Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
zur
Übersicht "Synagogen im Landkreis Mainz-Bingen und Stadtkreis Mainz"
Büdesheim (Stadt
Bingen, Kreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Büdesheim bestand eine kleine jüdische Gemeinde im
19./20. Jahrhundert. 1804 wurden 34 jüdische Einwohner gezählt, 1808
sind es sieben jüdische Haushaltungen mit zusammen 46 Personen. 1824 wurden 40
jüdische Einwohner gezählt und 1861 ein Höchststand von 76
Gemeindegliedern erreicht. Danach ging die Zahl zurück: 1900 wurden noch 35
jüdische Einwohner (in acht Haushaltungen) gezählt, 1931 noch 26. Auf Grund der zurückgegangenen Zahl
der Gemeindeglieder wurde die Gemeinde 1927 der jüdischen Gemeinde in
Bingen angeschlossen.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war im 19.
Jahrhundert einen Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war. 1865/1866 wird in Büdesheim Lehrer David Fleischhauer
genannt. Nach ihm war viele Jahre (spätestens seit 1872) Abraham Levi in der Gemeinde tätig. Er
erhielt 1891 zu seinem 60jährigen Dienstjubiläum vom Großherzog eine
Auszeichnung (siehe Text unten). Nach seiner Zurruhesetzung wurde die Stelle zum
1. Juli 1892 neu ausgeschrieben (siehe Anzeige unten). Danach übernahm den
Religionsunterricht Lehrer Ledermann aus Bingen.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1887/1894 J. Kahn II., um
1898 Herr Feist.
Unter den jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges war Karl (Carl)
Feist (geb. 20.11.1884 in Büdesheim Krs. Bingen, später in Frankfurt am Main
wohnhaft), gefallen 27.7.1915 als Angehöriger des 2. Gen. Kp. E. Btl. I R.
316 (siehe Bericht unten).
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: etwa 20 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die sieben letzten
jüdischen Einwohner wurden 1942 deportiert.
Von den in Büdesheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): u.a. Amalie Bermann
geb. Feist (1853, Rathausstraße 8), Felix Bermann (1884, Rathausstraße 8),
Delphine Bermann geb. Wendel (1884, Rathausstraße 8), Klara Feist (1875,
Saarlandstraße 162), Mathilde Feist (1881, Saarlandstraße 162), Siegfried Feist
(1870, Saarlandstraße 162), Ignatz Gerothwohl (1881), Max Kahn (1878), Johanette
Kaufmann geb. Feist (1874).
Anmerkung: Die Recherche über die aus Büdesheim bei Bingen stammenden Personen ist erschwert durch mehrfach unpräzise Angaben, ob Büdesheim bei
Bingen oder Erbes-Büdesheim oder Büdesheim in Oberhessen gemeint ist.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Auszeichnung des Religionslehrers Abraham Levi zum 60jährigen
Lehrer-Jubiläum (1891)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1891:
"Aus Rheinhessen. Das 'Großherzogliche Regierungsblatt Nr. 19'
bringt unter anderem zwei Mitteilungen, die auch für jüdische Leser von
Interesse sind. 1.( der Rabbiner des Rabbinats Alzey,
Dr. David Rothschild wurde entlassen. 2.) der israelitische
Religionslehrer Abraham Levi in Büdesheim (Kreis Bingen) wurde vom
Großherzoge mit dem allgemeinen Ehrenzeichen dekoriert. Über die
Dekoration des Herrn Levi, respektive über dessen 60jähriges Jubiläum
bin ich in der Lage, Ihnen Ausführliches zu berichten. Nachdem auf
Anregung des Rabbiners von Bingen, Herrn Dr. Grünfeld, die seinerzeit in
Darmstadt tagende Konferenz israelitischer Lehrer dem Jubilare ein
Glückwunschtelegramm gesandt und Herr Dr. Grünfeld ersterem im Namen der
Schüler ein ansehnliches Geldgeschenk in Form von Wertpapieren unter gleichzeitiger
Beglückwünschung im Namen der Lehrer des Kreises und in seinem eigenen
übergeben hatte, fand am Samstag, den 11. Juni die Überreichung des
Ordens statt. Es waren zu diesem Zwecke in Büdesheim erschienen: Der
Großherzogliche Amtmann Wick in Vertretung des erkrankten Kreisrates, der
Großherzogliche Kreisschulinspektor Krämer und der Großherzogliche
Kreisrabbiner Dr. Grünfeld. Die Überreichung des Ordens geschah durch
den Amtmann in der festlich dekorierten Gemeindeschule im Beisein des
Bürgermeisters und sämtlicher Lehrer der Büdesheimer Schulen, sowie des
Vorstandes der israelitischen Gemeinde und zahlreicher anderer Gäste.
