Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Weisendorf (Markt Weisendorf, Kreis Kreis Erlangen-Höchstadt)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde     
   
In Weisendorf bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1900. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1685 wird Jud Haimb (Chaim) genannt, dessen Sohn in diesem Jahr nach einem tragischen Unfall starb. Die Ortsherrschaft (Freiherren von Lauter) wollte durch die Ansiedlung von Juden Handel und Gewerbe im Ort fördern. 
    
1809
werden folgende jüdische Haushaltsvorstände genannt: Simon Meyer, Abraham Samuel Löw, Marx Kaufmann, Simon Joseph, Joseph Nathan, David Joseph Seligmann, Marx Jakob, Löw Jakob und Moses Seckel. Die jüdischen Familien lebten damals insbesondere vom Schnittwaren-, Spezerei-, Eisen-, Leder-, sonstigem Waren- und vom Viehhandel. Einer war Schuhmacher, einer betrieb eine Baumwolle-, Lein- und Seidenweberei. 1813 nahmen die jüdischen Familien Familiennamen an (u.a. Rosenthal, Adler, Lieber, Kaufmann, Patscher, Ordenstein, Krauß, Steinhauer, Lindo, Waldstein, Freundlich).  
  
Um 1855 lebten zehn jüdische Familien am Ort (1852: 64 jüdische Einwohner). 1860 sind es insgesamt 66 jüdische Einwohner (von insgesamt 697, davon 357 katholisch, 274 evangelisch). Die jüdischen Familien lebten damals in 12 Häusern am Ort. Sie waren im Dorfleben gut integriert. Beispielsweise war unter den Gründungsmitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr 1876 auch ein jüdischer Einwohner. 
   
Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und eine Mikwe. Nach einem behördlichen Beschluss von 1813 besuchten die jüdischen Kinder die evangelische Schule; es wurde keine jüdische Konfessionsschule eingerichtet. Die Gemeinde gehörte zum Friedhofsverband Adelsdorf; daher wurden die in Weisendorf verstorbenen jüdischen Personen in Zeckern beigesetzt. Was den Rabbinatsbezirk betraf, gehörte Weisendorf Anfang des 19. Jahrhunderts zum Rabbinat Adelsdorf, seit 1838 zum Rabbinatsbezirk Uehlfeld. Das Rabbinat Adelsdorf wurde 1845 endgültig aufgelöst. Der letzte der in Zeckern beigesetzten Juden aus Weisendorf war Julius Wormser (gest. 16. Februar 1936). Zeitweise war im 19. Jahrhundert ein eigener jüdischer Lehrer vorhanden, u.a. von 1840 bis 1866 Jonathan Uffenheimer, dessen 1847 in Weisendorf geborene Tochter Rifka (verh. Sturm) 1921 in Burghaslach beigesetzt wurde. Uffenheimer unterrichtete auch die jüdischen Kinder im benachbarten Kairlindach.  
   
Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Familien durch Aus- und Abwanderung zurück. 1890 wurden nur noch 19 jüdische Einwohner gezählt. 1904 wurde die Gemeinde aufgelöst und die Synagoge verkauft. 1933 lebten nur noch zwei jüdische Personen in Weisendorf. 
     
Von den in Weisendorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula Adler geb. Lindo (1882), Heinrich Freundlich (1863), Johanna (Hanna) Lehmann geb. Uffenheimer (1848), Heinrich Lindo (1875), Julie (Julchen) Uhlfelder geb. Uhlfelder (1884), Clara Wormser geb. Rothschild (1860). 
   
Auf dem jüdischen Friedhof in Zeckern wurde 1998 ein Mahnmal zur Erinnerung und zum Gedenken an die Adelsdorfer und Weisendorfer Opfer des Holocausts aufgestellt.
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden zur jüdischen Geschichte in Weisendorf - außer den zur Synagogengeschichte genannten Berichten - noch keine Beiträge zur jüdischen Gemeinde in Weisendorf gefunden.         

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge      
   
Eine Synagoge wurde 1782 erbaut. Die jüdische Gemeinde konnte in diesem Jahr das Grundstück Hauptstraße Nr. 17 von Löw Jacob erwerben. In dem auf diesem Grundstück stehenden Haus hatte bereits der erstgenannte Jude Haimb 1685 gelebt. Die Synagoge war etwa 120 Jahre Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Weisendorf. Im Gebäude der Synagoge waren auch der Schulraum und das rituelle Bad eingerichtet. Der Betsaal hatte ein Holztonnengewölbe. 
  
