Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"   
Zur Übersicht Synagogen im Kreis Neuwied  
   

Linz am Rhein mit Leubsdorf (Kreis Neuwied)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(die Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Gisela Görgens, Linz) 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer / Vorbeter und der Schule    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Sonstiges     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
    
In Linz lebten Juden bereits im Mittelalter. Der bekannte Chronist des 13. Jahrhunderts Caesarius von Heisterbach berichtet in seinem 1219-1223 verfassten Diagolus miraculorum von der Taufe eines jüdischen Mädchens in Linz. Mitte des 13. Jahrhunderts werden Vivelin und seine Frau Kela von Linz als Einwohner und Hausbesitzer im jüdischen Viertel von Köln genannt. 1342 wird ein "Meister" (Arzt?) Moyses aus Linz Judenbürger in Nürnberg. Bei der Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 wurde auch in Linz jüdisches Leben vernichtet. 1424 ließen sich in Linz einige aus Köln vertriebene Juden nieder. 1438 wird ein Jude "von Linz" in der Stadt genannt. 

Im 16./17. Jahrhundert entstand eine jüdische Gemeinde in der Stadt mit einem Gemeindevorsteher.

Genaue Zahlen jüdischer Einwohner sind erst aus dem 19. Jahrhundert bekannt: 1809 waren es 14 jüdische Familien. 1819 litt die jüdische Gemeinde unter den Hep-Hep-Unruhen. Die Zahl der jüdischen Einwohner nahm im Laufe des Jahrhunderts zu: 1858 wurden 114 jüdische Einwohner gezählt. Die höchste Zahl wurde 1892/93 mit 142 Personen erreicht (in 33 Familien). Seit Ende des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück: 1900 wurden noch 116, 1905 92 Gemeindemitglieder gezählt. 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule beziehungsweise zunächst Privatschule, seit 1881 eine öffentliche jüdische Elementarschule / Konfessionsschule), ein rituelles Bad und seit 1854 einen Friedhof. Das ehemalige jüdische Schulhaus stand bzw. steht in der Neustraße 20. Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein 1725 von einem jüdischen Ehepaar käuflich erworbenes Haus (Mann war Vorsteher der jüdischen Gemeinde; erster jüdische Hauskauf in Linz ohne Gegenwehr der christlichen Mehrheit). 1841 ging das Gebäude in das Eigentum der jüdischen Gemeinde über und wurde nun als Gemeindehaus beziehungsweise als jüdisches Gemeindezentrum erworben. Ein auch als Betraum genützter Schulraum befand sich im Obergeschoss. Auch nachdem die jüdische Privatschule 1881 in eine öffentliche Schule umgewandelt worden war, schickten viele, insbesondere die liberalen jüdischen Eltern ihre Kinder jedoch weiterhin auf die christlichen Schulen. 1887 erhielten die jüdischen Kinder einen Schulraum im Obergeschoss des Rathauses. Das jüdische Gemeindehaus (1923 renoviert) wurde 1936 unter dem Druck der Verhältnisse der NS-Zeit von der jüdischen Gemeinde an Privatpersonen verkauft. 
  
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer (Religions-/Elementarlehrer) angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Zeitweise war auch ein Hilfsvorbeter und Synagogendiener angestellt. Unter anderen wirkten folgende Lehrer in der Gemeinde (insgesamt neun Lehrer zwischen 1844 und 1890): Lehrer Moses Heilbronn (seit 1844, der die israelitische Elementarschule erfolgreich aufbaute, siehe Artikel unten), 1862 bis 1877 Lehrer Goldschmidt, der als erster Lehrer auch im Progymnasium unterrichten konnte, gefolgt von 1877 bis 1889 durch Lehrer Leopold Mandel (unterrichtete um 1879 auch in Unkel, Rheinbreitbach und Erpel). Sein Nachfolger war seit 1890 Lehrer David Würzburger. Er leitete 20 Jahre lang die jüdische Schule und unterrichtete auch am Progymnasium. 1911 wurde der Unterricht von der alten jüdischen Schule in die Privatwohnung von Lehrer Würzburger verlegt, da nur noch fünf Kinder (konservativ) unterrichtet wurden. 
 
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Paul Wallach (geb. 16.3.1891 in Linz, gef. 18.11.1914).    
  
Um 1925
, als 62 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (ca. 1 % von etwa 5.800 Einwohnern), gehörten dem Vorstand der jüdischen Gemeinde an: Moritz Jonas, Eugen Hirsch, Dr. Sigmund Wolf; der Repräsentanz gehörten an: Heribert Hirsch, Waldemar Hirsch, Robert Marx, Aron Marx, Hugo Levy, Jonas Levy, Nathan David (Unkel). Als Kantor war David Würzburger tätig. Zuständiger Rabbiner für die Gemeinde war der Kreuznacher Rabbiner Dr. Tawrogi. Den Unterricht der damals drei schulpflichtigen jüdischen Kinder erteilte R. Bachrach. An jüdischen Vereinen gab es den Jüdischen Frauenverein (Ziel: Unterstützung Hilfsbedürftiger), den Literaturverein und die Armenkasse. Zur jüdischen Gemeinde in Linz gehörten inzwischen auch die in Leubsdorf (eine Familie, siehe unten Anzeigen der Metzgerei Hermann Faber), Unkel am Rhein (zehn Personen) und Rheinbreitbach (vier Personen) lebenden jüdischen Einwohner.  1932 waren im Vorstand der Gemeinde: Moritz Jonas, Dr. Sigmund Wolf sowie Jonas Levy (Unkel). Die Vorsitzenden der aus sechs Mitgliedern bestehenden Repräsentanz waren Heribert Hirsch, Aron Marx und Waldemar Hirsch. Als Lehrer und Kantor kam D. Jena aus Neuwied nach Linz. Es gab im Schuljahr 1932/33 neun schulpflichtige jüdische Kinder.
   
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 64 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert, sodass 1938 nur noch etwa 34 jüdische Personen in Linz lebten. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Synagoge (s.u.) und sieben jüdische Wohnungen demoliert. Am 15. September 1941 mussten die letzten 19 jüdischen Einwohner in "Judenhäusern" zusammen ziehen. Am 30. März 1942 wurden 12 davon in Vernichtungslager des Ostens verschleppt, am 25. Juli 1942 wurden sieben in das KZ Theresienstadt deportiert. 
   
Von den in Linz geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; Achtung: es kann bei Recherchen zu einzelnen Verwechslungen mit Linz an der Donau, Österreich geben): Elly Ahrend geb. David (1888), Paula Berg geb. Dellheim (1891), Eva Bergheimer geb. David (1870), Heinrich Beermann (), Johanna (Hanna) Beermann (1902), Rosalie Beermann geb. Lieser (1875), Alfred Braun (), Ernestine Braun geb. Jacob (1880), Hedwig David (1889), Adele Faber geb. Wolff (1885), Daniel Faber (1880), Günter Faber (1925), Alma Feist geb. Mandel (1866), Alex Fernich (1883), Wilhelmina (Minna) Fernich geb. Marx (1890), Dora (Dörte) Gräf geb. Marx (1889), Berta Hirsch (1888), Lina Hirsch (1864), Max Hirsch (1866), Rosa Hirsch geb. Meyer (1868), Thekla Isaacsohn geb. Mandel (1869), Paula Katz geb. Simon (1896), Gertrud (Gerda) Levy geb. Hecht (1901), Bertha Lorch geb. Wallach (1863), Elisabeth Marx geb. Feit (1890), Henriette Marx geb. Klaser (1858), Josef Marx (1888), Kurt Marx (1925), Leo Marx (1895), Robert Marx (1883), Ruth Marx (1927), Selma Marx geb. Feit (1894), Thea Mendel geb. Meyer (1866), Friedrich (Fritz) Meyer (1894), Jakob Meyer (1863), Sara Meyer (1873), Paula Moses geb. Wallach (geb. ?), Johanna Neuburg geb. Hirsch (1883), Julius Neuburg (1878), Flora Philips geb. Wallach (1896), Harry Samuel (1894), Hermann Samuel (1894), Josephine Samuel (1870), Mayer Samuel (1868), Amalie Simon geb. Samuel (1863), David Simon (1888), Simon Simon (1854), Regine Stern geb. Wallach (1893), Friedel Vogel geb. Marx (1912), Arthur Wallach (1897), August Wallach (1861), Benjamin Wallach (1867), Dina Wallach (1864), Ernst Wallach (1889), Lina Wallach (1870), Therese Wallach (1895), Rosalie Wiegand geb. Goldschmidt (1867). 
Eine Gedenktafel mit Namen der aus Linz umgekommenen jüdischen Personen befindet sich am Mahnmal an der Servitessenkirche.    
   
