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Odenwaldkreis"   
    
 
Beerfelden
 (Stadt Oberzent, Odenwaldkreis) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 
Übersicht: 
    
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)     
    
In Beerfelden bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1940/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17.
Jahrhunderts zurück. 1691 lebten zwei jüdische Familien in der
Stadt (David und Elias). Im Laufe des 18. Jahrhunderts stieg ihre Zahl
auf acht Familien an (1797 werden folgende acht Schutzjuden genannt: Jonas,
Elias, Salomon Feist, Hirz Salomon, Hirz Löb, Feist Moses, Hillel Salomon,
Salomon Schlomo).  
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1817 17 jüdische Familien, 1820: 111 jüdische Einwohner, 1837 133, 1861
187 (6,7 % von insgesamt 2.787), 1880 157 (4,9 % von 3.187), 1895 162 (6,8 %
von 2.381), 1910 120 (5,7 % von 2.113).  
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule,
ein rituelles Bad und (allerdings erst seit 1931) ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten). Die jüdische Gemeinde gehörte seit 1899 zum
orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II, 1931 trat sie zum liberalen Rabbinat
Darmstadt I über (siehe die Hintergründe dieser Entscheidung im Artikel
unten). 
   
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde: Salomon Rosenthal
(geb. 16.5.1885 in Beerfelden, gef. 31.8.1914).  
     
Um 1925 - als die Gemeinde noch aus 33 Familien bestand (106 Personen,
4,9 % von insgesamt 2.142 Einwohnern) - waren die Vorsteher der Gemeinde:
Josef Salomon II, Abraham Marx, Israel Salomon. Als Religionslehrer, Schochet
und Kantor war S. Frank tätig. Er erteilte damals noch fünf schulpflichtigen jüdischen
Kindern Religionsunterricht (1932 9 Kinder). An jüdischen Vereinen gab
es die Wohltätigkeitsvereine Kadischa (1924 12 Mitglieder) und Gemilus
Chessodim (1924 14 Mitglieder) sowie den Israelitischen Frauenverein (1924
20 Mitglieder). Bis 1932 war die Zahl der Gemeindeglieder auf 91 zurückgegangen.
Inzwischen waren die Vorsteher der Gemeinde: Jonas Sondheimer (1. Vors.), Ernst
May (2. Vors.) und Leopold Reinheimer (3. Vorst.). Als Schatzmeister war Samuel
Reinheimer eingetragen. 1934 wurde Benjamin Reinheimer erster Vorsitzender der
Gemeinde.  
     
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: 105 Personen, 4.5 % von insgesamt 2.137) auf Grund der
Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1936 wurden noch 68, Ende 1938 nur noch
23 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Synagoge zwar nicht zerstört, aber wenig später abgebaut (s.u.). 1942 wurden die letzten 12 jüdischen Einwohner
(überwiegend ältere Menschen, aber auch zwei Kinder) über die Sammelstelle in
Darmstadt in Vernichtungslager deportiert.    
    
 Von den in Beerfelden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind  in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Ida Forsch geb.
Reinheimer (1880), Mina Haas geb. Sondheimer (1883), Moritz Haas
(1878), Johanna Harburger geb. Rosenthal (1887, "Stolperstein" in
Stuttgart), Flora Lehmann geb. Salomon (1894),
Martha Löwenberg geb. Salomon (1899), Emilie Löwenstein geb. Rosenthal (1883, 
"Stolperstein" in Laufenburg),
Abraham Marx (1873), Hannchen (Johanna) Marx geb. Würzburger (1862), Johanna Marx
geb. Lorch (1877), Jonas Marx (1882), Selma Marx geb. Wallerstein (1884), Helene
Marxsohn geb. Hauser (1900), Rabbiner Samson May (1868), Benjamin Reinheimer (1886), Hilde Reinheimer
(1930),
Irene Reinheimer (1921), Julius Reinheimer (1928), Karl Reinheimer (1876),
Moritz Reinheimer (1888), Rosa Reinheimer geb.
Blumenthal (1893), Salomon Reinheimer (1925), Sofie Reinheimer (1879), Zerline
Rosenthal geb. Marx (1863), Aron Salomon (1861), Eduard Salomon (1884), Ellen
Salomon (1920, "Stolperstein" in 
Seligenstadt), Else Salomon geb. Leopold (1900), Erwin Salomon
(1925), Inge Salomon (1928), Joseph Salomon (1880), Karl Salomon (1877), Klara
Salomon (1890), Kurt Salomon (1898), Regina Salomon (1894), Sally
Salomon (1868), Siegfried Salomon (1892), Amalie Martha Strauss geb. Meyer (1887),
Thekla Wartensleben geb. Sondheimer (1876), Hannchen Wolf geb. Rosenthal (1860).     
     
Zur Erinnerung an das Schicksal ermordeten jüdischer Personen aus Beerfelden
wurden im  April 2012 in einer ersten Verlege-Aktion in Beerfelden 18
"Stolpersteine" vor sieben Häusern in der Stadt verlegt. Im
Juni 2016 kam ein weiterer "Stolperstein" für den (nichtjüdischen)
Herbert Creutzburg hinzu.        
     
     
     
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
  
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer    
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorbeters / Schochet 1863 / 1864
 
  
     Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Mai 1863: "Für
      die hiesige israelitische Gemeinde ist die Lehrerstelle vakant geworden.
      Bewerber wollen sich alsbald melden. Es wird bemerkt, dass zugleich der
      betreffende Lehrer die Schächter- und Vorsängerstelle zu versehen hat.
      Der Gehalt beträgt bei freier Wohnung 400 bis 450 Gulden. Baldige
      Meldungen unter Beifügung der Zeugnisse werden an den unterzeichneten
      Vorstand franko erbeten. Der Eintritt kann sogleich geschehen. 
      Beerfelden, 3. Mai 1863. Seligmann Salomon, Vorstand." | 
   
  
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     Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. April 1864: "Die
      israelitische Gemeinde dahier sucht einen Religionslehrer, der zugleich
      den Posten des Schochet und Vorsängers mit zu versehen hat. Nebst freier
      Wohnung beträgt das jährliche Einkommen 450 bis 500 Gulden.
      Reflektierende wollen baldigst ihre betreffenden Zeugnisse dem Vorstande
      einsenden. 
      Beerfelden, Ende März 1864: Jonas May. Salomon Rosenthal. M.K. Sondheimer". | 
   
