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Ueckermünde (Kreis
Vorpommern-Greifswald)
Jüdische Friedhöfe
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Vgl. Text der Hinweistafel auf dem Friedhof -
erster Teil:
"Jüdischer Friedhof. In früherer Zeit konnten Juden in den
deutschen Territorialstaaten nur durch einen vom Landesherrn erteilten
Schutzbrief (Ansiedlungsgenehmigung) leben. Herzig Bogislaw X. stellte 1481 in
der Residenz Ueckermünde 22 Judenschutzbriefe für Pommern aus, von den
interessierten Juden wurde aber niemand in Ueckermünde sesshaft.
Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg wohnten in der Stadt nur selten Juden. Erst
das 'Emanzipationsedikt' des Königs Wilhelm III. aus dem Jahr 1812 gewährte den
Juden in Preußen freies Wohnrecht, ließ sie ohne Einschränkung ein Gewerbe
ausüben und stellte sie rechtlich den Christen und Bürgern gleich. Als Bedingung
mussten Juden die preußische Staatsbürgerschaft (Naturalisation) beantragen,
entgegen ihren alten Bräuchen einen Familiennamen annehmen sowie im öffentlichen
Leben die deutsche Sprache und Schrift (bzw. Latein) benutzten. Nach dem Edikt
siedelten sich bis 1818 die ersten jüdischen Familien in Ueckermünde an. Die
1813 bzw. 1814 zugezogenen Judenfamilien von David Josef Senger und Hirsch
Samuel Friedländer, beide aus Prenzlau und 'Handelsmann', ließen sich in
Ueckermünde nieder und wurden sesshaft.
Die Ueckermünder Juden bildeten ab 1821 eine religiöse Gemeinde, die bis zum
Verbot durch den Nationalsozialismus 1933 bestand. Zur Ausübung ihrer Religion
und der Zeremonien mietete sich die 'israelitische' Gemeinde ein schmales
Fachwerkhaus in der Töpferstraße, das sie zur Synagoge ausgestaltete.
Wichtigster Raum war eine für Männer und Frauen getrennte kleine Gebetsstube.
1860 umfasste der Gemeindebezirk auch die Orte Eggesin, Neuwarp, Torgelow und
Ziegenort, sodass auf Grund des Einzugsbereichs ein neues Statut nötig wurde.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hielt sich die Gemeinde einen Vorbeter, der
zugleich Religionslehrer war. An den Gottesdiensten war seine laute Stimme zu
Sprache und Gesang vom Vorbetertisch bis auf die Straße zu hören."
Aus der jüdischen Geschichte
Ausschreibungen der Stelle des
jüdischen Lehrers, Kantors und Schächter
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Mai 1869:
"Die hiesige Schächterstelle, verbunden mit den Funktionen des Kantors und
Religionslehrers, ist sofort zu besetzen. Die totale Jahreseinnahme beträgt
circa 250 Thaler.
Ueckermünde in Pommern, den 7. April 1869.
Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde. J. Hirschberg."
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Juli 1900: "Wir suchen
per sofort oder 1. August dieses Jahres einen verheirateten
Vorbeter und Schächter.
Festes Gehalt 700 Mark, Nebeneinkommen circa 300 Mark. Schriftliche
Meldungen erbittet
Der Vorstand der Synagogengemeinde Ueckermünde. Sally Pleß."
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Beitrag zur jüdischen Geschichte in Ueckermünde (1930)
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Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 4. Juni 1930: "Ueckermünde.
'Den Juden war die Niederlassung in Pommern sehr erschwert. Noch unter
schwedischer Regierung bedurfte jeder Jude, der sich in einer Stadt
niederlassen wollte, der Genehmigung des Stadthalters, und diese sollte nur
erteilt werden, wenn der Nachsuchende ein Vermögen von wenigstens 10.000
Talern nachweisen konnte. Jedenfalls wurden die Bestimmungen aber nicht
allzu streng gehandhabt; denn im Jahre 1693 erlaubte die Regierung auf
Verwendung des hiesigen Magistrats dem Juden David Elias aus Bock (Buckow in
der Altmark), sich in Ueckermünde zu setzen und hier Leinen- und
'Beurenzeug' zu verkaufen. Elias kaufte sich daraufhin hier ein Haus und
erwarb das Bürgerrecht. Während er sich dann aber in Buckow aufhielt, um
dort sein Grundstück zu verkaufen, schwärzte ihn der Münzjude Philipp Jakob
in Stettin bei der Regierung an, dass er ein herumvagierender Mensch von
schlechter Reputation sei und erreichte es auch, dass die Regierung ihre
Einwilligung zurückzog und sie dem Bruder des Jakob erteilte. Elias erfuhr
das Unglück erst, als er mit Sack und Pack in Ueckermünde einzog und er
hatte es nur der dringenden Fürbitte des Magistrats zu danken, dass die
Regierung die Einwilligung wieder auf ihn übertrug. Bald aber wurden über
seine Handelsgeschäfte allerlei Klagen laut und es scheint, als wenn er nach
wenigen Jahren ausgewiesen wurde.'
