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Gerolstein (VG
Hillesheim, Kreis
Vulkaneifel, ehem.: Kreis Daun)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gerolstein bestand eine kleine jüdische
Gemeinde im 19./20. Jahrhundert. Bereits im Mittelalter (Gerolstein erhielt 1336
Stadtrechte) werden Juden am Ort genannt. So gewährte 1336 Ludwig der Bayer dem
Stadtherrn Gerhard VI. von Blankenheim das Recht, zwölf Juden in seinen Festen
und Dörfern zu halten. Tatsächlich ließen sich auch mehrere in der Stadt
nieder, da Gerolstein wenig später als Ort einer Judenverfolgung in der
Pestzeit 1348/49 genannt wird.
Erst im 18. Jahrhundert kam es zu einer Neuansiedlung. 1719 hatten
zwei jüdische Familien das Wohnrecht in der Stadt. Wie lange sie in
Gerolstein blieben, ist nicht bekannt.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808, 1843 und 1858 werden keine jüdischen Einwohner gezählt, 1895 25, 1925 61, 1926 64. Unter den
ersten zugezogenen Familien war die Familie von
Alexander Levy aus Aach, der in der Hauptstraße 37 ein Manufakturwaren- und
Lebensmittelgeschäft eröffnete. Nach dem Tod von Alexander Levy 1920 wurde das
Geschäft von den Söhnen Lazarus und Heimann weitergeführt. Heimann verzog
1929 nach dem Verkauf des Geschäftes nach Köln.
Die Gemeinde nannte sich offiziell "Synagogen-Gesellschaft"
(Gemeinde-Verzeichnis 1924).
An Einrichtungen bestanden ein Betraum (s.u., eine Synagoge war geplant),
eine jüdische Schule und ein Friedhof. Ein Vorbeter war zeitweise am Ort tätig: bis
zu seinem Tod 1932 war dies Hermann Levy aus Hohenfels. Die Gemeinde gehörte
zum Bezirksrabbinat in Trier.
Um 1924, als 41 Personen zur "Synagogen-Gesellschaft"
gehörten, war A. Löwy Gemeindevorsteher. 1932 waren die Gemeindevorsteher
Nathan Levy (1. Vorsitzender seit 1925), S. Siegler (2. Vorsitzender) und L.
Mayer (3. Vorsitzender). Als Lehrer und Vorbeter kam regelmäßig Lehrer David
Mandel aus Bitburg nach Gerolstein.
Teilweise bis nach 1933 bestanden an Gewerbebetrieben im Besitz
jüdischer Personen: Limonadenfabrikation und Bierlager von Daniel Levy
(gegenüber Hauptstraße 33), Manufakturwaren- und Lebensmittelgeschäft bzw.
-handel der Brüder Lazarus und Heimann Levy (Hauptstraße 37),
Herrenkonfektionsgeschäft Nathan Levy (ab 1900 Hauptstraße 35, ab 1908 in der
Bahnhofstraße 35, seit 1912/13 Einrichtung des "Kölner Kaufhauses"
Bahnhofstraße 12, das in den 1920er-Jahren von Fritz Mansbach übernommen und
bis zur "Arisierung" 1936 betrieben wurde), Viehhandlung Simon Baum (Sarresdorfer
Straße, bis 1923), Viehhandlung Moritz Levy (Frankensteinstraße, bis 1935),
Metzgerei Nobert Baum (Bahnhofstraße 10), Felle und Metzgereiartikel Ludwig
Baum (Lindenstraße 13), Viehhandlungen Salomon Siegler und Moritz Herz
(letztere Sarresdorfer Straße 21), Süßwarengeschäft Jakob Hanau (Haupstraße
23), Karamellen-Handlung en gros Leo Mayer (Bahnhofstraße 26), Viehhandlung
Ludwig Fränkel (Hauptstraße 61). Nähere Informationen zu den
genannten Familien und Geschäften im Beitrag von Christoph Stehr s. Lit..
1933 lebten noch 52 jüdische Personen in Gerolstein. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1937 wurden noch 19, 1938
noch elf jüdische Personen in der Stadt gezählt. 1942 und 1943 wurden die
letzten der jüdischen Einwohner deportiert.