Von den in Unkel geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sofie Heilbronn (1866), Anita Hirsch geb. Mayer (1897), Leopold Meyer (1888), Henriette Wolff (1875).      
   
Von den in Rheinbreitbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Albert Abraham (1881), Ida Abraham (1874), Joseph Abraham (1872), Bernhard Bär (1860), Dagobert van Geldern (1875), Debora (Dora) van Geldern (1867), Emil van Geldern (1877), Otto van Geldern (1871), Selma van Geldern (1869), Wilhelm Nikolaus van Geldern (1879), Jenny (Henny) Moses (1886), Sophie Moses (1889), Helene Salm geb. Bär (1857), Frieda Siegler geb. David (1885). 
        
        
        
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der Lehrer / Vorbeter und der Schulen
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet  1859 / 1861 / 1877 sowie 1911 (Synagogendiener/Hilfsvorbeter)

Linz AZJ 31011859.jpg (41491 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Januar 1859: "Mitte April nächsthin wird die Stelle des Kantors, Religions- und Elementarlehrers bei der hiesigen israelitischen Gemeinde vakant. Fester Gehalt 190 Taler jährlich, neben freier Wohnung und Heizung; auch kann ein tüchtiger Lehrer auf bedeutenden Privatunterricht rechnen. Qualifizierte Bewerber wollen sch unter portofreier Einsendung ihrer Zeugnisse schleunigst an den Unterzeichneten wenden. Linz am Rhein, im Januar 1859. Meyer, Vorsteher."
  
Linz AZJ 30041861.jpg (57821 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. April 1861: "Vakanz. Die Stelle eines Elementar-, Religionslehrers und Kantors bei der hiesigen israelitischen Gemeinde wird für den 1. September dieses Jahres zu besetzen gesucht. Fixer Gehalt 250 Thaler bei freier Wohnung und Heizung und Neben-Akzidenzien. Qualifizierte Reflektanten wollen sich portofrei werden an 
den Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Linz am Rhein. Linz, im April 1861."  
  
Linz AZJ 22051877.jpg (37038 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Mai 1877: "Die infolge Ablebens des Lehrers Goldschmidt erledigte Stelle des Elementar-Religionslehrers und Kantors bei der hiesigen Gemeinde ist sofort wieder zu besetzen. Das feste Gehalt beträgt über 1.200 Mark. Befähigte Bewerber, möglichst mit musikalischen Kenntnissen, wollen sich unter Angabe ihrer persönlichen Verhältnisse und Einsendung ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten wenden. 
Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde zu Linz am Rhein."
  
Linz Israelit 08061911.jpg (48846 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1911: "Ein Synagogendiener und Hilfsvorbeter wird von einer kleineren Gemeinde einer Stadt am Rhein im Nebenamte gesucht. Derselbe erhält außer einem mäßigen Fixum mit Extra-Einnahmen freie Wohnung (Haus mit kleinem Laden an der Hauptstraße), sodass Bewerber als Handwerber oder Händler beliebiger Branche ein gutes Auskommen und sichere Existenz finden kann. Vorgänger betrieb ein Zigarrengeschäft. Näheres durch Daniel Wallach in Linz am Rhein."

  
Über die erfolgreichen Bemühungen des jüdischen Lehrers Moses Heilbronn, eine jüdische Elementarschule aufzubauen  (1847)
Anmerkung: nachfolgender Artikel ist von einem christlichen Lehrer der Stadt geschrieben und ist ein besonderes Zeugnis eines guten christlich-jüdischen Miteinanders zwischen Lehrerkollegen der damaligen Zeit.

Linz AZJ 14061847.jpg (208038 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Juni 1847: "Linz am Rhein, 23. Mai (1847). Einsender des Gegenwärtigen glaubt die Leser dieser Zeitung nicht mit Unrecht auf das ruhmwürdige Streben in der hiesigen israelitischen Gemeinde aufmerksam zu machen, das zwar nicht dem reißenden Streben des Fortschrittes huldigt, dagegen in sich selbst die vielbesprochene Emanzipationsfrage zum schönsten Bewusstsein erzieht. Bekanntlich gehört der elementarische Unterricht des Judentums in Rheinpreußen, wie in vielen Provinzen anderer Staaten, noch zu den wenig berücksichtigten Elementen, obgleich nicht zu verkennen, dass der Weg zu einer besseren Zukunft angebahnt ist. Auch hier gehörte der israelitische Lehrer bis in die neueste Zeit zu den dienenden Subjekten, welche die Gemeinde nach beliebiger Frist und ohne Weiteres entlassen konnte; und dass auf solche Weise wenig Erhebliches geleistet worden ist, noch werden konnte; liegt durch die unzweideutigsten Resultate vor.
Vor ungefähr zwei Jahren wurde der Unterricht indessen in die Hände eines von der königlichen Regierung ernannten und die desfallsige Prüfung bestandenen Lehrers, des Herrn Heilbronn gelegt, eines Mannes, der durch feste elementarische Grundsätze, durch wissenschaftliche Bildung, wie durch Charakter die Anerkennung eines jeden Schulfreundes verdient. Es musste unter solchen Umständen daher schmerzlich empfunden werden, als die Gemeinde in ihren alten Schlendrian mit absoluter Stimmenmehrheit zurückzutreten suchte, und jeglichen Ausweg versuchte, gleich dem Frosche in den Pfuhl zurückzuspringen. Alle Mitte wurden angewendet, dem ohnehin schwächlichen und kränkischen Lehrer die Tage zu verbittern - aber vergebens. An dem gesunden Sinne einzelner Gemeindeglieder und der durchgreifenden, einsichtsvollen, hochwürdigen Schulinspektion scheiterte das ganze Unternehmen, vielmehr fand der Gekränkte tätigste Unterstützung an der weisen geistlichen und weltlichen Behörde der Stadt. - Es war derselben die eifrige, durchgreifende Reform des Schulmannes nicht entgangen, der unter unsäglichen Beschwerden und Leiden eine neue Bahn für die Gemeinde gebrochen; und die abgehaltenen halbjährlichen Schulprüfungen lieferten die glänzendsten, ich möchte mit den Worten eines gereiften Schulmannes sagen, überraschendsten Resultate. Trotzdem der Unterricht sich über alle elementarischen Fächer, Rechnen, Lesen, Schreiben, Sprachlehre, Geographie, wie hebräische Sprachlehre, Lesen, Schreiben, Religionsunterricht erstreckt, hat die letzthin abgehaltene, für diese Schule unvorbereitete Entlassungsprüfung den Beweis geliefert, dass die Schule des Herrn Heilbronn in jeder Beziehung über sämtlichen der ganzen Stadt Linz, die deren noch vier zählt, steht. - Dass bei solchem Streben die königliche, hochlöbliche Regierung im vorigen Jahre ihm eine Unterstützung 
Linz AZJ 14061847c.jpg (79890 Byte) zur Badekur zufließen ließ, und selbst der Herr Oberpräsident in persönlicher Erkundigung bei dessen letzter Anwesenheit sich nur lobend und ermunternd auszusprechen sich bewog, konnte dem Lehrer wie der Gemeinde nur zur Ehre gereichen. 
Seitdem diese Angelegenheit bereits früher in dem 'Altenkirchener Intelligenzblatte' in der Kürze erörtert worden, rückt in mancher Beziehung für den Lehrer eine bessere Zeit heran; ein Wunsch belegt indessen uns noch, dass die Gemeinde, in Berücksichtigung der Kränklichkeit des Herrn Heilbronn, denselben an Sabbaten des Vorbeteramtes entbinden möchte. Möchte es nicht zu den frommen Wünschen gehören, deren Erfüllung man der ferneren Zukunft vertraut. - Schließlich erwähnen wir zugleich das zu lobenden Streben mehrerer hiesiger jüdischen Handlungshäuser, welche während der ungemeinen Not und mit großer Anstrengung dem Notstande entgegengetreten, da nur durch sie der Preis des Roggenbrotes in hiesiger Stadt nicht die Höhe erreicht, welche selbst die nächsten Nachbarstädte zahlen mussten! Ein christlicher Freund Israels im Namen mehrerer."

