLinks und Literatur   

   
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde nach 1945  - Jüdische Gemeinde Offenbach K.d.ö.R.              
   
Nach 1945 konnte eine - zunächst nur kleine - jüdische Gemeinde wiederbegründet werden. Ende Mai 1945 war als erster der früheren jüdischen Einwohner Chaim Tyson zurückgekehrt. Er war ursprünglich polnischer Staatsbürger, lebte aber bereits seit 1920 in Offenbach. Eine Liste jüdischer Einwohner nennt einige Wochen später 23 Personen, von denen nur zwei bereits früher in Offenbach ansässig waren. Die anderen Personen kamen aus dem Kreis der sogenannte jüdischen "Displaced Persons". 
 
Die Jüdische DP-Gemeinde / Jewish DP Community war 1945 eröffnet worden und wurde schon im Folgejahr 1946 in die deutsche Jüdische Gemeinde Offenbach integriert. Zu ihr gehörten im November 1945 35 Personen, im März 1946 50, im September 1946 50, im Mai 1947 60, im August 1947 51, im Januar 1948 149. im Oktober 1948 80, im März 1950 51 Personen. Vorsitzender der DP-Gemeinde wie auch der deutschen jüdischen Gemeinde war Max Willner. Das Gemeindezentrum der DP-Gemeinde war in der Kaiserstraße 106 / Goethestraße 1-5.
Informationen zur DP-Gemeinde Offenbach: https://www.after-the-shoah.org/offenbach-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/
 
Der obrn genannte Chaim Tyson erhielt mit Unterstützung des jüdischen US-Soldaten Sergeant Sally Landau die Genehmigung zur Gründung einer neuen jüdischen Gemeinde und zur Einrichtung eines Betraumes (s.u.). Ende 1945 gehörten (noch ohne die "Displaced Persons") etwas mehr als 30 Personen zur jüdischen Gemeinde, darunter auch Max Willner, der erster Gemeindevorsitzender wurde. Davon lebten elf außerhalb Offenbachs, in Weiskirchen, Seligenstadt, Langen und Mühlheim. Am 2. Oktober 1945 fand eine erste jüdische Gemeindesitzung statt. Zwei Tage zuvor war am 30. September 1945 in einer Feier Sergeant Sally Landau verabschiedet worden. Bei dieser Veranstaltung nahmen sämtliche Gemeindemitglieder sowie etwa 200 jüdischen Damen und Herren von der Militärregierung wie auch der damalige Frankfurter Rabbiner Dr. Neuhaus teil.   
 
In den 1950er-Jahren ging die Zahl der Gemeindeglieder der jüdischen Gemeinde Offenbach langsam zurück, sodass man bereits an eine bevorstehende Auflösung der Gemeinde dachte: von 1949 ca. 175 auf 1958 ca. 90 Gemeindeglieder.     
  
In den 1960er-Jahren war Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Offenbach weiterhin Max Willner, seine Stellvertreter Ignaz Jakubowitz und Chaim Tyson. Die Zahl der Gemeindeglieder stieg wieder an: 1966 zählte die Gemeinde insgesamt 277 Mitglieder, zehn Kinder erhielten Religionsunterricht. Ende 1969 war die zahlenmäßige Stärke der jüdischen Gemeinde Offenbach 499. 1970 662, 1971 690.     
  
In
den 1990er-Jahren erfolgte ein Zuwachs von neuen Gemeindegliedern aus den GUS-Staaten. Der Gemeinde gehörten 2011 etwa 830 Personen an, 2016 etwa 800. Sitz der Gemeindeverwaltung ist bei der Synagoge in der Kaiserstraße 109. Neben der Synagoge bestehen an Einrichtungen: ein Kindergarten, eine Gemeindebibliothek, eine koschere Küche im Gemeindehaus, ein Jugendzentrum "Darkejnu" sowie ein Seniorenclub, ein Frauenclub, ein Schachclub und Schach für Kinder, eine Tanzgruppe, eine WIZO-Gruppe und ein Chor. Religionsunterricht wird Kindern und Jugendlichen erteilt.   
 
Derzeitige Gemeindevorsteher (2020) sind Prof. Alfred Jacoby (Vorsitzender seit 1994) und Mark Dainow (stellvertretender Vorsitzender). 
 
2020 umfasst die Gemeinde je nach Zählung zwischen 800 und 1000 Mitglieder, von denen die Hälfte seit den 1990er-Jahren aus den ehemaligen GUS-Staaten eingewandert ist.
  
