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im Kreis Offenbach"
Weiskirchen
(Gemeinde Rodgau, Kreis Offenbach)
mit Dudenhofen, Hainhausen, Jügesheim und Nieder-Roden
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Helmut Trageser,
Heimat- und Geschichtsverein Weiskirchen)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Weiskirchen bestand eine
jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück. Ein erster Nachweis auf einen jüdische Einwohner am
Ort liegt in einer Kirchenrechnung von 1766 oder 1769 hervor und erwähnt
im Zusammenhang mit Wachslieferungen den "Juden von Weiskirchen".
Erste Erwähnung eines
Juden am Ort
(Kopie zugesandt von Helmut Trageser) |
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"Weißkircher
Kirchen-Rechnung pro anno 1766 oder 1769,
geführt durch
Jacob Bischoff..." |
Es geht um "gelieffertes
Wachs".... Item dem Juden von Weiskirchen
für
dergleichen 10.50" |
Um 1790 müssen bereits mehrere jüdische Familien am Ort
beziehungsweise in der Umgebung gelebt haben, sonst wäre die Einrichtung eines
Betsaales 1793 nicht möglich gewesen (s.u.).
1828 lebten 16 jüdische Personen am Ort,
1861 39 (5,5 % der Gesamtbevölkerung), 1871 51 (7 % d.G.), danach ging die Zahl
durch Aus- und Abwanderung zurück (1880 28, 1900 30, 1910 34 Personen, d.h. 2,6
% d.G. von 1.291 Einwohnern). Zur jüdischen Gemeinde
Weiskirchen gehörten auch die in Dudenhofen (1830: 18 Personen, 1905: 2, 1932:
3; es handelte sich um die Familie Reinhardt), Hainhausen (1830: 3, 1905: 10, 1932: 6),
Jügesheim (1830: 1, 1932: 1) und Nieder-Roden
lebenden jüdischen Personen.
Anmerkung: möglicherweise gehörten die wenigen in Nieder-Roden lebenden
jüdischen Personen (Familie Reis) auch mit denen aus Ober-Roden zur Gemeinde in
Urberach.
An Einrichtungen bestanden eine Betstube beziehungsweise eine Synagoge in
Weiskirchen (s.u.), eine Religionsschule sowie vermutlich auch ein rituelles
Bad. Die Toten der jüdischen
Gemeinde wurden in Heusenstamm beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet fungierte (vgl.
Ausschreibungen der Stelle von 1875 und 1887 s.u.). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in
Offenbach. Zur "Unterstützung armer Leute" gab es in der Gemeinde
die "Geschwister-Meyer-Stiftung".
Die jüdischen Gewerbetreibenden verdienten ihren Lebensunterhalt als
Manufakturwarenhändler (4) oder Rindsmetzger (2); es bestand eine jüdische
Gastwirtschaft am Ort und eine Sattlerei, die einer jüdischen Familie gehörte.
1904 waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde Carl Meyer I, Moses
Wetterhahn und Emanuel Fuld (siehe Artikel unten). Von ihnen war Carl Meyer
bereits seit 1885 Gemeindevorsteher.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: aus Weiskirchen
Gustav Meyer (geb. 8.9.1895 in Weiskirchen, gef. 17.8.1917) sowie aus Hainhausen
Samuel Mayer (geb.
24.6.1880 in Hainhausen, gef. 17.4.1918).
Um 1924, als in Weiskirchen noch 36 jüdische Gemeindeglieder gezählt
wurden (in elf Familien; 2,4 % der Gesamteinwohnerschaft von etwa 1.500 Personen), waren die
Vorsteher der Gemeinde Michael Meyer, Emanuel Fuld, Sali Wetterhahn und Karl
Meyer II. 1932 wurden 30 jüdische Einwohner in Weiskirchen gezählt, dazu kamen
die insgesamt neun Personen in den angeschlossenen Orten. Vorsteher waren
weiterhin Michael Meyer (1. Vorsitzender), Emanuel Fuld (2. Vorsitzender), neu
Hermann Schönberg (3. Vorsitzender). Als Schriftführer ist Sali Wetterhahn
eingetragen.
Die
Adressen der jüdischen Familien waren bis in die 1930er-Jahre: Familie Fuld
(Textilhändler, Hauptstraße 48), Familie Lilienthal (Sattlerei, Waldstraße 4),
Familie Lilienthal (Metzgerei, Falltorstraße 6), Familie Meyer (Meier Meyer und
Karl Meyer II. Gasthaus
Darmstädter Hof, Schillerstraße 7), Familie Michael Meyer
(Manufakturwarenhändler, Hauptstraße 52), Familie Seligmann Meyer
(Haushaltswaren, Hauptstraße 63), Familie Schönberg (Textilkaufmann, Hauptstr.
85), Familie Wetterhahn (Viehhändler, Hauptstraße 91). Im Gemeinderat der
Gemeinde Weiskirchen war seit 1929 Karl Meyer II.
