Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ueckermünde (Kreis Vorpommern-Greifswald) 
Jüdische Friedhöfe  
   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde    
    
Vgl. Text der Hinweistafel auf dem Friedhof - erster Teil:
  
 "Jüdischer Friedhof. In früherer Zeit konnten Juden in den deutschen Territorialstaaten nur durch einen vom Landesherrn erteilten Schutzbrief (Ansiedlungsgenehmigung) leben. Herzig Bogislaw X. stellte 1481 in der Residenz Ueckermünde 22 Judenschutzbriefe für Pommern aus, von den interessierten Juden wurde aber niemand in Ueckermünde sesshaft.  
 
Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg wohnten in der Stadt nur selten Juden. Erst das 'Emanzipationsedikt' des Königs Wilhelm III. aus dem Jahr 1812 gewährte den Juden in Preußen freies Wohnrecht, ließ sie ohne Einschränkung ein Gewerbe ausüben und stellte sie rechtlich den Christen und Bürgern gleich. Als Bedingung mussten Juden die preußische Staatsbürgerschaft (Naturalisation) beantragen, entgegen ihren alten Bräuchen einen Familiennamen annehmen sowie im öffentlichen Leben die deutsche Sprache und Schrift (bzw. Latein) benutzten. Nach dem Edikt siedelten sich bis 1818 die ersten jüdischen Familien in Ueckermünde an. Die 1813 bzw. 1814 zugezogenen Judenfamilien von David Josef Senger und Hirsch Samuel Friedländer, beide aus Prenzlau und 'Handelsmann', ließen sich in Ueckermünde nieder und wurden sesshaft.
 
Die Ueckermünder Juden bildeten ab 1821 eine religiöse Gemeinde, die bis zum Verbot durch den Nationalsozialismus 1933 bestand. Zur Ausübung ihrer Religion und der Zeremonien mietete sich die 'israelitische' Gemeinde ein schmales Fachwerkhaus in der Töpferstraße, das sie zur Synagoge ausgestaltete. Wichtigster Raum war eine für Männer und Frauen getrennte kleine Gebetsstube. 1860 umfasste der Gemeindebezirk auch die Orte Eggesin, Neuwarp, Torgelow und Ziegenort, sodass auf Grund des Einzugsbereichs ein neues Statut nötig wurde. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hielt sich die Gemeinde einen Vorbeter, der zugleich Religionslehrer war. An den Gottesdiensten war seine laute Stimme zu Sprache und Gesang vom Vorbetertisch bis auf die Straße zu hören." 

    
    
 
Aus der jüdischen Geschichte       

Ausschreibungen der Stelle des jüdischen Lehrers, Kantors und Schächter     
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Mai 1869:
"Die hiesige Schächterstelle, verbunden mit den Funktionen des Kantors und Religionslehrers, ist sofort zu besetzen. Die totale Jahreseinnahme beträgt circa 250 Thaler. 
Ueckermünde in Pommern, den 7. April 1869.
Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde. J. Hirschberg."       
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Juli 1900: "Wir suchen per sofort oder 1. August dieses Jahres einen verheirateten
Vorbeter und Schächter
.
Festes Gehalt 700 Mark, Nebeneinkommen circa 300 Mark. Schriftliche Meldungen erbittet
Der Vorstand der Synagogengemeinde Ueckermünde. Sally Pleß."   
 
