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Wolgast (Landkreis
Vorpommern-Greifswald)
Jüdische Geschichte /
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Wolgast gab es bereits im Mittelalter jüdische Einwohner (1348
genannt). Danach erfährt man von jüdischen Personen in der Stadt erst wieder in
den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts.
1773 berichtet der Wolgaster Bürgermeister der königlichen Regierung, dass
einige Juden (Bernhard Hertz und Lehmann Wolff), die Geldgeschäfte betrieben,
und Jacob Hertz, der mit Tabletten handelte, in der Stadt seien. Nicht gesagt
wird, ob diese jüdischen Personen in Wolgast Niederlassungsrecht hatten. Im Mai
1823 wurden drei jüdische Einwohner in Wolgast registriert. 1816 hatte der
Kaufmann Salomon Rose eine Niederlassungsgenehmigung für Wolgast erhalten. Er
trat allerdings 1833 mit seiner Frau zum christlichen Glauben über.
Ende 1852 lebten in Wolgast sechs jüdische Personen, davon zwei volljährige
Männer. 1887 werden in Wolgast acht jüdische Personen genannt. Zur Bildung
einer jüdischen Gemeinde in der Stadt ist es auf Grund der geringen Zahl der
jüdischen Einwohner auch in der Folgezeit
nicht gekommen.
Zu Beginn der NS-Zeit lebten nur wenige jüdische Familien/Personen in der
Stadt. Genannt werden die jüdischen Geschäftsinhaber Emma Scheidemann, Abraham Eckdisch (polnischer Staatsbürger), Gottfeld sowie Arnold und Georg Rieß
wie auch
Paula Stein, gegen die sich der nationalsozialistische Boykott und andere
Maßnahmen richteten. Arnold Rieß wurde ein Verhältnis mit seiner "arischen"
Angestellten vorgeworfen und dies öffentlich angeprangert.
In der NS-Zeit sind umgekommen (Angaben nach dem "Gedenkbuch
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Klara Beiser geb. Wronker (geb. 1874 in
Wolgast, später wohnhaft in Berlin, umgekommen nach Deportation in das Ghetto
Riga 1942/1944); Emmi Dymentmann geb. Riess (geb. 1903 in Wolgast, später
wohnhaft in Berlin und Wolgast, Deportation 1941 in das Ghetto Litzmannstadt
(Lodz), umgekommen im Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno)), Pauline Friedberg
geb. Lewy (geb. 1854 in Wolgast, später wohnhaft in Stettin, deportiert im
Februar 1940 in das Ghetto Glusk und umgekommen); Henriette Gottfeld geb.
Mschkowski (geb. 1877 in Wielle/Westpreußen, später wohnhaft in Stralsund und
Wolgast; deportiert im Februar 1940 ab Stettin in das Ghetto Belzyce, umgekommen
1943), Martha Philippsborn (geb. 1862 in Wolgast, später wohnhaft in Berlin,
1940 ermordet in der Tötungsanstalt Brandenburg a.d. Havel ["Euthanasie"]),
Franz Riess (geb. 1904 in Wolgast, später wohnhaft in Berlin, 1941 deportiert ab
Berlin in das Ghetto Litzmannstadt [Lodz], umgekommen), Franziska Riess (geb.
1904 in Wolgast, wohnhaft in Wolgast, deportiert 1940 ab Stettin in das Ghetto
Glusk, umgekommen), Egon Scheidemann (geb. 1928 in Wolgast), Emma Scheidemann
(geb. 1890 in Issiweg), Günther Scheidemann (geb. 1923 in Wolgast), Berta
(Bertha) Stein (geb. 1885 in Bagniewo/Schwetz/Westpreußen, später wohnhaft in
Wolgast, Greifswald und Stettin, deportiert ab Stettin im Februar 1940 in das
Ghetto Piaski und umgekommen), Paula Stein geb. Goldschmidt (geb. 1889 in
Schwedt a.d. Oder, später wohnhaft in Wolgast und Greifswald), deportiert ab
Stettin im Gebruar 1940 in das Ghetto Piaski und umgekommen).
Zur Geschichte des Friedhofes
Vgl. Seite des Forschungsprojektes "Jüdische Friedhöfe" der Fachhochschule
Neubrandenburg:
https://www.kleks.app/editor/?element_id=222492&lang=de
und Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Wolgast)
Über die Geschichte eines
jüdischen Friedhofes in Wolgast ist nur wenig bekannt. Möglicherweise gab es -
aus der Zeit vor 1880 ? - einen jüdischen Friedhof in Walgast oder es wurden
jüdische Verstorbene im
Bereich eines christlichen Friedhofes ("Mischfriedhof"?) hinter
dem Kreiskrankenhaus neben der alten Mühle beigesetzt. Auf einer alten Karte ist ein
(jüdischer) Friedhof mit "L" eingetragen (Signatur für jüdischer Friedhof).
Bestätigt wurde dies 2006 offenbar durch das Auffinden von alten christlichen
als auch jüdischen Grabsteinen, wozu dem Webmaster allerdings keine Nachweise
oder Fotos vorliegen.
Die Friedhofsfläche
des Friedhofes bei der Mühle umfasst etwa 4,5 ar. Um 1990 wie auch um 2009
und beim Besuch des Grundstückes war das Friedhofsgelände verwildert
und überwachsen. Beim Besuch im Mai 2020 auf dem Grundstück wurde nur ein
(sicher nichtjüdischer) Grabstein und der Rest eines weiteren Grabsteines
entdeckt. Eine Hinweistafel ist nicht vorhanden.
Lage des oben beschriebenen Friedhofes (mit möglichen
jüdischen Beisetzungen)
Auf dem Gelände hinter dem Kreiskrankenhaus (neben der alten Mühle, an der
Straße "Am Paschenberg".
Link zu den Google Maps