In Wallerfangen bestand
eine kleine jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in
die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1685 wird eine jüdische
Familie aus Wallerfangen genannt, die sich in der neu gegründeten Festungsstadt
Saarlouis ansiedeln konnte. 1783
wurden in Wallerfangen und dem benachbarten Beaumarais
zusammen 12 jüdische Familien gezählt. 1817 kam es zu einem Streit
zwischen den Familien beider Orte, in den der Oberrabbiner von Trier
eingeschaltet war und der offenbar zur (vorübergehenden?) Trennung der beiden
Gemeinden geführt hat. Beim Streit dürfte es um die Frage nach dem Hauptort
der Gemeinde gegangen sein, da nicht an beiden Orten eine Synagoge betrieben
werden konnte. Damals besuchten in Beaumarais lebenden Juden den Betsaal in
Wallerfangen. Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb Wallerfangen Hauptort:
1838 wurde hier eine neue Synagoge gebaut (s.u.). In den Verzeichnissen bis nach
der Mitte des 19. Jahrhunderts erscheint Beaumarais immer als Filialort von
Wallerfangen, z.B. in einem Verzeichnis über die jüdischen Gemeindeglieder
im Kreis Saarlouis von 1855: "Wallerfangen mit Beaumarais".
Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Handel mit Vieh. Einige waren
als Metzger tätig.
Im 19. Jahrhundert blieb die Gemeinde klein. Die höchste Zahl wurde 1895
mit 39 Personen erreicht. Die in Beaumarais,
Felsberg sowie zeitweise auch die in Niederlimberg lebenden jüdischen Einwohner
gehörten bis 1863 offiziell zur Gemeinde in Wallerfangen. Die Toten der jüdischen
Gemeinde wurden in Dillingen, nach 1905
auch in Saarlouis beigesetzt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter
und Schochet fungierte (vgl. Ausschreibungstexte unten). Spätestens um 1913
(s.u.) wurde die Stelle nicht mehr besetzt, zumal auf Grund der zurückgegangenen
Zahl der Gemeindeglieder kaum noch Gottesdienste abgehalten werden konnten
(s.u.).
Um 1924, als zur Gemeinde noch 11 Personen gehörten, waren diese
inzwischen Mitglieder der Gemeinde in Beaumarais
geworden und besuchten die dortige Synagoge.
In den 1930er-Jahren lebten noch in Wallerfangen: Familie Moses Kahn
(Sonnenstraße) mit Frau Rosa und der Adoptivtochter Anneliese; Gertrud Hanau
und Schwester Rosalie Feiner geb. Hanau mit Tochter Clementine (die beiden
Schwestern hatten ein Weiß- und Kurzwarengeschäft in der Villeroystraße);
Selma Schömann (hatte ein Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäft in der Hauptstraße),
Raphael Kahn; Josef Deutsch (Metzger, wohnte auf dem Grundstück Ecke
Haupt-/Schlachthausstraße).
Von den in Wallerfangen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben von
Hans Neis s. Lit.): Clementine Feiner (1902), Gertrud (Gertrude) Hanau (1863), Michel Moritz Hanau
(1879), Simon Hanau (1878), Ruth Hirsch (1928), Anneliese Kahn (1922), Moses
Kahn (1877), Rosa Kahn
geb. Lorig (1892), Simon Kahn (1871), Sarah Reinische (1885), Selma Schömann
(1881), Simon Stiefelzieher (1896).
Nach 1945 ließ sich die aus Niedaltdorf
stammende Familie von Leo Michel (1893-1967) in Wallerfangen nieder, die
in Frankreich die NS-Zeit überlebt hatte. Die Familie wohnte in der Entengasse
(Näheres dazu im Beitrag von Pascal Strobel: Erlebnisbericht von Henriette
Rotfuchs s.u.).
Im Februar 2020 sprach sich der Gemeinderat Wallerfangen einstimmig für
die Verlegung von (zunächst sieben) "Stolpersteinen" in Wallerfangen aus.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1878:
"Die israelitische Gemeinde Wallerfangen sucht zum sofortigen
Eintritt einen unverheirateten Religionslehrer, Kantor und Schochet.
Bei freier Station und 250 Mark fixem Gehalt dürfte sich das
Gesamteinkommen auf 500 Mark per Jahr belaufen. Da nur 4 Kinder zu
unterrichten sind, so ist außerdem einem jungen Manne zu vielen
Nebenverdiensten Gelegenheiten geboten. Anmeldungen an Prediger L. Wolff,
Saarlouis."