Rabbiner der Gemeinde ist seit 1998 Menachem Mendel Gurewitz (vgl. Website www.chabadoffenbach.de/).  
Kontakt zur Gemeinde über E-Mail: info[et]jgof.de (Ansprechpartner Henryk Fridman). 
Aktuelle Informationen zur jüdischen Gemeinde Offenbach in der Website des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen: https://lvjgh.de/gemeinden/offenbach/aktuelles/  
   
   
 
Persönlichkeiten        

Max Willner (geb. 1906 in Gelsenkirchen, lebte später in Berlin und war von 1939 bis 1945 in verschiedenen Lagern inhaftiert (Sachsenhausen, Auschwitz, Flossenbürg und Dachau). Nach seiner Rückkehr war Max Willner von 1946 bis 1952 als Stadtamtmann in Offenbach (Stadtkrankenhaus) tätig. Von 1954 bis 1957 war er Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen und von 1959 bis 1979 Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle sowie seit 1964 Geschäftsführer des jüdischen Gemeinde-Fonds Hessen, Württemberg, Baden usw.. Max Willner, der Zeit seines Lebens Vorsitzender der neuen jüdischen Gemeinde Offenbachs blieb, starb 1994 in Offenbach. 1993 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde Offenbachs verliehen. In Offenbach ist ein Platz nach ihm benannt.
(Foto aus Arnsberg Bilder S. 174)  
  
Prof. Dr. Herbert Lewin (geb. 1899 in Schwarzenau/Ostpreußen): als Arzt 1923 bis 1937 in Berlin tätig, von 1937 bis 1941 Chefarzt des Jüdischen Krankenhauses in Köln. Von 1941 bis 1945 im Konzentrationslager. Ab 1946 zunächst tätig an der Universitäts-Frankenklinik in Köln. Seit 1950 war er als Frauenarzt und Direktor der Städtischen Frauenklinik in Offenbach tätig, gleichzeit als Professor an der Universität Frankfurt. Seit 1957 war er Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen. In den 1960er-Jahren Mitglied des Direktoriums des Zentralrates der Juden in Deutschland (Vorsitzender); auch Mitglied des Bundesgesundheitsrates, Vorsitzender beim Keren Hayessod und ab 1955 Präsident der Jugend-Alijah in der Bundesrepublik. Er lebte in Heusenstamm.  
(Foto aus Arnsberg Bilder S. 175)
 
Prof. Alfred Jacoby (geb. 1950 in Offenbach als Kind polnischer Holocaust-Überlebender): aufgewachsen in Offenbach, dann Frankfurt, Schulbesuch in England, Studium an der Cambridge University und der ETH Zürich; Architekt, zunächst in Österreich, seit 1980 eigenes Architekturbüro in Frankfurt am Main; langjähriger Prof. für Architektur an der Hochschule Anhalt, Gründer und Leiter der "Dessau International Architecture Graduate School". Jacoby baute insbesondere zahlreiche Synagogen im In- und Ausland: 1988 Darmstadt, 1994 Heidelberg, 1995 Aachen, 1997 Offenbach am Main, 2000 Kassel, 2002 Chemnitz, 2009 Park City, Utah / USA, 2008-10 Osnabrück, 2011 Speyer, 2013 Trauerhalle Jüdischer Friedhof Bremen; geplant: Dessau und Baden-Baden. Seit 1998 ist Jacoby Vorsteher der jüdischen Gemeinde Offenbach.
Vgl. Artikel von Neli Mihaylova in Echo-online.de vom 13. Januar 2018: "Der Frankfurter Architekt Alfred Jacoby hat zahlreiche Synagogen in Deutschland entworfen, darunter die in Darmstadt..."  Link zum Artikel   
Vgl. Artikel in der Website von offenbach.de: "Prof. Alfred Jacoby: 'In Offenbach gibt es einfach ein Verständnis für jüdisches Leben'..."   Link zum Artikel    

    
   
 
   
Zur Geschichte der Synagoge   
   
Vgl. hierzu der Beitrag: Ein fast uferloser Optimismus - Offenbachs Synagogen nach 1945  
(in der Website der Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft Offenbach e.V. und in der Website der Stadt Offenbach)   
    
