Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 


zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"  
Zu den "Synagogen im Kreis Gießen"  
   
    

Vetzberg (Gemeinde Biebertal, Kreis Gießen) 
mit Krofdorf (Gemeinde Krofdorf-Gleiberg, Gemeinde Wettenberg, Kreis Gießen), 
Atzbach (Gemeinde Lahnau, Lahn-Dill-Kreis) und Rodheim (Rodheim-Bieber, Gemeinde Biebertal, Kreis Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen   
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde          
    
In Vetzberg bestand eine jüdische Gemeinde bis Ende des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15./17. Jahrhunderts zurück. Bereits 1462 sollen in Vetzberg Juden gelebt haben. Auch im 17. Jahrhundert lebten (wieder) Juden am Ort: um 1648-50 wurde ein Fünftel der damals erhobenen "Türkensteuer" auf die Juden des Ortes umgelegt, demnach waren damals möglicherweise 20 % der Ortseinwohner Juden. 1671 lebten sieben jüdische Familien am Ort gelebt haben; sie pachteten gemeinsam ein Gartengrundstück zur Anlage eines Friedhofes. Zeitweise betrug im 17. Jahrhundert der jüdische Bevölkerungsanteil am Ort bis zu 30 %. Sowohl einzelne Vetzberger Ganerben, als auch die Gemeinschaft der Ganerben hatten das Recht, Juden in ihren Schutz aufzunehmen. Ende des 17. Jahrhunderts kam aus Holland der jüdische Arzt Jehuda Löw nach Vetzberg. Er genoss großes Ansehen. In seinem Haus konnte auch ein Betsaal (Synagoge s.u.) eingerichtet werden.
   
Zur jüdischen Gemeinde Vetzberg gehörten auch die in den umliegenden Dörfern Krofdorf, Atzbach und Rodheim lebenden jüdischen Personen (für 1831 belegt).   
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), ein Schulraum, ein rituelles Bad (möglicherweise im Keller des Synagogengebäudes) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (belegt für 1831). 1851 gehörte die jüdische Gemeinde Vetzberg zur Kreis-Synagogengemeinde Wetzlar. 1853 bildeten Atzbach und Vetzberg eine der acht Synagogengemeinden der Synagogengemeinde Wetzlar.  
 
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Vetzberger Juden aus dem Ort abgewandert. Anfangs der 1890er-Jahre löste sich die Vetzberger jüdische Gemeinde auf. Nun bildeten die in Rodheim lebenden jüdischen Familien eine eigene Gemeinde, zu der nun die noch in Vetzberg und Krofdorf lebenden jüdischen Personen gehörten. 1908 ist die letzte jüdische Familie (die Familie des Schusters und Kaufmanns Isaak Michel mit seiner Frau Settchen geb. Katz und ihren vier Kindern) von Vetzberg nach Gießen gezogen.   
  
Aus Krofdorf wurden die letzten jüdischen Einwohner (Gustav Rosenthal und Rosa Rosenthal geb. Goldwein zusammen mit dem Sohn Siegbert) am 24. Juli 1942 abgeholt und über Wetzlar in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo alle drei wenig Wochen später umgekommen sind. Mitglieder der Familie Süßkind (Sally Süßkind mit Frau Ida und Kindern Linda, Ida und Rolf) hatten noch rechtzeitig emigrieren können.    
 
  
Von den in Vetzberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Elisabeth Müller geb. Michel (geb. 14.2.1893 in Vetzberg, später wohnhaft in Bad Homberg v.d. Höhe, 1942 deportiert)  
   
Aus Krofdorf sind umgekommen: Bella Junker geb. Simon (1892), Selma Settchen Mann geb. Simon (1890), Johanna Martini geb. Simon (1881), Gottlieb Rosenthal (1895), Gustav Rosenthal (1884), Rosa Rosenthal geb. Goldwein (1886), Siegbert Rosenthal (1924), Berta (Bertha) Schmitt geb. Simon (1884, ermordet 1941 in Hadamar), Emilie Weis geb. Simon (1897). 
Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel in der Kirchenhofmauer der evangelischen Margarethenkirche an die ehemaligen jüdischen Bewohner Krofdorfs. 
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde      

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Vetzberg bzw. Krofdorf, Atzbach und Rodheim gefunden.

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge          
    
In dem 1696 von dem in Vetzberg praktizierenden jüdischen Arzt Jehuda Löw erbauten Haus, das lange Zeit als "Judendoktorhaus" bezeichnet wurde, befand sich in einem Zimmer eine Synagoge; die Frauen hatten ihren Platz auf dem Flur. Auch die jüdischen Einwohner von Krofdorf, Atzbach und Rodheim kamen zum Gottesdienst nach Vetzberg (für 1831 belegt). Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde Anfang der 1890er-Jahre wurde das "Judendoktorhaus" an eine nichtjüdische Familie verkauft. 
   
Die in Vetzberg und Krofdorf nach Auflösung der Gemeinde lebenden jüdischen Personen besuchten nun die Synagoge in Rodheim.        
   