1933 lebten noch 32 jüdische Personen in Weiskirchen. Auch hier begannen
die antijüdischen Maßnahmen mit Boykott. So wurde am 1. April 1933 von
SA-Leute genau registriert, wer das "jüdische Gasthaus" (Darmstädter
Hof) besuchte. Als der Inhaber des Gasthauses Karl Mayer im April 1933 schwer
erkrankte, marschierten Nationalsozialisten mit Gewehren um sein Haus. Als er am
25. Juni 1933 starb, wurde verboten, zur Beerdigung nach Heusenstamm zu gehen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Ladengeschäft von Seligmann Meyer
(Haushaltwaren) geplündert und und die Einrichtung vollkommen
zerschlagen/zerstört. Bis zum Beginn der Deportationen ist ein Teil der
jüdischen Einwohner weggezogen beziehungsweise ausgewandert (zehn in die USA,
sechs nach
Argentinien), andere sind in die Städte verzogen (Offenbach, Frankfurt am
Main). Im September 1942 wurden insgesamt vier Personen nach Polen und Theresienstadt
deportiert; zwei Frauen konnten nach 1945 nach Weiskirchen zurückkehren
(nichtjüdisch verheiratet).
Von den in Weiskirchen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben von H. Trageser, Heimat- und
Geschichtsverein Weiskirchen): Johanna Lilienthal geb.
Reis (1888), Karl Manfred Lilienthal (1928), Theodor
Lilienthal (1911), Friedrich Meyer (1898), Henriette (Henny) Meyer (1900), Johanna Meyer
geb. Selig (1868), Milli Schlösser geb.
Lilienthal (1909), Frieda Selig (1866), Paula Stern (1880).
Aus Dudenhofen sind umgekommen: Amalie Reinhardt geb. Rheinstein (1876), Helene Klasen geb.
Reinhardt (1882), Adolf Reinhardt (1877; vgl. Artikel unten von 1911), Sara
Schloss (1878), Sophie Simon geb. Reinhardt (1903).
Anmerkung: Amalie und Adolf Reinhardt waren die Eltern von Sophie Simon geb.
Reinhardt, die gemeinsam mit ihrem Ehemann, Isidor Simon aus Egelsbach
(und ihren beiden Söhnen Kurt und Ludwig) nach Minsk deportiert und ermordet
wurden. Sophie lebte nach ihrer Hochzeit etwa seit 1923 in Egelsbach.
Die oben genannte Helene Klasen geb. Reinhardt war die jüngere Schwester von
Adolf Reinhardt.
Aus Jügesheim sind umgekommen: Martha Deisinger geb. Reinhard (1911), Maria Jäger
geb. Steinlauf (1896), Johanna (Jette) Reinhard (1900), Rosa Reinhard (1884),
Berta Hedwig Reinhard (1905).
Aus Nieder-Roden ist umgekommen: Markus (Marcus) Reis (1866, siehe
Kennkarte unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeiner
Artikel
über die jüdischen Gemeinden im Kreis Offenbach / im Rodgaugebiet (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1924: "Bürgel
bei Offenbach, 14. April. Die Gemeinde Bürgel am Main wird im Laufe
dieses Sommers noch auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken. Die
Gemeinde wird diesen Tag festlich begehen. Im Kreise Offenbach
befindlichen sich noch einige israelitische Gemeinden die überhaupt schon
lange bestehen. Die kleine Gemeinde in Heusenstamm wurde gleich nach dem
30jährigen Krieg gegründet, wie das Memorbuch ausweist. Eine alte
Gemeinde ist auch Weiskirchen und ferner Dietzenbach. Auch in dem
Rodgaugebiete befinden sich noch einige kleine Gemeinden, die sich zum
Teil zum orthodoxen Standpunkte bekennen." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1875 und
1887
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Februar 1875:
"Die israelitische Religionslehrer-Stelle zu Weiskirchen, Kreis
Offenbach am Main, mit einem jährlichen Gehalte von 514 Mark 29 Pfennig
ist vakant und kann alsbald vergeben werden. Bewerber wollen sich mit
ihren Zeugnissen an den unterzeichneten Vorstand wenden. Weiskirchen, am
27. Januar 1875. Der Vorstand: M. Meyer". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1887:
"Die Israelitische Gemeinde zu Weiskirchen [Hessen] bei Seligenstadt
am Main sucht einen israelitischen Lehrer per 1. März 1887. Gehalt per
Jahr 600 Mark, ca. 200 Mark für Schlachten und Nebenverdienste. Polen
werden nicht berücksichtigt. Der Vorstand Carl Meyer." |
|
Anzeige
in der
Zeitschrift "Der Israelit" am 5. Mai 1887: "In der hiesigen
israelitischen Gemeinde ist die Stelle eines Lehrers und Schochet per
sofort zu besetzen.
Fester Gehalt 600 Mark, Schechita ca. 150 Mark.
Bewerber mit guten Zeugnissen versehen, wollen sich alsbald an den
unterzeichneten Vorstand melden.
