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Altengronau (Gemeinde
Sinntal, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Altengronau bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung
geht in mittelalterliche Zeiten zurück. Schon um 1100 sollen hier Juden
gelebt haben. Im 13. Jahrhundert sollen die Vorfahren der Familie Münz aus
Frankreich zugewandert sein. Bei der Judenverfolgung in der Pestzeit 1349
flüchteten einige Überlebende der Juden aus Steinau nach Altengronau.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert
wie folgt: 1835 32 jüdische Einwohner, 1861 36 (4,6 % von insgesamt 785
Einwohnern), 1885 44 (5,2 % von 833), 1895 40 (4,4 % von 891), 1905 51 (5,2 %
von 982).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), einen Raum für den
jüdischen Religionsunterricht, ein rituelles Bad (lag im hinter der Synagoge
liegenden Hof, war aber lange vor 1933 nicht mehr im Gebrauch) sowie einen auch
von zahlreichen andere Gemeinden in der Umgebung genutzten Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter tätig war (siehe unten
Ausschreibungstext von 1891). 1902 wurde die Lehrerstelle in Zeitlofs
ausgeschrieben mit Hinweis, dass von Zeitlofs aus auch der Religionsunterricht
in Altengronau als Filiale übernommen werden könne. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk
Hanau.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Berthold Münz
(geb. 29.3.1897 in Altengronau, gef. 20.8.1918) und Unteroffizier Berthold Münz
(geb. 4.5.1888 in Altengronau, gef. 3.5.1917).
Um 1924, als 48 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (4,7 %
von insgesamt 1.019 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Benjamin Münz
und Samuel Münz II. Letzterer erteilte ehrenamtlich den Religionsunterricht der
drei jüdischen Kinder. Als Schochet fungierte bereits seit vielen Jahren der
Torarollenschreiber (Sofer) Raphael Levi, der 1926 starb (siehe Nachruf unten).
Auch 1932 waren die Vorsteher Benjamin Münz und Samuel Münz II. Damals
waren noch zwei jüdische Kinder an der Religionsschule zu unterrichten.
1933 lebten noch 39 jüdische Personen in Altengronau (3,8 % von
1.014 Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Sieben Personen sind in
die USA emigriert, zwei nach London. Sieben Personen aus Altengronau verstarben
bis 1939, mehrere verzogen in Ort Deutschlands, meist nach Frankfurt. Im Mai und
August 1942 wurden 15 jüdische Einwohner aus Altengronau deportiert.
Von den in
Altengronau geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Karl (Kallmann) Goldschmidt (1867), Klara
Goldschmidt (1899), Rosa Goldschmidt (1896), Taubilla Goldschmidt geb. Levi
(1863), Jacob Grünewald (1869), Sarah Lamm geb. Münz (1869), Therese
Levi (1894),
Ella Mayer geb. Tannenberg (1905), Karl Münz (1881),
Markus Münz (1900), Paula Münz (1909), Samuel Münz (1869), Siegfried Münz
(1904), Cilly Oppenheimer geb. Münz (1886), Klara Oppenheimer geb. Levi (1882),
Rosa Oppenheimer geb. Münz (1871), Johanna Sämann geb. Levi (1891), Therese
Sommer geb. Münz (1861), Mina Stern geb. Strauss (1875), Salomon (Sally) Stern
(1916), Ida Strauss (1916), Regina Tannenbaum geb. Münz (1883).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und Vorbeters (1891 / 1902 als
Filialunterricht von Zeitlofs)
Anmerkung: die die Stelle war in Altengronau 1891
nicht mit der Aufgabe des Schächtens verbunden. Dieses Amt wurde wahrgenommen
von dem Toraschreiber und Friedhofsverwalter Raphael Levi (s.u.).
