Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kirchberg (Rhein-Hunsrück-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 
  Bitte besuchen Sie auch die Seite "Weg der Begegnung - Auf jüdischen Spuren in Kirchberg"
 https://wegderbegegnung-kirchberg.weebly.com/  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Berichte zu einzelnen Personen    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Kirchberg bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. 
  
Bereits im Mittelalter lebten Juden in der verkehrgünstig gelegenen Marktsiedlung, die von den Grafen von Sponheim zur Stadt erhoben wurde. Von jüdischen Bewohnern erfährt man erstmals 1287, als bei der damaligen - von Oberwesel ausgehenden - Judenverfolgung in Kirchberg Jakob ben Chalafta und drei Jungen erschlagen wurden. 1298 wird Jud Salomo aus Kirchberg in Nürnberg genannt. 1303 waren an Isaak von Kirchberg verschiedene Güter in Sohren verpfändet. Auch 1332 werden Juden in Kirchberg genannt. 1337 erfährt man, dass die Juden der Stadt teilweise den Grafen von Sponheim, teilweise dem Erzbischof von Trier untertänig waren. 1337 wurden wiederum Juden am Ort erschlagen - Graf Walram von Sponheim hatte gemeinsame Sache mit den die Gegend heimsuchenden "Judenschlägern" gemacht, um seine Schulden bei jüdischen Kreditgebern loszuwerden.      
  
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 18. Jahrhundert zurück.   

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 38 jüdische Einwohner, 1823 61, 1858 92, 1895 114.  Zur jüdischen Gemeinde gehörten im 19. Jahrhundert auch Juden aus Dillendorf, Kappel und Lindenschied.  

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (von 1842 bis 1876 Israelitische Elementarschule, dann Religionsschule; der Unterrichtsraum und die Lehrerwohnung waren im Synagogengebäude), ein rituelles Bad (Mikwe; im Keller der Synagoge) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Erstmals wird die jüdische Schule 1823 genannt. Damals unterrichtete an ihr ein Rabbiner Anselm Kahn. Von 1829 bis 1834 war als Lehrer Isaak Weiss tätig. 1837 wurde Lehrer Simon Scheuer (bisher in Laufersweiler) angestellt; seine Nachfolger waren: bis 1841 Elias Jakob Rosenberg aus Gnesen/Provinz Posen, 1842 Simon Samter (bisher in Bruttig), Nathan Catz (seit 1829 Religionslehrer in Kirchberg, 1842 bis 1867 Elementarlehrer; unter ihm hatte es 1845 und 1862 jeweils 23 Kinder in der Schule); von 1867 bis 1876/83 Lehrer Moses Mayer gen. Eppstein, der nach Auflösung der Israelitischen Elementarschule noch bis 1883 als Religionslehrer in Kirchberg tätig war. Von 1883 an hatte die Gemeinde folgende Religionslehrer: Siegfried Wertheim (1883), Lazarus Tannenwald (1883 bis 1884), David Dublon (1885), Benno Hummel (1886 bis 1893), Julius Rothschild (1893 bis 1899), Max Maier (1902 bis 1904), Sami Stern aus Ungarn (1906 bis 1907), Rosenbusch (1909), Wilhelm Buchheim (aus Rosenthal bei Frankenberg, 1911 bis 1921), Dagobert Löwenstein (aus Felsberg, 1921). 1921 nahmen nur noch zwölf Kinder am Religionsunterricht teil, vier von ihnen besuchten das Gymnasium in Simmern. In den folgenden Jahren war es immer schwieriger einen eigenen Religionslehrer zu finanzieren. Zunächst übernahm Lehrer Bernhard Lehmann aus Simmern auch den Unterricht in Kirchberg. Als um 1930 alle drei benachbarten Gemeinden - Kirchberg, Simmern und Gemünden - keinen eigenen Lehrer mehr finanzieren konnten, wurde mit Josef Carlebach ein Bezirksreligionslehrer eingestellt.         
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Ernst Israel (geb. 3.7.1895 in Kirchberg, gef. 22.1.1915). 
    