  
Regelung des jüdischen Religionsunterrichtes am Progymnasium in Linz in den 1870er-Jahren  

Linz AZJ 27011874.jpg (85003 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Januar 1874: "Linz am Rhein, 9. Januar (1874). Am hiesigen Progymnasium, welches teils aus Regierungs- , teils aus städtischen Mitteln unterhalten wird, wurde bisher kein jüdischer Religionsunterricht erteilt. Auf Betreiben des Vorstandes der hiesigen Synagogengemeinde bei dem Provinzialschulkollegium in Koblenz wurde gestattet, dass der erwähnte Unterricht vorläufig privatim in der Anstalt den jüdischen Schülern erteilt werde, und wurde der Gymnasialverwaltungsrat von genannter Behörde angewiesen, zu diesem Zwecke ein Klassenzimmer zur Verfügung zu stellen. Zwischen dem Verwaltungsrate und dem hiesigen Vorstande wurden nun bereits die Stunden des jüdischen Religionsunterrichts verabredet respektive festgestellt, und was besonders zu bemerken ist, wird das Honorar aus der Stadtkasse bezahlt."   
   
Linz AZJ 01011878.jpg (228151 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1878: "Aus Linz am Rhein schreibt uns Herr Lehrer Mandel: Das hiesige Königliche Progymnasium, welches bis vor kurzem katholisches Progymnasium genannt wurde und den katholischen Charakter faktisch noch nicht verloren hat, obgleich es alljährlich erhebliche Zuschüsse aus der Staatskasse erhält, zählt 80 Schüler, worunter 10 jüdischer Konfession. Letztere erhalten seit Herbst 1875 im Klassenzimmer der Sekunda wöchentlich 2 Stunden jüdischen Religionsunterricht, welcher seitens der Stadt mit 90 Reichsmark pro Jahr remuneriert wird. Bis zu seinem im Mai dieses Jahres erfolgten Tode hat der Lehrer Goldschmidt diesen Unterricht erteilt, und habe ich seit dem 1. Oktober dieses Jahres, an welchem Tage ich die hiesige Lehrerstelle übernommen, diesen Unterricht fortgesetzt, nachdem mir auf die Einsendung meines Befähigungszeugnisses von dem Provinzschulkollegium zu Koblenz sofort die Genehmigung hierzu erteilt worden war. Die bisher jährlich ausgegebenen Schulprogramme enthalten einen ausführlichen Lehrplan über die jüdischen Religionsfächer. Der jüdische Religionslehrer ist an der Ausstellung der Zensuren beteiligt und genießt gleich den Gymnasiallehrern die Vergünstigung, dass seine Söhne an dem Gymnasialunterricht unentgeltlich teilnehmen können. Dieses Resultat ist erst nach 3 1/2 jährigen Bestrebungen des Vorstandes der hiesigen Synagogengemeinde erreicht worden. Derselbe petitionierte im März 1872 und wiederholt im darauf folgenden September bei dem hiesigen Stadtverordnetenkollegium um Gewährung einer Remuneration für den bei dem Progymnasium anzustellenden jüdischen Religionslehrer. Diese Remuneration wurde in gleicher Höhe mit der des evangelischen Religionslehrers bewilligt. Hierauf fußend, richtete der hiesige Vorstand unterm 15. September desselben Jahres eine Eingange an das Provinzialschulkollegium zu Koblenz, worin die Einführung des jüdischen Religionsunterrichtes an dem hiesigen Progymnasium erbeten und der Lehrer Goldschmidt zur Erteilung dieses Unterrichts vorgeschlagen wurde. Genannte Behörde lehnte die Einführung des Religionsunterrichts von Anstalts wegen ab, unter der Angabe, dass die Befähigung des Lehrers Goldschmidt zur Erteilung des Religionsunterrichtes an einer höheren Unterrichtsanstalt nicht nachgewiesen sei. Dagegen gestattete sie die Erteilung eines privaten Religionsunterrichts für die jüdischen Schüler in den Räumen der Anstalt durch Herrn Goldschmidt, erklärte, dass eine Remunerierung des Unterrichts Privatsache sei und das Progymnasium nicht berühre und wies den Vorstand an, sich an den Verwaltungsrat des Progymnasiums zu wenden, welcher mit der Aufnahme einer entsprechenden Verhandlung beauftragt sei. Die Verhandlung fand im Januar 1874 statt. In derselben wurde die Erteilung des privaten Religionsunterrichts vereinbar; doch konnte die Genehmigung zu jeder Zeit und ohne Weiteres zurückgezogen werden; Remunerierung, Beschaffung des nötigen Brennmaterials und Ersatz etwaiger entstehender Beschädigung an Gebäude und Utensilien seitens der jüdischen Schüler, lagen dem Synagogenvorstand ob. Die Erteilung dieses privaten Religionsunterrichts unterblieb jedoch, weil die Weisung zur Erteilung dieses Unterrichts nicht erteilt worden ist. Später hatte der Lehrer Goldschmidt durch eine Prüfung bei einem Rabbiner das Befähigungszeugnis zur Erteilung dieses Unterrichts an den höheren Schulen erhalten. Unter Anlage dieses Zeugnisses erneuerte der Vorstand der Synagogengemeinde im Juni 1875 sein Gesuch, worauf unterm 4. August desselben Jahres folgender Bescheid erging: 
'Auf ihre Eingang vom 30. Juni dieses Jahres eröffnen wir Ihnen, dass vom nächsten Semester ab für die israelitischen Schüler des dortigen Progymnasiums in zwei Stunden wöchentlich ein eigener Religionsunterricht von Anstalts wegen versuchsweise erteilt werden soll und die Stadtverordnetenversammlung daselbst für den betreffenden Religionslehrer eine Remuneration von 90 Mark jährlich bis auf Weiteres bewilligt hat. Königliches Provinzialschulkollegium.'
Auf ihre Frage ad 4 in Nr. 48 dieser Zeitung bemerke ich, dass genannter Unterricht regelmäßig und pünktlich von den Schülern besucht wird."

  
Zum Tod und zur Beisetzung des Lehrers Goldschmidt (Mai 1877)  

Linz AZJ 29051877.jpg (76206 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Mai 1877: "Von Linz am Rhein schreibt man der Kölner (?) Zeitung.: Ein schönes Zeichen religiöser Duldsamkeit und friedlichen Zusammenlebens der Konfessionen ist von hier zu melden. Am 10. dieses Monats wurde der Lehrer der israelitischen Gemeinde Goldschmidt, der zugleich am Religionslehrer am hiesigen Progymnasium war, zur letzten Ruhestätte bestattet. Derselbe hatte seit 15 Jahren mit dem besten Erfolge in seiner Stellung gewirkt und war bei seinen Mitbürgern beliebt und geehrt. Dem Leichenzuge schloss sich eine große Menge von Bürgern an, unter diesen auch angehörige der katholischen und evangelischen Geistlichkeit, der Friedensrichter, der Direktor, die Lehrer des Progymnasiums mit ihren Schülern. Die Grabrede hielt ein Kollege und Freund des Verstorbenen, Lehrer Frank aus Köln. Der Gesangverein, dem auch der Bürgermeister der Stadt angehört, sang zwei Lieder auf dem Grabe des biedern Lehrers, dessen Andenken im Segen bleiben wird." 

