Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Mutterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Zur jüdischen Geschichte in Mutterstadt siehe die umfassenden Seiten bei  
www.judeninmutterstadt.org 

Bei "Alemannia Judaica" finden Sie nur wenig Ergänzendes zu dieser Seite: 

bulletKurze Angaben zur Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bullet Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde aus jüdischen Periodika des 19. / 20. Jahrhunderts 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe   
Jüdische Familiengeschichte - zur Familie Eppstein / Eppler 
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte      
bulletLinks und Literatur   

   
bulletEine Seite zum jüdischen Friedhof in Mutterstadt   

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In Mutterstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1719/22 Juden am Ort genannt (Familie des Nathan zu Mutterstadt; 1743 als Nathan Dehlheim genannt, der Stammvater der bis nach 1933 ansässigen Familie Dellheim).  
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1801 21 jüdische Einwohner (1,3 % der Gesamteinwohnerschaft), 1825 25 (1,4 %), 1825 82 (3,2 %), 1835 101, 1848 122 (in 29 Familien), 1860 171, 1875 150, 1900 124.   
  
1808/09 werden an jüdischen Familienvorständen genannt (mit bereits angenommenem Familiennamen und Gewerbe): Nathan Dellheim, Simon Dellheim (Gebrauchtwarenhändler), Marx Landmann (Gebrauchtwarenhändler), Jacques Löb (Gebrauchtwarenhändler), Lazarus Löb (Gebrauchtwarenhändler), Abraham Mayer (Gebrauchtwarenhändler), Abraham Weil, Jacques Weil, Simon Weil (Gebrauchtwarenhändler), Daniel Wolff.    
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Israelitische Volksschule bis 1920, danach Religionsschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern sind insbesondere zu nennen: Jakob Ehrlich (1865 bis 1883 am Ort, siehe Bericht zu seinem Tod unten) und Michael Rosenstiel (seit 1890 Elementarlehrer an der Israelitischen Volksschule, ab 1920 noch als Religionslehrer tätig, konnte 1930 sein 40-jähriges Dienstjubiläum in der Gemeinde feiern, siehe Bericht unten). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.     
    
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Julius Israel (geb. 6.4.1897 in Strümpfelbrunn, gef. 4.8.1918), Julius Löb (geb. 8.2.1895, gef. 3.9.1916), Max Marx (geb. 20.5.1894 in Mutterstadt, gef. 15.9.1916). Die Namen von Julius Löb und Max Marx stehen auf den Tafeln der Gedenkstätte für die Gefallenen der Weltkriege vor dem allgemeinen Friedhof der Stadt (Fotos auf der Seite zum jüdischen Friedhof in Mutterstadt).    
  
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 120 Personen gehörten, waren die Gemeindevorsteher Theodor Marx, Ludwig Leopold Loeb und Max Loeb. Als Lehrer, Kantor und Schochet war der bereits genannte Michael Rosenstiel tätig. An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Unterstützungsverein (1924 unter Leitung von Ludwig Loeb IV mit 15 Mitgliedern). 1932 waren die Gemeindevorsteher Ludwig Leopold Loeb (1. Vors.), Bernhard Loeb (2. Vors.) und Fritz Dellheim (3. Vors.). Weiterhin war Michael Rosenstiel in der Gemeinde (bis zu seiner Zurruhesetzung 1937/38? siehe Bericht unten). Er erteilte im Schuljahr 1931/32 noch zehn Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht. 
  
1933 wurden noch 91 jüdische Einwohner in Mutterstadt gezählt. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung sind mehrere von ihnen in den folgenden Jahren vom Ort verzogen oder ausgewandert (18 in die USA). 1937 wurden noch 80 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört. Wenig später mussten die jüdischen Familien immer mehr in sog. "Judenhäusern" zusammenziehen. Die letzten 52 jüdischen Einwohner wurden im Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich deportiert. 
   
Von den in Mutterstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula Berg geb. Dellheim (1891), Amalie Dellheim geb. Marum (1891), Arthur Dellheim (1890), Arthur Aron Dellheim (1862), Chana Klara Dellheim geb. Silberberg (1898), Edmund Dellheim (187), Emil Dellheim (1892), Isabella Dellheim (1887), Julius (Jules) Dellheim (1885), Karoline (Karola) Dellheim geb. Löb (1897), Mathilde Tilly Dellheim (1921), Bertha Eppler geb. Neu (1872), Isidor Eppler (1868), Fritz Kahn (1882), Johanna Kahn (1860), Else (Elsa) Katz geb. Dellheim (1887)), Pauline (Paula) Levi geb. Dellheim (1891), Adolf (Adolph) Löb (1872), Arthur Löb (1893), Bernhardt Löb (1870), Blondina (Blandina) Löb (1878), Charlotte Löb (1869), Else (Elsa) Loeb geb. Oehlbert (1886), Ferdinand Löb (1866), Flora Löb (1878), Franziska Löb geb. Cahn (1878), Friedrich (Fritz) Löb (1881), Helene Löb geb. Löb (1880), Ida Löb geb. Koppel (1868), Jakob Loeb (1900), Julius ERich Löb (1908), Karoline Lina Löb (1879), Lisa R. Löb geb. Oehlbert (1891), Martha Löb geb. Marx (1891), Otto Abraham Löb (1901), Richard Löb (1874), Rosalie Löb geb. Koppel (1867), Selma Löb geb. Schwarz (1893), Thekla Löb geb. Weiler (1882), Isidor Maas (1876), Klara Klothilde Maas geb. Marx (1877), Liselotte Esther Maas (1914), Ruth Johanna Maas (1916), Emma Ester (Emmy) Marum geb. Frank (1857), Emma Marx (1879), Mathilde Michel (1904), August Hermann Hugo Neu (1888), Edith Oehlbert (1922), Irma Meta Oehlbert (1915), Marianne Oehlbert (1922), Meta Oehlbert (1896), Thea Thekla Oehlbert (1920), Toni Pfeifer geb. Dellheim (1896), Heinrich Schwarz (1883), Wally Simon (1882), Arnold Abraham Sundelowitz (1924), Irmgard Jenny Sundelowitz (1891), Johanna Sundelowitz geb. Dellheim (1891), Siegbert Elias Hirsch Sundelowitz (1924), David Weiler (1879), Ernestine (Erna) Weiler geb. Löb (1878), Flora Weiler geb. Löb (1876), Elisabeth Weissmann geb. Löb (1861).             
       