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1891: "Die israelitische
Gemeinde Altengronau im Kreise Schlüchtern sucht per 15. Oktober diesen
Jahres einen unverheirateten Religionslehrer
und Vorbeter. Gehalt 450 Mark
nebst freier Wohnung und hübschen Nebeneinkünften. Bewerber wollen sich
an den Unterzeichneten wenden.
Samuel Münz, Synagogen-Ältester." |
|
Anzeige
in "Der Israelit" vom 28. Mai 1902: "Die Vorbeter-,
Lehrer- und Schächterstelle in hiesiger Gemeinde ist vakant und
kann sofort besetzt werden. Fixer Gehalt Mk. 600 und Mk. 200 für die
eventuelle Verwesung der Filiale Altengronau. Die Beheizung des Schullokals
wird extra honoriert. Der Schächterdienst trägt jährlich circa Mk. 150 sowie
sonstige nicht unbedeutende Nebenverdienste. Außerdem ist hierbei eine
prachtvolle Familienwohnung nebst schönem Garten.
Zeitlofs (Bayern), 25. Mai. Die
israelitische Kultusverwaltung." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Ein jüdischer Mann aus Altengronau steht unter Verdacht
der Brandstiftung (aus den 1830er-Jahren, berichtet 1877)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Oktober 1877: "Ich verlebte einige
Jahre meiner Jugend in der ehemaligen kurhessischen Provinz Hanau und zwar
im Kreise Schlüchtern, wo das Rhöngebirge und der Spessart sich
begegnen. Fast am Ende des genannten Kreises, nahe der bayerischen Grenze
hin, liegt, von üppigen, mit Bäumen seltener Höhe bestanden
Buchenwaldungen umrahmt, das Dorf Altengronau. Das ansehnliche Dorf hatte
damals nur 4-5 jüdische Familien unter seinen Bewohnern; auf einer unweit
des Dorfes befindlichen hohen Bergkuppe aber zählt die Zahl der dort in
unübersehbaren Reihen in den Schoß der Erde gebetteten israelitischen
Leichen nach Tausenden; denn von weit und breit
aus Hessen und Bayern werden seit undenklichen Zeiten die jüdischen
Leichen hierher auf das gemeinschaftliche 'gut Ort' gebracht. In
diesem Orte lebten damals, es war in den dreißiger Jahren (sc.
1830er-Jahre), zwei jüdische Jünglinge, Söhne einer Witwe, von denen
der eine Schuhmacher, der andere Büttner war. Sie waren echte Söhne des
Spessarts, groß und starb an Körper, wie die meisten männlichen
Bewohnern dieses Gebirges, aber auch derb, roh und ungeschlachtet, wie
diese. Sie unterschieden sich in ihrem äußeren Wesen und Gebaren durch
nichts von der dortigen Bauernjugend; Sprache, Bildung und Lebensweise
waren ganz dieselben, wie bei jener. Wir sie nicht kannte, hätte nimmer
erraten, dass sie Juden seien. Ihr geschäftlicher Umgang beschränkte
sich auch einzig und allein auf die Bauernjugend. Übrigens waren sie
rechtschaffen, fleißig, ehrlich und genügsam. Sie trieben jeder sein
Handwerk, und wenn diese sie zuweilen nicht hinlänglich beschäftigten,
so tagelöhnerten sie auch; denn sie waren arm und lediglich auf ihrer Hände
Arbeit angewiesen. Sie waren beide von ungewöhnlicher Körperkraft. So
konnte z.B. der Eine die schwersten Fässer mit den bloßen Zähnen in die
Höhe heben und eine |
Strecke
weit forttragen. Obgleich aber im höchsten Grade ungebildet und nur in
christlichem Umgang lebend, verletzten sie doch ihre religiösen Pflichten
und die Speisegesetze nicht. Auch zeichneten sie sich noch durch eine
