Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Framersheim (VG Alzey-Land, Kreis Alzey-Worms)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Kennkarten aus der NS-Zeit  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
In Framersheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1672 Juden am Ort genannt.
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: um 1800 42 jüdische Einwohner, 1807 sechs jüdische Familien, 1817 12 Familien, 1824 68 jüdische Einwohner, 1828 80, 1861 105 (7,2 % von insgesamt 1.456 Einwohnern), 1880 72 (4,9 % von 1.455), 1900 58 (3,9 % von 1.493), 1910 45 (3,2 % von 1.424). Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh oder von der Landwirtschaft, einige waren Kaufleute. Unter den über mehrere Generationen ansässigen jüdischen Familien war die Familie Scheuer: 1808 hatte diesen Familiennamen Hirsch Liebmann angenommen.
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.  Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19./Anfang 20. Jahrhundert Jahrhundert zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten: Ausschreibung der Stelle von 1902). Spätestens in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Religionsunterricht von Lehrern anderer Gemeinden erteilt. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Alzey.  
   
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Richard Scheuer.
   
Um 1924, als noch 28 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1,9 % von insgesamt etwa 1.500 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Hermann Scheuer, H. Schloß und Albert Koch. Damals erhielten von den vier schulpflichtigen jüdischen Kindern 3 ihren Religionsunterricht an höheren Schulen, ein Kind wurde durch den Alzeyer Rabbiner Dr. Lewit unterricht. 1928 waren die Gemeindevorsteher Aron Scheuer und Salomon Schloß. Auch in den 1920er-Jahren gab es noch mehrere jüdische Viehhändler am Ort; andere jüdische Einwohner waren als Kaufleute tätig. Mehrere Familien hatten eine kleine Landwirtschaft. 
       
Nach 1933 sind fast alle jüdischen Gemeindeglieder (1933: 28 Personen, d.h. 1,9 % von insgesamt 1.440) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien alsbald weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Seit 1932 war jüdischer Gemeindevorsteher Edmund Scheuer. Er gehörte im Gemeinderat von Framersheim der Deutschen Demokratischen Fraktion an und war Mitglied von Kreisausschüssen. Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurde er verhaftet und kam in ein Konzentrationslager. Danach übernahm H. Schloß den Gemeindevorsitz. Fünf der ausgewanderten Gemeindeglieder sind nach Südamerika, je eine Person nach Palästina und Südafrika. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). 1939 wurde nur noch ein jüdischer Einwohner gezählt. 
       
Von den in Framersheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alice Kahn geb. Koch (1898), Albert Koch (1854), Joseph Koch (1890), Ludwig Koch (1868), Antonie Oppenheimer geb. Sandels (1899), Fritz Rotschild (1901), Edmund Scheuer (1876), Irma Scheuer (1892), Jenny Scheuer (1886), Laura Scheuer (1894), Selma Scheuer (1887), Gerd Salomon Schloss (1930), Karl Schloss (1876), Klara Schloss geb. Rosengarten (1904), Regina Schloss geb. Scheuer (1851), Walter Schloss (1900), Bertha Spiegel geb. Scheuer (1883), Flora Vogel geb. Koch (1870).      
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    

Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet (1902)  

Framersheim Israelit 31071902.jpg (49937 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1902: "Ein seminaristisch gebildeter Lehrer und Vorbeter, der eventuell die Schechita mit versehen kann, per sofort zu einem Gehalte von 700-800 Mark mit entsprechenden Nebenverdiensten gesucht.  
Framersheim bei Alzey. Der Vorstand der israelitischen Gemeinde: Isaac Rüb."   