'Während des 18. Jahrhunderts war hier kein Jude sesshaft. Das Kirchenbuch
berichtet aber von einer Judentaufe. Der Präpositus Slave schreibt:
'1752 am 3. April ist vor einer ungemein zahlreichen Gemeinde ein Jude nach
empfangenem Unterricht von mir getauft, welchem die Namen in der heiligen
Taufe gegeben: Christian Salomon. Paten waren: Obrist Wachtmeister von
Teerbrandt, Leutenant von Rhaden, Leutenant Pfeiffer, Frau Forstmeister von
Löben, Frau Präpositus Slave.“ Ob Christian Salomon nun wirklich ein guter
Christ geworden ist, verrät das Kirchenbuch leider nicht. Es ist aber recht
zweifelhaft: denn gerade in jener Zeit ließen sich geschäftstüchtige Juden
wegen der reichen Geschenke der zahlreichen und vornehmen Paten gern so oft
wie möglich taufen, natürlich immer an anderen Orten.'
'Im Jahre 1782 wohnten in Ueckermünde noch keine Juden; erst 1812 wird ihre
Zahl auf 3 angegeben, und wahrscheinlich hatten sich diese erst eben
ansässig gemacht. Am 13. Oktober 1812 stellten nämlich Hirsch Friedländer
und Daniel Saenger den Antrag, sich hier niederlassen zu dürfen. Durch
Zeugnis des Magistrats in Prenzlau wiesen sie nach, dass sie in die Liste
der Juden aufgenommen seien, die einen Familiennamen angenommen hatten. Der
Magistrat suchte darum die Erteilung des Staatsbürgerrechts für sie nach.
Dem Saenger wurde es anstandslos erteilt, bei Friedländer machte die
Regierung Schwierigkeiten, weil er aus dem Großherzogtum Posen stammte, also
Ausländer war. Er erreichte erst 1814 seine Naturalisation. Drei Jahre
später wurden Moses Levy und Levin Friedländer aufgenommen. Am 7. April 1821
traten die vier jüdischen Bürger der Stadt zu einem Kultusverein zusammen,
mieteten sich eine Betstube und erwarben auch einen kleinen
Begräbnisplatz eine kurze Strecke südwestlich von dem jetzigen
städtischen Friedhof. Durch Beitritte auswärtiger Glaubensgenossen nahm der
Verband allmählich an Zahl zu, so dass hier, nachdem die Juden durch das
Gesetz vom 23. Juli 1847 und die Verfassung vom 31. Januar 1850 volle
staatsbürgerliche Gleichberechtigung mit den Christen erhalten hatten, eine
Synagogengemeinde gebildet wurde. Nach dem Statut von 1860 umfasst sie die
Ortschaften Ueckermünde, Neuwarp, Hoppenwalde, Neuendorf, Altwarp, Eggesin,
Torgelow, Vorsee, Gegensee, Hintersee, Königsfelde und verschiedene andere.
Der kleine Begräbnisplatz war bei dem Wachstum der Gemeinde nicht mehr
ausreichend. Es wurde deshalb 1867 in der Nähe von Rosenbühl ein neuer Platz
von dem Mühlenbesitzer Frank erworben und im nächsten Jahre umfriedigt. Die
Zahl der Juden hatte damals ihren Höhepunkt erreicht. Sie betrug
1816:11,1831: 38,1843: 35; 1861: 58,1880: 50, 1890 37, 1910: 29. Auch in der
Umgegend hat sich die Zahl der Juden sehr verringert, sodass die
Synagogengemeinde 1926 nur noch zwölf Familien mit 42 zählt. Die Synagoge
liegt in der Töpferstraße.' Die Stadt Ueckermünde. Von
August Bartelt, Julius Schneider Verlag, Ueckermünde 1926.
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Zur Geschichte der Friedhöfe
Text der Informationstafel - zweiter Teil:
"In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestatteten die jüdischen Bürger ihre
Verstorbenen auf einem kleinen Begräbnisplatz am heutigen Parkweg, also unweit
des städtischen Friedhofes. Den Grund und Boden dazu hatte die jüdische Gemeinde
erworben. Mit der Zunahme der Gemeindemitglieder benötigte man auch einen
größeren Friedhof mit mehr Begräbnisplätzen. Dieser wurde 1867 hier an der
Wiesenstraße gefunden.
Nachdem nach den Demütigungen, Misshandlungen und Ermordungen von den jüdischen
Bürgern nach 1938 die letzten überlebenden Juden Ueckermünde verlassen hatten,
endeten auch die Bestattungen auf dem Friedhof.