 
     
     
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte über die jüdische Gemeinde aus den Jahren 1870 / 1871  
 
  
     Aus
      einem längeren - aus orthodox-jüdischer Sicht geschriebenen, sehr
      kritischen - Bericht über die Situation der jüdischen Gemeinden im
      Odenwald - die Gedanken schließen an Ausführungen über einen inzwischen
      in Großzimmern tätigen Lehrer an (Artikel in der Zeitschrift "Der
      Israelit" vom 14. September 1870: "....ein solcher Mann ist in
      einer Gegend, wo das Judentum so verkommen ist wie im Odenwalde, eine
      besonders herrliche Erscheinung. Er wirkt, von seinem Unterrichte ganz
      abgesehen, durch das bloße Beispiel, als welches sein anspruchsloses,
      wahrhaft jüdisches Familienleben der ganzen Gemeinde dasteht,
      unvergleichlich mehr als alle seine modernen Herren Kollegen zusammen mit
      ihren kalten geist- und herzlosen Predigten. Nur noch einen Lehrer haben
      wir im Odenwalde diesem an die Seite zu stellen, den der jüdischen Gemeinde
      Beerfelden. Es ist rührend zu sehen, wie dieser Mann von morgens
      bis abends jede freie Zeit dem Unterricht der ihm anvertrauten Kinder
      widmet; die erlangten Resultate sind aber in der Tat auch nennenswert. Die
      erste Knabenabteilung lernt unter anderem Mischnajot Berachot Chomesch
      im Raschi hebräische Grammatik und trägt gelegentlich in einer
      Klasse vor; die folgenden Klassen übersetzen die Tora mit Raschi,
      die Gebete etc. und die Mädchen übersetzen außer den Gebeten noch recht
      geläufig Psalmen und anderes mehr. In den Schulen der genannten
      Biedermänner stößt man nicht auf jene in dem unschuldigen Kindermunde
      so widerwärtig klingenden Phrasen über Gott, Religion und sonst
      metaphysische Begriffe, mit deren Definierung unsere modernen Pfäfflein
      die teure Zeit in der Schule totzuschlagen lieben; hier ist die Schule
      noch das, was sie sein soll: ein Institut, in welchem das Kind Tora
      und Mizwot (Gebote) für das Leben lernt. Während diesen
      phrasenreichen Religionskünstler das Wort gilt (vgl. Jeremia 16,11): 'haben
      sie nicht mich verlassen und meine Tora nicht beobachtet?' Möchten
      sie doch, spricht Gott, die Erklärung meiner Eigenschaften, und
      dergleichen mehr auf sich beruhen lassen, dafür aber meine Tora halten
      und halten lernen; - so möge jenen unverdrossenen Arbeitern im Weinberge
      Gottes, das ermutigende Prophetenwort 'Aber die Verständigen werden
      glänzen wie der Glanz des Himmels, und die, welche viele zur
      Gerechtigkeit führten, wie die Sterne, immer und ewig' (Daniel 12,3)
      ein neuer Sporn sein für ihren (Daniel 12) heiligen, schwierigen
      Lehrerberuf. Sie haben ja Niemanden, der ihnen Mut und Trost zuspräche
      bei ihrer gottbewussten Lebenstätigkeit. Die Gemeindemitglieder können
      fast durchgehends solche Leistungen ihres Lehrers nicht beurteilen, weil
      ihnen das Verständnis der einzelnen Lehrfächer abgeht, und unser
      Rabbiner zu Darmstadt, der ignoriert solche Bestrebungen gänzlich. Warum
      sollte er auch nicht, sie machen die Pfründe nicht fetter. - Wir werden
      übrigens noch auf diesen Punkt zurückkommen." | 
   
  
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     Aus
      einem längeren Bericht über die religiösen Verhältnisse der jüdischen
      Gemeinden im Odenwald aus kritischer, orthodox-jüdischer Sicht in der
      Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1870 - Abschrift
      des Artikels beginnt in der rechten Spalte oben: "... Dieses
      unerschütterliche Bewusstsein gibt mir den Mut, die begonnene Dornenlese
      fortzusetzen, und so mögen denn für heute die Verhältnisse der
      jüdischen Gemeinde Beerfelden ihre Besprechung finden. - Ille
      terrarum mihi praeter omnes angulus ridet (=Zitat aus Horaz: 'Dieser
      Winkel der Erde lacht mich mehr als alle anderen an'). Dieser Ort macht,
      wie schon erwähnt, eine rühmliche Ausnahme von den Gemeinden der ganzen
      Gegend. Hier ist noch Sinn und Anhänglichkeit für Tora vorhanden; die
      Leute sind mit einem Worte so fromm als es überhaupt bei den leidigen,
      jüdischen Verhältnissen, die hier herrschen, möglich ist. Wenn sie auch
      keine Toralerner sind, so sind sie doch Toraliebhaber; und
      das will in einem Orte, der nur 3 Stunden von Michelstadt entfernt ist,
      viel heißen. Umso empfindlicher muss es aber berühren, gerade hier nicht
      das Prädikat zu finden, welches der königliche Sänger den 'Freunden'
      der Tora vindiziert, den Schalom Raw. Schon seit Jahren herrscht hier
      wegen ursprünglich ganz geringfügiger Veranlassungen eine arge Spaltung
      in der Gemeinde, die schon sehr viel öffentlichen Ärger bereitet hat.
      Eine kleine aus etwa 5 Familien bestehende Partei, hat sich von der etwa
      30 Familien zählende Gemeinde lösgelöst; weil sich letztere nicht
      kleinlichen Sonderinteressen fügen will. Viele angesehene Männer
      außerhalb der Gemeinde waren bemüht, hier den Frieden herzustellen und
      haben die friedliebende Gemeinde zu allen überhaupt mögliche
      Konzessionen veranlasst, aber alles Bemühen ist an der Zähigkeit der
      Minorität gescheitert; und so nistet sich dieser Streit trotz aller von
      den obrigkeitlichen Behörden angestellten Vermittlungsversuchen täglich
      mehr und mehr ein. Welch ein schmerzlicher Anblick! Wenn es schon höchst
      traurig ist, dass religiöse Motive jüdische Gemeinden zersplittern und
      schwächen, was soll man erst dann sagen, wenn unnötiger Hass
      gleichgesinnte, für unsere Wahrheit warm fühlende Herzen trennt,
      und täglich mehr und mehr den Bruder vom Bruder entfremdet? Freunde,
      Brüder! Das muss anders, muss besser werden. Ihr solltet, ihr könntet
      eine Mustergemeinde sein, für alle Glaubensgenossen im Odenwalde; wollt
      ihr diesen hohen, heiligen Beruf dadurch einbüßen, dass ihr zäh und
      unerbittlich einander feindlich gegenüber steht? Reißt ihn heraus den
      alten Groll aus euren jüdischen Herzen; nehmt Euch ein Beispiel an der
      herzerhebenden Katastrophe, die sich augenblicklich in unserem deutschen
      Vaterlange vollzieht, das durch seine Einheit groß und mächtig den
      Friedenstörer hoffentlich für alle Zeiten unschädlich gemacht hat.
      Vergesst und verzeiht Euch gegenseitig alles Geschehene, so wir Ihr
      wünscht, dass der Vater im Himmel verfahren möge, wenn er
      zum       | 
   
