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Leihgestern (Stadt
Linden, Kreis Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Leihgestern bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts
zurück. 1568 wird mit dem Pferdehändler Gottschalk erstmals von einem in
Leihgestern lebenden Juden berichtet. Dieser klagte vor der landgräflichen
Kanzlei in Hanau gegen Lorentzen Fritz Peters, der ihm aus einem zur Haferernte
erfolgten Pferdetausch sechs Gulden schulde. In den Standesamtsregistern des Ortes gehen Einträge zu jüdischen
Familien bis zur Mitte beziehungsweise zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. 1770 gab es acht jüdische Familien am
Ort, darunter bereits die Familien Weissenbach und Bauer.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1828 46 jüdische Einwohner, 1861 44 (4,3 % von insgesamt 1.018
Einwohnern), 1880 39 (3,8 % von 1.028), 1900 29 (2,3 % von 1.252), 1910 29 (2,9
% von 1.504). Die jüdischen Familienväter verdienten den Lebensunterhalt als
Viehhändler, Metzger und Handwerker (Schuhmacher).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Ob zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde zeitweise ein Lehrer angestellt war, ist nicht bekannt. Möglich ist
auch, dass den Unterricht der Kinder immer ein auswärtiger Lehrer erteilt hat, und
die Dienste des Vorbetens und Schächtens von ehrenamtlichen Personen der
Gemeinde oder auswärtigen Personen übernommen wurden. 1904 schlossen sich
einige jüdische Gemeinden der Umgebung zusammen, um gemeinsam einen
"Wanderlehrer" anstellen zu können (mit Sitz in Wieseck;
siehe Bericht unten).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Jakob Weissenbach
(geb. 17.3.1885 in Leihgestern, gef. 12.12.1914).
Um 1924, als zur Gemeinde noch 15 Personen gehörten (0,8 % von insgesamt
1.727 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Hermann Bauer, Moses Bauer
und Julius Weissenbach. Inzwischen gehörten auch die in Watzenborn und Sternberg lebenden jüdischen Personen
(zusammen 22) zur jüdischen Gemeinde in Leihgestern. Als Vorbeter und Schochet
war Th. Adler aus Watzenborn
nun auch in Leihgestern tätig. Den Religionsunterricht der schulpflichtigen
jüdischen Kinder erteilte Lehrer Max Goldschmidt aus Nieder-Weisel.
1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Hermann Bauer, Moses Bauer und Julius
Weissenbach.
1933 lebten 22 jüdische Personen am Ort (1,2 % von 1.892 Einwohnern). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die Synagoge soll beim Novemberpogrom
1938 zerstört worden sein. 1939 wurden noch zehn jüdische Einwohner
gezählt. Von der Familie Moses Bauer (drei Personen) verstarb der Ehemann noch
in Leihgestern, die Tochter emigrierte 1938 in die USA, die Ehefrau verzog 1939
nach Frankfurt. Von der Familie Weissenbach (fünf Personen) emigrierte der Sohn
Herbert 1939 nach Palästina/Israel, die Eltern Julius und Ida sowie der
Großvater Sender wurden im September 1942 deportiert. Von der Familie Louis
Bauer (sechs Personen) konnten zwei Söhne in die USA emigrieren, ein Sohn ist
verzogen, die übrigen wurden deportiert. Die Familie Max Lilienfeld (drei Personen)
und Ernst Grünewald (zwei Personen) sowie Hermann Bauer (letzter
Gemeindevorsteher, drei Personen 1936 beziehungsweise 1938 nach Südafrika) sind
ausgewandert. Direkt aus Leihgestern sind 1942 sechs der genannten Personen
deportiert worden.
Von den in Leihgestern geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berthold Bauer
(1905), Betty Bauer geb. Siegbert (1906), Clara (Klara) Bauer geb. Stern (1877), Louis
Bauer (1872), Markus Bauer (1872), Moses Bauer (1876), Rickchen Bauer geb.
Strauß (1886), Hedwig Weisenbach (1902), Ida Weisenbach geb. Rollhaus (1887),
Ilse Weisenbach (1914), Julius Weisenbach (1888), Sender (Alexander) Weisenbach
(1855).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Zur Anstellung eines gemeinsamen Wanderlehrers mit Sitz
in Wieseck schließen sich mehrere jüdische Gemeinden zusammen (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 18. April 1904: "Gießen, 21. April (1904). Als Ergebnis
des Eintretens der hessischen Regierung für Anstellung nur seminaristisch
gebildeter Religionslehrer in den israelitischen Gemeinden ist eine
Vereinigung der jüdischen Kultusgemeinden von Wieseck,
Großen-Linden (statt
Gießen-Linden), Langgöns, Leihgestern,
Holzheim, Grüningen und
Watzenborn-Steinberg (statt
-Steinbach)
zustande gekommen, um einen Wanderlehrer mit dem Sitze in Wieseck
anzustellen, zu dessen Gehalt die Regierung vorerst einen kleinen Zuschuss
leistet. Wenn die Einrichtung sich bewährt, ist die feste Anstellung des
Lehrers in Aussicht genommen. Man hört, dass auch in den anderen
oberhessischen Kreisen Verhandlungen schweben, die die Frage der
israelitischen Religionslehrer in gleicher Weise regeln
sollen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte der Synagoge in Leihgestern liegen nur
wenige Informationen vor. Es handelte sich um ein kleines Bethaus im Innenhof
eines Anwesens an der Rathausstraße.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört und später
abgebrochen. An
ihrem Standort befindet sich eine Hinweistafel. Am 10. November 2015
wurde an einem Haus in der Rathausstraße eine Gedenktafel zur Erinnerung an das
Schicksal der Angehörigen der Familien Bauer und Weisenbach angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Grundstück
Ecke
Rathausstraße 53 / Klausegasse
Fotos
Zur jüdischen
Geschichte in Leihgestern finden sich Fotos in der Publikation von Hanno
Müller (siehe Literatur). |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
März 2011:
Vortrag zur Geschichte der Juden
in Leihgestern |
Artikel: Etwa 500 Jahre lebten Juden in Leihgestern (Gießener Anzeiger, 24.03.2011) |
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November 2015:
Anbringung einer Gedenktafel
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Für die im September 1942 deportierten und
ermordeten jüdischen Leihgesterner Alfred, Berthold, Betty, Louis und Klara
Bauer sowie Julius, Ida, Alexander und Hedwig Weisenbach, wurde am 10.
November 2015 am Haus Ecke Kirchstraße/Kantstraße eine Gedenktafel
angebracht. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 484-485. |
 | Keine Artikel zu Leihgestern bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 oder dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 oder Neubearbeitung der beiden
Bände 2007². |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 45. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 230. |
 | Zwei genealogische Blätter - erarbeitet von Rolf Hofmann
(vgl. Seite zu Familienblätter Nördlingen):
Genealogie zu Berthold Bauer of Leihgestern and Noerdlingen
und Hermann Bauer of Leihgestern, Pflaumloch and Noerdlingen
(intern abgespeicherte pdf-Dateien) |
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Hanno
Müller: Juden in Leihgestern. Hrsg. von der Ernst-Ludwig Chambré
Stiftung in Lich. Lich 2017.
http://www.fambu-oberhessen.de/
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Leihgestern
Hesse. Jews were living there by the mid-18th century and numbered 44 (4 %
of the total) in 1861. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue and Jewish homes were wrecked. About 20 Jews emigrated after 1933 and
13 were eventually deported.

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