Carl Meyer in Weiskirchen bei Seligenstadt am Main." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Lob
der (jüdischen) Weißgerberei Mayer und Feistmann in Offenbach durch
(nichtjüdische) Familien in Ober-Roden (1870)
Anmerkung: Nichtjüdische Familienväter aus Nieder-Roden, die normalerweise
bei der Weißgerberei Mayer und Feistmann in Offenbach arbeiteten, waren zum
Kriegseinsatz an der Front; in dieser Zeit wurden ihre Familien von der Firma
offenbar großzügig unterstützt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1870: "Nieder-Roden,
20. Oktober (1870). Von den vielen Edlen, die genannt oder ungenannt,
öffentlich oder im Stillen Gutes tun, verdient gewiss die Weißgerberei
Mayer und Feistmann in Offenbach eine laute Anerkennung, welche zu
zollen wir nicht versäumen wollen. Vier hiesige Familien von ihm Krieg
stehenden Soldaten, wovon die Männer in diesem Geschäftshaus früher in Arbeit
standen, wurden bisher per Woche unterstützt. Wenngleich es dafür
bürgt, dass sich diese Militärs durch ihren Fleiß und ihr Betragen die
Liebe und das Vertrauen ihrer Arbeitgeber erwarben, so ist's aber doch
auch ein klarer Beweis von dem guten Sinn dieses Geschäftshauses, zumal
außer den hier genannten 18 Familien, wie man hört, von demselben in
gleicher Weise unterstützt
werden." |
Vorstandswahlen 1904
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Februar
1904: "Aus dem Rodgau. Bei der am 5. dieses Monats in Weiskirchen
vorgenommenen Vorstandswahl der dortigen Gemeinde wurden gewählt: Herr
Carl Meyer, Moses Wetterhahn, Emanuel Fuld. Die beiden letzten Herren
treten neu ein. Herr C. Meyer fungiert bereits über 19 Jahre als
Vorsteher." |
Verschiedene Mitteilungen aus Dudenhofen, Weiskirchen und Obertshausen (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juli 1911:
"Aus dem Rodgau. Bei dem Kreisfeuerwehrfeste in Dudenhofen
i.R. wurde die Festrede Herrn Adolf Reinhardt (sc. Mitglied der
jüdischen Gemeinde) übertragen, der sich dieser Aufgabe gut entledigte.
Noch sei bemerkt. das Herr Reinhardt Vizepräsident bei dem
Kampfgenossenverein und ebenso auch Vorsitzender beim Hessischen
Dragoner-Verein ist.
In Weiskirchen ist Herr Carl Meyer Mitglied des
Gemeinderats-Kollegiums (sc. der bürgerlichen Gemeinde). Die Synagoge
daselbst ist nach größeren Kosten für die Renovationen wieder
hergerichtet, sodass der Gottesdienst wieder regelmäßig stattfinden
kann.
Bei der Grundsteinlegung der katholischen Kirche in Obertshausen
wurde Dr. Wolf in das Ehrenkomitee gewählt und von Pfarrer Eich
selbst hierzu vorgeschlagen." |
Die jüdischen Einwohner in den Landgemeinden werden weniger (1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1922: "Aus
dem Kreise Offenbach. In dem letzten Jahrzehnt sind auch einige
Gemeinden des Kreises ganz bedeutend an Seelenzahl zurückgegangen. So die
Gemeinden Dietzenbach, Dreieichenhain und
Weiskirchen. In Bieber sind fast
alle eingewanderten Polen wieder nach ihrer Heimat zurückgekehrt. In
Obertshausen und Hausen h.d.S. wohnten früher auch einige israelitische
Familien. Es ist infolge der kritischen Zeiten zahlreichen kleinen
Gemeinden nicht mehr möglich, einen Kultusbeamten anzustellen, und auf
Zuwachs ist nicht mehr zu rechnen." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Sette Meyer geb. Lehmann in
Hainhausen (1904)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. April
1904: "Aus Hessen. Dieser Tage verstarb Frau Sette Meyer geb.
Lehmann in Hainhausen, eine Esches chajil (wackere Frau) in
des Wortes wahrem Sinne. Fromm und gottergeben, war sie zu jederzeit ihrem
Manne eine treue Gattin, ihren Kindern die liebe und sorgsame Mutter. Auch
der Armen gedachte sie oft und gab nach ihren Kräften. Ihre große
Beliebtheit zeigte sich nochmals bei ihrem letzten Tritt zum Grabe, woran
sich auch andere Konfessionen beteiligten. Möge ihr die Erde leicht
sein." |
Karl Meyer II. wird in den
Gemeinderat gewählt (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Januar
1911: "Aus dem Rodgau. Im Rodgau selbst haben niemals viele
Juden gewohnt, doch sind ihre Ansiedlungen von altersher schon
nachgewiesen. Die Juden treiben noch recht fleißig Ackerbau und
Viehzucht, ernähren sich auch vielfach von Viehhandel und Hausierhandel
und sonstigen Wirtschaftsgewerben. Friedlich leben die verschiedenen
Konfessionen nebeneinander. Vom Antisemitismus ist man nur wenig berührt.
In Weiskirchen ist am 1. Januar Karl Meyer II. in den Gemeinderat
eingetreten. Die allgemeine Beliebtheit dieses jungen Mannes ließ es zu,
dass sogar Zentrumsleute ihm die Stimme gaben. Die altrenommierte
jüdische Wirtschaft zum 'Darmstädter Hof' ist zugleich Sitz mehrerer
Ortsvereine". |
Zum Tod von Sarah Reinhardt in Dudenhofen (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juli 1915: "Dudenhofen,
27. Juni (1915). Am vergangenen Sonntag trug man hier Frau Sarah Reinhardt,
eine wackere Frau in des Wortes bester Bedeutung zu Grabe. Sie hat
es verstanden, sich überall großes Ansehen zu erwerben und als würdige
Vorsteherin des einzigen jüdischen Hauses am Platze dem Judentum Ehre zu
machen. Ein Sohn, welcher im Felde steht, legt Zeugnis von der im
Elternhause gewordenen Erziehung zur Treue gegen das Vaterland und das
Judentum ab. Bei der in Babenhausen erfolgten Beerdigung gab die große
Beteiligung und die herzliche Grabrede des Herrn Lehrer Kaufmann, Dieburg,
ein Bild von dem großen Verlust, den die Familie erlitten. Ihre Seele
sein eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Rosa Meyer geb. Ehrlich (1916)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1916: "Weiskirchen.