Nach 1945 richtete die neu entstandene jüdische Gemeinde im ehemaligen Schulraum im früheren Synagogengebäude an der Goethestraße einen Betsaal ein. Dieser wurde am 20. Juli 1945 eingeweiht; am Gottesdienst nahmen jüdische US-Soldaten und Vertreter der Behörden wie der christlichen Kirchen teil. Die Stadt Offenbach bot der Gemeinde bereits 1946 an, eine neue Synagoge zu bauen. In der Annahme, dass auch die wenigen Juden Offenbachs alsbald Deutschland verlassen würden, lehnte der damalige Gemeindevorstand das Angebot ab. Zwei Jahre später wiederholte die Stadt ihr Angebot, was schließlich zum Bau der neuen Synagoge führte:      
1955 bis 1956 konnte unter dem Gemeindevorsitzenden Max Willner eine neue Synagoge auf einem Gartengrundstück gegenüber der alten Synagoge erbaut werden. Sie wurde am 2. September 1956 eingeweiht, zwei Wochen vor Rosch HaSchana, dem Neujahrsfest. Architekt dieser Synagoge war Hermann Zvi Guttmann, einer der wichtigsten Synagogenbauern nach 1945. Es war die erste neu eingeweihte Synagoge in Hessen nach der Shoa. Es handelte sich um ein relativ kleines Bethaus mit 90 Plätzen. Mitte der 1990er-Jahre wurde die Synagoge unter Denkmalschutz gestellt, nachdem im Blick auf Neubaupläne zunächst auch ein Abriss der Synagoge überlegt wurde.
 
Nach der starken Zuwanderung in den 1990er-Jahren reichte die Synagoge nicht mehr aus. 1997 bis 1998 wurde sie nach Plänen des Gemeindevorsitzenden und Architekten Prof. Alfred Jacoby umgestaltet und erweitert. Der Synagogenraum wurde auf 160 Plätze erweitert.
Weitere Informationen zur Architektur siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Synagoge_(Offenbach_am_Main)  
    
    
Adresse/Standort der Synagoge  Kaiserstraße 109    
   
   
Fotos    

  Die 1956 eingeweihte Synagoge Anfang der 1960er-Jahre
(Fotos: Arnsberg Bilder S. 173; 
Quelle: Stadtarchiv Offenbach)
 Offenbach Synagoge neu 110.jpg (68423 Byte) Offenbach Synagoge neu 111.jpg (57880 Byte)  
  Außenansicht der Synagoge Inneres der Synagoge
     
Das jüdische Gemeindezentrum 
mit der Synagoge im Mittelpunkt
im Jahr 2002
(Fotos: Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft
Außenaufnahmen: Wikipedia Commons)
 

  Offenbach Synagoge n110.jpg (21530 Byte)

     

   
   