Anzeige in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 24. August 1885: "Bei der israelitischen
Kultusgemeinde Wallerfangen, ist die Stelle eines Religionslehrers, Chason (=
Vorbeter) und Schochet vakant und soll sofort besetzt werden. Einkommen 1200
Mark nebst freier Wohnung, Brand und Licht. Ledige seminaristisch gebildete
Bewerber erhalten den Vorzug. Wallerfangen, 1. August 1885.
Der Vorstand Abraham
Kahn I., Abraham Kahn II., Kantor Stern".
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1892:
"Die Stelle eines Vorbeters, Schächters und Religionslehrers ist in
der Gemeinde Wallerfangen sofort zu besetzen.
Unverheiratete Bewerber wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse bei
dem Unterzeichneten melden.
Gehalt 200 Mark nebst freier Station und Nebeneinkünfte. Saarlouis, den
5. Juli 1892. H. Cohn, Lehrer."
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. September 1887:
"Bitte!
Ein sehr achtbarer und strebsamer Mann in Norddeutschland,
einst wohlhabend und wohltätig, ist unverschuldet so heruntergekommen,
dass er samt seinen zahlreichen Kindern, die ihm seine infolge einer
unglücklichen Entbindung verstorbene Frau hinterlassen, der größten
Verzweiflung ausgesetzt ist. Derselbe bittet daher edeldenkende
Glaubensgenossen um schleunige Hilfe und Rettung, damit er sich ein
kleines Gewerbe eröffnen könne. Zur Empfangnahme und Weiterbeförderung
von Gaben, wie zur Erteilung von näherer Auskunft ist gern bereit Emil
Benjamin, Religionslehrer in Wallerfangen bei Saarlouis."
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1896:
"Saarlouis. Moses Kahn, ein bejahrter Junggeselle in Wallerfangen,
wollte notgedrungen, weil er sonst keine Verwandte in Deutschland hat, mit
seiner verwitweten Schwester, bei der er bisher gewohnt hatte, nach
Amerika zu deren Kindern auswandern. Herr Villeroy, Inhaber der
weltbekannten Porzellanfabrik Villeroy und Boch, erbot sich, als er von
dieser Absicht des Moses Kahn hörte, für den Unterhalt des Junggesellen
zu sorgen; das Anerbieten wurde dankbarlichst angenommen. Die Schwester
reiste nach Amerika und Herr Villeroy kommt für alle Bedürfnisse des
Kahn in generöser Weise auf. Diese edle Tat verdient veröffentlicht zu
werden und beweist, dass es unter hoch angesehenen Christen noch Männer
gibt, die vom Antisemitismus nichts wissen wollen. Ehre einem solchen
Wohltäter!"
Zum Tod von Moses Kahn (1876 - 1978) Anmerkung: der Artikel wurde von Pascal Strobel zur Verfügung
gestellt; zur Geschichte von Moses Kahn: Familie Moses Kahn wohnte in
Wallerfangen in der Sonnenstraße. Die erste Frau von Moses Kahn war 1926
gestorben; die zweite Frau war Rosa Kahn geb. Lorig (geb. 1892). Das Ehepaar
adoptierte ein Mädchen namens Anneliese, das aus der Verwandtschaft stammte.
Moses Kahn konnte noch rechtzeitig emigrieren, Frau Rosa und die Adoptivtochter
Anneliese wurden in Auschwitz ermordet. Moses Katz war nach 1945 mehrfach in
Wallerfangen. Er starb mit 102 Jahren in Metz (Informationen aus dem Beitrag von
Hans Neis siehe Literatur unten).
Artikel
von 1978: "Nekrolog M. Moses Kahn. Der Älteste der Metzer
Stadteinwohner gab den Geist am Donnerstag in dem israelitischen
Altersheim auf. M. Moses Kahn war am 9. Juli 1978 102 Jahre alt geworden.
vor 19 Jahren hatte er sich nach einem arbeitsamen Leben als Viehhändler
in der Gegend von Königsmacker zurückgezogen. Der Verstorbene war
ehemaliger Frontkämpfer des 1914-18-Krieges und litt stark während des
Zweiten Weltkrieges, da seine Gattin und seine Tochter verschleppt worden
und in Auschwitz starben. Wir sprechen den trauernden Angehörigen unser
aufrichtiges Beileid aus. Unser Bild zeigt M. Kahn am Tage seines 98.