Am 8. Dezember starb hier Frau Rosa Meyer geb. Ehrlich, Witwe des vor 7
Jahren verstorbenen ersten Vorstehers der Gemeinde, Carl Meyer, tief
betrauert von ihren Kindern und Anverwandten. Sie war eine 'esches
chajil' (wackere Frau) in des Wortes wahrem Sinne. Durch ihre
Frömmigkeit und ihrem von echt jüdischem Geiste getragenen
Wohltätigkeitssinn hinterlässt sie ein warmes Gedenken bei all denen,
mit denen sie in Berührung kam. - Im Trauerhause schilderte Rabbiner Dr.
Goldschmidt, Offenbach, den Lebenslauf dieser frommen Frau und sprach dann
am offenen Grabe noch tief empfundene Worte des Abschieds." |
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Foto der Eheleute
Carl Meyer I und seiner Frau Rosa geb. Ehrlich.
Carl Meyer I war viele Jahre Vorsteher der jüdischen Gemeinde in
Weiskirchen
(Foto erhalten von Nachfahren der Familie Meyer über Helmut
Trageser,
Heimat- und Geschichtsverein Weiskirchen e.V. |
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Erinnerung an den gefallenen Gustav Mayer aus Weiskirchen (1895-1917)
Gefallenentafel der
Turngesellschaft
(Foto erhalten von Helmut Trageser,
Heimat- und Geschichtsverein
Weiskirchen e.V.) |
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"Turngesellschaft
Weisskirchen -
Zum ehrenden Andenken an unsere im Weltkrieg 1914 gefallenen
Mitglieder" |
Ernennung von Jakob Fuld zum Unteroffizier und
Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz I (1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Februar
1918: "Weiskirchen (Kreis Offenbach). J. Fuld, Besitzer der
hessischen Tapferkeitsmedaille und des Eisernen Kreuzes (II), wurde zum
Unteroffizier befördert." |
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Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. Oktober
1918: "Der Unteroffizier Jakob Fuld, Sohn des Vorstehers Emanuel Fuld
in Weiskirchen erhielt das Eiserne Kreuz I. Klasse." |
Zum Tod von Caroline Reinhard geb. Waller in Jügesheim
(1921)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen
Familienblatt" vom 19. Mai 1921: "Aus dem Rodgau. Am 2.
Tage Rosch Chodesch Ijar (= 10. Mai 1921) verstarb in Jügesheim im
schönen Rodgaugrund Frau Caroline Reinhard geb. Waller, 78 Jahre alt, und
wurde am 3. Ijar begraben. Wenngleich dieselbe an einem Platze wohnte, wo
weiter keine Juden sich ansiedelten, und daher in der Ausübung von
religiösen Pflichten gehindert, war sie doch eine fromme,
gottesfürchtige und wohltätige Frau. Im ganzen Orte erfreute sie sich
bei der katholischen Einwohnerschaft allgemeiner Beliebtheit und
Wertschätzung". |
Zum 60. Geburtstag von Karl Meyer II und Johanna geb. Selig (1928)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1928:
"Weiskirchen, 14. Mai (1928). Herr Gastwirt Karl Meyer II und dessen
Frau Johanna geb. Selig aus Groß-Steinheim begingen beide am 30. Mai
ihren 60. Geburtstag." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
für den in Nieder-Roden
geborenen Markus Reis |
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Kennkarte (ausgestellt
in Sinsheim 1939) für Markus Reis (geb. 21. Februar 1866 in
Nieder-Roden),
Handelsmann, wohnhaft in Mannheim; am 22. Oktober 1940 deportiert in
das Internierungslager
Gurs, dann Internierungslager Noé, wo er am 13. Februar 1942 umgekommen
ist |
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Kennkarte für Rosa Mayer
geb. Lilienthal,
Witwe des Samuel Mayer aus Hainhausen |
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Kennkarte (ausgestellt
in Offenbach 1940) für Rosa Mayer (geb. 21. Mai 1881 in
Spachbrücken),
Witwe von Samuel Mayer aus Hainhausen; wohnhaft zuletzt in Offenbach am
Main; am 30. September 1942 deportiert ab Darmstadt nach Treblinka
(ermordet). |
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Sonstiges
Lob der (jüdischen) Weißgerberei Mayer und Feistmann in Offenbach durch
(nichtjüdische) Familien in Ober-Roden (1870)
Anmerkung: Nichtjüdische Familienväter aus Nieder-Roden, die normalerweise
bei der Weißgerberei Mayer und Feistmann in Offenbach arbeiteten, waren zum
Kriegseinsatz an der Front; in dieser Zeit wurden ihre Familien von der Firma
offenbar großzügig unterstützt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1870: "Nieder-Roden,
20. Oktober (1870). Von den vielen Edlen, die genannt oder ungenannt,
öffentlich oder im Stillen Gutes tun, verdient gewiss die Weißgerberei
Mayer und Feistmann in Offenbach eine laute Anerkennung, welche zu
zollen wir nicht versäumen wollen. Vier hiesige Familien von ihm Krieg
