Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"  
Zur Übersicht "Synagogen im Vogelsbergkreis"   
    

Homberg / Ohm (Vogelsbergkreis, Oberhessen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer     
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

   

Hinweis: auch in Homberg / Efze (Schwalm-Eder-Kreis) entstand seit Ende des 19. Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde, daher kommt es immer wieder zu Verwechslungen der beiden Orte. Homberg / Ohm selbst erscheint in den Dokumentationen auch als Homberg (Oberhessen).  
  
  
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
   
In Homberg bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Doch gab es bereits im Mittelalter eine jüdische Ansiedlung in der Stadt (Homberg hatte bereits seit 1234 Stadtrechte). So traf die Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 auch die Juden in Homberg. 1366 wird in Frankfurt Samuel von Homberg genannt, vielleicht ein Überlebender der Verfolgung.    
 
Im 17. und 18. Jahrhundert war die Stadt ein vielbesuchter Marktort, in dem jährlich sechs Kram- und Viehmärkte abgehalten wurden. In dieser Zeit lebten wiederum einige jüdische Personen / Familien am Ort, doch blieb ihre Zahl zunächst vermutlich klein (1608 werden Juden genannt; als Jahr der Gründung der neuzeitlichen Gemeinde wird meist 1707 angegeben). Im Jahr 1770 gab es neun jüdische Familien in der Stadt.  

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1828 88 jüdische Einwohner, 1861 66 (4,2 % von insgesamt 1.568 Einwohnern), 1880 75 (5,1 % von 1.459), 1895 94, 1900 80 (6,2 % von 1.291), 1910 46 (3,5 % von 1.317).   

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Als Lehrer wird genannt: um 1860 Lehrer Mohr (erwähnt in einem Bericht über eine Lehrerkonferenz in Gießen 1860). Die Gemeinde gehörte zum liberalen Provinzialrabbinat in Gießen.   
 
Um 1925, als 40 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (2,8 % von insgesamt 1.404 Einwohnern, etwa 10 Familien), waren die Vorsteher der Gemeinde Adolph Weihl (1. Vors. seit 1921) und Jacob Goldenberg. Als Schochet kam regelmäßig Gerson Simon aus Schweinsberg an der Ohm nach Homberg. 1932 wird als Gemeindevorsteher Jacob Goldenberg genannt (er wurde bei der Wahl 1928/29 als Vorsitzender wiedergewählt); neben ihm war Sally Josef Vorstandsmitglied. Im Schuljahr 1931/32 erhielten sechs Kinder der jüdischen Gemeinde Religionsunterricht. 
Die meisten jüdischen Familien lebten in sehr einfachen Verhältnissen. Unter den Familienvorständen gab es vier Manufakturwarenhändler, zwei Viehhändler, einer hatte ein Geschäft mit Kolonialwaren und Weisenwaren. Die Familien Weihl und Goldenberg waren etwas besser gestellt.    
 
1933 lebten noch 38 jüdische Personen in Homberg (2,6 % von 1.482). In den folgenden Jahren sind fast alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 16 konnten auswandern, die übrigen verzogen innerhalb von Deutschland. Von den Auswanderern kamen sechs nach Palästina (Familie Weihl), drei in die USA (via Palästina, Familie Goldenberg), weitere vier in die USA, drei Personen nach Holland (Familie Dessauer, von dort allerdings deportiert). 1939 wurden noch 3, am 3. Dezember 1940 noch 2 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt. Unter den letzten war Max Lamm, der von Homberg nach Frankfurt verzog. Auch er die mit Familie deportiert worden.  

Von den in Homberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Erna Dessauer geb. Jakob (1896), Irmgard Dessauer (1926), Nathan Dessauer (1895), Kathinka Lamm (1887), Max Lamm (1888), Recha Lamm (1890). 
Weitere Namen sind noch zu ergänzen - die Recherche bei Yad Vashem und im Bundesarchiv zu "Homberg" ist nur teilweise möglich, da nicht ausreichend unterschieden wird (beziehungsweise auf Grund unzureichender Angaben nicht unterschieden werden kann zwischen Homberg / Ohm, Homberg / Efze und Duisburg - Homberg, wo auch jüdische Gemeinden bestanden beziehungsweise jüdische Familien lebten)
.   
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1858 / 1862 / 1884 / 1885 / 1892 / 1899 / 1902 / 1905     