  
     neuen
      Jahre Euer und Eurer Angehörigen Zukunft bestimmt. Wir bauen fest auf
      Euch, wenn es sich um eine Änderung unserer jüdischen Angelegenheiten in
      der Zukunft handelt; zeigt Euch dieser hohen Aufgabe würdig, seid einig,
      einig! Zukunft?! Diese bessere Zukunft wird noch geraume Zeit auf sich
      warten lassen, aber sie wird kommen, so gewiss kommen, als auf die Nacht
      der Morgen, als auf Regen Sonnenschein folgt. Eure lieben Kleinen, das
      sind die treuen Bürgen für euere Zukunft; wenn sie nur den Erwartungen
      entsprechen werden, die man nach unseren früheren Voraussetzungen an sie
      knüpfen darf, so seid überzeugt, es wird anders, es wird besser werden.
      Dieser Hoffnung können wir uns leider nicht so unbedingt in die Arme
      werfen, wenn wir irgend eine andere Gemeinde des Odenwaldes in's Auge
      fassen. Das ist die Gemeinde König...." | 
   
  
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    Begeisterung über
      den Besuch von Rabbiner Dr. Lehmann Marx (1871)  
      
      Anmerkung: 1871 wurde in Darmstadt beschlossen, einen Rabbiner für die
      orthodox-jüdischen Gruppen und die Landgemeinden zu berufen. Die orthodoxen
      Gruppen hatten Schwierigkeiten mit dem als gemäß liberal geltenden
      Rabbiner Dr. Julius Landsberger, der von 1859 bis 1890 in Darmstadt
      Rabbiner war. Nach der Gründung des "Vereins der gesetzestreuen Israeliten
      der Provinz Starkenburg" wurde als Rabbiner Dr. Lehmann Marx
      gewählt, der am 13. September 1871 in Darmstadt eintraf und sofort sein
      Amt übernahm. Im nachstehenden Artikel wird über seinen Antrittsbesuch
      in Beerfelden berichtet.  | 
   
  
     Artikel
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1871: "Beerfelden,
      im Odenwald, im November (1871). Gewiss, geehrtester Herr Redakteur, wird
      es für Sie und Ihr geschätztes Blatt von Interesse sein, wenn ich Ihnen
      berichte, wie nun die Gemeinde in unserer Provinz, die sich dem
      hochherzigen Entschlusse angereiht haben, einen Mann zu engagieren, der mit
      ganzem Herzen und mit ganzer Seele für das Judentum und für unsere
      heilige Religion einzustehen sich bestrebt, durch das Wort und die Tat zu Tora
      und Gottesdienst angeeifert werden. Einen freudigen und erhebenden Schabbat
      haben wir gehabt (an Schabbat Paraschat Chaje Sara - Schabbat mit
      der Toralesung Chaje Sara), indem unser geliebter Rabbiner Dr. Marx in
      unserer Mitte verweilte. Kein Auge blieb tränenleer bei seinem Vortrage,
      ja, sein beredter Mund einigte die schon längst erkalteten Herzen unserer
      Gemeinde, die sich seit einer Reihe von Jahren kalt und schroff einander
      gegenüber standen. Mit einer Begeisterung, die aus der Tiefe seines
      Herzens emporstieg, wusste er die harte Rinde, die sich um die Herzen
      lagerte, zu lösen. Wahrlich, unsere Provinz, und namentlich die Männer,
      die dieses Vorhaben zur Reife brachten, haben eine glänzende Akquisition
      gemacht. Gewiss werden alle Gemeinden, die unser geliebter Rabbiner
      besuchen wird, dasselbe Urteil fällen, wenn sie erst in nähere
      Bekanntschaft mit ihm getreten sind. Sonntags nahm er die Schulprüfung v
      or, eiferte Lehrer und Kinder an durch sein begeisterndes Wort. Es ist
      erfreulich für eine jede Gemeinde, wenn sie tatsächlich überzeugt wird,
      dass ihre Kinder in keiner Beziehung vernachlässigt werden, aneifernd
      für den Lehrer, wenn sein mühevolles Streben Anerkennung findet. So voll
      Liebe und Anerkennung er sich auch hier gezeigt hat, so wird er aber auch
      andererseits, dessen sind wir fest überzeugt, mahnend und tadelnd gegen
      Gemeinde und Lehrer auftreten, wenn sie ihren heiligen und hohen Beruf
      vernachlässigen. Auch von der guten und gewissenhaften Ausführung der Schechita
      hat er sich überzeugt. So gerne wir ihm eine Vergütung für seine
      gehabte Mühe hätten zuteil werden lassen, wies er doch dieselbe
      entschieden zurück; er hat alles nur um des Gebotes willen getan
      und war froh, den religiösen Standpunkt hier so zu finden, wie er es
      gewünscht. Hoffen wir zu Gott, dass Herr Dr. Marx bald wieder zu uns
      komme, und dass auch andere Gemeinden Veranlassung finden, ihn recht bald
      in ihre Mitte zu berufen. Wahrlich, wir können mit frohem Herzen
      ausrufen: 'nicht verwitwet ist Israel' (Jeremia 51,5). M.H.L."  | 
   
    
Werbung für den Luftkurort Beerfelden (1900)  
 
