Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Wörrstadt (VG Wörrstadt, Kreis Alzey-Worms) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Kennkarten aus der NS-Zeit      
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)         
    
In Wörrstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.    
     
Bereits im Zeitraum zwischen Spätmittelalter und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebten Juden in der Stadt. 1381 wird erstmals eine "Judenpforte" in der Stadt genannt. 1567 wurde den in der Stadt ansässigen Juden befohlen, Wörrstadt zu verlassen. Nachdem der Pfalzgraf Kurfürst Friedrich III. (1559-1576) die Juden der Kurpfalz vertrieben hatte, wurden in der Folge 1576 auch die jüdischen Einwohner aus Wörrstadt aus der Stadt gewiesen.   
    
Mitte des 18. Jahrhunderts konnten wieder einige jüdische Familien in Wörrstadt zuziehen. Sie wurden von den Fürsten von Salm-Kyrburg und dem Grafen von Grumbach aufgenommen. Damaliges jüdisches Wohngebiet war die Obergasse in Richtung Alzey.   
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1804 21 jüdische Einwohner, 1828 62, 1861 118 (5,8 % von insgesamt 2.047 Einwohnern), 1880 98 (4,7 % von 2.074), 1895 99 (4,5 % von 2.188), 1905 88 (3,7 % von 2.388). Die jüdischen Einwohner lebten zunächst überwiegend vom Vieh-, später vor allem vom Weinhandel. 1817 werden unter den jüdischen Gewerbesteuerpflichtigen genannt: sieben Viehhändler, zwei Fleischer, ein Bierhefehändler, eine Gänglerin mit Ellenwaren. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts eröffneten einige jüdische Gewerbetreibende auch Läden und Handlungen in der Stadt (Weinhandlungen, Viehhandlungen, Manufakturwarengeschäfte). Die jüdischen Familiennamen waren nach Annahme fester Familiennamen insbesondere: Mayer, Morro (Moreau), Herzog, Lion, Dewald, Rost, Weis, Strauß, Frank und Berney; die Familien Herf und und Bronne sind aus Partenheim beziehungsweise Rommersheim zugezogen.    
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad (im Gebäude des Synagoge) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten von 1873 und 1876). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Alzey.   
  
Die jüdischen Familien waren im Leben der Stadt weitestgehend integriert. Viele jüdische Einwohner nahmen aktiv am gesellschaftlichen Leben teil: bei Fastnachtsveranstaltungen waren von elf Büttenrednern teilweise drei Juden. Einzelne jüdische Personen waren Mitglieder im Fußballverein und anderen Vereinen. 
    
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Isidor Bronne (geb. 18.6.1872 in Eichloch/Rommersheim, gef. 8.4.1917). Außerdem soll Lehrer Asnes gefallen sein (Arnsberg s.Lit. S. 414).  
    
Um 1924, als zur Gemeinde 65 Personen gehörten (2,9 % von insgesamt 2.264 Einwohnern)), waren die Gemeindevorsteher Karl Herf, Abraham Bronne und Julius Bronne. Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde damals nicht. Die damals drei schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde erhielten ihren Religionsunterricht durch Rabbiner Dr. Lewit in Alzey. An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein (1924 unter Leitung von Karl Herf mit 11 Mitgliedern) und den Israelitischen Frauenverein (1924 unter Leitung von Frau Herf). 1932 waren die Gemeindevorsteher Leopold Mayer (1. Vors. und Schriftführer), Abraham Bronne (2. Vors.) und Alfred Löwenstein (3. Vors). Als jüdischer Lehrer wird nun ein Herr Rosenberg genannt. Er erteilte im Schuljahr 1931/32 sechs Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht. Als Schochet war (ehrenamtlich) Max Bronne tätig.     
   
1933 wurden noch 44 jüdische Personen am Ort gezählt (1,9 % von insgesamt 2.395 Einwohnern). In den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Antijüdische Aktionen gab es mehrfach vor Ort: beim Karnevalsumzug 1938 wurde "Israels Auszug aus Wörrstadt" dargestellt. Beim Novemberpogrom 1938 wurden mehrere jüdische Geschäfts- und Wohnhäuser überfallen und demoliert; mehrere der jüdischen Einwohner wurden misshandelt. 1939 lebten keine jüdischen Personen mehr in Wörrstadt. 
  