       
       
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  

Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Zum Tod von Lehrer Jakob Ehrlich (1865 bis 1883 Lehrer in Mutterstadt)    

Mutterstadt Israelit 03041884.jpg (91737 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1884: "Mutterstadt. Unsere jüdische Gemeinde wurde durch das Hinscheiden eines wahren Isch zaddik (= frommer, gerechter Mann), von einem schmerzlichen Verluste betroffen, Am 28. Adar (= Dienstag, 25. März 1884) wurde nämlich nach langem Leiden der seit einem halben Jahre pensionierte Lehrer Jakob Ehrlich zu Grabe getragen. An dem Leichenbegängnisse beteiligten sich nicht bloß viele Glaubensgenossen von hier und aus der Umgegend, sondern auch viele Christen, namentlich viele Kollegen aus den Kantonen Speyer und Ludwigshafen - ein Zeichen, dass sich der Verblichene des besten Rufes erfreute. Herr Lehrer Singer von Frankenthal hob in einer sehr treffenden Rede die Verdienste des Verstorbenen hervor. 
Herr Ehrlich wirkte 18 Jahre in hiesiger Gemeinde, in der er seinen Pflichten als Volkserzieher und Kantor aufs Getreulichste nachkam. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

  
Lehrer Michael Rosenstiel wird zum Hauptlehrer ernannt (1917)  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. Februar 1917: "München. Folgende Ernennungen sind zu berichten: der bekannte Mathematiker ordentlicher Professor Dr. Max Nöther - Erlangen zum Geheimen Hofrat, Dr. Paul Arndt, Kunstmaler, Max Obermeyer - München zu Professoren, Lehrer Jakob Possenheimer - Böchingen, Michael Rosenstiel - Mutterstadt, Benzion Ellinger - Fürth, Moses Rüll - Nürnberg, Martin Estenfeld - Mürsbach und Samuel Massenbacher - Niederwerrn zu Hauptlehrern."   

     
Schließung der Israelitischen Schule (1920)  

Mutterstadt Israelit 29041920.jpg (32045 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April 1920: "Mutterstadt, 12. April (1920). Die hiesige israelitische Schule, die in den letzten Jahren nur wenige Kinder hatte, soll ab 1. Mai nächsthin aufgelöst und der derzeitige Inhaber der Schulstelle, Herr Lehrer Michael Rosenstiel, der über die Kriegsjahre an der hiesigen protestantischen Schule eine Schulklasse führte, pensioniert werden."  

    
Oberlehrer Michael Rosenstiel feiert mit der Gemeinde sein 40jähriges Ortsjubiläum (1930)  

Mutterstadt BayrGZ 15051930.jpg (88959 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1930: "Mutterstadt (Rheinplatz). Der Oberlehrer a.D. Herr M. Rosenstiel, zur Zeit Vorbeter und Religionslehrer der israelitischen Kultusgemeinde Mutterstadt, konnte am 1. Mai dieses Jahres auf eine vierzigjährige Tätigkeit innerhalb unserer Kultusgemeinde zurückblicken. Aus diesem Anlass fand am Samstag, dem 3. Mai, in der hiesigen Synagoge nach dem allgemeinen Gottesdienste eine kleine Feier statt. Der Bezirksrabbiner, Herr Dr. Steckelmacher, hielt eine dem Jubilar gewidmete Predigt und feierte ihn als Lehrer und Erzieher. Der Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde, Herr Ludwig Leopold Loeb, begrüßte die Erschienenen, insbesondere den Herrn Rabbiner, sowie den Bürgermeister der politischen Gemeinde Mutterstadt und dankte dem Jubilar für seine vierzigjährige aufopfernde Tätigkeit innerhalb der Kultusgemeinde und überreichte demselben mit entsprechenden Worten eine goldene Uhr mit Widmung. Der Bürgermeister der Gemeinde, Herr Weber, überbrachte mit kernigen Worten die Glückwünsche der Gemeinde und überreichte eine goldene Kette. Nachdem zwei Schülerinnen noch zwei der Feier entsprechende Gedicht gesprochen hatten, dankte der Jubilar mit bewegten Worten."   