Homberg Ohm AZJ 11101858.jpg (58649 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Januar 1858: "Die israelitische Gemeinde zu Homberg an der Ohm, Großherzogtum Hessen, sucht einen Lehrer, welcher neben dem Hebräischen auch Unterricht in den Elementargegenständen und französischer Sprache erteilen kann. Erwünscht wäre es, wenn derselbe das Amt eines Vorbeters versehen könnte. Der Gehalt neben freier Wohnung wird nach den entsprechenden Fähigkeiten bestimmt. Frankierte Offerten nimmt der Unterzeichnete entgegen. 
Homberg a/Ohm, Großherzogtum Hessen, 4. Oktober 1858. David Mayerfeld."  
  
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 28. Oktober 1862: "Lehrergesuch
In hiesiger israelitischen Gemeinde ist die Religions-Elementarlehrer und Vorsängerstelle mit einem jährlichen Gehalt von 350 Fl. offen. Bei Unterrichtserteilung der französischen Sprache würde sich der Gehalt um Bedeutendes erhöhen, und wollen sich Reflektierende hierauf bei unterzeichnetem Vorstande baldigst melden. 
Homberg a/Ohm, den 16. Oktober 1862. 
Der Vorstand. David Meyerfeld."      
  
Homberg Ohm Israelit 27121871.jpg (42849 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1871: "Offene Lehrerstelle. Die hiesige israelitische Lehrer- und Vorbeterstelle mit einem Gehalt von 300-350 Gulden nebst freier Wohnung, ist den 20. Januar 1872 zu besetzen. Reflektanten belieben sich an den Unterzeichneten zu wenden. 
Homberg a.d. Ohm, den 18. November 1871. Der Vorstand Simon David."  
  
Homberg Ohm Israelit 13031884.jpg (41464 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1884: "In der Gemeinde Homberg a.d. Ohm ist die Stelle eines Lehrers und Vorbeters per 1. Juli dieses Jahres zu besetzen. 
Gehalt 900-1.000 Mark. 
Bewerber wollen sich melden an den Vorstand  Lamm."
  
Homberg Ohm Israelit 04061885.jpg (54066 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1885: "Die hiesige Religionslehrer- und Vorbeterstelle ist vakant. Gehalt 900-1000 Mark. Die Stelle kann sofort oder längstens bis 1. September dieses Jahres angetreten werden. Militärfreie Bewerber wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse in Kopie wenden an. Joseph Lamm, Vorstand. Homberg a.d.Ohm."
   
Homberg Israelit 11041892.jpg (52738 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1892: "Die hiesige Religionslehrer- und Vorbeterstelle ist mit einem jährlichen Gehalt von 800-900 Mark nebst freier Wohnung vom 1. Juli dieses Jahres ab von einem ledigen oder auch verheirateten Lehrer zu besetzen. Bewerbungen unter Beifügung der Zeugnisse an den Vorstand 
Löb Baum,
Homberg, Oberhessen."
  
Homberg Israelit 13111899.jpg (62597 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1899
"Offene Stelle. 
Am 1. April 1900 kann die hiesige Kantor- und Religions-Lehrerstelle, mit Mark 900 Gehalt, freier Wohnung, freie Heizung, freier Benutzung eines Bettes und noch einigen nebeneinkünftigen von einem jungen, unverheirateten Kandidaten besetzt werden. Schochet zugleich sehr erwünscht. Bewerbungen mit Zeugnissen, oder deren beglaubigte Abschriften, sieht entgegen. 
Der Vorstand: Löb Stern, 
Homberg (Oberhessen)."
  
Homberg Ohm Israelit 27021902.jpg (58673 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1902: "Die hiesige 
Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
 
mit 1.000 Mark Gehalt und freie Wohnung ist per 1. April dieses Jahres zu besetzen. Bewerber wollen Zeugnisse beifügen. 
Homberg a. Ohm, Großherzogtum Hessen. Der Vorstand: Leopold Levi."
 
Homberg Ohm 24081903.jpg (36883 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. August 1903: "Die hiesige 
Religionslehrer Vorbeter und Schächterstelle 
mit einem Gehalt von 900 Mark bei freier Wohnung ist sofort zu besetzen. Nur seminaristisch gebildete Lehrer wollen sich melden. 
Leopold Levi, Vorstand, Homberg a. Ohm (Oberhessen)."     
 