     
Probleme mit dem biblischen Geschichtsunterricht an den katholischen Volksschulen im Blick auf die jüdischen Schülerinnen und Schüler - Beschwerde des jüdischen Lehrers Leopold Mandel (1879)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitschrift des Judentums" vom 13. Januar 1879: "Linz am Rhein, 30. Dezember (Privatmitteilung) (Vorbemerkung der Redaktion. Das folgende Schreiben, an uns persönlich gerichtet, betrifft so wichtige öffentliche Interessen, dass die Veröffentlichung uns durchaus geboten erscheint. Wir geben es, nur diejenigen Stellen weglassend, welche an uns sich wenden. Es versteht sich, dass der Angelegenheit weitere Folge gegeben wird.)
Der hiesige Elementar- und Religionslehrer L. Mandel, welcher zugleich den Religionsunterricht in unserer Spezialgemeinde Unkel erteilt, machte vor einiger Zeit dem Vorstand der Synagogengemeinde die Anzeige, dass die jüdischen Schüler und Schülerinnen der Spezialgemeinde Unkel in verschiedenen katholischen Volksschulen zu Unkel, Rheinbreitbach und Erpel zur Teilnahme an dem biblischen Geschichtsunterricht des alten Testaments, welcher nach dem Buche, betitelt "Die biblische Geschichte des alten und neuen Testament für katholische Volksschulen von Dr. J. Schuster" erteilt wird, sowie auch zur Anschaffung des erwähnten Buches angehalten würden. Die seitens der Kinder namens ihrer Eltern an das betreffende Lehrpersonal gerichteten Dispensations-Gesuche seien erfolglos geblieben. Nach Einsicht der biblischen Geschichte von Dr. Schuster wolle er - Lehrer Mandel - auf einige Stellen und Punkte dieses Buches, die der jüdischen Religions- und Geschichtslehrer widersprechen aufmerksam machen.
a) die Lektionen des alten Testaments sind mit bildlichen Darstellungen der christlichen Religionslehre versehen.
b) Seite 3 spricht vom Kampfe des Teufels mit den guten Engeln.
c) Seite 7: 'Abel war ein Vorbild es von seinen Brüdern, den Juden, unschuldig getöteten Jesus. Kain war ein Vorbild der über die Erde zerstreut den Juden.
d) Seite 18 und 21 werden wiederholt die bekannten Stellen, die nach dem hebräischen Texte, sowie nach der Vulgata und Septuaginta lauten müssen: 'Durch deine Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden', mit folgender Übersetzung wiedergegeben: 'Durch Einen Deiner Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden'.
Indem Lehrer Mandel diese Stellen vom Standpunkte der jüdischen Lehre und Geschichte beleuchtete, führte er aus, dass aus denselben schon zur Genüge hervorgehe, wie die biblische Geschichte des Dr. Schuster als Lehrbuch für jüdische Schüler ungeeignet sei, und dass die Teilnahme an dem betreffenden Unterricht für die jüdischen Kinder nachteilige Wirkung haben können. Lehrer Mandel bat deshalb den Vorstand, um die Dispensation der jüdischen Kinder von dem betreffenden biblischen Geschichtsunterricht bei den zuständigen Behörden einzukommen.
Als bald nach Empfang dieses Schreibens richtete der Vorstand an den Herrn Landrat des Kreises Neuwied eine Eingabe, in welcher derselbe, unter Einsendung jenes Berichtes, das wohlbegründete Gesuch des Lehrers am. Um Dispensation der jüdischen Kinder in Erpel, Unkel und Rheinbreitbach von der Teilnahme an dem christlichen biblischen Geschichtsunterricht zu dem seinigen machte. Zugleich aber legte er gegen die obige Stelle, welche Christus mit Abel und die Juden mit Kain vergleicht, Verwahrung ein und wies darauf ihn, dass diese Stelle, indem sie die katholische Jugend anleite, in den Bekennern des jüdischen Glaubens nirgends Ruhe findende Brudermörder zu erblicken, Verachtung Andersgläubiger, insbesondere der jetzigen Juden lehre, und den konventionellen Frieden untergrabe. Unter Bezugnahme auf die neuerliche Verfügungen des Kultusministers, der zufolge kein Schullesebuch Stellen enthalten dürfe, welche eine Konfession zu beleidigen geeignet seien, unterbreitete der Vorstand der Königlichen Regierung die Erwägung, ob die erwähnte Stelle der schusterischen biblischen Geschichte: 'Abel … Juden) in einem Schulbuche am rechten Ort sei..."    
Bei Interesse zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken 

 
Zum Tod und der Beisetzung von Lehrer Leopold Mandel (1889)  

Linz Israelit 18111889.jpg (134489 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1889: "Linz am Rhein, 6. November (1889). Heute wurde die Leiche des plötzlich verstorbenen Lehrers und Kantors der hiesigen Synagogen-Gemeinde, Herrn Leopold Mandel, zu Grabe geleitet. Seine Gemeinde, die in ihm einen edlen, hoch geschätzten Lehrer, einen geliebten, hochgeachteten Kultusbeamten verloren, folgte seiner Bahre. Die Gymnasiasten unter Führung ihrer Lehrer (der Verewigte hatte den Religionsunterricht am Gymnasium zu erteilen) und seine Schüler zogen voran. Viele Kollegen und Freunde von nah und fern waren gekommen, um dem geliebten Toten die letzte Ehre zu erweisen. Herr Rabbiner Dr. Cohn aus Bonn hielt auf dem Friedhofe die ergreifende Trauerrede. Da blieb kein Auge tränenleer. Herr Lehrer Friedberg aus Koblenz sprach trauernde Abschiedsworte namens der Kollegen. - 12 Jahre hat der Verblichene in seinem Amte hier gewirkt und weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus sich Liebe, Vertrauen und Achtung zu verschaffen gewusst. Ein edler, lauterer Charakter, ein treuer Freund und Berater, ein liebevoller, munterer Gesellschafter, ein erfahrener Schulmann, ein hoch gelehrter jüdischer Theologe, - so lebte er, von Vielen geliebt, von Allen geachtet, von Niemanden gering geschätzt. Nicht Sonnenschein nur fiel auf seinen Lebenswege, sondern auch düstere Schatten. Nicht Blumen nur hat das Geschick ihm gespendet, auch Dornen, viele Dornen hat er gefunden. Aber er hatte sich den Frieden und die Heiterkeit seines Gemütes bewahrt, die im Verkehre mit ihm so wohltuend wirkten. Er war ein Greis mit einem Jünglingsherzen. - Wenn der Wert eines Menschen nach der Summe der Achtung bemessen werden soll, die ihm entgegengebracht wird, so muss man vom seligen Lehrer Mandel sagen: Er war ein Mann, ein ganzer Mann an Herz und Geist. Friede seiner Asche! Sein Andenken sei zum Segen. (Neuwieder Zeitung)."

  
Lehrer David Würzburger empfiehlt Linz für einen Sommeraufenthalt (1893) 

Linz Israelit 29061893.jpg (32516 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1893: "Gesunden und angenehmen Aufenthalt während der Sommermonate finden Erwachsene und Schüler (letztere eventuell auch Beaufsichtigung) bei Lehrer Würzburger, Linz am Rhein."