  
     Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1900:  
      "Koscher -  Koscher.   
      Luftkurort.  
      Beerfelden im Odenwald.  
      Für Leute, die einen angenehmen Landaufenthalt während der Sommermonate
      suchen, hält sich der Unterzeichnete bei streng koscherer Küche und
      reeller Bedienung bestens empfohlen.    
      E. Hauser, Lehrer.  
 Referenz: Seiner Ehrwürden Herr Landrabbiner
      Dr. Marx, Darmstadt." | 
   
     
Über das Lehrgut "Hirschhof" bei Falken-Gesäß (1924)      
 
  
     Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. August 1926:
      "Das Lehrgut 'Hirschhof'.  
      Der Abschnitt ist noch nicht ausgeschrieben; zum Lesen bitte
      Textabbildung anklicken.  | 
   
     
Über die Gründe des Wechsels vom orthodoxen zum
liberalen Bezirksrabbinat (1930)  
 
  
     
      Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1930:
      "Eine jüdische Gemeinde zu verkaufen!... Wer bietet mehr? 
      Im hinteren hessischen Odenwald liegt in idyllischer Gegend die jüdische
      Gemeinde B. (gemeint Beerfelden), die eine alte Geschichte aufweisen kann.
      Berühmt ist sie dadurch, dass sie es war, die dem Baal Schem von Michelstadt
      treueste Gefolgschaft leistete und zu seinen unbedingten Anhängern und Stützen
      gehörte. Eine schöne alte Synagoge, eine mustergültige neue
      Mikwo-Anlage, ein neuer großer Friedhof zeichnen sie aus, und was noch
      mehr ist, es wohnen auch einige treue, feste Männer vom alten Schlag
      darin. Eng verwachsen ist ein jeder mit seiner Gemeinde, und so nimmt's
      nicht wunder, dass auch einer ihrer Bürger, der seit langem seinen
      Wohnsitz jenseits des Ozeans hat, aufs anhänglichste immer wieder seiner
      Heimat gedenkt. Stiftete Herr R., der mit reichen Gütern gesegnet ist,
      doch seiner Stadt eine neue Kirche, spendete er ihr doch in einer
      Riesenstiftung, die ursprünglich dem Bau eines Kindergartens und einer
      Badeanstalt dienen sollte, dann aber allgemeinen Wohlfahrtszwecken
      bestimmt wurde, den ansehnlichen Betrag von Mark 200.000. Ohne Unterschied
      der Konfession und Partei sollen diese Gelder stets Verwendung finden, und
      dies ist gewiss ein Zeichen der allumfassenden Liebe zu den Bürgern
      seiner Heimat, wenn man weiß, dass Beerfelden die Hochburg des
      Nationalsozialismus im Odenwald ist. Die jüdische Gemeinde seines Ortes
      wartet auch seit einiger Zeit auf eine Stiftung. Es wurde ihr Friedhof
      vollkommen von Herrn R. übernommen und ausgebaut, aber damit war nur den
      Toten geholfen. Jetzt aber kommt, so scheint es, auf einmal eine solche
      Stiftung zustande. von 5.000 Mark zur Renovierung des Gemeindehauses
      spricht man und von Hinterlegung eines Fonds, von dessen Zinsen nicht
      weniger als zwei Drittel eines Lehrers dauernd erhalten werden können.
      Für die Zukunft der Gemeinde ist gesorgt, und Beerfelden wird mit Gottes
      Hilfe dauernd eine schöne Gemeinde bleiben. Bis sich Herr R.
      unglücklicherweise seiner Vergangenheit erinnert. Gab's da doch vor einem
      jahrzehnt in Darmstadt, zu dessen orthodoxem Rabbinat die Gemeinde
      gehört, einen bösen Rabbiner, der - wie unverständlich und töricht -
      den elementarsten Grundsätzen der jüdischen Religion zuwiderlaufend! -
      wohl aus purem Stattsinn -. verweigerte, bei einer Feuerbestattung
      Amtshandlungen vorzunehmen. Dem sollte vorgebaut werden, und Herr R.
      knüpft die Bedingung an die Stiftung, es solle die Gemeinde von
      orthodoxen zum liberalen Rabbinat übergehen. (Wie hieß es oben so
      schön? 'Ohne Unterschied der Konfession und Partei!'). Freudestrahlend
      winkt der Liberalismus den Übertretenden zu, stolz auf seine
      'Leistungen', dank denen eine Gemeinde sich neu als sein Schäflein
      bekennen will! Denn flugs beschließt man dort, einige wenige treue
      Charakterfeste übergehend, den gewünschten Übertritt. Die Gemeinde hat
      ja zwar ihre Zukunft verkauft, denn was wird nun aus Schechita, Mikwo,
      Gutort (Friedhof) und so vielem andern? Aber das schadet ja nichts, sie
      fühlt sich gerettet! Und das genügt! Nur die Regierung bleibt noch zur
      Prüfung und zur Genehmigung übrig. (Wir bedürfen ja bei allen
      öffentlichen meistbietenden Versteigerungen der Behördenzustimmung!) Was
      man sich wohl im Kreisamt und Ministerium nun für Gedanken über
      jüdische Glaubenstreue und Charakterfestigkeit machen mag? Vielleicht
      erfährt man dies noch einmal!" | 
   
      
      
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Zum Tod von Moses Marx (1916)   
 
  
     Artikel
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1916: "Beerfelden,
      10. Juni (1916). Am 9. Juni haben wir unter großer Beteiligung von nah
      und fern, das älteste und beliebteste Mitglied unserer altehrwürdigen
      Gemeinde, den in weiten Kreisen bekannten Moses Marx, der am 7. Juni im
      Alter von 81 Jahren von uns schied, zur letzten Ruhe begleitet. Eine
      unausfüllbare Lücke hinterlässt er in unserer Gemeinde. Mit Wehmut
      sehen wir die Stelle leer, an der er so segensvoll wirkte. Wie er das
      jüdische Pflichtenleben in allen Teilen sorgfältigst hütete, wusste
      Jeder. Durch seine Schlichtheit, Liebenswürdigkeit und Redlichkeit erwarb
      er sich Achtung, Ansehen und Einfluss in allen Kreisen. Mit Aufgebot
      seines Einflusses trat er dem Zug der Zeit entgegen und ging anregend und
      aneifernd der Gemeinde voran. Ein eifriger Teilnehmer des Gottesdienstes
      und aller Schiurim (Lernstunden), war er auch bei der Übung von Wohltätigkeit
      stets der erste am Platze. Sein Andenken wird uns zum Segen gereichen. Seine
      Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   | 
   