stehenden Soldaten, wovon die Männer in diesem Geschäftshaus früher in Arbeit
standen, wurden bisher per Woche unterstützt. Wenngleich es dafür
bürgt, dass sich diese Militärs durch ihren Fleiß und ihr Betragen die
Liebe und das Vertrauen ihrer Arbeitgeber erwarben, so ist's aber doch
auch ein klarer Beweis von dem guten Sinn dieses Geschäftshauses, zumal
außer den hier genannten 18 Familien, wie man hört, von demselben in
gleicher Weise unterstützt
werden." |
Zur Geschichte der Synagoge
1793 reichte der in Weiskirchen
lebende Schutzjude Gedalin beim erzbischöflichen Kommissariat in Aschaffenburg
ein Gesuch mit der Bitte ein, in seinem Privathaus in Weiskirchen "eine
Stube einzuräumen und zu gottesdienstlichen Verrichtungen einrichten" zu
dürfen. Das Anliegen wurde vom damaligen Pfarrer Johann Joseph Müller befürwortet,
worauf Gedalin die Genehmigung zur Einrichtung einer Betstube für die
jüdischen Familien des Ortes erhielt. 1881/82 wurde eine Synagoge
eingerichtet, wozu vermutlich das Haus des Gedalin umgebaut worden ist. Hierfür
spricht, dass das Haus der Synagoge im Brandkataster der Gemeinde bereits vor
1882 als "Judenschule" bezeichnet wird. Beim Umbau wurde dem
älteren Fachwerkhäuschen eine tempelartige Fassade vorgeblendet. Mit einem
großen Fest der Gemeinde wurde die Synagoge am 29. Juli 1882 eingeweiht,
wozu August 1882 vorliegt:
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. August 1882: "Frankfurt
am Main, 31. Juli (1882). Samstag den 29. Juli, schabbat nachamu (=
Schabbat mit der Lesung der Prophetentextes Jes 40,1ff, nachamu =
tröstet...) wurde die neuerbaute Synagoge zu Weiskirchen bei Seligenstadt,
eingeweiht. Nach einem schön arrangierten Festzuge begrüßte vor der Synagoge
ein kleines Mädchen die Ankommenden mit einem hübsch abgefassten Gedichte.
Alsdann hielt Herr Lehrer Fuchs aus Steinheim, der bei der Gemeinde als
früherer Lehrer noch in gutem Andenken stand, eine schwungvolle Ansprache,
worin er zuerst die große Opferwilligkeit der dortigen Juden hervorhob, und
dann darauf hinwies, dass zu diesem schönen Baue auch ein schöner jüdischer
Sinn gehöre, der sich vor allem in vollendeter Eintracht mit Aufgabe aller
selbstsüchtigen Interessen betätigen müsse.
Der Bau und die Einrichtung der Synagoge machte auf die sehr zahlreich
erschienenen Fremden einen höchst befriedigenden Eindruck." |
Über das jüdische Leben im Rodgau und die Synagoge in
Weiskirchen wird in einer Ausgabe des "Frankfurter Israelitischen
Familienblattes" vom 8. Januar 1904 berichtet:
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Januar
1904: "Aus
dem Rodgau. Aus dieser Gegend gelangt nur selten eine Notiz in das
Familien-Blatt. Es kann nämlich daselbst nur wenig jüdisches Leben pulsieren,
da der Rodgau von Juden schwach bewohnt ist. So wohnen in Oberroden, Jügesheim,
Hainhausen etwa ja 1 bzw. 2 Familien. In dieser Gegend ernährt man sich zumeist
vom Vieh- und Hausierhandel. In Weiskirchen befindet sich eine kleine
niedliche Synagoge, worin allsabbatlich durch einen Privatmann Gottesdienst
abgehalten wird. Man huldigt im allgemeinen in dieser Gegend noch einem
strenggläubigen frommen Sinn, und sieht man an Sabbat- und Festtagen die
Israeliten bei Hitze und Kälte aus den Filialen zur Synagoge pilgern. Wie oft
auch schleppt sich der müde Handelsmann am Taanis fastend und kasteiend von
Haus zu Haus seine Ware anbietend. Hier und da ist denn auch ein kleiner Zuwachs
durch Zuzug, durch Heirat, durch ein sonstiges frohes Ereignis in den Gemeinden
zu verzeichnen und bei diesen Gelegenheiten sieht man auch jüdisches Leben sich
enthalten." |
1911 standen größere
Renovierungsmaßnahmen an. Im Juli 1911 konnte jedoch vermeldet werden (aus dem
obigen Bericht von 1911): "Die Synagoge daselbst (sc. in Weiskirchen) ist
nach größeren Kosten für die Renovationen wieder hergerichtet, sodass der
Gottesdienst wieder regelmäßig stattfinden kann".
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge nicht
zerstört, da die jüdische Gemeinde vermutlich kurz zuvor aufgelöst worden war. Die
Ritualien waren nach Offenbach verbracht worden, wo sie beim Novemberpogrom 1938
zerstört wurden. Das Synagogengebäude kam in
Privatbesitz, blieb jedoch zunächst unbenutzt. Erst nach 1945 bauten die neuen
Besitzer die ehemalige Synagoge zu einem Wohnhaus um. Bis Ende der 1990er-Jahre war
das Gebäude bewohnt.
Der Sohn der letzten Bewohnerin bot es nach deren Tod der Stadt Rodgau zum Kauf
an.
