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Unkel (Kreis
Neuwied)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Unkel bestand eine jüdische
Gemeinde bis um 1920. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück.
Bereits im Mittelalter könnten Juden in der Stadt gelebt haben. Ein Salman
Unkel erwarb 1284 ein Haus in Basel und könnte von Unkel zugezogen sein.
1293 übersiedelt er nach Main; sein Sohn Mose lebte 1324 wieder in Basel. Im
16. Jahrhundert lebten Juden in der Stadt: 1578 werden drei jüdische
Personen namentlich genannt.
Mitte des 18. Jahrhunderts (1750) wohnten drei jüdische Familien in
Unkel.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1803 14 jüdische Einwohner (in vier Familien), 1822 26, 1851 39, 1853
44, 1858 38, 1895 17.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad (nach einem Bericht von 1856
"in einem Zimmer des Rob. Meyer") und ein Friedhof.
Der Religionsunterricht der Kinder wurde seit der Mitte des 19. Jahrhunderts
durch auswärtige Lehrer erteilt, so um 1879 durch Lehrer Leopold Mandel aus
Linz. Damals war Unkel (mit
Erpel und
Rheinbreitbach) eine Linz zugehörende "Spezialgemeinde" (siehe Bericht
unten).
Um 1924 lebten noch 10 jüdische Personen in Unkel, die inzwischen zur
Gemeinde in Linz gehörten.
1935 lebten noch fünf jüdische Personen in der Stadt, 1939 drei,
die noch vor Beginn der Deportationen weggezogen beziehungsweise
ausgewandert sind.
Von den in Unkel geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sophie Heilbronn
(1866), Anita Hirsch geb. Meyer (1897), Leopold Meyer (1888), Henriette Wolff
(1875).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Probleme mit dem biblischen
Geschichtsunterricht an den katholischen Volksschulen im Blick auf die jüdischen
Schülerinnen und Schüler - Beschwerde des jüdischen Lehrers L. Mandel (1879)
Anmerkung: Lehrer L. Mandel war um 1879 für den jüdischen Religionsunterricht
in Linz sowie in Unkel mit
Rheinbreitbach und
Erpel zuständig.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitschrift des Judentums" vom 13. Januar 1879:
"Linz am Rhein, 30. Dezember
(Privatmitteilung) (Vorbemerkung der Redaktion. Das folgende
Schreiben, an uns persönlich gerichtet, betrifft so wichtige öffentliche
Interessen, dass die Veröffentlichung uns durchaus geboten erscheint. Wir
geben es, nur diejenigen Stellen weglassend, welche an uns sich
wenden. Es versteht sich, dass der Angelegenheit weitere Folge gegeben
wird.)
Der hiesige Elementar- und Religionslehrer L. Mandel, welcher
zugleich den Religionsunterricht in unserer Spezialgemeinde Unkel
erteilt, machte vor einiger Zeit dem Vorstand der Synagogengemeinde die
Anzeige, dass die jüdischen Schüler und Schülerinnen der Spezialgemeinde
Unkel in verschiedenen katholischen Volksschulen zu Unkel,
Rheinbreitbach und
Erpel zur Teilnahme an dem biblischen
Geschichtsunterricht des alten Testaments, welcher nach dem Buche, betitelt
"Die biblische Geschichte des alten und neuen Testament für katholische
Volksschulen von Dr. J. Schuster" erteilt wird, sowie auch zur Anschaffung
des erwähnten Buches angehalten würden. Die seitens der Kinder namens ihrer
Eltern an das betreffende Lehrpersonal gerichteten Dispensations-Gesuche
seien erfolglos geblieben. Nach Einsicht der biblischen Geschichte von Dr.
Schuster wolle er - Lehrer Mandel - auf einige Stellen und Punkte dieses
Buches, die der jüdischen Religions- und Geschichtslehrer widersprechen
aufmerksam machen.
a) die Lektionen des alten Testaments sind mit bildlichen Darstellungen der
christlichen Religionslehre versehen.
b) Seite 3 spricht vom Kampfe des Teufels mit den guten Engeln.
c) Seite 7: 'Abel war ein Vorbild es von seinen Brüdern, den Juden,
unschuldig getöteten Jesus. Kain war ein Vorbild der über die Erde
zerstreut den Juden.
d) Seite 18 und 21 werden wiederholt die bekannten Stellen, die nach dem
hebräischen Texte, sowie nach der Vulgata und Septuaginta lauten müssen:
'Durch deine Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden', mit
folgender Übersetzung wiedergegeben: 'Durch Einen Deiner Nachkommen sollen
alle Völker der Erde gesegnet werden'.
Indem Lehrer Mandel diese Stellen vom Standpunkte der jüdischen Lehre und
Geschichte beleuchtete, führte er aus, dass aus denselben schon zur Genüge
hervorgehe, wie die biblische Geschichte des Dr. Schuster als Lehrbuch für
jüdische Schüler ungeeignet sei, und dass die Teilnahme an dem betreffenden
Unterricht für die jüdischen Kinder nachteilige Wirkung haben können. Lehrer
Mandel bat deshalb den Vorstand, um die Dispensation der jüdischen Kinder
von dem betreffenden biblischen Geschichtsunterricht bei den zuständigen
Behörden einzukommen.