Homberg FrfIsrFambl 17031905.jpg (14580 Byte)Ausschreibung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. März 1905: "Homberg in Oberhessen. Lehrer, Vorbeter und Schächter, freie Wohnung und Mark 1.000 Einkommen."    

  
Der jüdische Lehrer unterrichtet auch an der christlichen Schule (1852)   

Homberg Ohm AZJ 08111852.jpg (25441 Byte)Meldung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. November 1852: "In den darmstädtischen Orten Homberg und Alsfeld machte ich die erfreuliche Wahrnehmung, dass in diesem Lande mitunter jüdische Lehrer an christlichen Schulanstalten Unterricht – wenn auch nur privatim – erteilen."

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 

Veränderungen im Vorstand der Gemeinde (1929)  

Homberg Israelit 15081929.jpg (50043 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1929: "Homberg (Oberhessen), 12. August (1929). Zum Bedauern der ganzen Gemeinde schied am 1. August Herr Adolf Weihl aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstande der Israelitischen Gemeinde aus. Während der 7 Jahre ununterbrochener Tätigkeit als erster Vorstand hat er für die Erhaltung der Gemeinde Unvergessliches getan, und dieselbe vorbildlich geleitet. Neugewählt wurde Herr Sally Josef, und hoffen wir, dass derselbe die Gemeinde im Sinne seines Vorgängers weiterführt."   

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   

Lehrlingssuche für das Kurz- und Manufakturwarengeschäft Moritz Mayer (1872)  

Homberg Ohm Israelit 28021872.jpg (24291 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1872: "Ein Commis und ein Lehrling können in meinem Kurz- und Manufakturwaren-Geschäft sofort platziert werden. Franko-Offerten an Moritz Mayer in Homberg a.d. Ohm."  

   
Junger Mann sucht Stelle (1872)
      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. März 1872: "Ein junger Mann (Israelit), der bereits 5 Jahre in einem Manufakturwaren-Geschäft gearbeitet, sowie auch im Spirituosengeschäft bewandert ist, sucht anderweitig Engagement. 
Offerten beliebe man unter Chiffre G.P. 100 poste rest. Homberg a. Ohm."  

  
Werbung für die von Herrn Levi erfundene "Gesundheits-Pfeife" (1884)

Homberg Ohm Israelit 03011884.jpg (52896 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1884: "Levis Patent-Pfeife. 
Von ärztlichen Autoritäten als die gesündeste sämtlicher Pfeifen empfohlen, versendet unter Nachnahme oder Voreinsendung Pfeife Nr. 1, ca. 60 cm lang, echt Weichsel, pro Stück Mark 3,50, Nr. 2, ca. 90 cm lang, echt Weichsel, pro Stock Mark 5,50, die Firma Heinrich Schobach Witwe in Hornberg an der Ohm".
   
Homberg Ohm Israelit 18041884.jpg (45261 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1884: "Neueste Patent-Gesundheits-Pfeife. 
(Erfindung des Herrn Levi jr. hier). Von ärztlichen Autoritäten als die gesündeste aller Pfeifen anerkannt. Der Versand erfolgt unter Nachnahme oder Voreinsendung des Betrags franco innerhalb Deutschland durch die Firma 
Heinrich Schobach Witwe, Homberg a.d. Ohm. 
Preise: Pfeife Nr. 1, ca. 55 Ctm, Mark 3,50  Pfeife Nr. 2, ca. 90 Ctm., Mark 5.50 - echt ungarisch. Weichsel."  

   
Mitarbeitersuche von Gustav Jacob (1922)  

Homberg Israelit 02021922.jpg (22827 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1922: "Modes  
für mein Schabbat und Feiertag geschlossenes Geschäft für 1. März gesucht. Offerten mit Bild und Gehaltsansprüchen an 
Gustav Jacob  Homberg, Oberhessen
."  

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge 
                   
    
Zunächst war vermutlich ein Betsaal oder eine erste Synagoge vorhanden. 
   
