Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ebelsbach (Kreis Haßberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Aus der Familiengeschichte    
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen   
Links und Literatur   

       

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
   
In Ebelsbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1939. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1683 lebten mindestens vier jüdische Familien am Ort. Die insbesondere von der Adelsfamilie von Rotenhan im Ort aufgenommenen jüdischen Familien wohnten überwiegend in dem bis heute sogenannten Judenhof, wo sich auch die Einrichtungen der Gemeinde befanden. Das Grundstück des Judenhofes war im Eigentum der Familie von Rotenhan. 1731/32 waren elf jüdische Familie im Ort ansässig.  
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1810 133 jüdische Einwohner (30,1 % von insgesamt 442), 1814 147 jüdische Einwohner (ein Drittel der Ortsbevölkerung), 1867 93 (19,9 % von 468), 1880 84 (15,8 % von 532), 1900 54 (9,6 % von 565), 1910 34 (5,4 % von 628). Durch die Auswanderung nach Nordamerika ging bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Einwohner stark zurück.  
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden in Ebelsbach auf insgesamt 30 Matrikelstellen (einschließlich drei Ergänzungen bis 1822) die folgenden jüdischen Familienvorstände (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig) genannt: Nathan Wolf Hellmann (Viehhandel), Lazarus Wolf Hellmann (Viehhandel), Israel Seligmann Mai (Warenhandel), Gerst Seligmann Mai (geringer Warenhandel), Gutmann Loeser Bettmann (Schmushandel), Lazarus Laemlein Baumann (Schnittwarenhandel), Simon Seligmann Mai (Schnittwarenhandel), Isaac Magol Bloch (Handel mit altem Eisen), Aron Liebmann Frank (Schnitthandel), Gumpers Salomon Kohn (Viehhandel), Loeb Seligmann Goldschmitt (Viehhandel), Gabriel Wolf Wollmann (Leinwarenhandel), Seligmann Abraham Baum (Schnitthandel), Israel Hirsch Eck (Schnitthandel), Samuel Israel Rosenbacher (Betthandel und Schlachten), Hirsch Moses Stein (gest. 1817), Hirsch Israel Rosenbacher (Schlachten), Gutmann Seligmann Goldschmitt (Handel mit alten Kleidern), Pfeifer Seligmann Bachmann (Schnitt- und Warenhandel), Seligmann Süssel Bachmann (Schnitt- und Dürrenobsthandel), Joseph Loeb Braun (Spezereihandel und Schlachten), Abraham Jacob Baum (ohne Erwerb, alt), Mindel, Witwe von Seligmann Nathan Goldschmitt (ohne Erwerb), Moses Simon Fried (Viehhandel), Giedel, Witwe von Simon Maier (lebt von Almosen), Nathan Laemlein Fleischmann (Schmuser), Laemlein Fleischmann (Metzgerei, seit 1822), Marx Mai (Gold- und Silberarbeiterprofession, seit 1823), Sussmann Rosenbacher (Metzgerei), nicht in der Liste aufgenommen: Gumpel Nathan (Handel mit Galanteriewaren).         
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), ein Gemeindehaus mit Schulraum für den Religionsunterricht sowie ein rituelles Bad (1841 neu errichtet). 1850 hatte die jüdische Schule 39 Schüler. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Limbach beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Gemeinde Ebelsbach keinen eigenen Lehrer mehr (vgl. jedoch 1904 noch die Nennung eines Lehrers Wolfromm in Ebelsbach s.u.). Danach kam der jüdische Lehrer Moritz Hammelburger aus Haßfurt nach Ebelsbach, um den Religionsunterricht zu erteilen. 
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Wilhelm Fried (geb. 22.4.1877 in Ebelsbach, vor 1914 in Leipzig wohnhaft, gef. 25.1.1916).      
        
Um 1924, als noch 28 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (4,2 % von insgesamt 670), waren die Vorsteher der Gemeinde Nathan Fleischmann und S. Hellmann. Auch 1932 war Nathan Fleischmann Gemeindevorsteher, als Schatzmeister war S. Rosenbacher tätig. Noch ein jüdisches Kind erhielt damals Religionsunterricht.
   