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben     
Der Antisemitismus macht sich auch in Mutterstadt bemerkbar (1888)   

Mutterstadt AZJ 27121888.jpg (82891 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Dezember 1888: "Aus der Pfalz, 14. Dezember (1888) (Frankfurter Zeitung). Obschon die Saat Stöckers in der Pfalz im Allgemeinen wenig fruchtbaren Boden findet, kommt doch ein Stückchen Judenhetze zuweilen vereinzelt vor. Die Israeliten Mutterstadts, eines Dorfes mit 4.000 Seelen, beabsichtigten in der Nähe des christlichen Friedhofes eine Totenstätte anzulegen. Die Gemeindeverwaltung wie auch die Regierung hatten dagegen nichts einzuwenden; die erstere stellte sogar ein Gemeindegrundstück ihren israelitischen Mitbürgern zu diesem Zwecke zur Verfügung. Das hat nun bei einigen Antisemiten böses Blut gemacht und große Bewegung hervorgerufen. In einer Massenpetition, der sich leider viele Ortsbewohner anschlossen, wir die Gemeindevertretung beschworen, ihren desfallsigen Beschluss zurückzunehmen und die Anlage eines israelitischen Friedhofes in der Nähe des christlichen nicht zu gestatten. - So geschehen in der 'toleranten' Pfalz."  

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde    
85. Geburtstag von Jette Dellheim geb. Bodenheimer (1937)     

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. September 1937: "Aus Mutterstadt: Am 10. August beging Frau Jette Dellheim geb. Bodenheimer ihren 85. Geburtstag. Wir wünschen der Jubilarin noch viele Jahre des Lebens in Gesundheit und Frische. (Alles Gute) bis 120 Jahre)."        

   
Mehrere Gemeindeglieder sind ausgewandert - die Vorbeterstelle wurde ehrenamtlich von Ferdinand Löb I. übernommen (1938)    

Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Februar 1938: "Mutterstadt. In unserer Gemeinde hat nun auch in den letzten Wochen die Auswanderung begonnen. Der Anfang wurde durch Herrn Ludwig Dellheim gemacht, der mit einer befreundeten Familie nach Argentinien als Siedler ist. 
Herr Emil Löb ging ebenfalls dahin und hat in Buenos Aires eine befriedigende Stellung in einem Eisengeschäft gefunden. 
Der Bäckermeister Hermann Maas und Frau sind dieser Tage erst nach New York ausgewandert. Fräulein Gerda Neumann ist ebenfalls mit dieser Familie dorthin. 
Seit der Pensionierung unseres hochverehrten Herrn Lehrer Rosenstiel, wurde die Vorbeterstelle ehrenamtlich von Herrn Ferdinand Löb I. übernommen, wodurch die Durchführung eines schönen Gottesdienstes auch künftighin ermöglicht wird."         

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
  
Anzeige der Lotterieannahmestellen Ferdinand Dellheim (1904)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1904: "Große Freiburger Geldlotterie 
- Ziehung - schon vom 23.-26. März (1904) -  
nur bare Geldgewinne ohne Abzug. Hauptgewinn 100.000 Mark. 
Lose à Mark 3.30 (Porto und Liste 30 Pfennige her) 
versendet gegen Einsendung des Betrages und gegen Nachnahme  
Ferdinand Dellheim, Mutterstadt (Pfalz)  . 
Aufträge werden streng nach Wunsch ausgeführt. 
Es empfiehlt sich sofort zu bestellen, das diese Lose rasch vergriffen sein werden. 

    
    
Jüdische Familiengeschichte  
Über die Familie Eppstein / Eppler - Beitrag von Rolf Michael Mayer (2009, E-Mail

Vom Taunus über Frankfurt und Mannheim nach Fußgönheim, Ruchheim und Mutterstadt. 
HaLevi – Eppstein – Eppler – Mayer. Vier Namen – eine Familie