Im September 2000 beschloss der Gemeinderat der Stadt
Rodgau, das Synagogengebäude zu kaufen (Kaufpreis ca. 60.000 DM) und zu sanieren.
Mit den Baumaßnahmen wurde 2001 begonnen. Im November 2001 stellte es sich
heraus, dass die baulichen Schäden am Gebäude größer als erwartet waren. Die
ehemalige Synagoge musste einige Zeit auf ein Holzgerüst gestellt werden. Die Restaurierung
wurde überwiegend mit Eigenmitteln der Stadt Rodgau und einem Zuschuss des
Kreises Offenbach finanziert. Die Einweihung der restaurierten Synagoge
fand am 25. Mai 2004 statt. Im Oktober 2004 wurde mit dem Heimat- und Geschichtsverein Weiskirchen
eine Vereinbarung über die Nutzung des Gebäudes geschlossen; der Heimat- und
Geschichtsverein richtete im März 2005 eine
ständige Ausstellung zur Geschichte der Juden in Weiskirchen in der ehemaligen Synagoge
ein.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße 57
Fotos
Die Synagoge in
Weiskirchen
(Quelle: Heimat- und Geschichtsverein
Weiskirchen) |
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Das Synagogengebäude
vor der
Restaurierung
(Fotos von 1984)
(Quelle: Altaras: Synagogen S. 175) |
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Östlicher Giebel mit Apsis
des
früheren Toraschreines |
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Nach der Restaurierung
(Fotos obere beiden Zeilen von Theobald
Fecher,
Rodgau-Jügesheim; Fotos untere
beiden Zeilen von Rudolf Thiele;
Fotos
erhalten 2006 von Winfried B. Sahm, Rodgau) |
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Ansicht von Süden |
Westliche Seite |
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Außenansichten
von Westen / Nordwesten
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Östlicher Giebel mit Apsis
des
früheren Toraschreines |
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Schild an der
Außenwand |
Innenansicht - Blick zum
Bereich
des ehemaligen Toraschreines |
Innenansicht - die dem
ehemaligen
Toraschrein gegenüberliegende Seite |
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Ständige Ausstellung:
Informations-
und Gedenktafeln |
Dokumente aus dem 18.
Jahrhundert
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Dokumente aus dem 20.
Jahrhundert
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Das ehemalige
Synagogengebäude
im Sommer 2008
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 3.8.2008) |
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Blick auf die Nördliche
Außenwand |
Blick von Nordwesten |
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Südliche Außenwand |
Blick von Südost
/ Süden - deutlich zu sehen die kleine Apsis des ehemaligen Toraschreines |
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Fenster an der Westwand |
Hinweistafel |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort: einzelne Berichte |
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Oktober 2007:
Wiedersehen mit der alten Heimat: Doris
geb. Meyer zu Besuch in Weiskirchen im Oktober 2007 |
Artikel
Oktober 2007: "Ringe blieben in Weiskirchen. Doris Davidsohn floh
1938 in die USA. Weiskirchen. Zum Abschluss ihrer Kreuzfahrt auf dem Rhein
von Amsterdam nach Mainz besuchte das Ehepaar Davidson aus den USA auch
den Rodgauer Stadtteil Weiskirchen. Doris Davidsohn wurde als Doris Meyer
1933 in Weiskirchen geboren. Nach der 'Reichskristallnacht', bei der das
Haushaltswarengeschäft ihrer Großeltern Frieda und Seligmann Meyer
verwüstet wurde und der Großvater vorübergehend inhaftiert war,
wanderte sie als kleines Kind mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in die
USA aus. Der Vater von Doris Davidson (Meyer) wurde in einem
Konzentrationslager (vermutlich Auschwitz) umgebracht. Ihre Tanten waren
Berta Engelmohr und Paula Ball, die beide das KZ überlebten. Mit dem
Ehepaar Regina und Rudi Büttner in der Falltorstraße in Weiskirchen
verbindet Doris Davidson eine Jahrzehnte lange Freundschaft, sodass es
selbstverständlich war, dort einen Besuch abzustatten. Der Vorsitzende
des Heimat- und Geschichtsvereins Helmut Trageser begrüßte das Ehepaar
Davidson kürzlich beim 'Gewellde-Owend'. Zwei Tage später stand ein
besuch des jüdischen Friedhofs in Heusenstamm auf dem Programm. Dort sind
die Grabstätten des Großvaters und des Urgroßvaters von Doris
Davidssohn erhalten. Anschließend fand ein Besuch der ehemaligen Synagoge
statt. Die Besucherin zeigte sich beeindruckt und erklärte sich bereit,
die Forschung zu unterstützen. Der Heimat- und Geschichtsverein erfuhr
erstmals, dass ihr Onkel Manfred Meyer nicht mehr in die USA kommen
konnte, sondern von den Niederlanden aus, nach dem Einmarsch der deutschen
Truppen, mit seiner Familie deportiert wurde. Eine besondere Freude war
es, als Rita Werner in der ehemaligen Synagoge 'ihre Doris' in die Arme
schließen konnte. Beide hatten früher in einem Haus gewohnt. Rita
Werners Schwester hatte von der Mutter von Doris Davidson die Trauringe
erhalten, die diese nicht mit in die USA nehmen durfte. Rita Werner hatte
Fotos mitgebracht, die Doris Davidsohn noch nie gesehen hatte. Ein Besuch
in Steinheim, dem Heimatort der Großmutter und ein Besuch in
Reichelsheim, dem Geburtsort des Großvaters, rundeten das Bild ab. Das
Ehepaar Büttner bereitete dem Ehepaar Davidson ein paar schöne Tage in
Rodgau und Umgebung, und es wurde die Hoffnung nach einem weiteren Besuch
in der alten Heimat zum Ausdruck gebracht - vielleicht dann auch mit der
Schwester Inge." |
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November
2009: Gedenkfeier in
Dudenhofen |
Artikel aus "da-imnetz / op-online.de" (Artikel)
vom 11. November 2009:
"Gedenkfeier in Dudenhofen hält die Erinnerung an Adolph und Amalie Reinhardt
wach. 'Kein Monument des schlechten Gewissens'.