Von den in Gerolstein geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; einige Namen ergänzt auf
Grund der Recherchen von Karl-Heinz Böffgen s.Lit.): Johanna Adler
(1869), Siegmund Baum (1913), Theodora Baum geb. Kahn (1912), Renate Gottschalk (1924), Ella Lieselotte Humberg
geb. Lewy (1921), Albert Levy (1875), Elise Levy geb. Ermann (1889),
Gertrud Levy geb. Adler (1864, Heimann Levy (1876), Ida Levy geb. Rosenberger (1882), Josef Levy
(1910), Lazarus Levy (1873), Moritz Levy (1886), Nathan Levy (1870), Rosa Levy
geb. Elias (1870), Fritz Mannsbach (1897), Horst (Siegfried) Mannsbach (1931), Ingeborg Mannsbach (1925), Rosa Mannsbach geb. Levy (1898),
Berta Moses geb. Baum (1890), Berta Salm geb. Lilienfeld
(1885).
Ende Februar 2011 wurden zur Erinnerung an die Ehepaare Nathan Levy und Gertrud
geb. Adler sowie Moritz Levy und Elise geb. Ermann sogenannte
"Stolpersteine" verlegt (vor dem Haus Hauptstraße 59 sowie vor dem
Haus Mühlenstraße 1) (siehe Pressebericht unten).
Hinweis: nach Mitteilung von Wolfgang Appell (Schreiben vom 5.1.2014)
konnte die in einigen Listen als Opfer der NS-Zeit genannte Erna Kahn geb.
Baum (geb. 1886 in Gerolstein) mit ihren Töchtern Anni (geb.
1921 in St. Ingbert) und Herta
(geb. 1923 in St. Ingbert, später Heddy
verheiratete Adler) nach der Zeit im südfranzösischen Internierungslager Gurs
über Casablanca (Marokko) im März/April 1942 in die USA emigrieren. Der
Ehemann von Erna Kahn - Siegfried Kahn - ist bereits im Mai/Juni 1937 in die USA
emigriert. Erna Kahn ist am 16. Oktober 1956 in New York gestorben.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zur jüdischen Geschichte in Gerolstein konnten in
jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts noch nicht gefunden werden.
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdischen Familien in der Stadt konnten in einem der
jüdischen Häuser einen Betraum einrichten. Nach 1930 stellte Ludwig Baum einen
Raum seines Hauses Lindenstraße 13 zur Verfügung. Der Bau einer Synagoge war
geplant. In der Nähe des Hauses Dr. Linden unterhalb der Raderstraße hatte man
ein Grundstück zum Bau einer Synagoge erwerben können.
Geplant war ein quadratischer Zentralbau mit symmetrisch anliegenden Armen und
einer zentralen Kuppel. es war die letzte vor 1933 im Gebiet des heutigen Landes
Rheinland-Pfalz geplante Synagoge. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten
vereitelte die Bauausführung.
Adresse/Standort der Synagoge: Betstube
in der Lindenstraße 13; geplante Synagoge in der Raderstraße.
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 166)
Gipsmodell der geplanten
Synagoge in Gerolstein |
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Der auf einem Grundstück in
der Raderstraße geplante Bau
kam auf Grund der nationalsozialistischen
Machtergreifung
nicht mehr zur Ausführung. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2009:
"Stolpersteine" auch in Gerolstein
angedacht - Buch von Karl-Heinz Böffgen in zweiter Auflage erschienen |
Artikel vom 10. September 2009 im "Trierischen
Volksfreund" (Artikel):
"Stolpersteine" auch in Gerolstein angedacht
Unter der Überschrift "Gegen das Vergessen" lädt das Forum Eine Welt zu einer Veranstaltung am 15. September, 19 Uhr, in die Gerolsteiner Buchhandlung Raabe ein. Karl-Heinz Böffgen stellt die zweite (ergänzte) Auflage des Buchs "Gegen das Vergessen - Das Schicksal der Gerolsteiner Juden" vor..."