Eigenschaft aus, welche wohl nicht allen jungen Leuten ihres Umganges in
gleicher Weise eigen sein mochte, nämlich durch die Liebe und Verehrung
gegen ihre Mutter, die sie durch ihrer Hände Arbeit ernährten. Da
entstand einst in einer kalten Winternacht in dem Dorfe eine Feuersbrunst,
welche einige Gebäude in Asche legte. Man mutmaßte Brandstiftung. Diese
Vermutung steigerte sich zur Gewissheit, als sich immer in Zwischenräumen
von einigen Tagen die Feuersbrünste wiederholten und zwar jedes Mal des
Nachts. Die Aufregung war allgemein. Man stellte jede Nacht Wachen aus und
ließ mehrere Mann im Dorfe patrouillieren. Lange vergebens. Da brach in
einer Nacht wieder eine Feuersbrunst aus und gerade, als sie zum Ausbruche
kam, wurde Einer der beiden Brüder (wir wollen ihn Wolf nennen, da mir
sein eigentlicher Name nicht mehr erinnerlich ist), der aus einer bäuerlichen
'Spinnstube' gekommen war, sich aber auf der Straße noch längere
Zeit allein aufgehalten hatte, von der Nachtwache in der Nähe der Brandstätte
betroffen. Er wurde festgenommen und konnte nur mit Mühe vor
Misshandlungen geschützt werden, obgleich er seine Unschuld beteuerte.
Des Morgens in aller Frühe wurde er nach dem 2 Stunden weit entfernten
Amtssitze Schwarzenfels gebracht und alldort dem Amtsgefängnisse überwiesen.
Im Laufe des Vormittags sagte Wolf zu dem Gefängniswärter, er solle ihm
statt des Mittagessens nur Brot bringen, weil er die übrige Gefängniskost
doch nicht essen werde, da sie nicht
'koscher' sei. Der Gefängniswärter machte hiervon dem Beamten
Meldung. 'Den Jud will ich doch einmal auf die Probe stellen',
erwiderte der nicht im Rufe der Judenfreundlichkeit stehende Beamter, ein
alter gewiegter Jurist, pfiffig-schmunzelnd dem Gefängniswärter. 'Kommen Sie heute Mittag um 1 Uhr in meine Wohnung und holen Sie dort
das Essen für den Gefangenen!' Um 1 Uhr begab sich der Gefängniswärter
in die Wohnung des Beamten. Hier wurde ihm von dessen Tische eine Portion
kräftiger Fleisch-Suppe, desgleichen Gemüse und ein Stück wohl
duftenden Bratens für Wolf übergeben. 'So', sagte der Beamte, 'das
bringen Sie dem Gefangenen und sagen ihm, dass er jeden Mittag auf diese
Weise von mir besorgt werden solle. Wen er es nicht essen zu wollen erklärt,
dann lassen Sie es doch in seiner Zelle stehen. Um 5 Uhr revidieren Sie
und berichten mir dann!' So geschah es. Der Wohlgeruch der kräftigen
warmen Suppe, so wie
|
des schönen
Bratens berührten zwar die Geruchsnerven des gerade sein trockenes Brot
verzehrenden Gefangenen in sehr verführerischer Weise; aber er erklärte
auf das Bestimmteste, dass er ihm religiös Verbotenes nicht essen würde.
Als der Gefangenenwärter um 5 Uhr wieder in die Zell kam, fand er auch
wirklich die Speise noch unberührt, was er dem Beamten sofort meldete.
Des Abends besuchte der Amtmann die Bierstube, in welcher sich
allabendlich die Honoratioren des Ortes zusammenfanden. Natürlich kam das
Gespräch auf das Ereignis des Tages, auf die Einbringung des
Altengronauer Brandstifters. 'Ja', sagte der Amtmann, sie haben den
Jud Wolf eingebracht, aber den Brandstifter nicht; denn der Juden ist
unschuldig.'
'Was sie sagen!' rief Einer der Gäste. 'Ist er denn schon im Verhöre
gewesen?'