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorsteher Isaak Koch (1891) 

Framersheim Israelit 26021891.jpg (92062 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1891: "Framersheim, 22. Februar (1891). Einen unersetzlichen Verlust hat unsere Gemeinde erlitten. Vorgestern verstarb nach kurzem Leiden Herr Isaak Koch im Alter von 72 Jahren. In ihm verliert der hiesige Platz einen seiner achtbarsten Mitbürger, die Armen einen Wohltäter und die israelitische Gemeinde ihren eifrigsten Förderer. Der Verstorbene bekleidete lange Jahre das Amt des ersten Vorstehers und hat ihm die israelitische Gemeinde viele gute Einrichtungen zu verdanken. Kein Bittender ging hilflos von seiner Schwelle. Welcher Hochachtung und Beliebtheit der Verstorbene sich in unserer Gemeinde zu erfreuen hatte, davon legte das heute stattgefundene Leichenbegängnis Zeugnis ab, wie ein solches wohl hier noch selten gesehen ward. Eine unabsehbare Menge, ohne Unterschied der Konfessionen, folgte dem Leichenzuge. Zu bemerken waren der Bürgermeister, der Geistliche, die Gemeinderäte des Ortes und viele Bürgermeister der Umgegend. Die Leichenrede hielt der Rabbiner von Alzey, Herr Dr. Rothschild.
Möge ihm Jenseits der Lohn beschieden sein, dessen er sich auf Erden verdient gemacht hat. Seinen trauernden Angehörigen wünschen wir indes, dass ihnen Gott reichen Trost spenden möge. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

  
Über die Schauspielerin Sybille Schloss (1910-2007; Vater aus Framersheim)  
(Hinweis erhalten von Renate Rosenau, Alzey)  

Sybille Schloss ist 1910 in München geboren. Ihr Vater Karl Schloss stammte aus Framersheim; die (nicht-jüdische) Mutter war Rosa Eva Michel geb. Storck. Sybille Schloss lebte mit ihren Eltern 1914 bis 1927 in Alzey, wo ihr Vater die Zigarrenfabrik der Familie übernahm. Ihre Karriere als Schauspielerin begann bei den Münchener Kammerspielen; 1933 trat sie in der von Erika Mann gegründeten "Pfeffermühle" auf. Nach 1933 trat sie mit der "Pfeffermühle" in Zürich auf. Sie emigrierte nach New York, wo sie an ihre Karriere nicht mehr anknüpfen konnte. Nach dem Tod der Eltern im KZ (Karl Schloß in Auschwitz-Birkenau, Rosel im KZ Ravensbrück) und nach ihrer Scheidung arbeitete sie u.a. in einer Buchhandlung. Sie starb am 13. Dezember 2007 in New York. 
 
Literatur: Annelore Schlösser: Aufstieg und Fall einer jüdischen Familie aus Framersheim. In: Heimatjahrbuch Landkreis Alzey-Worms. 2006.
dies.: Erinnerungen an eine ungewöhnliche Frau. Heimatjahrbuch Alzey-Worms. 2009   

      

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten zu Personen, 
die in Framersheim geboren sind
 
 Framersheim KK MZ Bach Paula.jpg (92254 Byte)  Framersheim KK MZ Koch Ludwig.jpg (99300 Byte)  Framersheim KK MZ Loch Albert.jpg (91211 Byte)
   KK (Mainz 1939) für Paula Bach geb. Schoß 
(geb. 30. August 1881 in Framersheim) 
    
 KK (Mainz 1939) für Ludwig Koch III 
(geb. 3. April 1868 in Framersheim), Kaufmann, 
am 2. September 1942 ab Darmstadt deportiert 
in das Ghetto Theresienstadt, wo er am 11.
 Mai 1944 umgekommen ist   
KK (Mainz 1939) für Albert Koch 
(geb. 26. Oktober 1854 in Framersheim), 
am 27. September 1942 ab Darmstadt deportiert
 in das Ghetto Theresienstadt, wo er am 
17. Oktober 1943 umgekommen ist   
  
       
  Framersheim KK MZ Scheuer Eduard.jpg (85840 Byte) Framersheim KK MZ Schloss Karl.jpg (91846 Byte)  
    KK (Mainz 193) für Edmund Scheuer (geb. 
2. Oktober 1876 in Framersheim),
später wohnhaft in Mainz, am 27. September
 1942 ab Darmstadt  deportiert in das
Ghetto Theresienstadt,
 am 28. Oktober 1944 in das Vernichtungslager
 Auschwitz, ermordet   
 KK (Mainz 1939) für Karl Schloss 
(geb. 24. August 1872 in Framersheim), 
Kaufmann  
 