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Artikel von Gabi Vogelsberg im "Trierischen Volksfreund"
vom 17. September 2009 (Artikel):
"Die Großeltern schwiegen, die Enkel reden"
Das Interesse an der Dokumentation über die Schicksale jüdischer Familien in Gerolstein ist ungebrochen: Das zweite Buch "Gegen das Vergessen" ist seit gestern im Handel. Die Buchvorstellung war mit 50 Zuhörern gut besucht. Die zeitgleiche Diskussion übers Verlegen von Stolpersteinen als dezentrale Gedenkstätten verlief sehr
kontrovers..." |
Ausführlicher Bericht
(mit Fotos) zu der Veranstaltung siehe auf der Website von "Forum
Eine Welt". |
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Februar 2010:
Auch in Gerolstein sollen
"Stolpersteine" verlegt werden. |
Artikel von Gabi Vogelsberg im "Trierischen
Volksfreund" vom 2. Februar 2010 (Artikel): "Stadt sagt Ja zu Stolpersteinen.
Die Stadt hat sich dafür ausgesprochen, dass in Gerolstein Stolpersteine als Andenken an vom Naziregime getötete, jüdische Mitbürger verlegt werden. Stolpersteine sollen jedoch nur dort verlegt werden, wo auch die Eigentümer der Häuser, in denen damals Juden gelebt haben, dafür sind..."
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Februar 2011:
Vier "Stolpersteine" für die Familie
Levy werden verlegt |
Artikel von Mario Hübner im "Trierischen Volksfreund"
("Gerolsteiner Zeitung") vom 17. Februar 2011 (Artikel):
"Vier Stolpersteine für die Familie Levy.
Nach gut sechs Jahren Vorbereitung werden am 28. Februar, 10 Uhr, zur Erinnerung an die in der Brunnenstadt verfolgten, deportierten und in Konzentrationslagern ermordeten Juden die ersten vier Stolpersteine in Gerolstein verlegt. Weitere sollen folgen..."
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Artikel von Karl-Heinz Böffgen im "Trierischen
Volksfreund" ("Gerolsteiner Zeitung") vom 23. Februar 2011
(Artikel):
"Sie alle waren Gerolsteiner Bürger.
Vor fast genau 68 Jahren, am 27. Februar 1943, wurden der Gerolsteiner Fritz Mansbach, seine Frau Rosa, Tochter Ingeborg und Sohn Horst von bewaffneten Polizisten abgeholt und mit wenig Gepäck zum Bahnhof gebracht, begleitet vom evangelischen Pfarrer Bernhard Wiebel. Die Familie Mansbach war jüdischen Glaubens. Im März wurde sie in Auschwitz ermordet..."
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Siehe auch den Bericht
in der "Eifel-Zeitung" vom 23. Februar 2011:
"'Stolpersteine' sollen an verfolgte Juden erinnern". |
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November 2018:
Neuauflage einer Publikation zur
jüdischen Geschichte mit Gedenken an den Novemberpogrom 1938
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Artikel im "Trierischen Volksfreund" vom 15.
November 2018: "Region Vulkaneifel. Veranstaltung des Forums Eine Welt
zum Gedenken an die Reichspogromnacht
Geschichte : Das Schicksal der Gerolsteiner Juden. Gerolstein 80 Gäste
besuchen die Veranstaltung des Forums Eine Welt zum Gedenken an die
Reichspogromnacht.