Um 1924, als zur Gemeinde 72 Personen gehörten (etwa 5 % von insgesamt 1.450 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Alfred Goldschmidt, Julius Frank und Siegmund Frank. Der Repräsentanz gehörten Heinrich Gerson, Siegmund Gerson, Julius Hirsch, Simon Mayer, Isidor Stern und Isidor Frank an. Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde damals nicht - zum Unterricht der damals sechs schulpflichtigen Kinder der Gemeinde kam regelmäßig der bereits genannte Lehrer Bernhard Lehmann aus Simmern. 1932 waren die Gemeindevorsteher Isidor Frank (1. Vors.), Max Heymann (Schriftführer) und Alfred Israel (Schatzmeister). An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Israelitischen Frauenverein (1932 unter Vorsitz der Frau von Heinrich Gerson; Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit). Im Schuljahr 1931/32 erhielten fünf Kinder der Gemeinde Religionsunterricht.   

1933 lebten noch 67 jüdische Personen in der Stadt (Zählung Juni 1933).
In den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen (46 Personen, davon 31 nach Köln) beziehungsweise ausgewandert (15 in die Vereinigten Staaten). Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet (s.u.). Bis September 1939 hatten alle jüdischen Einwohner die Stadt verlassen.
    
Von den in Kirchberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rebekka Emanuel geb. Hirsch (1890), Julius Epstein (1923), Alfred Frank (1908), Isidor Frank (1876), Jacob Frank (1901), Johanna Frank geb. Gerson (1877), Julius Frank (1879), Karoline Frank (1907), Leopold Frank (1876), Richard Frank (1904), Rosa Frank geb. Mayer (1878), Kurt Friedberg (1933), Meta Friedberg geb. Gerson (1906), Albert Gerson (1878, Stolperstein in Stuttgart, Theodor-Heuss-Straße 5), Gustav Gerson (1881), Karl Gerson (1910), Siegmund Gerson (1875), Sybilla Gerson (1885), Johanna Goldschmidt geb. Frank (1872) Frieda Gutmann geb. Gerson (1887), Alfred Haimann (1893), Betty Haimann (1907), Emil Haimann (1909), Julius Haimann (1907), Max Haimann (1888), Ludwig Heymann (1875), David Hirsch (1882), Gustav Hirsch (1903), Johanna Hirsch (1901), Julius Hirsch (1871), Klara Hirsch (1904), Rosa Hirsch (1886, Stolperstein in Hamburg, Oberstraße 5), Adelhaide Israel geb. Gerson (1870), Ella Israel (1895), Mayer Friedrich Israel (1889), Robert Israel (1892), Thea Israel (1927), Julie Kahn geb. May (1850), Herrmann Kussel (1882), Leopold Kussel (1884), Alwine Leib geb. Gerson (1871), Jakob Mayer (1907), Jeanette (Jenny) Mayer (1903), Johanna Mayer geb. Kussel (1877), Josefine Philippine Mayer geb. Mayer (1859, verh. mit Louis Mayer aus Bad Soden in Berlin), Bertha Michel geb. Haimann (1907), Rosine Rattenbach geb. Frank (1911), Luise Schmulowitz geb. Frank (1877), Johanna Ullmann geb. Israel (1863), Adolf Wagner (1872), Amalie Wagner geb. Samson (1884), Ida Weinberg geb. Gerson (1875), Paula Weinberg geb. Falke (1898). 
 
Hinweis: eine Zusammenstellung der Namen auf Grund der angegebenen Listen ist sehr schwierig, da es in anderen Orten mit Namen Kirchberg auch jüdische Familien gab. So ist die obige Liste vermutlich unvollständig; auch sind einzelne Verwechslungen nicht auszuschließen. Die Liste wird bei Vorliegen weiterer Quellen nochmals überarbeitet. 
   
Am 8. November 1998 wurde von der Stadt Kirchberg auf dem Marktplatz vor der Tourist-Information ein Gedenkstein für die aus der Stadt ermordeten Juden errichtet. Der Gedenkstein enthält die Inschrift "Versöhnung heißt Erinnerung".  
2017 und 2019 wurden in Kirchberg insgesamt 46 "Stolpersteine" verlegt (siehe Presseberichte unten).                       
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 / 1884 / 1885 / 1890 / 1891 / 1907    

Kirchberg Israelit 04061879.jpg (51619 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1879: "Die hiesige Religions-Lehrerstelle, verbunden mit dem Schächter- und Vorbeterdienst ist vom 1. August dieses Jahres ab vakant. Jährlich fixer Gehalt 600 Mark. Nebenverdienst 5-600 ohne Garantie, freie Wohnung. Riesevergütung findet nicht statt, außer wenn Vertrag abgeschlossen wird, kann ein bekannter Lehrer am Gehalte etwas mehr erlangen. 
Kirchberg, Rheinpreußen, im Mai 1879. 
Der Synagogen-Vorstand: Benedikt."      
 