1836 plante die jüdische Gemeinde, eine neue Synagoge, eine Schule und ein Bad einzurichten. Es bot sich die Möglichkeit, das an der Gasse zum Schloss gelegene Wohnhaus des Feist Sunheim, der nach Amerika auswandern wollte, für die Gemeinde zu erwerben. Von Seiten der Behörden wurde der Gemeinde ein Umbau der erworbenen Gebäude erlaubt. So konnte schließlich 1838/39 im Wohnhaus des Feist Sunheim eine Lehrerwohnung und ein rituelles Bad eingebaut werden. In der von der Straße zurückliegenden Scheuer wurden im Obergeschoss eine Betraum (Synagoge), im Erdgeschoss ein Schulraum eingerichtet. Zum Umbau musste die Gemeinde ein Darlehen aufnehmen, da hierfür die finanziellen Mittel der Gemeindeglieder nicht ausreichten.  
Bei dem zur Synagoge umgebauten Gebäude handelte es sich um einen Fachwerkbau mit einem Satteldach und Bibelschwanzeindeckung. Es ist auf Fels gebaut und nicht unterkellert. Der Zugang erfolgte von der Straße her über eine hohe Einfriedung aus Steinmauerwerk. Von hier aus kam man direkt zum Haupteingang. An der Rückseite des Gebäudes (Südseite) gab es den zweiten Eingang für den Aufgang zur Frauenempore.    
 
1907/08 wurden die Gebäude renoviert.    
     
Gottesdienste wurden bis 1935 in dem Gebäude abgehalten. Danach ging das Gebäude in den Besitz eines Arztes über, der als Hobby-Maler in ihm ein Atelier einrichtete. In den folgenden Jahrzehnten - auch nach Klärung des Restitutionsverfahrens durch die Jüdische Vermögensverwaltung nach 1945 - gab es mehrfache Besitzerwechsel, zeitweise war es das Gebäude im Besitz eines Landwirts, dann kaufte es wieder der Nachkomme des Erstkäufers. Um 1970 stand die ehemalige Synagoge leer. 
  
Anfang der 1980er-Jahre war das Gebäude inzwischen in sehr schlechtem Zustand. Da der damalige Besitzer nicht die Mittel für eine Renovierung hatte, musste - nachdem das Gebäude inzwischen unter Denkmalschutz stand - die Stadtverwaltung Gelder bereitstellen, damit zumindest ein flaches Pultdach zum Schutz des Gebäudes anstelle das maroden Satteldaches erstellt werden konnte. Mitte des 1980er-Jahre stand das Gebäude weiterhin leer, es kam zu einem erneuten Besitzerwechsel. 1987 ließ dieser die Synagoge bis auf die Straßenfassade komplett abbrechen. Da diese Aktion nicht den Zielen des Denkmalschutzes entsprach, wurde ein Baustop angeordnet. Der nachfolgende Um- beziehungsweise Neubau eines Einfamilienhauses unter Aufsicht des Denkmalamtes geschah mit dem Ziel, die bereits abgetragenen Bauteile sinnvoll in das Wohnhaus zu integrieren und das äußerliche Bild dem ursprünglichen Aussehen der Synagoge anzupassen. 1989 wurden die Arbeiten abgeschlossen - eine Hinweistafel wurde an der Umfriedungsmauer angebracht.  
      
      
2009/11: Das Gebäude der ehemaligen Synagoge steht zum Verkauf

Fotos, freundlicherweise erhalten von der damals tätigen Immobilienagentur    
Homberg Synagoge 09031.jpg (38439 Byte) Homberg Synagoge 09033.jpg (27292 Byte) Homberg Synagoge 09032.jpg (25736 Byte) Homberg Synagoge 09030.jpg (26223 Byte)
Gesamtansicht Wohnempore  Fensterdetail 

     
     
Adresse/Standort der Synagoge     Schlossgasse  
    
    
Fotos                    
(Quelle des Fotos der Familie Weihl: Norbert Hansen: Heinrich Liebenstein - ein jüdischer Lehrer in Grebenau (s. Lit. auf der Seite von Grebenau S. 8); Quelle der sw-Fotos der Synagoge: oben Arnsberg Bilder S. 95; weiter Altaras 1988 S. 109 und 1994 S. 97; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 26.3.2008) 

