Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

   
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zu den Synagogen in Baden-Württemberg 

  
Lauda (Stadt Lauda-Königshofen, Main-Tauber-Kreis) 
Jüdische Geschichte 

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Lauda 
bulletBerichte zur jüdischen Geschichte in Lauda   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Lauda          
     
In Lauda bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter (Judenverfolgungen 1235, 1298, 1337 und 1349).

In der zweiten Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert waren wieder Juden ansässig: So werden u.a. 1378 Jud Endegut, 1449 Juden Johel, Josslin und Löw, 1450 Jud Smohl genannt.

Bis zum 18. Jahrhundert lebten einzelne jüdische Personen in der Stadt, ohne dass es jedoch zur Bildung einer neuen Gemeinde gekommen ist. Seitdem kam es zu keiner weiteren Ansiedlung von Juden in der Stadt.    
 
 
Mittelalterliches Wohngebiet und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde

Das Wohngebiet konzentrierte sich auf die ehemalige "Judengasse". Vermutlich standen auch in der Bachgasse jüdische Häuser. Der Standort der Synagoge ist nicht mehr genau bekannt. Infrage kommen der Standort der Heilig-Blut-Kapelle in der ehemaligen Judengasse (heute Kapellengasse) oder der Platz des abgebrochenen Hauses Hemm in der Bachgasse. Möglicherweise handelt es sich auch um zwei verschiedene Synagogenstandorte unterschiedlicher Zeiten.
 
Die Heilig-Blut-Kapelle erinnert an eine angebliche - wie in allen Fällen verlogene - Hostienschändung im Mittelalter durch Juden. In der Kapelle befindet sich eine Votivtafel, die die Geschichte der Hostienschändung darstellt (Bild 1683 gemalt, zuletzt 1957 restauriert). Die Kapelle wurde 1683/84 auf den Grundmauern eines aus dem 13. Jahrhundert stammenden Baus errichtet (alte Synagoge?). Für den anderen Synagogen Standort (Haus Hemm, Ecke Bach-/Spitalgasse) sprechen die für ein Bauernhaus ungewöhnlich solide Bauweise mit großen Räumen im Obergeschoss, eine hier beim Abbruch des Hauses aufgefundene und im Laudaer Heimatmuseum aufbewahrte Steinsäule (Inventar Nr. 1196/97) und der vor dem Haus ehemals vorhandene Judenbrunnen (Hinweis auf ein rituelles Bad?).  
    
    
    
Berichte zur jüdischen Geschichte in Lauda     
     
Allgemeiner Bericht zur jüdischen Geschichte in Lauda (1930)   
   

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 2. Juli 1931 aus einem Bericht von S. Lilienthal, Wiesbaden: "Mit jüdischen Augen durch deutsche Lande. Neckar - Tauber - Main - Wanderung":
"Wir aber wenden uns von Hardheim südöstlich, wandern über Pöltringen, Eselsbrunn auf schönen Waldwegen, am Fuße des bis 100 Meter aufsteigenden Ahornwaldes vorbei, durch Oberlauda, insgesamt ca. 21 Kilometer, also sehr bequeme Tageswanderung, und gelangen bei Lauda an die Tauber (für: Neckar).
Lauda, eine gestorbene Märtyrergemeinde.

