Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ermetzhofen (Gemeinde Ergersheim, Kreis Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen              
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)            
     
In Ermetzhofen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. 1530 und 1593 werden jüdische Einwohner am Ort genannt, gleichfalls in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1639). Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Familien am Ort von vier (1736) auf neun Familien (1796) zu, die unter dem Schutz der Freiherren von Seckendorff standen. 
 
Die Blütezeit der Gemeinde war im 19. Jahrhundert, als sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt entwickelte: 1808 17 Familien mit zusammen 82 Personen, davon waren bis dahin unter dem Schutz der Freiherren von Seckendorff 11 Familien mit 50 Personen; 1809/10 93 jüdische Einwohner (28,7 % von insgesamt 324 Personen), 1867 99 (24,3 von insgesamt 408 Personen), 1871 111 (27,1 % von insgesamt 409), 1877 19 Familien, 1880 103 (24,4 % von insgesamt 422), 1900 87 (24,4 % von insgesamt 423).

An Einrichtungen der jüdischen Gemeinde bestanden eine Synagoge (s.u.), ein Friedhof, eine Religionsschule, ein Schlachthaus zum rituellen Schächten und ein rituelles Bad. Nach Angaben bei I. Schwierz (s. Lit.) waren neben der offiziellen Gemeindemikwe wahrscheinlich auch einige "Privatmikwaot" in sog. "Judenhäusern" vorhanden. An jüdischen Vereinen bestand der Wohlfahrtsverein Chewroth (1932 unter Leitung von Hugo Oestreicher, 11 Mitglieder). Die Gemeinde war von 1838 bis 1880 dem Bezirksrabbinat Welbhausen, danach dem Bezirksrabbinat Ansbach zugeteilt. 
 
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Schächter und Vorsänger fungierte. 1830 wurde als Religionslehrer Samson Kohn (bzw. Cohn) angestellt. Er unterrichtete mit behördlicher Genehmigung 1834 auch die Kinder der jüdischen Familien aus Burgbernheim (Stimpfig: Juden in West-Mittelfranken S. 389-390). Samson Kohn war 56 Jahre lang als Lehrer in Ermetzhofen tätig und trat zum 1. März 1885 in den Ruhestand (Ausschreibung der Stelle zum 1. März 1885 siehe unten; unterzeichnet vom damaligen Vorsteher Gabriel Stark). Auf Samson Kohn folgte Lehrer A. Hubert, der allerdings höchstens sieben Jahre in der Gemeinde blieb, da die Stelle zum 1. September 1892 neu ausgeschrieben wurde (s.u.). 1908 wurde die Stelle möglicherweise das letzte Mal ausgeschrieben (siehe unten). Im Herbst 1908 wird als Lehrer in Ermetzhofen David Weinmann aus München genannt, ein junger Lehrer, der kurz zuvor die Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg abgeschlossen hatte. Wie lange er in Ermetzhofen blieb, ist nicht bekannt. Nachdem die Zahl der Gemeindeglieder in den folgenden Jahren immer mehr zurückging, erteilte der Lehrer aus Uffenheim den jüdischen Kindern in Ermetzhofen den Unterricht. 
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Siegfried Holzer (geb. 10.12.1895 in Ermetzhofen, gef. 27.6.1916) und Unteroffizier Ludwig Stark (geb. 23.4.1891 in Ermetzhofen, vor 1914 in Ulm wohnhaft, gef. 24.8.1914).    
  
Um 1925, als zur jüdischen Gemeinde noch 38 Personen gehörten (10,0 % von insgesamt ca. 380), waren die Vorsteher der Gemeinde Max Stark I, Max Krämer, Josef Adler, Josef Stein und Hugo Oestreicher. Hauptlehrer Abraham Strauß aus Uffenheim unterrichtete die damals zwei schulpflichtigen Kinder der jüdischen Gemeinde in Religion. Die jüdische Gemeinde war weiterhin dem Distriktsrabbinat Ansbach zugeteilt. 1932 waren die Gemeindevorsteher wie bereits 7 Jahre zuvor Max Stark I (1. Vorsteher) und Max Krämer (2. Vorsteher).
  