Geburtstages, als er seine Flugtaufe beging."
1817 wird erstmals eine
Synagoge genannt, die damals bereits "seit längerer Zeit" vorhanden
gewesen sei und auch von den in Beaumarais, Felsberg und Niederlimberg lebenden
jüdischen Personen besucht wurde. 1838 wurde eine neue Synagoge im
Garten des Herz Kahn erstellt. Nach 1890 stand die alte Synagoge einer
Firmenerweiterung des Wallerfanger Betriebes der Firma
Villeroy und Boch im Weg. Die Firma übernahm die Kosten für eine neue
Synagoge, die 1892 in der heutigen Gartenstraße erbaut und am Schabbat 24./25.
Februar 1893 mit einem Fest für den ganzen Ort eingeweiht wurde.
Oberrabbiner Dr. Baßfreund in Trier hielt die
Predigt. Der Synagogenchor aus Merzig und eine
Regimentskapelle übernahmen die musikalische Umrahmung.
Über die Einweihungsfeier liegt ein Bericht aus der Zeitschrift
"Der Israelit" vor:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1893: "Merzig, 27. Februar
(1893). Es dürfte
vielleicht Ihre Leser die Nachricht interessieren, dass am verflossenen Schabbat
Paraschat Sachor (Schabbat Sachor war am 24./25. Februar 1893), d.i.
die Synagoge im benachbarten Wallerfangen eingeweiht wurde. -
Ein gewiss höchst seltener Umstand, dass eine Synagoge von Christen erbaut
wurde, war hier der Fall, das bekannte Welthaus Villeroy und Boch, dessen
Porzellanfabrik in Wallerfangen ihren Sitz hat, musste, um ein nötiges Terrain
zu gewinnen, die alte Synagoge, die an sich schon baufällig war, erwerben und
erbot sich, der Gemeinde ein neues Gotteshaus an anderer Stelle zu errichten.
Der Bau wurde verflossenen Sommer in Angriff genommen und macht derselbe der
Firma Villeroy und Boch in seiner Fertigstellung alle Ehre. - Ein imposanter
Festzug, unter Musikbegleitung, brachte am Freitag Mittag die Torarollen aus der
alten Synagoge in die neue; nachdem hier der Merziger Synagogenchor unter
Mitwirkung einer Regimentskapelle, einen Fest-Hymnus zur Aufführung gebracht,
ein Vorstandsmitglied die Synagoge unter den Schutz Seiner Majestät des
deutschen Kaisers gestellt, öffnete der Bürgermeister die Synagoge, nachdem
ihm vorher in feierlicher Weise der Schlüssel überreicht wurde. - Die erhebende
Weihepredigt hielt Herr Oberrabbiner Dr. Baßfreund aus Trier, und dem
Festgottesdienst selbst, gab der allerwärts rühmlichst bekannte Merziger
Synagogen-Chor, eine Schöpfung unseres unvergesslichen Herrn Cantor Schnerb - seligen
Angedenkens - unter Führung seines jetzigen Cantors Herrn Nußbaum das
eigentliche Gepräge. Eine Blumenlese der Gesänge von Naumburg, Sulzer,
Lewandowsky etc., die wir hörten, können wahrlich nicht mustergültiger zur
Ausführung gebracht werden und fanden auch diese Leistungen in Wallerfangen den
verdienten Beifall. Es muss rühmend hervorgehoben werden, dass die meisten
christlichen Häuser des ca. 4.000 Einwohner zählenden Ortes, zu der Feier
Flaggenschmuck angelegt hatten, während des Festzuges Böllerschüsse ertönten
und am Freitag Abend nach Schluss des Gottesdienstes, die Umgebung der Synagoge
in bengalischem Lichte und Feuerwerk erstrahlte. Alles arrangiert von den
christlichen Mitbürgern. - Verschiedene christliche Vereine ließen es sich nicht
nehmen ihren jüdischen Mitbürgern des Abends durch einen Fackelzug ihr
Scherflein zur Verherrlichung der Feier beizutragen und Zeugnis davon abzulegen,
wie in Wallerfangen ein schönes Einvernehmen zwischen den Konfessionen
herrscht. H.W."
Bei der Synagoge handelte es sich um einen einfachen, ca.
10 m langen und 7 m breiten Saalbau mit einem flachen Sattelbach. Auf der
Ostseite befand sich in einer kleinen Apsis der Toraschrein.