Eine jüdische Familie in 
Homberg um 1910
Grebenau Li 014.jpg (77913 Byte)
  Der jüdische Lehrer aus Grebenau - Heinrich Lichtenstein - zu Besuch bei der Familie Weihl in Homberg um 1910. Hintere Reihe v.l.n.r.: Esther Weihl, Heinrich Lichtenstein, Anna Weihl; mittlere Reihe: Wolf Stein, Caroline Stein geb. Weihl, Selma Weihl, Joseph Weihl; vordere Reihe: Albert Weihl, Ernst Weihl, Adolf Weihl  
   weitere Familienfotos aus Homberg siehe auf der Seite  http://www.vor-dem-holocaust.de/ 
(2011: bislang ein Foto aus Homberg eingestellt)
   
Das ehemalige Synagogengebäude 
in den 1960er-Jahren
Homberg Ohm Synagoge 105.jpg (85345 Byte)
   Die ehemalige Synagoge etwa 30 Jahre nach Schließung im Jahr 1935
      
Das ehemalige Synagogengebäude 
im Oktober 1984
Homberg Ohm Synagoge 107.jpg (73608 Byte) Homberg Ohm Synagoge 106.jpg (81155 Byte)
Das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Gebäude drohte Anfang der 1980er-Jahre zu verfallen. Da die Besitzer keine Mittel für eine Renovierung hatten, ließ die Stadtverwaltung ein flaches Pultdach errichten (Foto rechts); das Gebäude stand damals leer.
Abbruch der ehemaligen Synagoge 
im Dezember 1987 
Homberg Ohm Synagoge 108.jpg (98883 Byte)
  Die ehemalige Synagoge wurde bis auf die Straßenfassade vollständig abgebrochen, danach 
erfolgte der Umbau zu einem Einfamilienwohnhaus unter der Aufsicht der Denkmalpflege
     
Das ehemalige Synagogengebäude 
im April 1992
Homberg Ohm Synagoge 109.jpg (98852 Byte)
Trotz des Abbruches der alten Synagoge gelang ein Wiederaufbau in einer Weise, dass das
 äußerliche Bild dem ursprünglichen Aussehen der Synagoge angepasst werden konnte.
     
     
Das "ehemalige Synagogengebäude" 
im März 2008
Homberg Synagoge 214.jpg (84919 Byte) Homberg Synagoge 213.jpg (86180 Byte)
   Auch in Einzelheiten wurde der Aufbau so vorgenommen, dass die Geschichte des früheren Synagogengebäudes - wie die Tora-Apsis an der Ostseite - nachvollziehbar ist.
      
Homberg Synagoge 210.jpg (81903 Byte) Homberg Synagoge 216.jpg (92958 Byte) Homberg Synagoge 212.jpg (79370 Byte)
Die alte Umfriedungsmauer um das Grundstück der ehemaligen Synagoge 
ist erhalten geblieben 
Hinweistafel: "Ehemalige Synagoge. Dieses Gebäude diente 
von 1839-1935 der jüdischen Gemeinde als Gebets- und Schulhaus.
 Restauriert und aufgebaut 1989." 
   

   
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Oktober 2018: Verlegung von Stolpersteinen für Angehörige der Familie Dessauer in Homberg       
Artikel von Joachim Legatis in der "Alsfelder Allgemeinen" vom 19. Oktober 2018: "Stolpersteine. Totengebet für Opfer der NS-Herrschaft in Homberg
Anrührendes Gedenken herrschte am Donnerstag in Homberg in der Marktstraße. Erinnert wurde an Erna und Nathan Dessauer sowie ihre Tochter Irmgard, für sie wurden Stolpersteine verlegt.