1933 lebten noch 34 jüdische Personen in Ermetzhofen (9,9 % der Gesamteinwohnerschaft). Auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Auswirkungen des wirtschaftlichen Boykotts verließen bis November 1938 12 Personen das Dorf, ein Gemeindeglied verstarb in dieser Zeit. Mehrere Wochen vor dem Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Familien von den Behörden zum Verkauf ihrer Häuser gezwungen. Beim Novemberpogrom selbst wurden alle Juden festgenommen, teilweise verhaftet und in das KZ Dachau verbracht; die übrigen aufgefordert, den Ort sofort zu verlassen. Bis 29. November 1938 verließen 21 jüdische Einwohner Ermetzhofen. Wenige konnten auswandern (zwei nach China), die meisten verzogen innerhalb von Deutschland (München, Würzburg, Augsburg, Frankfurt a.M.). Zum 30. November 1938 war Ermetzhofen in der Sprache der Nationalsozialisten "judenfrei", die jüdische Gemeinde aufgelöst.
  
Von den in Ermetzhofen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emilie Adler geb. Mann (1871), Emma Adler geb. Stark (1885 oder 1886), Josef Adler (1875), Hannchen Bachrach geb. Mann (1874), Sofie Bernet geb. Mann (1863), Lotte Blein geb. Stein (1877), Lina Cahn geb. Mann (1867), Dina David geb. Mann (1866), Rosa Eichwald geb. Mann (1870), Helene Irma Grünhut geb. Krämer (1903), Josef Grünhut (1887 oder 1888), Julie Herz geb. Mann (1876), Louis Holzer (1893), Lina Hubert geb. Stein (1867, Witwe des Lehrers in Ermetzhofen A. Hubert), Lina Krämer (1870), Max Krämer (1866), Rosa Krämer (1879), Sigmund Krämer (1868), Joseph Mann (1869), Samuel Mann (1876), Theodor Mann (1865), Frieda Michelsohn geb. Stark (1890), Ida Nußbaum geb. Mann (1873), Bertha Östreicher (1886), Klara Östreicher (1881), Flora Rindsberg geb. Stark (1882), Ricka Rosenberg geb. Mann (1872), Klara Rosenthal geb. Mann (1871), Simon Sämann (1877), Heinrich Stark (1883), Hilda Stark geb. Holzer (1889), Joseph Stark (1882), Justin Stark (1885), Meier-Max Stark (1879), Max Stark (1881), Max Stein (1873), Simon Stein (1877), Rosa Westheimer geb. Stark (1883, vgl. Kennkarte unten).
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Zum Tod des Lehrers Samson Kohn (1887)   

Ermetzhofen Israelit 22121887n.jpg (118365 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1887: "Ermetzhofen, 14. Dezember (1887): Heute wurde dahier der Religionslehrer Herr Samson Cohn zu Grabe getragen. In welcher Achtung der Verlebte, der ein Alter von 86 Jahren 7 Monaten erreichte und 56 Jahre dahier als Lehrer gewirkt hatte, stand, bezeugte die große Teilnahme bei der heutigen Beerdigung. Es hatten sich hierzu die politische Gemeindeverwaltung mit Geistlichen und Lehrer, sowie auch die christlichen Lehrer aus der Nähe, Freunde aus Rothenburg und Uffenheim und die hiesigen israelitischen Gemeindemitglieder, die sämtlich Schüler des Verstorbenen, eingefunden. Am Grabe sprachen der Schwiegersohn des Dahingeschiedenen, Herr Lehrer Israel - Groß-Gerau, der den Lebenslauf und die Verdiente des Verstorbenen hervorhob, Herr Lehrer Hubert von hier, der ihm einen letzten Scheidegruß widmete, Herr Lehrer Strauß - Uffenheim, der im Namen der anwesenden Kollegen dem Dahingeschiedenen ein letztes Lebewohl zurief. Herr Distriktsrabbiner Grünbaum - Ansbach, ein Freund des Verstorbenen, der auf Wunsch des Verstorbenen zur Beerdigung berufen wurde, war durch Unwohlsein daran verhindert und drückte in einem Briefe seinen Schmerz aus, dass er dem Wunsche des Verlebten, seines Freundes, und dem Verlangen des eigenen Herzens nicht Folge leisten konnte". 
  
