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Friedhöfe in der Region"
Zusammenstellung:
Jüdische KZ-Friedhöfe in Baden-Württemberg
Links zu weiteren Seiten:
Leinfelden-Echterdingen /
Filderstadt-Bernhausen
(Kreis Esslingen)
KZ-Friedhof innerhalb des amerikanischen Flughafens /
Stuttgart - US Air Base
Hinweis: es besteht
eine Website der "Gedenkstätte Echterdingen-Bernhausen" unter
www.gedenkstaette-echterdingen-bernhausen.de
Zur Geschichte des KZ-Außenkommandos Echterdingen-Bernhausen und des
Friedhofes
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Luftaufnahme des zerstörten
Flughafens
Stuttgart im März 1945; das Gelände
ist übersät mit
Bombenkratern |
Flugzeughalle I im heutigen
amerikanischen Flughafen. Hier
waren die KZ-Häftlinge
untergebracht |
Monument auf dem Lagergelände
des ehemaligen
KZ Natzweiler-Struthof (Quelle) |
Am Flughafen Stuttgart bestand seit September 1944 ein
Außenkommando des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof /Elsass. Die zu
schwerster Zwangsarbeit eingesetzten KZ-Häftlinge lebten und arbeiteten unter
unmenschlichen Bedingungen im Bereich des Flughafens. Im September 1944 waren
von der Esslinger Bauleitung der Organisation Todt über die Kommandantur des
Konzentrationslagers Natzweiler beim SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt in
Oranienburg bei Berlin 600 Häftlinge für Arbeiten auf dem Flughafen
angefordert worden. Innerhalb weniger Wochen war das Echterdinger Lager - es lag
an der Markungsgrenze zwischen Bernhausen und Echterdingen - für die Aufnahme
der Häftlinge eingerichtet worden; Mitte November 1944 sind die
angeforderten 600 Häftlinge in Echterdingen eingetroffen. Sie wurden in einem
Hangar auf dem Gelände des späteren (nach 1945) amerikanischen Flughafens
Stuttgart-Airfield einquartiert. Allein schon die Unterbringung war auf Grund
der zahlreichen Luftangriffe lebensgefährlich; die Flugzeuge standen getarnt im
Gelände verteilt unter freiem Himmel.
Nach dem Bericht eines Überlebenden haben die Häftlinge im Hangar in vier
Meter Höhe eine Zwischendecke eingezogen. In der Halle waren zur notdürftigen
Beheizung mehrere Kohleöfen aufgestellt. Tische, Bänke und Holzgestelle für
zwei mit Strohsäcken ausgelegte Betten übereinander waren vorhanden, und je
zwei Häftlinge mussten einen nicht verschließbaren Holzschrank miteinander
teilen. Das Lager was von einem etwa 3 m hohen Stacheldrahtzaun und vier
Wachtürmen umgeben. Die Bewachung wurde Angehörigen der Echterdinger Fliegerhorstkompanie
übertragen und als Lagerführer ein SS-Mann eingesetzt. Das Verlassen des
Lagers ohne Bewachung war den Häftlingen streng verboten.
Die Häftlinge, allesamt jüdische Männer (vgl. links eine Seite der
Namensliste des Lagers), kamen aus dem KZ Stutthof bei
Danzig. Bei der Ankunft waren einige auf Grund ihres KZ-Aufenthalts und infolge
der langen Zugfahrt, auf der sie fast nichts zu essen bekommen hatten, bereits
so krank und geschwächt, dass sie sich nur mit Hilfe ihrer Kameraden
fortbewegen konnten oder auf Lastkraftwagen ins Lager transportiert werden
mussten. Die Häftlinge hatten unterschiedliche Staatsangehörigkeit. Unter
ihnen waren Russen, Polen, Holländer, Italiener, Litauer, Ungarn, Esten,
Spanier, Belgier und Deutsche.