 
Einzelne Presseberichte       

Juni 2018: Der jüdische Kindergarten steht unter Polizeischutz 
Artikel von Fabian Scheuermann in der "Frankfurter Rundschau" vom 16. Mai 2018: "Kinder in Offenbach. Kindergarten steht unter Polizeischutz
Auch Eltern anderer Religionen schätzen die jüdische Kindertagesstätte in Offenbach, auch wenn sie mit ihren Kindern eine Sicherheitsschleuse mit Wachdienst passieren müssen.
In Israel wird dieser Tage der erste Weizen geerntet. Zeit also, Schawuot zu feiern – eine Art jüdisches Erntedankfest. Auch in Offenbach ist das so. In der Kita der jüdischen Gemeinde in der Kaiserstraße haben die Kinder aus diesem Grund mediterrane Früchte wie Oliven, Datteln, Feigen und Granatäpfel gemalt und mitsamt ihrer hebräischen Bezeichnungen an die Wand des hellen Flures im Kindergarten geklebt. Am Freitag wird dann Schawuot gefeiert – mit Gesang, Bastelei und Käsekuchen für alle. Und natürlich mit jüdischen Geschichten. 'Wir sind offen für alle Familien, die unsere Abläufe akzeptieren', sagt Rimma Jumaschev, die in dem Kindergarten seit seiner Eröffnung vor zwanzig Jahren arbeitet und ihn seit zehn Jahren leitet. 'Unsere Abläufe', das heißt: Hier werden keine christlichen Feste wie Weihnachten gefeiert, sondern jüdische wie Purim oder Pessach. Auch die jüdische Geschichte lernen die Kinder zwischen drei und sechs Jahren spielerisch kennen und es werden Lieder auf Hebräisch gesungen. Doch nur etwa ein ein Viertel der 40 Kinder kommt aus jüdischen Familien. Der Rest ist christlich, atheistisch oder muslimisch. Muslimische Eltern schätzten an dem Kindergarten unter anderem, dass es dort kein Schweinefleisch gibt, erzählt der geschäftsführende Vorstand der jüdischen Gemeinde in Offenbach, Henryk Fridman. Wenn man ein solch friedliches Miteinander der Religionen bereits in der Kita mitbekommen hat, präge das die Art und Weise, wie man später mit anderen Weltanschauungen umgehe, sagte am Dienstag Hessens Integrationsminister Stefan Grüttner bei einem Besuch der jüdischen Kita zusammen mit Kultusminister Alexander Lorz (beide CDU). Jüdische Gemeinden setzten sich hessenweit für das friedliche Miteinander der Religionen ein, sagte der Kultusminister. Zwanzig Jahre nach seiner Gründung ist der kleine jüdische Kindergarten auf dem Gelände der Synagoge in der Offenbacher Kaiserstraße nicht mehr aus der Kita-Landschaft in der Stadt wegzudenken. Doch zur Normalität gehören hier nicht nur Kinder 'aus aller Herren Länder', wie die aus Moldawien stammende Rimma Jumaschev es ausdrückt – sondern auch, dass vor dem Gebäude stets ein Polizeiwagen steht. Und morgens müssen die Kinder mit ihren Eltern eine Sicherheitsschleuse mit Wachdienst passieren. Von außen ist der Kindergarten kaum als solcher zu erkennen. 'Wir wollen die Kita nicht abschotten, aber wir müssen uns einfach schützen', sagt Fridman. Er sagt aber auch, dass es seinem Eindruck nach in Offenbach weniger offen zur Schau gebrachten Antisemitismus gebe als in anderen Städten. Das sagt er, obwohl Offenbachs Rabbiner Mendel Gurewitz – der mit seinem langen Bart und dem großen schwarzen Hut eine auffällige Erscheinung ist – schon mehrfach auf der Straße angepöbelt wurde. Schlagzeilen machte ein Vorfall vor fünf Jahren im Komm-Einkaufszentrum, wo Gurewitz von Jugendlichen beleidigt, verfolgt und körperlich bedrängt wurde. Auf Vermittlung der Polizei lud die jüdische Gemeinde die geständigen Täter später ins Gemeindezentrum ein. 'Das war ein Aha-Erlebnis', sagt der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Offenbach, Alfred Jacoby – und ergänzt: 'Das war wirklich gut.' In der Kita selbst merkt man nichts von den Sicherheitsvorkehrungen. Doch der verfügbare Platz auf dem Gelände der Gemeinde ist beschränkt: So reicht der kleine Spielbereich mit Sandkasten und Spielgerät bis zur Synagoge heran. 'Wir würden hier gerne eine Krabbelstube einrichten, aber dafür fehlt uns einfach der Platz', sagt Henryk Fridman. Und eine Erweiterung außerhalb des Geländes sei wegen der nötigen Sicherheitsmaßnahmen nicht möglich. Was aber geht, ist eine Erneuerung von innen: Aus Anlass des zwanzigjährigen Bestehens der Kita hat der Gemeindevorstand Anfang des Jahres in neue Tische, Stühle und in große neue Spielmöbel aus Holz investiert." 
Link zum Artikel  
 