Durch die zurückgegangene Zahl der jüdischen
Gemeindeglieder war die Zehnzahl von jüdischen Männern im Gottesdienst bereits
um 1913 nicht mehr erreichbar. In den folgenden Jahren besuchten die Juden
Wallerfangens die Synagoge in Beaumarais. Die Synagoge
Wallerfangen wurde
bereits vor 1935 aufgegeben und zunächst als Lagerhaus benutzt. Von Vorfällen
im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 ist nichts bekannt.
1945 wurde das Gebäude beschlagnahmt und zunächst der
Synagogengemeinde Saar zurückgegeben. 1950 wurde das Synagogengebäude durch die
Neuapostolische Kirche gepachtet. Nach 1956 konnte das Gebäude von
der Synagogengemeinde Saar gekauft werden. Seitdem ist es Zentrum der
Neuapostolischen Kirchengemeinde Wallerfangen. Bischof Pfennig und Senatspräsident Levi regelten damals die
Formalitäten des Kaufs. Man freute sich über die weitere Verwendung der
ehemaligen Synagoge als Gotteshaus. Der Bau steht
seit 1990 unter Denkmalschutz. Das Gebäude wurde mehrfach renoviert, zuletzt 2004. Da vergleichsweise nur wenige Umbauten seit
dieser Zeit durchgeführt wurden, gibt das Gebäude immer noch die Möglichkeit,
sich die ursprüngliche Gestaltung des Innenraums vorzustellen. Seitdem die
Neuapostolische Kirchengemeinde Wallerfangen 2016 mit den Neuapostolischen
Gemeinden Dillingen und Saarwellingen fusionierte, finden in Wallerfangen keine
regelmäßigen Gottesdienste statt. Wichtig ist der Gemeinde jedoch der jährliche
Gottesdienst Ende Februar zum Jahrestag der Einweihung als Synagoge im Jahr 1893
Presseartikel von Gerhard Alt zur
Veranstaltung an diesem Mahnmales - aus der Saarbrücker Zeitung - November
2006:
"An ermordete Juden aus Wallerfangen erinnert. Treffen an der 'Mahnmal'-Skulptur
im Rathaus. Am Buß- und Bettag sind Gäste an dem von Künstlerinnen der Gruppe 11F
geschaffenen Mahnmal im Wallerfanger Rathaus zusammen gekommen. An die
ermordeten Juden aus Wallerfangen wurde erinnert. Es gab deutliche Worte der
Mahnung. Wallerfangen. 'Mahnmal' heißt die Skulptur im Foyer des Rathauses.
Dort steht sie seit einigen Wochen, aber nicht für immer. Die
Künstlerinnengruppe 11F um Hildegard König-Grewenig, Synodalbeauftragte des
Kirchenkreises Völklingen für den christlich-jüdischen Dialog, hat sie
geschaffen. Die Eisenplatte steht für die Züge, der Balken für die Lkw, die
jüdische Menschen in Vernichtungslager brachten, ein rostiger Zirkel dafür,
dass am Schreibtisch alles beschlossen wurde, der aufragende schwarze
Hintergrund für die Schornsteine der Verbrennungsöfen, verschobene Sitze ohne
Sitzflächen stehen dafür, dass für diese Menschen während des
Nationalsozialismus kein Platz in der Gesellschaft war. Auf einer Tafel sind die
Namen der Wallerfanger Juden, die ermordet wurden, zu lesen.
Am Mittwoch, dem Buß- und Bettag, war eine Gedenkstunde im Rathausfoyer. Sie
war nicht angekündigt. Knapp 50 geladene Vertreter der Gemeindegremien, der
christlichen Gemeinden und der Synagogengemeinde Saar waren anwesend.
Bürgermeister Wolfgang Wiltz begrüßte besonders Lucien und René Michel,
Wallerfanger Juden, deren Familien nach Frankreich geflüchtet waren. Nach dem
Krieg kehrten sie in die Heimat zurück.
Lucien Michel schilderte ihre Geschichte. Pascal Strobel von der
neuapostolischen Gemeinde Wallerfangen, die ihre Kirche in der früheren
Synagoge hat, schilderte, wie harmonisch Juden und Christen einst zusammen
lebten und die Eröffnung dieser Synagoge feierten. Er forschte den Spuren des
jüdischen Mädchens Ruth Hirsch nach bis 'November 1944, Auschwitz: Dort gilt
sie als verschollen'. Wiltz erklärte, dass 'weiter nach einer bleibenden
äußeren Form der Mahnung und Erinnerung' gesucht werde. Was er andeutete,
sprach Richard Borg, Vorsteher der Synagogengemeinde Saar, deutlich aus. Er
beschrieb ganz aktuelle Fälle von Hass und Gewalt gegen Ausländer, Juden,
Minderheiten und von Grabschändung".