Bereits zum 1. März 1885 war Samson Kohn in den Ruhestand versetzt worden. Zur Neubesetzung war die Stelle Anfang 1885 ausgeschrieben:
 
Ausschreibung der Religionslehrer-, Schächter- und Vorsängerstelle 1885
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1885): "Am 1. März 1885 erledigt sich die hiesige israelitische Religionslehrerstelle, verbunden mit Schächter- und Vorsängeramt, indem der derzeitige Lehrer seine Stelle wegen hohen Alters niederlegt. Für dieses Amt setzt die hiesige Kultusgemeinde einen jährlichen fixen Gehalt von 700 Mark nebst freier Wohnung aus. Nebenverdienst mit Ertrag des Schächtens jährlich etwa 500 Mark. Unverheiratete Reflektanten können sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse innerhalb 6 Wochen beim unterfertigten Kultusvorstand melden. 
Ermetzhofen (Bayern), 4. Januar 1885, Der Kultusvorstand Moses Sämann". 
Auf die Ausschreibung der Stelle wurde Lehrer A. Hubert nach Ermetzhofen berufen; sein Name steht unter folgender Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" sowie im Bericht zur Einweihung einer neuen Torarolle 1886 (s.u. bei der Geschichte der Synagoge).
 
Warnung des Lehrer A. Hubert 1886   
Ermetzhofen Israelit 12091887.jpg (85835 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1887: "Um israelitische Gemeinden vor weiterer Ausbeutung zu schützen, sehe ich mich veranlasst, folgende Warnung zu veröffentlichen: Seit Monaten beschwindelt eine Frau Simon die israelitischen Gemeinden Bayerns. Sie gibt an, dass sie aus Aschaffenburg sei, 3 Kinder habe, dass ihr Mann in Bühl (Baden) geboren, seit 2 Jahren in der Irrenanstalt zu Illenau (Baden) sich befinde und dass sie bis vor Kurzem in Aschaffenburg gewohnt habe. Sie zeigt von der Irrenanstalt Illenau ein Zeugnis, worin bezeugt wird, dass ein Mann namens Simon sich seit 1 1/2 Jahren in der Anstalt befinde, dass dieser auch drei 3 Kinder habe. Auf das Gerücht, dass diese Frau eine Schwindlerin sei, erkundigte ich mich bei Herrn Kantor Rosenheimer in Bühl, und dieser teilte mir mit, dass es in Bühl gar keinen 'Simon' gebe und dort keiner wohne; auch in der Irrenanstalt Illenau befinde sich kein Simon und war keiner dort. A. Hubert, Lehrer in Ermetzhofen (Mittelfranken)."
  
Lehrer Hubert war nicht lange in Ermetzhofen. 1892 wurde die Lehrerstelle wiederum ausgeschrieben, unterzeichnet von Kultusvorstand Gabriel Stark).
 
Ausschreibungen der Religionslehrer-, Schächter- und Vorsängerstelle 1892 / 1901 / 1908 
Ermetzhofen Israelit 20061892.jpg (54361 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1892: "In der israelitischen Kultusgemeinde Ermetzhofen (Mittelfranken), ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters mit einem Fixgehalt von jährlich 800 Mark, welcher jedoch im nächsten Jahre auf 700 Mark bei guter Qualifikation erhöht werden kann, mit einem Nebeneinkommen von ca. 700-800 Mark, nebst entsprechender Mietentschädigung bis 1. September laufenden Jahres zu besetzen. Es wird ein lediger Mann, welcher schon eine derartige Stelle begleitet hat, gesucht. Reflektanten wollen sich gefälligst baldmöglichst unter Vorlage ihrer Zeugnisse bei dem Unterzeichneten melden. Gabriel Stark, Kultusvorstand."
   
Die nachfolgende Ausschreibung 1901 war nach dem Weggang von Lehrer Leopold Regensburger notwendig: 
Ermetzhofen Israelit 24101901.jpg (53143 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1901: "Den 15. November dieses Jahres erledigt sich die hiesige Religionslehrerstelle, verbunden mit Vorsänger- und Schächteramt, mit einem jährlichen Fixum von 700 Mark nebst ca. 600 Mark Nebenverdienst. Geprüfte Kandidaten, welche schon in dieser Eigenschaft tätig sind oder waren, wollen sich melden. Lediger Bewerber wird bevorzugt.  
Gabriel Stark, Kultusvorstand, Ermetzhofen, Unterfranken."   
  
Ermetzhofen Israelit 04061908.jpg (50889 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1908: In der Gemeinde Ermetzhofen (Mittelfranken) ist die Stelle eines Lehrers, Kantors und Schochets mit einem seminaristisch gebildeten unverheirateten Herrn baldmöglichst zu besetzen. Fixum beträgt Mark 700. Nebenverdienste belaufen sich auf ca. 500-600 Mark. Bewerbungen mit Zeugnisabschriften beliebe man an den unterzeichneten Kultusvorstand zu richten. E. Rosenberger."  