1335 erteilte Kaiser Ludwig IV. (Ludwig der Bayer) Gottfried von Eppstein die Erlaubnis, im Tal und an seiner Burg Eppinstein im Taunus 10 jüdische Familien anzusiedeln. 1392 zog eine dieser Familien von dort nach Frankfurt am Main. Ihr ursprünglicher Name war HaLevi gewesen, was sie als Angehörige des Stammes der Leviten auswies. 
Wie bei vielen Juden wurde dieser Herkunftsort zum späteren Nachnamen - hier Koppelmann (von) Eppstein. Nathan HaLevi Eppstein war von 1450 - 1470 Oberrabbiner in Frankfurt. Während des Fettmilch-Aufstandes 1612 - 1614 wurden alle Juden aus Frankfurt vertrieben und die inzwischen weit verzweigte Familie Eppstein zerstreute sich in alle Richtungen.
1674 tauchte der Name erstmals in Mannheim auf, als ein Jesaias Eppstein als Mitbegründer der jüdischen Begräbnisbruderschaft genannt wird. Ab 1730 wird ein Jacob Eppstein mehrmals in den Mannheimer Ratsprotokollen erwähnt. 1743 saß er wegen nicht bezahlter Verbindlichkeiten zeitweise im Arrest.
Die drei Kinder seines Sohnes Mayer Löb Eppstein gingen in die Pfalz: Sara als Dienstmagd nach Mutterstadt, ebenso ihr Bruder Joseph, der in der dortigen jüdischen Gemeinde Vorsänger wurde. Er nannte sich später "Eppler" und ist der Ur-Urgroßvater von Heinz Eppler, der mit seinen Eltern vor den Nazis flüchten musste und heute in den USA lebt. 
Heinz Epplers Großvater Isidor starb 1941 im Lager Gurs in den Pyrenäen und dessen zweite Frau Bertha 1944 in Marseille. 
Joseph Eppler starb 1869 in Mutterstadt und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Fußgönheim begraben.
Der dritte, Jacob Mayer Eppstein arbeitete 1806 als Lehrer in Iggelheim und heiratete 1807 in Fußgönheim die Tochter des Händlers Moyse Hirsch. 1808 ging er nach Ruchheim, wo er eine Anstellung als Lehrer der jüdischen Gemeinde gefunden hatte. Hier wurde 1810 der Sohn Jacob geboren, der später ebenfalls Lehrer wurde und im Saarland und Hunsrück tätig war. Aus dieser Linie stammen die Eppsteins, die heute in Israel, USA und anderen Teilen der Welt leben. 
Ebenso Dr. Paul Eppstein (vgl. Wikipedia-Artikel zu ihm), der 1902 in Ludwigshafen geboren wurde und von 1928 - 1933 Leiter der Volkshochschule Mannheim war, bis die Nazis ihm die weitere Ausübung dieser Tätigkeit untersagten. Er ging daraufhin nach Berlin in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, von wo er im Januar 1943 mit seiner Frau, Dr. Hedwig Strauss, ins Lager Theresienstadt deportiert wurde. Dort angekommen, wurde er zum "Ältesten der Juden" bestimmt. In dieser Funktion hatte er die Anordnungen der Lagerleitung umzusetzen. Am 27. September 1944 wurde er von der SS verhaftet und erschossen. 
Ein weiterer Nachkomme der Ruchheimer Linie war Eugen Eppstein, der als Mitglied der KPD 1924 Reichstagsabgeordneter der Weimarer Republik war und 1943 im KZ Lublin-Majdanek ermordet wurde. Sein Name findet sich auf einer Liste mit 33 Namen bekannter deutscher Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Heinrich Mann oder Kurt Tucholsky, welche die Nationalsozialisten 1933 ausbürgern wollten.
Der offizielle Name der Familie war seit 1807 Mayer, ohne dass der Name Eppstein gänzlich abgelegt wurde und die meisten Familienteile nannten sich später wieder Eppstein.
Nach seiner Tätigkeit als jüdischer Dorfschullehrer von Ruchheim ging Jacob Mayer Eppstein nach Fußgönheim zurück, wo 1814 Jacob Salomon Mayer (der Ur-Urgroßvater des Verfassers) geboren wurde. Sein Vater Jacob Mayer Eppstein starb 1845 in Worms, wo er von einer Pferdekutsche überfahren wurde.
Jacob Salomon Mayer behielt den Namen Mayer bei. Mit seiner Ehefrau Esther Levi aus Altdorf bei Edenkoben hatte er acht Kinder. Sohn Emanuel war mit Susanna Joel verheiratet, deren Familie ebenfalls in Fußgönheim wohnte. Emanuels Tochter Bertha wurde mit ihrem Ehemann Alfred Bernstein ins Lager Gurs deportiert. Bertha starb 1944 in Limoges, ihr Mann im gleichen Jahr im Lager Nexon.
Welche Mitglieder der Familie im ehemaligen "Mayer-Haus" - es war das zweite Haus rechts neben der Kirche – wohnten, ist nicht bekannt. Die Gräber von Emanuel und Susanna Mayer findet man ebenfalls auf dem jüdischen Friedhof in Fußgönheim.
Moses Mayer, ein weiterer Sohn Jacob Salomons, zog nach Oggersheim, wo 1882 Sohn Albert (der Großvater des Verfassers) geboren wurde. Albert war 1914 nach Mannheim verzogen, wo er eine Fischhandlung betrieb. Er war mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten regelmäßig von der Gestapo bedrängt wurde, sich von ihrem jüdischen Mann scheiden zu lassen, was sie jedoch strikt ablehnte. Die Ehe mit einer "arischen" Frau hat Albert Mayer letztendlich das Leben gerettet, denn er wurde – wie die meisten Juden aus Mischehen – erst spät, im Frühjahr 1945 in das KZ Theresienstadt deportiert. Zu dieser Zeit gingen von dort keine Transporte mehr in die Vernichtungslager im Osten. In Theresienstadt traf er seine Schwester Ella wieder, die bereits 1944 deportiert worden war. 
Im Juni 1945 kehrten beide unversehrt nach Deutschland zurück, doch mindestens 18 Mitglieder der Familie Eppstein - Eppler - Mayer verloren im Holocaust ihr Leben."  
Obigen Beitrag mit Abbildungen und weiteren Informationen: 
Rolf Michael Mayer: Eppler. Eine jüdische Familie aus Mutterstadt. 2013.    

    
    
    

Zur Geschichte der Synagoge
  
      
     
Eine Synagoge in Mutterstadt war um 1760 vorhanden, wobei es sich um einen einfachen Betraum im Dachgeschoss eines jüdischen Wohnhauses handelte (in einem um 1980 abgebrochenen kleinen Haus an der Ecke Obere Kirchstraße/Rheingönheimer Straße). 
   
1838
wurde eine neue Synagoge erstellt, doch konnte dies zunächst nicht vollendet werden, da der jüdischen Gemeinde die Mittel fehlten. Erst mit Unterstützung der bürgerlichen Gemeinde wurde die Synagoge fertiggestellt. Bei der Einweihung wurden am Ort auch die Kirchenglocken geläutet; der katholische Pfarrer Dibelius hielt eine kleine Ansprache, wofür er jedoch von der Speyerer Regierung gerügt worden ist.  
   