   
Spendenaufruf des Lehrers David Würzburger (1897)  

Linz Israelit 08101897.jpg (122228 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1897: "Aufruf!  
Wenn dein Bruder verarmt und seine Hand sinkt bei dir, dann stütze ihn - Fremdling oder Ansässiger - er lebe mit dir! 
Eine fürchterliche Feuersbrunst hat das Städtchen Robrin in Russland heimgesucht. Unter der Folge der Brandkatastrophe hat unter vielen, insbesondere eine hoch achtbare, aus neun Personen bestehende jüdische Familie, zu leiden. Dieselbe hat all ihr Hab und Gut verloren und, fern von der Stadt, in einem auf einer Grube notdürftig aufgeführten Zimmer kauernd. Weib und Kinder aller Lebensmittel baar, ohne Luft und Licht. Wenn sie schon im Sommer keinen Schutz vor Regen und Sturm finden, wie erst soll es den Unglücklichen im strengen Winter ergeben? 
Edle Brüder und Schwestern, die Ihr sicher unter Euren Dächern weilet, und deren Herz warm für Eure Mitmenschen schlägt, an Euch ergeht unsere innige und flehentliche Bitte: helfet neun Menschenleben retten! Gottes Segen wird mit Euch sein und der Lohn wird im neuen Jahr tausendfältig Euch zuteil werden. Gütige Gaben werden von den Unterzeichneten dankend entgegengenommen, weiterbefördert und darüber in den jüdischen Blättern quittiert. M. Rosenwald, emeritierten Lehrer, Iserlohn. Würzburger, Lehrer in Linz am Rhein. 
Auch die Geschäftsstelle dieses Blattes ist gerne bereit, Gaben unter Nr. 5538 anzunehmen und weiterzubefördern."   

  
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
 
Der Vorstand der Gemeinde wehrt sich gegen ein antijüdisches katholisches Schulbuch (1880)  

Linz AZJ 14121880.jpg (113512 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Dezember 1880: "Aus Bayern, im November (1880). Die Leser dieser Zeitung werden sich erinnern, wie der Vorstand der Synagogengemeinde zu Linz am Rhein bei dem preußischen Kultusministerium (unter Dr. Falk) gegen eine, die Juden brandmarkende Phrase der 'Biblischen Geschichte für katholische Schulen von Dr. Schuster' vorstellig geworden und nur um die Beseitigung dieser Phrase ersuchte, aber abschlägig beschieden worden; man wird sich dessen erinnern, dass Treitschke in seinen bekannten Artikeln das Vorgehen des gedachten Vorstandes als eine Anmaßung und unerhörte Selbstüberhebung bezeichnete. Nun, das bayerische Kultusministerium hat jetzt, wie die ultramontane 'Schlesische Volkszeitung' berichtet, das Schuster'sche Lehrbuch für alle Schulen des Königreichs Bayern verboten und nur für die falz ausnahmsweise bis zum Verbrauch der noch vorhandenen Exemplare auf zwei Jahre gestattet. Wir bilden uns nicht ein, dass dies auf Grund jener Phrase geschehen, sondern wegen der Qualitäten dieses Lehrbuches überhaupt, die den Gebrauch desselben gemeinschädlich machen. Hätte des preußische Kultusministerium damals den gerechtfertigten Gesuchen des jüdischen Vorstandes genügt, welch' kulturkämpfliches Geschrei wurden die ultramontanen erhoben haben. Das Verbot des ganzen Buches in Bayern lässt man sich stillschweigend gefallen." 

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
  
Zum Tod des Gemeindevorstehers Eugen Hirsch (1901)       

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 11. Februar 1901: "Linz am Rhein (Todesfall). Nach kurzer schwerer Krankheit ist der Vorsteher hiesiger Gemeinde, Herr Eugen Hirsch, verstorben. In langjähriger, arbeitsfreudiger Hingabe hat der Verblichene, wie es vom Vorstand und den Repräsentanten in einem warmherzigen Nachruf anerkannt wird, die kulturellen und wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde vertreten. Als hilfsbereiten Freund und Ratgeber ehrte und achtete man in Eugen Hirsch den treuen Sachverwalter der Gemeinde, dessen Andenken von allen in dankbarer Erinnerung bewahrt bleiben wird."        

 
Zum Tod von Fabrikant und Gemeindevorstehers Daniel Wallach (1915)
      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Januar 1915: "Die jüdische Gemeinde in Linz am Rhein hat durch den plötzlichen Heimgang ihres Vorstehers, des Fabrikanten Daniel Wallach, einen schmerzlichen Verlust erlitten. Er hat sich stets mit Unermüdlichkeit und Opfersinn der Gemeindeinteressen angenommen."         

 
Im Ersten Weltkrieg hatte die Familie Marx sechs Söhne im Feld (1924)      

Zwesten CV-Ztg 24041924.jpg (155271 Byte) Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 24. April 1924: "1000 Mark Belohnung setzte 
im 'Münchener Beobachter' der bekannte deutschvölkische Führer Dietrich Eckardt für den aus, der ihm eine jüdische Mutter benennen würde, die drei Söhne auch nur drei Wochen im Schützengraben aufzuweisen hätte. Durch diese höhnische Auslobung wollte Eckardt 'beweisen', dass die jüdischen Soldaten im großen Kriege ihre Pflicht schmählich vernachlässigt hätten und sich, wie er und seine Freunde tagtäglich verbreiten, in der Etappe statt im Schützengraben breit machten. 
Eckardt erlebte einen bösen Reinfall!  
Rabbiner Dr. Freund in Hannover benannte zwanzig Mütter seiner Gemeinde, die den Anforderungen entsprachen. Und als Eckardt sich die 1000.- Mark zu zahlen weigerte, verurteilte ihn das Landgericht München zur Zahlung. Die Beweisaufnahme ergab, dass in Hannover allein 20 jüdische Familien vorhanden waren, die drei Söhne und mehr drei Wochen gleichzeitig im Felde hatten und aus anderen Orten Deutschlands wurde eine lange Liste von jüdischen Familien vorgelegt, welche gleichzeitig sieben, ja sogar acht Söhne vor dem Feinde hatten.  
Die Liste begann: Frau Therese Kraemer in Crailsheim hatte acht Söhne im Felde. 
Frau David Hirschberg in Zwesten, Post Borken, hatte sieben Söhne im Felde.  
Familie L. Caminer in Charlottenburg, Kurfürstendamm 61, hatte sieben Söhne im Felde.  
Frau Delphine Loeb in Worms, Karmeliterstraße 2, hatte sechs Söhne im Felde. 
Familie Samuel Wolf in Aurich hatte sechs Söhne im Felde.  
Familie Arnold Visser in Emden, Etzardstraße 4, hatte sechs Söhne im Felde. 
Familie Meyer in Steinfurt hatte sechs Söhne im Felde. 
Familie Marx in Linz am Rhein hatte sechs Söhne im Felde. 
Simon Freising aus Sülzburg hatte fünf Söhne im Felde."       

 
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
  
Anzeige der Deutsch-Holländischen Dampf-Kaffee-Brennerei von L. Wallach (1886)      

Linz AZJ 13041886.jpg (51101 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. April 1886: "Pessach
Empfehle prima gebrannte Java-Kaffee's, gewissenhaft nach Vorschrift gebrannt, zu den Preisen von: Mark 1.-, 1.20, 1.40, 1.60, 1.80, 2.- pro Pfund, franko unter Nachnahme in Postcolli's von 9 Pfund. Wiederverkäufer erhalten Rabatt. Deutsch-Holländische Dampf-Kaffee-Brennerei 
von L. Wallach in Linz am Rhein."  

       
Lehrlingssuche der Zigarren-Fabrik Carl Meyer junior (1890)  

Linz Israelit 01051890.jpg (31316 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1890: "Lehrlings-Gesuch
Suche einen braven, jungen Mann mit guter Schulbildung als Lehrling. Kost und Logis frei im Hause. Lehrzeit 3 Jahre. 
Carl Meyer junior. Zigarrenfabrik, Linz am Rhein."   

  
Anzeige von Josef Wallach (1894)       

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Oktober 1894): 
"Ein israelitisches Mädchen aus guter Familie zur Stütze der Hausfrau sucht zum sofortigen Eintritt  
Josef Wallach jun., 
Linz
am Rhein."          