Beitrag zur jüdischen Geschichte in Ueckermünde (1930)  
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 4. Juni 1930: "Ueckermünde. 'Den Juden war die Niederlassung in Pommern sehr erschwert. Noch unter schwedischer Regierung bedurfte jeder Jude, der sich in einer Stadt niederlassen wollte, der Genehmigung des Stadthalters, und diese sollte nur erteilt werden, wenn der Nachsuchende ein Vermögen von wenigstens 10.000 Talern nachweisen konnte. Jedenfalls wurden die Bestimmungen aber nicht allzu streng gehandhabt; denn im Jahre 1693 erlaubte die Regierung auf Verwendung des hiesigen Magistrats dem Juden David Elias aus Bock (Buckow in der Altmark), sich in Ueckermünde zu setzen und hier Leinen- und 'Beurenzeug' zu verkaufen. Elias kaufte sich daraufhin hier ein Haus und erwarb das Bürgerrecht. Während er sich dann aber in Buckow aufhielt, um dort sein Grundstück zu verkaufen, schwärzte ihn der Münzjude Philipp Jakob in Stettin bei der Regierung an, dass er ein herumvagierender Mensch von schlechter Reputation sei und erreichte es auch, dass die Regierung ihre Einwilligung zurückzog und sie dem Bruder des Jakob erteilte. Elias erfuhr das Unglück erst, als er mit Sack und Pack in Ueckermünde einzog und er hatte es nur der dringenden Fürbitte des Magistrats zu danken, dass die Regierung die Einwilligung wieder auf ihn übertrug. Bald aber wurden über seine Handelsgeschäfte allerlei Klagen laut und es scheint, als wenn er nach wenigen Jahren ausgewiesen wurde.'
'Während des 18. Jahrhunderts war hier kein Jude sesshaft. Das Kirchenbuch berichtet aber von einer Judentaufe. Der Präpositus Slave schreibt: '1752 am 3. April ist vor einer ungemein zahlreichen Gemeinde ein Jude nach empfangenem Unterricht von mir getauft, welchem die Namen in der heiligen Taufe gegeben: Christian Salomon. Paten waren: Obrist Wachtmeister von Teerbrandt, Leutenant von Rhaden, Leutenant Pfeiffer, Frau Forstmeister von Löben, Frau Präpositus Slave.“ Ob Christian Salomon nun wirklich ein guter Christ geworden ist, verrät das Kirchenbuch leider nicht. Es ist aber recht zweifelhaft: denn gerade in jener Zeit ließen sich geschäftstüchtige Juden wegen der reichen Geschenke der zahlreichen und vornehmen Paten gern so oft wie möglich taufen, natürlich immer an anderen Orten.'
'Im Jahre 1782 wohnten in Ueckermünde noch keine Juden; erst 1812 wird ihre Zahl auf 3 angegeben, und wahrscheinlich hatten sich diese erst eben ansässig gemacht. Am 13. Oktober 1812 stellten nämlich Hirsch Friedländer und Daniel Saenger den Antrag, sich hier niederlassen zu dürfen. Durch Zeugnis des Magistrats in Prenzlau wiesen sie nach, dass sie in die Liste der Juden aufgenommen seien, die einen Familiennamen angenommen hatten. Der Magistrat suchte darum die Erteilung des Staatsbürgerrechts für sie nach. Dem Saenger wurde es anstandslos erteilt, bei Friedländer machte die Regierung Schwierigkeiten, weil er aus dem Großherzogtum Posen stammte, also Ausländer war. Er erreichte erst 1814 seine Naturalisation. Drei Jahre später wurden Moses Levy und Levin Friedländer aufgenommen. Am 7. April 1821 traten die vier jüdischen Bürger der Stadt zu einem Kultusverein zusammen, mieteten sich eine Betstube und erwarben auch einen kleinen Begräbnisplatz eine kurze Strecke südwestlich von dem jetzigen städtischen Friedhof. Durch Beitritte auswärtiger Glaubensgenossen nahm der Verband allmählich an Zahl zu, so dass hier, nachdem die Juden durch das Gesetz vom 23. Juli 1847 und die Verfassung vom 31. Januar 1850 volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung mit den Christen erhalten hatten, eine Synagogengemeinde gebildet wurde. Nach dem Statut von 1860 umfasst sie die Ortschaften Ueckermünde, Neuwarp, Hoppenwalde, Neuendorf, Altwarp, Eggesin, Torgelow, Vorsee, Gegensee, Hintersee, Königsfelde und verschiedene andere. Der kleine Begräbnisplatz war bei dem Wachstum der Gemeinde nicht mehr ausreichend. Es wurde deshalb 1867 in der Nähe von Rosenbühl ein neuer Platz von dem Mühlenbesitzer Frank erworben und im nächsten Jahre umfriedigt. Die Zahl der Juden hatte damals ihren Höhepunkt erreicht. Sie betrug 1816:11,1831: 38,1843: 35; 1861: 58,1880: 50, 1890 37, 1910: 29. Auch in der Umgegend hat sich die Zahl der Juden sehr verringert, sodass die Synagogengemeinde 1926 nur noch zwölf Familien mit 42 zählt. Die Synagoge liegt in der Töpferstraße.'    Die Stadt Ueckermünde. Von August Bartelt, Julius Schneider Verlag, Ueckermünde 1926.  

    
     
    
Zur Geschichte der Friedhöfe       
    
Text der Informationstafel - zweiter Teil:
"In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestatteten die jüdischen Bürger ihre Verstorbenen auf einem kleinen Begräbnisplatz am heutigen Parkweg, also unweit des städtischen Friedhofes. Den Grund und Boden dazu hatte die jüdische Gemeinde erworben. Mit der Zunahme der Gemeindemitglieder benötigte man auch einen größeren Friedhof mit mehr Begräbnisplätzen. Dieser wurde 1867 hier an der Wiesenstraße gefunden.
Nachdem nach den Demütigungen, Misshandlungen und Ermordungen von den jüdischen Bürgern nach 1938 die letzten überlebenden Juden Ueckermünde verlassen hatten, endeten auch die Bestattungen auf dem Friedhof.
Die Gedenksteine verfielen, bis in den 1950er-Jahren die noch vorhandenen Grabplatten wieder aufgestellt wurden und die Begräbnisstätte als ehemaliger jüdischer Friedhof wieder in das Gedächtnis der Menschen trat.
Der spätere Bürgermeister Bruno Schenk hielt damals eine Rede am neu aufgestellten Gedenkstein mit der Inschrift: 'Zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Fachismus'. 
Zu späteren DDR-Zeiten wurde der Friedhof durch Patienten, Betriebshandwerker und Personal der Hautabteilung des NVA-Lazaretts Ueckermünde erneut instandgesetzt und gepflegt. Heute wird der Friedhof durch die Stadt mit Landesmitteln gepflegt und so der Nachwelt erhalten."  
  