Nach 1868 musste die Synagoge gründlich erneuert werden, nachdem in diesem Jahr die Frauenempore eingestürzt war. Im Sommer 1871 erfolgte die Wiedereinweihung der Synagoge
   
Ein nächster völliger Umbau, der einem Neubau der Synagoge gleich kam, fand 1904/05 statt. Dazu gingen von verschiedenen, auch im Ausland lebenden (ehemaligen) jüdischen Gemeindegliedern Spenden ein:        
   
Spenden zum Umbau der Synagoge (1904
)    

Mutterstadt FrfIsrFambl 11031904.jpg (62202 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. März 1904: "Mutterstadt. Dem Vorstande der israelitischen Kultusgemeinde Mutterstadt wurde durch Vermittlung der Frau Adolf Löb Witwe dahier die Summe von 4.000 Mark zum Umbau der hiesigen Synagoge übersandt und zwar von Louis Löb, Sohn des dahier verstorbenen Moses Löb, 2.000 Mark, von dessen Brüder Emil Löb, New York 1.000 Mark und Robert Löb, Sohn des dahier verstorbenen Adolf Löb, New York 1.000 Mark. Durch diese Zuwendungen wird er der israelitischen Gemeinde ermöglicht, in diesem Frühjahr noch mit dem Umbau der Synagoge zu beginnen."  

Die Einweihung fand am 5. Januar 1905 statt. Bei der Synagoge handelte es sich um einen repräsentativen Putzbau mit fünf Fensterachsen. Ein Dachreiter mit Kuppel war aufgesetzt. Die Synagoge hatte eine Orgel. Die Fenster enthielten sieben figürliche Darstellungen berühmter Gestalten aus der Geschichte Israels wie Abraham und Moses. 
  
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch ortsansässigen Parteimitglieder mit Hilfe von 100 Litern Benzin angezündet, während die SA das Gelände so lange absperrte, bis sie völlig ausgebrannt war. Einige Wochen später wurde die Brandruine abgebrochen; das Grundstück kam in den Besitz der bürgerlichen Gemeinde, die während des Zweiten Weltkrieges hier einen 310 qm großen Löschteich anlegte. Nach Klärung des Restitutionsverfahrens wurde das Grundstück 1956 für 3.850 an einen Landwirt verkauft. Das Grundstück wurde im Anwesen des hier stehenden Bauernhof integriert und teilweise neu bebaut. Eine kleine Hinweistafel ist angebracht. Über die Grabungsarbeiten 2020 siehe Presseartikel unten.  
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:   Oggersheimer Straße 24   
   

   
Fotos  
(Historische Bild aus Landesamt s. Lit. S. 279 und O. Weber s. Lit. S. 126; Neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.6.2008)  

Die Synagoge in Mutterstadt
(Quelle: historische Postkarte aus Sammlung Hahn,
Historische Fotos übernommen aus 
www.synagogen.info
Mutterstadt Synagoge 1601.jpg (480537 Byte)    
    Historische Postkarte um 1915 mit der Synagoge     
      
Mutterstadt Synagoge 173.jpg (95039 Byte) Mutterstadt Synagoge 171.jpg (67556 Byte) Mutterstadt Synagoge 170.jpg (54130 Byte)
 Winteraufnahme   Die Synagoge mit dem 
charakteristischen Türmchen
 Die Synagoge rechts 
im Hintergrund
  
     
Die brennende Synagoge
am 10. November 1938 
Mutterstadt Synagoge 172.jpg (47807 Byte)   
           
     
Das Grundstück der Synagoge
 im Juni 2008  
Mutterstadt Synagoge 155.jpg (70840 Byte) Mutterstadt Synagoge 153.jpg (58282 Byte)
   Das Grundstück der ehemaligen Synagoge; das rote Ziegelsteingebäude ist auf 
dem historischen Foto (oben) rechts der Synagoge zu sehen  
     
 Mutterstadt Synagoge 151.jpg (66037 Byte) Mutterstadt Synagoge 154.jpg (68127 Byte) Mutterstadt Synagoge 152.jpg (89787 Byte)
Hinweistafel      
           
     
Das Grundstück der Synagoge
Im März 2010
(Foto: Michael Ohmsen)  
Mutterstadt Synagoge 410.jpg (361228 Byte)
  (für Anfragen zur Verwendung des Fotos: E-Mail des Fotografen, 
Fotoseite: www.panoramio.com/user/2867083/tags/Judaica)   
Bei dem eingestellten Foto handelt es sich um ein Foto mit höherer Auflösung 
(bitte anklicken, Dateigröße 0,7 MB) 
      
     
Hinweis auf eine 
virtuelle Rekonstruktion der
ehemaligen Synagoge in Mutterstadt
Mutterstadt Synagoge rek010.jpg (82397 Byte)
  Die Firma Architectura Virtualis hat eine virtuelle Rekonstruktion der 
ehemaligen Synagoge in Mutterstadt erstellt: Link zur virtuellen Rekonstruktion  
sowie pdf-Datei der Firma Architectura Virtualis  

