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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Angeltürn (Stadt Boxberg, Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Angeltürn bestand eine jüdische Gemeinde bis zu ihrer
Auflösung am 11. Dezember 1913. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück, als die Ortsherrschaft der Freiherren von Fick einige
jüdische Familien aufnahmen. Erstmals werden 1722 Juden am Ort genannt. 1801
gab es acht jüdische Familien am Ort, zusammen 30 Personen. Es handelte sich um
die Familien von Salomon Löw (Viehhändler), Jakob Simson
(Galanteriewarenhändler), Kassel Koppel (Schächter), Moyses Jakob
(Alteisenhändler), Jud Nathan ("Taschenspieler"), Wolf Hirsch, Rouls
Koppell und Samuels (alle drei Makler). Außer der Familie von Salomon Löw
werden damals alle jüdischen Familien am Ort als "bettelarm"
bezeichnet.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1826 48 jüdische Einwohner (19,1 % von insgesamt 251 Einwohnern), 1833 56, 1841 höchste
Zahl 69 Personen, 1864 64, 1871 57, 1875 46, 1880 19 (in 7 Familien), 1890 13,
1897 9 (von insgesamt 216 Einwohnern), 1900 11 (in 4 Haushaltungen), 1900 10, 1910 10.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Schule
(Religionsschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Bödigheim und in Unterbalbach
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19.
Jahrhundert zeitweise ein eigener jüdischer Lehrer angestellt, der auch als
Vorbeter und Schochet (genannt 1894 bei Lehrer Mayer) tätig war (siehe unten Ausschreibung der Stelle von 1853).
Als Lehrer werden genannt: um 1871 A. Heinemann, um 1887/1901 Lehrer M. Mayer.
Lehrer Mayer unterrichtete nach einer Angabe von 1887 auch in
Rosenberg.
Die Gemeinde
wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk Merchingen zugewiesen.
Als Gemeindevorsteher werden genannt: um 1892/1898 J. Sondheimer und S.
Bödigheimer, dazu 1894/1895 M. Krauskopf.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Meyer aus
Angeltürn. Sein Name steht auf dem Denkmal für die Gefallenen des Ersten
Weltkrieges im jüdischen Friedhof Bödigheim.
1933 lebten noch drei jüdische Personen in Angeltürn. Von ihnen ist eine Frau
noch in Angeltürn verstorben. Die Brüder Jakob und Wolf Freudenberger, die in
der Steinstraße 19 ihre Viehhandlung hatten, verzogen am 20. September 1938 in das jüdische Altersheim nach
Gailingen. Jakob Freudenberger starb am 17.
April 1940 im Friedrichsheim in Gailingen. Wolf Hirsch Freudenberger wurde im
Alter von 79 Jahren am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 9.
Dezember 1940 umgekommen ist.
[Auskünfte zur Geschichte der Brüder Freudenberger von Joachim Klose,
Verein für jüdische Geschichte Gailingen]
Von den in Angeltürn geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Moses Böttigheimer
(1873), Wolf Böttigheimer (1869), Wolf Hirsch Freudenberger (1861), Isak
(Eisig) Mayer (1868), Jakob Hermann Mayer (1870), Janette Sommer geb. Sondheimer
(1866).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und
Vorsängers (1853)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 9. April 1853 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Angeltürn,
Synagogenbezirks Merchingen,, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Merchingen sich
zu melden.
Bei dem Abhange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Ergebnisse von zwei Kollekten in
der Gemeinde (1871/1893)
Anmerkung: in den jüdischen Gemeinden wurden regelmäßig zu unterschiedlichen
Anlässen Kollekten durchgeführt, über deren Ergebnis dann in jüdischen Periodika
berichtet wurde.
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1871: "Durch A. Heinemann,
Lehrer in Angeltürn: Jakob Freudenberger, Vorsteher 1 fl. 45 kr.,
Jakob Bär Mayer 1 fl. 45 kr., Isak Spiegel 1 fl. 45 kr., Hirsch
Freudenberger 48 kr., Bernhardt Wolf 36 kr., Wolf May 24 kr., Jakob
Sondheimer 18 kr., Marx Mayer 12 kr., Moses Mayer 12 kr., Bab. Freudenberger
12 kr., Jos. Frank 6 kr., Lehrer Heinemann 1 fl., zusammen 9 fl. 3 kr." |
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Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1893: "Angelthürn.
Durch Lehrer Mayer Chalogeld von den Frauen: Z. Bödigkeimer 4.60, S. Mayer
2, H. Wolf 1, Machzis Haschekel von der Gemeinde 1.60, Ungenannt 3, zus.
12.20 M." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über die Konversion der zwanzigjährigen Esther von
Angelthürn im Jahr 1758 (Artikel von 1903)
Anmerkung: es wird in dem Artikel noch
über zwei andere Proselyten aus Weikersheim berichtet.
Artikel
in den "Blättern für jüdische Geschichte und Literatur" 12/1903 S. 183-184:
"In demselben Jahre 1758 sah Weikersheim
noch ein kirchliches Ereignis. Die 20-jährige Esther von Angelthürn, die als
Dienstmagd in einer israelitischen Familie hier diente, hatte die beiden
Proselyten Felix und Christlieb kennengelernt und damit das Kleeblatt
vollkommen werde, trat auch sie zum Christentum über. Am 25. Februar 1759
wurde sie auf den Namen Sophia Karolina Christina getauft. Kantor Pflüger
unterrichtete sie, da der Hofgeistliche Philipp Ernst Kern als
Generalsuperintendent nach
Hildburghausen berufen wurde und daher Weikersheim verlassen musste. Die
Proselytin wurde von dem Fürsten sogleich in die Hausverwaltung im Schloss
aufgenommen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Spätestens seit Anfang des 19.
Jahrhundert bestand eine Synagoge, die sich Ende der 1850er-Jahre in baufälligem
Zustand befand. 1860 erbaute die Gemeinde daher eine neue Synagoge (Standort
Steinstrasse 1). Sie wurde auf Grund der nicht mehr vorhandenen Zehnzahl der Männer
am Ort schon vor 1900 nicht mehr benutzt. Das Synagogenanwesen wurde 1913
versteigert. Das Synagogengebäude wurde danach als Scheune und Stall verwendet.
1980 wurde es abgebrochen (bis zuletzt waren im Inneren die Rundbogenfenster
erkennbar).
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an
den Webmaster, E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
(Quellen: Fotos vom Abriss Familie Trabold, Angeltuern; Foto 1985: Hahn)
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
 | Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 36. |
 | Leopold Löwenstein: Geschichte der Juden in der Kurpfalz. Beiträge
zur Geschichte der Juden in Deutschland. Band 1. 1895. S. 269. |
 | Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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