Die Behandlung der Häftlinge soll in Echterdingen besser als in manchen anderen
Lagern gewesen sein. Dennoch wurden in relativ kurzer Zeit 110 Tote registriert,
da die Lagerinsassen auf Grund ihres bereits bei der Ankunft sehr schlechten
Gesundheitszustandes den harten Arbeitsbedingungen nicht gewachsen waren. Sie
hatten unter anderem Verbindungswege zwischen der Autobahn und dem Flugplatz
herzustellen, um den Kampfflugzeugen das Landen und Starten auf der für den
Autoverkehr gesperrten Autobahn zu ermöglichen, und mussten die zum Straßenbau
benötigten Steine in einem zwischen Bernhausen und Sielmingen gelegenen Steinbruch
selbst brechen. Das Steinbrechen war zweifellos die schwerste Arbeit, die sie zu
verrichten hatten. Außerdem musste nach jedem Fliegerangriff die Rollbahn von
Splittern und dergleichen gesäubert werden. "In diesem Lager war Hunger,
Kälte, schwere Arbeit. Die Menschen starben vor Schwäche, sie kamen abends von
der Arbeit und am Morgen waren sie tot", berichtete der ehemalige Häftling
Isaac Borenstein. Nach den Listen starben im November 1944 8, im Dezember 49 und
im Januar 1945 54 Häftlinge. Die Leichen wurden auf Lastwagen des
Fliegerhorstes zur Einäscherung in das Krematorium nach Esslingen gefahren und
die Urnen im israelitischen Teil des
Ebershaldenfriedhofes beigesetzt.
Nur bis Mitte Dezember 1944 konnten Einäscherungen in Esslingen vorgenommen
werden, da inzwischen großer Mangel an Brennmaterial herrschte. Wer danach starb, wurde im
"Bernhäuser Forst" in zwei Massengräbern sowie direkt auf dem
Lagergelände beigesetzt. Die im "Bernhäuser Forst" Beigesetzten wurden
nach Kriegsende auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung auf den
israelitischen Teil des Ebershaldenfriedhofes in Esslingen umgebettet. Dabei
wurde am 29. Oktober 1945 in Anwesenheit eines jüdischen Geistlichen eine
gottesdienstliche Feier abgehalten.
Im Januar und Februar 1945 ist das Konzentrationslager Echterdingen evakuiert
worden. 100 kranke Männer kamen am 9. und 10. Januar nach Vaihingen/Enz, einem
weiteren Außenkommando von Natzweiler, in dem seit November 1944 ein
"Krankenlager" eingerichtet worden war. Dort starben im Lauf der
folgenden Wochen 75 von ihnen. Als im KZ Echterdingen eine Fleckfieberepidemie
ausbrach, wurden die daran Erkrankten im Februar 1945 nach Bergen-Belsen
transportiert. Alle anderen Häftlinge wurden nach Ohrdruf in Thüringen, einem
Außerkommando von Buchenwald gebracht, wo die Arbeiten am neuen
Führerhauptquartier gerade begonnen hatten. Es ist nicht bekannt, wie viele von
ihnen dort gestorben sind.
Eingestellt Dezember 2020:
Rundbrief Nr. 12 der Geschichtswerkstatt Gedenkstätte Echterdingen-Bernhausen.
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Alfred Dürr, Wolfgang Litz-Daumüller und
Helmut Moser: Der Flughafen während des Zweiten Weltkriegs sowie
Gudrun Silberzahn-Jandt: Fremdarbeiter auf dem Flughafen während des
Zweiten Weltkrieges. Beide Beiträge in: Der Flughafen Stuttgart 1937-1993.
Band 7 der Filderstädter Schriftenreihe zur Heimat- und Landeskunde. 1992.
S. 33-59 und S. 59-67. |
| Joachim
Hahn: Jüdisches Leben in Esslingen. Geschichte, Quellen und
Dokumentation. Esslinger Studien. Schriftenreihe Bd. 14. (Hg. vom
Stadtarchiv Esslingen am Neckar). Sigmaringen 1994 (Zum KU-Außenkommando
Echterdingen-Bernhausen S. 191-194). |
| Manuel Werner: Macht und Ohnmacht jugendlicher
Luftwaffenhelfer - Ein Beispiel vom Fliegerhorst und KZ Echterdingen/Filder,
in: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg/Erzieherausschuss
der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (Hrsg.):
Durch Faszination zur Macht - die Faszination der Macht. Bausteine zum Verhältnis
von Macht und Manipulation. Handreichungen für den Unterricht, Stuttgart
2003. |
| Gudrun Silberzahn-Jandt: Vom Pfarrberg zum Hitlerplatz.
Fünf Dörfer während der Zeit des Nationalsozialismus. Eine Topographie.
Dissertation. 1994. Band 9 der Filderstädter Schriftenreihe. |
| Thomas Faltin u.a.: Im Angesicht des Todes. Das KZ-Außenlager
Echterdingen 1944/1945 und der Leidensweg der 600 Häftlinge. Hg. von den Städten
Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen. 2008. 14,00 €. ISBN
978-3-934650-10-4. Buchvorstellung:
Artikel in der "Stuttgarter Zeitung". |
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