   
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Februar 2020: Grabungen auf dem Grundstück der früheren Synagoge        
Artikel von Eva Heyder in der "Rheinpfalz" vom 3. April 2020: " Mutterstadt. Graben auf den Spuren jüdischen Lebens in Mutterstadt
Sieben Tage lang ist auf dem Gelände an der Oggersheimer Straße in Mutterstadt sorgsam gegraben worden. Hier sollen neue Wohnungen und Geschäfte entstehen. Dies bedarf jedoch einer denkmalrechtlichen Genehmigung, denn schließlich handelt es sich um ein sogenanntes Grabungsschutzgebiet: Die Funde zeigen Spuren jüdischen Lebens.
'Die Synagoge brennt'! Dieser Ruf seines Onkels Ferdinand am frühen Morgen des 10. November 1938 war laut Augenzeugenbericht von Ernest Loeb, veröffentlicht 1988 anlässlich des 50. Jahrestags des Novemberpogroms, unauslöschlich in seinem Gedächtnis verankert. SA-Leute hatten das jüdische Gotteshaus mit 100 Litern Benzin angezündet und niedergebrannt. Im Laufe des Tages wurden jüdische Wohnungen geplündert, wenig später mussten die jüdischen Familien in sogenannten Judenhäusern zusammenziehen. Die Synagogenruine wurde abgerissen, schon Anfang 1939 erinnerte nichts mehr an sie. Im Oktober 1940 wurden die letzten 52 jüdischen Einwohner Mutterstadts zusammen mit Tausenden anderen pfälzischen und badischen Juden in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Nur wenige überlebten. Dank glücklicher Umstände wurde Ernest Loeb von der Gestapo freigelassen und konnte in die USA fliehen. 1992 starb er im Alter von 84 Jahren in New York.
An Landwirtsfamilie verkauft. Ein Teil des rund 500 Quadratmeter großen Areals, auf dem 1838 die erste, und später die 1904/05 noch einmal erweiterte zweite Synagoge mit der Jugendstilfassade stand, wurde im Krieg als Löschteich genutzt. Nach dem Krieg wurde es, der Rechtsnachfolge entsprechend, in jüdische Hände zurückgegeben. 'Ende 1955 konnte unsere Familie sowohl den Synagogenplatz, als auch das nebenliegende Anwesen Berlet erwerben', erzählt der bisherige Eigentümer Hartmut Kegel (FWG), dritter Beigeordneter der Gemeinde. Die damalige jüdische Kultusgemeinde in Neustadt habe das Gelände an seine Familie verkauft. Kurz darauf wurde ein Teil des Grundstücks an die Gemeinde Mutterstadt abgetreten, um die Oggersheimer Straße zu erweitern, erläutert Kegel. Die Grundstücke gehörten zum landwirtschaftlichen Betrieb und waren teilweise bebaut.
Zwei Wochen lang Gelände sondiert. Im Oktober 2019 wandten sich Kegel und der zukünftige Bauträger wegen des historischen Geländes an die Untere Denkmalschutzbehörde bei der Kreisverwaltung. Diese hat in Abstimmung mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), Landesarchäologie, das Gelände im Februar zum Grabungsschutzgebiet erklärt. Seit Ende Januar liefen die Abrissarbeiten. Die Speyerer Landesarchäologie hat nun rund zwei Wochen lang das Gelände sondiert. Vier Suchschnitte wurden getätigt. Den 20-Tonnen-Bagger, der dabei zum Einsatz kam, stellte der Bauträger. 'Natürlich mit einem Baggerlöffel ohne Zähne', erklärt Grabungstechniker Uli Mayer. Mit diesem sei man äußerst langsam und behutsam 'runter' gegangen in eine Tiefe bis zu einem Meter. 'Sobald es irgendwo geknirscht hat, wurde gestoppt und es ging per Hand weiter', beschreibt er die Vorgehensweise. Werkzeug der Wahl war dabei ein sogenannter Wiedehopf, eine Art Hacke. Zum Glück hatte Mayer als Vorlage ein Katasterblatt aus dem Jahre 1904, auf dem der Grundriss des Synagogenneubaus verzeichnet war. Diesen hat er vermessen und auf die Baustelle übertragen. So hatte er wichtige Anhaltspunkte, wo Mauerreste wahrscheinlich waren. Und tatsächlich wurde er mit seinem Team fündig. Trotz des zutage getretenen 'Mauer-Sammelsuriums' kann er mit Bestimmtheit die Außenmauern des Gotteshauses im gegen Osten gerichteten hinteren Bereich mit angrenzender Apsis definieren. Eine trapezförmige Fundamentkonstellation lässt Rückschlüsse auf einen ehemaligen Thoraschrein zu.
Mauerreste bleiben, wo sie sind. Was passiert nun mit den freigelegten Relikten? 'Das Beste, das einem Denkmal passieren kann, ist, wenn es im Boden bleiben kann. Dort, wo es schon die letzten 100 Jahre sicher konserviert war', erklärt Mayer. Das Ganze wurde kartografiert und dokumentiert. David Hissnauer, Gebietsreferent bei der Landesarchäologie Speyer, betont: 'Das, was hier gefunden wurde, genießt denkmalrechtlichen Schutz.' Boden zu erhalten sei ein gesetzlicher Auftrag.  Unter welchen Auflagen das Bauen ohne Beeinträchtigung der historischen Mauerzüge möglich sei, werde in einer denkmalrechtlichen Genehmigung geregelt, erläutert Hissnauer weiter. Durch die Auffindung der Fundamente der Synagoge habe sich eine neue Situation ergeben, auf die der Bauträger bei seiner Planung reagieren werde. Es werde ein Vorschlag erarbeitet, der dann von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Rhein-Pfalz-Kreises und der Landesarchäologie geprüft werde. Diese liefere dazu eine Stellungnahme und fachliche Bewertung.
Gedenktafel ist geplant. Generell sei die Zusammenarbeit mit dem Bauträger gut, das bestätigt Michael Pack von der Kreisverwaltung. Trotz oberflächlicher Bebauung soll die Erinnerung an die im Boden liegenden Spuren jüdischen Lebens in Mutterstadt nicht verloren gehen. Dafür wird laut Bürgermeister Hans-Dieter Schneider (SPD) eine Kachel mit passendem Hinweis sorgen, die an künftigen Gebäuden vor Ort angebracht wird. Unauslöschliche Erinnerungen bleiben auch der letzten lebenden Zeitzeugin, Ruth Külbs, geborene Dellheim (97). 'Als kleines Mädchen war ich das ein oder andere Mal mit meinem Großvater Isaak in der Synagoge', erzählt die Ur-Mutterstadterin am Telefon. Ihr Vater Fritz konnte sich während der Verfolgung versteckt halten. Selbst Halbjüdin, floh sie 1944 mit ihrer Familie auf dem Fahrrad nach Edenkoben, um nach Kriegsende nach Mutterstadt zurück zu kehren. Und trotz allem, was sie damals erlebt hat, sagt sie heute: 'Ich bin glücklich.'"  
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Februar 2022: 27 "Stolpersteine" wurden verlegt   