Ein großer Kreis an Personen hat sich am Donnerstag auf der Marktstraße in Homberg unweit des Rathauses versammelt. 15 Mitglieder der Familien Weihl und Jakob hatten sich von Israel auf den Weg gemacht, um Erna, Nathan und Irmgard Dessauer ein ehrendes Gedenken zu bereiten. Mit Vertretern aus Magistrat und Stadtparlament umrahmten sie die Verlegung von Stolpersteinen für die kleine Familie, die einst im Haus Marktstraße 22 gewohnt hat. Sie flüchtete Mitte der 1930er Jahre in die Niederlande, 1936 wurde das Anwesen verkauft, vor dem nun die Messingplatten im Pflaster liegen. Besonders bewegend war das Totengebet auf hebräisch, das 'Kaddish', das Rafael Ben Mordechai für die Cousine seiner Mutter, ihren Ehemann und die 16-jährige Tochter Irmgard sprach. Sie sind 1943 in den Konzentrationslagern Sobibor und Auschwitz getötet worden. Dem jüdischen Brauch folgend, verteilten dafür die Besucher an jeden Mann eine 'Kippa', die Kappe zum Beten.
Mutter kann nicht über Tat sprechen. Ausführlich berichtete Irith Joseph, die Schwester Rafaels, über ihre Erinnerungen an die Dessauers. Ihr eigener Rufname in der Familie war Irmgard, nach der ermordeten Groß-Cousine. In den Erinnerungen ihrer Großtante heißt es über ihr Ende: 'Ferner kamen in Auschwitz eine Cousine mit ihrem Mann aus Homberg an der Ohm um. Ihre sehr schöne, einzige, wohlbehütete und über alles geliebte Tochter, 16 Jahre alt, wurde vorher nach Deutschland als Offiziersgabe zurückbeordert (sie waren nach Holland emigriert) und dann ermordet.' Irith verwies in ihrer Ansprache darauf, dass ihre Mutter Chava nicht über diese schreckliche Tat sprechen konnte. Sie habe vielmehr von ihre Kindheit im benachbarten Gemünden und vom Beeren-Pflücken im Wald erzählt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten habe sich der Bürgermeister in Nieder-Gemünden noch zu den Juden bekannt, habe in Festkleidung bei ihnen eingekauft, trotz des Boykotts.
Juden seit dem Mittelalter. 1934 verließen die Familie Weihl Homberg und die Jakobs Gemünden, um in Palästina ein neues Leben zu beginnen. Vor neun Jahren besuchten die Nachfahren zum ersten Mal wieder die Heimat der Vorfahren. Vor eineinhalb Jahren reifte der Entschluss, der Ermordeten mit Stolpersteinen zu gedenken. Bürgermeisterin Claudia Blum hieß besonders die 15 israelischen Besucher willkommen. Sie freute sich, dass die Stadtverordneten so positiv auf die Anregung Irith Josephs reagiert haben. Auch die Hauseigentümer hätten der Verlegung der Erinnerungsplaketten sofort zugestimmt. 'Es ist wichtig, dass auch an die jüdischen Homberger erinnert wird', fügte sie an. Die jüdische Gemeinde habe wohl bereits im Mittelalter bestanden. Wieder gegründet wurde sie 'wahrscheinlich um 1707', wie Blum aus Unterlagen von Ehrenbürgermeister Walter Seitz zitierte. 1828 lebten 88 Juden in der Kleinstadt an der Ohm, 1925 waren es noch 40. Bis 1940 zogen alle jüdischen Homberger weg. Leider war die Flucht von Erna, Nathan und Irmgard Dessauer nach Holland 'nicht weit genug'. Sie wurden deportiert und 1943 ermordet. 'Durch Ihren Besuch werden aus Namen Menschen. Menschen, die hier in Homberg gelebt haben und hier nicht bleiben konnten, da sie hier in Homberg Gewalt und Terror ausgesetzt waren.' Die Stolpersteine erinnerten an das Leid von Millionen jüdischer Menschen, wie die Bürgermeisterin sagte. Sie ermahnten die Passanten, 'jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten und für ein friedliches Miteinander einzutreten'. Nach einem Treffen im Rathaus gab es einen Rundgang zu ehemaliger Synagoge, dem jüdischen Friedhof und dem Schloss."  
Link zum Artikel 

    
   
 

   
   
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt der Homberg (Ohm)  

Quellen

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Nieder-Gemünden    
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Homberg (Ohm) sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,131  Geburtsregister der Juden von Homberg/Ohm  1782 - 1813; enthält auch Angaben zu Gemünden/Felda, Ehringshausen und Rülfenrod    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2100842       
    
Zu Nieder-Gemünden sind weiter vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,662   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Nieder-Gemünden 1797 - 1808: Geburtsregister 1799 - 1808, Trauregister  1797 - 1806, Sterberegister  1801 - 1808   
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4982965   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 388-390.   
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 95. 
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 109.    
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 97. 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 195-196.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 171-172.  

     
      
       

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

                

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020