      
Zum Tod von Lehrer Leopold Regensburger (1931, bis 1901 Lehrer in Ermetzhofen)  

Kriegshaber BayrGZ 15091931.jpg (64720 Byte)Artikel in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1931: "Vereinsmitteilungen (sc. des Lehrervereins). 1. Am 12. August verstarb Kollege Leopold Regensburger in Kriegshaber bei Augsburg. Geboren im Jahre 1867 in Sulzbürg, waltete er in Treue und Gewissenhaftigkeit in den bayerischen Gemeinden Ermetzhofen bis 1901, Ingolstadt bis 1912 und bis zu seinem Tode in Kriegshaber seines Amtes. Er gehörte zu jenen stillen Naturen, die fern von dem Getriebe der Öffentlichkeit ihren geraden Weg gehen. Unserem Vereine war er seit 1893 ein treues Mitglied. An seinem Grabe sprach Rosenfeld im Namen des Vereines Worte der Liebe und des Gedenkens. In Vertretung des abwesenden Rabbiners zeichnete Kollege Heimann (Augsburg) in formvollendeter Rede ein Lebensbild des Heimgegangenen. Im Namen der Kultusgemeinde Augsburg sprach Kommerzienrat Dann. Wir werden dem treuen Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren."

   
Lehrer David Weinmann erhält den Preis der Seligmann Bär Bamberger - Stiftung

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Dezember 1908: "Würzburg. Israelitische Lehrerbildungsanstalt. - Dem Berichte über das 44. Jahre des Bestehens der Anstalt (1907/08) entnehmen wir: Sieben Zöglinge bestanden die Austrittsprüfung am Königlichen Schullehrer-Seminar und wurden in die Praxis entlassen. Die Anstalt zählte im abgelaufenen Schuljahre 30 Schüler, von denen 19 die Beköstigung ganz zahlten; Unterricht und Wohnung ist für alle Schüler unentgeltlich. Den Preis der 'Seligmann Bär Bamberger - Stiftung' erhielt der Schüler des 3. Kurses David Weinmann aus München, zur Zeit Lehrer in Ermetzhofen. Vom 9. - 11. August waren von den 15 Abiturienten des Jahres 1883 11 mit ihren Familienangehörigen in Würzburg festlich vereint."          

 
  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde 

Zum Tod von Moses Stark (1911)  

Uffenheim Israelit 27071911.jpg (78937 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1911: "Uffenheim, 17. Juli  (1911). Dieser Tage trugen wir einen Mann zu Grabe, wie sie leider im Judentum immer seltener werden: Herr Privatier Moses Stark. Von frühester Jugend an lag ihm neben der Sorge um den Lebensunterhalt auch die Sorge um die öffentlichen Bedürfnisse am Herzen; seinem Einflusse ist es zuzuschreiben, dass in seiner Heimatgemeinde Ermetzhofen noch alle religiösen Institutionen im jüdischen Sinne aufrechterhalten blieben. Mit einem pädagogischen Geschick erzog er seine Kinder zu guten Jehudim. Von einer edlen gleichgesinnten Gattin unterstützt, war sein Haus das Muster eines echt jüdischen harmonischen Familienlebens, von dessen Strahlen alle Ein- und Ausgehenden erwärmt wurden. Von seiner Beliebtheit zeugte der imposante Leichenzug, der den ehrwürdigen Greis zu Grabe geleitete. Herr Distriktsrabbiner Dr. Kohn widmete dem Verblichenen einen warmen Nachruf und tröstete die Hinterbliebenen. Das Andenken an Moses stark wird ein gesegnetes bleiben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 

 
Zum Tod von Edele Stein (1920)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juli 1920: "Ermetzhofen, 1. Juli (1920). Am Montag, den 12. Tamus, wurde die Seniorin der hiesigen Gemeinde, Frau Edele Stein, im Alter von 80 Jahren zu Grabe getragen. Doppelt schmerzlich, so betonte Herr Lehrer Weil am Grabe, sieht eine kleine Gemeinde mit der scheidenden Gemeindeschwester ihren Bestand verringert. Als eine Frau vom alten Schlage rühmte Herr Rabbiner Dr. Brader die Dahingegangene. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Leben."