Kirchberg Israelit 20101884.jpg (50724 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1884: "Die hiesige Religionslehrerstelle, verbunden mit Chasan (Kantor) und Schochet mit einem fixen Jahresgehalt von 5 bis 600 Mark, nebst 4 bis 500 Mark Nebeneinkünfte und freier Wohnung ist zum 1. Januar 1885 zu besetzen. 
Reflektierende wollen baldigst ihre Zeugnisse an den Unterzeichneten einsehen. 
Kirchberg. Der Kultus-Vorsteher Benedikt.     
  
Kirchberg Israelit 26011885.jpg (69596 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1885: "Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist bis zum 1. April dieses Jahres zu besetzen. Reflektierende wollen ihre Zeugnisse baldigst an den Unterzeichneten einsehenden. Der Jahresgehalt 600 Mark nebst freier Wohnung und 300-400 Mark Nebeneinkünfte. 
Russen und Polen bleiben unberücksichtigt. 
Kirchberg (Regierungsbezirk Koblenz). 
Der Kultusvorsteher B. Benedikt."   
 
Kirchberg Israelit 05061890.jpg (43386 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1890: "Wir suchen für 1. Juli dieses Jahres einen unverheirateten, tüchtigen Lehrer, Vorbeter und Schochet. Gehalt 5-600 Mark nebst ca. 3-400 Mark Nebeneinkünften und freier Wohnung. Reflektanten belieben sich an den unterzeichneten Vorsteher melden zu wollen. Ausländer finden keine Berücksichtigung. 
Kirchberg
(Hunsrück), 1. Juni 1890. Joseph Gerson."     
  
Kirchberg Israelit 04081890.jpg (47514 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1890: "Wir suchen per sofort einen unverheirateten, tüchtigen Lehrer, Schochet und besonders guten Vorsänger. Gehalt 5 bis 600 Mark nebst ca. 3-400 Mark Nebeneinkünften und freier Wohnung. Reflektanten belieben sich bei dem unterzeichneten Vorsteher melden zu wollen. Ausländer finden keine Berücksichtigung. 
Kirchberg
(Hunsrück), 1. August 1890. Joseph Gerson."      
 
Kirchberg Israelit 16031891.jpg (45749 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1891: "Wir suchen per sofort einen tüchtigen, unverheirateten Lehrer, welcher ein guter Vorbeter, Schochet und Kinderlehrer ist. Gehalt bei freier Wohnung Mark 600 nebst ca. 300-400 Mark Nebenverdienste. Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den Unterzeichneten einsenden. Ausländer finden keine Berücksichtigung. 
Kirchberg, März 1891. Joseph Gerson, Vorstand."     
 
Kirchberg Israelit 03011901.jpg (51614 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1891: "Die hiesige Religionslehrer-, Kantor- und Schochetstelle ist mit einem Gehalt von 600 Mark und mit einem Nebenverdienst von 300 bis 400 Mark, nebst freier Wohnung und Heizung, eventuell per sofort zu besetzen. Seminaristisch gebildete, unverheiratete Bewerber wollen sich bei dem unterzeichneten Vorstand melden.    
David Israel, 
Kirchberg, Hunsrück.  
Der Gewählte bekommt Reisevergütung."   
 
Kirchberg Israelit 19091907.jpg (54752 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1907: "In unserer Gemeinde ist die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schächters sofort zu besetzen. 
Anfangsgehalt 900-1000 Mark, Nebeneinkünfte ca. 5-600 Mark und Mietsentschädigung. Seminaristisch gebildete, inländische Bewerber belieben Offerten mit Zeugnisabschriften einzureichen. 
Kirchberg
, (Hunsrück) Regierungsbezirk Koblenz. 
Der Vorsitzende des Vorstandes: D. Israel."      