Das im saarländischen
Ministerium für Umwelt angesiedelte Landesdenkmalamt und der Landkreis
Saarlouis hatten die Neuapostolische Kirche Wallerfangen für den Tag
des offenen Denkmals 2007 ausgewählt. Dabei
fanden an diesem Tag folgende Veranstaltungen statt:
10:00 Uhr: Gottesdienst mit anschl. Sektempfang und Imbiss
ab 13:30 Uhr: Kaffee und Kuchen
14:00 Uhr: Eröffnung der Vorträge durch Dr. Peter Winter, Landrat a.D., Vorsitzender des Vereins für Heimatforschung Wallerfangen
14:10 Uhr: Vortrag von Dr. Reiner Schütte: "Die Historie der Alten Synagoge Wallerfangen"
15:00 Uhr: Vortrag von Katja Motsch: "Die gesellschaftliche Situation der Juden zur Zeit der Errichtung des Sakralbaus 1893"
16:00 Uhr: Vortrag von Stefan Krämer: "Die letzten Juden in Wallerfangen"
17:00 Uhr : Vortrag von Dr. Pascal Strobel: "Die Entstehung der neuapostolischen Gemeinde und der Erwerb des Gotteshauses"
19:00 Uhr: Konzertabend mit dem 1. Konzertmeister des saarländischen Staatstheaters Wolfgang Mertes (Violine) und Matthias Ernst (Klavier)
Fotos vom "Tag des
offenen Denkmals"
(Quelle: Website der Neuapostolische Kirche
Wallerfangen,
mit freundlicher Genehmigung von Dr. Pascal Strobel)
Vortrag von Katja Motsch
Vortrag von Stefan Krämer
Vor der Kirche /
ehemaligen
Synagoge
Unter den Gästen:
Claude Villeroy
de Galhau (rechts neben Pascal Strobel,
Gemeindevorsteher
der NAK Wallerfangen)
Rechts von Pascal
Strobel:
Vorstandsvorsitzender der Synagogengemeinde
Saar Richard Bermann
und Geschäftsführer der
Synagogengemeinde Marcel Wainstock
Am
24. Februar 2008 jährte sich die Einweihung der Alten Synagoge zum 115.
Mal. An diesem Tag fand eine Gedenkveranstaltung mit Vertretern der
Synagogengemeinde Saar und ein Konzertabend mit dem Offenburger
Streichtrio statt.
In 2008 feiert die Neuapostolische Kirchengemeinde Wallerfangen ihr
85-jähriges Jubiläum.
Fotos: G. Kühnle-Hahn; die mit * bezeichneten Fotos sind von Sabine
Mayer-Saar).
Die ehemalige Synagoge 115
Jahre
nach der Einweihung als
jüdisches Gotteshaus
Begrüßung zur
Gedenkveranstaltung durch
den Gemeindevorsteher der NAK (Gemeinde
Wallerfangen) Dr. Pascal Strobel
Grußwort von Richard Bermann,
Vorstandsvorsitzender der
Synagogengemeinde Saar *
Ansprache von Dr. Reiner
Schütte
(NAK Wallerfangen) über "Die
Synagogengemeinde Wallerfangen
bis 1945"
Ansprache von Katja Motsch
(NAK Wallerfangen)
über "Die neuapostolische Gemeinde in der
Alten
Synagoge seit 1950"
Dr. Joachim Hahn (Stuttgart)
mit dem Referat
über "Christlicher und Jüdischer Glaube - was
verbindet uns, was trennt uns?"
Das Offenburger Streichtrio,
das zum Konzertabend in der "Alten Synagoge" Werke von
Ludwig
van Beethoven. Gideon Klein und Hansa Krása spielt (Foto rechts *)
Außenaufnahme der Synagoge am
frühen Abend des Jahrestages
Dr. Joachim Hahn im Gespräch
mit
dem Vorstandsvorsitzenden der
Synagogengemeinde Saar
Richard Bermann
Dr. Joachim Hahn, Prof.