Dudenhofen (eh) ‐ Zwei 'Stolpersteine' auf dem Gehweg der Nieuwpoorter Straße hat der frühere Dudenhöfer Pfarrer Markus Nett am Montag angeregt.
In der Gedenkfeier am 61. Jahrestag der so genannten Reichskristallnacht begründete er seinen Vorschlag damit, die Gedenktafel für Adolph und Amalie Reinhardt befinde sich auf Privatgelände und sei nur eingeschränkt zugänglich.
In Dudenhofen sei eine lebendige Tradition des Erinnerns entstanden, würdigte Markus Nett zehn Jahre nach der ersten Gedenkfeier an der Nieuwpoorter Straße 45. Die seinerzeit nach langen Diskussionen angebrachte Tafel sei
'kein Monument des schlechten Gewissens, sondern der Erinnerung.' Nett würdigte das ehrenamtliche Engagement von Adolph und Amalie Reinhardt in Arbeiter-Samariter-Bund, Feuerwehr und Arbeitersportverein:
'Sie waren Menschen, die sich um das Wohl Dudenhofens verdient gemacht
haben.'..." |
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September
2011: Verlegung von
"Stolpersteinen" in Dudenhofen |
Artikel von "eh" in der "Offenbach-Post" vom 2.
September 2011 (Artikel):
"Verbeugung vor den Opfern
Dudenhofen (eh) ‐ Großes Interesse an vier kleinen Steinen: Die Zuschauer standen bis auf die Straße, als gestern die ersten
'Stolpersteine' Rodgaus auf dem Gehweg an der Nieuwpoorter Straße einzementiert wurden.
Von einem 'wichtigen Tag für die Stadt Rodgau' sprach der frühere Dudenhöfer Pfarrer Markus Nett:
'Die Erinnerung wird in den öffentlichen Raum gerückt.'..."
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August
2017: Nachkommen der jüdischen
Familie Meyer zu Besuch in Weiskirchen |
Artikel von Simone
Weil in op-online.de vom 18. August 2017: "Jüdische Familie Meyer aus Großbritannien.
Auf der Suche nach den Wurzeln: Hass und Schmerz überwunden
Jügesheim - Zu den Wurzeln ihrer Familie kehrten für einen Besuch nach Rodgau zurück die Nachfahren von Michael Meyer, letzter Vorsteher der jüdischen Gemeinde Weiskirchen.
Geprägt ist die Familiengeschichte von den Gräueltaten der Nazis, von Enteignung, Vertreibung und Ermordung. Deswegen sind die 13 Besucher in Großbritannien aufgewachsen. Trotzdem ist es keine Trauergesellschaft, die Bürgermeister Jürgen Hoffmann im Rathaus willkommen heißt. Die große Familie erlebt den Besuch auch als gemeinsamen Ausflug. Er selbst sei in Weiskirchen geboren und fühle sich der Familie verbunden, weil er in der Michael-Meyer-Straße lebe, erzählt Hoffmann unter Beifall.
Angestoßen hat Stephen Meyer die Begegnung. Er hatte vor etwa zwei Jahren Kontakt zu Helmut Trageser geknüpft, dem Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins Weiskirchen, der das Treffen arrangierte. Der 65-jährige Stephen ist ein Enkel Albert Meyers, einem der drei Brüder von Michael Meyer.
Als er erzählte, dass er vorhabe, gründlicher nach seinen deutschen Wurzeln zu suchen, hätten sich sofort weitere Mitglieder seiner Familie entschlossen, ihn zu begleiten, berichtet der Besucher. So sei die 13-köpfige Reisegruppe samt dem elfjährigen David zustande gekommen. Ihm bedeute es sehr viel, an den Orten der Ahnen zu sein, sagte er.
Seine Cousine hatte ursprünglich nicht vor, ihn zu begleiten, doch sie hat ihre Meinung geändert, als große Teile der Familie dabei sein wollten. Ihre Mutter hätte deutschen Boden nie mehr betreten, versichert sie. Auch die Sprache habe sie nie mehr benutzt, obwohl die Kinder später Deutsch in der Schule gelernt hätten. Hass und Schmerz seien aber durchaus nachvollziehbar gewesen, meint sie.
Michael Meyer übernahm von seinem verstorbenen Vater das Amt des Vorstehers der jüdischen Gemeinde Weiskirchen zu der auch Jügesheim und Hainhausen gehörten. Alle drei Söhne dienten im Ersten Weltkrieg als Soldaten. Albert, der zweite Sohn, gründete in Offenbach eine Lederwarenfabrik, die schon bald einen Zweigbetrieb in England hatte und dorthin exportierte. Diese Filiale erleichterte die Übersiedlung nach England in den Zeiten der Verfolgung nach 1933. Albert konnte fast die gesamte Familie nach England retten. Sein Bruder Benno und dessen Frau Hildegard gingen nach Berlin und damit in den sicheren Tod. Benno starb 1940 unter ungeklärten Umständen. Seine Frau Hildegard wurde im KZ Stuthof ermordet.