Ende des 19. Jahrhunderts konnten kaum noch Gottesdienste abgehalten werden, da kein Minjan (erforderliche Zehnzahl der religionsmündigen jüdischen Männer) mehr zustande kam. Ein Artikel vom September 1903 (in dem statt Weisendorf fälschlich "Weißensee" geschrieben wurde) berichtet von der Situation um die Synagoge:      

Weisendorf Israelit 17091903.jpg (90103 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1903: "In Weisendorf (für falsch: Weißensee), einem zum Fürther Rabbinat zugehörigen Dorfe, sind alle Israeliten, bis auf eine Familie weggezogen. Ein Herr Lindau hatte vor seinem Wegzuge bewirken wollen, dass die Sifre Tora (Torarollen) nach Adelsdorf gebracht würden. Es wurde ihm aber der Bescheid, dass solange noch ein Israelit am Platze wohnt, nichts von den Kultusgegenständen entfernt werden dürfe. Dieser noch allein am Platze wohnende Israelit ist aber nichts weniger als ein guter Verwalter der Synagoge und der darin befindlichen Gegenstände und der Sifre Tora.
Die Synagoge steht tagelang offen, ebenso der Aron HaKodesch (Toraschrein), woselbst die Sifre Tora sich befinden. Als Herr Lindau vor Kurzem in Weisendorf (für falsch: Weißensee) war, da fand er, dass ein Einwohner des Dorfes die offenstehende Synagoge dazu benützte, um sein Holz aufzubewahren, gewiss eine entheiligende Verwendung. Herr Lindau hatte schon öfters, aber vergebens Schritte beim zuständigen Rabbinat getan, um eine Entwürdigung der Synagoge zu verhindern. Es wird stets darauf hingewiesen, dass ja noch ein Israelit am Platze sei."

Im folgenden Jahr 1904 wurde die Synagoge an die jüdische Gemeinde Adelsdorf verkauft, die die Inneneinrichtung teilweise übernahm, teilweise verkaufte (siehe Anzeige zum Verkauf der Torarollen). 1905 wurde das Synagogengebäude von der nichtjüdischen Familie Stiegler erworben. Diese brach das Synagogengebäude ab und erstellte auf den Grundmauern ein neues Wohnhaus. Das Kellergewölbe wurde aufgeschüttet, ein neuer Zugang zum Keller wurde geschaffen. Der alte Zugang zum Keller (und mit großer Sicherheit auch zur Mikwe) ist noch erkennbar (Angaben nach I. Schwierz, 1988 S. 187). 

Weisendorf Israelit 05091904.jpg (57860 Byte)Zeugnis der Auflösung der jüdischen Gemeinde ist eine Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1904: "Durch Auflösung der Gemeinde Weisendorf, sind in unterzeichneter Gemeinde vier vorzüglich erhaltene, vollständig koschere Seforim (Torarollen) billigst zu verkaufen. Reflektanten wollen sich an den Kultusvorsteher, Jacob Strauß in Adelsdorf (Oberfranken) melden. 
NB. Privaten wäre hier die beste Gelegenheit geboten, sich in den Besitz eines guten Sefer (Torarolle) zu setzen."

   
   
Adresse/Standort der SynagogeHauptstr. 17: die Grundmauern des Synagogengebäudes sind erhalten (alte Haus-Nr. war 38b, Plan Nr. 163). 
   
   
Fotos    

Es sind keine Fotos, Darstellungen oder Pläne zur jüdischen Geschichte am Ort vorhanden. 
Über Zusendungen freut sich der Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite.
  

    
    

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite des Marktes Weisendorf   

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 187.
bulletLothar Lehmann: Zur jüdischen Geschichte Weisendorfs. In: Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 2. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2000. S. 117-128.
bulletJohann Fleischmann (Hg.): Mesusa 2. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2000.
bulletders.: Mesusa 3. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Die jüdischen Friedhöfe von Zeckern, Walsdorf, Aschbach, Uehlfeld, Mühlhausen, Lisberg, Burghaslach und Reichmannsdorf. Mühlhausen 2002.
bulletChristiane Kolbet: Memorbuch - Zum Gedenken an die von den Nazis ermordeten Juden von Adelsdorf und Weisendorf. 1998. 
bulletKlaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. Zu Weisendorf kurze Angaben S. 395. 

     
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020