'Das nicht', antwortete der Amtmann. 'Das ging heute nicht und wird
erst morgen geschehen; aber ich habe den Menschen auf die Probe gestellt
und ihm zu Mittag gutes Essen von meinem Tische geschickt; er aber
weigerte sich, es zu essen, weil es ihm religiös verboten sei. Ein
Jud', der so gewissenhaft auf seine Religion hält, wird nie aus
Mutwillen, Rache oder Diebeslust, Mordbrenner werden, dessen bin ich fest
überzeugt.'
'Das ist doch ein sehr zweifelhafter Beweis' antwortete Jener.
'Mir nicht', sagte der Beamte. 'Da müsste mich meine
Lebenserfahrung im Stiche lassen, wenn ich hier Unrecht behalten
sollte.'
'Da wird der Angeklagte leichtes Spiel haben, wenn Sie mit solcher
vorgefassten Meinung an die Untersuchung gehen!' meine ein anderer der
Biergäste.
'Da irren Sie sich sehr' antwortete der Amtmann. 'Ich habe hier nur
meine persönliche Ansicht ausgesprochen; nach dem Stande unserer
Gesetzgebung kommt aber die innere Überzeugung des Richters nicht in
Betracht, nur der Buchstabe des Gesetzes gilt. Wenn daher die Unschuld des
Juden sich nicht auf sonstige Weise herausstellt, wird ihm an der Strenge
der Untersuchung nichts erspart werden können.'
Und so war es auch. Es wurde Wolf nichts erspart. Er musste die Leiden der
Untersuchungshaft mit allen den Erschwerungen, welche die damalige
Gesetzgebung noch möglich machte, durchkosten. Die Folter war zwar längst
beseitigt; aber der Stock stand noch in Ehren, und den bekam er mehr als
einmal zu fühlen. Ein Geständnis wurde aber dadurch nicht bewirkt. Seine
stehende Antwort war und blieb: 'Herr Amtmann, ich sein's nit gewest
und waß ach nichts davon!'
Er war bereits drei Monate in Haft. Treife aß er nicht, sondern
begnügte sich während der ganzen Zeit mit kalter Kost, da in
Schwarzenfels keine Juden wohnen. Seine alten Mutter oder sein Bruder
brachten ihm in jeder Woche einige Fleischspeisen. Da brach in einer Nacht
in Altengronau wieder Feuer aus und zwar mit sichern Anzeichen der
Brandstiftung. Neue Aufregung und Unruhe im Orte. Einige Nähte darauf
wiederholte sich dieser Vorgang; dieses Mal aber wurde der Brandstifter
auf frischer Tat ertappt. Es war ein liederlicher Bursche aus dem Orte.
Nach Schwarzenfels gebracht, gestand er nicht nur die beiden letzten
Brandstiftungen ein, sondern bekannte sich auch als alleinigen Urheber der
früheren Brände. Wolf wurde alsbald seiner Haft entlassen und erhielt
vom Staate 300 Gulden Entschädigung für unschuldig ausgestandene Haft
und Qual. Der alte Amtmann hatte doch Recht behalten!" |
Aufrufe zur Unterstützung von Notleidenden der Gemeinde
(1886 / 1891)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1886: "Dringende Bitte!
Ein armer Familienvater von 4 Kindern, der durch die Strapazen des Krieges
1870/71 körperlich krank und zu schwerer Arbeit gar nicht mehr fähig
ist, kann seine Familie, wovon der Sohn bereits 2 Jahre im Krankenhaus zu
Hanau lag und die Frau ebenfalls leidend ist, nicht mehr ernähren und
richtet die Bitte an seine Glaubensgenossen, ihm doch eine Unterstützung
zuteil werden zu lassen, da die Not sehr groß und der Mann der Gefahr
ausgesetzt ist, mit seiner Familie verhungern zu müssen.
Gaben nimmt entgegen der Synagogen-Älteste in Altengronau
Samuel Münz I.