1933 lebten noch 27 jüdische Personen in Ebelsbach. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien verließen bald die ersten von ihnen den Ort. Bis zum Sommer 1938 verzogen 21 in andere Orte in Deutschland (u.a. neun nach Bamberg, fünf nach Berlin), zwei emigrierten nach Holland, einer nach Frankreich, einer in die USA. Am 15. April 1939 verließ der letzte jüdische Einwohner Ebelsbach. 
   
Von den in Ebelsbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Jette Bachrach 1852), Jakob Bettmann (1873), Meta Blume geb. Gutmann (1890), Amalie Dessen (1865), Nathan Fleischmann (1874), Siegfried Fleischmann (1905), Justin Gerstner (1921), Franziska Heumann geb. Fried (1875), Adolf Kohn (1868), Getti Löwentritt (1878), Gretchen Meyer geb. Hellmann (1860), Ernst Oppenheimer (1924), Gustav Oppenheimer (1881), Josef Oppenheimer (1869), Fanny Schweitzer geb. Fleischmann (1855), Edith Ullmann geb. Fleischmann (1912). 
      
      
      

Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
 
 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
25-jähriges Amtsjubiläum des Gemeindevorstehers Benny Bettmann (1904)    

Ebelsbach Israelit 04021904.jpg (185327 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1904: "Ebelsbach, 1. Februar (1904) (Ehrung). Am letzten Samstag wurde in ehrender Weise das 25-jährige Amtsjubiläum des verdienstvollen Vorstehers der hiesigen Synagogengemeinde, des Herrn Benny Bettmann, dessen klangvoller Name weit über das Weichbild des Ortes bekannt ist, gefeiert. Beim Morgengottesdienste in der festlich geschmückten Synagoge würdigte der geistliche Führer der Gemeinde, Herr Rabbiner Dr. Stein, in einer wohldurchdachten, schwungvollen Rede das rege Interesse, das der Jubilar dem Wohle der Kommune stets entgegenbrachte. Unter Zugrundelegung des Ausspruches: 'Sei von Aharons Schülern Friede liebend etc.', nannte er den wackeren Vorsteher einen Menschenfreund, einen Friedensliebenden, weil er jede Spaltung der Gesamtheit vermied. Nach Beendigung des Gebetes begab sich die ganze Gemeinde in die Wohnung des Gefeierten, wo Lehrer Wolfromm in kernigen Worten die innigsten Glückwünsche der Gemeinde zum Ausdruck brachte, und als äußeres Erinnerungszeichen dankbarer Anerkennung derselben, einen wertvollen Pokal überreichte. Alsdann ergriff Dr. Stein nochmals das Wort, übergab eine nach künstlerischem Geschmack ausgeführte Adresse mit entsprechender Widmung. Mit dem Gleichnisse vom fruchtbaren Baume in der Wüste, den ein müder Wanderer segnete, beschloss er seinen Segenswunsch. Durch die zahlreichen Beweise aufrichtiger Liebe und dankbarer Verehrung, abgesehen von den vielen eingelaufenen Gratulationen, wurde der Gefeierte sichtlich gerührt und sprach in schlichten, bescheidenen Worten seinen herzlichen Dank aus, mit der Bemerkung, die hohe Wertschützung übersteige das Maß seiner Verdienste. - Möge es dem Herrn Jubilar vergönnt sein, noch viele, viele Jahre zum Heile der Allgemeinheit, wie zur eigenen Befriedigung weiter zu wirken, dem Judentum zum Heil. Das walte Gott."    

      
      
Aus der Familiengeschichte  
Ergänzende Informationen zur Familie von Siegfried Rosskamm aus Ebelsbach (1870-1938) 
  

Limbach Friedhof 110.jpg (70160 Byte) Joan Salomon (drjoansalomon[et]gmail.com) teilt uns mit Schreiben vom 23. August 2013 mit: "In the page Limbach juedischer Friedhof is a photo of the grave of Siegfried Rosskamm aus Ebelsbach. He is my great uncle - one of my grandmother's four siblings. I think he is the oldest. He was married twice; he had four children with his first wife, Gretchen nee Fleischmann, who is also buried in the Limbach cemetery and two of those children, Sam Rosskamm and Karolina Rosskamm emigrated to New York during the holocaust, and spent the rest of their lives here. Sam was a printer and Karolina was a nurse, both never married, and both were first cousins of my mother. Karolina gave one of the affidavits of support for my mother to come here and she also paid for the passage on the ship for my mother. I just recently researched this entire side of my family, and found the graves of Sam and Karolina. The cemetery is near my house... 
Of the five Rosskamm siblings, my grandmother and her sister Johanna perished in the holocaust. Siegfried survived and never left Germany (as you know), Benjamin came to New York in 1941 with his wife, son and daughter in law, and Philippine married a fellow named Eisenberg and had a daugher who moved to Israel. I don't know what happened to Philippine and her husband."  
 