Der Waggon der Züge nach Auschwitz stand schon 1933 in Gerolstein bereit. Zu
dieser symbolisch gemeinten Einschätzung ist der Gerolsteiner
Hobby-Historiker Helmut Blinn gelangt. Er war es auch, der die dritte und
veränderte Auflage des Buches 'Gegen das Vergessen. Das Schicksal der
Gerolsteiner Juden' maßgeblich bearbeitet hat. Das Buch stand im Mittelpunkt
der Gedenkveranstaltung am 9. November im Rathaus Gerolstein, zu der 80
interessierte Gäste gekommen waren. Wider das Vergessen heißt: ,,Denkt an
uns, die wir ausgegrenzt, enteignet, verfolgt und letztendlich ermordet
wurden. Wir waren mitten unter Euch, nahmen teil am Leben im Dorf, belebten
die Wirtschaft des Ortes, feierten mit Euch, bereicherten das kulturelle
Leben und wir wollen nicht vergessen sein.' So zitierte Andreas Borsch,
Doktorand der Uni Trier, aus einem anderen wichtigen Buch in Sachen
Judenverfolgung in Deutschland: ,,Der lange Schatten der Vergangenheit' (von
Aleida Assmann). Sein Fazit, das ebenfalls dem Buch entnommen ist: 'Seid
wachsam und wehret den Anfängen!' An die Vergangenheit zu erinnern und das
Gedenken zu bewahren, hat sich das Forum Eine Welt vorgenommen. So trug die
Veranstaltung im Rathaus Gerolstein dazu bei, der jüdischen Mitbürger zu
gedenken und einige Ereignisse und Zusammenhänge aufzuhellen. Referent
Borsch betonte, dass sich nach mehr als 70 Jahren immer noch viele
Raubgüter, die unter dem Vorwand der Arisierung enteignet wurden, in
deutschem und österreichischem Privatbesitz befänden. Er bevorzuge ohnehin
den Begriff der wirtschaftlichen Existenzvernichtung, da dieser die
Opfersicht beinhalte. Und diese habe es schon vor 1938 mitten in der
bürgerlichen Gesellschaft gegeben. Soziale Isolation der Juden,
Umsatzrückgang, Verdrängung jüdischer Betriebe, fiskalische Ausbeutung waren
die Folge. Die Hauptakteure an exponierter Stelle im Landkreis Daun, Landrat
Wirtz und Kreisleiter Kölle, erreichten laut Borsch ihre Ziele durch
Einschüchterung, gelegentliche Übergriffe, Sichtbarmachung (Schild: 'Juden
unerwünscht!'), Boykott und Denunziantentum. So postierte man vor der
Metzgerei Rothschild in Stadtkyll Angehörige der Hitlerjugend und überwachte
vor allem auch am späten Abend die Kunden. Auf den Kram- und Viehmärkten
wurden die Stände der jüdischen Händler durch die Kreisbauernschaft
boykottiert beziehungsweise den Besuchern gedroht, sie bei Kontakt zu
fotografieren. So ergibt sich zusammenfassend ein Bild der
Ausgrenzungstendenz, die schon sporadisch in den 20er Jahren beginnt,
schleichend ab 1933 durch einzelne lokale Akteure in der Vulkaneifel aus
eigenem Antrieb und Interesse befördert wird (zum Teil entgegen den
politischen Vorgaben aus Berlin) und erst ab 1935 Staatsdoktrin ist.
Die Fragen nach dem Vortrag zeigen, dass die Vergangenheit noch lebendig
ist, es Betroffene gibt. Der Auftritt der Gruppe 'Nie all Doh' an diesem
Abend, schon fast Tradition, gab den passenden musikalischen Rahmen. Die
acht Musikerinnen spielten überwiegend rasante Klezmermusik. Doris Schmitten
erinnerte daran, dass diese ursprünglich jüdische Musik Osteuropas, die zu
Hochzeiten und anderen Festen dargeboten wurde, vor der kulturellen
Auslöschung durch den Holocaust stand, ihre Rettung und Bewahrung aber heute
ein positives Zeichen setze. Auch mit der Neuauflage des Gerolsteiner Buches
'Gegen das Vergessen. Das Schicksal der Gerolsteiner Juden' sei ein Zeichen
der Erinnerung gesetzt worden. Neben Textergänzungen ist ein Kapitel über
die Verlegung der Stolpersteine in Gerolstein mit Dokumenten über die
Kontroverse dieser Aktion neu hinzugekommen. Bei der Präsentation wurde die
Bedeutung des Buches in Zeiten der Holocaustleugner und -relativierer als
Teil der Aufklärung über die Verbrechen des NS hervorgehoben. Die
Vorsitzende des Forums Eine Welt, Christa Karoli, bedankte sich bei den
Sponsoren für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung. Die Spuren
jüdischer Existenz spiegeln sich an diesem Gedenkabend auch in einer kleinen
Ausstellung mit der Lage der Wohnhäuser der Betroffenen, ihrer
verhängnisvollen Biografie und Porträts des Gerolsteiner Fotografen Freddy
Lange. Die Ausstellung kann im Rathaus Gerolstein besucht werden."