 
    
Über Abraham Salomon Rosenthal und seine Stiftung   
 
  
     Abraham Salomon Rosenthal (geb. 1854
      in Beerfelden, nach Nordamerika ausgewandert) gilt als großer Wohltäter
      der Stadt Beerfelden. 1929 vermachte er der Stadt "zum Zeichen der Liebe für diese
      Heimat" 200.000 Reichsmark. Das ursprünglich für ein Volksbad und einen Kindergarten gestiftete Geld wurde von den Stadtoberen
      zur Armenstiftung umgewidmet. Noch bis zur Gegenwart wird das
      Stiftungsgeld verwaltet, das derzeit einen Wert von noch etwa 25.000 Euro
      hat. Während der NS-Zeit wurde von der Stadtverwaltung verfügt, dass das von Rosenthal gespendete Geld nur noch
      "Ariern" zugute kommen sollte. Nach 1945 setzte sich diese Praxis auch ohne Erlass fort,
      da in Beerfelden keine jüdischen Personen mehr lebten.  
      Im Juni 2006 wurde für Abraham Salomon Rosenthal an der
      Professor-Braun-Straße ein Gedenkstein gesetzt und ein Platz der Stadt
      nach ihm benannt.  
      Das Foto oben aus der Website des Fritz Bauer-Institutes Frankfurt http://www.before-the-holocaust.net/,
      auf der sich zur jüdischen Geschichte / Familiengeschichte in Beerfelden
      noch weitere Fotos finden.     | 
   
  
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    Artikel vom 16. Dezember 2008 aus der
      Zeitschrift "Echo-Online"/Odenwälder Echo (Artikel)    
      200.000 Reichsmark, die bis heute wohltun. Rosenthal'sche Stiftung: Idee eines jüdischen Mitbürgers ermöglicht, dass in Beerfelden 17 Menschen zusätzliches Weihnachtsgeld beziehen.  
      BEERFELDEN.  Rund 77 Jahre ist es her, dass ein ehemaliger jüdischer Mitbürger Beerfeldens seiner Heimatstadt mit einer großzügigen Spende Gutes tun wollte. Und noch heute kommt Abraham Salomon Rosenthals Idee bedürftigen Bürgern der Stadt am Berge und ihrer Stadtteile zu Gute. Auch 2008 werden Frauen, Männer und Kinder, die unverschuldet in Not geraten sind, mit einem Betrag aus dem Zinsertrag des Stiftungskapitals beschenkt.
      Wie Diana Weil vom Verwaltungsrat der Rosenthal'schen Stiftung dazu mitteilte, sollen 17 Frauen und Männer jeweils 50 Euro ausgezahlt bekommen. Hinzu kommen jeweils 20 Euro Spende aus dem Restvermögen des vor mehreren Jahren aufgelösten Heimatkundlichen Arbeitskreises Beerfelden.
      Bei den 17 bedachten Bürgern handelt es sich nach Auskunft von Weil hauptsächlich um Alleinerziehende und Rentner mit ganz geringem Einkommen sowie um Eltern mit schwerbehinderten Kindern. Einige von ihnen waren schon im vergangenen Jahr auf diese Weise unterstützt worden.
      Die Geschichte von Spender und Stiftung spiegelt ein Stück Heimat- und deutscher Geschichte wider: Abraham Salomon Rosenthal wurde am 22. März 1854 als siebtes Kind von Salomon und Rosa Rosenthal in Beerfelden geboren. Wie viele Menschen damals wanderte er nach Nordamerika aus.
      Mit 300 Gulden Startkapital gründete der Sechzehnjährige in New York einen Importhandel für japanische Seidenwaren – und kam damit zu Reichtum. Dies erlaubte ihm ab 1903, für längere Zeit in seine alte Odenwälder Heimat zurückzukehren. Beerfelden muss Rosenthal viel bedeutet haben, wie sich spätestens 1929 zeigte, als er
      "zum Zeichen der Liebe für diese Heimat" 200.000 Reichsmark spendete. Sollte das Geld zunächst den Bau eines Volksbades mit Kindergarten sowie die Betreuung dort ermöglichen, so wurde es angesichts der blanken Not vieler Beerfelder bald zur Armenstiftung umgewidmet.
      Im Hinblick auf die Enteignung und Zerstörung jüdischen Besitztums unter den Nationalsozialisten gehört es zu den Wunderlichkeiten dieser Geschichte, dass die Rosenthal'schen Stiftungsmittel Drittes Reich und Zweiten Weltkrieg überlebten. Ab 1945 wurden diese Mittel wieder von der Stadt Beerfelden übernommen; für die Weiterführung der Stiftung gründete man eine ehrenamtliche Geschäftsführung.
      Zu den Besonderheiten der Stiftungs-Geschichte gehört ebenso, dass der Spender sich mildtätig zeigte, obwohl er 1906 mit seinem Antrag auf Wiedererlangung der hessischen Staatsangehörigkeit gescheitert war. Hatte sich die Stadt Beerfelden in diesem Verfahren noch für ihn eingesetzt, sprach sie dem Stiftungsursprung während der NS-Zeit mit einem Erlass Hohn, wonach Zahlungen aus dem Fonds nur noch an Arier geleistet werden durften.
      Als ein Stück Wiedergutmachung gegenüber Abraham Salomon Rosenthal wurden im November 2006 ein Platz und ein Gedenkstein an der Professor-Braun-Straße von Beerfelden diesem Menschen- und Heimatfreund gewidmet.
      Die einst 200.000 Reichsmark blieben übrigens vollständig erhalten: Nach der Währungsreform in Folge des Zweiten Weltkriegs und der Umstellung auf Euro 2002 beträgt das Stiftungskapital rund 25.000 Euro.  | 
   
 
          
          
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jüdischer Gewerbebetriebe (bzw. über sie) und Privatpersonen       
Dank an Dr. Martin in Neustadt von Gerson May in 
Beerfelden (1849)   
(Anzeige erhalten von Hans Peter 
Trautmann)      
 
  
    
	
	
	 Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Odenwälder" vom 16. Juni 1848: "Danksagung.
	 
