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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Mulfingen (Hohenlohe-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zum Hochstift Würzburg
gehörenden Mulfingen bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1870. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Nach den intensiven
Recherchen von Andreas Volk (s.Lit. S. 13 u.ö.) wurde 1710 eine erste jüdische
Familie am Ort aufgenommen ("Nathan der Alte", der 1732 nach Hohebach zog).
Zuvor - im 17. Jahrhundert - gab es noch keine Juden in Mulfingen. Weitere
Aufnahmen jüdischer Familien gab es 1716, 1725 usw. Die Zahl der Juden am Ort blieb klein: 1807 waren es 24 Personen,
1828 32, 1831 30. 1833
wurde die Gemeinde dem Rabbinat Weikersheim zugeteilt.
Die höchste Zahl jüdischer
Einwohner wurde um 1838 mit 33 Personen erreicht (1854: 27). 1828 nahmen
die jüdischen Familien folgende Familiennamen an: Bär, Lindner und Strauß. Die
jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Getreide oder Ellenwaren.
An Einrichtungen hatten die jüdischen Familien einen Betraum (siehe
unten) und andere Räume für das jüdische Gemeindeleben (siehe unten). Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein jüdischer Lehrer am
Ort. Es werden genannt: 1776 Abraham Brag, 1802 bis 1806 Aaron Eisig aus
Wiesenbach, 1809 Mayer Hirsch oder Seligmann, 1811 Löw Isaak, bis 1825 Jonas Eppstein aus
Kleinerdlingen (er ist in diesem Jahr
in der Jagst ertrunken). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in den
jüdischen Friedhöfen Unterbalbach und
Niederstetten, später in
Hohebach beigesetzt.
Seit der Mitte des
19. Jahrhunderts ging die Zahl der Juden schnell zurück. 1886 wurden nur noch
zwei jüdische Einwohner gezählt. Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit
Waren aller Art. Bis 1868 bestand noch ein jüdisches Textilgeschäft.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Mulfingen gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Erstmals wird in einem Bericht des
Kreisamtmannes aus Öhringen 1807 von einer in Mulfingen für die damals fünf jüdischen
Familien am Ort vorhandenen "Synagoge" berichtet. Es handelte sich damals
bereits um den im Dachgeschoss eines großen "Judenhauses" eingerichteten
Betsaal mit Männer- und Frauenabteil. Dieser Betsaal wurde genutzt, so lange im
19. Jahrhundert die Zehnzahl der männlichen Beter erreicht wurde. Auf demselben Stock im Dachgeschoss des Mulfinger "Judenhauses"
war auch ein Festsaal der Gemeinde und eine Lehrerwohnung untergebracht. Vermutlich
wurde der Betraum spätestens geschlossen, als 1862 das Anwesen Hauptstraße 34 in
nichtjüdischen Besitz übergegangen ist.
1987
wurde das auf dem Grundstück Hauptstraße 34 stehende Gebäude abgebrochen, das
Grundstück mit einem Geschäfts- und Wohnhaus neu bebaut. Bis zuletzt waren die
Räumlichkeiten des Betsaales und der anderen Räume der jüdischen Gemeinde
erhalten.
Fotos
Historische Fotos:
Ältere (erhalten von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries) |
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Ansicht des Ortes |
Ausschnitt: Das ehemalige
"Judenhaus"
(hohes Gebäude), in dem sich
der Betsaal befand |
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Plan
(gezeichnet und beschrieben von Eggert Hornig):
Plan des jüdischen Gemeindezentrums im 3. Stock des Hauses
Hauptstraße 34. Es bezeichnen: 1: Flur mit alten
Treppen (18. Jahrhundert) - 2: Betraum 3,50 x 4,00 m,
weißer Stuck, neben dem Fenster Holzrahmen für den Toraschrein 1,00 x
1,25 m und 0.90 m über Boden - 3: Frauenraum 3,50 x 1,60 m,
holzverkleidete Verbindung zu 2 - 4: Schulraum (?) 3,50 x
3,70 m, karminrote Wandbemalung mit S-Linien - 5: Festraum
6,60 x 2,10 m, Bohlenwand zur Abseite unter der Dachschräge, 2 Luken zum
Dachboden für Laubhüttenfest, graurote Bemalung mit blauem Strich in
Hüfthöhe und unter der Stuckleiste an der Decke, angeblich früher mit
Bildern, darunter gelbe Bemalung mit Leiste unter der Decke mit
zinnoberroter (Buchstaben oder Blumen?) und dunkelgrüner (Blätter)
Verzierung - 6 Lehrerwohnung mit Abseite unter der
Dachschräge, Wand türkis
Zimmerhöhe: 2,70 m; alle Fenster mit getöntem Glas und Bleirippen.