Nachdem der Amtmann in einer herzlichen Ansprache den Orden übergeben
hatte, sprach der Jubilar Worte des Dankes, worauf Herr Dr. Grünfeld das
Hoch auf den Großherzog ausbrachte. Kreisschulinspektor Krämer besprach
in sinniger Weise die Leiden und Freuden des Lehrers und feierte den
Jubilar als gewissenhaften, tüchtigen Schulmann. Die Festteilnehmer
saßen noch lange gemütlich beisammen. Es wurden auf die Familie des
Lehrers Levi auf die Großherzogliche Kreisschulkommission, auf das
Rabbinat Bingen Toaste ausgebracht. War es in der sonst so trüben Zeit
des Antisemitismus als eine Heiligung des Gottesnamens zu betrachten, dass
die Vertreter der Regierung bis zum Schlusse ausharrten so finden wir für
die seltene Tatsache, dass man auch einen Religionslehrer, der eigentlich
nicht im öffentlichen Staatsdienst steht, des Dekorierens für würdig
erachtet, kaum Worte genug des Dankes, und der Hoffnung, dass unter einer
solch erlauchten und toleranten Regierung das wüste Treiben des
Antisemitismus bald sein Ende erreichen muss. Dem würdigen Jubilare
wünschen wir aber aus vollem Herzen noch ein recht glückliches und
gesegnetes Alter." |
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schochet 1892
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1892: "Wir
suchen zum 1. Juli dieses Jahres einen Religionslehrer, Chasan und
Schochet. Fixum 550 Mark, bei freier Wohnung. Nebenverdienste ca. 200
Mark. Unverheiratete Bewerber wollen sich wenden an
Leon Feist, Büdesheim
bei Bingen." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Karl Feist nach seinem
Kriegseinsatz (wohnhaft in Frankfurt, stammte aus Büdesheim, 1915)
Anmerkung: vgl. Liste der jüdischen Gefallenen aus Frankfurt am Mai
http://denkmalprojekt.org/verlustlisten/vl_rjf_frankfurt_main_wk1.htm;
demnach ist Karl Feist am 20. November 1884 in Büdesheim Krs. Bingen geboren.
Artikel
in der "Neuen jüdischen Presse" vom 30. Juli 1915: "Karl Feist,
Prokurist des Verlags J. Kauffmann, ist einer schweren Krankheit, die er
sich auf dem Kampfplatze des Ostens zugezogen hatte, erlegen.
Diese Nachricht wird in weiteren Kreisen lebhaftes Mitgefühl erwecken. Nicht
nur deshalb, weil ein Mensch von vornehmer Gesinnung und Herzensgüte in der
Blüte seiner Jahre abberufen wurde, sondern auch, weil die jüdische
Öffentlichkeit einen jener jugendlichen Kräfte verloren hat, deren
lebendiges jüdisches Interesse für sie zu wirken bestrebt ist. So war es
Karl Feist seit dem Tode seines Vaters eine Erbschaft, an dessen Stelle an
den hohen Feiertagen in der Büdesheimer Synagoge der Sprecher der Gemeinde
vor Gott zu sein, und so war er seit Jahren ein tätiges Vorstandsmitglied im
Montefiore-Verein." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
|
Kennkarten
für den in Büdesheim
geborenen Hermann Nathan |
|
|
|
Kennkarte (Mainz 1939) für
Hermann Nathan (geb. 28. April 1874
in Büdesheim Kreis Bingen),
Weinhändler |
|
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdische
Gemeinde hatte einen Betsaal / Synagoge in einem Haus in der ehemaligen
Martinstraße eingerichtet. 1927 wurde die Synagoge auf Grund der
zurückgegangenen Gemeindegliederzahl geschlossen. Seitdem wurden die
Gottesdienste in Bingen besucht
.
Adresse/Standort der Synagoge: Professor-Kraus-Straße
(ehem. Martinstraße) 20
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Büdesheim sind noch
nicht vorhanden; über
Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster
der "Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 2 S. 75 (Kurzhinweis innerhalb der
Darstellung zu Bingen) |
 | Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 115 (mit weiteren Literaturangaben).
|
n.e.

vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|