	Den Kenntnissen, dem Eifer und rastlosen Fleiße des Herrn Doctor Martin zu 
	Neustadt verdanke ich nächst Gott das Leben meiner mit Marx Rothschild zu 
	Neustadt verheirateten Tochter. - Achtung diesem Ehrenmanne!   
	Beerfelden, den 14. Juni 1848. Gerson May I., Kaufmann."   | 
   
               
Salomon Joseph wehrt sich gegen eine Verleumdung (1849) 
 
(Anzeige erhalten von Hans Peter Trautmann) 
    
 
  
    
	
	
	 Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Odenwälder" vom 15. August 1849: "Erklärung.
	 
	Es ist das Gerücht verbreitet worden, dass ich schwere Denunziationen gegen 
	hiesige Bürger gemacht und eidlich bekräftigt hätte.  
	Ich erkläre Dies für eine Lüge, und den Verbreiter derselben für einen 
	ehrlosen Verleumder.  
	Beerfelden, den 11. August 1848. Salomon Joseph."   | 
   
          
Fa. S. und M. Rosenthal ist erloschen (1879)  
(zugesandt von Hans-Peter Trautmann, Reichelsheim)   
 
  
     Anzeige
      im "Erbacher Kreisblatt" vom 3. Januar 1880: "Bekanntmachung.
      Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, dass die zu
      Beerfelden bestehende Firma 'S. und M. Rosenthal' in Folge der Auflösung
      der Gemeinschaft durch die Teilhaber der Firma, der Salomon Rosenthal
      Witwe und des Marx Rosenthal zu Beerfelden, erloschen ist.  
      Beerfelden, 27. Dezember 1879.  
      Großherzogliches Amtsgericht Beerfelden. Bauer, Oberamtsrichter.  
      Diehm, Gerichtsschreiber."   | 
   
  
    | Anmerkung: Salomon Rosenthal war der
      Vater des Wohltäters der Stadt Abraham Salomon Rosenthal (siehe
      oben).  | 
   
 
     
Verlobungsanzeige von Erna Heilmann und Ch. Liverhant
(1913)   
 
  
     Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15.
      Oktober 1913: "Statt Karten!   
 Erne Heilmann. Ch. Liverhant.
      Verlobte.   
      Beerfelden, Frankfurt am Main, Luisenstrasse 66."   | 
   
 
   
Hochzeitsanzeige von Isidor Heilmann und Bertha geb. Rosenthal (1922)
 
  
     Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1922:
      "Statt besonderer Anzeige!   
      Isidor Heilmann - Bertha Heilmann geb. Rosenthal.
      Vermählte.    
      
      Beerfelden / Frankfurt am Main.  30. November 1922 / 10. Kislew
      5683."    | 
   
      
Anzeige von Moritz Haas (1925)   
 
  
     Anzeige
      in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Oktober 1925:
      "Suche Lehrstelle für meinen 16-jährigen Sohn in Mehl- und
      Futterartikel-Geschäft. Schabbat und Feiertage geschlossen.
      Gefällige Offerten an Moritz Haas, Beerfelden im
      Odenwald."    | 
   
       
      
  
    
Zur Geschichte der Synagoge        
      
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert wurde der Gottesdienst in
einem Betraum im Hause des Juden Moses gehalten. Als die Zahl der jüdischen
Familien zunahm, war der Raum zu klein. Im Oktober 1797 suchten die
damaligen acht Schutzjuden um die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge nach.
"Nicht aus Frevel und Übermut, sondern aus Notwendigkeit" heraus war
nach ihrer Ansicht der Raum nötig. Ein geeignetes Grundstück konnte gekauft
werden. Durch Spenden und Gebühren aus besonderen Anlässen sollte das Geld zum
Bau zusammenkommen. Dennoch wurde das Baugesuch abgelehnt. Zehn Jahre später (1808/09)
stellte die Judenschaft einen erneuten Bauantrag. Auch jetzt wurde noch keine
Genehmigung erteilt, angeblich würde der Synagogengottesdienst möglicherweise die
christliche Andacht stören.  1835 wurde erneut der Bau einer neuen Synagoge
geplant. Erst  1850 konnte der Neubau verwirklicht werden. Bei der Synagoge
handelte es sich um ein zweistöckiges Fachwerkhaus.  
         
1936 plante die Gemeinde die Renovierung der Synagoge.
Die Bauarbeiten begannen, konnten jedoch auf Grund der Zeitumstände nicht mehr
abgeschlossen werden. Beim Novemberpogrom 1938 soll die Synagoge von
SA-Leuten nach einer allerdings falschen "Erfolgsmeldung" der SA-Standarte 186 durch eine Sprengung des Gebäudes zerstört 
worden sein. Tatsächlich wurde sie nicht durch die SA-Standarte 186 zerstört, 
sondern wenig später fachgerecht abgebaut (Fachwerkbau). Die gewonnenen 
Baumaterialien eignete sich ein örtlicher Bauunternehmer an.    
          
An der evangelischen Kirche von Beerfelden
befindet sich eine Gedenktafel mit der Inschrift: "Die Bürgerinnen
und Bürger der Stadt Beerfelden erinnern an alle ehemaligen jüdischen
Mitbürger. Sie lebten durch lange Zeit mit uns in Frieden. Durch die tragischen
Ereignisse der nationalsozialistischen Verfolgung, die viele Opfer forderten,
mussten sie dieses Miteinander aufgeben. Heilig ist uns die Erinnerung an die
Opfer ohne Zahl". Im Juni 2009 wurde am Gebäude
Odenwaldstraße 2 (Grundstück der ehemaligen Synagoge) eine Gedenktafel
angebracht (siehe Foto und Presseartikel unten).    
       
       
Adresse/Standort der Synagoge: Odenwaldstraße 2.   
       