Link zum Artikel |
Hinweis in der Website des "Bürgerdienstes
e.V." vom November 2018: "Bürgerdienst e.V. unterstützt Verein
Forum Eine Welt e. V. bei der Neuauflage des Buches 'GEGEN DAS VERGESSEN –
Das Schicksal der Gerolsteiner Juden'.
Nachdem die 2. Auflage dieses Buches seit Jahren vergriffen ist, legte der
Verein Forum Eine Welt e. V. das Buch über das Schicksal der Gerolstein
Juden in erweiterter Form wieder auf. Dabei ergibt sich auch die Gelegenheit
des 2015 verstorbenen Verfassers des Buches, Karl Heinz Böffgen, für seine
unermüdlichen Aktivitäten um die Aufarbeitung dieses für die Stadt
Gerolstein so wichtigen Themas zu gedenken. Neu aufgenommen in das Buch
wurde die Dokumentation über die Verlegung von Stolpersteinen in Gerolstein
durch den Künstler Gunter Demnig und die jahrelange Diskussion über dieses
Projekt sowie Ergebnisse aus Adreas Borschs Magisterarbeit 'Arisierung' in
der Vulkaneifel. Betreut wurde die Neuauflage von Helmut Blinn, Klaus Heller
und Erik Böffgen. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Gerolsteins endete
1943 als die letzten noch lebenden Juden von den Nationalsozialisten
deportiert in Konzentrationslagern ermordet wurden. Die Erinnerung an die
Verbrechen der Nationalsozialisten ist heute besonders wichtig, da
Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Deutschland wieder
erstarken. Das belegen u. a. Die aktuellen Geschehnisse in Chemnitz und
Köthen, die Übergriffe auf jüdische Bürger und der Überfall auf ein
jüdisches Lokal in Chemnitz. Es entsteht der Eindruck sich verschiebender
Grenzen, unverständlicherweise nach rechts! Rechtsextremismus ist eine
Gefahr für die Demokratie! 'Wer aber vor der Vergangenheit die Augen
verschließt, wird blind für die Gegenwart' (Richard v. Weizsäcker, ehem.
Bundespräsident 1984-1994). Wir möchten mit diesem Buch zu Verständnis und
Toleranz aufrufen und dazu, sich gegen Unrecht und Antisemitismus
einzusetzen und die Demokratie zu verteidigen..."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Rundgang zu den "Stolpersteinen"
in Gerolstein |
Artikel von Angelika Koch im "Trierischen
Volksfreund" vom 10. November 2019: "Gedenken : Erinnerung wachhalten:
Auch Prinz Karneval wurde ermordet
Gerolstein. Zum Holocaust-Gedenktag veranstaltete das Forum
Eine Welt einen Erinnerungsgang entlang der Stolpersteine, die in Gerolstein
an die Verbrechen der Nazis erinnern. Denn auch in der Eifel wurde die
jüdische Bevölkerung deportiert.
So wie Fritz Mansbach. Er, ein angesehener Bürger, tief im Gemeinwesen der
Stadt verwurzelt. Seine Familie hatte ein Kaufhaus, das viele katholische
Kinder mit Kommunionskleidung ausstattete, und er selbst wurde zum Prinz
Karneval erkoren. 'Besser kann ein Mensch nicht in die Gesellschaft
integriert sein', sagte Helmut Blinn vom Forum Eine Welt, der auch das Buch
'Gegen das Vergessen – das Schicksal der Gerolsteiner Juden' gestaltete.