Als bald nach Empfang dieses Schreibens richtete der Vorstand an den Herrn
Landrat des Kreises Neuwied eine Eingabe, in welcher der selbe, unter
Einsendung jenes Berichtes, das wohlbegründete Gesuch des Lehrers am. Um
Dispensation der jüdischen Kinder in Erpel,
Unkel und Rheinbreitbach
von der Teilnahme an dem christlichen biblischen Geschichtsunterricht zu dem
seinigen machte. Zugleich aber legte er gegen die obige Stelle, welche
Christus mit Abel und die Juden mit Kain vergleicht, Verwahrung ein und wies
darauf ihn, dass diese Stelle, indem sie die katholische Jugend anleite, in
den Bekennern des jüdischen Glaubens nirgends Ruhe findende Brudermörder zu
erblicken, Verachtung Andersgläubiger, insbesondere der jetzigen Juden
lehre, und den konventionellen Frieden untergrabe. Unter Bezugnahme auf die
neuerliche Verfügungen des Kultusministers, der zufolge kein Schullesebuch
Stellen enthalten dürfe, welche eine Konfession zu beleidigen geeignet
seien, unterbreitete der Vorstand der Königlichen Regierung die Erwägung, ob
die erwähnte Stelle der schusterischen biblischen Geschichte: 'Abel … Juden)
in einem Schulbuche am rechten Ort sei..." |
Bei Interesse zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken
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Zur Geschichte der Synagoge
Eine ältere Synagoge (beziehungsweise ein Bethaus) war nach
einem Bericht des Bürgermeisters von 1856 "in einem eigenen Lokal seit
unvordenklichen Zeiten" vorhanden.
Nachdem im Jahr 1863 die in den Orten Unkel, Scheuren, Rheinbreitbach,
Heister und Erpel lebenden jüdischen Familien zu einer Gemeinde mit Sitz in Unkel
(Teilgemeinde der Synagogengemeinde Linz-Unkel), lag den Gemeindegliedern am Bau
einer neuen Synagoge. Im November 1869 konnte ein Baugrundstück in der
Straße "Am Graben" von der politischen Gemeinde erworben werden. In
den folgenden fünf Jahren wurde geplant und schließlich gebaut. Die Einweihung
der Synagoge wurde am 21. August 1874 feierlich durchgeführt. Nur
bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der Synagoge regelmäßig
Gottesdienste abgehalten, danach fehlte für den Gottesdienst immer mehr die
erforderliche Zahl von zehn religionsmündigen Männern (Minjan). Die Synagoge
blieb stehen, bis sie - nachdem das letzte männliche Mitglied Anfang 1935
verstorben war - vom Vorstand der Linzer jüdischen Gemeinde verkauft wurde.
Allerdings fand sich damals kein Käufer für das Gebäude.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von zwei Einwohnern aus Unkel
angezündet. Sie hatten sich von einer jüdischen Einwohnerin den Schlüssel
geben lassen. Die Synagoge brannte völlig aus; die Brandruine wurde wenig
später abgebrochen. Das Grundstück wurde am 10. Januar 1939 für 1.100 RM an eine
Privatperson verkauft, von der ein Wohnhaus erstellt wurde.
1949 fand gegen die Brandstifter eine Gerichtsverhandlung statt; beide
wurden jedoch freigesprochen.
1985 wurde am ehemaligen Standort der Synagoge eine Gedenktafel
angebracht. Sie trägt die Inschrift "Hier stand die Unkeler Synagoge.
Eingeweiht am 26. August 1874. Zerstört in der Zeit der Verfolgung unserer
jüdischen Mitbürger am 10. November 1938. Wir vergessen es nicht. Die Bürger
der Stadt Unkel 27.10.1985."
Adresse/Standort der Synagoge: Am
Graben 28 / Ecke Freiligrath-Straße
Fotos
(Quelle: Rekonstruktionszeichnung aus Landesamt s. Lit.
S. 371; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.8.2009)
Rekonstruktionszeichnung
der 1874 eingeweihten Synagoge |
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Die Zeichnung wurde nach
Angaben von Zeitzeugen
von R. Schneider erstellt |
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Das Synagogengrundstück im
Sommer 2009 |
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Blick über das
Grundstück der ehemaligen Synagoge |
Gedenktafel |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2010:
Gedenken am Jahrestag des Novemberpogroms 1938 -
Berichte aus Bad Honnef, Linz, Unkel und
Königswinter-Oberpleis |
Artikel in der "Kölnischen Rundschau" vom 11. November 2010 (Artikel):
"'Ein Meer aus Kerzenlichtern'.
Von Königswinter bis Linz fanden Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht 1938 statt. An der Synagogengedenktafel an der unteren Kirchstraße in Bad Honnef erinnerte Bürgermeisterin Wally Feiden mahnend an die Geschichte.
SIEBENGEBIRGE - Von Königswinter bis Linz fanden am Dienstag Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht 1938 statt, als in der Nacht vom 9. auf den 10. November die Nationalsozialisten Einrichtungen jüdischer Bürger im gesamten Deutschen Reich zerstörten..." |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 847. |
| Rudolf Vollmer: Die ehemalige jüdische Gemeinde der
Bürgermeisterei Unkel. In: Heimatjahrbuch des Landkreises Neuwied. 1994. S.
74-79. Erweiterte Fassung in: Unkel am Rhein. Chronik einer Stadt. Unkel
1995. |
| ders.: Die ehemalige jüdische Gemeinde in Unkel, Erpel und
Rheinbreitbach. Unkel 1997. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 371-372 (mit weiteren Literaturangaben).
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n.e.
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