Lauda, 2800 Einwohner, hat zwar heute keine Juden mehr, hatte aber wohl eine der frühesten Judengemeinden Deutschlands. Leider ist die erste Nachricht von der Gemeinde Lauda die einer besonders grausamen Verfolgung, Montag und Dienstag, den 1. und 2. Januar 1235. Hier wurden wie in Tauberbischofsheim auf Grund der Beschul­digung, die Juden hätten zum Zweck des Blutgenusses Christenkinder getötet, die frömmsten und angesehensten Juden gefoltert, dann aufs Rad geflochten und drei Tage später verbrannt. Ein Klagelied des Rabbi Jsaac den Nathan hat uns diese Nachricht aufbewahrt. 'Gewalttätige sind über uns gekommen mit ihren Ränken, mit fremden Kindern erreichten sie das ersehnte Ziel.' Also ertönt ihr Mörderruf: 'Zieht umher, raubt Gold, raubt Silber!' Die Übriggebliebenen in beiden Gemeinden wenden sich um Hilfe an den damaligen Papst Gregor IX., einen der schärfsten Feinde, die die Juden unter den Päpsten je hatten. Der stellt ihnen wunderbarerweise einen Schutzbrief aus (3.5.1235); ein Erfolg, den die Laudaer und Tauberbischofsheimer Juden wohl zu gleichen Teilen ihrem tadellosen Lebenswandel und — ihrer Wohlhabenheit zu verdanken haben.
1288 wohnt ein Jude Anselm in Lauda, der so wohlhabend ist, dass ihm der Zehnte zu Gissigheim verpfändet wird; aber, da er als Jude kein Lehen empfangen darf, muss er einen christlichen Lehensträger als Stellvertreter bestellen.
Schon 1298 erfolgt eine neue Verfolgung, wiederum zugleich in (Tauber-)Bischofsheim und dem ganzen Landstrich. Diesmal sind's insgesamt etwa 150 Märtyrer, die in Gamburg a. d. Tauber verbrannt werden. Grund: angebliche Hostienschändung durch die Juden. Ein verarmter Ritter, namens Rindfleisch aus Röttingen, 20 Kilometer Bahnfahrt von Lauda, 
aber im bayrischen Unterfranken, nimmt die verleumderische Fabel zum Grund, um von hier aus mit seiner Horde von 'Judenschlägern' die blühenden Gemeinden Süddeutschlands zu morden. Lauda scheint ein Hauptort dieser Ermordungen gewesen zu sein, denn man errichtet hier in späteren Jahren die Kapelle zum heiligen Blut in der Judengasse an Stelle eines niedergerissenen Judenwohnhauses.
1791 erst wurde in der Kapelle die folgende Inschrift angebracht, die nicht mehr Vernunft beweist, als das Ver­halten der Leute von Lauda 500 Jahre früher: 'In dieser gassen, wo vor fünfhundert Jahren Viele Juden gewohnt, und derentwegen Judengassen genannt worden, hat Ein gottloser Jud Eine christliche Frau mit Versprechung Vielen Goldes beredet, wenn sie zum heiligen Abendmahl gehe, solle sie die heilige Hostie wieder aus dem Mund herausfallen lassen und ihme zu Haus tragen, welches dann geschehen, der gottlose Jud aber, als sie ihm solche gebracht auf seinen Tisch gelegt und mit einem Messer darein gestochen, daraus dann das Blut reichlich geflossen, als nun der Jud das Erschröckliche Wunderzeichen gesehen, ist er häftig darüber Erschrocken und die Heilige Hostie hinter seinem Haus begraben, und alle Nacht Ein Helles Licht sich daselbst hat sehen lassen, welches, da die Nachbarn gewahr geworden, Haben sie gebührenden Orthen, angezeigt, darauf nachgesucht, die Heilige Hostien gefunden, und da an das Ort, wo das Judenhaus gestanden, diese Kapellen erbaut worden; wie dann das geschehene Wunderzeichen Genugsam Erweiset eine von Rom Anno 1300 gegebene und Anno 1300 vorhandene Bulla." Die Tafel mit der Inschrift ist dort noch zu sehen, ein krasses Denkmal des Aberglaubens und religiösen Fanatismus. Dass bei solchen Überzeugungen und Erinnerungen auch die Verfolgungen der beiden Armleder 1337 hier guten Boden fanden, ist leicht verständlich.
Aber erst einer neuen Verfolgung um 1349 scheint die ganze Gemeinde zum Opfer gefallen zu sein. Damals gehörte Lauda zum Obererzstift Mainz, dessen Erzbischöfe die Ansiedlung der Juden immer wieder durch Gewährung besonderer Privilegien förderten. So findet sich Ende des 14. Jahrhunderts, wenige Jahrzehnte nach den grausamen Verfolgungen in Lauda, dort wieder ein Jude 'Endegut', der dem Erzbischof Adolf von Mainz (1381 zur Regierung gelangt) gegen ausreichende Sicherheiten größere Summen, augenscheinlich gegen mäßigen Zins, leiht; denn der Erzbischof nennt ihn ausdrücklich 'bescheiden'. Bald danach 1395 kommt Lauda an die Kurpfalz. Auch unter der neuen Negierung siedeln hier Juden, und sie müssen es gut gehabt haben, denn als sie um 1449 erfahren, Lauda solle an die Grafen von Riensch fallen, die das dortige Schloss schon an 200 Jahre bewohnten, ziehen sie fort. Josel und Josselin ziehen nach Wiesloch, wo sie nach einer Urkunde des Grafen Otto I. von Pfalz-Mosbach 'sollen auch all die Gnad Freiung haben, genießen und gebrauchen, als sie vor uns zu Laudan haben'. Jakob und Mosse von Mergentheim und Löm von Eichstatt a. d. Aich (Aich = Altmühl), die bisher im Schutz von Lauda waren, erbitten einen neuen vom Pfalzgrafen. 1474 zieht mit Moses ein anscheinend recht begüterter Jude aus Lauda nach Frankfurt; er darf die Bedingung stellen, dass ihm der Frankfurter Rat ein neues Haus nach dem Muster des Hauses 'Zum Hirsch' baue. Dann kommt Lauda an das Fürstbistum Würzburg; die Gemeinde wird nun dem würzburgischen Oberrabbiner in Heidingsfeld unterstellt, kommt auch sonst in — fast zu genau — geordnete Verhältnisse und hat äußerlich ihre Ruhe. Aber die Lasten, die sie wie die im Würzburgischen wohnenden Judengemeinden zu tragen haben, sind uner­träglich. Das Schutzgeld beträgt um 1700 10 bis 12 fl.; aber die Schutzaufnahme kostete damals für eine Familie: 12 Dukaten an den Bischof, 25 Kronen für das lebenslängliche Zollzeichen, 80 fl. zum fürstlichen Arbeitshaus, 4 Dukaten für den Judenamtmann, 80 Kronen für dessen Bedienten, je 1 Dukaten für den Aktuar, die fürstliche Geheimkanzlei, den Kammerdiener und die Judenschaftsvorgänger' (das waren die jüdischen Land-, Distrikts- oder Ortsvorsteher der Juden), endlich je 80 Kronen für den Kanzleidiener und den Judenlandboten. Zu diesen einmaligen Leistungen des einzelnen im Betrage von insgesamt rund 80 Dukaten kommen Neujahrsgeschenke, Huldigungsgeschenke, Mitgift- und Erbschaftssteuer, dann Leistungen an die Wohngemeinde Lauda, in Höhe von 11 Florin jährlich und endlich Gebühren für jede Hochzeit, Beerdigung, Beschneidung an den — christlichen — Ortsgeistlichen. Die jüdischen Belange mussten außerdem erfüllt werden. So ziehen die Juden allmählich in die zur Pfalz oder zu Kurmainz gehörenden Nachbargemeinden, und während um die Mitte des 18. Jahrhunderts noch Juden in Lauda wohnen, ist das seit Ende des 18. Jahrhunderts, wie auch die erwähnte Inschrift in der Blutskapelle andeutet, nicht mehr der Fall."  