Ein erster jüdischer Friedhof in Ueckermünde wurde (nach dem obigen Beitrag von 1930) 1821 angelegt. Nach Vergrößerung der Gemeinde wurde 1867 ein neuer Platz an der Wiesenstraße erworben und bis 1938 als Friedhof (neuer jüdischer Friedhof) benutzt.  
  
1938 wurde der Friedhof verwüstet, blieb aber erhalten. 1948 setzte sich Alfred Scheidemann aus Torgelow, der später längere Zeit Landesvorsitzender der jüdischen Gemeinde war, bei der Stadtverwaltung und der Landesregierung für die Wiederherstellung des Begräbnisplatzes ein. Von der Landesregierung wurde darauf der Kreisverwaltung Ueckermünde am 8. April 1946 geschrieben: "Dass eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung des jüdischen Friedhofes durch die Stadt zur Zeit noch nicht besteht, mag richtig sein. Es handelt sich aber darum, dass die von den Faschisten begangenen Schandtaten, die Profanierung und Zerstörung von Begräbnisstätten, nicht noch verewigt werden. Da die jüdische Gemeinde als Eigentümerin des Friedhofes begreiflicherweise nicht in der Lage sein wird, dessen würdige Wiederherstellung zu veranlassen, wird es Aufgabe der Stadt sein, in einfachster Form den Friedhof wieder menschenwürdig herzurichten". Dies geschah in den 1950er-Jahren; bis 1961 erfolgte die Umgestaltung und Einweihung des Friedhofes als Gedenkstätte. Damals wurden die Steine in einer Reihe niederlegt. 1987 wurde der Friedhof - soweit möglich - wieder hergerichtet. Es sind noch 12 Grabsteine und ein Gedenkstein vorhanden. Das Friedhofsgrundstück ist ca. 400 bis 500 m² groß.   
   
   
    
Lage der Friedhöfe
 
Vom alten Friedhof ist nichts erhalten. Er lag 1821 am Parkweg unmittelbar südwestlich des damaligen allgemeinen (christlichen) Friedhofes. 
 
Neuer Friedhof an der Liepgartener Straße: von der Stadtmitte kommend folgt man der Chausseestraße in Richtung Ferdinandshof bis kurz vor dem Tierpark, und biegt dann links ab in die Liepgartener Straße in Richtung Torgelow. Die dritte Seitenstraße links ist die Wiesenstraße, auf ihrer linken Seite, ca. 50 Meter von der Hauptstraße entfernt, liegt etwas zurückgesetzt auf einer kleinen Anhöhe die Gedenkstätte für den 1938 verwüsteten jüdischen Friedhof. 

  Ungefähre Lage des jüdischen Friedhofes in Ueckermünde auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken 
und im "Straßenverzeichnis" weiterklicken zu "Liepgartener Straße" (der jüdische Friedhof ist 
nicht gesondert eingetragen)   

   
   
   
Fotos
 
(Hans-Peter Laqueur, Aufnahmen vom Juli 2020)  

 Fotos zur Einweihung des Gedenksteines
 (Foto aus der Hinweistafel siehe unten)
 
  Einweihung des Gedenksteines durch
Bürgermeister Schenk 1961  
 
     
   
 Hinweistafel   Aufgang zum Friedhof und zum Gedenkstein   
     

    
    

Links und Literatur  

Links:  

bullet Website der Stadt Ueckermünde  
bulletZur Geschichte siehe auch die Seite: https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/u-z/1969-ueckermuende-mecklenburg-vorpommern.  
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Ueckermünde)     

Literatur:  

bulletZeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Projektleitung: Kathrin Wolff. Gesamtredaktion: Cordula Führer. Berlin 1992. S. 71.
bulletMichael Brocke/Eckehart Ruthenberg/Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin). Berlin 1994. S. 646-647. 
bulletWolfgang Wilhelmus: Juden in Vorpommern. Reihe: Beiträge zur Geschichte Mecklenburg-Vorpommern Nr. 8. Schwerin 2007. Hrgs. Friedrich-Ebert-Stiftung Schwerin. 144 S.
(Online zugänglich  https://library.fes.de/pdf-files/bueros/schwerin/05396.pdf bzw. eingestellte pdf-Datei)   

    
     

                   
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Stand: 30. Juni 2020