Dass die in diesem Bittgesuche geschilderte Notlage auf Wahrheit beruht,
bestätigt
Altengronau, 27. Februar 1886 Der
Bürgermeister Ulling.
Auch wir sind bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die
Expedition des 'Israelit'." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1891: "Edle Glaubensgenossen!
Ein religiöser Familienvater im hiesigen Dorfe, welcher sich seither auf
sparsame Weise rechtschaffen ernährte, führte ein Schnitt- und
Spezereiwarengeschäft und ist durch Konkurs in größte Armut geraten.
Obwohl die Glaubensgenossen gegenwärtig mit Spenden und dergleichen sehr
in Anspruch genommen sind, wage doch die Bitte zu stellen, indem es den
hiesigen Leuten selbst bei aller Aufopferung unmöglich wird, ihm wieder
zur Gründung einer Existenz helfen zu können, diese ins unbedenkliche
Elend gekommene arme Familie zu unterstützen.
Für eingehende Spenden, welche ich in Empfang nehme, werde öffentlich
quittieren.
Altengronau bei Jossa, 5. Juli 1891. Samuel Münz.
Auch die Expedition dieses Blattes ist breit, Gaben in Empfang zu nehmen
und weiter zu befördern." |
Berichte zu einzelnen Personen in der Gemeinde
Zum Tod des Sofer
(Torarollenschreibers), Schochet und Friedhofverwalters Raphael Levi (1926)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1926: "Altengronau, 30. Mai
(1936). Unter außergewöhnlich großer Beteiligung von nah und fern wurde
am 13. Siwan der Sofer und Schochet
Raphael Levi von hier im 72. Lebensjahre auf dem hiesigen uralten
Bezirksfriedhof zum Begräbnis
Israels gebracht. Hervorgegangen aus einer berühmten Gelehrtenfamilie
– schon der Großvater des Gestorbenen hatte hier die göttliche Arbeit
das Torarollenschreibens ausgeübt – war auch er ein seltener Gottesfürchtiger
und in seinem Fache ein Künstler, wovon die von ihm geschriebenen
Torarollen und hergestellten Tefillin ein beredtes Zeugnis ablegen. Drei
Generationen hindurch war er Verwalter des Friedhofes. Die damit
verbundene Wohltätigkeit im Sinne
der Wahrheit hat er weit über seinen Beruf hinaus im wahrsten Sinne
des Wortes ausgeübt. Ebenso war ihm das Gebot der Gastfreundschaft etwas Selbstverständliches. Sein
bescheidenes, freundliches und entgegenkommendes Wesen sicherte ihm die
Herzen aller, die je im Leben mit ihm zusammentrafen. Der durch sein
Hinscheiden allgemein hervorgerufenen Trauer gaben in herrlich gehaltenen Trauerreden
vor dem Trauerhause Lehrer Sulzbacher – Großbiberau, ein Schwager des
Verstorbenen und auf dem Friedhof Lehrer Gundersheimer - Brückenau, aus
hiesiger Gegend stammend, Herr Benjamin Münz für den Gemeindevorstand,
und zuletzt B. Oppenheimer – Marktbreit, ein Schwiegersohn des
Dahingeschiedenen Ausdruck. Sein unbestrittener guter
Name möge den Hinterbliebenen für den schweren Verlust ein Trost
werden. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Mirjam Levi, Gattin des Sofer
(Toraschreibers) Raphael Levi (1930)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1930: "Altengronau, 3.
Dezember (1930). Freitag Vormittag, 8. Kislev wurde auf dem hiesigen
Friedhof Frau Mirjam Levi, die Gattin des vor einigen Jahren verstorbenen
Sofer Raphael Levi von hier, wenige Tage vor Vollendung ihres 80.