   
Adresse/Standort der Synagoge in der Mittelgasse, an ihrem Anfang, zwischen Ober- und Untergasse liegend 
   
   
Fotos
(Quelle: Altaras 2007 S. 211)   

Das ehemalige Synagogengebäude in Vetzberg
 ("Judendoktorhaus" mit Betsaal)
  
Vetzberg Synagoge 050.jpg (45779 Byte) Vetzberg Synagoge 051.jpg (54041 Byte)
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     

November 2014: Erinnerung an das Schicksal von Bertha Schmitt geb. Simon aus Krofdorf 
Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom 9. November 2014: "Jüdin mit Krofdorfer Wurzeln 1941 in Hadamar ermordert
Wettenberg
(so). Bertha Schmitt, in Krofdorf geborene Simon, Jüdin und als geisteskrank von 1931 an dauerhaft in Anstalten eingewiesen, wurde 1941 in Hadamar ermordet. Sie steht exemplarisch für den Umgang mit Juden im Rahmen von »T4«, bei ihr verknüpft sich Individualgeschichte mit Systemgeschichte. Eine Spurensuche von Dr. Bernd Greiten und Manfred Schmidt..." 
Link zum Artikel     
 
November 2017: Gedenkstunde in Krofdorf zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938    
Artikel im "Gießener Anzeiger" vom 10. November 2017: "Gedenken an Reichspogromnacht in Wettenberg, Buseck, Lich, Laubach und Mücke
KREIS GIESSEN - (ebp). Am 24. Juli 1942 wurden Gustav und Rosa Rosenthal zusammen mit ihrem Sohn Siegbert aus ihrem Zuhause in Krofdorf gerissen. Die jüdische Familie wurde zunächst in ein Sammellager in Wetzlar gebracht und dann in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort wurden alle drei ermordet. Der Deportation vorausgegangen waren Schikane und Ausgrenzung: Das Wasser wurde der Familie abgestellt, das Backhaus im Ort durften die Rosenthals nicht nutzen. An das Schicksal der Krofdorfer Familie erinnerten am Donnerstagabend Schüler der Gesamtschule Gleiberger Land im Rahmen der Gedenkfeier zum 79. Jahrestag der Reichspogromnacht.
"Wir alle wissen, was in dieser Nacht im Deutschen Reich und in unserer Gemeinde passiert ist", sagte Bürgermeister Thomas Brunner und erinnerte an die Gewalttaten. 'Das war der Beginn der systematischen Verfolgung und des Holocaust.' Das Wissen über diese Taten müsse an die nächste Generation weitergegeben werden. In diesem Jahr seien die Hemmungen, wieder Parteien am rechten Rand zu wählen, gefallen. 'Die AfD sitzt nun in dem Gebäude, dessen Brand willkommener Anlass war, mit der Reichtagsbrandverordnung die Grundrechte einzuschränken', klagte Brunner. Umso wichtiger sei es, an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern und menschenfeindliche Ideologien nicht zuzulassen.
Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel in der Kirchenhofmauer der evangelischen Margarethenkirche an die ehemaligen jüdischen Bewohner Krofdorfs wie die Familie Süßkind. 'Sally Süßkind war im Vorstand des TSV und hatte die Turnhalle gesponsert. Auf Druck der Nazis wurde er ausgeschlossen', weiß Pfarrer Christoph Schaaf.
Seit Jahren erforscht Manfred Schmidt die Familiengeschichte der Süßkinds und hält Kontakt zu den Nachkommen. 'Die Hofreite in der Hauptstraße hat die Familie während der Nazi-Zeit unter Wert verkaufen müssen', so Schmidt. Tochter Linda gelang mit ihrem Mann die Flucht nach Palästina, ihre Schwester Ida konnte in die USA ausreisen. Ihr Bruder Rolf und die Eltern folgten später. 'Sally Süßkind war ein eingefleischter Krofdorfer', erinnert sich Schmidt im Gespräch mit dem Anzeiger. Dass er seine Heimat verlassen musste, habe er nicht fassen können. In den USA habe er sich fremd gefühlt.
Während der Gedenkveranstaltung überbrachte Schmidt ein Grußwort von Roy Stern, einem Enkel von Sally Süßkind. Hätte seine Mutter Ida nicht die 'mutige Entscheidung' für eine Flucht getroffen, wären er u
nd seine Familie heute nicht am Leben. Stern, der in Israel lebt, appellierte daran, aus der Vergangenheit zu lernen - andernfalls sei man dazu gezwungen, sie zu wiederholen. Stern hatte Krofdorf am Vormittag einen Besuch abgestattet."   
Link zum Artikel     
   
Weiterer Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom 10. November 2017 von Klaus Moos: "Damit sich das Elend nicht wiederholt
An der Gedenktafel im Kirchgarten von Krofdorf haben am Donnerstag etwa 40 Teilnehmer an die Deportation und die Ermordung der Krofdorfer Juden durch die Nazis erinnert..." 
Link zum Artikel     

     
 

   
Links und Literatur

Links:   

Website der Gemeinde Biebertal  
Presseartikel in der Gießener Allgemeinen vom 16. September 2009: "Spuren und Orte der Erinnerung" (Bericht über eine Führung mit Manfred Schmidt zum Themenkreis "Jüdisches Leben in Vetzberg")    

Literatur:  

Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 320-321.   
Keine Abschnitte in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994.  
dies.: Neuausgabe der genannten Bücher 2007 S. 211 zu Vetzberg.  

   
   n.e.  

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

          

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 01. Januar 2018