       
Fotos  
(Fotos: links oben: Michael Ohmsen, Aufnahme vom Mai 2011; Mitte
und rechts oben: Hahn; Aufnahmedatum 17.8.2008)  
 
  
    | Die "Judengasse" | 
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    | Blick in die
      "Judengasse" - nach unten  | 
    Straßenschild  | 
    Blick in die "Judengasse
      - nach oben  | 
   
  
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       Die zerstörte
      Synagoge  
      im November 1938  
      (Quelle: www.before-the-holocaust.net  
      bzw. Stadtarchiv Beerfelden sowie 
      Yad Vashem Jerusalem, Photo Archive)  | 
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    Für den Abbau des 
	Synagogengebäudes 
       interessieren sich Schulkinder  | 
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    Grundstück der ehemaligen
      Synagoge Odenwaldstraße 2 
      (Fotos: Michael Ohmsen, Mai 2011;  
 vgl. Fotoseite von M. Ohmsen  
      mit  Fotos zu
      Beerfelden)  | 
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    Das auf dem
      Synagogengrundstück stehende Wohn- und Geschäftshaus | 
   
  
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    Die am Gebäude
      Odenwaldstraße 2 im Jahr 2009 angebrachte Gedenktafel.  
      Es handelt sich um eine wenig auffallende kleine Tafel (vgl. Fotos oben) | 
   
  
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte      
  
    | September 2003: 
      Vorstellung des Buches von Uri Kaufmann zur Geschichte der Beerfelder
      Juden   | 
   
  
    Artikel zur Buchvorstellung aus
      www.eberbach-channel.de  (Artikel):
      "Buchvorstellung - Die Beerfeldener Juden - und Vortrag über jüdisches Brauchtum 
      (tw) (hu) Nach dem Antrag der Fraktion der Bündnis 90 / Die Grünen hatten die Beerfeldener Stadtverordneten vor zwei Jahren beschlossen, die Geschichte der Juden in Beerfelden in einem Buch darzustellen. Der Auftrag hierzu ging an den Historiker Dr. Uri Kaufmann, der hierfür Nachforschungen in Archiven im In- und Ausland betrieb. So ist es ihm gelungen, Kontakt zu Nachkommen von Emigranten in den USA herzustellen, die Erinnerungen an ihre Eltern und viele Fotos beisteuerten. Auch durch Gespräche mit Beerfeldener Zeitzeugen erhielt er viele Informationen, die in seine Arbeit mit einflossen. Diese Ausarbeitung wurde nun mit dem Hetzbacher Druckberater Walter Müller und der Druckerei Krauth, Eberbach, als Buch aufgelegt...."  
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    | Juli 2009:
       Anbringung einer Gedenktafel
      für die frühere Synagoge   | 
   
  
     Foto
      links: Schülerinnen der Oberzent-Schule während der Gedenkstunde vor dem
      Gebäude Odenwaldstraße 2    
      Artikel zur Anbringung der Gedenktafel aus der Website schulserver.hessen.de
      (Artikel
      mit Video):  
      "Gedenktafel zur Erinnerung an die Zerstörung der Beerfeldener Synagoge angebracht.  
      In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Beerfeldener Synagoge von Nationalsozialisten ausgeplündert und durch Abbruch zerstört. Diese Aktion war Teil eines im ganzen Deutschen Reich groß angelegten Pogroms der Nazis gegen die Juden. In dieser Nacht wurden die Mehrzahl der Synagogen in Deutschland angezündet oder zerstört, Juden ermordet, jüdische Friedhöfe geschändet und Geschäfte, die Juden gehörten geplündert.  
      Zur Erinnerung an die Zerstörung der Beerfeldener Synagoge wurde am Mittwoch, dem 01. Juli 2009 am ehemaligen Standort in der Odenwaldstraße (heute Odenwaldstraße 2) eine Gedenktafel enthüllt und ihrer Bestimmung übergeben. 
      Bürgermeister Gottfried Görig dankte in seiner Ansprache Familie Rexroth, die ihr Einverständnis zur Anbringung der Gedenktafel an ihrem Gebäude gegeben hatte. Die neuerliche Anregung zur Anbringung einer Gedenktafel gaben Schülerinnen und Schüler der Oberzent-Schule Beerfelden, die sich im Rahmen einer Projektwoche unter Leitung ihres Lehrers Bernd Siefert dem Thema
      'Die Beerfeldener Juden' angenommen hatten und zur Enthüllung der Gedenktafel auch zahlreich erschienen waren. 
      Wann genau die Beerfeldener Synagoge errichtet wurde lässt sich heute leider nicht mehr genau ermitteln, vermutlich aber zwischen 1810 und 1817, da das Beerfeldener Flurbuch aus dem Jahr 1817 an dieser Stelle bereits die Gemarkungsbezeichnung
      'An der Judenschule' führt. 
      Von der Synagoge in Beerfelden ist leider kein Bild von vor ihrer Zerstörung bekannt. Dr. Uri Kaufmann schreibt in seinem Buch über die Beerfeldener Juden, dass es sich laut Zeitzeugen um ein einfaches Gebäude gehandelt haben soll, das mit einer großen mittigen Türe versehen war. 
      Weiterhin schreibt er laut Zeitzeugen: 'Oberhalb der Tür war ein rotfarbenes Feld zu sehen und eine Art Hausschild hing in die Gasse, eventuell sei ein Davidstern daran befestigt gewesen. Zur Gasse hin hätte es keine obere Fensterreihe gegeben, im Gebäude muss es deshalb recht dunkel gewesen sei. Das Innere war bemalt, eventuell nach Art der zeitgenössischen Schablonenmalerei. Bemalte Holzbalken sollen sich nach 1945 ebenfalls erhalten haben. 
      Nach dem 10. November 1938 konnten alle Stadteinwohner einen in einen Terrazzo-Boden eingelassenen Stern erkennen. Kinder spielten auf ihm während des Krieges. Die Fassadenlänge betrug dreizehn Meter (Anmerkung: richtig 10,28 m) zur Gasse hin und das Grundstück umfasste 174 Quadratmeter. Es war umgeben von Scheunen, in denen teilweise Vieh gehalten
      wurde.' 
      Die in unmittelbarer Nähe stehenden Scheunen waren offenbar auch der Grund weshalb die Synagoge damals nicht in Brand gesetzt sondern abgerissen wurde. Nach nunmehr 71 Jahren sind selbst die Grundmauern der ehemaligen Synagoge nicht mehr zu erkennen. Entgegen mancher Aussage, bei der Sandsteinmauer am Fußweg vom Parkplatz Odenwaldstraße zum Sparkassengebäude handele es sich um eine Grundmauer der Synagoge, trifft dies nicht zu, da die Synagoge im rückwärtigen Bereich nicht bis an die Grundstücksgrenze heranreichte. 
      Gerade weil von der Synagoge heute nichts mehr zu erkennen ist, soll mit der Anbringung der Gedenktafel an diese sowie an die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnert werden. Die Gedenktafel soll aber auch an die Schrecken des Nationalsozialismus erinnern, damit sich solche Ereignisse nicht
      wiederholen."      | 
   