  
Anzeigen der Metzgerei von Hermann Faber in Leubsdorf (1887 / 1890 / 1905)  

Leubsdorf Israelit 22121887.jpg (59648 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1887: "Koscher. Die Metzgerei von Hermann Faber in Leubsdorf bei Linz am Rhein empfiehlt ihre nachstehenden Fabrikate in nur feiner Ware und zu äußerst billigen Preisen:  
Koscher
. Kochwurst à Pfund, roh gewogen Mark -.50.  Cervelatwurst à Pfund, gewogen trocken -.80. Rauchfleisch à Pfund, gewogen trocken -.80. Pöckelfleisch à Pfd. dto. -.70.  Geräucherte Zungen à Pfund dto. 1.40.  
Bestellungen nach Auswärts finden prompte Erledigung."      
 
Leubsdorf Israelit 13101890.jpg (38715 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Oktober 1890: "Koscher. Versende von jetzt ab wieder in nur feiner Ware: Kochwurst à Mark -.60. Cervelatwurst per Pfund à Mark 1.-. Rauchfleisch per Pfd. à Mark 1.-. Hermann Faber, Metzgerei in Leubsdorf bei Linz am Rhein."   
 
Leubsdorf FrfIsrFambl 27101905.jpg (53631 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Oktober 1905: "Gegründet 1870. Hermann Faber, Leubsdorf. Streng Koschere Wurstfabrik. - bei Linz am Rhein. 
Günstiges Angebot für Wiederverkäufer!  Empfehle meine bereits allerseits anerkannten Fleisch- und Wurstwaren zu nachstehenden ganz besonders billigen Preisen.  Kochwurst, als Spezialität worauf besonders aufmerksam mache per Stück Mark 0.60.  Cervelatwurst  à Pfund Mark 0.90.  Rauchfleisch, knochenfrei à Pfund Mark 1.10". 

        
Hochzeitsanzeige von Albert Baer und Thea geb. Faber (1937)       

Anzeige in "Israelitisches Familienblatt" vom 22. Juli 1937: "Statt Karten! 
Albert Baer   -   Thea Baer geb. Faber   
Vermählte   
Rheinbrohl am Rhein
  -   Leubsdorf bei Linz am Rhein   28. Juli 1937."      

      
      
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: 
Grabstein in New York für 
Mina Reinach aus Linz (1827-1903) und Marx Reinach aus Sinsheim (1827-1887)       
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn; der Geburtsname von Mina Reinach wird nicht mitgeteilt.      

Sinsheim New York Salem 1673a.jpg (112446 Byte)   Sinsheim New York Salem 1673.jpg (135117 Byte)   Grabstein für Mina Reinach (Reiner) 
A Loving Wife and an Affectionate Mother  
Born in Linz, Prussia  Feb. 9th 1827  
Died July 6th 1903" und für 
"Marx Reinach (Reiner) 
A Faithful Husband and a Devoted Father  
Born in Sinsheim, Baden  December 24th 1827  
Died October 3rd 1887".   

       

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten für August Wallach, 
geb. in Linz
 
 Linz KK MZ Wallach August.jpg (93861 Byte)   
  Kennkarte (Mainz) für August Abraham Wallach (geb. 25. September 1861 in Linz am Rhein, 
später wohnhaft in Mainz), Kaufmann, deportiert am 27. September 1942 ab Darmstadt 
in das Ghetto Theresienstadt, umgekommen in Januar 1943 ebd.   
 

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge       
      
Aus mittelalterlichen Zeiten erfährt man noch von keiner Synagoge in Linz. Eine erste Synagoge wird im 17. Jahrhundert eingerichtet worden sein. In einem Bericht des jüdischen Gemeindevorstehers von 1824 an die Königliche Regierung in Koblenz steht: "Die in Linz bestehende Synagoge ist mehr denn 200 Jahre alt und war nie einer Obersynagoge unterworfen". Der Standort dieser ersten Synagoge, vermutlich nur ein Betraum in einem der von jüdischen Familien bewohnten Häuser, ist nicht mehr bekannt. 1763 oder kurz danach wurde ein neuer Betsaal eingerichtet durch Jakob Calmann Cohen. Dieser hatte das Eckhaus Neupfortenstraße/Himmelzeihgasse erworben und im Obergeschoss einen Betsaal eingerichtet. Der Raum war etwa 30 qm groß, man erreichte ihn "über eine halsbrecherische Treppe, in einer engen Strasse ohne Lichteinfall". Hier kamen die Linzer Juden bis zum Bau der Synagoge 1850/51 zu Gebet und Gottesdienste zusammen.  
      
1841 beantragte die jüdische Gemeinde bei der Königlichen Regierung in Koblenz den Kauf des Hauses mit dem Betsaal, um an seiner Stelle eine Synagoge zu errichten. Der Kauf wurde im November 1841 genehmigt. Im Mai 1846 wurde eine Kollekte in den jüdischen Gemeinde der Rheinprovinz durchgeführt. Schließlich konnte unter der Bauaufsicht von Bauinspektor Nebel 1850/51 die Synagoge erbaut werden. Die feierliche Einweihung war am 30./31. Mai sowie am 1. Juni 1851, worüber ein Bericht in der Allgemeinen Zeitung des Judentums (Ausgabe vom 30. Juni 1851) erschien:  

Linz AZJ 30061851s.jpg (59635 Byte)"Linz am Rhein, 2. Juni (1851). In den Tagen vom 30. und 31. Mai und 1. Juni dieses Jahres war unser freundliches Städtchen in Folge der Einweihung der neuen Synagoge freudig belebt. Von den Schiffsmasten und Brücken, von Türmen und den am Rhein gelegenen Besitzungen der hiesigen Israeliten sowohl als von ihren Wohnhäuser in der Stadt grüßten Flaggen, Blumen und Laubgewinde freundlich die in großer Zahl zur Teilnahme ankommenden fernen Glaubensgenossen, sie auf das gastfreundlichste einladend und ihnen nach alter Sitte herzliches Willkommen verheißend, zugleich aber auch die Freude wegen der Einweihung ihres Gotteshauses bekundend, welches, im würdigen Stile erbaut, eine ebenso würdige Ausschmückung erhielt. Die Festreden hielt der Rabbiner Ben Israel aus Koblenz." 

Über 85 Jahre war die Synagoge religiöses Zentrum der jüdischen Gemeinde.  
   
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge demoliert und geschändet. Die Inneneinrichtung wurde verwüstet. Da das Gebäude zwischen alten Fachwerkhäusern steht, wurde es nicht angezündet. Nach 1945 wurde das Gebäude als Lagerraum zweckentfremdet, bis es Mitte der 1980er-Jahre zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Seit 1992 ist eine Gedenktafel am Gebäude angebracht.  
    
    
Adresse/Standort der Synagoge: Auf dem Berg  
    
    
Fotos 

Historische Fotos sind nicht bekannt, über Hinweise freut sich der Webmaster; 
Adresse siehe Eingangsseite
 
       
Die ehemalige Synagoge 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.8.2006)
 
Linz Synagoge 152.jpg (79711 Byte) Linz Synagoge 151.jpg (60321 Byte) Linz Synagoge 150.jpg (90587 Byte)
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge mit der Gedenktafel: "Zur Mahnung - zum Gedenken. Dieses Haus wurde 1851 als Synagoge der jüdischen 
Gemeinde Linz erbaut. Am 10. November 1938 verwüsteten die Nationalsozialisten dieses Gotteshaus. 1942 endete mit der Deportation der 
jüdischen Bürger auch in Linz alles jüdische Leben. Die Bürger der Stadt Linz. Deutsch-Israelitisches Freundeskreis e.V. Linz".
     