 Rechts: Grabsteine von 
Sam Rosskamm und 
Karolina Rosskamm (USA) 
Essenheim Rosskamm 120.jpg (175566 Byte) Essenheim Rosskamm 121.jpg (123996 Byte)

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge              
    
Ein Betsaal war vermutlich bereits Ende des 17. Jahrhunderts vorhanden. Eine Synagoge wurde um 1715 erbaut und 1749 erweitert. Der Toraschrein der Synagoge stammte aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Synagoge war bis in die 1930er-Jahre Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens. Auf Grund des Wegzuges der jüdischen Einwohner wurde die Synagoge vermutlich um 1935 geschlossen und verkauft. 
  
Über Vorkommnisse beim Novemberpogrom 1938 liegen keine Informationen vor. Die Ritualien der Synagoge, die zuvor nach Schweinfurt gebracht worden waren, wurden dort beim Novemberpogrom 1938 zerstört.   
  
  
Adresse/Standort der SynagogeJudenhof 1  (alte Anschrift: Hauptstraße 45)  
  

  
Fotos
(Fotos der historischen Judaica von Theodor Harburger, Aufnahmedatum 3.6. und 11.8.1929; Quelle: Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem; veröffentlicht in Th. Harburger: "Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. 1998 S. 167-170; neue Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007) 

Historische Judaica aus Ebelsbach
(aufgenommen 1929) 
Ebelsbach Judaica 010.jpg (64243 Byte) Ebelsbach Judaica 011.jpg (59620 Byte)
   Etrog-Behälter aus dem Privatbesitz von 
Nathan Fleischmann (Zinn; Nathan Fleischmann
 ist unter den Umgekommenen der NS-Zeit s.o).
Etrog-Behälter aus dem Privatbesitz von 
Marie Hellmann (Nürnberger Arbeit 
1. Hälfte 18. Jahrhundert) 
      
   Ebelsbach Judaica 012.jpg (59067 Byte) Ebelsbach Judaica 013.jpg (60922 Byte)
   Hochzeitsring aus dem Privatbesitz von Marie Hellmann (Gold, 
mit den Namen von Hirsch und Breinle)
     
Der ehemalige Judenhof, Mittelpunkt 
des jüdischen Gemeindelebens
Ebelsbach Synagoge 202.jpg (88441 Byte) Ebelsbach Synagoge 203.jpg (103391 Byte)
  Blick über den ehemaligen Judenhof mit den Mauerresten der ehemaligen Synagoge (?)  
     
Ebelsbach Synagoge 204.jpg (78922 Byte) Ebelsbach Synagoge 200.jpg (109680 Byte) Ebelsbach Synagoge 201.jpg (88459 Byte)
    Gedenkstein mit Inschrift: "Zum Gedenken an die jüdische Gemeinde unseres Ortes, die seit dem 18. Jahrhundert ansässig war. Hier gab es eine Synagoge, ein Ritualbad sowie ein Gemeindehaus mit Schulraum für den Religionsunterricht. Während der Verfolgung durch die Nationalsozialisten verließen die letzten Ebelsbacher Juden 1939 den Ort. Wie viele von ihnen in den Konzentrationslagern umkamen, ist nicht bekannt. Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung".  

   
    

Links und Literatur   

Links:  

Website der Verwaltungsgemeinschaft Ebelsbach 

Literatur:  

Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 284-285.
Israel Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 47. 
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 379-380.  
Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 112-113.      

     
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ebelsbach, Lower Franconia.  A Jewish community existed at least from the mid-18th century. The Jewish population stood at 133 in 1810 (total 442) and thereafter declined steadily to 27 in 1933. Most Jews left for other German cities before Kristallnacht (9-10 November 1938), including nine to nearby Bamberg. The last Jew left Ebelsbach in April 1939.     
    
    

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 22. August 2013