Lebensjahres zur Grabstätte gebracht. Ungeachtet der drängenden Zeit
(sc. der Sabbat war nahe) hatte sich eine große Zahl ihrer Verwandten und
Freunde eingefunden, um ihr das letzte Geleit zu geben. Lehrer a.D. Hirsch
Sulzbacher - Groß-Bieberau, ein Bruder der Verstorbenen und Oppenheimer -
Marktbreit, ein Schwiegersohn, gaben ihren Trauergefühlen beredten
Ausdruck und entwarfen in geeigneten Traueransprachen ein getreues
Lebensbild der Entschlafenen. Mit Frau Levi ist eine jener herrlichen jüdischen
Frauengestalten von uns geschieden, wie sie leider in jetziger Zeit immer
seltener werden. Als Tochter des R. David Sulzbacher – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen – von Mergentheim, der in
schöner Harmonie Tora und Landessitte als
Geschäftsmann in sich vereinigte, war
sie zeitlebens aufs peinlichste bemüht, die im elterlichen Hause
angeeigneten Grundsätze und Lehren in die Tat umzusetzen. Seelenadel,
Herzensgüte und Menschenfreundlichkeit spiegelte ihr Gesichtsausdruck
wieder. Gottesfurcht und Gottesvertrauen, gewissenhaftes Beobachten der
Pflichten gegen Gott und Menschen bildeten den Inhalt ihres Lebens. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Lehrer a.D. Samuel Strauß zieht von Windsheim
zu seinen Kindern nach Altengronau (1934)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai
1934: "Windsheim. Am 28. April (1934) verließ Herr Lehrer
Samuel Strauß seinen bisherigen Wohnsitz Windsheim,
um seinen Lebensabend bei seinen Kindern in Altengronau zu
verbringen. 54 1/2 Jahre, davon zuletzt 4 Jahre im Ruhestand, wirkte er in
der Gemeinde und war im wahrsten Sinne des Wortes ihr Seelsorger. Leid und
Freud hat er mit seiner Gemeinde geteilt. In einem Schreiben des ersten
Vorstandes wurde ihm in herzlichen Worten der Dank der Gemeinde
ausgesprochen." |
Zum Tod von Lehrer Samuel Strauß in Altengronau 1935 (am Erev Rosch
Haschono - Vorabend zum Neujahrstag 5696 = 27. September 1935)
Anzeige
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Oktober 1935:
"Mein guter Vater, unser Großvater und Schwiegervater Herr Samuel
Strauss Lehrer a.D. früher Windsheim, ist am Erev Rosch Haschono im
80. Lebensjahr von uns gegangen. Altengronau, den 30. September 1935.
Getta Münz geb. Strauss." |
Suchanzeige für Klara Munz geb. Moses (früher
Altengronau) und ihre Schwester Dina Simon geb. Moses von Selma Stern geb. Mayer
(USA 1942)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 16. Januar 1942:
"Gesucht wird: ...
Klara Munz geb. Moses (früher Altengronau), oder Schwester Dina
Simon geb. Moses (früher Eppertshausen),
von Selma Stern geb. Mayer (früher Ober-Olm
bei Mainz), 321 W. 105th St. NY City." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Gemischtwarengeschäftes von Samuel
Münz (1922 / 1925 / 1933)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922:
"Für mein Gemischtwaren-Geschäft suche ich sofort einen Lehrling
mit guter Schulbildung. Kost und Wohnung im Hause! Schabbos und Jontef
(Feiertag) streng geschlossen! Samuel Münz, Altengronau,
Hessen-Nassau." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1925: "Ich
suche für Verwandten, der seine 2-jährige Lehrzeit bei mir beendet hat,
eine Stelle als Verkäufer
in lebhaftem Manufakturwaren-Geschäft.
Samuel Münz, Altengronau, Hessen-Nassau" |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1933:
"Wir suchen für sofort für unser gemischtes Warengeschäft 1
Lehrling mit guter Schulbildung bei freier Station. Samstag und Feiertag
geschlossen. Selbst geschriebene Bewerbungsschreiben erbeten.