Türen zu 2,3,4,5 mit schönen Schlössern, z.T. beschlagen
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Fotos nach 1945/Gegenwart:
(Fotos: sw-Fotos von Hahn; Farbfotos von R. Bauer,
Aufnahmedatum 28.5.1987)
Das Mulfinger
"Judenhaus"
(Fotos Mai 1987 vor dem
Abbruch des Hauses) |
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Ehemaliges jüdisches Wohn-
und Gemeindehaus |
Das Gemeindezentrum befand sich im
3. Stock (die
beiden Fenster im Giebel des
3. Stockes sind nach Osten gerichtet und sind
Fenster des Betsaales und Frauenabteils) |
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Das nach Westen gerichtete Fenster
im Dachgiebel gehört zu dem Festraum
der Gemeinde |
Der Giebel
auf der Ostseite |
Der Flur im 3. Stock (im obigen Plan Nr. 1):
die Tür links gehört zur
Lehrerwohnung;
die Tür gerade aus führt zum Festraum |
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Im Betsaal (der Männer). Rechts des
Fenster war der Toraschrein (vgl.
Foto
rechts); links blickt man ins Frauenabteil |
Im Holzrahmen war einst ein
Toraschrank eingebaut |
Blick in das Frauenabteil - recht
Durchblick zum Betsaal der Männer |
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Im Festsaal der Gemeinde |
Reste der Wandbemalung
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Die Luken zum Dachboden, die zum
Laubhüttenfest geöffnet werden
könnten |
Blick vom Dachboden in den
ehemaligen Festsaal |
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Foto 2004:
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 1.8.2004) |
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Das an Stelle des ehemaligen
"Judenhauses"
(mit Betsaal) erstellte Gebäude; das Haus
rechts
daneben entspricht noch dem oben
abgebildeten Gebäude |
Ehemaliges jüdisches Wohnhaus
in Mulfingen |
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Unweit des ehemaligen
jüdischen
Betsaal-Gebäudes:
Gedenken an die
39 Sinti-Kinder, die in das KZ Auschwitz
deportiert wurden |
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Im katholischen
Kinderheim S. Josef in Mulfingen (Gebäude oben) waren schulpflichtige
Sinti-Kinder untergebracht, deren Eltern bereits deportiert worden waren.
40 Kinder
waren von der Deportation zurückgestellt worden, damit für
eine Dissertation an ihnen
"rassenbiologische Untersuchungen"
gemacht werden konnten. Nach Abschluss dieser
Untersuchungen wurden diese
Kinder am 9.5.1944 direkt nach Auschwitz deportiert.
Von den Kindern
überlebten nur vier |
Gedenkstein mit den Namen
der
39 Sinti-Kinder |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 107-108. |
 | Jürgen Hermann Rauser: Mulfinger Heimatbuch. 1980 (enthält so gut
wie nichts zur jüdischen Geschichte des Ortes). |
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Andreas Volk: Schmuser, Bettel-, Schacherjud. Geschichte einer
jüdischen Landgemeinde, dargestellt am Beispiel Mulfingen (Hohenlohekreis).
Verlag epubli-Buch ISBN 9783746725390 2018 20 €
Inhalt: Von 1710 bis Ende 1895 gab es jüdische Einwohner in Mulfingen.
Wie hießen sie? Wo lebten sie? Wie lebten sie? Wie waren die äußeren
Lebensbedingungen in der Gemeinde Mulfingen, im Hochstift Würzburg und
später im Königreich Württemberg? Der Autor ist in akribischer Weise in
verschiedenen Archiven diesen Fragen nachgegangen und legt nun erstmals ein
umfassendes Werk über die frühere Judengemeinde in Mulfingen vor.
Link zur Verlagsseite |
Sinti-Kinder von Mulfingen:
 | Johannes Meister: Das Schicksal der Sinti-Kinder aus der St.
Josephspflege in Mulfingen, Heidelberg 1987. |
 | Vgl. dazu u.a. folgende Links: Link
1, Link 2 |

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