Herbert Jochum
(Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft des
Saarlandes)
und Erika Hügel
(Synagogengemeinde Saar)
Dr. Pascal
Strobel und
Richard Bermann *
Rechts: Artikel in der
"Saarbrücker Zeitung"
vom 27. Februar 2008 von Alexandra
Broeren
über die Gedenkveranstaltung in Wallerfangen
Rechts: Artikel in der
"Saarbrücker Zeitung"
vom 1./2. März 2008 von Harald Knittner
über
die Neuapostolische Gemeinde Wallerfangen
in der ehemaligen Synagoge
des Ortes
Rechts: Bericht in der
"Saarbrücker Zeitung"
vom 28. Februar 2009 über die
Gedenkfeier
am 25. Februar 2009 vor der Neuapostolischen
Kirche in
Wallerfangen "Zur Erinnerung
an die Opfer des Holocaust"
- TV-Bericht zur Anbringung der
Gedenktafel und die Gedenkfeier (über die SR-Mediathek): http://sr-mediathek.sr-online.de/index.php?seite=7&id=31073&startvid=10
- Pressebericht im "Wochenspiegel" vom 27. Februar 2015: "An
Schicksale jüdischer Bürger erinnert. Neuapostolische
Kirchengemeinde Wallerfangen organisiert
Gedenkveranstaltung..." Link
zum Artikel.
Februar 2020:
Seit 2016 finden in der ehemaligen Synagoge nur noch gelegentliche
Gottesdienste der Neuapostolischen Kirchengemeinde statt
Artikel in der
"Saarbrücker Zeitung" vom 24. Februar 2020: "Gottesdienst Wallerfangen:
Neuapostolischer Gottesdienst zum Jahrestag.
Wallerfangen 1950 wurde aus der 1893 erbauten Synagoge in Wallerfangen der
Ort für Gottesdienste der neuapostolische Gemeinde.
Der Gemeindevorsteher der Neuapostolischen Kirche (Gemeinde Wallerfangen),
Pascal Strobel, trifft sich am Dienstag, 25. Februar, um 19 Uhr, in
Wallerfangen mit Jugendlichen zu einem Dialogabend. Thema des Abends ist der
Glaube der Christen an ein Weiterleben nach dem Tod. Es werden biblische
Perspektiven aufgegriffen und im Kontext unserer Zeit besprochen. Der Termin
ist öffentlich. Er richtet sich an Teenager und junge Erwachsene.
Die Kirche in Wallerfangen wurde Ende Februar 1893 als Synagoge eröffnet.
Villeroy & Boch hatte das Gotteshaus für die jüdische Gemeinde errichtet, um
im Gegenzug das Terrain der vorherigen Synagoge für eine Firmenerweiterung
nutzen zu können. Von den ursprünglich in Wallerfangen lebenden Juden – sie
waren geflüchtet oder wurden verhaftet, deportiert und ermordet – kehrte
niemand zurück. In dem Gedenkbuch an den Wallerfanger Heimatforscher Theodor
Liebertz hat Pascal Strobel zu diesem Thema ein Kapitel beigetragen. Das
Buch ist bei Pieper erhältlich.
Seit 1950 feiern die neuapostolischen Christen in dem kapellengroßen
Sakralbau ihre Gottesdienste. Zwar wurde die ortsansässige Kirchengemeinde
2016 mit den umliegenden Gemeinden in Dillingen und Saarwellingen
fusioniert. Von Zeit zu Zeit finden aber immer noch Gottesdienste in
Wallerfangen statt. Auch 2020 wird anlässlich des Jahrestages des
Wallerfanger Gotteshauses in der Gartenstraße 2 am Mittwoch, 26. Februar, um
19.30 Uhr, ein solcher gefeiert."
Februar 2021:
Virtuelle Gedenkfeier zur
Erinnerung an die Synagoge
Artikel
von Johannes A. Bodwing in der "Saarbrücker Zeitung" vom 1. März 2021:
"Virtuelle Gedenkfeier für die Synagoge.
Die Neuapostolische Kirche erinnerte in einem Video an die Geschichte der
Wallerfanger Juden und ihrer Synagoge..."
Link zum Artikel
April 2022:
Verlegung von "Stolpersteinen"
in Wallerfangen
Anmerkung: am 8. April 2022 wurden Stolpersteine für jüdische Opfer der
NS-Zeit aus Wallerfangen verlegt.
Artikel von Johannes A. Bodwing
in der "Saarbrücker Zeitung" vom 11. April 2022: "Zeichen gegen das
Vergessen in Wallerfangen
Sieben Stolpersteine sollen an das jüdische Leben in Wallerfangen erinnern.