  
  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Fortschritte im Gemeindeleben - Bericht von Lehrer Moses Eppstein (1867)   

Kirchberg AZJ 24121867.JPG (166899 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Dezember 1867: "Kirchberg (Hunsrück), im Dezember (1867). So wie in allen Gauen Deutschlands, so zeigt sich auch endlich in unserer abgeschlossenen Gegend ein Fortschritt. So lange Juden hier wohnen, waren dieselben von jedem öffentlichen Ehrenamte ausgeschlossen; bei der gestrigen Stadtratwahl aber wurde zum ersten Male ein Jude, Kaufmann Heymann, gewählt, und zwar lediglich von Nichtjuden; ebenso haben unsere vorigen Stadträte uns 250 Thaler zu unserem Synagogenbau genehmigt. Etwas derartiges kannte man bis dato hier auf dem Hunsrück nicht; ebenso wenig wusste man von einer jüdischen Lehrerkonferenz etwas; am 20. November dieses Jahres war nun die erste hier in Kirchberg; freilich war die Beteiligung eine geringe, denn es erschienen nur acht; wenn man aber bedenkt, dass die Lehrer in hiesiger Nähe nicht so dicht gesät sind, als in anderen Gegenden, und die Verbindungswege zwischen manchen Orten sehr schlecht sind, so kann man mit diesem Anfang wohl zufrieden sein, denn es gibt uns doch den Beweis, dass auch den Lehrern unserer Gegend der kollegialische Sinn nicht fehlt, wie das schon mitunter ausgesprochen wurde, wenn nur die Anregung und Aufforderung eine derartige ist, dass uns die Ausführung möglich ist; dass wir uns nicht an den westfälischen Konferenzen beteiligen können, hat lediglich darin seinen Grund, dass dieselben uns zu entfernt abgehalten werden. So gering dieser Anfang, und so schwach unsere Kräfte, so hoffen wir doch, dass unsere nächste Konferenz, den 9. März in Hottenbach stärker besucht werden wird.      
Also ihr Kollegen der Bezirke Trier und Koblenz! Lasst uns nicht allein! reicht uns brüderlich die Hand. Lasst den 9. März uns zu einem Tag der Freude werden. So wie die Erde in dieser Zeit zu neuem Leben erwacht, so erwachet auch ihr Herren von Mosel und Saar, von Nahe und Glan, aus dem langen Schlafe! M. Eppstein."    

  
Spendenaufruf für eine verarmte Familie - unterzeichnet von Lehrer Benno Hummel (1889)  

Kirchberg Israelit 08041889.jpg (63415 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1889: "Edle Glaubensgenossen. Rasche Hilfe tut Not! 
Im Vertrauen auf die große Opferwilligkeit in Israel, Erbarmer, Söhne von Erbarmern, mich stützend, bittet der Unterzeichnete für einen durch unverschuldetes Unglück verarmten Familienvater mildtätige Glaubensgenossen, ihm freundliche Gaben gütigst zuführen zu wollen. Bewähret auch hier wieder Euren edlen Sinn! 
Der Heilige - gepriesen sei er - gebe Euch den Lohn!
 
Im Voraus sage ich den edlen Spendern innigsten Dank mit der Bemerkung, dass die eingehenden Sendungen im 'Israelit' dankend quittiert werden.  
Kirchberg (Hunsrück), 4. April 1889. B. Hummel, Lehrer."       

       
       
Berichte zu einzelnen Personen   
Erinnerung an einen Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus Kirchberg    

Der Kriegsfreiwillige Ernst Israel ist am 22. Januar 1915 bei den Kämpfen bei Senones gefallen. Er war Soldat im Landwehr-Infanterie-Regiment 99, 3. Kompanie. Er stammte aus Kirchberg (geb. 3. Juli 1895 in Kirchberg). Vgl. Verlustlisten Erster Weltkrieg http://des.genealogy.net/search/show/1402502.
Links Foto des Grabsteines im Soldatenfriedhof in Senones (Foto und Informationen von Otmar Frühauf). 
Vgl. https://www.volksbund.de/kriegsgraeberstaette/senones.html

     

Über Harry Raymon (= Harry Heymann, geb. 1926 in Kirchberg, 1925 in die USA emigriert, lebt seit den 1960er-Jahren in München)   
Über den in Kirchberg als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geborenen Schauspieler Harry Raymon (geboren als Harry Heymann) siehe u.a. 
- Artikel von Torsten Haselbauer: "'Als Jude hatte ich keine Probleme. Eher als Schwuler'. Harry Raymon hat mit Tony Curtis gespielt, bei Marlene Dietrich gelernt und war in Marlon Brando verliebt..." In: "Jüdische Allgemeine" vom 15. März 2012 (Link zum Artikel). 
-  Interview im Juli 2004 in Our Munich (yachad.israel-live.de): Link zu diesem Interview.  
-  Wikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Harry_Raymon  Übersicht über das filmische Werk:  https://www.imdb.com/name/nm0713195/  
Dazu die Autobiographie: Harry Raymon: Einmal Exil und zurück. Erschien 2005. 288 Seiten. 14,90 €  Angezeigt bei lehmanns.de  
 