  
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    | April 2012:
      Verlegung von "Stolpersteinen" in
      Beerfelden    | 
   
  
    Artikel in Echo-online vom 4. Januar 2012:
      "Schicksale lassen bald auch Beerfelder stolpern. NS-Zeit. -
      Die Initiatoren der Aktion um Lehrer Bernd Siefert suchen nach weiteren
      Unterstützern..."  
      Link
      zum Artikel     | 
   
  
    | Artikel
      zur Verlegung der "Stolpersteine" in wittich.de: In einer
      Initiative, die von Lehrer Bernd Siefert von der Oberzentschule ausging,
      sind 18 Stolpersteine für Beerfelden entstanden, die am 10. April 2012
      verlegt wurden.     | 
   
  
    |   | 
   
  
    | Februar 2018:
      Die "Stolpersteine" werden durch
      Schüler der Oberzentschule geputzt    | 
   
  
    Artikel von Thomas Wilken in Echo-online.de
      vom 8. Februar 2018: "Oberzent. Schrubben gegen das Vergessen.  
      OBERZENT-SCHULE Sechstklässer reinigen Stolpersteine zur Erinnerung an verschleppte und ermordete Juden 
      BEERFELDEN - 'Stolpersteine reinigen – wider das Vergessen' hatte die Oberzent-Schule ihre Aktion genannt, mit der der jüdischen Bevölkerung der Stadt am Berge gedacht werden sollte. Gleichzeitig ging es um die Erinnerung an die Verlegung der Stolpersteine im Jahr 2012 durch Gunter Demnig – 70 Jahre nach der Deportation der letzten Beerfelder Juden im Jahr 1942. Die Botschaft dahinter:
      'Das darf nie wieder passieren und auch nicht in Vergessenheit geraten.' 
      In den ersten beiden Schulstunden bereiteten sich die Sechstklässler mit verschiedenen Informationen auf das Thema vor. Da ging es um einen persönlichen Bezug durch Erinnerungen, das Interesse an der Thematik oder auch die heutige
       Ausgrenzung von bestimmten Menschengruppen.  Anhand von Bildern bekamen die Schüler einen Eindruck von dem, was in den vergangenen Jahren unternommen wurde.
      Mit einem Stadtplan aus dem Jahr 1905 ließ sich nachvollziehen, in welchen Häusern damals Juden wohnten. Auch wurde ein Bild der zerstörten Synagoge gezeigt, wo 2008 eine Gedenktafel angebracht worden war. Erwähnt wurde außerdem die Stolpersteinverlegung für Herbert Creutzburg im Juni 2016. Der war in den letzten Kriegstagen als
      'Fahnenflüchtiger' von Nazi-Schergen auf dem Marktplatz gehängt worden. 
      Thematisiert wurde in den beiden Schulstunden daneben das Buch von Dirk
      Strohmenger, 'Nationalsozialismus im Erbacher Landkreis'. ... 
      Beim Gedenkgang der Klasse 6 c hatten die 21 Schüler rote Rosen dabei. Diese wurden nach dem Sauberwischen der 19 im Stadtgebiet verlegten Stolpersteine an diesen abgelegt. Außerdem zündeten die Jugendlichen an der ehemaligen Synagoge ein ewiges Licht an und stellten es auf –
      'wider das Vergessen'. Für viele Betroffene ist Holocaust noch präsent, Ellen
      Ihrig, die elf Jahre in Israel lebte, informierte die Schüler über den Umgang der Juden mit dem Gedenken an den
      Holocaust..."   
      Link
      zum Artikel       | 
   
  
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    Juni 2024:
	Besuch von Nachkommen der Familie Rosenthal in 
	Beerfelden   
	Anmerkung: die 
	Familie Rosenthal war früher an der Ecke von Roll- und Brunnengasse zuhause 
	(heute Haus Optik Gross, Brunnengasse 14).    | 
   
  
    | Dazu Bericht von Thomas Wilken, erschienen 
	im "Odenwälder Echo" am 5. Juni 2024: "Rosenthals 
	zu Besuch in Beerfelden" (eingestellt als pdf-Datei) bzw. in der Website 
	des Heimat- und Geschichtsvereins Oberzent e.V. 
	
	https://geschichte-oberzent.de/blogs/aktuelles/rosenthals-zu-besuch-in-beerfelden  
	 | 
   
 
     
     
Links und Literatur
 
Links:   
Literatur:   
	  | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
    Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 58-59. |  
	  | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
    Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
    Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 243-244. |  
	  | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
    Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
    III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
    (hebräisch) S. 113-115.  |  
	  | Uri Kaufmann: Die Beerfeldener Juden 1691-1942.
    Hrsg. von der Stadt Beerfelden. 2003. 134 S. ISBN 3-00-011532-3.   |  
	  | Brigitte Diersch: In Erbach wohnt kein 
	Viehhändler, ein Viehmarkt findet nicht statt. Aus dem Leben des Beerfelders 
	Sally Salomon. In: "gelurt". Odenwälder Jahrbuch für Kultur und Geschichte 
	2023. Hg. vom Kreisarchiv des Odenwaldkreises. Erbach 2022. S.126-141. 
	
	Eingestellt als pdf-Datei.     |  
	  | dies.: Judenaktion vom 10.11.38 im 
	Odenwald - Aus dem Kreis Erbach ins KZ Buchenwald und zurück. In: "gelurt". 
	Beiträge zur Odenwälder Kultur und Geschichte. Band 2. Erbach 2024. 
	S.170-191.  
	
	Eingestellt als pdf-Datei.  |  
 
   
        
  
   
 
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".  
 First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
 
Beerfelden
Hesse. Numbering 187 (6,7 % of the total) in 1861, this Orthodox community
acknowledged R. Seckel Wormser, the "Ba'al Shem of Michelstadt" (d.
1847), as its forst religious authority. The synagogue's completion took many
years (1797-1850) owing to local Protestant hostility. From 1924 Nazism gained
support and Jews received scant justice from the courts. On Kristallnacht
(9-10 November 1938) the synagogue was burned down and Jews were sent to the
Dachau concentration camp. Of the 105 living there in 1933, only 23 remained at
the end of 1938. Most were deported in 1942.  
      
       
 
          
          
  
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   
                |