Die ehemalige jüdische Schule 
(Neustraße 20; Foto Gisela Görgens,
 Aufnahmedatum: 27.11.2008)
Linz Schule 010.jpg (96766 Byte) Linz Schule 011.jpg (109424 Byte)
    Mitte des Fotos: Eingang zum 
ehemaligen Schulhaus
     
Die Gedenktafel an der Servitessenkirche  
(Fotos: wie bei Schule)  
Linz Gedenktafel 101.jpg (72390 Byte) Linz Gedenktafel 100.jpg (106168 Byte)
  Text: "Zum Gedenken an unsere jüdischen Mitbürger, die Opfer der nationalsozialistischen
 Gewaltherrschaft wurden - Namenliste siehe Vergrößerung rechts - Die Bürger der Stadt Linz. 
Dr. Sigmund-Wolf-Platz. 1904-1933 verdienstvoller Bürger, Arzt und Stadtverordneter jüdischen
 Glaubens, 1938 als Opfer des Novemberpogroms in die USA emigriert." 

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

November 2010: Gedenken am Jahrestag des Novemberpogroms 1938 - Berichte aus Bad Honnef, Linz, Unkel und Königswinter-Oberpleis       
Artikel in der "Kölnischen Rundschau" vom 11. November 2010 (Artikel): "'Ein Meer aus Kerzenlichtern'. 
Von Königswinter bis Linz fanden Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht 1938 statt. An der Synagogengedenktafel an der unteren Kirchstraße in Bad Honnef erinnerte Bürgermeisterin Wally Feiden mahnend an die Geschichte.
SIEBENGEBIRGE -
Von Königswinter bis Linz fanden am Dienstag Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht 1938 statt, als in der Nacht vom 9. auf den 10. November die Nationalsozialisten Einrichtungen jüdischer Bürger im gesamten Deutschen Reich zerstörten..."   
 
März 2024: Weitere Verlegung von "Stolpersteinen" in Link 
Anmerkung: bereits 2022 und 2023 wurden insgesamt 29 "Stolpersteine" in Linz verlegt.    
Artikel in "Blick Aktuell" vom März 2024: "Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus fand viel Anklang - 13 neue Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig für Linz
Linz. 'Wir wurden als Zweitklässler von unserem jungen Lehrer dazu angehalten, Nazilieder zu singen, wenn wir mit der Klasse an der jüdisch betriebenen Metzgerei vorbeigingen.', erinnert sich ein ehemaliger Leubsdorfer, der nun im Seniorenzentrum Antonius wohnt und zur Verlegung der Stolpersteine mit vor die Tür kam. Und das Thema Nationalsozialismus ist wieder allzu brisant. Man müsse sich mit allen Mitteln für die Demokratie einsetzen, mahnt Stadtbürgermeister Hans Georg Faust. In Linz am Rhein wurden im Februar 2022 und 2023 insgesamt 29 Stolpersteine für jüdische Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Nun sind nochmals zwölf Stolpersteine dazugekommen sowie ein Stolperstein für ein sogenanntes Aktion T4-Opfer, damals als 'Euthanasie' bezeichnet. Damit wurde die Ermordung von zwar nicht jüdischen, aber beeinträchtigten Menschen bezeichnet.
Friedrich Levy wurde aufgrund seiner geistigen Behinderung von den Nazis 1940 ermordet. Ihm wurde vor dem damaligen Pflegeheim und heutigen Seniorenzentrum Antonius ein Stolperstein gesetzt. Und wieder hat es sich der 76jährige und sehr agile Künstler und Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, nicht nehmen lassen, sie persönlich auf Knien anzubringen.
Stolpersteine werden zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt. 'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist', heißt es im Talmud. Demnig erinnert mit seinem Projekt 'Stolpersteine' an die Verfolgten der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing einlässt. Jeder Stein steht für einen Namen, einen Menschen, ein Schicksal. Wer sich herunterbeugt, um die Namen zu lesen, verbeugt sich gleichsam vor den Opfern. 'Man hätte eine Nadel fallen hören, als ich das Holocaust-Thema heute Morgen im Unterricht angesprochen habe.', erzählte Susanne Fauck, Religionslehrerin an der Robert-Koch-Schule in Linz. Und so war eine betroffene Stille auch bei der Verlegung der neuen Stolpersteine in Linz trotz verschiedener Schulklassen und weiteren Gästen wahrzunehmen.
Einst gab es eine lebendige jüdische Gemeinde mit über 100 Mitgliedern in Linz. Unter ihnen waren angesehene Ärzte und Großhändler wie die Kolonialwaren-Großhandlung Levy Wallach, die zu Beginn der 1930er Jahre 17 Verkaufsstellen in u. a. Horhausen, Oberlahr, Brohl, Leutesdorf und Hönningen zählte. Ab 1933 gab es infolge des Boykotts jüdischer Betriebe einen rapiden Umsatzrückgang. Mit weiteren NS-Verordnungen führte dies 1938 zum Untergang des Unternehmens. Ernst Wallach, Geschäftsführer der Firma, war zu diesem Zeitpunkt bereits im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert, 1941 wurde er, der noch im Ersten Weltkrieg als Soldat für Deutschland gekämpft hatte, ermordet, so die Recherchen der Stadt-Archivarin Andrea Rönz. 'Kauft nicht bei den Juden!', habe man damals die Menschen verunsichert und diskriminiert, sollten sie sich doch judenfreundlich zeigen, erklärte Faust den zwei anwesenden achten Klassen des Martinus-Gymnasiums und der Robert-Koch-Schule mit ihren Lehrern Tanja Malottke (Geschichte) und Susanne Fauck (Religion) sowie etlichen weiteren Zuhörern.
Ernst Wallach wurde ebenso wie seiner Stiefmutter Berta Wallach mit ihren Töchtern Hedwig und Lilli ein Stolperstein gesetzt. Heute ist das alte Haus im Besitz der Firma Scherer und die anwesende Geschäftsführerin Stephanie Scherer-Peschel war sehr betroffen im Gedenken an die ehemaligen Besitzer. 'Wenn man sich vorstellt, unter welchen Umständen sie hier ihre letzten Jahre verbracht haben, wird einem Angst und Bange.', so Scherer-Peschel. Das denkt auch Maximilian Warmth, 13, vom MGL, beim Betrachten der fünf Steine für die Familien Simon und Samuel vor deren Haus auf dem Schulweg vieler Gymnasiasten. 'Wir haben in Geschichte einen Film über den Holocaust angeschaut. Es ist so krass, dass man hier direkt vor einem Haus steht, wo Leute rausgerissen wurden - Nachbarn, die man nie mehr wieder gesehen hat.', macht Maximilian sich bewusst. 'Die Schüler gehen anschließend mit anderen Augen durch die Stadt.', weiß Lehrerin Malottke noch von der letzten Verlegung der Stolpersteine 2023. In Gedenken aller Opfer und für den Frieden in der Welt setzte Stadtratsmitglied Ruth Zimmermann abschließend zum Lied 'Hevenu Shalom alechem' an."
Link zum Artikel    
Artikel von Carin Demnig von Weger im "General-Anzeiger" vom 25. März 2024: "13 neue Stolpersteine für Linz. 'Es wird einem angst und bange'.
Linz
· Der Künstler Gunter Demnig hat neue Stolpersteine im Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Die Schicksale der Opfer sind erschütternd - und Mahnung zugleich.
Das war schon beeindruckend. 'Man hätte eine Nadel fallen hören können, als ich das Thema heute Morgen im Unterricht angesprochen habe', erzählte Susanne Fauck, Religionslehrerin an der Robert-Koch-Schule in Linz. Und so war eine betroffene Stille auch bei der Verlegung der neuen Stolpersteine in Linz wahrzunehmen.
In Linz am Rhein wurden im Februar 2022 und 2023 insgesamt 29 Stolpersteine für jüdische Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Nun sind nochmals zwölf Stolpersteine dazugekommen sowie ein Stolperstein für ein Opfer der Euthanasie-Aktion 'T4'. Damit wurde die Ermordung behinderter Menschen bezeichnet. Und wieder hat es sich der 76-jährige Künstler und Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, nicht nehmen lassen, sie persönlich auf Knien anzubringen. Dabei wollte er doch mal kürzertreten und nicht überall persönlich dabei sein. Aber ein Rückzug ist schwierig bei so einem Herzensprojekt.
Stolpersteine zur Erinnerung. Einst gab es eine lebendige jüdische Gemeinde mit über 100 Mitgliedern in Linz. Unter ihnen waren angesehene Ärzte und Großhändler wie die Kolonialwaren-Großhandlung Levy Wallach, die zu Beginn der 1930er Jahre 17 Verkaufsstellen unter anderem in Horhausen, Oberlahr, Brohl, Leutesdorf und Hönningen zählte. Ab 1933 gab es infolge des Boykotts jüdischer Betriebe einen rapiden Umsatzrückgang. Mit weiteren NS-Verordnungen führte dies 1938 zum Untergang des Unternehmens. Ernst Wallach, Geschäftsführer der Firma, war zu diesem Zeitpunkt bereits im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert, 1941 wurde er, der noch im Ersten Weltkrieg als Soldat für Deutschland gekämpft hatte, ermordet, so die Recherchen der Stadt-Archivarin Andrea Rönz. Mit Hetzparolen wie 'Kauft nicht bei den Juden!', habe man damals die Menschen verunsichert und diskriminiert, sollten sie sich doch judenfreundlich zeigen, erklärte Stadtbürgermeister Hans Georg Faust schülergerecht den anwesenden achten Klassen des Martinus-Gymnasiums und der Robert-Koch-Schule mit ihren Lehrern Tanja Malottke (Geschichte) und Susanne Fauck (Religion) sowie etlichen weiteren Beigeordneten und Gästen.
'Es wird einem angst und bange'.
Ernst Wallach wurde ebenso wie seiner Stiefmutter Bertha Wallach mit ihren Töchtern Hedwig und Lilli ein Stolperstein gesetzt. Heute ist das alte Haus im Besitz der Firma Scherer. Die anwesende Geschäftsführerin Stephanie Scherer-Peschel war sehr betroffen im Gedenken an die ehemaligen Besitzer. 'Wenn man sich vorstellt, unter welchen Umständen sie hier ihre letzten Jahre verbracht haben, wird einem angst und bange', so Scherer-Peschel. Das denkt auch Maximilian Warmth, 13, vom MGL, beim Betrachten der fünf Steine für die Familien Simon und Samuel vor deren Haus auf dem Schulweg vieler Gymnasiasten. 'Wir haben in Geschichte einen Film über den Holocaust angeschaut. Es ist so krass, dass man hier direkt vor einem Haus steht, wo Leute rausgerissen wurden, Nachbarn, die man nie mehr wieder gesehen hat', macht Maximilian sich bewusst. 'Die Schüler gehen anschließend mit anderen Augen durch die Stadt', weiß Lehrerin Malottke noch von der letzten Verlegung der Stolpersteine 2023. Angehörige der Familien hatte Rönz nicht mehr ausfindig machen können. Das Linzer Urgestein Karl-Heinz Wölbert erinnert sich aber sehr gut an die Erzählungen seiner Mutter, die mit der Heddy (Hedwig Wallach) und den Marx-Kindern gespielt habe. 'Auf einmal waren sie weg – und kamen nie wieder', habe die Mutter oft erzählt. Bertha Wallach, nach dem Tod ihres Mannes Joseph Gesellschafterin der Firma Levy Wallach, war mit ihrer Tochter Hedwig die Flucht in die USA geglückt, Lilli Wallach floh schon 1933 über England und lebte später auch in den USA. 'Nachfahren der Familie Marx haben wir noch ab und zu in Linz gesehen.', erinnerte sich Wölbert bezüglich der Spielgefährten der Mutter. Metzger und Viehhändler Joseph Marx lebte mit seiner Frau Selma und seinem Sohn Kurt Marx in einem Wohnhaus, das 1938 im Zuge des Novemberpogroms verwüstet und zu einem der beiden 'Judenhäuser' wurde, wo alle in Linz verbliebenen 19 Juden eingepfercht und vorinterniert wurden. Auch die drei Mitglieder der Familie Marx wurden Richtung Osten deportiert und dort ermordet. Steine zu ihrem Gedenken wurden bereits gefertigt, werden aber erst später verlegt.
Ein Lied für die Opfer. Friedrich Levy wurde aufgrund seiner geistigen Behinderung von den Nazis 1940 ermordet. Ihm wurde vor dem damaligen Pflegeheim und heutigen Seniorenzentrum Antonius ein Stolperstein gesetzt. Senioren kamen heraus und setzten sich zu den Schülern auf die Stufen vor der Gedenktafel. 'Erst seit etwa vier Jahren kommen immer mehr sogenannte 'Euthanasie'-Opfer dazu.', erzählte Demnig. Kliniken weigerten sich oft, Informationen herauszugeben. Angehörige möchten nicht, dass die Behinderung womöglich in Gedanken auf sie übertragen würde, oftmals herrsche Schweigen, weiß Demnig. In Gedenken aller Opfer und für den Frieden in der Welt setzte Stadtratsmitglied Ruth Zimmermann abschließend zum Lied 'Hevenu Shalom alechem' an. Zu Deutsch: 'Friede sei mit dir.'"
Link zum Artikel     