Harry Raimon erstellte 1982 den autobiographischen Film "Regentropfen". Abbildung aus https://www.imdb.com/title/tt0082980/?ref_=nm_knf_i1  
Dazu Beitrag von Anne Frederiksen in "Die Zeit" vom 10. Juni 1983: "Fernseh-Vorschau: Jüdisches Kleinbürger-Schicksal.
Der kleine Bennie Goldbach versteht die Welt nicht mehr. Er quengelt, er bettelt, aber die Eltern haben kein Einsehen. Zum Pesach-Fest darf er in diesem Jahr keine Mazza, ungesäuerte Brote, an Verwandte und Bekannte verteilen. Es ist das Jahr 1933, und auch in der kleinen Stadt Kirchberg im Hundsrück spürt man bereits, was die neuen Machthaber in Berlin sich ausgedacht haben, um die jüdische Bevölkerung zu bedrohen. Die Ohrfeige, die eine jüdische Geschäftsfrau einem mit Heil Hitler grüßenden Jungen verpasst, führt zwar noch nicht zur Bestrafung, die Zeichen der Zeit jedoch werden mehr und mehr spürbar: Uniformierte postieren sich vor jüdischen Geschäften, der Fleischer darf jüdischen Bewohnern nichts mehr verkaufen, und auf der Straße schaut man rasch zur Seite, wenn man der Familie Goldbach begegnet... ."
Link zum Artikel

       
       
   
    
Zur Geschichte der Synagoge            
       
1817 erbaute die jüdische Gemeinde in der damaligen Affengasse (später: Glöcknergasse) eine Synagoge beziehungsweise kaufte ein Haus, um es zu einer Synagoge umzubauen. Im Betsaal dieser Synagoge war Platz für etwa 40 bis 45 Menschen. Um 1856 war die Bausubstanz allerdings so schlecht geworden, dass der Neubau einer Synagoge nötig war. Da die finanziellen Mittel nicht vorhanden waren, verzögerte sich der Neubau allerdings über etliche Jahre. 1867 sagte die Stadt auf Antrag der jüdischen Gemeinde 250 Thaler (750 Mark) zu, sobald mit dem Neubau begonnen würde. 1880 wurde eine Kollekte in anderen jüdischen Gemeinden durchgeführt. 1883 konnte endlich mit dem Neubau der Synagoge auf den Fundamenten des Vorgängerbaus begonnen werden. Wann sie genau eingeweiht wurde, ist nicht bekannt.   
    
Blitzeinschlag in der Synagoge (1911)   

Kirchberg Israelit 01061911.jpg (28861 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1911: "Kreuznach, 19. Mai (1911). Schwere Unwetter mit Hagelschlag haben gestern an der oberen Nahe und auf dem Hunsrück großen Schaden angerichtet. In Kirchberg schlug der Blitz in die Synagoge ein."   

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SA-Männer überfallen und geschändet. Inneneinrichtung und Ritualien wurden auf den Marktplatz getragen und dort verbrannt. Der Dachstuhl der Synagoge wurde angezündet, doch konnte der Brand von Nachbarn gelöscht werden. Im Dezember 1938 wollte die Stadt Kirchberg das Gebäude erwerben, doch konnte der Kauf nicht vollzogen werden. Nach einer Renovierung wurde das Gebäude ein Jahr lang als Heim für die Hitler-Jugend und in den weiteren Kriegsjahren als Schneiderwerkstatt und als Lager für französische Kriegsgefangene verwendet.  
  
Nach 1945 und nach Abschluss des Restitutionsverfahrens erwarb der Musikverein Kirchberg 1890 das Synagogengebäude im Jahr 1952. Der Verein verkaufte es jedoch wieder 1970 an einen Privatmann. Zwei Jahre später wurde von diesem die ehemalige Synagoge abgebrochen. Beim Abbruch wurde eine Genisa entdeckt mit Büchern, Schriftstücken und rituellen Kultgegenständen, die sich heute zum Großteil in Privatbesitz befinden. Am neu errichteten Wohnhaus auf dem Synagogengrundstück erinnert eine Gedenktafel an die Synagoge.     
 