Mit Fahrern und Übersetzern ist die große Gruppe, die von zwei Vertreterinnen der Geschichtswerkstatt Offenbach begleitet wurde, im Kreis Offenbach unterwegs. Zunächst besuchten sie die ehemalige Fabrikantenvilla der Familie Meyer in der Offenbacher Tulpenhofstraße 42. Daran schloss sich eine Besichtigung des Capitoltheaters, der ehemaligen Offenbacher Synagoge, an. Nach einem Besuch der heutigen jüdischen Gemeinde in Offenbach fand eine Stadtbesichtigung in Steinheim statt mit einer besonderen Würdigung der ehemaligen Judengasse, aus der die Familie stammt.
Am Abend gab es Gespräche in einem Lokal in Steinheim. Am Sonntag ging es zum jüdischen Friedhof in Heusenstamm. Dort sind die Gräber der Vorfahren erhalten geblieben, was für die Nachfahren sehr beeindruckend war.
Nach dem Empfang im Rathaus ging es zur ehemaligen Synagoge in Weiskirchen. Eine gemütliche Kaffeetafel im alten Spritzenhaus beschloss das turbulente Wochenende. Die britischen Besucher waren begeistert und dankbar. Und: Sie wollen wiederkommen. (siw)"
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zum Artikel |
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November 2018:
Zwölf "Stolpersteine" werden
verlegt |
Artikel in der
"Frankfurter Rundschau" vom 16. November 2018: "Rodgau. Stolpersteine für
zwei Familien. Zwei Vereine organisieren Gedenken an ermordete Juden aus
Weiskirchen.
Fünf Steine für die Familie Lilienthal aus der Waldstraße 4, sieben Steine
für die Familie Meyer aus der Schillerstraße 7 – gestern hat der
Künstler Gunter Demnig in Rodgau-Weiskirchen Stolpersteine verlegt. Sie
erinnern an die von den Nationalsozialisten in verschiedenen
Konzentrationslagern ermordeten Angehörigen der beiden jüdischen Familien.
Die Familie Mayer hatte ein Gasthaus in der Schillerstraße, den Darmstädter
Hof, Im Besitz der Familie Meyer war ein Polstergeschäft. Der Heimat- und
Geschichtsverein Weiskirchen und der Verein für multinationale Verständigung
Rodgau hatten die Verlegung der Stolpersteine initiiert."
Link zum Artikel |
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April 2024:
Menora für die ehemalige Synagoge
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Artikel von
Bernhard Pelka in der "Offenbach Post" (op-online) vom 1. April 2024: "Rodgau.
Siebenarmiger Leuchter als Geschenk für ehemalige Synagoge in Rodgau.
Der Arbeitskreis für Heimatkunde Nieder-Roden (AK) macht seinen Kollegen vom
Heimat- und Geschichtsverein Weiskirchen (HGV) ein Geschenk: einen
siebenarmigen Leuchter und mithin eines der wichtigsten religiösen Symbole
des Judentums. Ihren Platz findet die Menora in der ehemaligen Synagoge an
der Hauptstraße 57. Dort füllt die Schenkung die Nische, in der einst der
Thoraschrein der jüdischen Gemeinde stand.
Rodgau - Das aus den Gliedern einer massiven Kette akkurat
zusammengeschweißte Werkstück entstand in der Werkstatt des Nieder-Röders
Rudi Keller. In Erinnerung ist er nicht nur als begeisterter Heimatfilmer,
der unvergessene Filmabende gestaltete. Viele kennen den begnadeten
Handwerker auch als Sammler historischer Landmaschinen und Traktoren.
Symbol des Glaubens. Rudi Keller gestaltete den rustikalen Leuchter
1982 als Geschenk für seine Frau Helma zur Silberhochzeit. Das weiß
AK-Vorstandsmitglied Günther Keller noch genau. Auf dem Sockel erinnert eine
Inschrift aus Schweißnähten daran. 'Das war in der Zeit, als er mindestens
zehn bis 15 Kerzenleuchter gemacht hat', plauderte Keller bei der Übergabe
der Menora aus dem Nähkästchen. Sein Namensvetter habe den Leuchter dem AK
vermacht. Aus dessen Fundus komme er nun nach Weiskirchen. Weshalb der
Katholik Keller einen jüdischen Leuchter schuf, ist unbekannt. Generell
fühlte Rudi Keller sich aber Symbolen des Glaubens verbunden. Er gestaltete
ein Feldkreuz und einen Schrein aus Metall für den Gedenkplatz am
Hörnesgraben. Helmut Trageser und Volker Böres vom HGV dankten für die
Bereicherung. Einen besseren Platz als die ehemalige Synagoge gebe es dafür
nicht."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 2 S. 357-358. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 175-176. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 143-144. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 284-285. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 207-208. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Weiskirchen
Hesse. Jews from nearby Dudenhofen, Hainhausen and Juegesheim formed part of the
community, which numbered 51 (7 % of the total) in 1871. It dwindled to 29 in
1933 and disbanded before Kristallnacht (9-10 November 1938). Most Jews
left Weiskirchen (17 emigrating) by 1940.
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