Artikel in der "Rheinpfalz" vom 9. Februar 2022: "Kein Name soll vergessen werden. Opfer des Nationalsozialismus gibt es auch in Mutterstadt und 'sie haben ein Recht auf Erinnerung', sagte Bürgermeister Hans-Dieter Schneider (SPD) bei Verlegung der Stolpersteine in seiner Gemeinde. 27 Messingplatten sollen nun erinnern. Auch Nachkommen der Opfer waren da..."
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Januar 2023: Neue Erinnerungstafeln aufgestellt 
Artikel von Michael Hemberger im "Wochenblatt-Reporter" (Mutterstadt) vom 6. Februar 2023; "Interessantes von und mit Volker Schläfer. Gedenktafel am ehemaligen Standort der Mutterstadter Synagoge. Wie überall in Nazi-Deutschland, wurde auch in der Landgemeinde Mutterstadt 1938 in der sog. Pogromnacht die Synagoge in der Oggersheimer Straße 24 zerstört.
Am 10. November, morgens um 5 Uhr, wurde das jüdische Gotteshaus von Mutterstadter SA-Leuten angezündet und brannte, nach einer gewaltigen Explosion, vollständig aus. Ein schwerer Schlag für die damals noch 63 Einwohner zählende jüdische Kultusgemeinde. Dabei gab es auch tätliche Übergriffe auf jüdische Mitbürger*innen, Verhinderung der Löscharbeiten und Zerstörung von Wohnungen/Häusern.
Die Mutterstadter Synagoge, 1904 wurden an diesem Standort Vorgängerbauten durch einen Um- und Erweiterungsbau ersetzt, war ein fünf Fensterachsen-Sakralbau mit Jugendstilfassade mit einem kuppelähnlichen Dachreiter und Ziertürmchen. Die Fenster schmückten figürliche Glasgemälde. Im Innenraum hatten 150 Besucher Platz, es gab die Bima (ein erhöhtes Pult), einen Thoraschrein und 4 Thorarollen, das Ewige Licht, eine Frauenempore und im Anbau die Mikwe, das Ritualbad. Nach dem Abriss der Ruine wurde auf einem Teilgelände ein Löschteich angelegt; 1956 verkaufte die jüd. Kultusgemeinde das Gelände an die Familie Kegel. 2020, bei Erdarbeiten für die zwischenzeitlich erstellte Wohnanlage, wurden noch Mauerreste der Synagoge freigelegt, die im Boden bleiben und überbaut wurden. Zwischenzeitlich vereinbarten der frühere Besitzer, Hartmut Kegel (mit Zustimmung des Bauträgers), und die aus fünf Personen bestehende 'Christlich-jüdische Denkmalerhaltungsinitiative Mutterstadt' (Artur Dellheim, Herbert Metzger, Konrad Heller, Dr. Ursula Wieland und Volker Schläfer) , eine Informationstafel an dem ehemaligen Synagogen-Standort anzubringen und die dafür anfallenden Kosten gemeinsam zu übernehmen. Der Sprecher der Aktion, Ortschronist Volker Schläfer, hat für die Tafel einen Text erstellt, auf dem neben einem Foto der Synagoge auch ein QR-Code vermerkt ist, mit dem über Internet weitere Informationen zu der Synagoge und dem früheren jüdischen Leben in Mutterstadt abgerufen werden können.
Am 27. Januar, dem Internationalen Gedenktag für die Opfer der NS-Zeit, wurde die Informationstafel nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei der kleinen Gedenkveranstaltung waren die Mitinitiatoren Hartmut Kegel, Herbert Metzger und Konrad Heller anwesend, dazu von der Gemeinde Bürgermeister, Beigeordnete, Fraktionsvorsitzende, Rats- und Ausschussmitglieder, Vertreter der prot. Kirchengemeinde und der Evang. Freikirche, Vorstandsmitglieder des Historischen Vereins, Lehrkräfte und Schüler*innen der IGS Mutterstadt.
Volker Schläfer informierte einleitend über die seit Ende der 1980-er Jahre laufende deutsch-jüdische Versöhnungskultur, die auch von der Gemeinde, den Kirchen und dem Historischen Verein unterstützt würde und erinnerte an die Geschehnisse mit dem Zitat 'Die Synagoge brennt' aus dem Zeitzeugenbericht von Ernest Löb, 1908 geboren und 1939 in die USA emigriert.
Für eine virtuelle Rekonstruktion der Synagoge fertigte der Mutterstadter Künstler Michael Kunz nach den Angaben von Werner Dellheim Bilder an vom Innern der Synagoge, insbesondere die Motive der Glasgemälde, die die Synagogenfenster schmückten; einige davon waren bei der Veranstaltung ausgestellt. Werner Dellheim, der 1939 mit einem Kindertransport aus Deutschland floh, besuchte vor Jahren mehrmals Mutterstadt.
Eberhard Dittus, Beauftragter der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz und Gründungsvorstand des Förderkreises KZ-Gedenkstätte Neustadt, lobte in seinem Grußwort die seit vielen Jahren in Mutterstadt stattfindende Erinnerungs- und Gedenkarbeit. Er erläuterte die unterschiedliche Nutzung von Synagogen und den anderen Kirchen und informierte, dass 1938 von insgesamt 93 pfälzischen Synagogen 51 zerstört worden seien. 'Die Synagoge brennt', dies hörte an diesem Tag auch Irmgard Metzger, damals 11-jährige Schülerin. Sie erzählte jetzt als Zeitzeugin von den seinerzeitigen Ereignissen bei dem Synagogenbrand und von den Beschädigungen jüdischer Häuser und Wohnungen. Hartmut Kegel erläuterte in seinem Grußwort die Verbindung jüdischer Mitbürger zu seiner Familie und sprach die Hoffnung aus, dass sich solch unermessliches Leid nicht mehr wiederholen dürfe. Deshalb habe er sich selbstverständlich an der Umsetzung dieses Projekts beteiligt.
Volker Schläfer erinnerte nochmals an den Zeitzeugenbericht von Ernest Löb, der mit dem Aufruf an die jüngere Generation 'Vergesst nie die Ereignisse dieses Tages' endet. Sein Abschlussfazit an diesem Gedenktag: 'Wenn wir heute diese Zeit des Nationalsozialismus in den Blick genommen haben, stellt sich immer wieder auch die Frage; was waren die Ursachen, wie konnte es soweit kommen, warum wurden z.B. 1938 die Synagogenbrände von der Bevölkerung einfach so hingenommen, und dann natürlich die immer wieder aufkommende Frage: wie hätten wir uns damals verhalten?' In seinem Schlusswort dankte Bürgermeister Hans-Dieter Schneider allen Beteiligten und den Initiatoren für ihr Engagement für eine christlich-jüdische Versöhnungsarbeit, die gerade aus aktuellen politischen Ereignissen und antisemitistischen Vorkommnissen wichtig und notwendig seien für die Zukunft."  
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November 2023: Die Mutterstadter Synagoge soll digital rekonstruiert werden   
Artikel von Doreen Reber in der "Rheinpfalz" (Ludwigshafen) vom 30. November 2023: "Die Geschichte Mutterstadts digital aufpeppen. Gemeinde will sich für ein Förderprogramm zur digitalen Erfassung und Präsentation von Kulturlandschaften bewerben..." (zum Lesen des Artikels Textabbildung anklicken) 
 