Die Gedenksteine verfielen, bis in den 1950er-Jahren die noch vorhandenen
Grabplatten wieder aufgestellt wurden und die Begräbnisstätte als ehemaliger
jüdischer Friedhof wieder in das Gedächtnis der Menschen trat.
Der spätere Bürgermeister Bruno Schenk hielt damals eine Rede am neu
aufgestellten Gedenkstein mit der Inschrift: 'Zum Gedenken an die jüdischen
Opfer des Fachismus'.
Zu späteren DDR-Zeiten wurde der Friedhof durch Patienten, Betriebshandwerker
und Personal der Hautabteilung des NVA-Lazaretts Ueckermünde erneut
instandgesetzt und gepflegt. Heute wird der Friedhof durch die Stadt mit
Landesmitteln gepflegt und so der Nachwelt erhalten."
Ein erster jüdischer Friedhof in Ueckermünde wurde (nach dem obigen
Beitrag von 1930) 1821 angelegt. Nach Vergrößerung der Gemeinde wurde 1867
ein neuer Platz an der Wiesenstraße erworben und bis 1938 als Friedhof (neuer
jüdischer Friedhof) benutzt.
1938 wurde der Friedhof verwüstet, blieb aber erhalten. 1948 setzte sich Alfred
Scheidemann aus Torgelow, der später längere Zeit Landesvorsitzender der
jüdischen Gemeinde war, bei der Stadtverwaltung und der Landesregierung für die
Wiederherstellung des Begräbnisplatzes ein. Von der Landesregierung wurde darauf
der Kreisverwaltung Ueckermünde am 8. April 1946 geschrieben: "Dass eine
gesetzliche Pflicht zur Betreuung des jüdischen Friedhofes durch die Stadt zur
Zeit noch nicht besteht, mag richtig sein. Es handelt sich aber darum, dass die
von den Faschisten begangenen Schandtaten, die Profanierung und Zerstörung von
Begräbnisstätten, nicht noch verewigt werden. Da die jüdische Gemeinde als
Eigentümerin des Friedhofes begreiflicherweise nicht in der Lage sein wird,
dessen würdige Wiederherstellung zu veranlassen, wird es Aufgabe der Stadt sein,
in einfachster Form den Friedhof wieder menschenwürdig herzurichten". Dies
geschah in den 1950er-Jahren; bis 1961 erfolgte die Umgestaltung und Einweihung
des Friedhofes als Gedenkstätte. Damals wurden die Steine in einer Reihe niederlegt.
1987 wurde der Friedhof - soweit möglich - wieder hergerichtet. Es sind noch 12
Grabsteine und ein Gedenkstein vorhanden. Das Friedhofsgrundstück ist ca. 400
bis 500 m² groß.
Lage der Friedhöfe
Vom alten Friedhof ist nichts erhalten. Er lag 1821 am Parkweg unmittelbar
südwestlich des damaligen allgemeinen (christlichen) Friedhofes.
Neuer Friedhof an der Liepgartener Straße: von der Stadtmitte kommend folgt man
der Chausseestraße in Richtung Ferdinandshof bis kurz vor dem Tierpark, und
biegt dann links ab in die Liepgartener Straße in Richtung Torgelow. Die dritte
Seitenstraße links ist die Wiesenstraße, auf ihrer linken Seite, ca. 50 Meter
von der Hauptstraße entfernt, liegt etwas zurückgesetzt auf einer kleinen Anhöhe
die Gedenkstätte für den 1938 verwüsteten jüdischen Friedhof.
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Ungefähre Lage des jüdischen Friedhofes
in Ueckermünde auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken
und im
"Straßenverzeichnis" weiterklicken zu "Liepgartener
Straße" (der jüdische Friedhof ist
nicht gesondert eingetragen) |
Fotos
(Hans-Peter Laqueur, Aufnahmen vom Juli 2020)
Fotos zur Einweihung
des Gedenksteines
(Foto aus der Hinweistafel siehe unten) |
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Einweihung des Gedenksteines
durch
Bürgermeister Schenk 1961 |
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Hinweistafel
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Aufgang zum
Friedhof und zum Gedenkstein |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Thüringen. Projektleitung: Kathrin Wolff. Gesamtredaktion: Cordula Führer.
Berlin 1992. S. 71. |
| Michael Brocke/Eckehart Ruthenberg/Kai Uwe Schulenburg:
Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue
Bundesländer/DDR und Berlin). Berlin 1994. S. 646-647. |
| Wolfgang Wilhelmus:
Juden in Vorpommern. Reihe: Beiträge zur Geschichte Mecklenburg-Vorpommern
Nr. 8. Schwerin 2007. Hrgs. Friedrich-Ebert-Stiftung Schwerin. 144 S.
(Online zugänglich
https://library.fes.de/pdf-files/bueros/schwerin/05396.pdf bzw.
eingestellte pdf-Datei) |
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