In der Sammlung des Kirchberger Heimathauses befindet sich der originale Chanukka-Leuchter aus der ehemaligen Kirchberger Synagoge.
https://www.stadtkirchberg.de/heimathaus.html
  
  
Adresse/Standort der Synagoge   Glöcknergasse 4 (ehemalige Affengasse 205)    
  
  
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 206)    

Die Synagoge im Ortsbild 
von Kirchberg 
Kirchberg Stadt 101.jpg (93441 Byte) Kirchberg Synagoge 110.jpg (53996 Byte)
  Der Standort der Synagoge ist auf der
 Luftaufnahme von Kirchberg (um 1930) markiert  
Ausschnitt aus 
der Luftaufnahme   
     

 
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Februar 2016: In Kirchberg sollen "Stolpersteine" verlegt werden    
Artikel von Werner Dupuis in der "Rhein-Zeitung" vom 21. Februar 2016 (auszugsweise zitiert): "Kirchberg diskutiert über Stolpersteine
Kirchberg. Stolpersteine sind Symbole, die eine Erinnerung an die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten lebendig erhalten. Auch in Kirchberg sollen diese Zeichen gegen das Vergessen des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt werden.
Stolpersteine in Kirchberg - Auf Einladung des Beigeordneten Werner Klockner traf sich ein Kreis Interessierter zur Vorbereitung des Projektes...
In der Region Rhein-Hunsrück sind in Kastellaun, Oberwesel, Bacharach, Budenbach, auf Burg Waldeck bei Dorweiler sowie in Rhaunen Stolpersteine verlegt. Kirchberg soll folgen. In Gemünden ist eine Initiative zumindest gestartet. In Simmern tut man sich noch schwer mit der Diskussion.
Möglichst weite Kreise der Bevölkerung, Alt und Jung sollen in den Entstehungsprozess mit eingebunden werden, waren sich Klockner und alle Teilnehmer des Kirchberger Gesprächs einig. Ein wichtiger Part wird dabei den Schulen beigemessen. Lehrer des Ausonius-Gymnasiums und der dazugehörigen Realschule plus sollen sich daran beteiligen. Mit dabei sollen auch die Kirchengemeinden sein. Pfarrer Jürgen Wagner von der freien evangelischen Gemeinde und sein protestantischer Kollege Manfred Stoffel sagten ihre Unterstützung zu...
Werner Johann, historisch versierter Mitarbeiter der Kirchberger Verwaltung, sieht gute Chancen, die jüdische Vergangenheit Kirchbergs in einen geplanten Stadtrundweg zu integrieren. In seiner Funktion als Beigeordneter will Klockner Verwaltung und Stadtrat und dessen Ausschüsse in alle Aktivitäten mit einbinden."  
Link zum Artikel       
 
November 2017: Verlegung von 22 "Stolpersteinen" in Kirchberg 

Artikel in der "Rhein-Hunsrück-Zeitung" vom 26. November 2018: "Kirchberg. Holocaust: Dokumentation erinnert an Stolpersteinverlegung
Am 7. November 2017 wurden 22 Stolpersteine verlegt, die an Schicksal von aus Kirchberg stammenden Juden erinnern sollen, die im Nationalsozialismus vertrieben oder vernichtet wurden. Eingebettet war die Aktion in eine Reihe von Veranstaltungen und Vorträgen, die von einem breit gefächerten Bündnis organisiert wurden. In der 'Stolperstein AG' hatten sich unter anderem die Kirchen, die Kooperative Gesamtschule (KGS), der Förderkreis Synagoge Laufersweiler, die Stadt Kirchberg und engagierte Bürger zusammengeschlossen..."
Link zum Artikel   (kostenpflichtig)     