Von den in Wörrstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Heinrich Berney (1888, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Irmgard Barbara Berney (1921), Josef Berney (1886), Klara Berney (1882), Siegfried Berney (1884), Siegfried Berney (1923), Max Bronne (1905), Theodor Dewald (1882), Walter Kahn (1905), Priska Löwenberg geb. Bermann (1882), Paul Mayer (1922), Bella Nachmann (1906), Christine Schaffner geb. Wolf (1857), Amalie Schlösser (1879), Frieda Sedel geb. Kahn (1906), Edith Strauss (1920), Karl Wolf (1877), Minna (Wilhelmine) Wolf (1882).     
  
1998 wurde in der Pfarrgasse eine Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Einwohner von Wörrstadt.    
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1873 / 1876  

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1873: "Konkurrenz-Eröffnung. 
Bis den 1. April laufenden Jahres wird die hiesige israelitische Religions- und Vorbeterstelle mit einem fixen Jahresgehalt von 400 Gulden nebst freier Wohnung vakant. - Konkurrenzfähige Bewerber belieben sich an den Vorstand zu wenden. Wörrstadt, im Januar 1873."    
 
Woerrstadt AZJ 26081873.jpg (37884 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. August 1873: "Konkurrenz-Eröffnung. 
Die hiesige israelitische Religionslehrer- und Vorbeterstelle mit einem fixen Jahresgehalt von 400 Gulden nebst freier Wohnung ist vakant. 
Konkurrenzfähige Bewerber belieben sich an den Vorstand zu wenden. Wörrstadt, im August 1873."  
   
Woerrstadt Israelit 16021876.jpg (52995 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar 1876: "Lehrer-Gesuch. 
In der israelitischen Gemeinde zu Wörrstadt bei Mainz findet ein geprüfter Religionslehrer und Kantor Anstellung, am liebsten sofort; gewünscht wird, dass der Betreffende auch die Schechita übernimmt. Fixer Gehalt 800 Mark, Nebeneinkünfte ca. 400 Mark (inklusive Schechitah-Gebühren). Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den Vorstand einsenden."   

    
    
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  

Antisemitische Umtriebe - der Antisemit Dr. Böckel hält eine Versammlung in Wörrstadt ab (Oktober 1891)  

Woerrstadt Israelit 28101891.jpg (90763 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1891: "Aus Rheinhessen. So hat er jetzt die Gefilde des Odenwalds verlassen. Wer denn? Nun kein anderer, als der edle Dr. Böckel, um sein Unweisen in Rheinhessen zu treiben, und um auch hier die Saat des Unfriedens und der Zwietracht zu säen. So hatte er auf Sonntag, den 11. Oktober eine Versammlung nach Wörrstadt bei Alzey einberufen. Die Versammlung war so zahlreich besucht, dass dieselbe im Freien abgehalten werden musste. Dr. Böckel fand lebhafte Widerlegung von Seiten mehrerer Anwesenden, auch von sozialistischer Seite und wenig Boden für seine Lehren. Er beabsichtigt, auch noch andere Orte Rheinhessens zu besuchen; doch auch hier wird er zur Überzeugung gelangen, dass eine so intelligente Bevölkerung wie die Rheinhessens, wo die verschiedensten Konfessionen schon seit sehr langer Zeit in Frieden zusammenleben, nicht gewillt ist, sich die zu wandelnden Wege von einem Herr Dr. Böckel vorschreiben zu lassen."   

  
Antisemitische Umtriebe - eine jüdische Veranstaltung wird gestört (Oktober 1891) 

Woerrstadt Israelit 09111891.jpg (103298 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1891: "Alzey, 3. November (1891). Das amtliche Organ des Kreisamts für den Kreis Alzey schreibt in seiner Nummer vom 1. November: Die antisemitischen Hetzereien der letzten Wochen beginnen ihre Früchte zu tragen: In Wörrstadt störte antisemitischer Pöbel ein harmloses Tanzvergnügen, das anlässlich der jüdischen Feiertage stattfand. Die Gesellschaft musste das Lokal verlassen, um Gewalttätigkeiten aus dem Weg zu gehen. Zwischen nach Odernheim entsandten Alzeyer Agenten der Antisemitenpartei und einigen israelitischen jungen Leuten kam es zu einer nicht unerheblichen Schlägerei. Es ist keine Agitation zu denken, welche einerseits tiefer verletzt, andererseits die rohesten Instinkte der Menschennatur mehr aufstachelt, als diese antisemitisch-anarchistische Hetze. Wenn auch schon die Anrüchigkeit der meisten Führer der Partei - der 'nationalen' wie der lokalen - ein Übergreifen der Bewegung auf weitere bürgerliche Kreise ausschließt, so begreifen wir doch die Behörde nicht, die, sonst so tatkräftig, hier mit verschränkten Armen zuschaut, wie Aufruhr und Gewalt gepredigt und schließlich in die Tat umgesetzt wird. Wohin soll das führen?"  