Initiiert wurde die Aktion Stolperstein 2015 von der Schule am Limberg. Rund
60 Personen waren bei der Einweihung dabei. WALLERFANGEN. Der Blick zum Boden wird zum Blick in die
Vergangenheit. Seit Freitagmorgen sind in Wallerfangen sieben Stolpersteine
verlegt, auf Gehwegen vor ehemaligen Wohnungen jüdischer Mitbürger. In der
NS-Zeit waren sie verschwunden, nach dem Zweiten Weltkrieg schienen ihre
Namen im öffentlichen Leben wie ausgelöscht. Und nur wenige befassten sich
mit dem Verbleib jüdischer Mitbürger nach 1945. Mit ihren Namen und ihren
Identitäten seien sie nun 'wieder in ihrer ehemaligen Heimatgemeinde', sagte
Bürgermeister Horst Trenz am Freitagmorgen. Dafür hatten sich trotz
Regenwetter gegen 10 Uhr etwa 50 Personen am Eingangstor des Kinderheims
versammelt. Hinzu kamen 16 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer der Schule
am Limberg. An dieser Schule hatte die Aktion für die Wallerfanger
Stolpersteine 2015 begonnen. Durch den früheren Leiter des Historischen
Museums, Dr. Peter Winter, sowie Schul-Koordinator Christian Schröder. Ab
2019 führte Gina Webel das Projekt privat und mit großem Aufwand weiter.
Eine wichtige Quelle war dabei Hans Peter Klaucks Buch über jüdisches Leben
im Kreis Saarlouis. 2020 stimmte der Gemeinderat den Stolpersteinen zu.
Den ersten Stolperstein setzte Hans-Dieter Kaeswurm für die Sophienstiftung
direkt vor dem Tor des Kinderheims ein. Bis 1942 hatte dort Ruth Hirsch
gelebt. Ihre Spur verlor sich später in einem Ghetto. Erst nach ihrem Tod
kam heraus, dass sie 2008 in Berlin verstorben war, stellte Pascal Strobel
dar, Bischof der neuapostolischen Kirche. Zwei weitere Stolpersteine fügten
die Schülerin Maya sowie Koordinator Schröder von der Schule am Limberg vor
der KSK-Filiale in den Gehweg ein. Hier, in der Villeroystraße 1a, hatten
Gertrud Hanau und Clementine Feiner gewohnt. Feiner ist mit 40 Jahren im
Warschauer Ghetto verschollen, Hanau starb mit 79 Jahren im Ghetto
Theresienstadt. An der Bushaltestelle in der Hauptstraße 61 befindet sich
ein Stolperstein für Selma Schömann. Den fügten Maria Hewer und Schülerin
Lea ein. Schömann war 1942 in Berlin verhaftet worden und starb wenige
Monate später im Alter von 61 Jahren im Ghetto Piaski, Ostpolen. Drei
Stolpersteine finden sich in der Sonnenstraße 22, für Moses, Rosa und
Anneliese Kahn. Die beiden Frauen kamen im Februar 1942 in Auschwitz ums
Leben. Moses Kahn überlebte die NS-Zeit und starb 1987 in Metz mit 101
Jahren. Verlegt wurden diese Steine von dem Schüler Jeremy und dem Ehepaar
Wilhelm aus Luxemburg. Renée Wilhelm hatte als kleines Mädchen in der
Wohnung von Moses Kahn gelebt. 'Meine Mutter war dort Gouvernante. Und er
war für mich mein Opa.'
Der Abschluss der Aktion erfolgte in der ehemaligen Synagoge in der
Saarstraße. Dort standen drei große Tafeln der Ethikgruppe der Schule am
Limberg mit Informationen über die NS-Zeit in Wallerfangen und das jüdische
Leben. Mit einer Gedenkminute wurde der jüdischen Opfer gedacht. 'Die
Stolpersteine', sagte Ricarda Kunger, Vorstandsvorsitzende der
Synagogengemeinde Saar, 'sind da, wo die Menschen leben, und die Opfer
lebten'. Pascal Strobel erinnerte mit alten Fotos an die frühere Synagoge.