September 2018: Eine neue Torarolle wurde für die Synagoge geschrieben      
Artikel von Jan Schuba in der "Offenbacher Post" (op-online.de) vom 4. September 2018: "500 Buchstaben fürs 'volle Herz'. Vollendung der Thora-Rolle im Rathaus
Offenbach
- Ein ganz besonderes Geschenk haben Mitglieder der jüdischen Gemeinde anlässlich des Dienstjubiläums von Mendel Gurewitz gemacht: Über eine neue Thora-Rolle darf sich der Rabbiner freuen, der die Offenbacher Gemeinde seit nunmehr 20 Jahren leitet.
Die Übergabe gestaltete sich als besonderer Akt. Die Gesetzesrolle mit 55 Abschnitten und mehr als 600.000 handgeschriebenen Buchstaben wurde erst kurz vor der Überführung in die Synagoge gemäß jüdischer Tradition mit Feder und Tinte zu Ende geschrieben. Dieses ebenso feierliche wie fröhliche und gesellige Ereignis fand im Foyer des Rathauses statt, bevor die Rolle in die Neue Synagoge an der Kaiserstraße gebracht wurde. Natürlich sind zahlreiche Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Offenbach und weitere Mitglieder und Vorsitzende von Gemeinden in ganz Hessen in Offenbach zugegen, um das Jubiläum von Rabbi Gurewitz samt Thora-Fertigstellung zu feiern. Neben Offenbacher Stadtprominenz aus dem Rathaus ist Hessens Sozialminister Stefan Grüttner zu Gast. Aber auch Rabbiner und Thora-Gelehrte aus ganz Deutschland sind zum Mitfeiern gekommen. 'Wir sind alle daran beteiligt, denn es ist uns wichtig, dass das jüdische Leben hier in Offenbach wieder präsent ist', sagt Avichai Apel, Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Frankfurt. Mendel Gurewitz ist täglich aktiv in der Stadt, nicht nur, um sich um seine Gemeinde zu kümmern und sie zu stärken, sondern auch, um das Verständnis zwischen den Religionen und Kulturen zu fördern. Die Thora-Rolle ist der heiligste und somit wichtigste Gegenstand, der in einer Synagoge zu finden ist: 'Die Thora entspricht den fünf Büchern Moses im Alten Testament', erläutert Avichai Apel, 'es ist das Buch, das die Juden von Gott am Berg Sinai erhalten haben und das das Judentum als Eckstein genommen hat.' Seitdem habe sich die Schrift bis heute nicht verändert. Den Juden bedeutet die Thora Lehre und Tradition: 'Dort sammeln sich die Gebote und die Geschichte über unsere Geschichte.' Mit der Hand werden die Abschnitte der Thora auf eine Pergamentrolle geschrieben. Kurz vor dem Ende wird zunächst auf etwa 500 Zeichen verzichtet. Dann gibt man Menschen bei einer Zeremonie die Ehre, das Dokument zusammen zu vollenden. Nur durch das gemeinsame Beenden der Schrift gewinne die Thora sozusagen ihr volles Herz: 'Wir haben eine ganz wichtige Regel', erzählt Apel, 'eine Thora-Rolle, in der auch nur ein Buchstabe fehlt, ist nicht koscher.' Die Verse, die an diesem Sonntag vervollständigt werden, erzählen von der letzten Lebenssituation Mose und der Lage nach seinem Tod: Das Volk verabschiedet sich von seinem Anführer, dessen Stärke nicht nur für seine gegenwärtigen Anhänger von Bedeutung ist, sondern auch für die vielen nachkommenden Generationen. Ein professioneller Schreiber trägt die Schriftzeichen mit dem Federkiel auf das Pergament auf: Jeder Besucher, der möchte, darf den Schreiber beauftragen, in seinem Namen Buchstaben zur Vollendung der Thora-Rolle hinzuzufügen. Nachdem das Schriftstück vollendet ist, wird es in die Synagoge gebracht, wo es sein endgültiges Zuhause findet. Dreimal in der Woche wird die Thora hervorgeholt, um daraus zu lesen: montags, donnerstags und, am wichtigsten, am Sabbath – das ist im Judentum der siebte Wochentag, an dem keinerlei Arbeit verrichtet werden darf. 'Dann interpretiert man, man lernt daraus und lässt sich davon inspirieren', erzählt Avichai Apel über die Lesungen am Sabbath, der am Abend eines Freitags beginnt und bis zum Sonnenuntergang des Samstags dauert. Die neue Thora ist jetzt ein besonderer Schatz in der Neuen Offenbacher Synagoge an der Kaiserstraße. Sie war die erste Synagoge, die nach dem zweiten Weltkrieg in Hessen entstand. Erbaut wurde sie 1956, nachdem die alte Synagoge, das heutige Capitol-Theater, 1938 von den Nazis geschändet wurde und nach Rückübergabe an die jüdische Gemeinde nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Zweck zu nutzen war."  
Link zum Artikel       
 
Vgl. Aktuelle Berichte in der Website des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Hessen: https://lvjgh.de/gemeinden/offenbach/aktuelles/     

    
     

   
Links und Literatur    

Links:   

bulletWebsite der Stadt Offenbach  
bulletWebsite der Jüdischen Gemeinde Offenbach am Main: https://jgof.de/   
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Synagoge_(Offenbach_am_Main)   
bulletWebsite der Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft e.V.   https://www.dienemann-formstecher.de/   
bulletSeite zu Offenbach in der Website des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen:  https://lvjgh.de/gemeinden/offenbach/ 
bulletSeite zu Offenbach in der Website der "Jüdischen Allgemeinen"   https://www.juedische-allgemeine.de/gemeinden/offenbach/  
bulletSeite zu Offenbach in der Website des Zentralrates der Juden in Deutschland: https://www.zentralratderjuden.de/vor-ort/gemeinden/projekt/juedische-gemeinde-offenbach-kdoer/  

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II.  S. 176-180.
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 158-176.    
bulletErnst Roth: Die Juden im 1000-jährigen Offenbach am Main. In: UDIM VII-VIII. 1977/78. Frankfurt am Main S. 159-174. 
bulletK. Werner: Zur Geschichte der Juden in Offenbach am Main. Offenbach 1988.   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 49-57. 
bulletMoritz Neumann (Hrsg.): Max Willner - Würdigung eines verdienten Mannes. Frankfurt am Main / Albsach 1991. 

  
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.  

Offenbach am Main  Hesse. Revived after Worldwar II, the community numbered 662 in 1970.   
     
      

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 17. April 2020