  
Oktober 2019: Zur Verlegung von "Stolpersteinen" in Kirchberg 2017 und 2019  
Abschnitt aus "Weg der Begegnung - Auf jüdischen Spuren in Kirchberg" (eingesehen 28.10.2019): "Seit vielen Jahren engagieren sich sowohl Kirchberger BürgerInnen als auch SchülerInnen der KGS Kirchberg für die Erforschung der jüdischen Geschichte und die Erinnerung an die Opfer der Verfolgung im dritten Reich. 2016 beschloss der Kirchberger Stadtrat einstimmig der Verlegung von Stolpersteinen zuzustimmen und beauftragte den Arbeitskreis "Stolpersteine", alle notwendigen Planungsschritte vorzubereiten.
1992 begründete der Künstler Gunter Demnig das Projekt der Stolpersteine. Auf den quadratischen Messingplatten werden die Namen und Daten von denjenigen Menschen eingraviert, die während der NS-Zeit verfolgt und ermordet wurden. Die Stolpersteine sollen dazu beitragen, dass die schrecklichen Vernichtungstaten des NS-Regimes nicht vergessen werden und die Opfer in Erinnerung künftiger Generationen bleiben. Bisher wurden 46 Stolpersteine für jüdische BürgerInnen in Kirchberg verlegt. 22 davon am 7. November 2017 und die übrigen 24 am 25. Oktober 2019.
Juden aus Kirchberg starben in:  Riga - Majdanek - Treblinka - Sobibor - Lodz - Chelmno - Izbica - Auschwitz - Theresienstadt - Minsk/ Maly Trostinec - Bergen-Belsen - Halle an der Saale"  
Link zur Seite  
Link zum "Flyer des Wegs der Begegnung" https://wegderbegegnung-kirchberg.weebly.com/uploads/1/2/7/4/127469211/flyer_weg_der_begegnung_kirchberg._2019__.pdf
  

    


    
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Kirchberg (Hunsrück)  

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 398-399.  
bulletAchim Baumgarten, Mittelalterliche Judenverfolgung auf dem Hunsrück, in: Rhein-Hunsrück-Kalender 1987. S. 82-85.   
bulletHans-Werner Johann: Die jüdische Schule in Kirchberg. In: Hunsrücker Heimatblätter 28/1988 S. 88-91. 
bulletYvonne Lang: "... das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung". Juden in Kirchberg bis zur Zeit des Nationalsozialismus, Facharbeit am Herzog-Johann-Gymnasium Simmern, 1993/94.
bulletGustav Schellack: Das jüdische Schulwesen in den ehemaligen Kreisen Simmern und St. Goar im 19. Jahrhundert. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad Kreuznach. 5. Jahrgang, Ausgabe 2/1995 S. 23-27. Online zugänglich (pdf-Datei).   
bulletders.: Die jüdische Schule in Kirchberg/Hunsrück. In: SACHOR bzw. in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, 45./46.Jg. 1996/1997, S. 321-333.
bulletders.: Judenpogrom: Die sogenannte "Reichskristallnacht" im mittleren Hunsrück. In: Hunsrücker Heimatblätter 28/1988. S. 162-166.  
bulletChristof Pies, Jüdisches Leben am Rhein - Hunsrück-Kreis, in: 100 Jahre Hunsrücker Geschichtsverein e.V. 1901 - 2001, No. 116 (Sondernummer), Jg. 41/2001, S. 380 - 395. 
bulletders.: Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, in: Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins e.V., Nr. 40, 2003, S. 196 - 210.    
bulletManfred Stoffel (Hrsg.): Versöhnung braucht Erinnerung. Juden in Kirchberg/Hunsrück. Dokumentation aus der Sammlung von Ernst Fuchs. Kirchberg 2000 (Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Kirchberg Bd. 2).   
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 205-206 (mit weiteren Literaturangaben).  
bulletHarry Raymon: Einmal Exil und zurück, o.O. 2005 (Harry Raymn war der Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, 1926 in Kirchberg geboren als Harry Heymann, in den USA als Schauspieler Harry Raymon bekannt geworden).

    
     
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kirchberg im Huensrueck. Rhineland. A Jewish settlement existed in the 13th century and local Jews were subjected to several persecutions in 1287, 1340 and 1348-49. 
Jews began to settle again toward the end of the 18th century. In 1843, the Jewish population was 92, remaining fairly stable until Worldwar I. A synagogue was erected in 1817 and a new one in 1882. A Jewish elementary school was opened in 1842. In June 1933, four months after the Nazi rise to power, there were 67 Jews in Kirchberg. From the outset of the Nazi period, Jewish store windows were smashed and Jewish merchants kept out of the local cattle market. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was destroyed. By September 1939, all Jews had left the town, 46 for other German cities (including 31 for Cologne) and 15 for the United States. It may be assumed that all those who did not reach safe havens perished in the Holocaust.       
       
         

                   
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Stand: 17. April 2020