Mansbach und die Seinen wurden 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet –
auch die bis zur Machtübernahme der Nazis gute Nachbarschaft mit den anderen
Gerolsteinern half ihnen nicht. Heute erinnern so genannte Stolpersteine –
in das Pflaster eingelassene bronzene Erinnerungstafeln – vor dem einstigen
Haus der Mansbachs an die Familie in der Bahnhofstraße. Es sind nicht die
einzigen Stolpersteine in Gerolstein, auch in der Hauptstraße, in der
Mühlenstraße oder in der Sarresdorfer Straße lebten Menschen mit jüdischem
Glauben Tür an Tür mit Menschen, die römisch-katholisch oder protestantisch
waren. Die Juden in Gerolstein waren 1933 eine kleine Gemeinde von 52
Mitgliedern. Sie betrieben Limonadenfabriken oder Bierlager, Manufakturen
oder Lebensmittelgeschäfte, sie waren Metzger oder Viehhändler, sie
verkauften Süßigkeiten oder Konfektionskleidung. Kurzum: Sie waren das
vertraute Herz des städtischen Gewerbes. Die Mansbachs, Levys, Mayers,
Baums, Gottschalks, Humbergs oder Adlers waren deutsche Staatsbürger so wie
die meisten anderen, die in der Stadt lebten. 'Aber die jüdischen Einwohner
wurden zum Bahnhof getrieben, in Viehwaggons gesperrt und in KZs
umgebracht', so Blinn. 'Sehr tragisch ist auch: Die Mansbachs hätten noch
auswandern können. Aber sie taten es nicht.' Der Grund: Die Großmutter hatte
kein Visum erhalten. 'Es war ein unglaublicher Akt charakterlicher Größe,
dass sie ihre Oma nicht allein ließen. Vor solchen unbesungenen Helden
können wir nur tief den Hut ziehen.' Rolf Endebrock erinnerte an einen der
'besungenen Helden', die im Holocaust bewiesen, dass die Nazis auch mit
ihren KZs der Menschlichkeit nicht vollends den Boden entziehen konnten:
Janusz Korczak, einen polnischen Arzt, Verfechter der Kinderrechte und
Kinderbuchautor. Auch er ließ die Menschen, die ihm anvertraut waren, nicht
im Stich. Mit 200 Waisenkindern wurde er erst ins Ghetto und dann im KZ
Treblinka ins Gas geschickt.
Der Gang unter dem Motto 'Erinnern – wachsam bleiben – aufstehen!' und mit
rund vierzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern gipfelte in der Erkenntnis:
'Auch wenn wir Heutigen persönlich nicht am Holocaust schuldig sind, so
tragen wir doch die Verantwortung dafür, dass er sich nicht wiederholen
darf. Wir müssen mit all unseren Kräften verhindern, dass sich faschistische
Gedanken fortsetzen und zu Gewalt antreiben.' Das Schlussgebet des
Erinnerungsgangs endete mit dem Wort 'Amen' – der zentralen liturgische
Formel sowohl im Judentum wie im Christentum und im Islam."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,1 S. 277-278.
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 166 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Christoph Stehr: Die jüdische Bevölkerung in
Gerolstein bis 1945. Online
zugänglich. Weiterer
Link |
| Karl-Heinz Böffgen: Gegen das Vergessen - Das
Schicksal der Gerolsteiner Juden. 2006. 2. (ergänzte) Auflage 2009 (siehe
Artikel oben). |
| Willi Körtels: Die jüdische Schule in der Region
Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
| Helmut Blinn: Gegen das Vergessen. Das Schicksal
der Gerolsteiner Juden. 3. Auflage 2018.
Das Buch ist in der Buchhandlung Raabe Gerolstein, in der
Tourist-Information Gerolsteiner Land für zehn Euro oder über den Verein
Forum Eine Welt (info@forum1welt.de)
für zehn Euro + 2,50 Euro Versandkosten erhältlich. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gerolstein Rhineland. A few
Jews were present before the Black Death persecutions of 1348-49. In 1719, two
protected Jews received residence rights. In the second half of the 19th century,
the Jewish population still numbered only 14-25, growing to 45 in 1911 and 61
(total 2.740) in 1925. A cemetery was opened in 1894. In 1936, 34 Jews remained
and 19 in 1937. After the outbreak of war, there were eight Jews remaining. All
were deported to the east.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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