    
     

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Mutterstadt 
bulletWebsite www.judeninmutterstadt.org  
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Mutterstadt (interner Link)   

Literatur:  

bulletWolfgang Bossert: Die jüdische Kultusgemeinde in Mutterstadt.
bulletHans-Jürgen Becker: Zerstörung der Synagoge in Mutterstadt.  In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad Kreuznach. 10. Jahrgang, Ausgabe 1/2000, Heft Nr. 18. S. 77-81. Online zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). 
bulletders.: Zerstörung der jüdischen Synagoge in Mutterstadt. Hintergründe - Ereignisse - Zeitzeugenberichte. In: Heimatjahrbuch des Landkreises Ludwigshafen 10/2000 S. 65-70.   
bulletKarl Heinz Debus: Die Reichskristallnacht in der Pfalz. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrhein. Bd. 129 1981 zu Mutterstadt S. 477.  
bulletOtmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005. S. 117-118.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 278-279 (mit weiteren Literaturangaben). 

  
   


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Mutterstadt Palatinate. Jews are first mentioned in 1719-22. They reached a peak population of 171 in 1860, declining steadily to 91 (total 6.024) in 1933. In 1838, the community built a synagogue. A new one was erected in 1905. In the Weimar period, most Jews were merchants and about half were livestock dealers. In 1934, under the Nazis, 16 Jewish peddlers lost their licences. By early November 1938, 30 Jews had left the town. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned, Jewish homes and stores were destroyed, money and automobiles were stolen, and Jewish men were sent to the dachau concentration camp. In February 1940, Jews were mobilized for forced farm labor. Of the 48 who emigrated through 1940, 18 reached the United States. Those remaining were moved to 'Jewish houses' and on 22 October 1940, 50 were deported to the Gurs concentration camp. In all, 39 perished in the Holocaust.   
    
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020