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Manufakturgeschäft zu verkaufen (1907)  

Woerrstadt Israelit 06061907.jpg (59669 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juni 1907: "In Wörrstadt, Rheinhessen, 3000 Einwohner, sehr kaufkräftiger Umgegend, ist das Geschäftshaus, in welchem der Besitzer 30 Jahre ein Manufakturgeschäft betrieben und sich alsdann ins Privatleben zurückgezogen hat, billig unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen. 
Briefe bes. unter P.J. 1429."  

        

Kennkarten aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarten zu Personen, 
die in Wörrstadt geboren sind
 
 Woerrstadt KK MZ Berney Irmgard.jpg (89032 Byte)  Woerrstadt KK MZ Berney Klara.jpg (89567 Byte)  
  Kennkarte (Mainz 1939) für Irmgard Barbara Berney 
(geb. 8. Februar 1921 in Wörrstadt), Hausangestellte, wohnhaft 
in Mainz,  deportiert am 25. März 1942 ab Mainz - 
Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen     
 Kennkarte (Mainz 1939) für Klara Berney (geb. 23. Januar 1882
 in Wörrstadt), Dienstmädchen, wohnhaft in Mainz, deportiert 
am 25. März 1942 ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, 
umgekommen   
 
       
  Woerrstadt KK MZ Berney Siegfried.jpg (85633 Byte) Woerrstadt KK MZ Mayer Paul.jpg (89057 Byte)  
   Kennkarte (Mainz 1939) für Siegfried Berney (geb. 6. Dezember 1923 
in Wörrstadt), Schüler, wohnhaft in Offenbach am Main, am 
30. September 1942 deportiert ab Darmstadt nach Treblinka, später
 Vernichtungslager Auschwitz, ermordet  
 Kennkarte (Mainz 1939) für Paul Mayer (geb. 4. April 1922
 in Wörrstadt), Kaufmännischer Lehrling, wohnhaft in Mainz, am 
25. März 1942 deportiert ab Mainz -Darmstadt in das Ghetto Piaski, 
ermordet  
 

       
       
   
    
Zur Geschichte der Synagoge   
           
     
Vermutlich kurz nach 1800 wurde ein Betraum im Haus des damaligen Gemeindevorstehers Moses Mayer eingerichtet. Dieser stellte den Raum unentgeltlich zur Verfügung. Um 1830 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Moses Mayer und der Gemeinde um den Betsaal, nachdem die Gemeinde Anspruch auf den Raum erhoben hatte und Moses Mayer als Reaktion den Raum kündigte. 
    
Im Verlauf der Auseinandersetzungen, die vom Bürgermeister geschlichtet werden mussten, schlug dieser vor, dass die jüdische Gemeinde 1833 für 965 Gulden ein Wohnhaus in der Pfarrgasse kaufen solle, das zu einer Synagoge umgebaut werden könnte. Dieser Plan wurde umgesetzt. Finanziert wurde der Umbau durch eine Umlage, nach der jedes Gemeindemitglied 30 Gulden beitragen musste. Im Synagogengebäude war auch die Mikwe (rituelles Bad) untergebracht.  
   
Über 100 Jahre war die Synagoge in der Pfarrgasse Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens vor Ort.   
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von SA-Angehörigen überfallen und in Brand gesetzt. Das Eingreifen der Grundstücksnachbarn und des Feuerwehrkommandanten verhinderte ein Abbrennen des Gebäudes. Dieses kam 1940 für 600 RM in den Besitz der bürgerlichen Gemeinde und wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Durch den Umbau wurde das Gebäude als ehemalige Synagoge unkenntlich gemacht
.     
     
     
Adresse/Standort der Synagoge         Pfarrstraße   
     
     
Fotos   

Fotos zur jüdischen Geschichte in Wörrstadt sind noch nicht vorhanden; 
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite.
 
     

    
  
  
    

Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

März 2024: In Wörrstadt werden Stolpersteine verlegt 
Artikel von Tjada Huchtkötter in swr.de vom 15. März 2024: "Erinnerung an getötete Jüdinnen und Juden - Jugendliche organisieren Stolpersteine für Wörrstadt.
Sie erinnern an Menschen, die im NS-Regime verschleppt und ermordet wurden: Stolpersteine. Am Freitag wurden die ersten Steine in Wörrstadt verlegt. Ein Geschichts-Leistungskurs hatte die Biografien der Wörrstädter Jüdinnen und Juden recherchiert.
14 Schülerinnen und Schüler der Georg-Forster-Gesamtschule (GFG) in Wörrstadt haben anderthalb Jahre im Internet und in Archiven nach Informationen gesucht - zum Beispiel im Bundesarchiv oder im Archiv der Gedenkstätte Yad Vashem, der bedeutendsten Gedenkstätte in Jerusalem, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert.
Zusammengearbeitet haben die Geschichtsschüler unter anderem mit dem Künstler Gunter Demnig. Er hat das Projekt rund um die Stolpersteine vor etwa 30 Jahren ins Leben gerufen. Mit den zehn mal zehn Zentimeter großen Gedenkplatten aus Messing soll an die Menschen erinnert werden, die durch das NS-Regime verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Die Zusammenarbeit mit den Schülern ist ihm wichtig: "Die jungen Leute haben ja auch die Frage, wie das überhaupt passieren konnte."
Wörrstädter Schulklasse stellt Projekt selbst auf die Beine. Am Freitag war es dann soweit: Zwölf Stolpersteine wurden in Wörrstadt in den Boden eingelassen - vom Künstler Gunter Demnig persönlich. Er hat mittlerweile schon über 105.000 solcher Stolpersteine in ganz Europa verlegt, unter anderem auch in Mainz. Im Juni 2022 hatte der Wörrstädter Geschichtslehrer Wolfgang Schader seinem Leistungskurs das Projekt vorgestellt. Aus den Ergebnissen ihrer Recherche haben die Schülerinnen und Schüler die Leben der deportierten Jüdinnen und Juden aus Wörrstadt rekonstruiert und kurze Biografien entwickelt. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe "Juden in Wörrstadt" hatte der Leistungskurs dann die Personen und Orte für die zwölf Stolpersteine ausgewählt - die ersten in Wörrstadt überhaupt.
Zwölf Stolpersteine – zwölf Schicksale von Juden in Wörrstadt. An vier verschiedenen Stellen im Ort sind die Stolpersteine verlegt worden. Eine davon ist an der Friedrich-Ebert-Straße 28. Hier lebte die Familie Mayer, ein Ehepaar mit Sohn Paul. Sie betrieben ein Textilgeschäft in Wörrstadt. Ende der 1930er Jahre konnten sie ihre Ware nur noch heimlich im Dunkeln verkaufen - bis sie schließlich von den Nazis deportiert wurden. Die Eltern sind in verschiedenen Vernichtungslagern umgekommen, der Sohn starb in einem Ghetto.
Nachkommen von Zeitzeugen des Nationalsozialismus. Zu der Stolpersteinverlegung am Freitag sind auch Menschen angereist, dessen Geschichte eng mit der der Wörrstädter Juden verknüpft ist, wie zum Beispiel Itamar Katz. Seine Urgroßmutter lebte zur Zeit der Nationalsozialisten in Wörrstadt. Sie und ihr Mann schafften es, nach Brasilien zu fliehen - auch Katz wurde in Brasilien geboren. Allerdings sind zwei Kinder sowie sieben Geschwister seiner Urgroßmutter deportiert und ermordet worden. Sich mit seiner Familiengeschichte auseinanderzusetzen, ist für Katz sehr wichtig.
Schülerinnen und Schüler setzen ein Zeichen gegen das Vergessen. Die Schülerinnen und Schüler wollen die Steine aber nicht nur verlegen. Sie wollen sich danach auch weiter um sie kümmern. Damit kommen die Jugendlichen ihrer selbst auferlegten Pflicht nach, an die grausamen Taten des Nationalsozialismus zu erinnern, die Opfer nicht zu vergessen und dafür zu sorgen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.
Sendung vom Fr., 15.3.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4" 
Link zum Artikel   
vgl. Bericht bei swr.de   https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/stolpersteine-werden-in-woerrstadt-verlegt-100.html  

  


Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Stadt Wörrstadt   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 414-415.
bulletErnst Klug: Wörrstadt. Die Geschichte einer Stadt. Wörrstadt 1972. S. 49.133-134. 
bulletRalf Zahn: Die Geschichte der jüdischen Gemeinden in Wörrstadt und Nieder-Wiesen. In: Alzeyer Geschichtsblätter Nr. 14 1979 S. 142-151.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 210-212.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 395 (mit weiteren Literaturangaben).

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Woerrstadt  Hesse. Banished in 1576, the community was reestablished around 1750. Despite efforts by the local authorities to prevent further Jewish settlement, the community opened a new synagogue in 1835, promoted religious education, and numbered 118 (6 % of the total) in 1861. During the Weimar Republic era, Jews were active in social and commercial life. A vicious Nazi pogrom was organized on Kristallnacht (9-10 November 1938), and by May 1939 all the Jews had left, 21 emigrating. Most of the 23 who settled in other German towns were eventually deported.  
     
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020