      
     
      
 
Fotos 

     
 Die Heilig-Blut-Kapelle in Lauda
(Foto: Wikimedia-Commons)
 
 Votivtafel in der Heilig-Blut-Kapelle
 (17. Jahrhundert; 1987 entfernt,
2016 wieder angebracht)
 Bauinschrift an der Kapelle
(Foto: Wikimedia-Commons)
  

    
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Das aus dem 17. Jahrhundert stammende Votivbild mit der Darstellung der angeblichen - wie in allen Fällen verlogenen - Hostienschändungsgeschichte wurde 1987 aus der Kapelle entfernt. 2016 wurde das Bild neu gefasst und wieder in der Kapelle angebracht. Freilich findet sich seitdem gegenüber der Tafel als Entgegnung eine zeitgenössische künstlerische Antwort von Michael Salomon, die dem alten Bild gegenübergestellt ist. Von Bild zu Bild entsteht so eine spannungsvolle Auseinandersetzung, die den Betrachter einlädt, sich seine eigenen Gedanken zu den Folgen der Geschichte zu machen, die hinter dem Bau der Kapelle steht. Diese Neukonzeption der Kapelle wurde durch Architekt Hanno Roters vom Erzbischöflichen Bauamt in Heidelberg konzipiert.  Siehe die Abbildungen von Michael Salomon in:  https://www.kath-lauda-koenigshofen.de/unsere-seelsorgeeinheit/gemeinden-vor-ort/lauda/hl-grab-kapelle/   
Dazu ein Flyer mit Erläuterungen des Künstlers (2020).   

    
    

     
Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Lauda-Königshofen www.lauda-koenigshofen.de mit Seite zum Stadtrundgang durch Lauda https://www.lauda-koenigshofen.de/tourismus/sehenswertes/altstadtrundgang+lauda     Karte eingestellt als pdf-Datei (mit Eintragung von Kapelle und Judenbrunnen) 
bulletWikipedia-Artikel:
Zu Lauda: https://de.wikipedia.org/wiki/Lauda_(Lauda-Königshofen),
Kapelle zum Heiligen Grab: https://de.wikipedia.org/wiki/Kapelle_zum_heiligen_Grab_(Lauda)      
bulletKatholische Seelsorgeeinheit Lauda-Königshofen zur Heilig-Grab-Kapelle: https://www.kath-lauda-koenigshofen.de/unsere-seelsorgeeinheit/gemeinden-vor-ort/lauda/hl-grab-kapelle/?tto=    

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 470f; III,1 S. 720f.
bulletEmil Lacroix: Die Blutskapelle zu Lauda. In: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Bd. 1 Nr. 2 1958   Eingestellt als pdf-Datei
bulletK. Schreck: Lauda. Schicksale einer ehemaligen fränkischen Oberamtsstadt. 1973 S. 141-148.
bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden S. 1.203.269.298.
bulletBerthold Rosenthal: Heimatgeschichte der badischen Juden S. 60f.
bulletH. Schnell: Die katholischen Kirchen in Lauda. In: Schnell Kunstführer 1420. 1984. S. 16-22.    

  

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge

          

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 06. Oktober 2024