    

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten von 
Rosa Westheimer geb. Stark  
 Ermetzhofen KK MZ Wertheimer Rosa.jpg (91956 Byte)   
    Rosa Westheimer geb. Stark ist am 28. November 1883 in Ermetzhofen geboren. Sie wohnte 
später in Amberg, Frankfurt am Main und Mainz. Am 30. September 1942 wurde sie 
ab Darmstadt nach Treblinka deportiert und ermordet.  
 

     
     
    
 
Zur Geschichte der Synagoge     
       
               
Ein Betsaal der jüdischen Familien dürfte spätestens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingerichtet worden sein. Eine Synagoge wurde um 1770 erbaut. 
          
An besonderen Ereignissen in der Geschichte der Synagoge werden in einem Bericht von 1886 zwei Einweihungen von neuen Torarollen in den Jahren 1861 (vermutlich am Schabbat Nachamu = 20. Juli 1861) und 1886 hervorgehoben. Mit einer aus einem solchen Anlass üblichen großen Prozession durch den Ort wurde die Torarolle in die Synagoge eingebracht
.    

Ermetzhofen Israelit 06091886.jpg (169685 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. September 1886: "Ermetzhofen in Mittelfranken, im Av 5464 (unlieb verspätet). Die hiesige Gemeinde feierte am Schabbat Nachamu (Schabbat mit der Lesung der Haftara 'Tröstet...' Jesaja 40; 14. August 1886) ein Fest, welches der Ehre unserer heiligen Tora galt und den Beweis lieferte, dass die hiesige Gemeinde keine Geldmittel scheut, wenn es sich darum handelt, unsere heilige Tora zu verherrlichen. Am genannten Tage waren es 25 Jahre, dass von den Gemeindemitgliedern ein neues Sefer (Torarolle) gestiftet und eingeweiht wurde, und sollte dieser Jubiläumstag in festlicher Weise begangen werden. Schon vor einem Jahre regte unser Kultusvorsteher Herr Hermann Östreicher diese Feier an, und macht den Vorschlag, an diesem neue Ritualien (gemeint wohl: Toraschmuck) für jenes Sefer zu stiften. Es wurde ein Komitee gebildet und wurden die entstandenen Kosten meistens durch freiwillige monatliche Beiträge gedeckt. Die Feier wurde am Freitag Abend, durch eine gesellige Unterhaltung eröffnet; Herr Lehrer Hubert begrüßte den zu dieser Feier erschienenen Herrn Distrikts-Rabbiner Grünbaum aus Ansbach, die zahlreich angekommenen fremden Gäste und den anwesenden Herrn Königlichen Bahnexpeditor Bock; er hob in seiner Rede besonders hervor, wie sehr die Gemeinde sich freue, ihren allverehrten Herrn Rabbiner bei diesem Feste in ihrer Mitte weilen zu sehen. Herr Distrikts-Rabbiner Grünbaum erwiderte, wie angenehm es ihm sei, einer solchen Feier in hiesiger Gemeinde anwohnen zu können, gedachte der Verstorbenen, die vor 25 Jahren bei der Stiftung mitwirkten, und hob die Einigkeit und den religiösen Sinn der Gemeindemitglieder hervor, die die vielen Ausgaben nicht scheuten, um dieses Fest zu veranstalten; der Herr königliche Bahnexpeditor Bock dankte für die ihm zuteil gewordene Einladung, sein Hoch galt dem verehrlichen Herrn Distrikts-Rabbiner.
Am Samstag Morgen, eine Stunde nach dem Schacharit-(Morgen)-Gebete, stellte sich der Festzug vor der Synagoge auf; die Schuljugend mit dem Herrn Lehrer und II. Vorstand, die Knaben mit Fähnchen, hierauf die Festdamen, dann das Sefer (Torarolle) mit Begleitung von 2 Personen, der Herr Distrikts-Rabbiner, von dem I. Vorstande und dem pensionierten Herrn Lehrer Cohn begleitet, dann die hiesige politische Gemeindeverwaltung mit dem Herrn Lehrer und königlichen Bahnexpeditor, die hiesigen Gemeindemitglieder und am Schluss die auswärtigen, zahlreich erschienenen Gäste. Der Zug bewegte sich durch das Dorf an die Friedenslinde; dort war eine Tribüne errichtet und wurden die Ritualien ('Lebensbäume' = Stäbe, auf die die Tora gewickelt ist) mit einer sinnigen Ansprache von
Ermetzhofen Israelit 06091886a.jpg (122007 Byte)einer Festdame dem Herrn Rabbiner überreicht, mit der Bitte, dieselbe als Schmuck und Zierde an dem Sefer anbringen zu wollen. Herr Distrikts-Rabbiner Grünbaum erwiderte in einer dem heiligen Akte entsprechenden trefflichen Rede, kam dem Auftrag nach und befestigte die Ritualien an das Sefer. Der Zug ging dann in die festlich dekorierte Synagoge und konnte diese die zahlreich erschienenen Gäste kaum fassen; die Feier in der Synagoge begann mit 'Keiner ist die du...'; es wurden alle Torarollen unter Absingung des 'Ana H..'. wie an Simchat Tora (Fest der Torafreude) ausgehoben; hierauf wurden die Torarollen in den Toraschrein zurückgebracht, und die Toralesung geschah aus jenem Sefer, welchem zu Ehren das Fest gefeiert wurde. Vor Beginn des Mussaphgebets bestieg Herr Distrikts-Rabbiner Grünbaum die Kanzel und hob in einer 3/4-stündigen Rede die Bedeutung des Tages hervor, mit der Mahnung an die Gemeindemitglieder, wie am heutigen Tage, so auch ferner, stets die Fahne des Judentums, die heilige Tora, hoch in Ehren zu halten; die geistreiche Rede machte auf alle Anwesenden einen feierlichen, erhebenden Eindruck.
So ist nun dieses Fest auf eine würdige, unserer heiligen Tora entsprechenden Weise verlaufen und gab einen trefflichen Beweis von dem in hiesiger Gemeinde noch herrschenden religiösen Sinn; hauptsächlich gebührt aber der Dank für das Zustandekommen des Festes unserm Herrn Kultusvorstand Herr Östreicher; derselbe war von Anfang an bis zum Ende tätig, und ihm allein ist es zuzuschreiben, dass das Fest einen solchen schönen Verlauf genommen; Dank dem Festkomitee, welches ihm hilfreich zur Seite gestanden und Dank den verehrlichen Festdamen, welche durch ihre Mitwirkung zur Verherrlichung des Festes wesentlich beitrugen.  tr."