 
   
  
   

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge              
          
Über die Geschichte der Synagoge ist wenig bekannt. Erstmals genannt wird sie 1835 anlässlich einer Inspektionsreise des Kreisrates. 1839 wurde eine neue Synagogenordnung verabschiedet (nach Beitrag von D. Hoffman s.Lit.). Veranlasst wurde diese durch "das ordnungswidrige und den Gottesdienst störende Betragen einzelner Israeliten in der Synagoge zu Framersheim". In acht Artikel wurde in dieser Synagogenordnung umschrieben, wie sich zukünftig die Gemeindeglieder in der Synagoge zu verhalten hatten. Artikel 1 bezog sich auf die angemessene Kleidung, Artikel 2 auf die Verpflichtung für alle über 18-jährigen Männer, "an jedem Sabbat oder Festtage in der Synagoge zu erscheinen". Nach Artikel 3 war das Hin- und Herlaufen in der Synagoge bei der Verlesung der Tora verboten, nach Artikel 4 alles sonst Störende; Artikel 5 untersagte den noch nicht schulpflichtigen Kindern den Besuch der Gottesdienstes, wofür nach Artikel 6 die "Eltern oder Vormünder" verantwortlich waren; Artikel 7 wies auf das Strafverfahren bei Störungen hin und Artikel 8 legte das Verfahren für die öffentliche Verkündigung der Synagogenordnung fest. 
  
Über 100 Jahre war die Framersheimer Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Lebens am Ort. Auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen Einwohner wurde sie nach 1933 allerdings nicht mehr regelmäßig benutzt, dennoch ist sie im Dezember 1935 nochmals instandgesetzt worden.   
  
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet und niedergebrannt. Das Grundstück wurde mit einem Wohnhaus bebaut.     
  
  
Adresse/Standort der Synagoge Grundstück Bahnhofstraße 5 (zwischen Nr. 3 und Nr. 7).      
    
   
Fotos    

 Ehemaliges Synagogengrundstück
(Quelle: Beitrag von Dieter Hofmann 
im Heimatbuch 2008 S. 114)  
Framersheim Synagoge 210.jpg (60143 Byte)
  An dieser Stelle in der Bahnhofstraße (heute zwischen Nr. 3 und Nr. 7) 
stand die Framersheimer Synagoge  
     
Erinnerung auf Gefallenendenkmal
der Gemeinde
  
(Foto vom Mai 2013: Michael Ohmsen; 
Fotoseiten von M. Ohmsen zu Framersheim
 Framersheim Denkmal WWI 010.jpg (176180 Byte)  Framersheim Denkmal WWI 011.jpg (177163 Byte)
  Auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 
Ersten Weltkrieges steht auch der Name des jüdischen Gefallenen Richard Scheuer.     
     
     
Andernorts entdeckt
- in einem jüdischen Friedhof in Ingelheim 
(Foto: Stefan Haas) 
   
   Grabstein für Heinrich Koch (geb. 4.6.1852 in
Framersheim, gest. 18.12.1912 in Nieder-Ingelheim)  
 

        
     
    

Links und Literatur   

Links:  

bullet Website der Gemeinde Framersheim  
bullet Website der VG Alzey-Land 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 187-188.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 283.   
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 152 (mit weiteren Literaturangaben).
bulletDieter Hoffman: Der äußere Anstand in Gefahr. Die Framersheimer Synagogenordnung von 1839. In: Heimatjahrbuch Landkreis Alzey-Worms 2008. S. 113-115.  

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Framersheim  Hesse. Established around 1750, the community numbered 105 (7 % of the total) in 1861. Only 13 remained on Kristallnacht (9-10 November 1938), when Jewish property (including the synagogue) was destroyed. By 1940 seven of these Jews had emigrated.     
         
          

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 17. April 2020