   
    


   

Links und Literatur   

Links:                  

bulletWebsite der Stadt Linz am Rhein  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Linz (interner Link) 
bulletÜber Familie Aron Marx, Linz am Rhein in der Website von Daniela Tobias: http://tobiasherz.de/familie-aron-marx-linz-am-rhein     

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 491-492; III,1 S. 755-756.
bulletAnton und Anita Rings: Die ehemalige jüdische Gemeinde in Linz am Rhein. Erinnerung und Gedenken. Stadt Linz am Rhein. 1989. Vgl. gerichtliche Auseinandersetzung um diese Publikation        
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 235-236 (mit weiteren Literaturangaben).
bulletLinz Buch.jpg (16167 Byte)Peter Adams (Hg.): Die schöne Jüdin. Roman aus dem kurkölnischen Linz von Pater Petrus Sinzig. Bei der schönen Jüdin handelt es sich um einen Roman, den der Linzer Franziskaner-Pater Petrus Sinzig 1927 veröffentlichte.

Der historische Roman, der in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Linz am Rhein, zur Zeit des Reformationsstreits spielt, erzählt die Geschichte von der Liebe des Christen Jost Kastenholz zur schönen Jüdin Rachel. Die Geschichte dieses Romans ist so interessant, dass sie bereits in den 1950er Jahren als Bühnenstück in Linz uraufgeführt wurde. Daneben spielt das, ebenfalls von einem bekannten Sohn der Stadt Linz, Tilmann Joel, gestiftete Marienaltarbild eine wichtige Rolle.
Nähere Informationen: www.die-schoene-juedin.de/   

    
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Linz  Rhineland. Jews are first mentioned in 1218-1222. The community was destroyed in the Black Death persecutions of 1348-49. Small number of Jews were present in the 15th and 16th centuries and a permanent community was formed in the late 16th century. In late 1819, Jews were attacked in the Hep! Hep! riots. A Jewish elementary school was started in 1844; a new synagogue was consecrated in 1851; and a cemetery was opened in 1854. The Jewish population reached a peak of 130 in the last quarter of the 19th century (4 % of the total). In the aftermath of Worldwar I, a number of antisemitic incidents occurred and in the postwar economic crisis, a number of Jewish businesses closed down. In June 1933, about four months after the Nazi rise to power, there were 64 Jews in Linz. Under Nazi persecution, most left in 1933-38. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue and seven Jewish homes were wrecked and Jewish men arrested. The last 19 were moved to "Jewish houses" on 15 September 1941; 12 were deported to the east on 30 March 1942 and seven to the Theresienstadt ghetto on 25 July. At least 23 perished in the Holocaust.  
       
        

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

             

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020