Die Synagoge wurde vermutlich bis November 1938 genutzt. Über Zerstörungen beim Novemberpogrom ist nichts bekannt. 

Das Synagogengebäude überstand den Krieg und ist - umgebaut - bis heute erhalten.  Die Ausbuchtung des Aron Hakodesch ist noch deutlich erkennbar (Angabe bei Schwierz S. 153).

Auch vorhanden ist das ehemalige Schlachthaus (Haus Nr. 55), die Wohnhaus des jüdischen Lehrers (Haus Nr. 33), das Gemeindehaus (Haus Nr. 58, daneben befand sich das Gebäude der Mikwe, das nach 1945 abgebrochen wurde). Als "Judenhäuser" sind die Häuser Nr. 24, 26 und 56 bekannt. In letzterem soll es eine Privatmikwe gegeben haben.  
     
     
Adresse/Standort der SynagogeHaus Nr. 52 in Ermetzhofen   
    

    
Fotos    

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Webmaster von "Alemannia Judaica". Adresse siehe Eingangsseite 
 
      

   
     

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Ergersheim 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Ermetzhofen (interner Link)  

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 175-176.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 153-154.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 278-279.
bulletErmetzhofen usw. Lit 030.jpg (70860 Byte)Karl Ernst Stimpfig: Die Landjuden im Raum Uffenheim. Dokumentation jüdischen Lebens in den Kultusgemeinden Ermetzhofen, Gnodstadt, Welbhausen und Uffenheim mit der Geschichte des Rabbinats Welbhausen. 261 S. o.J. (um 1991).
bulletBayern SynGedenkband II.jpg (63426 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band II: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager, unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner. Hg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern, Teilband 2: Mittelfranken. Lindenberg im Allgäu 2010. 
Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu

ISBN 978-3-89870-448-9.   Abschnitt zu Ermetzhofen S. 225-237. 

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ermetzhofen   Middle Franconia. Jews were present in the 16th century. A synagogue was built c. 1743 and the Jewish population grew to 111 (of a total 409) in 1871, thereafter declining steadily to 34 in 1933. In 1938 the Jews were forced to sell their houses; 21 left the village in November, two emigrating to Shanghai and the rest to other German cities. 
     
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020