Sie war 1893 unter großer Beteiligung der christlichen Einwohner eingeweiht
worden. Mit Machtergreifung der NSDAP wurde das Verhalten gegenüber den
jüdischen Mitbewohnern gewalttätig. Für zwei von ihnen gibt es keine
Stolpersteine. Denn diese Erinnerungssteine sollen vor den letzten
Wohnstätten der Opfer verlegt werden. Es fehlen Steine für den 1896
geborenen Simon Stiefelzieher, verschollen im KZ Majdanek. Und für den 1871
geborenen Simon Kahn, umgekommen im Ghetto Theresienstadt. Beide stehen auf
der Gedenktafel an der Wallerfanger Synagoge. Zur Aktion Stolpersteine gibt
es eine umfangreiche Broschüre. Die kann im Wallerfanger Rathaus abgeholt
werden."
Kirchhofstraße in
Wallerfangen mit dem
Gebäude der Mikwe (rituelles Bad)
1951: bereits neuapostolische
Kirche; Blick auf
den Bereich des früheren Toraschreines
Gottesdienst der neuapostolischen
Gemeinde 1957
Fotos von 1959 mit
dem früheren Eingangsportal der ehemaligen Synagoge.
Auf dem Verputz des Gebäudes
zeichnet
sich noch der frühere Eingang ab
(Westseite, Foto um 1970)
Die ehemalige
Synagoge 1984
Die ehemalige Synagoge im Frühjahr 2006 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 17.4.2006;
Aufnahmedatum der
Innenaufnahmen:
24.2.2008)
Außenaufnahmen
aus unterschiedlichen Perspektiven
Blick nach Osten zur Ostwand,
an dem
früher der Toraschrein stand
Blick nach Westen heute
Menora am Fenster
Die
Ende Februar 2015 an der
ehemaligen Synagoge angebrachte Gedenktafel (Foto erhalten von Pascal Strobel)
Text
der Gedenktafel: "Zur Erinnerung an die Synagogengemeinde
Wallerfangen. Dieses Gotteshaus wurde am 24. und 25. Februar 1893
feierlich als Synagoge eingeweiht. Wir gedenken mit bewegtem Herzen
unserer jüdischen Mitbürger, die hier einst Gott die Ehre gaben und
aufgrund ihres Glaubens verhaftet, deportiert oder getötet worden
sind. Clementine Feiner (*1902, verschleppt ins Ghetto Warschau,
dort verschollen) Gertrud Hanau (*1863, umgekommen im Ghetto
Theresienstadt) Ruth Hirsch (*1928, verschleppt ins KZ
Auschwitz) Rosa Kahn (*1892, ermordet im KZ Auschwitz)
Anneliese Kahn (*1922, ermordet im KZ Auschwitz), Moses Kahn ('1877, auf
der Flucht in Frankreich von seinen Angehörigen Rosa und Anneliese Kahn
getrennt), Simon Kahn ('1871, umgekommen im Ghetto Theresienstadt)
Selma Schömann (*1881, verschleppt ins Ghetto Piaski, ermordet in
Travniki), Simon Stiefelzieher (1896, verschleppt ins KZ Majdanek, dort
verschollen). Seit dem 1. Januar 1950 dienst dieses Gotteshaus den
neuapostolischen Christen als Kirche".
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 463-464 (mit weiteren Literaturangaben).
Hans Peter
Klauck: Jüdisches Leben in der Stadt und im Landkreis Saarlouis 1680
- 1940. 956 S. Saarlouis 2016. ISBN 10: 3933926653 ISBN-13:
978-393396654 Preis: 44 € zuzüglich
Porto und Verpackung.
Bestellungen an: Vereinigung für die
Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.V. Kreisarchiv
Saarlouis Postfach 1840 66718 Saarlouis Tel.:
0-6831-444425 E-Mail
(heimatkunde[et]vfh-saarlouis.de) Hinweis: Der Autor Hans Peter Klauck arbeitet seit Jahren an einer
Dokumentation aller jüdischen Mitbürger von ihrem ersten Auftreten im
Landkreis und der Stadt bis zur letzten Deportation durch die Nazis am 22.
Oktober 1940. Im Buch werden 12.483 jüdische Bewohner des Landeskreises
dokumentiert mit sehr vielen historischen Fotos und Dokumenten. Die
jüdischen Geschäfte und Gewerbe in den einzelnen Orten des Kreises sind
ausführlich beschrieben.
Edgar Schwer: Den jüdischen Gefallenen des
Saarlandes 1914-1918 zum Gedenken. In: Saarländische Familienkunde Band
12/4. Jahrgang XLVIII 2015 S. 559-600. Online
zugänglich: eingestellt als pdf-Datei.