Firma Samuel
Münz Altengronau (Hessen-Nassau)." |
Neujahrswünsche von Benjamin und Salomon Münz (1928)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 14. September 1928:
"Allen Verwandten, Freuden und Bekannten die
besten Wünsche zu Rausch-Haschono.
Benjamin und Salomon Münz, Altengronau." |
Verlobungsanzeige von Lilly Löwenstein und Norbert
Stiebel (1934)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen
Gemeinden Württembergs" vom 1. September 1934:
"Lilly Löwenstein - Norbert Stiebel. Verlobte.
Stuttgart Hohenstaufenstr. 19 - Altengronau Kreis
Schlüchtern. August 1934". |
Sonstige Dokumente
(aus der Sammlung von Dirk Ebenhöch)
Weiteres Dokument
zum Gemischtwarengeschäft Samuel Münz (1930)
Erlaubnisschein
für die Firma Samuel Münz in Altengronau zum "Kleinhandel mit
Spirituosen..." vom Oktober 1930 |
Dokumente zur Feststellung noch
vorhandener jüdischer Grundstücke in Altengronau (1941)
Aus der Korrespondenz
zwischen
dem Bürgermeisteramt Altengronau
und dem Landratsamt/Katasteramt in
Schlüchtern (Juli 1941) |
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Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betsaal war in einem 1717 erbauten Haus
eingerichtet. Dieses Haus war von Anfang an in jüdischem Privatbesitz.
Möglicherweise haben bereits die Hausbesitzer im 18. Jahrhundert hier einen
Betsaal eingerichtet (als Privat- oder Gemeindesynagoge, bleibt offen). Bei dem
1717 erbauten Gebäude handelt es sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus. Der
Betsaal befand sich im Erdgeschoss in dem von der Straße abgewandten
Gebäudeteil. Zur Straße hin gab es zwei Ladenräume des jüdischen
Hausbesitzers. Im Synagogenraum gab es keine Empore, jedoch einen abgeteilten Bereich für die Frauen.
In den 1930er-Jahren gehörte das Haus zuletzt Benjamin
und Salomon Münz. Sie verkauften das Haus 1936-37. Es wurde danach zu einem bis
heute bestehenden Wohnhaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Frankfurter
Straße 3
Fotos
Das ehemalige
Synagogengebäude 2007
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.5.2007) |
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Der Betsaal befand
sich im - von der Straße aus - rückwärtigen Bereich des
Erdgeschosses |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September /
November 2010: Eine Erinnerungstafel
wird auf dem Dorfplatz aufgestellt |
Artikel in den
"Kinzigtal-Nachrichten" vom 19. September 2010 (Artikel):
"'Kulturweg Sinntal': Diskussion über Tafel-Entwurf
ALTENGRONAU Im Zuge des bereits bestehenden 'Kulturweges Sinntal' des Archäologischen Spessartprojekts soll auf dem Altengronauer Dorfplatz am 9. November dieses Jahres eine weitere Informationstafel enthüllt
werden.
Nach Mitteilung des evangelischen Pfarrers von Altengronau, Wolfgang Bromme, wird die Tafel mit dem Titel
'Altengronauer Synagoge – Juden und Christen in friedlicher
Nachbarschaft' derzeit in Zusammenarbeit mit Dr. Gerrit Himmelsbach (Aschaffenburg), dem Projektleiter des Kulturweges, entworfen..." |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 35. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 146. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 134. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
324-325. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 225-226. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 367-368. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Altengronau
Hesse. Jews from Steinau took refuge there during the Black Death persecutions
of 1348-49. The later community, numbering 51 (5 % of the total) in 1905, owned
one of the oldest (17th century) and largest Jewish cemeteries in Hesse, where
11 communities buried their dead. All the Jews left by 1939.
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|